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www.blickpunktkmu.ch AUSGABE 4 / MAI 2012 CHF 6.80 BAARER BIER LOKALER BRAUER TROTZT GROSSEN MULTIS «BASLER LÄCKERLI FÜR CHINA» MIRIAM BLOCHER, UNTERNEHMERIN

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Das Wirtschaftsmagazin für KMU

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www.blickpunktkmu.ch

AUSGABE 4 / MAI 2012 CHF 6.80

BAARER BIERLOKALER BRAUER TROTZT GROSSEN

MULTIS

«BASLER LÄCKERLI FÜR CHINA»

MIRIAM BLOCHER,UNTERNEHMERIN

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BLICKPUNKT · MAI 2012 3

Sie haben sich in Ihrem Leben viel vorgenommen und wollen Ihre Ziele verwirklichen. Wählen Sie eine Pensionskasse, die zu Ihnen passt und sich mit Engagement und Herzblut Ihrer Vorsorge annimmt.

Auf uns ist Verlass.

Was sind Ihre Ziele im Leben?

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BLICKPUNKT · MAI 2012 3

EDITORIAL

LIEBE LESERIN,LIEBER LESER

Seit mittlerweile mehr als sieben Jahren dürfen wir Sie dank gedrucktem Magazin und Online-Portal mit unseren Inhalten beliefern. Was uns dabei immer fehlte: Wir hatten nie die Gelegenheit, Sie persönlich zu tre� en. Abgesehen von Umfragen, Leserbriefen und Kommentaren auf der Blickpunkt-Website blieben Sie für uns – leider – einfach nur „die Leserscha� “. Endlich ändert sich dies: An unserem ersten KMU Talk hatten wir die Gelegenheit, wenigstens einigen unter Ihnen die Hand zu schütteln, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, kurz: Sie kennen zu lernen.

Das � ema war dabei kein ganz neues, aber ein zum Leidwesen vieler Unternehmen dauerha� aktuelles: die Frankenstärke. Gerold Bührer von economiesuisse, René Kamm von der Messe Schweiz und Beat Imwinkelried von der Grosspeter AG dis-kutierten mit Moderator Kurt Aeschbacher über Auswirkungen, mögliche Gegen-strategien und über realistische respektive von der SNB durchsetzbare Untergrenzen für den Kurs der Schweizer Währung. Einige Impressionen des gelungenen Abends � nden Sie auf Seite 58. Während die knapp 100 Besucher von dem Anlass ho� entlich einige neue Erkenntnisse mitnehmen konnten, bestätigte sich für uns: nichts, rein gar nichts kann den persönlichen Kontakt ersetzen. Auch nicht der scheinbar so direkte Draht via soziale Netzwerke, allen voran Facebook. Oder vielleicht doch? In der Kommunikation wird Social Media derzeit gerne beinahe wie der heilige Gral geprie-sen. Ob zurecht oder nicht, versuchen wir in unserem aktuellen KMU Gespräch ab Seite 60 herauszu� nden. Ganz unabhängig vom Ergebnis dieser Diskussion erlauben wir uns die Bitte: Like us on Facebook – und sollte Ihnen das nicht zusagen, freuen wir uns, Sie an unserem nächsten Talk begrüssen zu dürfen. 12. Juni, Kursaal Bern, � ema: Swissness – braucht Schweizer Qualität Heimatschutz?

Wir wünschen Ihnen einstweilen erfolgreiche Kundenkontakte – sei es online, o� ine oder wie auch immer es sich für sie am zielführendsten erweist.

Ihr Tobias Wessels

KMU-Zahl des Monats

4.2 MilliardenFranken Umsatz entgehen

den Schweizer KMU, weil sie nicht genügend Fachkräfte

rekrutieren können.(Quelle: KMU Barometer 2011)

Sie haben sich in Ihrem Leben viel vorgenommen und wollen Ihre Ziele verwirklichen. Wählen Sie eine Pensionskasse, die zu Ihnen passt und sich mit Engagement und Herzblut Ihrer Vorsorge annimmt.

Auf uns ist Verlass.

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INHALT

KMU DES MONATS8 Läckerli für China Vor fünf Jahren kau�e sie der Gründerfamilie das tra-

ditionsreiche Basler Läckerli Huus ab. Jetzt gibt Miriam Blocher Gas: einen neuen Firmenhauptsitz baut sie im basellandscha�lichen Frenkendorf, im Visier hat sie Exportmärkte in Fernost

12 Leitfaden Firmenübernahme

14 100 Jahre Süsse Geschichte

15 Läckerli Huus in Zahlen

BUSINESS CASES16 Ein Bündner Stein erobert die Welt Der Valser Stein sorgt weltweit für Furore. Inzwischen wird

der graugrünliche Quarzit aus dem 1000-Seelen-Dorf in Graubünden sogar im fernen China angeboten.

18 Was ein KMU von Tru�er AG lernen kann

20 Die Grossmutter sprach das Machtwort In Baar wird noch Bier gebraut – seit 150 Jahren und fünf

Generationen. Die «Braui» hat Krisen und Konkurrenten

überlebt und trotzt der internationalen Konkurrenz.

FOKUSTHEMA24 Auf der Suche nach den Besten Gut ausgebildete Fachkrä�e sind o� schwer zu �nden – und

noch schwerer zu halten. Eine Bestandsaufnahme über Rek-rutierung und Weiterbildung in KMU.

30 Rekrutierung – ein statistischer Überblick

Fester Blick in die Zukunft: Unternehmerin Miriam Blocher

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IM GESPRÄCH 60 Social Media – muss das sein? Alleine mit Facebook erreicht man knapp eine Milliarde

Menschen. Darf man darauf in der Unternehmenskommu-nikation verzichten? Ein Gespräch zwischen den beiden Beratern Manfred Messmer und David Schäfer.

NUTZFAHRZEUGE54 Die 4 x 4 – O� ensive zeigt Wirkung56 Müllschlucker mit Hybridantrieb57 Für den Lieferdienst

STANDARDS3 Editorial6 Impressum6 Marktplatz58 People66 Schweissarbeit

EXPERTENWISSEN34 Green IT Kosten sparen durch Gewohnheitsänderungen

und umweltgerechtes Verhalten.

38 Unternehmensentwicklung Notwendige Veränderungen erkennen und strategi-

sche Position zuerst besetzen.

42 Kunden als Mitvermarkter Moment der Wahrheit: Unternehmen in direktem

Kundenkontakt.

46 Mentale Fitness Trainingslager für den Kopf als Basis für umfassen-

den Erfolg.

50 Der andere Weg Klassische Einsichten überdenken: Einblick in eine

etwas andere Marketing-Strategie.

52 Innovationsfallen Fünf Wege, Innovation im Keim zu ersticken.

Kaspar Loeb, Barbara Artmann: Streifen oder Klötze sind nicht einerlei. Und was ein böser amerikanischer Wettbewerber damit zu tun hat.

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6 BLICKPUNKT · MAI 2012

www.blickpunktkmu.chAusgabe: Nr. 4/2012Erscheinung: Monatlich, zehnmal im JahrAuf lage: 60 000 Exemplare

HerausgeberBusiness Verlags AGHallwylstrasse 71, CH-8004 ZürichTelefon 058 218 14 [email protected]

Verleger Dominique P. Hiltbrunner

Geschäftsführer Rehne Herzig

Verlagsleitung und Stv. CEOSabine Andersch

ChefredaktorTobias Wessels (tw)[email protected]

Redaktionsassistent Daniel J. Graf (dg)

Autoren dieser AusgabeFranco Brunner, Sabine Windlin, Harald Fritschi

Autoren ExpertenwissenJürg Pauli, Prof. Dr. Gunther Kucza, Anne M. Schüller, Urs Seiler, Daniele Müller, Jens-Uwe Meyer

Layout, GrafikDaniel Peyer, [email protected]

BildredaktionFabienne Schurter, [email protected]

KorrektoratBuch-Concept, Berlin

FotosSaskja Rosset (Cover), Linda PollariLisa BahrDaniel Peyer

GebietsverkaufsleiterGeorges Baumgartner, [email protected] Karagülle, [email protected]

Abonnemente [email protected]

Publizistische BeratungLüchinger Publishing GmbH, Zürich

Einzelpreis CHF 6.80 / Jahresabo CHF 60.–Probeabonnement (3 Monate) kostenlos

Marken des Verlages: Blickpunkt / KMU Talks / WOMEN in Business / WOMEN’S Talks

Druck und Vertrieb: Konradin Druck GmbH

Haftungsausschluss: Der redaktionelle Inhalt stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung zum Abschluss einer Finanz-transaktion dar und entbindet den Leser nicht von seiner eigenen Beurteilung.

