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JUNI 2009 Süßwarenindustrie Spezial Aktuelle Rechtsprechung zum Marken-, und Wettbewerbsrecht, IT & Digital Business, Medien- und Entertainmentrecht, Zollrecht, Handels- und Vertriebsrecht sowie Kartellrecht Seite 1/35 Jahresrückblick 2014 2014 Themenübersicht Markenrecht „Süße Marken“ – Aktuelle Rechtsprechung auf deutscher und europäischer Ebene 2 Effektiver Schutz gegen Nachahmungen auf der Süßwarenmesse 12 Beschreibende Bezeichnung: Design statt Marke? 14 Wettbewerbsrecht Negative Produktbewertungen und Möglichkeiten rechtlicher Gegenwehr 16 IT & Digital Business Neues Verbraucherrecht für den online Handel – Was ist wirklich neu? Wie sehen die neuen In- formationspflichten aus? Was hat sich beim Wi- derrufsrecht geändert? 19 Medien- und Entertainmentrecht Leitfaden zum Product Placement 23 Zollrecht Rezepturen – Bitterer Beigeschmack beim Zoll? 26 Neues zum Spitzenausgleich bei der Strom- und Energiesteuer – Sichern Sie sich Ihren Erstat- tungsanspruch! 27 Handels- und Vertriebsrecht Bei Auslandsaktivitäten: Sorgfalt bei Gerichts- stands- oder Schiedsvereinbarung erforderlich! 28 Kartellrecht Das Bundeskartellamt verstärkt seine Ermittlungstätigkeiten 29

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Page 1: Süßwarenindustrie Spezial - Startseite · lären rumänischen Syntax „Arta Culinara“ oder „Arte Culinare“ heißen, da das Adjektiv normalerweise voran-gestellt werde. 1

JUNI 2009

Süßwarenindustrie Spezial

Aktuelle Rechtsprechung zum Marken-, und Wettbewerbsrecht, IT & Digital Business, Medien- und Entertainmentrecht, Zollrecht, Handels- und Vertriebsrecht sowie Kartellrecht

Seite 1/35

Jahresrückblick 2014 2014

Themenübersicht

Markenrecht

– „Süße Marken“ – Aktuelle Rechtsprechung

auf deutscher und europäischer Ebene

2

– Effektiver Schutz gegen Nachahmungen

auf der Süßwarenmesse

12

– Beschreibende Bezeichnung: Design statt

Marke?

14

Wettbewerbsrecht

– Negative Produktbewertungen und

Möglichkeiten rechtlicher Gegenwehr

16

IT & Digital Business

– Neues Verbraucherrecht für den online Handel –

Was ist wirklich neu? Wie sehen die neuen In-

formationspflichten aus? Was hat sich beim Wi-

derrufsrecht geändert?

19

Medien- und Entertainmentrecht

– Leitfaden zum Product Placement

23

Zollrecht

– Rezepturen – Bitterer Beigeschmack beim Zoll?

26

– Neues zum Spitzenausgleich bei der Strom- und

Energiesteuer – Sichern Sie sich Ihren Erstat-

tungsanspruch!

27

Handels- und Vertriebsrecht

– Bei Auslandsaktivitäten: Sorgfalt bei Gerichts-

stands- oder Schiedsvereinbarung erforderlich!

28

Kartellrecht

– Das Bundeskartellamt verstärkt seine

Ermittlungstätigkeiten

29

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Jahresrückblick 2014 2014

MARKENRECHT

„Süße Marken“ – Aktuelle Rechtsprechung auf

deutscher und europäischer Ebene

1. Urteile zur Eintragbarkeit

Jeder Markenartikelhersteller weiß, wie schwer es sein

kann, die Markenämter von der Eintragbarkeit bestimm-

ter Wörter, Slogans oder sonstiger Aufmachungen zu

überzeugen. Gerade die leicht einprägsamen Zeichen

werden von den Ämtern mit dem Argument der man-

gelnden Unterscheidungskraft oft zurückgewiesen. Das

heißt, der Verkehr werde in dem Zeichen nur die Be-

schreibung der Ware erkennen aber keinen Hinweis auf

das dahinterstehende Unternehmen, was Voraussetzung

für Markenschutz ist. Die folgenden Urteile geben einen

guten Überblick, was noch als markenfähig erachtet wird.

1.1 Unterscheidungskraft von Wortmarken

Die Beschwerdekammer des EU-Markenamtes (Harmo-

nisierungsamt für den Binnenmarkt – HABM) hat der

Markenanmeldung „GREEN BEANS“ die Eintragung

versagt.1 Der Begriff gebe nur einen der Hauptbestand-

teile der angemeldeten Getränke, nämlich Kaffee, wieder

und werde deshalb nicht als Marke erkannt.

Der Marke „CULINARTE“ wurde dagegen ein Mindest-

maß an Unterscheidungskraft zu gesprochen.2 Der Be-

griff sei aus den rumänischen Wörtern „Culinar“ und

„Arte“ zusammengesetzt und daher eigentlich beschrei-

bend und anspielend. Jedoch müsste es nach der regu-

lären rumänischen Syntax „Arta Culinara“ oder „Arte

Culinare“ heißen, da das Adjektiv normalerweise voran-

gestellt werde.

1 HABM-BK, Entsch. v. 02.12.2013, R-1530/2013-1 – GREEN BEANS 2 HABM-BK, Entsch. v. 13.12.2013, R 1543/2013-5 – CULINARTE

Das Bundespatentgericht hat der Anmeldung „Chocolati-

no“ Markenschutz versagt, da sich die Bezeichnung an

die italienische Schreibweise „cioccolatino“ anlehne, was

„kleine Schokolade“ oder „Praline“ heiße.3

Auch der Anmeldung von „Richard Wagner–Barren“

konnte kein betrieblicher Herkunftshinweis entnommen

werden. Das Zeichen stelle lediglich einen Hinweis auf

eine Ware dar, die im Zusammenhang mit einer Veran-

staltung des berühmten Komponisten angeboten wird.4

Mit der gleichen Begründung wurden auch die Eintra-

gungen von „Gustav Mahler Röschen“5 bzw. „Gustav

Mahler Röslein“6 abgelehnt.

In dem Begriff „Bachblüten“ sah das Bundespatentgericht

nur die übliche Bezeichnung für verschiedene, durch Dr.

Edward Bach definierte Pflanzen, welche bei der Bach-

blüten Therapie verwendet werden würden und einen

Hinweis auf die zugrunde liegende Rezeptur darstellten.7

Markenschutz wurde deshalb nicht gewährt.

Auch dem Zeichen „GerstenWonne“ wurde die Eintra-

gung versagt, da der Begriff lediglich einen werbemäßig

anpreisenden Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren

darstelle, die aus dem Getreide „Gerste“ bestehen könn-

ten und bei deren Verzehr der Konsument ein kulinari-

sches Vergnügen empfinde.8

Für die zunächst eingetragene Marke „SPIRIT“ ordnete

das Bundespatentgericht die Löschung an, da der Begriff

als eine beschreibende Sachangabe in Bezug auf die

3 BPatG, Beschl. v. 03.03.2014, 25 W (pat) 527/12 – Chocolatino

4 BPatG, Beschl. v. 03.02.2014, 25 W (pat) 560/12 – Richard Wagner – Barren (Rechtsbeschwerde wurde zugelassen) 5 BPatG, Beschl. v. 31.01.2014, 25 W (pat) 564/12 – Gustav Mahler Röschen 6 BPatG, Beschl. v. 31.01.2014, 25 W (pat) 564/12 – Gustav Mahler Röslein 7 BPatG, Beschl. v. 20.01.2014, 25 W (pat) 587/12 – Bachblüten 8 BPatG, Beschl. v. 07.10.2013, 25 W (pat) 515/12 – GerstenWonne

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Jahresrückblick 2014 2014

Bestimmung bzw. Wirkung der Ware „Tee“ aufgefasst

werden müsse.9

1.2 Unterscheidungskraft von Wort-/Bildmarken

Wenn einer Wortmarke alleine nicht genug Unterschei-

dungskraft zukommt, kann eine graphische Ausgestal-

tung des Zeichens Abhilfe schaffen. Jedoch ist auch hier

Vorsicht geboten. So darf der Bildbestandteil nicht nur

den Sinngehalt der Marke abbilden oder rein dekorativ

wirken.

Die Beschwerdekammer des

HABM hat deshalb den Marken-

schutz für die Wort-/Bildmarke

„Deluxe“ abgelehnt.10

Der Begriff

preise Luxusprodukte nur werbemäßig an und der ge-

schwungene, silberfarbene Schriftzug spiegele nur den

Sinngehalt von Deluxe wider.

Ebenso versagte die Beschwerdekammer des

HABM den beiden Wort-/Bildmarken „EAT

GLUTEN FREE“11

und „ALMOND MARZI-

PAN“12

die Eintragung. Die Wortbestandteile

seien rein beschreibend und die grafische

Ausgestaltung banal.

Katjes scheiterte auch vor dem Gericht der Europäischen

Union (EuG) mit ihrem Begehren

auf Markenschutz für die Wort-

/Bildmarke „Yoghurt Gums“. Die

grafische Ausgestaltung des rein

9 BPatG, Beschl. v. 23.12.2013, 25 W (pat) 82/12 – SPIRIT 10 HABM-BK, Entsch. v. 06.03.2014, R 1223/2013-1 – Deluxe 11 HABM-BK, Entsch. v. 12.05.2014, R 1841/2013-4 – EAT GLUTEN FREE 12 HABM-BK, Entsch. v. 01.04.2014, R 2441/2013-5 – ALMOND MARZI-PAN

beschreibenden Wortbestandteils würde nicht zur Mar-

kenfähigkeit verhelfen, da Schrifttyp und Strichstärke der

Buchstaben üblich sei13

(siehe hierzu auch unseren

Newsletter Süßwarenindustrie Spezial Jahresrückblick

2013).

Die durch Aldi eingereichte Anmel-

dung einer Verpackung mit der Auf-

schrift „Röstkaffee Classic Kräftiges

Aroma“ stelle nur eine unmittelbare

Beschreibung der Art und Beschaf-

fenheit der Ware „Kaffee“ dar. Die

Bildelemente (Kaffeebohnen mit Berg-

landschaft) seien für Kaffee typisch

und im einschlägigen Warengebiet

weit verbreitet.14

Markenschutz wurde

deshalb versagt.

Der Wort-/Bildmarke „OME-

GAKids“ wurde dagegen

zumindest ein Minimum an Unterscheidungskraft zuge-

sprochen, da das Zeichen nicht als unmittelbar und direkt

beschreibend wahrgenommen werden würde.15

Da der schwedische Begriff „gifflar“

die Bedeutung eines „halbmond-

förmigen Weizenbrötchens“ habe,

sei er beschreibend für die Waren

„Brot, Kuchen, Gebäck, Kekse usw.“. Als relevante Ver-

kehrskreise müsse auf die schwedische und finnische

Bevölkerung abgestellt werden. Daher weise die Wort-

/Bildmarke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft

auf. Daran ändere auch die grafische Ausgestaltung

nichts. 16

13 EuG, Urt. v. 15.05.2014, T-366/12 – Yoghurt Gums 14 HABM-BK, Entsch. v. 07.02.2014, R 1672/2013-4 – RÖSTKAFFEE CLASSIC KRÄFTIGES AROMA 15 HABM-BK, Entsch. v. 05.11.2013, R 1027/2013-5 – OMEGAKIDS 16 EuG, Urt. v. 09.07.2014, T-520/12,– Gifflar

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Jahresrückblick 2014 2014

Der BGH hat die Löschung der Wort-/Bildmarke „Gute

Laune Drops“ für „feine Backwaren“ und

dergleichen angeordnet.17

Für einen Teil

der Waren, wie Speiseeis, Kaugummi,

Kaffee, u.a. verwies der BGH jedoch zur

erneuten Verhandlung an das Bundes-

patentgericht zurück. Der BGH hielt fest,

dass die simple grafische Ausgestaltung keine Unter-

scheidungskraft begründe. Auch helfe der Markeninha-

berin die langjährige unbeanstandete Benutzung ihrer

Marke nicht. Vertrauensschutz käme gemäß dem Mar-

kengesetz erst nach zehn Jahren in Betracht.

Praxistipp:

Die rein dekorative Ausgestaltung eines beschreibenden

Begriffs reicht nicht aus, um einer Marke die notwendige

Unterscheidungskraft zu verleihen. Die Hinzufügung von

Bildern verhilft nur dann zur Eintragbarkeit, wenn diese

nicht lediglich das rein beschreibende Zeichen

illustrieren.

1.3 Unterscheidungskraft von Bildmarken

Die vom Energy-Getränkehersteller Monster

Energy eingereichte Anmeldung der Bildmarke

eines Peace Zeichens wurde zurückgewie-

sen.18

Auch wenn ein Zeichen symbolischen

Wert habe, müsse es nichtsdestotrotz ein Mindestmaß

an Unterscheidungskraft aufweisen. Im vorliegenden Fall

habe das Zeichen jedoch nur den universellen Charakter

eines Friedensymbols und gebe keinen Hinweis auf

einen speziellen Hersteller.

.

17 BGH, Beschl. v 10.07.2014, I ZB 18/13 – Gute Laune Drops 18 HABM-BK, Entsch. v. 11.12.2013, R 1285/2013-1 – SYMBOL

Der abgebildeten Bildmarke eines Kekses von Griesson

– De Beukelaer sprach das Bundespa-

tentgericht ebenso keine Unterschei-

dungskraft zu, da es sich lediglich um

eine naturgetreue Wiedergabe eines

Kekses handele. Sie weise keine be-

sonderen Gestaltungsmerkmale auf, da die Kugelform

und Verzierung bei Pralinen bzw. Süßwaren in der Bran-

che üblich seien.19

Das BPatG stellt klar, dass zweidi-

mensionalen Abbildungen von Waren oder deren Verpa-

ckungen einerseits und dreidimensionale Formen dersel-

ben Waren oder Verpackungen andererseits gleich zu

behandeln seien.

Weiter nimmt das BPatG diese Entscheidung zum An-

lass, die Voraussetzungen für die Eintragbarkeit einer

Marke, die lediglich aus der Form der Ware besteht,

zusammenzufassen. Demnach liegt Markenfähigkeit nur

dann vor, wenn sich ein entsprechendes Zeichen nicht

nur in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für

die Art der Ware oder deren Verpackung typisch sind,

sondern wenn die als Marke beanspruchte Wiedergabe

charakteristische Merkmale aufweist, die von der Norm

oder dem branchenüblichen Formenschatz erheblich

abweichen.