Kreditklemme schwächte KMU während der KriseEine kürzlich verö�entlichte Untersuchung zeigt auf, dass die Kreditklemme der Ban-ken in den Jahren 2007 bis 2010 höhere Schuldzinsen für KMU als für Grossunterneh-men zur Folge hatte. Die abwartende Haltung der Kreditinstitute führte zu verkürzten Laufzeiten und erhöhten Anforderungen an die Sicherheiten der Unternehmen. Ob-wohl die Zinsen für KMU im Verlauf der Krise sanken, kla�e die Di�erenz zwischen den Zinsen für Grossunternehmen und denjenigen für KMU immer weiter auseinan-der und auch die Zahl bewilligter Kreditgesuche von KMU ist zurückgegangen. 2010 hat sie sich zwar wieder leicht erholt, das Niveau von 2007 konnte aber nicht mehr er-reicht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sind wichtig für eine umfassende Beob-achtung der KMU-Finanzierung, weshalb der Bericht, der Daten aus 18 verschiedenen Ländern erhebt, darunter auch die Schweiz, in Zukun� jährlich erscheinen wird. (dg)

MARKTPLATZ

Ungenutztes Potenzial bei Social MediaEine vor kurzem veröffentlichte Studie der Hochschule Bremerhaven hat sich mit dem Thema «Social Media als Chance für kleine und mittelständische Unternehmen» befasst. Eine Umfrage bei mehr als 500 KMU hat ergeben, dass diese Social Media in letzter Zeit zwar vermehrt nutzen, die immensen Potenziale von Facebook & Co. aber nach wie vor nicht zur Genüge ausschöpfen. Dies hängt laut Prof. Dr. Heike Simmet, Autorin der Studie, damit zusammen, dass die grosse Vielfalt an unterschiedlichen An-geboten die Verantwortlichen bei KMU verunsichert – die Qual der Wahl erschwert die Entscheidung, worauf man seine Social-Media-Aktivitäten fokussieren soll. Dennoch sind 75% der Unternehmen bereits auf einer oder mehreren Social-Media-Plattformen geschäftlich aktiv. Spitzenreiter sind dabei Facebook (53,9%), Xing (50,8%) und Twitter (35,9%), während Google+ mit 6% das Schlusslicht bildet. (dg)

E�zientes UmweltmanagementAm 24. Mai 2012 organisiert sanu future learning ag in Biel einen eintägigen Pra-xiskurs zum �ema «Mehrwert für Unter-nehmen und mehr Wert für die Umwelt». Das Angebot beinhaltet unter anderem

eine Übersicht zu den relevanten Umweltthemen sowie die Ermittlung des geeigneten Vorgehens zur Erstellung einer Umweltrelevanz-Analyse anhand eines Beispiels. Ziel ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der systematische Umweltschutz so ins Geschä� ein-gebunden werden kann, dass ein Mehrwert für die Unternehmung generiert und gleich-zeitig etwas Gutes für die Umwelt getan wird. Der Kurs kostet CHF 1050.–, Anmeldungen sind unter www.sanu.ch möglich. (dg)

0 50 100 150 200 250 300

Facebook

Xing

Twitter

Youtube

Keine

Blogs

Linkedin

Andere

VZ-Netzwerke

Welche sozialen Medien nutzt Ihr Unternehmen?

Meistgenutzte Social Media- Plattformen

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Andreas Tausch, Projektleiter «Flowcon-verter»

Worin liegen die Vorteile der dezent-ralen Energiegewinnung wie sie durch den Flowconverter ermöglicht wird?Dezentrale Energiegewinnung, heisst, dass die Energie dort produziert wird, wo sie auch benötigt wird. Dadurch kann der An-teil an Energie, die während des Transports verloren geht, minimiert und die Netzka-pazität entlastet werden, was Kosten spart. Die Wasserkra� hat zudem den Vorteil, dass sie gut planbar ist, da sie über das gan-ze Jahr gleichmässig Energie liefert, was das Stromnetzmanagement vereinfacht.

Alternative zu Gaskra�werkenDa die alternativen Energien weniger zum Atomausstieg beitragen als erho�, weicht Doris Leuthard nun auf Gaskra�werke aus. Dabei gäbe es längst eine sinnvollere Alter-native. Bei der von der Firma Environeers entwickelten Technologie namens Flow-converter handelt es sich um einen Strö-mungsgenerator zur Energiegewinnung durch die Fliessbewegungen von Wasser. Die Vorteile sind der hohe Wirkungsgrad, dass er komplett unter Wasser zum Ein-satz kommen kann und folglich weder das Landscha�sbild noch der Schi�fahrtsbe-trieb durch wasserbauliche Massnahmen beeinträchtigt werden sowie die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten – der Flow-converter kann bei jeder Wassertiefe und Fliessgeschwindigkeit eingesetzt werden. Er wirkt dort, wo bereits Wasserkra�werke sind, ergänzend und erö�net Möglichkei-ten, neue Energiequellen zu erschliessen, wo andere Technologien nicht e�zient sind. Die Er�nder haben die Technologie bereits zum Patent angemeldet und sind nun auf der Suche nach Einsatzorten. (dg)

Exportstimmung hat sich gebessertDie Stimmung bei den exportierenden Schweizer KMU hat sich in den letzten Monaten wieder verbessert, wie aus dem KMU-Exportindikator von Credit Suisse und OSEC hervorgeht. So erwar-ten laut OSEC 38 Prozent der Unter-nehmen steigende Exporte – im letzten Quartal waren es noch lediglich 30,3 Prozent. Gut die Hälfte der befragten Unternehmen rechnen mit Stagnation und lediglich 11,5 Prozent erwarten ei-nen Exportrückgang – Anfang 2012 war es noch über ein Viertel (26,5 Prozent). Die Gründe für die Erholung liegen laut den Befragten bei Innovationen, Mar-keting und wirtschaftlicher Erholung, während diejenigen Unternehmen, wel-che mit einem Exportrückgang rechnen, Konkurrenzdruck als Hauptgrund ange-geben haben. 95 Prozent der befragten Unternehmen wollen im kommenden halben Jahr nach Europa exportieren, gefolgt von Asien mit 56 Prozent und Nordamerika mit 43 Prozent. (dg)

DREI FRAGEN AN: ANDREAS TAUSCH

Wie geht es mit dem Flowconverter weiter, nun, da die technologischeEntwicklung abgeschlossen ist?Der Flowconverter wurde vor kurzem in einem Fluss bei München getestet und hat die erwünschten Ergebnisse bestätigt. Jetzt prü� Environeers diverse nationale und internationale Einsatzorte, um Refe-renzanlagen zu installieren. In der Planungsphase sind im Moment Referenzanlagen in Deutschland, Italien, England, Türkei, Georgien und Brasilien. Die Grösse der Anlagen geht bis in den Megawattbereich hinein.

Bei den Elektrizitätswerken Zürich wusste man auf Anfrage noch gar nichts von Ihrem Flowconverter. Weshalb ist das so und wie steht es um die Unter-stützung von Behörden und Politikern in Deutschland? Wir sind bewusst noch nicht an die Öf-fentlichkeit gegangen, um in Ruhe den Entwicklungsprozess abzuschliessen, in welchen wir diverse potenzielle Kunden eingebunden haben. Heute herrscht eu-ropaweit eine positive politische Einstel-lung gegenüber der umweltfreundlichen Wasserkra�, weshalb alle Behörden und Politiker äusserst positiv reagiert und uns tatkrä�ig unterstützt haben. Insbesonde-re auch in der Schweiz mit ihren vielen schnell�iessenden Gewässern stellt der Flowconverter eine optimale Ergänzung zu bereits bestehenden Produkten dar – eine Expansion in die Eidgenossenscha� ziehen wir auf jeden Fall in Betracht! (dg)

Mehr Arbeitnehmende und konstante FirmengründungenLaut dem Bundesamt für Statistik (BFS) hat die Zahl der Arbeitnehmenden in der Schweiz zwischen dem vierten Quartal 2010 und dem vierten Quartal 2011 um 2,6% zu- und die Arbeitslosigkeit um 4,1% abgenommen. Somit verzeichnete die Schweiz im vierten Quartal 2011 insgesamt 4,766 Millionen Arbeitnehmende Diese Entwicklung ist hauptsächlich den ausländischen Arbeitnehmenden zu verdanken – während die Zahl der Schweizer Beschä�igten gerade einmal um 1,4% stieg, betrug die Zunahme bei den Ausländern mehr als das Dreifache (5,6%). Ausserdem wurden im laufenden Jahr bereits 10‘065 neue Firmen gegründet, was nur 1,4% unter dem Vorjahresniveau liegt. Gleichzeitig mussten aber auch 6,8% mehr Firmenlöschungen verzeichnet werden, wo-mit das Netto�rmenwachstum unter dem Strich klar tiefer ausfällt – in den ersten drei Monaten des Jahres 2012 betrug es etwa 20% weniger als im Vorjahreszeitraum. Perso-nenkonkurse waren deutlich mehr zu verzeichnen: Die Zahl ist im März 2012 gegen-über dem Vorjahresmonat um fast 30% auf 598 gestiegen. (dg)

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«DIE MUSIK FÜR UNSER PRODUKT SPIELT IN ASIEN»

Vor fünf Jahren kaufte sie der Gründerfamilie das traditionsrei-che Basler Läckerli-Huus ab. Jetzt gibt Miriam Blocher Gas:

einen neuen Firmenhauptsitz baut sie im basellandschaftlichen Frenkendorf, im Visier hat sie Exportmärkte in Fernost.

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KMU DES MONATS • LÄCKERLI HUUS

Expansionswillig: Rivella-CEO Erland Brügger

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Autor: Tobias Wessels, Fotos: Saskja Rosset

Wer den Hauptsitz des Läckerli Huus besucht, reist genau genommen nicht nach Basel, sondern ins direkt benachbarte Münchenstein im Kanton

Basel-Land. Der Weg führt durch ein für den Ort typisches Wohngebiet und endet am Teichweg 9, wo Produktion und Administration des Süsswarenherstellers angesiedelt sind. Noch. Denn die Besitzerin Miriam Blocher plant, den Haupt-sitz nach Frenkendorf zu verlegen.

Doch beginnen wir am Anfang der gemeinsamen Ge-schichte der Unternehmer-/Politiker-Tochter und des Basler Traditionsbetriebs. Weshalb entscheidet sich eine Zürcher Lebensmittelingenieurin, ihre Führungsposition bei Thu-rella aufzugeben, um sich mit Läckerli zu befassen? «Ein Grund war sicher, dass ich aufgrund meiner Ausbildung etwas vom Thema verstehe.» Miriam Blocher spricht ver-bindlich, man spürt, dass sie gerne über die vergangenen gut fünf Jahre im Läckerli Huus berichtet. 2007 übernahm sie den Betrieb vom damaligen Besitzer Peter Klein. Als sie sich entschieden hatte, dass die Rolle als Besitzerin und Ge-schäftsführerin eines Unternehmens grundsätzlich in Frage kommt, waren die Anforderungen eindeutig definiert: Der Betrieb durfte kein Sanierungsfall sein, weder zu klein, noch zu gross. «Ich kannte das Läckerli Huus gut und war ein Fan der Produkte», so beschreibt sie die Motivation, überhaupt mit dem damaligen Besitzer Peter Klein in Kontakt zu tre-ten. Ob dort bereits an einer Nachfolgelösung gearbeitet wurde, wusste sie nicht, als sie Klein auf gut Glück einen ersten Brief schrieb. Tatsächlich war zu dieser Zeit in keiner Form ein Verkauf geplant. Doch im Laufe etwa eines Jahres

intensivierte sich der Kontakt, man tauschte sich aus, bald auch über strategische Fragen. Peter Klein fand Gefallen an den Ideen der jungen Frau, die sich so für sein Unterneh-men interessierte. Im Januar 2007 war es so weit, Miriam Blocher übernahm die Firma. «Sicher ist man sich dabei nie», hält sie rückblickend fest, noch am Abend vor der Ver-tragsunterzeichnung haben sie Zweifel beschlichen: «Was soll ich denn bitte schön mit dem Läckerli Huus anfangen?» Doch die Zweifel wurden überwunden, und sie stellen einen natürlichen Bestandteil eines solchen Prozesses dar, ist Blo-cher überzeugt.

Heute merkt man ihr davon nichts mehr an: Strukturiert legt sie dar, wie die Stabübergabe vonstattenging. Völlig rei-bungslos sei das nicht gewesen, «das ist auch gut so». Denn nur diese Reibungen sorgen dafür, dass die durch die neue Situation entstehenden Potenziale genützt werden können. «Es war wie bei vielen Unternehmen: Wenn es gut läuft, >>

Ich bin der grösste Fan meines Produkts

Süsse Arbeit: Miriam Blocher in der Produktion im Läckerli Huus in Münchenstein

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wird man in mancherlei Hinsicht bequem.» Als Blocher der gesamten Belegschaft als neue Patronin präsentiert wurde, seien die Reaktionen grösstenteils positiv ausgefallen, vor al-lem bei den Mitarbeiterinnen. «Unser Personal ist zu etwa 70 Prozent weiblich», stellt Miriam Blocher mit einem gewissen Stolz fest. Gerade für die Führungsriege bedeutete ihr Eintritt eine enorme Umstellung: Da Peter Klein für mehrere Jah-re krankheitsbedingt kaum im Betrieb anwesend war, hatte sich an verschiedenen Positionen aufgrund des Führungsva-kuums eine Eigendynamik entwickelt. Würde Frau Blocher täglich anwesend sein? Den Mitarbeitern etwas genauer auf die Finger schauen? Ja, sie ist täglich anwesend, und sie kann durch ihre Erfahrung in der Lebensmittelbranche in jeglicher Hinsicht mitreden. Als Teil des Innovations-Teams arbeitet sie auch an neuen Produkten mit, von denen es seit der Über-nahme einige gibt. «Hier hatten wir einen gewissen Rückstau, aufgrund der längeren Abwesenheit von Peter Klein», erklärt sie. «Mittlerweile befinden wir uns in einem stetigen Wandel, der nötig ist, um für die Zukunft fit zu bleiben. Doch ich hatte das Glück, ein solides Unternehmen vorzufinden, das auch einige Fehler verziehen hätte. Man sagt, die Änderung der Firmenkultur nach einer Übernahme dauert 10 bis 15 Jahre. So weit sind wir noch nicht, aber wir befinden uns gut auf dem Weg.» Eine massive Neuerung aus der Zeit direkt nach Miriam Blochers Übernahme betrifft die Firmenstruktur.

Aus einer Holding mit fünf angeschlossenen Unternehmen ist eine Marke geworden: Läckerli Huus. Dies ermöglicht zum einen nach aussen hin einen geschlossenen, durchgän-gigen Auftritt, zum anderen bedeutet es für alle Mitarbeiter Arbeitsverträge mit dem gleichen Unternehmen. Blocher ist überzeugt: «So erreicht man ein völlig anderes Brand Com-mitment, welches wir auch weiterhin durch Aktivitäten und Events stärken wollen.»

Nicht alle Mitarbeiter konnten oder wollten die Ände-rungen mittragen. Miriam Blocher erinnert sich an den Fi-nanzchef, der die künftige Strategie und deren Umsetzung mitgeplant hatte, um am Ende zu sagen: «Das Konzept passt hervorragend, ich bin stolz darauf – doch das ist nicht mehr das Unternehmen, für das ich seit Jahren arbeite.» Er verliess das Läckerli Huus, und man spürt bei Miriam Blocher eine gewisse Bewunderung, wenn sie sagt: «Dieses Verhalten zeigt Grösse.»

Für besagte Strategie arbeitet man im Läckerli Huus mit klassischen Dreijahres-Plänen. Der erste sah unter anderem vor: mit eigenen Läden wachsen, Eintritt in den Schweizer

Detailhandel, eine nationale Distribution aufbauen. Mitt-lerweile läuft bereits der zweite dieser Dreijahres-Pläne. Ne-ben dem weiteren Wachstum in der Schweiz beinhaltet er auch die Definition von drei bis fünf strategisch geeigneten Export-Märkten und möglicher Distributions-Kanäle. «Wir sind überzeugt, dass die Musik für Produkte wie die unsrigen nicht in Europa, sondern in Asien spielt», erläutert Miriam Blocher. Der Exportanteil liege derzeit bei rund 10 Prozent. «Als wichtigsten Auslandsmarkt bearbeiten wir Japan. Ausge-rechnet.» Denn dort habe man mit Protektionismus und vie-len administrativen Hürden zu kämpfen. Vor allem wurde in Japan bisher kein einziges Original Basler Läckerli verkauft. «Da bringt man sein Hauptprodukt mit zu Degustationen – und niemandem schmeckt es», sagt Miriam Blocher lachend. Mit Schokolade überzogen ginge «gerade noch», doch Absatz finden in Japan vor allem die Rahmtäfeli. Auf klassische Wer-bung wird zugunsten von Degustationen in Kaufhäusern und Einkaufszentren verzichtet. «Wie wollen sie ein Produkt be-werben, das praktisch keiner kennt?» >>

Was ein KMU vom Läckerli-Huus lernen kann: Wichtiges bei einer Firmenübernahme als Nachfolgeregelung:

1. Klare Abmachungen mit dem Vorbesitzer, Differenzen klar und fair ausräumen2. Nur eine Firma übernehmen, deren Geschäft ein neuer Besit-zer kennt3. Bei gewachsenen, aber unübersichtlichen Strukturen Verein-heitlichung anstreben4. Bei Konsumgütern klare und einheitliche Markenstrategie aufsetzen5. Mitarbeiter in Schlüsselpositionen nur dann übernehmen, wenn sie von der neuen Strategie überzeugt sind5. Keine Abhängigkeit von einer Person

Ich hatte das grosse Glück, ein solides Unternehmen

vorzufinden

Über 100-jährige Geschichte: Läckerli in dekorativen Dosen

KMU DES MONATS • LÄCKERLI HUUS

Kurt Baumgartner, Gastgeber/Besitzer, Belvédère Hotels Scuol

Die Belvédère Hotels sind Business Sunrise Kunden, weil auch für sie persönlicher Kundenkontakt wichtig ist.