Ebenso hatte Wrigley keinen Erfolg mit den folgenden

Bildmarken:

Die Beschwerdekammer des HABM sah darin nur eine

weitere übliche Form auf dem Markt der Süßwaren.20

19 BPatG, Beschl. v. 08.01.2014, 25 W (pat) 522/13 20 HABM-BK, Entsch. v. 17.06.2014, R 168/2014-5 und R 169/2014-5

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Selbst den Wort-/Bildmarken

bewilligte das HABM keinen Markenschutz, da das Wort

„Extra“ nur als werbeübliche Angabe verstanden werde.21

1.4 Unterscheidungskraft von Warenformmarken

Warenformmarken sind 3-D-Marken, die die Form der

Ware darstellen.

Problematisch bei den Warenformmarken ist, dass es

dem Verbraucher schwer fällt, nur aus der Form der

Ware einen Herkunftshinweis zu ziehen, darin also eine

Marke zu erkennen. Denn dreidimensionale Marken

nimmt man nicht unbedingt in der gleichen Art wie Wort-

oder Bildmarken wahr, die von ihrem Erscheinungsbild

unabhängig sind. Deshalb ist für die Erteilung von Mar-

kenschutz erforderlich, dass die Form entscheidend von

der Norm oder den branchenüblichen Grundformen ab-

weicht.

Dieses Erfordernis sah die Beschwerdekammer des

HABM als nicht erfüllt an bei den folgenden

Warenformmarken:

22 23

21 HABM-BK, Entsch. v. 19.05.2014, R 218/2014-5 und R 199/2014-5 22 HABM-BK, Entsch. v. 19.05.2014, R 1911/2013-4 (Grupo Bimbo S.A.B. de C.V.) 23 HABM-BK, Entsch. v. 06.03.2014, R 1405/2013-1 (Intersnack Group GmbH & Co. KG)

24 25

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat der

abgebildeten 3-D-Marke in

Bonbonform die Markenfähigkeit

abgesprochen.26

Die Form der

Ware entspreche dem üblichen

Erscheinungsbild der beanspruch-

ten Waren (u .a. Süßwaren).

1.5 Unterscheidungskraft von Slogans

Auf deutscher und europäischer Ebene ergingen im

letzten Jahr einige Urteile zur Eintragungsfähigkeit von

Slogans als Marke. Für die Beurteilung der Unterschei-

dungskraft von allgemeinen Werbeaussagen und Wer-

beslogans gelten die gleichen Maßstäbe wie für andere

Marken. Eine slogan-artige Wortfolge kann Unterschei-

dungskraft haben, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in

erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird, jedoch darf

sie im Verkehr nicht ausschließlich als Werbung verstan-

den werden. Die Marken dürfen nicht nur aus einer ge-

wöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern sollten

eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein

Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder

bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denk-

prozess auslösen.

24 HABM-BK, Entsch. v. 03.06.2014, R 2449/2013-2 (Grupo Bimbo S.A.B. de C.V.) 25 HABM-BK, Entsch. v. 18.11.2013, R 839/2013-4 – FORM EINES BÄRS 26 EuG, Urt. v. 12.12.2013, T-156/12 – SWEET TEC (siehe hierzu auch unseren Newsletter Süßwarenindustrie Spezial Jahresrückblick 2013)

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Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat dem

Slogan „La qualité est la meilleure des recettes“ (im

deutschen: „Qualität ist das beste Rezept“) keine Unter-

scheidungskraft zugebilligt, da er keinen Hinweis auf die

betriebliche Herkunft enthalte.27

Der Slogan sei in einfa-

chem Französisch verfasst, hätte nichts Phantasievolles

an sich und würde nur die einfache Botschaft vermitteln,

dass die Markeninhaberin - Dr. August Oetker - Quali-

tätserzeugnisse herstelle.

Die Beschwerdekammer des HABM verneinte den Mar-

kenschutz für die Slogans „MYDIET“28

, „2good“29

,

„FOOD SHOULD TASTE GOOD“30

und „BE HAPPY”31

da sie aus einfachen englischen Begriffen zusammenge-

setzt seien, das erforderliche Maß an Originalität nicht

erfüllten und daher den Anforderungen an die geforderte

Unterscheidungskraft nicht entsprächen.

Der Slogan „WHENEVER – WHEREVER“ wurde als

beschreibend eingestuft, da der Begriff offensichtliche

und direkte Informationen über die Qualität und Charak-

teristika der in Frage stehenden Waren enthalte, und

zwar, dass sie überall und jederzeit gekauft und konsu-

miert werden könnten. Der Slogan weise daher nicht die

erforderliche Unterscheidungskraft auf.32

Das Bundespatentgericht hat den Eckes-Granini Slogan

„we make life more fruitful“ als nicht eintragungsfähig

erachtet, da es eine Vielzahl von Slogans beginnend mit

„we make life more …“ gäbe und nur als Hinweis auf eine

Ware, die einem das Leben erleichtert, verstanden wer-

de. Deshalb stelle der Slogan lediglich eine werbewirk-

27 EuG, Urt. v. 12.02.2014, T-570/11 – La qualité est la meilleure des recettes 28 HABM-BK, Entsch. v. 13.03.2014, R 2147/2013-1 – MYDIET 29 HABM-BK, Entsch. v. 27.02.2014, R 996/2013-1 – 2good 30 HABM-BK, Entsch. v. 22.01.2014, R 671/2013-3 – FOOD SHOULD TASTE GOOD 31 HABM-BK, Entsch. v. 17.10.2013, R 32/2013-1 – BE HAPPY 32 HABM-BK, Entsch. v. 14.03.2014, R 845/2013-5 – Whenever - Wher-ever

same Anpreisung der Ware dar und weise keine Origina-

lität auf.33

2. Konflikte zwischen Marken

2.1 Verwechslungsgefahr von Wortmarken

Zwischen der Marke „friends“ von Ferrero und „CITY OF

FRIENDS“ wurde die Verwechslungsgefahr verneint. Der

älteren Marke komme nur eine schwache Kennzeich-

nungskraft zu und der unterscheidende Teil der beiden

Marken „CITY OF“ lassen die Übereinstimmung durch

„friends“ in der Wahrnehmung in den Hintergrund rü-

cken.34

Gleichzeitig hat die Beschwerdekammer des

HABM letztes Jahr die Verwechslungsgefahr der Marken

„Cool Friends“ und „Friends“ bejaht (siehe hierzu unse-

ren Newsletter Süßwarenindustrie Spezial Jahresrück-

blick 2013).35

In der folgenden Entscheidung von lokaler Brisanz ver-

suchte der Schutzverband Dresdner Stollen die Eintra-

gung der Marke “Dresdner Striezel-Glühwein” zu verhin-

dern. Der Widerspruch stützte sich zum einen auf die

Kollektivmarke und zum anderen auf die geographische

Herkunftsangabe „Dresdner Stollen“. Der Schutzverband

Dresdner Stollen hat argumentiert, dass die Zeichen vor

allem begrifflich ähnlich seien, da „Striezel“ ein Synonym

für „Stollen“ sei. Das hat der Beschwerdekammer des

HABM jedoch nicht ausgereicht. Es bestünde weder

Waren- noch Markenähnlichkeit, so dass der Wider-

spruch zurückgewiesen wurde.36

33 BPatG, Beschl. v. 19.03.2014, 26 W (pat) 534/12 – we make life more fruitful 34 HABM-BK, Entsch. v. 06.03.2014, R 1240/2012-1 – CITY OF FRIENDS 35 HABM-BK, Entsch. v. 8.11.2012, R 2021/2011-1 – COOL FRIENDS 36 HABM-BK, Entsch. v. 17.10.2013, R 1825/2012-4 – DRESDNER STRIEZEL-GLÜHWEIN

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Obwohl die Marken „MEISTERKORN“ und „MISTER-

CORN“ Überschneidungen aufweisen, wurde die Ver-

wechslungsgefahr für die Klassen 5 und 41 verneint. Bei

Klasse 30 muss auf das genaue Produkt abgestellt wer-

den. Bejaht wurde die Verwechslungsgefahr z.B. für

„Brot, Gebäck“, nicht aber für „Mehl, Pasta, Kakaopul-

ver“.37

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Ver-

wechslungsgefahr von „JUNGBORN“ und „BORN“ bestä-

tigt, und ist damit von dem Grundsatz, dass der Verkehr

vorrangig auf Übereinstimmungen in den Markenanfän-

gen achtet, abgewichen.38

Der Umstand, dass die jünge-

re Marke ausschließlich aus der älteren Marke und ei-

nem vorgeschalteten weiteren Bestandteil bestehe, spre-

che als Indiz für eine Ähnlichkeit.

Das Bundespatentgericht hat gegen Eckes-Granini die

Verwechslungsgefahr von „RAMBA ZAMBA“ und „ZAM-

BA“ verneint.39

Das Wort „Zamba“ präge hier nicht den

Gesamteindruck der jüngeren Marke und des Weiteren

stelle „Ramba Zamba“ ein Synonym für Lärm, Gaudi,

Krawall usw. dar.

Zwischen „MISSANA“ und „MILKANA“ wurde - insbeson-

dere eine schriftbildliche - Verwechslungsgefahr bestä-

tigt.40

Das Bundespatentgericht sah – anders als die

Markenstelle – die Anfangs- und/oder Endbestandteile

der Vergleichszeichen („MI-“ bzw. „-ANA“) im Bereich

von Milchprodukten (noch) nicht als „verbraucht“ an, da

hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar

seien. Die von der Markenstelle genannten Markenbei-

spiele mit den Anfangsbuchstaben „MI-“ („Milfina“, „Mils-

ani“, „Milbona“, „Milino“ und „Milram“) würden noch nicht

die Annahme eines verbrauchten Wortanfangs im be-

37 HABM-BK, Entsch. v. 09.10.2013, R 2143/2012-2 – MEISTERKORN 38 EuG, Urt. v. 11.06.2014, T-401/12 – JUNGBORN 39 BPatG, Beschl. v. 12.02.2014, 26 W (pat) 545/12 – RAMBA ZAMBA 40 BPatG, Beschl. v. 22.01.2014, 28 W (pat) 107/12 – MISSANA

troffenen Warengebiet begründen. Auch über die Benut-

zungslage der von der Markenstelle pauschal angeführ-

ten 625 in der Klasse 29 eingetragenen Marken, die auf

„-ana“ enden sollen, sei nichts bekannt.

2.2 Verwechslungsgefahr von komplexen Marken

Im Jahr 2013/2014 ergingen zu sogenannten „komplexen

Marken“ (zusammengesetzte Wort-/Bildmarken) auf

europäischer und deutscher Ebene folgende

erwähnenswerte Entscheidungen:

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) verneinte die

Verwechslungsgefahr für die Bildmarke

„goldstück“ und die Wortmarke „Gold-

steig“.41

Der älteren Marke käme nur eine

schwache Kennzeichnungskraft zu und die Zeichen wie-

sen mehr Unähnlichkeiten als Ähnlichkeiten auf. Wäh-

rend „Goldsteig“ ein Gebirgsweg im Bayerischen Wald

sei, habe „goldstück“ die Bedeutung einer Goldmünze

oder einer wertvollen Person.

Für die Wort-/Bildmarke „MILANOWEK CREAM FUDGE“

sah das Gericht der Europäischen Union

(EuG) keine Verwechslungsgefahr mit

den folgenden älteren deutschen Marken

der PICO Food GmbH:42

41 EuG, Urt. v. 29.01.2014, T-47/13 – goldstück 42

EuG, Urt. v. 09.04.2014, T-623/11– MILANOWEK CREAM FUDGE

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Die Zeichen seien zwar nicht komplett unähnlich, vor

allem hinsichtlich der Kuh. Diesem Symbol komme je-

doch nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu. An-

sonsten weisen die Marken entscheidende Unterschiede

auf. Insbesondere bestünden – abgesehen von dem

Ausdruck „cream fudge“ - keine Übereinstimmung in den

Wortbestandteilen.

Der EuG sah zwischen der

Wort-/Bildmarke „Sani“ und zwei

älteren Wort-/Bildmarken „Hani“

sowie „RANI“ keine Verwechs-

lungsgefahr. Es bestünde keine

visuelle oder konzeptionelle

Ähnlichkeit und nur eine unter-

durchschnittliche klangliche

Ähnlichkeit zwischen den Marken.43

Zwischen der Wortmarke „GUMMI LUNCH“ von Mederer

und der Wort-/Bildmarke

„GUMMY“ wurde die Ver-

wechslungsgefahr wegen der

visuellen und klanglichen Ähnlichkeiten der Zeichen, die

in dem ersten Wortelement liegen, für den spanischen

Verkehrskreis, auf den es hier ankam, bejaht.44

Ebenso konnte sich Mederer mit der

Wort-/Bildmarke „Gummi Bear Rings“

nicht durchsetzen, da eine Verwechs-

lung mit der Wort-/Bildmarke „GUMMY“

bejaht wurde. Der Verbraucher könne das jüngere Zei-

chen als eine Variation der älteren Marke auffassen.45

43 EuG, Urt. v. 24.06.2014, T-523/12 – SANI 44 HABM-BK, Entsch. v. 07.04.2014, R 780/2013-5 – GUMMI LUNCH 45 HABM-BK, Entsch. v. 16.12.2013, R 225/2013-5 – Gummi Bear-Rings

Für die Marken „Cléd’Or“ und „COTE D’OR“ wurde

Verwechslungsgefahr angenommen.46

Neben der Ähnlichkeit der Waren und der Zeichen

komme der Widerspruchsmarke in den Benelux Staaten

eine gesteigerte Kennzeichnungskraft für

„Schokoladenprodukte“ zu.

Zwischen der Wortmarke „BLACK-

POWERENERGY” und einer Marke in

der Aufmachung einer Tafelschokola-

de mit dem Aufdruck „Zetti BLACK

POWER 88 % CACAO MIT GUARA-

NA“ besteht Verwechslungsgefahr, da

der Begriff „BLACK POWER“ das

dominante Element der älteren Marke

und das einzige und kennzeichnende

Element der jüngeren Marke sei.47

Der Bildmarke „SELECT“ wurde trotz des beschreiben-

den Begriffs eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft

bestätigt. Dennoch wurde die Verwechslungsgefahr mit

„7 SELECT“ verneint, da die beiden Marken nur das

schwache Element „Select“ gemeinsam hätten, die Bild-

zeichen sonst aber sehr unterschiedlich seien.48

46 HABM-BK, Entsch. v. 21.11.2013, R 1005/2013-1 – Cléd'Or 47 HABM-BK, Entsch. v. 30.04.2014, R 2206/2013-5 – BLACKPOWER-ENERGY 48 HABM-BK, Entsch. v. 11.06.2014, R 736/2013-2 – 7 SELECT

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Eine Entscheidung, bei der auf EU-Ebene richtigerweise

die Kennzeichnungskraft einer Marke bei der Beurteilung

der Verwechslungsgefahr tatsächlich gewürdigt wurde.