Die Belvédère Hotels unterhalten drei Wohlfühloasen in Scuol, die ihren Gästen beste Erholung bieten. Für eine reibungs-lose Koordination und Kommunikation zwischen den Standorten setzen sie auf die Telekommunikationslösungen von Business Sunrise. Wechseln auch Sie zu Business Sunrise. Weil Sie dort nicht nur die attraktivsten Kommunikations-lösungen erhalten, sondern auch einen Service, der genau auf Sie abgestimmt ist. business-sunrise.ch

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Kurt Baumgartner, Gastgeber/Besitzer, Belvédère Hotels Scuol

Die Belvédère Hotels sind Business Sunrise Kunden, weil auch für sie persönlicher Kundenkontakt wichtig ist.

Die Belvédère Hotels unterhalten drei Wohlfühloasen in Scuol, die ihren Gästen beste Erholung bieten. Für eine reibungs-lose Koordination und Kommunikation zwischen den Standorten setzen sie auf die Telekommunikationslösungen von Business Sunrise. Wechseln auch Sie zu Business Sunrise. Weil Sie dort nicht nur die attraktivsten Kommunikations-lösungen erhalten, sondern auch einen Service, der genau auf Sie abgestimmt ist. business-sunrise.ch

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Mehr als 100 süsse Jahre

Für diese Aufgaben vor Ort arbeitet man mit lokalen Part-nern zusammen; ein Rezept, das für alle Märkte im Ausland Anwendung findet. Wie derzeit auch für China, das nächste Exportziel. Dabei setze man vor allem auf die so genann-ten second cities, also auf die «kleineren Zehn-Millionen-Städte», wie Blocher sie nennt. Im Gegensatz zu Japan sollen hier jedoch im Rahmen eines Joint Ventures eigene Läden eröffnet werden, die Voraussetzungen dafür sieht Miriam Blocher als gegeben: «Wir treffen auf eine Schweiz-Affinität und Interesse an hochwertigen Produkten und Geschenken.» In Europa hingegen sei der Preis das mit Ab-stand wichtigste Kriterium, da könne und wolle man nicht konkurrieren. «Wir werden nie ein Massenprodukt sein. In China», so Miriam Blocher, «muss man eher aufpassen, dass man die Produkte nicht zu günstig anbietet, um sie nicht zu entwerten.» Als angenehme Überraschung zeigen die ers-ten Degustationen im Reich der Mitte: Anders als in Japan kommen hier gerade die Original Basler Läckerli am besten an.

Während also im Ausland an neuen Absatzmärkten gear-beitet wird, steht für das Läckerli Huus auch in der Schweiz eine grosse Veränderung vor der Tür: Der Hauptsitz in Mün-chenstein dürfte bald ausgedient haben. Zu häufig kämpft man mit der zu geringen Belastbarkeit des Bodens und der nicht ausreichenden Höhe der Räume. Ausserdem sei der

Bau energetisch nicht auf dem neuesten Stand, so Blocher: «Wenn man Läckerli bäckt, stellt das einen wichtigen Fak-tor dar.» Nicht zuletzt machen die steigenden Hygiene-An-forderungen in der Lebensmittel-Industrie immer wieder Investitionen notwendig. Gemeinsam mit dem wesentlich kleineren Ableger in Gelterkinden, wo vor allem Rahm- und Karamellprodukte hergestellt werden, soll München-stein nun einem neuen Hauptsitz in Frenkendorf weichen – die Distanz zum namensgebenden Basel wird also noch grösser. «Ursprünglich konnten wir uns nicht vorstellen, aus Münchenstein wegzugehen», meint Blocher, «doch schnell wurden die damit verbundenen Probleme offensichtlich.» Eine Sanierung konnte bald ausgeschlossen werden, da das Ergebnis trotz hoher Kosten nicht alle Anforderungen erfül-len könnte. Mehrere Gebäude und weite interne Wege hät-ten weiterhin Bestand gehabt. Ein Neubau auf dem gleichen Gelände hätte sich als sehr teuer erwiesen, da die Produkti-on am gleichen Standort während der Bauphase nur schwer aufrechtzuerhalten gewesen wäre. Bei der Suche nach einer Alternative wurde man in Frenkendorf fündig. «Obwohl es keine genaue Definition gibt, wie weit von Basel entfernt wir produzieren dürfen, legten wir Liestal als äusserste Grenze fest. Wir wollten uns zum Standort bekennen, auch wenn wir hier nicht mehr verkaufen als in der restlichen Schweiz», so Miriam Blocher. Da sich das Angebot an geeigneten Flä-

KMU DES MONATS • LÄCKERLI HUUS

Im Jahre 1903 geht der Confiseur André Klein aus Meiringen auf grosse Reise: Der Berner Oberländer macht sich auf, in die USA auszuwandern. Tatsächlich kommt er bis Basel, wo er seine Amerika-Pläne ad acta legt und aufgrund eines Zeitungsinserats Partner in einem Confiseurbetrieb wird. Nach nur einem Jahr übernimmt er den Betrieb an der Brei-sacherstrasse in Basel alleine, wo von der ersten Stunde an Original Basler Läckerli zum Sortiment gehören.Der Erfolg und die damit verbundene Expansion machen es bald nötig, neue, grössere Räumlichkeiten zu finden. Die Wahl fällt auf die ehemalige Baumwollspinnerei Sarasin & Heusler in Münchenstein. Von hier aus werden 1920 die ersten Kräuterhalsbonbons der Schweiz lanciert. Im glei-chen Jahr beginnt André Klein, seine Produkte in verzierten Biscuit-Dosen zu verkaufen – und legt damit den Grund-stein für eine Tradition, die bis heute wesentlich zum Erfolg der Süsswaren beiträgt.1945 bringt dem Läckerli Huus die vielleicht schwersten Momente der Firmengeschichte: Ein Brand zerstört das Firmengebäude. Doch nach nur einem Jahr steht in direkter Nachbarschaft bereits das neue Gebäude, in welchem das Unternehmen bis heute zuhause ist. 1950 wird in der Basler Steinenvorstadt der erste eigene Laden eröffnet, zehn Jahre später steigt man ins Versandge-schäft ein – überall in der Schweiz sowie im Ausland kann

man sich Basler Läckerli nun nach Hause liefern lassen. Die Eröffnung des sogenannten «Ur-Läckerli-Huus» an der Gerbergasse folgt 1973. Aktuell gibt es in der Schweiz zwölf Läckerli Huus Filialen.1988 wächst man aus der Region Basel heraus: Ein erster Laden wird in Bern eröffnet, weitere in der gesamten Schweiz folgen. 1994 folgt eine strategisch bedeutsa-me Firmenübernahme: Mit den bekannten Rahmtäfeli, hergestellt in Gelterkinden, wird das Sortiment um einen wichtigen Bestandteil erweitert.2007 übernimmt Miriam Blocher den Betrieb von Peter Klein – sie wird Inhaberin, CEO und VR-Präsidentin in Per-sonalunion. Sie macht aus einer Holdinggesellschaft mit fünf angeschlossenen Unternehmen eine Marke: Läckerli Huus. Bereits 2008 sorgt sie für eine bahnbrechende Neuerung: Ausgewählte Produkte werden jetzt nicht mehr nur in eigenen Läden oder im Versand, sondern auch im Schweizer Detailhandel angeboten. Darüber hinaus schal-tet das Läckerli Huus erstmals TV-Werbung. Ausserdem wird das Sortiment um zahlreiche neue Produkte ergänzt.Ende 2011 verkündet Miriam Blocher eine weitere ein-schneidende Änderung: Hauptsitz und Produktionsort werden nach Frenkendorf verlegt. Der Bau wurde bisher noch nicht begonnen, der Betrieb soll dort im Sommer 2014 beginnen.

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Gegründet (aktuelle AG) 1904Mitarbeiter ca. 150Anzahl eigene Läden 12Exportanteil am Umsatz ca. 10 %Umsatzzahlen gibt das Läckerli Huus nicht bekannt

Läckerli Huus in Zahlen

chen in Grenzen hält, habe man schnell zugeschlagen, als sich die Option in Frenkendorf ergab. Jetzt steht die Bauein-gabe an, ebenso wie die Klärung essentieller Fragen. Welche Maschinen können gezügelt werden? Welche Technologien sind nicht mehr auf dem neuesten Stand? Welche Produk-te sollen künftig selbst hergestellt werden? «Wir sind ein KMU», erinnert Blocher, «und jeder wird im daily business gebraucht. Solche Entscheidungen zu treffen und die nöti-gen Planungen zu machen, benötigt Zeit.» Dennoch zeich-net sich der Umzug nach Frenkendorf bereits relativ deut-lich am Horizont ab: «Im Sommer 2014 soll die Produktion am neuen Standort beginnen», so Blocher. Frenkendorfer Läckerli wird es – natürlich – trotzdem keine geben. Denn Miriam Blocher ist nicht nach Basel gekommen, um mit Traditionen zu brechen.