Dies hat die Beschwerdekammer des HABM in der fol-

genden Entscheidung wiederum

nicht getan. Hier wurde eine

Verwechslungsgefahr der Mar-

ken „Deliplus“ und „DELI’MAX“ anerkannt, da sie den

identischen Wortanfang haben und die beiden ange-

hängten Begriffe „plus“ (französisch für „mehr“) und

„max“ (als Abkürzung für „Maximum“) bezeichnend für

den Vergleich von etwas seien.49

Die Beschwerdekammer des HABM bejahte die Ver-

wechslungsgefahr zwischen der

Wort-/Bildmarke „Milki“ und „MIL-

KID“.50

Obwohl die angemeldete

Marke eine Reihe von zusätzlichen

Elementen enthalte (ein Milchtropfen,

der eine Kappe trägt und lächelt, während er sich über

die Lippen leckt, sowie ein Spritzer Flüssigkeit, der ihn

umgibt), würde dies vom Verbraucher als rein dekorativ

aufgefasst werden. Ansonsten unterschieden sich die

Marken alleine aufgrund des letzten Buchstabens „D“.

Zwischen der Wort-/Bildmarke „Maestro de Olive“ und

„MAESTRO“ wurde vom EuG die Ver-

wechslungsgefahr bestätigt.51

Die bild-

lichen Elemente der angemeldeten

Marke, sowie der Zusatz „de Olive“

komme dabei nur untergeordneter

Charakter zu. Daher sei „Maestro“ der unterscheidungs-

kräftige und dominierende Bestandteil der Marken.

49 HABM-BK, Entsch. v. 02.04.2014, R 1168/2013-5 – Deliplus 50 HABM-BK, Entsch. v. 21.11.2013, R 1268/2013 - MILKI 51 EuG, Urt. v. 05.12.2013, T-4/12 – Maestro de Olive

2.3. Konflikt bei Produktverpackungen

Vom OLG Köln erging ein Urteil in dem

vielfach beachteten Streit zwischen Haribo

und Lindt & Sprüngli über die Verletzung

der Wortmarke „GOLDBÄR“ durch die in

Goldfolie verpackte Schokoladenfigur des

„Lindt-Teddys“.52

Das Gericht sah im Ge-

gensatz zum LG Köln keine Verletzung der älteren Mar-

ke. Grundsätzlich sei es zwar möglich, dass eine Wort-

marke durch die Verwendung einer dreidimensionalen

Gestaltung verletzt sein könnte. Bedeutend seien hier

aber der Aufdruck des Lindt-Logos sowie die Bezeich-

nung „Lindt-Teddy“. Dies könne als Herkunftsnachweis

gesehen werden, zumal sich das Produkt auch an den

bekannten „Goldhasen“ von Lindt anlehne.

Das OLG Köln hatte ebenso über die Nachahmung von

Schokoriegeln zu entscheiden. Ein türkischer Süßwaren-

hersteller hatte die folgenden Riegel unter der Bezeich-

nung „Winergy“ und „Wish“ auf einer Süßwarenmesse

angeboten:

Mars beanstandete die Verpackungsgestaltung dieser

Riegel als unzulässige Nachahmungen der Verpa-

ckungsgestaltungen von „Bounty“ und „Snickers“. Dabei

befand das Gericht die Verpackung von „Wish“ als nicht

verbietungswürdig, da sie ein eigenständiges Erschei-

nungsbild aufweise. „Winergy“ übernehme jedoch die

prägenden Gestaltungsmerkmale der Verpackung von

„Snickers“ und wandele diese lediglich in eine dynami-

52 OLG Köln, Urt. v. 11.04.2014, 6 U 230/12 – Goldbär

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schere Form ab. Daher liegt hier eine wettbewerbswidri-

ge Nachahmung vor.53

2.4 Warenähnlichkeit

Für die Begründung der Verwechslungsgefahr ist nicht

nur die Ähnlichkeit der Zeichen entscheidend. Die ältere

Marke muss darüber hinaus für die identischen oder

ähnlichen Waren und Dienstleistungen wie die neu an-

gemeldete Marke geschützt sein.

Die Waren „Eiscreme, Frozen Joghurt etc.“ seien ähnlich

mit „Schokoladenprodukte und -artikel“ derselben Klas-

se.54

Auch „Gebäck“ der Klasse 30 habe eine Ähnlichkeit zu

„Schokolade und Schokoladentafel mit und ohne Zusät-

ze“, da die Waren beide konsumiert würden um das

Bedürfnis nach etwas Süßen zu stillen. Ebenfalls würden

sie oft zusammen gemischt werden, z.B. in Nachspeisen

oder kleinen Kuchen.55

Dagegen seien „Fruchtsaucen“ unähnlich zu „Backwa-

ren“.56

Die Waren seien nicht komplementär, da es nicht

ersichtlich sei, dass es für den Verzehr von Backwaren

unerlässlich oder auch nur verkehrsüblich wäre, Fruchts-

aucen zuzugeben.

Die Waren „Konfitüren, Kompotte” der Klasse 29 und

„Zucker; Honig, Melassesirup” der Klasse 30 wiesen

Gemeinsamkeiten mit den Waren „Süßwaren, Schokola-

denwaren, Konditorwaren” auf, da sie sich gegenseitig

53 OLG Köln, Urt. v. 20.12.2013, 6 U 85/13 – Bounty und Snickers 54 HABM-BK, Entsch. v. 21.11.2013, R 1007/2013-1 – Cléd'Or 55 HABM-BK, Entsch. v. 30.04.2014, R 2206/2013-5 – BLACKPOWER-ENERGY 56 HABM-BK, Entsch. v. 17.10.2013, R 1825/2012-4 – DRESDNER STRIEZEL-GLÜHWEIN

ergänzten.57

Auch lege eine gewisse Ähnlichkeit mit

„Kaffee“ vor, jedoch nur eine geringe Ähnlichkeit mit

„Milch und Milchprodukten“.

Jedoch kann für die Waren “Milch und Milchprodukte”

eine hochgradige Ähnlichkeit zu “Kaffee-, Kakao- und

Schokoladengetränke” der Klasse 30 bejaht werden.58

3. Nachweis einer ernsthaften Benutzung

Grundsätzlich können Marken nur durchgesetzt werden,

wenn sie benutzt werden. Auf Verlangen des Anmelders

hat dabei der Inhaber einer älteren Marke den Nachweis

zu erbringen, dass die Marke ernsthaft benutzt wird oder

berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Eine interessante Entscheidung über den Nachweis der

Benutzung erging vom EuGH hinsichtlich der Marke

„Passaia“.59

Die Firma Rivella hatte in einem

Widerspruchsverfahren die ernsthafte Benutzung ihrer

internationalen Marke „Passaia“ für Deutschland,

nachzuweisen. Hierfür legte Rivella Benutzungsmaterial

aus der Schweiz vor, wobei sie sich auf ein Abkommen

zwischen Deutschland und der Schweiz von 1892 berief,

welches die Benutzung im jeweils anderen Land mit der

Nutzung im Inland gleichsetzt. Der EuGH entschied,

dass dieses Abkommen jedoch nur zwischenstaatlich

gelte und nicht das Gemeinschaftsmarkenrecht

beeinflusse. Die Benutzung in der Schweiz stellt also in

Verfahren vor dem EU-Markenamt keinen Nachweis für

die Benutzung des deutschen Teils einer IR-Marke dar.

57 HABM-BK, Entsch. v. 17.02.2014, R 622/2013-1 – götterfunken 58 BPatG, Beschl. v. 22.01.2014, 28 W (pat) 107/12 – MISSANA 59 EuGH, Urt. v. 12.12.2013, C445/ 12 P - BASKAYA

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Der Firma Reber gelang trotz der Vorlage einer schriftli-

chen Erklärung ihres Geschäftsführers, zwei Fotos von

den Auslagen ihrer Konditorei, Monatslisten über den

Schokoladenverkauf in einem Jahr (jährlich wohl 40 bis

60 kg handgefertigte Schokoladenprodukte) und Auszü-

ge ihres Internetauftritts nicht der Nachweis über die

ernsthafte Benutzung der Marke „WALZERTRAUM“.60

Der EuGH urteilte, dass selbst wenn es sich um handge-

fertigte Waren handle, die verkauften Mengen nicht aus-

reichten, um in ernsthafter Weise einen Anteil am deut-

schen Schokoladen- und Pralinenmarkt zu sichern, so-

dass die Marke nur marginale lokale Bedeutung habe.

Das Argument, dass die Waren aus Exklusivitäts- und

Exquisitätsgründen nur in einer einzigen Verkaufsstelle

angeboten und nicht im Versandhandel oder über das

Internet verkauft würden, konnte dabei nicht überzeugen.

Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass das Ge-

richt nur auf die im Warenverzeichnis gewählten Ober-

begriffe, hier „Schokoladewaren“ und nicht speziell auf

Pralinen abgestellt hat. Es sei Sache des Markeninha-

bers das Warenverzeichnis zu konkretisieren, sofern

seine Marke für spezielle Waren Schutz genießen soll.

60 EuGH, Urt. v. 17.07.2014, C141/ 13 P – Walzer Traum

Praxistipp:

Markeninhaber sollten das Warenverzeichnis alter

Marken überprüfen und eine Beschränkung des Ver-

zeichnisses auf die konkret benutzten Wa-

ren/Dienstleistungen in Betracht ziehen. Bei neuen Mar-

kenanmeldungen sollten neben Oberbegriffen auch zu-

mindest die wichtigsten einzelnen Waren / Dienstleistun-

gen aufgeführt werden.

Margret Knitter, LL.M.

[email protected]

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Effektiver Schutz gegen Nachahmungen auf der

Süßwarenmesse

Messen sind unersetzlich. Für den Austausch, Neuigkei-

ten, Ideen und Inspirationen. Messen sind unersetzlich

für das Geschäft. Auf Messen kann Aufbruchsstimmung

erzeugt werden. Im Großen, für eine ganze Branche,

oder im Kleinen für das eigene Unternehmen. Die Messe

kann aber auch zu einer bitteren Erfahrung werden.

Insbesondere dann, wenn ein skrupelloser Wettbewerber

– vielleicht sogar in Sichtweite der eigenen Produkte –

Nachahmungen ausstellt.

So erging es De Beukelaer. Ihre „Mikado“-Keksstangen

wurden durch einen ausländischen Wettbewerber in

nahezu identischer Form ausgestellt. De Beukelaer

wehrte sich und das OLG Köln sah eine wettbewerbsver-

letzende Nachahmung und damit Täuschung der inländi-

schen Verbraucher als gegeben an. Der BGH hob dieses

Urteil jedoch nunmehr auf (Urteil vom 23.10.2014, Az.: I

ZR 133/13). Nicht weil er die Nachahmung anders be-

wertete, sondern weil dem Nachahmer allein die Pro-

duktpräsentation nachgewiesen worden war. Die bloße

Präsentation auf einer Messe dürfe dabei nicht als Ver-

mutung dienen, dass das Produkt auch tatsächlich im

Inland angeboten werde.

Doch was sind nun die Lehren aus diesem Urteil. Ist es

überhaupt möglich, effektiv gegen Nachahmungen auf

Messen vorzugehen? Ja, ein effektives Vorgehen ist

möglich. Hierzu bedarf es allerdings einer konzentrierten

Aktion zwischen Hersteller und Anwalt. Ein Überblick

über die wichtigsten Grundsätze:

1. Vorbereitung

Rechnen Sie damit, dass der Nachahmer weiß was er tut

und sich entsprechend geschickt verhält und vorbereitet

hat. Seien auch Sie vorbereitet.

Ist Ihnen ein potentieller Nachahmer bekannt, überprüfen

Sie, ob dieser auf der Messe ausstellt. Überprüfen Sie

ferner, ob dieser auch nach Deutschland liefert oder

anbietet. Sammeln Sie entsprechendes Material. Wer

Entscheidungen wie die obige vermeiden will, muss im

Zweifel nachweisen können, dass der Nachahmer auch

in Deutschland anbietet.

Auch wenn das Ausstellen keine rechtliche Vermutung

für ein Anbieten bedingt, so ist genau dies faktisch doch

häufig der Fall. Und wer anbietet, muss das zwangswei-

se gegenüber Dritten tun. Die Chancen stehen also gut,

den Nachahmer so zu entlarven.

Gelingt dies trotz allem nicht, so kann unter Umständen

zumindest das Ausstellen verboten werden.

2. Schnelligkeit

Messe ist Geschäft und dieses wird erfahrungsgemäß in

den ersten Tagen gemacht. Seien Sie sich also bewusst,

dass Ihr Wettbewerber damit rechnet, wesentliche Ge-

schäftsabschlüsse schon getätigt zu haben, bevor Sie

die Nachahmung unterbinden können. Reagieren Sie

entsprechend schnell.

Große Gerichte haben bei großen Messen häufig einen

Notdienst, der auch an Samstagen schnell und effektiv

handeln kann. Spielen Hersteller und Anwalt gut zusam-

men, kann eine Verfügung an sechs Tagen der Woche

sehr schnell teils innerhalb eines Tages erwirkt und zu-

gestellt werden.

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3. Verfahren

Die Gerichte entscheiden in Messesachen häufig allein

auf Basis Ihres Antrages. Sie erlassen die Verfügung

somit meist ohne die Gegenseite anzuhören. Nutzen Sie

diesen Überraschungseffekt aus. Die Verfügung kann

durch den Gerichtsvollzieher direkt auf der Messe zuge-

stellt werden. Geschieht das früh genug, macht der Ver-

letzer mit den Nachahmungen kein großes Geschäft.

Seine Rechnung geht nicht auf.

Ein entscheidender Faktor kann auch die abschreckende

Wirkung sein. Denn wer hat schon gern einen Gerichts-

vollzieher an seinem Stand.

4. Mittel

Alle gewerblichen Schutzrechte und Urheberrechte kön-

nen als Grundlage für einen Antrag dienen. Erfahrungs-

gemäß bieten Anträge auf Basis von eingetragenen

Schutzrechten – insbesondere Marken und eingetragene

Designs – die besten und schnellsten Erfolgschancen.

Geht es, wie so häufig, um die Produkt- oder Verpa-

ckungsform, ist neben Designs auch an die Anmeldung

dreidimensionaler Marken zu denken. Der Schutz Ihrer

Produkte auf der Messe beginnt also bereits mit der

sorgfältigen Eintragung.

Sollten Sie keine eingetragenen Schutzrechte inneha-

ben, so kann auf das Vorliegen eines Wettbewerbsver-

stoßes abgestellt werden. Unter Umständen können

auch nichteingetragene Geschmacksmuster oder Urhe-

berrechte geltend gemacht werden.

5. Kosten

Ist Ihr Antrag begründet, so sind die Kosten des Verfah-

rens und der durch Sie beauftragten Anwälte grundsätz-

lich durch den Nachahmer zu tragen. Hat der Nachahmer

ferner seinen Sitz außerhalb der EU, so können weitere

gerichtliche Maßnahmen getroffen werden, um die anfal-

lenden Kosten vorläufig zu sichern oder zumindest um

die spätere Vollstreckung zu erleichtern.

Dr. Magnus Hirsch

[email protected]

Christoph Mayerhöffer

[email protected]

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Beschreibende Bezeichnungen: Design statt Marke?

Sehr oft werden in der Praxis beschreibende Bezeich-

nungen für Produkte und Dienstleistungen verwendet.

Dadurch versteht der Kunde gleich aus der „Marke“, um

was es sich bei dem Produkt handelt. Auch für die

Suchmaschinenoptimierung im Internet ist die Verwen-

dung von Bezeichnungen aus dem üblichen Sprachge-

brauch ein oft gewählter Ansatz. So finden Kunden eine

Fernsehzeitung im Internet unter der Marke „Fernsehzei-

tung.de“ natürlich sehr schnell.

Aus markenrechtlicher Sicht sind solche Bezeichnungen

jedoch oft nicht schutzfähig. Denn Bezeichnungen, die

für die darunter angebotenen Waren oder Dienstleistun-

gen beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig sind,

stehen aus markenrechtlicher Sicht absolute Schutzhin-

dernisse entgegen. Bereits bei der Anmeldung prüft das

Amt (sowohl das Deutsche Patent- und Markenamt als

auch das für Gemeinschaftsmarken zuständige Harmo-

nisierungsamt für den Binnenmarkt), ob derartige

Schutzhindernisse bestehen.

In der Folge weist das Amt den Markenschutz zurück

und die Verwender der Bezeichnung erhalten keine Mar-

keneintragung, stehen mithin schutzlos da.

Bei der Markenanmeldung kann neben der reinen Wort-

marke (die nur aus der Angabe von Standard-

Textzeichen bestehen darf) auch der Umweg über eine

Wort-/Bildmarke gewählt werden. Dadurch kann zwar

auch nicht der schutzunfähige Wortbestandteil geschützt

werden, aber die Bezeichnung insgesamt – also mit den

grafischen Elementen – kann gewissen Schutz erlangen.

Es mehren sich aber die Fälle, in denen auch derartige

Marken zurückgewiesen werden (siehe hierzu oben

Rechtsprechungsüberblick 1.2.). Die Eintragungspraxis

der Ämter wird insoweit restriktiver.

In derartigen Fällen drängt sich die Überlegung auf, ob

ein Text zumindest nicht als Design nach dem deutschen

Designgesetz (DesignG) bzw. nach der Gemeinschafts-

geschmacksmusterverordnung (GGV) schützbar ist. Die

Hürde der absoluten Schutzhindernisse ist beim Design

anders gelagert als bei der Marke, daher können die

unterschiedlichen Eintragungen in der Praxis zu anderen

Ergebnissen führen.

Voraussetzungen für den Schutz eines Designs

Ob ein Schutz nach dem DesignG bzw. nach dem GGV

möglich ist, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Nachfol-

gend sollen daher die Grundvoraussetzungen für einen

Schutz nach dem DesignG und dem GGV vorgestellt

werden:

Ein Design zeichnet sich dadurch aus, dass es sich aus

den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, Oberflä-

chenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses

selbst oder seiner Verzierung ergibt. Hierbei ist ein Er-

zeugnis jeder industrielle oder handwerkliche Gegen-

stand, einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer

Symbole und typografischer Schriftzeichen sowie von

Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusam-

mengebaut werden sollen.1

Wichtig: Damit ein Vorhaben nach dem DesignG sicher-

bar ist, muss es neu und Eigenart aufweisen. Neu ist ein

Design, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches

Design offenbart wurde. Allerdings gilt für Designs der

sog. Relative Neuheitsbegriff. Demnach kann ein Design

auch noch als „neu“ angemeldet werden, wenn es bereits

vor maximal 12 Monaten vom Eigentümer veröffentlicht

wurde.

1 Zum (neuen dt.) Designrecht insgesamt Schicker/Haug, NJW 2014

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Die Eigenart setzt voraus, dass es sich nach dem Ge-

samteindruck von älteren Designs unterscheidet. Die

Unterschiedlichkeit wird im Sinne eines „individual Cha-

rakters“ interpretiert. Dieser erfordert kein Gestaltungser-

gebnis, das überdurchschnittliches Können eines Desig-

ners voraussetzt.2 Insoweit findet keine qualitative Wer-

tung statt. Es ist vielmehr als ein quantitatives Element

zu verstehen. Ob ein solches vorliegt, ergibt sich aus

einer beobachtend-vergleichenden Beurteilung, ob die

Erscheinungsform unterschiedlich gegenüber jedem

einzelnen Muster des vorbekannten Formenschatzes

ist.3

Der Designschutz entsteht erst durch Eintragung in das

vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Design-

register bzw. durch Eintragung beim Harmonisierungs-

amt. Ab Eintragung ist das Design zunächst für fünf Jah-

re geschützt. Die Schutzzeit kann jeweils um fünf Jahre

auf eine maximale Schutzdauer von 25 Jahren verlängert

werden.

Alternativ kommt der Schutz durch ein nicht eingetrage-

nes Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Betracht. Für

ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmus-

ter ist keine Anmeldung notwendig. Der Schutz entsteht

durch bloße Offenbarung gegenüber der Öffentlichkeit.

Offenbart wird das Design, indem es ausgestellt, ange-

boten oder in sonstiger Weise veröffentlicht wird. Aller-

dings muss auch bei einem nicht eingetragenen Ge-

meinschaftsgeschmacksmuster das Vorhaben neu sein

und Eigenart aufweisen. Hierbei sind die Voraussetzun-

gen im Wesentlichen gleichlaufend zum deutschen De-

signrecht. Prozessual ist zu beachten, dass ein Inhaber

eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmack-

musters beweisen muss, dass er das Muster offenbart

hat.4 Der Schutz aus dem nicht eingetragenen Gemein-

2 Eichmann/von Falkenstein, GeschmacksmusterG, § 2 Rz. 12. 3 Eichmann/von Falkenstein, GeschmacksmusterG, § 2 Rz. 12. 4 BGH. Urt. v. 13.12.2012 – I ZR 23/12

schaftsgeschmacksmuster beschränkt sich auf einen

reinen Nachahmungsschutz. Die Schutzdauer ist zudem

auf drei Jahre ab der ersten Veröffentlichung begrenzt,

weshalb es für den Schutz von markenmäßigen Be-

zeichnungen in der Praxis eine untergeordnete Rolle

spielt.

Ob der Schutz über ein Design zumindest eine Art „Auf-

fang-Schutz“ im konkreten Fall bewirken kann, kann nur

jeweils spezifisch im Einzelfall entschieden werden. Aus

der Praxis sind jedoch einige Fälle bekannt, in denen der

Schutz eines Designs bei beschreibenden Bezeichnun-

gen zum Erfolg geführt hat.

Praxistipp:

Sofern ein grafisch ausgestalteter Text, der als Marke

verwendet werden soll, beschreibend ist, sollte frühzeitig

an die Möglichkeit gedacht werden, dieses Werk auch

als Design zu schützen. Wenn sich also im Rahmen

einer Markenanmeldung innerhalb von 12 Monaten ab

der ersten Veröffentlichung oder der Anmeldung heraus-

stellt, dass einer Marke der Schutz versagt wird, kann

ggf. der Schutz durch ein Design zumindest einen gewis-

sen Grundschutz mit sich bringen. Wir beraten Sie gerne

zu den Einzelheiten.

Stefan C. Schicker, LL.M

[email protected]

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WETTBEWERBSRECHT

Negative Produktbewertungen und Möglichkeiten

rechtlicher Gegenwehr

Produkttests bieten Verbrauchern in vielen Fällen eine

gute Möglichkeit zur Orientierung. Dies gilt insbesondere

in Produktmärkten mit einer quasi unüberschaubaren

Auswahlmöglichkeit, wie insbesondere dem Bereich der

Lebensmittel. Gut bewertete Produkte stellen sowohl für

Verbraucher als auch für die jeweiligen Hersteller eine

„Win-Win-Situation“ dar. Bei schlechten Testergebnissen

drohen Herstellern hingegen oftmals Existenz gefähr-

dende Image-Schäden.

In einem solchen Fall („GAU“) sollten betroffene Unter-

nehmen die weiteren Gegenmaßnahmen sorgfältig er-

wägen. Neben einer positiven Imagekampagne, insbe-

sondere durch gelungene Öffentlichkeitsarbeit, kommen

im Einzelfall auch rechtliche Schritte in Betracht. Dass

Hersteller sich selbst gegen renommierte Institute wie die

Stiftung Warentest wehren können, hat im letzten Jahr

eindrucksvoll der Fall „Ritter Sport“ gezeigt.

1. Umfang der Meinungsfreiheit des Testers

Die rechtliche Bewertung eines Produkttests erfordert

eine Abwägung zwischen dem Grundrecht eines Pro-

dukttesters auf Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1

GG) und dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten

Recht des Betroffenen am eingerichteten und ausgeüb-

ten Gewerbebetrieb (Art. 12 Abs. 1 GG). Der eingerichte-

te und ausgeübte Gewerbebetrieb umfasst alles, was in

seiner Gesamtheit den Betrieb zur Entfaltung und Betäti-

gung am Markt befähigt und damit den wirtschaftlichen

Wert des Betriebs als bestehender Einheit ausmacht.

Im Zuge dieser Abwägung ist der vollständige Aussage-

gehalt des Testurteils zu ermitteln. Danach ist jede getä-

tigte Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Wert-

urteil einzuordnen:

Tatsachenäußerungen zeichnen sich dadurch aus, dass

sie einem Beweis zugänglich sind. Im Gegensatz dazu

sind Werturteile Äußerungen, die durch Elemente der

Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt

sind und die deshalb nicht durch einen Beweis als richtig

oder falsch überprüft werden können. Maßstab für die

Einordnung als überprüfbare Tatsachenbehauptung oder

als nicht überprüfbares Werturteil ist das Verständnis

eines unvoreingenommenen und verständigen Publi-

kums. Wesentliches Kriterium hierbei ist der Wortlaut der

Äußerung, der nicht isoliert, sondern im gesamten Kon-

text zu sehen ist.

Der Schutzbereich der Meinungsfreiheit ist weit. Tatsa-

chenäußerungen, die erwiesen unwahr sind, fallen aber

von vornherein nicht in den Schutzbereich der Meinungs-

freiheit. Ebenso sind Werturteile nicht geschützt, wenn

sie die Grenze zur „Schmähkritik“ überschreiten, also

nicht mehr auf dem Boden einer sachbezogenen Argu-

mentation stehen, sondern überwiegend die Herabset-

zung des Betroffenen oder dessen Produkte bezwecken.

2. Rechtliche Anforderungen an eine

Testpublikation

Die Veröffentlichung eines vergleichenden Warentests ist

in der Regel zulässig, wenn dies ohne Wettbewerbsab-

sicht des Testenden erfolgt und die Untersuchung neut-

ral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit

vorgenommen wird. Die Überprüfungen durch Institute

wie beispielsweise die Stiftung Warentest müssen daher

von Tests unterschieden werden, die Produkthersteller

mit eigenem Wettbewerbsinteresse in Eigenregie durch-

führen.

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Im Hinblick auf die Angemessenheit der Prüfungsmetho-

den, der Auswahl der Testobjekte und der Darstellung

der Untersuchungsergebnisse wird Produkttestern von

der Rechtsprechung ein umfangreicher Entscheidungs-

freiraum eingeräumt. Zur Objektivität der Untersuchung

zählt, dass die Prüfungsmethoden anerkannt oder zu-

mindest vertretbar sein müssen. Ferner muss der Pro-

dukttester gewährleisten, dass die durchgeführte Unter-

suchung sachlich, d.h. durch qualifiziertes Personal mit

einer gewissen Sachkompetenz erfolgt. Ist diese Objekti-

vität nicht gewahrt, ist die Grenze des Unzulässigen

überschritten, weil Kritik an Produkten nicht willkürlich

geäußert werden darf.

Bei der Darstellung der Testergebnisse ist zudem darauf

zu achten, dass diese neutral erfolgen muss und für den

Durchschnittsleser kein falsches Gesamtbild entstehen

darf. Daher darf die Darstellung nicht in verzerrender

oder missverständlicher Weise erfolgen. Soweit dies für

das richtige Verständnis erforderlich ist, müssen Aussa-

gen mit einem erläuternden Zusatz versehen werden.

3. „Sekundäre Beweislast“ des Testers im

Gerichtsverfahren

Entschließt sich ein negativ betroffenes Unternehmen

zum Prozess, muss es – sofern kein Fall der Schmähkri-

tik vorliegt – die Unwahrheit der angegriffenen Tatsa-

chenbehauptungen beweisen.

Allerdings kann den beklagten Produktester unter Um-

ständen eine sogenannte „sekundäre Darlegungs- und

Beweislast“ treffen. Einem Kläger kann nämlich nicht

zugemutet werden, dass er sich „ins Blaue“ hinein recht-

fertigen und dabei Umstände aus seinem geschäftlichen

Bereich in einem Umfang offenbaren muss, der bei einer

ordnungsgemäßen Verteidigung durch den Produkttester

im Prozess vermeidbar wäre. Kommt ein Produkttester

dieser sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht

nach, geht das Gericht von der Unrichtigkeit des Tester-

gebnisses aus. Die „sekundäre Darlegungs- und Beweis-

last“ des Testers entsteht aber nicht bereits dadurch,

dass der Kläger die Richtigkeit des Testergebnisses

pauschal bestreitet. Vielmehr muss der Kläger substanti-

ierte Zweifel an der Richtigkeit darlegen.