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Autor: Franco Brunner

Eine Fahrt nach Vals – also auf diese walserdeutsche Sprachinsel im hintersten Teil des rätoroma-

nischen Tals des Lichts – ist immer ein besonders abenteuerliches Erlebnis. Die Strasse schlängelt sich durch das immer enger werdende Tal hindurch, während einem die immer näher kommenden Felswände schon fast die Lu� zum At-men nehmen. Dann, plötzlich, ö� net sich die Schlucht wieder ein wenig und wie aus dem Nichts erscheint das Dorf Vals mit seinen typischen Walserhäusern. Es ist ein schöner Anblick. Aber trotzdem, einfach so verirrt man sich nicht hier-her. Schon gar nicht an diesem Apriltag. Schneeregen und tie� iegende Nebel-schwaden konstruieren ein beinahe un-wirkliches Bild. Und sie lassen die auf der Strasse entgegenkommenden Lastwagen mit der in grünen Lettern geschriebe-nen Aufschri� «Valser» nur schwer und vor allem nur spät erkennen. Ja, das so-genannte Valserwasser, das auch auf so manchen Restauranttischen in weiter Ferne anzutre� en ist, stammt von hier oben.

Das Mineralwasser ist jedoch nicht der einzige Naturstoff, der dieser 1000-Seelen-Gemeinde zu nationaler, ja sogar internationaler Berühmtheit ver-holfen hat. Der Valser Stein, genauer ge-

sagt der Valser Quarzit gehört mittler-weile zu den beliebtesten Natursteinen im Bereich der «gehobenen Baukunst». Einen ersten Eindruck der Schönheit dieses Steins erfährt der Gast in Vals schon bald – beim Blick in die weltbe-kannte Therme des Stararchitekten Pe-ter Zumthor oder beim Gang über die vom Churer Bauingenieur Jürg Conzett konzipierte Dorfbrücke. Die erst vor we-

nigen Jahren erstellte Brücke – die über den Valser Rhein führt – besteht fast komplett aus dem Valser Stein. Diesem Stein, der nur ein paar Meter weiter, im Steinbruch der Firma Truffer AG, Tag für Tag abgebaut wird.

In ebendiesem Steinbruch geht es zu und her wie auf einer Grossbaustelle – Schneegestöber hin oder her. Riesige Bagger und ebenso beeindruckend di-mensionierte Laster stehen auf dem Ge-lände oder verrichten gerade ihre Arbeit im Steinbruch. Zwischen 7000 >>

BUSINESS CASE • TRUFFER AG

EIN BÜNDNER STEIN EROBERT DIE WELT

Truffer heisst die Familie, Valser Quarzit der Stein und aus dieser Verbindung wuchs der KMU Truffer AG. Eine bemerkenswerte Firma,

die mit ihren 50 Mitarbeitern aus dem Valser Tal die Welt beliefert mit dem, was dort der Boden hergibt.

Bis zu 10 000 Kubikmeter Fels wird jährlich aus dem Berg gesprengt

Stein und Wasser: Therme Vals

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und 10 000 Kubikmeter Fels wird hier jährlich aus dem Berg gesprengt, ge-bohrt, geschnitten und abtransportiert. Nicht nur ins eigene Dorf – sämtliche Dächer der Häuser (auch der neu er-stellten) sind in Vals obligatorisch mit dem lokalen Stein zu bedecken –, son-dern und vor allem in die grosse weite Welt hinaus. USA, Kanada, Neuseeland, Australien, Japan und Singapur. Um nur ein paar Ecken dieser Welt aufzuzäh-len, in denen mittlerweile Valser Stein anzutreffen ist. Rund 55 Prozent der gesamten Produktion der Truffer AG wird exportiert. Insgesamt in 21 verschiedene Länder. Die gute Auslastung macht schon seit einiger Zeit das Arbeiten im Zweischich-tenbetrieb notwendig.

Die Erfolgsgeschichte des Valser Steins ist gleichzeitig auch eine Familiengeschich-te. So taucht in der Familienchronik der Tru� ers anscheinend schon vor 100 Jah-ren ein gewisser Prospert Tru� er auf, der «den Felsen so gar gewaltig mit Pulver zersprengte». Heute sind es Claudio so-wie das Ehepaar Pius und Pia Tru� er, die die Geschicke über die Firma mit ihren mittlerweile 50 Mitarbeitern leiten. Wäh-rend Claudio vornehmlich im Bereich der Produktion und Pius im Bereich der Investitionen tätig ist, deckt Pia Tru� er das Feld von Entwicklung, Vermarktung und Verkauf ab.

Nein, erfunden hätten die Tru� ers die Steinbearbeitung in Vals nicht, wiegelt Pia Tru� er schmunzelnd ab. «In Vals hat der Stein als Baumaterial Tradition», sagt sie und verweist auf all die 300 bis 400 Jahre alten Steinhäuser, die das Dor� ild prägen. Man habe jedoch den maschi-nellen Steinabbau vor rund 30 Jahren eingeführt und verarbeite das Gestein auch heute noch ausschliesslich im eige-nen Steinwerk.

Obwohl der Steinabbau in Vals also seit drei Jahrzehnten im «grossen Stil» betrieben wird, will man bei der Tru� er AG eben genau kein «Massenprodukt» herstellen und vertreiben. «Ein Teil un-serer Firmenpolitik ist sicherlich der, dass wir darauf achten, keine grossen Mengengeschä� e zu tiefen Preisen zu be-

treiben. So wird man wohl zum Beispiel nie Bodenbeläge aus Valser Quarzit in grossen Einkaufszentren sehen», sagt Pia Tru� er bestimmt. Man wolle und müsse sich die Exklusivität wahren. Eine Exklu-sivität, die sich laut der Che� n auch durch die besondere Bescha� enheit des Valser Steins einstelle. «Durch die immer un-terschiedlichen Steinstrukturen sind die Objekte, bei denen unser Stein verwendet wird, in einem gewissen Sinn auch stets Unikate.«

Einzigartige Bescha� enheitDie Besonderheit, also das «Anders-Sein» als die Konkurrenz, sieht Pia Truffer denn auch als die grosse Stär-ke ihres Unternehmens. «Der Erfolg des Valser Steins ist meiner Meinung nach nicht zuletzt mit der Globalisie-rung und den daraus entstandenen weltweiten Märkten zu erklären. In der meist einheitlich wirkenden Masse von Graniten und weissem Marmor sticht der Valser Quarzit heraus. Und Archi-tekten und Designer sind nun mal stets auf der Suche nach dem Speziellen.«

Auf diese Besonderheit und Ein-

zigartigkeit würde eigentlich auch der Zürcher Stadtrat gerne setzen. Im-merhin hatte er im vergangenen Jahr einen Kredit von rund 17 Millionen Franken für die Neugestaltung des Sechseläutenplatzes gutgeheissen. Ein Sechseläutenplatz, der ab 2013 einen Natursteinbelag aus ebendiesem Val-ser Quarzit erhalten und gleichzeitig der grösste innerstädtische Platz der Schweiz werden soll. Da mittlerwei-le jedoch ein Referendum ergriffen wurde, kommt die Vorlage nun vor

das Stimmvolk, was – nicht nur für die Truffer AG – Ungewissheit und weitere Zeitverzögerungen bedeu-ten. Sich aufregen will sich Pia Truffer darüber indes nicht. Es bringe ja auch nichts, das seien nun mal politische Entscheidungen mit denen man leben müs-

se. Die Wichtigkeit dieses Projekts für die Truffer AG bringt sie aber dennoch klar zum Ausdruck. «Das Projekt der Neugestaltung des Sechseläutenplatzes wäre für uns natürlich ein wichtiger Prestige-Auftrag. Erstens, weil er zu-sammen mit dem San Marco Platz in Venedig zu den grössten städtischen Plätzen in Europa gehört und seine Lage zwischen Bellevue und Oper un-glaublich attraktiv ist. Und zweitens, weil es sich um eine sehr grosszügige, elegante Platzgestaltung handelt.»

Keine Frage: Öffentliche Bauten oder Raum- und Platzgestaltungen wie eben beim Sechseläutenplatz sind für die Truffer AG wichtig. Sowohl aus wirtschaftlichen als und vor allem auch aus Prestigegründen. «Projekte wie die Therme in Vals des Architekten Peter Zumthor, das rocksresort in Laax oder die Gestaltung des Bundesplatzes in Bern sind für uns fantastische Referen-zobjekte«, sagt Pia Truffer. Nach ihren ganz persönlichen Lieblings-Valser-Stein-Objekten gefragt, schwärmt sie jedoch vornehmlich von kleineren Projekten wie einer privaten Villa in Kanada, die einen Preis für «die beste Natursteineinbindung im Privatbe-reich» erhalten habe. Oder von einem kleineren Residencial-Projekt in Japan.