Im Rechtsstreit zwischen dem Unternehmen Alfred Ritter

und der Stiftung Warentest war die Frage entscheidend,

ob der in der Schokolade verarbeitete Stoff Piperonal

chemisch hergestellt worden war, oder ob es sich um

einen natürlichen Aromastoff im Sinne von Artikel 16

Abs. 4 der EU-Aromenverordnung (Nr. 1334/2008/EU)

handelte. Das Unternehmen Ritter trug hierzu vor, dass

es nicht innerhalb des Gerichtsverfahrens beweisen

könne, wie der Stoff Piperonal gewonnen werde, da

dieser von Zulieferern bezogen werde und als fremdes

Betriebsgeheimnis nicht offenbart werden dürfe. Aller-

dings legte Ritter dem Gericht eine Garantieerklärung

des Zulieferers vor, aus der hervor ging, dass es sich bei

dem verwendeten Piperonal um natürliche Aromen han-

dele und nicht um ein chemisches Produkt.

Dem Gericht reichte dieser substantiierte Vortrag des

Klägers aus, um eine sekundäre Darlegungs- und Be-

weislast der beklagten Stiftung Warentest anzunehmen.1

Diese musste daraufhin darlegen und beweisen, auf

welche Weise sie den positiven Nachweis geführt haben

will, dass der in der Schokolade enthaltene Aromastoff

Piperonal chemisch hergestellt und gerade nicht natürlich

gewonnen worden sei. Dieser Beweis gelang der Stiftung

Warentest jedoch nicht, da sie während des Produkttes-

tes lediglich vermutet hatte, dass der in der Schokolade

nachgewiesene Stoff Piperonal chemisch hergestellt

worden sei, ohne aber den Leser auf ihren bloßen Ver-

dacht hinzuweisen.

1 OLG München, Urteil vom 09.09.2014 – 18 U 516/14.

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4. Weitere Fallbeispiele aus der gerichtlichen

Praxis

Schmähkritik wurde beispielsweise in einem Fall ange-

nommen, in dem ein Restaurant wie folgt beschrieben

wurde: “Die Preise des Restaurants sind außerirdisch.

Das Management treibt mit seiner Politik gezielter perso-

neller Unterbesetzung die Gäste zum Randalieren. Es ist

ein Akt äußerster Waghalsigkeit, sich Fast-Food Anbie-

tern der Wucherkategorie auszuliefern.“2

Die Bezeichnung eines Landhotels in einem Hotelbewer-

tungsportal als "Hühnerstall" wurde nach den konkreten

Umständen des Einzelfalls hingegen nicht als

Schmähkritik gewertet.3 In einem anderen Kontext könn-

te die Formulierung „Hühnerstall“ jedoch durchaus als

Schmähkritik betrachtet werden.

Die rechtliche Bewertung eines Vorganges als strafrecht-

lich relevanter Tatbestand stellt zunächst einmal keine

Tatsachenbehauptung, sondern ein Werturteil dar.4 Eine

Tatsachenbehauptung kann aber angenommen werden,

wenn nicht die rechtliche Bewertung eines feststehenden

Sachverhaltes im Vordergrund steht, sondern in der

rechtlichen Würdigung ein konkretes Geschehen mit

anklingt, wie z.B. bei der Formulierung „hygienische

Missstände“.

2 OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.1989 – 6 W 122/89. 3 OLG Stuttgart, Urteil vom 11.09.2013 - 4 U 88/13 4 LG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2013 – 12 O 392/11.

5. Verschiedene Ansprüche des betroffenen

Unternehmens

Einem betroffenen Unternehmen stehen bei einer

Rechtsverletzung Schadensersatz-, Unterlassungs- und

Beseitigungsansprüche zu. Unter gewissen Vorausset-

zungen ist auch ein Gegendarstellungsanspruch denk-

bar, wobei die Gegendarstellung an gleicher Stelle plat-

ziert werden kann, an der auch die verletzende Äuße-

rung erfolgt ist. Bei der Gegendarstellung handelt es sich

um eine eigene Äußerung des Betroffenen. Im Falle

einer unzulässigen Tatsachenbehauptung kann ein Un-

ternehmen aber auch den Widerruf oder eine Richtigstel-

lung durch den Tester selbst verlangen. Dies ist im Ge-

gensatz zur Gegendarstellung ein viel wirkungsvolleres

Instrument, da der Tester öffentlich erklären muss, zuvor

die Unwahrheit gesagt zu haben.

Dr. Thomas Haug, LL.M. (Exeter)

[email protected]

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IT & DIGITAL BUSINESS

Neues Verbraucherrecht für den Online-Handel - Was

ist wirklich neu? Wie sehen die neuen Informations-

pflichten aus? Was hat sich beim Widerrufsrecht

geändert?

A. EINLEITUNG

Das deutsche Umsetzungsgesetz zur EU-Richtlinie über

die Rechte der Verbraucher vom 25. Oktober 2011 (im

Folgenden „VRR“) trat am 13. Juni 2014 in Kraft.

B. WAS IST WIRKLICH neu?

1. Unübersichtliche gesetzliche Regelung

Die Unübersichtlichkeit der Verbraucherschutz-

regelungen ist nicht wirklich neu, sie wird durch die Än-

derungen aber wesentlich verstärkt: Für bestimmte Bran-

chen gelten bestimmte Regelungen nicht (z. B. Reiseleis-

tung, Beförderung, Lieferung von Lebensmitteln, § 312

Abs. 2 BGB neu). Das Gesetz etabliert in noch größerem

Umfang unterschiedliche Standards für Informations-

pflichten von E-Commerce im engeren Sinne, über Fern-

absatz und Abschlüsse außerhalb von Geschäftsräumen

bis hin zum stationären Handel (§ 312 a ff. BGB neu).

2. Einbeziehung des stationären Handels

Wirklich neu ist allerdings, dass gewisse - zugleich auch

geänderte oder neue - Regelungen jetzt auch ausdrück-

lich für den stationären Handel gelten (§ 312 a BGB

neu).

Die wichtigsten sind:

Entgeltliche Nebenleistungen müssen ausdrücklich

vereinbart werden (z. B. Transportservice, Montages-

ervice, etc.).

Der Verbraucher muss eine gängige unentgeltliche

Zahlungsmöglichkeit haben (bislang schon Recht-

sprechung). Soweit daneben Kosten für eine andere

Zahlungsart anfallen, dürfen diese nicht über die Kos-

ten des Unternehmers für die Nutzung des Zah-

lungsmittels hinausgehen.

Jeder Unternehmer muss bei telefonischer Kontakt-

aufnahme zum Abschluss eines Vertrages zu Beginn

des Telefonats seine Identität sowie den geschäftli-

chen Zweck des Anrufs offenlegen. Dies gilt unab-

hängig von den sehr engen Voraussetzungen für die

Zulässigkeit solcher Telefonate.

Für eine Servicehotline dürfen keine Entgelte berech-

net werden, die über die bloße Nutzung des Tele-

kommunikationsdienstes hinausgehen. Unternehmer

müssen also entweder entgeltfreie Rufnummern oder

ortsgebundene Rufnummern anbieten.

3. Informationspflichten für den stationären

Handel

Neben Informationspflichten im Fernabsatz und für au-

ßerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge

gelten gewisse Informationspflichten nun neu zwingend

auch im stationären Handel (§ 312 a Abs. 2 BGB neu

i.V.m. Art. 246 Abs. 1 EGBGB neu).

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4. Bestimmte Informationen werden Vertragsbe-

standteil

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen

Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ist neu, dass

Angaben zur Erfüllung von gewissen Informationspflich-

ten nun automatisch Vertragsbestandteil werden (§ 312 d

Abs. 1 BGB neu).

5. Informationspflichten bei mobilen Webseiten

und Apps für Smartphones

Für einen Fernabsatzvertrag durch ein Kommuni-

kationsmittel mit nur begrenzten Darstellungsmöglichkei-

ten (wie mobile Webseiten oder Apps für Smartphones)

werden Informationspflichten erleichtert. Es reicht neuer-

dings aus, wenn der Verbraucher über die wesentlichen

Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, die

Identität des Unternehmens, den Gesamtpreis, das Be-

stehen eines Widerrufsrechts und die Laufzeit des Ver-

trags sowie die Kündigungsbedingungen informiert wird.

6. Lieferbeschränkungen und Zahlungsmittel

Für den elektronischen Geschäftsverkehr ist neu: Der

Unternehmer hat spätestens bei Beginn des Bestellvor-

gangs klar und deutlich anzuzeigen, ob Lieferbeschrän-

kungen bestehen und welche Zahlungsmittel von ihm

akzeptiert werden.

C. ÄNDERUNGEN BEIM WIDERRUFSRECHT

Noch erheblicher sind die Änderungen für das Widerrufs-

recht ausgefallen. Hier gilt im Überblick:

1. Kein Rückgaberecht mehr

Bisher konnte das gesetzliche Widerrufsrecht durch ein

sog. Rückgaberecht ersetzt werden. Ab dem

13. Juni 2014 gibt es dieses gesetzliche Rückgaberecht

nicht mehr.

2. Reform gesetzlicher Ausnahmen des Wider-

rufsrechts

Bereits nach geltendem Recht gab es zahlreiche Kons-

tellationen, in denen dem Verbraucher kein Widerrufs-

recht zustehen sollte. Die Änderungen nehmen zusätzli-

che Neuausnahmen vom Widerrufsrecht auf (§ 312 g

Abs. 2 S. 1 BGB neu) und setzen damit den abschlie-

ßenden Katalog der Verbraucherrechterichtlinie um.

Neu ist hier die Ausnahme für Verträge zur Lieferung

alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss

vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach

Vertragsschluss geliefert werden können und deren

aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt ab-

hängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat.

3. Einheitliche Widerrufsfrist

Ab dem 13. Juni 2014 gilt europaweit nur noch eine ein-

heitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. Bislang galten in

Deutschland zwei Widerrufsfristen. Zum einen die

14-tägige Regelfrist und zum anderen die verlängerte

Frist von einem Monat, wenn der Unternehmer den Ver-

braucher nicht unmittelbar nach Vertragsschluss über

sein Widerrufsrecht belehrt hatte.

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4. Kein unendliches Widerrufsrecht mehr

Nach bisherigem Recht konnte die Widerrufsfrist unend-

lich laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht

ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat.

Nach der Neuregelung erlischt das Widerrufsrecht des

Verbrauchers jedenfalls spätestens 12 Monate und 14

Tage ab Erhalt der Ware (im Fernabsatz) oder nach dem

Vertragsschluss.

5. Erklärung des Widerrufs

Ein Widerruf des Verbrauchers muss anders als bisher

(§ 355 BGB) nicht mehr in Textform erklärt werden. Es

genügt eine eindeutige Erklärung, der Widerruf bedarf

keiner Begründung. Nicht mehr möglich ist ein Widerruf

durch bloße Rücksendung der Ware, außer die Ver-

tragsparteien haben dies ausdrücklich vereinbart. Zur

Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des

Widerrufs.

6. Pflicht zum Bereitstellen eines Musterwiderruf-

formulars

Nach der Neuregelung besteht für den Fernabsatz und

außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

die Pflicht des Unternehmers, dem Verbraucher ein so-

genanntes Musterwiderrufsformular zur Verfügung zu

stellen (§ 312 d Abs. 1 S. 1 BGB neu i. V. m. Art. 246 a §

1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB neu). Dies muss in einer dem

benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise

erfolgen. Der Unternehmer kann dem Verbraucher das

Widerrufsformular bereits online auf seiner Website zur

Verfügung stellen, damit es vom Verbraucher ausgefüllt

und elektronisch an den Onlinehändler übermittelt wer-

den kann. Nutzt der Verbraucher das online zur Verfü-

gung gestellte Musterwiderrufsformular, muss der Unter-

nehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs

unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestäti-

gen (etwa in einer E-Mail, § 356 Abs. 1 S. 2 BGB neu).

7. Deckelung der Hinsendekosten / Kosten der

Rücksendung

Nach bisheriger Rechtslage war der Unternehmer ver-

pflichtet, dem Verbraucher bei einem wirksamen Wider-

ruf die Kosten der Hinsendung in voller Höhe zu erstat-

ten. Zwar stellt die Neuregelung zunächst nur klar, dass

der Unternehmer grundsätzlich die Hinsendekosten er-

statten muss (§ 357 Abs. 2 S. 1 BGB neu). Jedoch wird

die Höhe dieser Kostenerstattung gedeckelt. Wählt der

Verbraucher eine teurere Versandform als den vom Un-

ternehmer angebotenen Standardversand, bleibt der

Verbraucher im Widerrufsfall auf den Mehrkosten sitzen

(§ 357 Abs. 2 S. 2 BGB neu).

Neu ist auch, dass der Verbraucher die Rück-

sendekosten unabhängig vom Warenwert zu tragen hat.

Die zuvor bestehende 40,00 €-Klausel wurde vom Ge-

setzgeber aufgehoben.

8. Schnellere Abwicklung des Widerrufs

Nach der Neuregelung müssen die empfangenen Leis-

tungen spätestens nach 14 Tagen zurück gewährt wer-

den (§ 357 Abs. 1 BGB neu). Ferner muss die Erstattung

des Kaufpreises unter Verwendung desselben Zah-

lungsmittels wie für dessen Zahlung erfolgen, wenn mit

dem Verbraucher nichts Abweichendes vereinbart wurde

(§ 357 Abs. 3 BGB neu).

9. Zurückbehaltungsrecht

Nach der Neuregelung hat der Unternehmer ein Zurück-

behaltungsrecht für die Rückzahlung, bis er die Ware

zurück erhalten oder der Verbraucher zumindest deren

Absendung nachgewiesen hat (§ 357 Abs. 4 BGB neu).

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10. Wertersatz

Nach der Neuregelung schuldet der Verbraucher nur

noch Ersatz für einen Wertverlust für einen Umgang mit

der Ware, der zur Prüfung der Beschaffenheit der Ware

nicht notwendig war (§ 357 Abs. 7 BGB neu). Der Wert-

tersatz für gezogene Nutzungen entfällt nach der Neure-

gelung vollständig.

Ferner wird ausdrücklich klargestellt, dass der Verbrau-

cher beim Widerruf von Verträgen über die Lieferung von

digitalen Inhalten keinen Wertersatz leisten muss.