Was kann ein KMU von Truffer AG lernen

1. Offenheit gegenüber weltweiten Märkten.

2. Keine Berührungsängste mit diesen Märkten, auch als «kleines» Unter-nehmen

3. Bereitschaft und Freude, sich mit Architektur und Design auseinander-zusetzen

4. Lust, immer wieder neue Produkte zu entwickeln und Ideen umzusetzen

5. Grosse Bereitschaft, in modernste Produktionsmittel zu investieren und diese einzusetzen

6. Wille, sich weiterzubilden

BUSINESS CASE • TRUFFER AG

Unser Erfolg hat mit Globalisierung und weltweiten

Märkten zu tun

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Bei kleineren Objekten sei der Einsatz des Valser Steins normalerweise ein-fach noch ein wenig diversifizierter möglich als bei Grossprojekten. Und das gefalle ihr nun mal, begründet Pia Truffer ihre Auswahl.

Ob nun kleinere oder doch etwas grössere Pro-jekte: Der Valser Stein steht immer für eine gewisse Ele-ganz, Qualität und Hoch-wertigkeit. Attribute, mit denen Pia Truffer in Zu-kunft auch auf dem asiati-schen Markt punkten will. Sie sei mittlerweile schon drei Mal an der «Stonetech» in Peking gewesen, um an einer der weltweit be-deutendsten Fachmessen für Natur-stein Kontakte zu knüpfen. «Im asia-tischen und fernöstlichen Raum sehe ich ein sehr grosses Potenzial sowie die Möglichkeit, den Valser Stein als High-End-Produkt zu platzieren», erklärt Pia Truffer die doch eher ungewöhn-liche Vorgehensweise. Denn bis anhin war der chinesisch-schweizerische

Handel mit Naturstein eine klare Ein-bahnstrasse. Und zwar eine von China in Richtung Schweiz und nicht umge-kehrt. Diesem einseitigen Naturstein-Import will die Firma Truffer AG nun also Gegensteuer geben. Aber natür-

lich sei diese Marktbearbeitung im asi-atischen Raum harte Arbeit, die auch sehr viel Zeit benötige, gibt Pia Truffer zu bedenken.

Auch eine Frage der ZeitDie Frage nach der Zeit spielt ganz allgemein im Steinabbau eine mit-entscheidende Rolle. Nämlich die Fra-ge nach der verbleibenden Zeit, wie lange der Rohstoff überhaupt noch

vorhanden und dementsprechend ver-wendet werden kann. Diesbezüglich sieht Pia Truffer jedoch keine Eng-pässe auf sich zukommen – zumin-dest nicht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. «Hier in Vals ist noch

genügend, bereits abbau-bewilligtes Material für die nächste Generation vorhan-den«, beruhigt sie. Ein Risi-kogeschäft bleibe der Stein-abbau jedoch trotzdem. So stelle sich zum Beispiel bei jeder neuen Sprengung und bei jeder neuen Bohrung die Frage nach der Qualität des

gewonnenen Gesteins.Trotzdem. Die Chancen stehen also

mehr als nur gut, dass auch in Zukunft noch der eine oder andere Lastwagen gefüllt mit Valser Stein über die Dorf-brücke den Weg in die grosse weite Welt hinaus findet. Vielleicht ja auch heute, an diesem unwirklichen April-tag hier oben auf dieser walserdeut-schen Sprachinsel im hintersten Teil des rätoromanischen Tal des Lichts.

Über die Truff er AGDie Truffer AG ist ein weltweit tätiges KMU. Die wichtigsten und prestigeträchtigsten Projekte sind unter anderem die Therme in Vals, der Bundesplatz in Bern, das Design-Hotel rocksresort in Laax, die Amerikanische Botschaft in Berlin, das Tower Building in New York sowie der First-Class-Lounge-Bereich der australi-schen Fluggesellschaft Quantas Airlines im Flughafen Sydney. Hinzu kommen diverse Projekte von Privatvillen in Norwegen, England, Österreich, Belgien, der Schweiz, Italien, Deutschland, Holland, Kanada, den USA, Neuseeland, Island, Dänemark und Singapur. Da die Firma grundsätzlich ohne Zwischenhandel verkauft, steht die Truffer AG auch direkt mit der Bauherrschaft, den Architekten oder den Planern aus aller Welt in Kontakt. Auch die Liste der sogenannten Stararchitekten und Designer, die für ihre Bauten den Valser Stein verwenden, ist lang. Da wäre zum Beispiel Peter Marino (New York), Marc Newson (Aus-tralien), Philippe Starck (Frankreich), Norman Forster (England), Susan Lowell (USA) und natürlich nicht zuletzt der Schweizer Meister seiner Zunft, Peter Zumthor.Auch aktuell ist die Truffer AG wieder Teil eines grossen und prestigeträchtigen Projekts. So haben die Valser Steine, die für die Gestaltung des neues Headquarters des global operieren-den amerikanischen Industrieunternehmens Eaton Corporation gebraucht werden, den kleinen Ort in den Bündner Bergen vor wenigen Tagen verlassen und die lange Reise nach Cleveland im US-Bundesstaat Ohio angetreten.

Hier in Vals ist noch genug Stein für die

nächste Generation

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Autorin: Sabine Windlin

Das Geburtstagsgeschenk, das sich die beiden Braui-Besitzer, Kurt und Martin Uster, zum

150-jährigen Firmenjubiläum machen, kann nicht in Geschenkpapier gepackt werden und wiegt 25 Tonnen. Es musste per Lastwagen aus Bayern antranspor-tiert und mittels Hebekranen in Baar in-stalliert werden. Zwanzig Mann standen für das Unterfangen während mehreren Tagen im Einsatz. Kostenpunkt des Prä-sents: 1,5 Millionen Franken. «Ein grosser Happen», betont Martin und blickt stolz auf die neue Abfüllanlage, die seit weni-gen Wochen in der Brauerei steht. 6000 Bier� aschen kann die neue Maschine pro Stunde abfüllen und übertri� die Kapa-zität der alten somit deutlich. Mit dieser Anlage des weltweit führenden Getränke-maschinenherstellers Krones verfügt die Brauerei Baar über eine der modernsten Abfüllanlagen der Schweiz.

Die Investition steht symbolisch für die Unabhängigkeit des Innerschweizer Familienbetriebs, der auch kün� ig unab-hängig sein Bier brauen will. 1862 von ei-nem Trio am heutigen Standort in einem � orierenden Industriequartier inmitten einer durstigen Arbeiterscha� gegründet, blickt das KMU auf eine selten turbulen-te Biogra� e mit mehreren Besitzerwech-seln, vielen Hochs und Tiefs zurück. Zwei Weltkriege mussten genauso gemeistert werden wie ruinöse Preiskämpfe im In-

land. Von den einst sieben Braustätten, die Ende des 19. Jahrhunderts im Kanton Zug existierten, verblieb nach dem Ers-ten Weltkrieg einzig die «Braui» in Baar. «Meine Vorfahren», weiss der 33-jährige Martin Uster, «mussten zeitweise unter prekären Bedingungen wirtscha� en.» Es gab Monate, da war der Roh- und Brenn-sto� mangel in der Schweiz so gross, dass in Baar die Bierproduktion komplett dar-niederlag. Im Frühjahr 1918 wurde kein einziges Malzkorn in die Schweiz impor-tiert. Anstatt Hopfensa� produzierte die Brauerei Apfelsa� . Diversi� zieren lautete das Zauberwort.

Fantasie, Durchhaltewillen und Unter-nehmergeist sind auch heutzutage nötig, um eine Brauerei mit 28-köp� ger Beleg-scha� auf Kurs zu halten, sagt Martin Us-ter. Er führt die Firma seit 2006 gemein-sam mit seinem Vater Kurt, der ihm als Seniorchef beratend zur Seite steht. Die grösste Herausforderung besteht, so Mar-tin Uster, darin, den internationalen Bier-multis wie Carlsberg oder Heineken die Stirn zu bieten. Beide haben sich inzwi-schen breit� ächig in der Schweiz ausge-breitet. Der Verdrängungskampf sei gross, dennoch könne die Brauerei Baar gleich-zeitig vom sogenannten Eichhof-E� ekt pro� tieren: Als die Luzerner Traditions-marke 2008 an Heineken verkau� wurde, habe dies in manchem Biertrinker den Wunsch nach einem regional verwurzel-

BUSINESS CASE • BAARER BIER

DIE GROSSMUTTER SPRACH DAS MACHTWORT

In Baar wird noch Bier gebraut – seit 150 Jahren und fünf Generationen. Die Firma hat Krisen, Kriege und der internationalen Konkurrenz getrotzt:

mit List und Mut.

ten und gebrauten Bier geweckt. Mit Slo-gans wie «Ein Schluck Heimat. Seit 1862» integriert die Brauerei diese Kundenbe-dürfnisse geschickt in die Werbung und betont, dass die Rohsto� e mit einheimi-schem Quellwasser veredelt werden. «Da gibt es schon Leute», so die Erfahrung von Martin Uster mit ihm unter Vertrag stehenden Wirten und Getränkehändlern, «die bereit sind, pro Liter fünf oder zehn Rappen mehr zu bezahlen.» Doch damit sei die Schmerzgrenze dann erreicht.

Martin Uster kennt die Vorlieben sei-ner Kundscha� : «Die Bügel� aschen sind zum Beispiel sehr beliebt.» Als eine der wenigen Brauereien behielt Baar darum die Halbliter� aschen mit dem altherge-brachten Bügel im Sortiment, obwohl die Konstruktion aus Drahtbügel, Porzellan-knopf und Gummidichtung eine deutlich personal- und kostenintensivere Ver-schlussvariante als der Metalldeckel er-weist. Überdurchschnittlich guter Absatz erzielt auch das sogenannte Amber-Bier: ein untergäriges Bier mit aromatischer Gersten- und Weizennote, das durch die mitverarbeiteten Spelzen eine Bernstein-farbe erhält. Dieses Bier wurde im Jah-re 2002 zum o� ziellen Festbier für das 650-Jahre-Jubiläum der Zughörigkeit des Kantons Zug zur Eidgenossenscha� erko-ren und erhielt von der Fachjury der IG unabhängiger Klein- und Mittelbrauerei-en den begehrten Pro-Bier-Preis.

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Konsequent vermarkten die Baarer ihr Bier als bodenständiges, naturnahes Produkt, das ohne Konservierungsstoffe hergestellt wird und dem ausschliess-lich natürliche Hopfenblüten und kei-ne Hopfenextrakte beigegeben werden. Dazu passt, dass weit über 90 Prozent des abgefüllten Flaschenbiers in um-weltschonenden Mehrwegflaschen ver-kauft werden, die retourniert werden müssen und bis zu 60 Mal im Umlauf sind. Aus Gründen des Umweltschutzes hat man bisher bei den Gebinden auch auf Alubüchsen verzichtet.

Trotz eines landesweit nachlassenden Bierkonsums behauptet sich die Brauerei Baar gut im Markt. Doch das war nicht immer so. In den Jahren 2002 und 2003 sackte der Bierausstoss unter 8000 Hekto-liter. Erst 2008 stieg er dann kontinuier-lich wieder an. 2009 stieg die produzier-te Menge auf 12 500, ein Jahr später auf 13 000, und 2011 sogar auf über 14 000 Hektoliter an, was einem Schweizeri-schen Marktanteil von rund 0,3 Prozent entspricht. Ein wichtiges Standbein des Baarer Betriebs ist auch die Lohnabfül-lung: also die Abfüllung «fremden» Biers (Wädibräu und Amboss) mit Hilfe der betriebseigenen Anlagen sowie der kon-tinuierlich ausgebaute hauseigene Fest-service. Mit diesem hat sich die Braui im Laufe der Jahre den Ruf eines zuver-lässigen Partypartners erscha�en, der für grosse und kleine Anlässe wie Jodler- und Schwingfeste nicht nur spritziges Bier, sondern auch genügend Festzelte, Kühl-schränke, Bu�ets, Tische, Bänke und ki-loweise Eis liefert. Besonders beliebt sind die sogenannten CoolKegs. Die 10-Liter fassenden selbstkühlenden Mehrwegbier-fässern kühlen innerhalb von 45 Minuten mit einem physikalischen Trick ohne Eis, Strom und Wasser Baarer Lagerbier auf die perfekte Trinktemperatur von 6 bis 9° C herunter. Ein «Riesenerfolg» sei dieses CoolKeg, so Martin Uster. Früher hat die Braui pro Jahr nur etwa 150 Partyfässer verkau�, CoolKegs aber verkau� sie jähr-lich knapp 2500 Stück. >>

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für die Bierharassen gekauft, die Was-serversorgung erneuert und der Wa-genpark auf Vordermann gebracht. Im Jahre 2007 konnte schliesslich feierlich der neue Braui-Markt eröffnet wer-den: ein Getränkefachmarkt für Bier, Mineral- und Süssgetränke, Wein und Spirituosen, in dem insgesamt 2000 verschiedene Getränkeartikel verkauft werden.

Der helle, ebenerdige und äusserst übersichtliche Laden auf 450 Qua-dratmetern Verkaufsfläche wirkt wie ein Magnet und hat sich mittlerweile zu einem Treffpunkt für qualitätsbe-wusste Geniesser entwickelt, wo man auch gerne einen Schwatz halten und ein bisschen fachsimpeln kann. Fünf Jahre nach der Eröffnung, so Martin Uster, sei der Getränkeladen ein vol-ler Erfolg, denn er habe den Gesamt-umsatz der Firma fast um 20 Prozent gesteigert. Zudem führte der Laden zu einer effizienteren Nutzung der beste-henden Infrastruktur, zu einem we-sentlich schnelleren Warenumschlag, besseren Einkaufskonditionen und einer optimalen Restpostenverwer-tung.» Wen kümmert es da, dass nicht einmal in jeder zweiten Flasche, die im Braui-Markt über den Verkaufstisch geht, Bier drin ist?

Gold wert ist aber auch das kon-geniale und unverkennbare Logo und Markenzeichen der Brauerei: der rote Zwerg mit der lustigen Zipfelmütze. Konsequent hat ihn die Besitzerfami-lie seit 1930 als Werbefigur eingesetzt und wird dies – im Hinblick auf wei-tere mögliche Einschränkungen in der Alkoholwerbung – künftig sogar noch stärker tun. Unübersehbar thront die rundliche Figur in Form einer Leucht-reklame auf dem 26 Meter hohen Si-logebäude auf dem Brauerei-Areal und ist aus dem lokalen Ortsbild nicht mehr wegzudenken. Dem sympathi-schen Zwerg zugrunde liegt die ge-heimnisvolle und immer wieder ger-ne kolportiere Sage der so genannten «Erdmandli»: zwergenhafte, freund-liche Wesen, die sich vor Urzeiten in unzugänglichen Höhlen nahe der Brauerei aufgehalten, dort einen feinen Saft gebraut und an die Bevölkerung

BUSINESS CASE • BAARER BIER

Wo immer man anfragt: fällt der Begri� Baarer Bier, gerät die Lokalprominenz ins Schwärmen: «Brauerei Baar ist viel mehr als ein lokales KMU. Sie trägt zur re-gionalen Identität bei. Baarer Bier ge-hört zum Zuger Selbstverständnis», so der der Zuger Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel. Und Andreas Hotz, Baarer Gemeindepräsident, der mit den Usters schon die eine oder ande-re Stange getrunken hat und dies auch künftig zu tun gedenkt, meint lobend:

«Die Familie Uster hat eine Marke, ei-nen unverwechselbaren Brand aufge-baut, die unserer Gemeinde über ihre Grenzen hinweg viel Anerkennung und PR einbringt.» Die Volksnähe, die die Brauerei auszeichne, rühre auch von deren langjährigem und grosszü-gigem Engagement zugunsten der lo-kalen Vereinskultur im Bereich Musik und Sport. Vor allem die berühmte Baarer «Räbefasnacht», an der jeweils ausgiebig gefeiert und getrunken wird, ist eng mit dem Namen der Brauibesit-zer verbunden.

Die alteingesessenen Zuger und Baarer haben nicht vergessen, dass die Braui 1983, als sich die Lage für das Familienunternehmen verschärf-te, nicht aufgab. Damals fiel der jähr-liche Bierausstoss der «Braui» unter die 10 000-Hektoliter- Marke, und die damaligen Besitzer zogen ernsthaft einen Verkauf in Betracht. Verhand-lungen mit verschiedenen Brauereien wie Eichhof, Haldengut oder Feld-schlösschen waren schon am Lau-fen, da sprach Dora Buck-Uster – die

Grossmutter von Martin Uster – ein Machtwort. Sie hatte ihrem Vater 1962 versprochen, alles daran zu setzten, dass die Braui nie in «fremde Hände» kommt. Unmissverständlich stellte sie ihrem Sohn Kurt, der damals in Asien und Südafrika für internationale Kon-zerne Karriere machte, ein Ultimatum: «Entweder Du kommst zurück, oder die Braui wird verkauft. Aber mach Dich auf eine schwierige Aufgabe ge-fasst.»