D. FAZIT

Auch in der Süßwarenbranche gilt: Jeder Marktteilneh-

mer, der für Vertragsmuster oder interaktive Websites mit

Bestellfunktion verantwortlich ist, muss weiter die größt-

mögliche Sorgfalt darauf verwenden, sein Angebot an die

neue Rechtslage anzupassen. Bereits durchgeführte

Analysen von E-Commerce-Plattformen zeigen, dass der

„Teufel“ hier wie so oft im Detail steckt.

Elisabeth Noltenius, LL.M [email protected]

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MEDIEN- UND ENTERTAINMENTRECHT

Leitfaden zum Produkt-Placement

Product-Placement ist eine vor allem in der Film- und

Fernsehwirtschaft gängige, allerdings nur unter bestimm-

ten Voraussetzungen legitime Praxis. Dabei werden

Produkte und Dienstleistungen in eine Sendung inte-

griert. Product-Placement entspricht letztlich „der fakti-

schen Tendenz zur Verwischung der Grenze zwischen

Realität und Werbung“ (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v.

22.8.2013, Az.: 2 A 10002/13.OVG).

Gerade in der Süßwarenbranche werden Produkte zur

Absatzförderung gerne in Filmen und im Fernsehen

eingeblendet. So waren z.B. verschiedene Produkte von

Ferrero im Schaufenster des „Spätkauf“, ein Kiosk und

Treffpunkt der "GZSZ"-Clique, auf einem Werbeplakat zu

sehen.

Ein anders Beispiel ist der Bahlsen Schokokeks "Pick

up!", der im Dschungelcamp sowie in der Matthias-

Schweighöfer-Komödie "Schlussmacher" gezeigt wurde.

Produktplatzierung wird definiert als die gekennzeichnete

Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistun-

gen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von

Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in

Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleis-

tung mit dem Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose

Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Pro-

duktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder

Dienstleistung von bedeutendem Wert ist. Grundsätzlich

ist Product-Placement ebenso wie die Themenplatzie-

rung und die Schleichwerbung unzulässig. Damit ge-

währleistet wird die Trennung von redaktionellen Inhalten

und Werbung (sog. Trennungsgebot). Allerdings gestat-

tet § 7 Abs. 7 RStV Ausnahmen von diesem Verbot.

1. Voraussetzungen für zulässiges Product-

Placement

Durch § 7 Abs. 7 RStV wird das strikte Gebot der Tren-

nung von Programm und Werbung etwas gelockert.

Damit aber die Durchbrechung des Trennungsgebots auf

wenige Ausnahmen beschränkt bleibt, unterliegen diese

engen Voraussetzungen.

a) Erhaltung der redaktionellen Verantwortung

(Nr. 1)

Zunächst muss die Erhaltung der redaktionellen Verant-

wortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sen-

deplatz gewährleistet bleiben. Der wesentliche Inhalt der

Produktplatzierung, also der Gegenstand sowie die Art

der Platzierung, müssen von der Redaktion bestimmt

werden. Dabei müssen die redaktionell Verantwortlichen

gegenüber dem Sender bekannt geben, ob Product-

Placement stattfinden wird und wenn ja, welche Produkte

und Dienstleistungen betroffen sind.

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b) Keine verkaufsfördernden Hinweise (Nr. 2)

Um einer zu weiten Lockerung des Trennungsgebots

vorzubeugen, darf nicht unmittelbar durch verkaufsför-

dernde Hinweise zum Erwerb von Produkten und Dienst-

leistungen aufgefordert werden. So darf zwar die Marke

eines Produkts, etwa eines Kühlschranks, in einem Film

gut sichtbar sein, aber die Qualität des gezeigten Pro-

dukts darf dabei nicht in einer der Alltagskommunikation

nicht entsprechenden Weise explizit gelobt oder hervor-

gehoben werden. Die genaue Abgrenzung kann dabei

eine große Herausforderung darstellen.

c) Kein Herausstellen (Nr. 3)

Ergänzend darf das Produkt oder die Dienstleistung nicht

besonders herausgestellt werden. Diese Norm soll dabei

den Kern des Trennungsgrundsatzes bewahren und das

mit zwei Schutzrichtungen: „Zum einen soll sie die Rund-

funkfreiheit sowie die Erhaltung der Objektivität und

Neutralität des Rundfunks gegenüber dem Wettbewerb

im Markt als Voraussetzungen der Meinungsvielfalt im

Programm schützen, zum anderen dient sie dem Schutz

der Zuschauer, welche redaktionellen Inhalten mit größe-

rem Vertrauen begegnen als werblichen Botschaften“

(OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22.8.2013, Az.: 2 A

10002/13.OVG).

Im Unterschied zur Voraussetzung Nr. 2 betrifft das Her-

ausstellen nicht ausdrückliche Verkaufsförderung durch

Anpreisen der Produkte und Dienstleistungen, sondern

vielmehr die Erzeugung eines solchen Eindrucks durch

andere Mittel. Dies kann etwa bei einer Straßenszene

durch das Einblenden einer Werbetafel geschehen.

Das Product-Placement muss sich dabei immer in den

Fluss der Szenenfolge fügen, darf also nicht deutlicher

herausgestellt werden als für die Handlung der Szene

erforderlich. Unzulässig ist beispielsweise die symboli-

sche Identifikation eines Protagonisten mit der Marke, da

sich eine solche Identifikation prominenter Personen auf

das Produkt oder die Dienstleistung überträgt.

2. Geringwertige Produkte

Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV ist

die Platzierung von kostenlos zur Verfügung gestellten

geringwertigen Produkten gerade nicht als Product-

Placement zu sehen, da jedenfalls kein unmittelbarer

Einfluss auf die Sendung zu befürchten ist. Zudem würde

sonst eine legitime Finanzierungsquelle und Möglichkeit

der Kostenersparnis beseitigt. Die Schwierigkeit liegt

jedoch darin zu bestimmen, ab wann ein Produkt als

geringwertig einzustufen ist. Um potenziellem Miss-

brauch vorzubeugen erscheint eine eher niedrige

Schwelle erforderlich. Denkbar wäre etwa eine Grenze

von relativ 1% sowie absolut 1.000 Euro (so ARD/ZDF-

Werberichtlinien vom 12.3.2010, Z 9.1).

Abzustellen ist bei der Bestimmung der Geringwertigkeit

nicht auf den Wert des Produkts oder der Dienstleistung

selbst, sondern deren Mietkosten, da teure Gegenstän-

de, z.B. Autos oder Häuser, während der Dreharbeiten

selten dauerhaft erworben werden. Diese Kosten sind

jedoch oft kaum einzuschätzen, da meist schwer zu

erkennen ist, welche Kosten für welchen Zeitraum ange-

fallen wären, wenn die kostenlose Bereitstellung nicht

erfolgt wäre.

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Bei einer Unterschreitung der Geringwertigkeitsgrenze

besteht immer noch die Möglichkeit, dass es sich bei der

Platzierung um (verbotene) Schleichwerbung handelt.

3. Kennzeichnungspflicht

Aus § 7 Abs. 7 S. 3 RStV ergibt sich inzwischen eine

Kennzeichnungspflicht für Produktplatzierungen. Damit

soll Transparenz gewahrt werden, ohne dass die durch

Product-Placement erleichterte Finanzierung von Pro-

grammen wegbricht. Dies kann etwa durch eine ange-

messene Einblendung zu Beginn oder Ende der Sen-

dung geschehen.

Dr. Ulrich Reber

[email protected]

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Jahresrückblick 2014 2014

ZOLLRECHT

Rezepturen – Bitterer Beigeschmack beim Zoll?

In der Süßwarenindustrie hat die Globalisierung seit

Langem eingesetzt. Die Produktion erfolgt nicht mehr

ausschließlich in Europa sondern weltweit. Die Produkte

leben jedoch von ihrer Einzigartigkeit, die auf „geheimen“

Rezepturen beruhen. Wird die Produktion der Süßwaren

oder einzelner Rohstoffe, z. B. Flavors, für die Süßwaren

ausgelagert, müssen die Rezepturen an die Hersteller

weitergegeben werden. Konkret bedeutet dieses, dass

der deutsche Süßwarenunternehmer seine Waren in

Auftragsfertigung, beispielsweise in Asien, produzieren

lässt. Hierzu übermittelt es dem asiatischen Hersteller

die benötigten Rezepturen. Die fertigen Produkte wer-

den dann vom Hersteller nach Deutschland versandt und

in Deutschland eingeführt und vermarktet.

Mit der Einfuhr der Waren aus dem Drittland sind diese

zollrechtlich abzufertigen, d. h. zu verzollen. Zur Bestim-

mung der Einfuhrabgaben ist nach dem Zollkodex der

Warenwert entscheidend. Der zu Grunde zu legende

Warenwert sollte der objektive Wert der eingeführten

Waren sein, wozu der Kaufpreis herangezogen wird. Der

Kaufpreis ist aber nicht immer alles. Nach Artikel 32 des

Zollkodex sind werterhöhende Bestandteile dem Zollwert

hinzuzurechnen. Hierzu zählen beispielsweise Beistel-

lungen, das heißt vom Käufer dem Hersteller zur Verfü-

gung gestellte Produktionsmittel.

Was hat das mit Rezepturen zu tun? Als Beistellungen

gelten nicht nur körperliche Produktionsmittel, sondern

auch sogenannte geistige Beistellungen, wie beispiels-

weise Know-how, Skizzen oder Produktionspläne. Hier-

unter fallen auch entsprechende Rezepturen für Le-

bensmittel.

Wird die Rezeptur dem Hersteller im Drittland unentgelt-

lich oder zu reduzierten Kosten zur Verfügung gestellt, ist

diese dem Zollwert hinzuzurechnen. Allerdings gilt dieses

bei geistigen Beistellungen nur, abweichend von der

Beistellung von körperlichen Produktionsmitteln, wenn

die Entwicklung der Rezeptur nicht in der EU stattgefun-

den hat. Hier könnte Ihr Schlupfloch gegeben sein, denn

sofern Sie die Rezeptur ausschließlich innerhalb der EU

entwickelt haben, können diese dem Hersteller kostenfrei

zur Verfügung gestellt werden, ohne dass sich dieses auf

den Zollwert negativ auswirkt. Sollten jedoch auch Ent-

wicklungsleistungen (Teilleistung) im Drittland erbracht

worden sein, beispielswiese in der Konzernzentrale in

der Schweiz, ist die geistige Beistellung zunächst zoll-

wertrelevant und müsste mit eingebracht werden. Bei

einer teilweise in der EU entwickelten Rezeptur wäre

dann im Folgeschritt mit der Zollverwaltung abzustim-

men, zu welchem Anteil hier eine Zollwertrelevanz gege-

ben ist, ebenso bei einem weltweiten Vertrieb der Fertig-

erzeugnisse.

Sven Pohl

[email protected]

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Seite 27/35

Jahresrückblick 2014 2014

Neues zum Spitzenausgleich bei der Strom- und

Energiesteuer – Sichern Sie sich Ihren Erstattungs-

anspruch!

Die Produktion von Süßwaren gilt in Deutschland als

energieintensiv. Der Gesetzgeber hat jedoch bereits

1999 den Unternehmen eine Entlastung bei der Strom-

und Energiesteuer von bis zu 90 % der Abgaben gewährt

(sogenannter Spitzenausgleich).

Aufgrund europarechtlicher Bedenken gegen die deut-

schen Entlastungsvorschriften mussten diese im Jahr

2012 neu gefasst werden. Hierbei wurde insbesondere

die zusätzliche Voraussetzung aufgenommen, dass die

Unternehmen verpflichtet sind, ein Energiemanagement-

system (i.d.R. nach DIN EN ISO 50001) zu betreiben.

Die Frage, wie dieses System ausgestaltet sein muss,

wie die Nachweise zu erbringen sind und insbesondere

wie die Übergangsregelungen für die Jahre 2013 und

2014 ausgestaltet sein sollten, wurde Mitte 2013 in der

Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung (SpaEfV)

näher geregelt. Nachfolgend möchten wir Sie über ein

aktuelles Schreiben des Bundesministeriums für Wirt-

schaft und Energie (BMWi) sowie über den Änderungs-

entwurf der SpaEfV kurz informieren:

1. BMWi Schreiben

Das BMWi hat mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 klar

gestellt, dass die Nachweise über die Einführung des

Energiemanagementsystems – abweichend von bisheri-

gen Aussagen – für das Antragsjahr 2013 auch noch in

2014 erbracht werden können. In diesem Fall erfolgt die

Überprüfung durch die Zertifizierungsstelle jedoch nicht

vor Ort, sondern anhand von Dokumenten, was für den

Antragsteller zusätzlich bedeutet, dass er mit dem Antrag

auf Spitzenausgleich eine eidesstattliche Versicherung

vorlegen muss. In dieser ist zu bestätigen, dass die An-

forderungen bereits im Antragsjahr 2013 erfüllt wurden.

Für das Antragsjahr 2014 sind die Nachweise zur Einfüh-

rung dagegen bereits im Antragsjahr der Zertifizierungs-

stelle vorzulegen und die Vorortüberprüfung ist ebenfalls

in 2014 durchzuführen. Sofern dieses geschehen ist,

kann die Ausstellung des Nachweises durch die zustän-

dige Stelle auch noch nach Ablauf des Antragsjahres

erfolgen.

2. Änderungsentwurf1 SpaEfV

Die bisherige SpaEfV enthielt in einzelnen Bereichen

unklare Regelungen, welche in der Praxis immer wieder

zu Verunsicherungen und unterschiedlicher Verwal-

tungspraxis geführt haben. Mit der Änderung soll eine

Klarstellung der Vorgaben und damit eine einheitliche

Anwendung sichergestellt werden. Darüber hinaus sind

gerade für kleine und mittelständische Unternehmen

Erleichterungen in der Nachweisführung vorgehsehen,

bspw. soll es genügen, wenn 95% des Gesamtenergie-

verbrauches erfasst werden.

Sven Pohl

[email protected]

1 Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie über eine Verordnung zur Änderung der Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung (SpaEfV) vom 10. September 2014

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Süßwarenindustrie Spezial

Aktuelle Rechtsprechung zum Marken-, und Wettbewerbsrecht, IT & Digital Business, Medien- und Entertainmentrecht, Zollrecht, Handels- und Vertriebsrecht sowie Kartellrecht

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Jahresrückblick 2014 2014

HANDELS- UND VERTRIEBSRECHT

Bei Auslandsaktivitäten: Sorgfalt bei Gerichtsstands-

oder Schiedsvereinbarung erforderlich!

Süßwarenhersteller, die Produkte wie etwa Kakao oder

Rohrzucker aus dem außereuropäischen Ausland bezie-

hen oder Waren dorthin vertreiben, sollten darauf ach-

ten, dass die Gerichtsstandsregelungen in ihren Verträ-

gen den sich daraus ergebenden Besonderheiten ge-

recht werden. Relativ häufig wird in Kauf- oder Vertriebs-

verträgen eher unreflektiert vorgesehen, dass die heimi-

schen Gerichte über etwaige Streitigkeiten entscheiden

sollen. Akzeptiert dies der Vertragspartner, erscheint dies

schon als kleiner Verhandlungssieg. Tatsächlich kann es

sich dabei aber um einen Pyrrhussieg handeln. Denn

während innerhalb der EU Urteile gegenseitig anerkannt

werden, ist das bei Geschäften über die europäische

Grenze hinweg mitunter ganz anders. Ein deutsches

Urteil ist in z.B. vielen Staaten Afrikas und des Nahen

Ostens, aber auch etwa in Russland nicht vollstreckbar.

Kommt es zum Streit, fragt sich, ob eine Klage dann

überhaupt Sinn macht. Häufig gibt es aber gute Gründe,

sich nicht auf einen Gerichtsstand am Sitz des Vertrags-

partners einzulassen, etwa, weil es mit der Rechtsstaat-

lichkeit in dem betroffenen Land nicht weit her ist. In

solchen Fällen bietet die Schiedsgerichtsbarkeit einen

Ausweg. Schiedsgerichte sind privat organisierte Gerich-

te, z.B. in der Trägerschaft der Internationalen Handels-

kammer (ICC).

Ein wesentlicher Vorteil von Schiedsverfahren besteht in

der weltweiten Vollstreckbarkeit der Urteile (sog.

Schiedssprüche), die diese Schiedsgerichte erlassen

können. Denn mehr als 150 Staaten haben sich durch

Abkommen verpflichtet, ausländische Schiedssprüche zu

akzeptieren und aus ihnen die Vollstreckung zuzulassen.

Ein Schiedsgericht ist aber nur zuständig, wenn sich die

Parteien darauf verständigt haben. Da eine solche Eini-

gung nach Ausbruch des Streits zumeist nicht mehr

möglich ist, sollte bereits bei Abschluss von Verträgen

mit Lieferanten, Kunden oder Vertriebspartnern im (ins-

besondere: außereuropäischen) Ausland erwogen wer-

den, ob nicht eine Schiedsklausel aufgenommen werden

sollte.

Praxistipp:

Entwerfen Sie keine Schiedsvereinbarung ohne kompe-

tente Unterstützung oder greifen Sie auf die „offizielle“

Musterklausel einer anerkannten Schiedsinstitution zu-

rück. In der Praxis ist zu beobachten, dass ein erhebli-

cher Anteil von Schiedsvereinbarungen fehlerhaft ist,

etwa weil das zuständige Schiedsgericht uneindeutig

benannt wird. Das kann zu nicht mehr reparablen Feh-

lern führen.

Oliver Korte

[email protected]

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Jahresrückblick 2014 2014

KARTELLRECHT

Das Bundeskartellamt verstärkt seine

Ermittlungstätigkeiten

1. Einleitung

Kartellrecht als das Recht für Großkonzerne – diese

Zeiten sind seit langem vorbei. Das Bundeskartellamt

überprüft seit geraumer Zeit gerade auch den Bereich

des Mittelstands, wenn es um die Aufdeckung wettbe-

werbswidriger Absprachen und Verhaltensweisen geht.

Die erheblichen Bußgelder, die gerade in letzter Zeit

gegen Unternehmen des Mittelstands verhängt worden

sind, sprechen eine deutliche Sprache.1 Insofern ist es

heute für die Geschäftsführung auch eines Mittelständers

unerlässlich, das Kartellrecht im Blick zu haben, wenn es

etwa um Informationsaustausch mit Wettbewerbern, die

Eingehung von Kooperationen oder die Strukturierung

von Vertriebskanälen geht. In diesem Beitrag werden

daher die Grundzüge der kartellrechtlichen Rahmenbe-

dingungen aufgezeigt und einige Fallkonstellationen

beleuchtet, die Unternehmen der Süßwarenindustrie in

der Vergangenheit betrafen. Dabei liegt der Fokus auf

dem Bereich des § 1 GWB/Artikel 101 AEUV, die das

Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen und

Verhaltensweisen regeln.

2. Das Kartellverbot des § 1 GWB

Nach § 1 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unter-

nehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen

und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die

eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung

des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten.

1 Vgl. etwa die insgesamt EUR 338 Millionen, die das Bundeskartellamt an die ca. 20 Unternehmen des sog. Wurstkartells verhängt hat, Bundes-kartellamt Pressemitteilung vom 15.07.2014.

Erfasst werden dadurch im weitesten Sinne Vereinba-

rungen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen

Wettbewerbern, also Unternehmen auf der gleichen

Marktstufe (sog. horizontale Vereinbarungen) wie auch

Vereinbarungen zwischen Unternehmen verschiedener

Marktstufen, also etwa zwischen Herstellern und Ver-

triebshändlern (sog. vertikale Vereinbarungen).

Für die Anwendbarkeit des Kartellverbots bedarf es zu-

nächst des Vorliegens einer Vereinbarung oder einer

abgestimmten Verhaltensweise. Der Begriff der „Verein-

barung“ ist weit zu fassen. Neben Verträgen im Wortsin-

ne sind auch Gentlemens‘ Agreements erfasst, also

solche Übereinkünfte, die – auch unterhalb der Schwelle

einer zivilrechtlichen Bindungswirkung – eine Verbind-

lichkeit zwischen den Beteiligten hinsichtlich deren

Marktverhalten, entfalten.2 Erforderlich für das Vorhan-

densein einer Vereinbarung ist lediglich eine tatsächliche

Bindungswirkung und ein darauf gerichteter Wille. Abge-

grenzt werden Vereinbarungen insbesondere zu einseiti-

gen Maßnahmen, etwa Empfehlungen.

Der kartellrechtswidrigen Vereinbarung gleichgestellt

sind die „aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen“.

Die Rechtsprechung definiert das abgestimmte Verhalten

als „Form der Koordinierung zwischen Unternehmen …,

die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrages

im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine

praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken

verbundenen Wettbewerbs treten lässt. Die aufeinander

abgestimmten Verhaltensweisen erfüllen daher schon

ihrem Wesen nach nicht alle Tatbestandsmerkmale einer

Vereinbarung, sondern können sich insbesondere auch

aus einer im Verhalten der Beteiligten zu Tage tretenden

Koordinierung ergeben.“3

2 EuGH v. 15.7.1970 – Rs 41/69 - Slg. 1970, 661, Rz. 112 – ACF Che-miefirma; EuG v. 06.04.1995 – Rs T-141/89 - Slg. 1995, II-791, Rz. 95 – Tréfileurope; Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht GWB, 4. Aufl., 2007, § 1 Rz. 83 ff. 3 EuGH v. 14.7.1972 – Rs 48/69 - Slg. 1972, 619, Rz. 64, 67 – ICI.

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Jahresrückblick 2014 2014

Ausreichend sein kann auch der Beschluss einer Unter-

nehmensvereinigung, der von den Unternehmen befolgt

wird und damit als „abgestimmt“ angesehen werden

kann.4

Daneben ist nach § 1 GWB weiter erforderlich, dass

durch die Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltens-

weise eine Wettbewerbsbeschränkung zwischen vonei-

nander unabhängigen Unternehmen entweder bezweckt

oder bewirkt wird. Beschränkung des Wettbewerbs be-

deutet Beeinträchtigung der wettbewerblichen Hand-

lungsfreiheit als Anbieter oder Nachfrager. Für Unter-

nehmen eines Konzerns gilt dabei das Konzernprivileg.

Konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen sind kar-

tellrechtlich irrelevant. Betroffen von der kartellrechtswid-

rigen Vereinbarung/Abstimmung müssen wettbewerbsre-

levante Parameter sein, etwa Absätze, Preise, Abneh-

mer, Gebiete, Sortiment, Ausschreibungen usw. In die-

sem Bereich spielen sich die sog. Hardcore Kartelle ab,

also insbesondere Preis-, Gebiets- und Quotenabspra-

chen. Diese Art der Kartellabsprachen stellen besonders

schädliche Auswirkungen auf den Wettbewerb dar und

werden entsprechend sanktioniert.5

Von besonderer praktischer Bedeutung, und weniger

offensichtlich, sind etwa Marktinformationssysteme. Kar-

tellrechtlich bedenklich sind solche Marktinformationssys-

teme dann, wenn diese die Vereinbarung zwischen Un-

ternehmen beinhalten, wettbewerbsrelevante Informatio-

nen, die ansonsten geheim gehalten würden, zwischen

den teilnehmenden Unternehmen, sei es direkt oder über

Dritte, auszutauschen.6 Auch ein Benchmarkingsystem,

das über einen Industrieverband für seine Mitglieder

durchgeführt wird, kann eine Wettbewerbsbeschränkung

4 BGH v. 14.8.2008 – KVR 54/07 - WuW/E 2408, 2415 – Lottoblock. 5 Vgl. zuletzt Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 13.1.2014 und 2.4.2014 (Bierkartell) und 15.7.2014 (Wurstkartell). 6 BGH v. 29.1.1975 – KRB 4/74 – WuW/E 1337, 1342 – Aluminium – Halbzeug; BGH v. 18.11.1986 – KVR 1/86 – WuW/E 2313, 2315 – Bau-markt-Statistik; Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 1, Rz. 303 ff.

in Form einer unzulässigen Aufdeckung von Geheimin-

formationen (sog. Geheimwettbewerb) zur Folge haben.

Zu unterscheiden ist insoweit zwischen sog. identifizie-

renden und nicht identifizierenden Verfahren. Bei identifi-

zierenden Verfahren handelt es sich um solche, bei de-

nen Einzeltransaktionen zwischen den Wettbewerbern

offengelegt werden. Nachdem dies den Kern des Ge-

heimwettbewerbs berührt, kann § 1 GWB verletzt sein.

Dem stehen gegenüber sogenannte nicht identifizierende

Verfahren. Dies sind solche, bei denen ein Rückschluss

auf Einzelgeschäfte nicht möglich ist und die daher

grundsätzlich kartellrechtlich unbedenklich sind.7

Schließlich muss die Vereinbarung bzw. abgestimmte

Verhaltensweise eine spürbare Außenwirkung haben.

Nicht erfasst sind mithin solche Vereinbarungen, denen

lediglich eine unbedeutende Außenwirkung zukommt.

Die Vereinbarung muss also geeignet sein, zu einer

fühlbaren, praktisch ins Gewicht fallenden Weise, zu

einer Änderung der Marktverhältnisse zu führen.8 Zur

Konkretisierung hat das Bundeskartellamt im Anschluss

an die sogenannte de-minimis Bekanntmachung der

Kommission von 2001,9 in 2007 ebenfalls eine solche de-

minimis Bekanntmachung erlassen. Nach beiden Be-

kanntmachungen werden die Behörden im Regelfall kein

Verfahren gegen Parteien einer zwar grundsätzlich wett-

bewerbsbeschränkenden Vereinbarung eröffnen, sofern

bei horizontalen Vereinbarungen der Marktanteil der

beteiligten Unternehmen insgesamt nicht über 10% hin-

ausgeht. Bei vertikalen Vereinbarungen liegt die Grenze

bei 15%. Liegen sog. Netzwerkeffekte vor, also parallele

Verträge, liegt die Marktanteilsschwelle bei 5%. Aller-

dings greifen die Bekanntmachungen nicht bei bezweck-

7 Bechtold, a.a.O., § 1 Rz. 34 m.w.N. 8 BGH v. 23.2.1988 – KRB 4/87 – WuW/E 2469, 2470 – Brillenfassungen; BGH v. 13.1.1998 – KVR 40/96 WuW/DE-R 115 – Car Partner. 9 Europäische Kommission v. 22.12.2001 – 2001/C 368/07 – ABl. EG 2001 C 368/13; die Kommission hat am 25.06.2014 eine neue Fassung der de-minimis Bekanntmachung veröffentlicht, die inhaltlich allerdings weitgehend inhaltsgleich ist vgl. Europäische Kommission C(2014)4136 final.

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Jahresrückblick 2014 2014

ten Wettbewerbsbeschränkungen, also bei Hardcore

Kartellen wie Preis -, Quoten – oder Gebietsabsprachen.

Diese können ungeachtet des Erreichens der vorgenann-

ten Schwellen verfolgt werden. Bei vertikalen Abspra-

chen gelten die Marktanteilsschwellen ebenfalls nicht in

jedem Fall. Vielmehr ist dann, wenn es sich etwa um

Preisbindungen der zweiten Hand, Beschränkungen der

Absatzgebiete, Aufteilung von Kunden oder Beschrän-

kungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endkun-

den handelt, die de-minimis Bekanntmachung unan-

wendbar und die betroffenen Unternehmen können sich

nicht auf die fehlende Spürbarkeit berufen.10

Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen können

grundsätzlich auf zwei Ebenen auftreten, einerseits auf

der horizontalen Ebene und andererseits auf der vertika-

len Ebene.

Das Horizontalverhältnis betrifft Unternehmen, die auf

demselben Markt und derselben Marktstufe tätig sind.

Hier handelt es sich also um Vereinbarungen zwischen

aktuellen und potentiellen Wettbewerbern.

Das Vertikalverhältnis betrifft dem gegenüber Unterneh-

men auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette,

insbesondere also Hersteller – Großhändler – Einzel-

händler.11

Generell werden Vereinbarungen im Horizon-

talverhältnis kritisch gesehen, während Vereinbarungen

im Vertikalverhältnis auch wettbewerbsfördernde Wir-

kungen haben können.

10 Vgl. Art. 4 Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20.4.2010, Abl. EG 2010 Nr. L 102/1 („Vertikal-GVO“). 11 Vgl. etwa OLG Düsseldorf v. 13.11.2013 – VI-4 (Kart) 11/13 – WuW/DE-R 4118 - Badarmaturen

Die meisten der sogenannten Hardcore Kartelle ent-

stammen dem Horizontalverhältnis. Während solche

Kartellvereinbarungen regelmäßig als schädlich anzuse-

hen sind und daher für eine Freistellung nach § 2 GWB

(bzw. Artikel 101 Abs. 3 AEUV) nicht in Betracht kom-

men, gibt es andere Formen der horizontalen Zusam-

menarbeit zwischen Unternehmen, die differenzierter zu

sehen sind. Hierzu gehört die Zusammenarbeit auf dem

Gebiet von Forschung und Entwicklung, sogenannte

Spezialisierungsvereinbarungen oder auch Abreden über

Wettbewerbsverhalten in Unternehmenskaufverträgen.

Als Vertikalabsprachen werden solche Vereinbarungen

bezeichnet, die von Unternehmen getroffen werden, die

nicht auf der gleichen Handelsstufe tätig sind. In der

Praxis sind dies zumeist Vertriebssysteme, die von dem

Hersteller eines bestimmten Produkts aufgesetzt werden

und an die dann die Unternehmen der danach gelagerten

Handelsstufen (Großhändler, Einzelhändler) gebunden

sind. Solche Vertriebssysteme – und andere vertikale

Vereinbarungen – haben häufig eine prokompetitive

Wirkung dahingehend, dass sie zu einer effizienteren

Verteilung von Waren auf den jeweiligen Märkten führen,

weshalb eine Freistellung hier eher in Betracht kommt.

Zu unterscheiden sind einfache Vertriebssysteme und

selektive Vertriebssysteme. Bei letzteren trifft der Her-

steller eine Auswahl von Händlern, die nach einem sol-

chen System zum Vertrieb zugelassen sind. Hier wird

regelmäßig bereits tatbestandlich keine Wettbewerbsbe-

schränkung anzunehmen sein. Voraussetzung ist aller-

dings, dass ein solches selektives Vertriebssystem im

konkreten Fall notwendig und lückenlos umgesetzt

wird.12

12 OLG Karlsruhe, 25.11.2009 – 6 U 47/08 Kart. – WuW/DE-R 2789 – Schulranzen; vgl. auch Bundeskartellamt, Fallbericht v. 27.5.2014 – B 2 – 52/14.

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Auch Vertikalvereinbarungen unterliegen indes kartell-

rechtlichen Beschränkungen. Insbesondere dann, wenn

eine Vertikalvereinbarung sogenannte Kernbeschrän-

kungen, enthält,13

ist von einer Kartellrechtswidrigkeit

auszugehen, mit den entsprechenden, auch bußgeld-

rechtlichen, Sanktionen.

Zu den in Vertriebsverträgen verbotenen Beschränkun-

gen gehören, ohne Rücksicht auf Marktanteilsschwellen:

- Preisbindungen der zweiten Hand

Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Ver-

pflichtung, sei diese direkt oder indirekt gehalten, wo-

nach der Hersteller im Verhältnis zum Großhändler

bzw. der Großhändler im Verhältnis zum Einzelhänd-

ler festlegt, zu welchen Preisen die bezogenen Wa-

ren jeweils weiter verkauft werden können. Demge-

genüber sind unverbindliche Preisempfehlungen kar-

tellrechtlich unbedenklich, solange diese tatsächlich

unverbindlich sind und nicht durch die Ausübung von

Zwang faktisch verbindlich gemacht werden. Das

gleiche gilt grundsätzlich auch für sogenannte

Höchstpreisbindungen, also die Fälle, in denen ein

Lieferant den Abnehmer vertraglich verpflichtet, die

Abgabepreise an Kunden nicht über einer bestimm-

ten Grenze anzusetzen. Auch solche Höchstpreisbin-

dungen sind kartellrechtlich grundsätzlich zulässig,

Art. 4(a) Vertikal-GVO.

13 Vgl. Art. 4 der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweisen der Europäischen Union auf Gruppen von vertika-len Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. L 102/1 (sog. „Vertikal-GVO“).

- Beschränkungen der Vertriebsgebiete

Grundsätzlich ist es dem Händler erlaubt, auch über

die Grenzen seines Vertriebsgebiets hinaus zu lie-

fern. Ausnahmen bestehen nach Art. 4(b) der Verti-

kal-GVO jedoch insbesondere für die Beschränkung

sog. aktiver Verkäufe außerhalb des eigenen Ver-

triebsgebiets an Kundengruppen, die sich der Her-

steller/Großhändler selbst vorbehalten oder einem

anderen Vertragspartner zugewiesen hat. Unter akti-

ven Verkäufen versteht man die aktive Kundenwer-

bung oder die Unterhaltung von Auslieferungslagern

in Territorien, die anderen Vertriebshändlern zuge-

wiesen sind. Eine Beschränkung von rein reaktiven,

also passiven, Verkäufen zur Bedienung von Anfra-

gen von Kunden aus anderen Vertriebsgebieten ist

indes unzulässig. Nach Art. 4(b)(iii) der Vertikal-GVO

ist es im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems

darüber hinaus zulässig, Händlern, die innerhalb des

selektiven Vertriebssystems operieren, zu untersa-

gen, an Händler zu liefern, die nicht dem selektiven

Vertriebssystem angehören.

- Beschränkung des Verkaufs an Endverbraucher

Jedwede Beschränkung des Vertriebs an Endver-

braucher, sei dies aktiv oder passiv, ist unzulässig.

Dies gilt auch im Rahmen eines selektiven Ver-

triebssystems, Art. 4(c) Vertikal-GVO.

Sind solche Klauseln in Vertriebsverträgen enthalten,

können sich die Vertragsparteien nicht auf die Freistel-

lung durch die Vertikal-GVO berufen. Es finden mithin die

§ 1 GWB/Art. 101 AEUV uneingeschränkt Anwendung.

Da die Möglichkeit einer Einzelfreistellung nach § 2 GWB

bzw. Art. 101 Abs. 3 AEUV ebenfalls regelmäßig nicht in

Betracht kommen wird, ist hier von einer Kartellrechts-

widrigkeit der entsprechenden Klauseln auszugehen.

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Jahresrückblick 2014 2014

3. Praxisbeispiele

Unternehmen der Süßwarenindustrie standen – mit Aus-

nahme der Zuckerhersteller – bislang noch nicht allzu oft

im Zentrum von Ermittlungstätigkeiten des Bundeskar-

tellamts. Allerdings hat sich, wie eingangs erwähnt, der

Fokus des Bundeskartellamtes in den letzten Jahren

deutlich in Richtung einer verstärkten Kartellverfolgungs-

tätigkeit verschoben. Insbesondere die Lebensmittelin-

dustrie wurde hier in den Blick genommen. In den Jahren

2013 und 2014 stachen insbesondere die folgenden

Verfahren hervor:

3.1 Preisabsprachen und kartellrechtswidriger In-

formationsaustausch: Schokoladenkartell

Im Jahr 2013 verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder

gegen Markenhersteller von Schokoladeartikeln in Höhe

von insgesamt 63 Mio. Euro. Vorausgegangen war ein

sog. Bonusantrag – auch Kronzeugenregelung genannt –

der Mars GmbH, die auf diese Weise insgesamt straffrei

blieb.14

Im Einzelnen wurden drei verschiedene Tatkom-

plexe verfolgt und bebußt: Erstens Preisabsprachen

zwischen den Herstellern der Tafelschokoladen „Ritter

Sport“ und „Milka“. Zweitens Preisabsprachen sowie

zusätzlich ein wettbewerbswidriger Informationsaus-

tausch zwischen Herstellern von Süßwaren sowie –

drittens – ein wettbewerbswidriger Informationsaus-

tausch zwischen verschiedenen Süßwarenherstellern im

Rahmen eines Arbeitskreises der Konditionenvereini-

gung der Deutschen Süßwarenindustrie e.V.15

14 Bonusanträge schützen vor Bußgeldern, nicht jedoch vor privaten Schadensersatzklagen. 15

Zum Ganzen, vgl. Bundeskartellamt, Fallbericht vom 27.05.2013.

Die Preisabsprachen in Bezug auf Ritter Sport bzw. Milka

erfolgten dergestalt, dass sich Verantwortliche beider

Unternehmen jeweils telefonisch verabredeten, gestie-

gene Einkaufspreise koordiniert an Endverbraucher wei-

ter zu geben. Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG hatte

diesen Sachverhalt wiederum im Rahmen eines Bonus-

antrags zur Kenntnis der Kartellbehörde gegeben und

war daher insoweit straffrei geblieben.

Der zweite Komplex betraf einen Gesprächskreis hoch-

rangiger Vertriebsmitarbeiter führender Süßwarenherstel-

ler. Auch hier wurden Preiserhöhungen für Schokoladen-

produkte abgestimmt, zum Teil auch über eine koordi-

nierte Verringerung des Verpackungsinhalts. Darüber

hinaus wurden wettbewerblich sensible Informationen

über den Stand und den Verlauf von Verhandlungen mit

verschiedenen großen Einzelhändlern ausgetauscht.

Im dritten Komplex ging es um einen Informationsaus-

tausch in einem Arbeitskreis der Konditionenvereinigung

der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. Im Rahmen der

Sitzungen dieses Arbeitskreises wurden nach den Ermitt-

lungen des Bundeskartellamtes Informationen über Ver-

handlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel bei Jah-

resgesprächen zu Konditionen und Sonderforderungen

sowie über beabsichtigte Erhöhungen der Listenpreise

ausgetauscht. Gerade dieser Komplex ist von besonde-

rer praktischer Bedeutung. Denn dass Preisabsprachen

kartellrechtswidrig sind, hat sich ja zwischenzeitlich weit-

gehend herumgesprochen. Weniger sensibilisiert sind

Unternehmen – und Unternehmensvereinigungen – in-

des bei dem Thema Informationsaustausch. Insbesonde-

re Verbandstreffen sind ein anfälliges Forum.

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3.2 Gebiets- und Quotenabsprachen: Zuckerkartell

Mit Bußgeldbescheid vom 18. Februar 2014 hat das

Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von insgesamt 280

Mio. Euro gegen führende Zuckerhersteller wegen wett-

bewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisab-

sprachen verhängt. Nach den Ermittlungen16

hatten sich

die Hersteller dahingehend verabredet, sich im Wesentli-

chen auf ihre angestammten Vertriebsgebiete zu be-

schränken, sich also gegenseitig keine Konkurrenz zu

machen, und etwaige Überproduktionen ins Ausland zu

exportieren, jedoch nicht auf dem heimischen Markt

abzusetzen. Abgesichert wurde die Gebietsabsprache

durch Preis- und Mengensicherungsmaßnahmen im

Inland sowie Maßnahmen zur Import- und Exportsteue-

rung. Quotensenkungen, die durch Änderungen der EU

Vorgaben bedingt waren, wurden zwischen den Unter-

nehmen untereinander im Verbandsrahmen abge-

stimmt.17

Dr. Sebastian Graf von Wallwitz LL.M.

[email protected]

16 Auch hier hatte ein kartellbeteiligtes Unternehmen, die Nordzucker AG, einen Bonusantrag gestellt und deshalb einen weitreichenden Bußgelder-lass erhalten 17

Vgl. Pressemitteilung Bundeskartellamt vom 18.02.2014.

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Praxisgruppe Gewerblicher Rechtschutz / Wettbewerbsrecht Dr. Dorothee Altenburg1 Nikolaus Bertermann2 Dr. Claudia Böckmann1 Dr. Markus Brock1 Dr. Ilja Czernik Georg Delhaes Markus von Fuchs, LL.M.

1

Dr. Thomas Haug Dr. Philipp Heigl Dr. Johann Heyde Dr. Magnus Hirsch1

Dr. Oliver Hornung Margret Knitter, LL.M.1 Stefan Kridlo Christoph Mayerhöffer Dr. Karolin Nelles, LL.M. Dr. Andreas Peschel-Mehner Stephanie Pfaff Marc Pussar Yvonne Schäfer Stefan C. Schicker, LL.M.

1 2 3

Dr. Konstantin Wegner, LL.M.

Praxisgruppe IT & Digital Business

Nikolaus Bertermann

2

Jens Borchardt, LL.M. Dr. ‚Markus Brock1

Dr. Oliver M. Bühr2, 6 Clemens Burgenmeister Dr. Thomas Haug, LL.M. Dr. Philipp Heigl, LL.M. Florian Hensel Dr. Johann Heyde Dr. Oliver Hornung Dr. Wulf Kamlah René M. Kieselmann Franziska Ladiges Daniel Meßmer

Dr. Karolin Nelles, LL.M. Elisabeth Noltenius, LL.M. Dr. Matthias Nordmann, M.A.5 Dr. Matthias Orthwein, LL.M. Dr. Andreas Peschel-Mehner Daniel Pfeier

2

Sven Preiss, LL.M. Stefan C. Schicker, LL.M.

1, 2, 3

Jan Schneider2 Martin Schweinoch

2

Benjamin Spies Julian Westpfahl2 Dr. Hans Markus Wulf

2

Dr. Anne Zoll

Praxisgruppe Medien- und Entertainmentrecht

Dr. Dorothee Altenburg

1

Jens Borchardt, LL.M. Hanna Bickel, LL.M. Dr. Ilja Czernik Dr. Ulrich Fuchs Dr. Christoph Haesner, M.C.L Fabian Hartmann Florian Hensel Dr. Johann Heyde Dr. Magnus Hirsch1 Dr. Bernd Joch Norbert Klingner Stefan Kridlo

Dr. Eberhard Kromer, MBA5

Christoph Mayerhöffer Dr. Karolin Nelles, LL.M. Elisabeth Noltenius, LL.M. Pia Odefey Dr. Andreas Peschel-Mehner Sven Preiss, LL.M. Dr. Ulrich Reber Prof. Dr. Mathias Schwarz Georg Wallraf Dr. Konstantin Wegner, LL.M. Dr. Anne Zoll

Praxisgruppe Handels- und Vertriebsrecht

Dr. Philipp Asbach Dr. Michael Brauch Dr. Oliver M. Bühr

2, 6

Dr. Ilja Czernik Klaus Kelwing Oliver Korte5

Sabine Kröger5

Christine Lingenfelser, LL.M.

Caroline Lorenz Dr. Ulrich Muth

4

Dr. Kolja Petrovicki, LL.M. (UPenn) Sven Pohl Andreas Seidel Dr. Jürgen Sparr, LL.M. Dr. Sebastian Graf von Wallwitz, LL.M.

5

Dr. Josef Zeller5

1 Fachanwalt/in für gewerblichen Rechtschutz

2 Fachanwalt/in für Informationstechnologierecht ³ auch Solicitor in England und Wales 4 Fachanwalt/in für Bank- und Kapitalmarktrecht 5 Fachanwalt/in für Handels- und Gesellschaftsrecht

6 Rechtsanwalt und Notar

Impressum SKW Schwarz Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB AG München PR 884 Redaktion: Margret Knitter, LL.M. E-Mail: [email protected]

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