Was folgte, war ein betriebswirtschaftli-cher Kraftakt und eine sorgsam geplante Phase der Modernisierung, die damals recht kühn war, sich im Nachhinein aber als der einzig richtige Weg erwies. Was an Erträgen aus dem Biergeschäft und dem Getränkehandel eingenom-men wurde, investierten die Usters fort-an umgehend in die Firma. So wurde etwa das Sudhaus mit einer computer-gesteuerten Automatik ausgerüstet, die alte Kupferpfanne durch eine neu ge-

deckte Braupfanne ersetzt, die Daten-verarbeitung im Büro implementiert, das betriebseigene Restaurant und der Gärkeller renoviert, eine neue vollau-tomatische Ein- und Auspackmaschine

Wir sind Bier: Belegschaft der Brauerei Baar

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verteilt haben sollen. Nicht nur inner-halb der Zuger Kantonsgrenzen ist der rote Zwerg auf Siegestour. Neue Ab-satzmärkte konnten die Baarer in den letzten drei Jahren auch in der Region Luzern, Schwyz, Ob- und Nidwalden, Uri, im aargauischen Freiamt und im zürcherischen Säuliamt erschliessen. Grund für diesen Erfolg sind einer-seits gezielte Offensiven aber auch der gute Ruf des Hopfensafts. Der Famili-enbetrieb ist mittlerweile so reich an Auszeichnungen und Preisen, dass diese locker ausreichen, um die gross-flächigen Wände im Bürotrakt zu schmücken, wo ein hoch motiviertes Team gut gelaunt bei der Arbeit ist. Nicht selten stossen nach getaner Ar-beit im Speditionstrakt die Mitarbeiter samt Chauffeuren und Braumeister auf den Feierabend an; womit, dürfte wohl klar sein.

Die «Nähe zum Kunden» wird auf vielfältige Weise praktiziert, vor allem durch die vielen Betriebsführungen, die die Braui in Zusammenarbeit mit Zug Tourismus durchführt. Im letzten Jahr waren es 122, was auf jeden dritten Tag eine Führung ergibt. Wer einmal, so die Überlegung, vor Ort das altehr-würdige Sudhaus mit der grossen Mai-

schepfanne und dem Läuterbottich, das Kühlhaus und den Gärkeller besichtigt und einen Blick in den dunklen, küh-len, etwas unheimlichen Lagerkeller mit den 52 riesigen Tanks geworfen hat, entwickelt einen engen Bezug zum

Baarer Bier und steuert im Coop, Spar, Volg oder in der Landi automatisch auf die Flaschen mit dem roten Mandli zu. In Zukunft kommen die Teilnehmer der Betriebsführungen sogar noch in den Genuss eines kleinen Museums, das die gesamte 150-jährige Geschichte der Brauerei mit rund 500 attraktiven Exponaten erzählt; darunter Etiketten, Bierdeckel, Fotos, Inserate, Visiten-karten, Plakate, Verträge, Urkunden, aber auch wunderschöne alte und neue Biergläser, –flaschen und Harassen. Die ganzen Jubiläumsvorbereitungen und das parallel dazu laufende All-

tagsgeschäft haben den Herren Uster und ihrer Belegschaft in den vergange-nen Monaten einiges abverlangt. Doch nichts würde den beiden Baarer Bierba-ronen ferner liegen, als über ein volles Auftragsbuch und ein paar Überstun-den zu klagen. Im Gegenteil: «Hopfen und Malz – Gott erhalt’s»! meint Seni-orchef Kurt Uster abschliessend leicht pathetisch und zwinkert seinem Sohn Martin zu, der kontert: «Auf die nächs-ten 150 Jahre!»

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AUF DER SUCHE NACH DEN BESTEN

Gut ausgebildete Fachkräfte sind oft schwer zu finden – und noch schwerer zu halten. Eine Bestandsaufnahme über Rekrutierung und

Weiterbildung in KMU.

FOKUSTHEMA

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Autor: Harald Fritschi

Der Betrag hat es in sich. 4,2 Milliarden Franken Umsatz entgeht allein den Schweizer

KMU jährlich, weil sie nicht genügend Fachkräfte zu rekrutieren vermögen. Dies ist das ernüchternde Ergebnis des KMU-Barometers 2011. Es basiert auf einer Umfrage der Beratungsfirma Ernst & Young Ende 2010 unter 700 KMU im ganzen Land. Danach hatten drei von vier KMU Schwierigkeiten, «neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden». Jedes zweite KMU fürchtete Umsatzeinbussen aufgrund des Mangels an bestens ausgewiesenen Fachkräften.

Die Sachlage hat nichts an Brisanz eingebüsst. Damals herrschte bei den Unternehmen Optimismus bezüglich der künftigen Geschäftsentwicklung. Dies ist auch heute der Fall und so erwar-ten gemäss neusten «Recruiting Trends 2012 Schweiz» der Internet-Jobbörse Monster rund 45 Prozent der befragten Unternehmen eine gute bis sehr gute Geschäftsentwicklung, während 51 Pro-zent ein ausgeglichenes Geschäftsjahr erwarten. Nur gerade 4 Prozent rechnen 2012 mit einer Verschlechterung. Rund 50 Prozent der Unternehmen gehen da-von aus, dass sich die Anzahl der Mitar-beiter im laufenden Jahr erhöhen wird. «Probleme bei der Stellenbesetzung», so heisst es in der Monster-Studie, «werden sich jedoch durch den Fachkräfteman-gel ergeben, der sich auf einem nahezu unverändert hohen Niveau befindet.»

Den Jobmangel schmerzlich zu spü-ren bekommt das St. Galler Unterneh-men Abacus Research AG, einer der führenden Anbieter von Business Soft-ware für KMU mit rund 230 Mitarbei-tern. «Wir haben Schwierigkeiten, neue Informatiker zu finden», sagt Thomas Köberl, Firmengründer und Mitglied der Geschäftsleitung. Abacus hat den Rekrutierungskreis immer weiter nach Norden über den Bodensee hinaus aus-dehnen müssen, um geeignete Leute ansprechen zu können. «Neue Mitar-beiter finden wir schon», sagt Köberl, «die Frage ist aber immer, ob es auch die richtigen sind.»

Die geeigneten Mitarbeiter zu en-gagieren ist nicht leicht, wie aktuel-

le Umfragen belegen. Insbesondere IT-Fachleute und Spezialisten in For-schung & Entwicklung (F&E) sind nur äusserst schwer zu finden. Sogar grosse Firmen haben Rekrutierungsprobleme. Unter den Top-500 der Schweiz sagten nur knapp 36 Prozent, sie hätten keine Mühe, genügend F&E-Fachleute wie In-genieure oder Chemiker zu rekrutieren. Bei den IT-Spezialisten lag der Wert bei 41 Prozent. Weniger Probleme dagegen bestehen beim Marketing, im Finanzwe-sen und in der Produktion, während in Verkauf und Vertrieb rund 55 Prozent der befragten Firmen angaben, unter genügend Kandidaten auswählen zu können.

«Was die Rekrutierungskanäle an-belangt, sind wir sehr flexibel», sagt Guido Frei, Personalchef bei Abacus. Der wichtigste Kanal sei Ostjob.ch, die Ostschweizer Jobbörse, gefolgt von der eigenen Homepage. Das Verhältnis liege etwas bei zwei Drittel und einem Drit-tel zugunsten von Ostjob. «Dies war bei den letzten 20 Bewerbungen der Fall», sagt Frei. Die letzten zwölf Monate habe Abacus keine Stelleninserate in Print-medien mehr laufen lassen. Die Anzahl Bewerbungen aus den Printmedien wa-ren enttäuschend. Aber auch die elektro-nischen Kanäle garantieren nicht immer einen Erfolg. Als die Personalabteilung für die Software-Tochter Arco in Ober-rieden ZH in Jobs.ch Stellen ausschrieb, kamen sehr wenige Bewerbungen he-rein. Jetzt überlegt sich Frei, das nächste Mal wieder in die Tagespresse zu gehen.

Jobsuche mit Volldampf auf allen Kanälen heisst die Devise. «Selbstver-ständlich fordern wir unsere Mitarbeiter auf, uns im Bereich Java-Programmierer Kollegen oder Verwandte zu vermit-teln», sagt Frei, «wir müssen uns alle Möglichkeiten offenhalten.» Dazu ge-hören auch Vermittlungsagenturen, die Abacus die Unterlagen ihrer Kandidaten senden.

Noch wenig präsent sind die Unter-nehmen gemäss neusten Umfragen in den sozialen Medien. Für den künfti-gen Erfolg auf dem Arbeitsmarkt der Jungen und Junggebliebenen sind Fa-cebook, Twitter und Co. nicht zu >>

Insbesondere IT-Fachleute und

Spezialisten in Forschung und

Entwicklung sind nur äusserst schwer

zu finden

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beitsplatz) und andere KMU, die eine fortschrittliche Firmenkultur pflegen.

Ueli Thürig, CEO der Maag Group in Oberglatt ZH, drückt dies so aus: «Neben guten Sozialleistungen und eher über dem Marktdurchschnitt lie-genden Löhnen gewähren wir unseren Mitarbeitern grossen Freiraum und Eigenverantwortung. Arbeit bei uns macht Spass, und wir haben dadurch auch eine geringe Fluktuation.» Der Erfolg gibt Thürig recht. Der Hersteller von Maschinen und Komponenten für die Kunststoffindustrie ist im vergan-genen Jahr um 30 Prozent gewachsen, beschäftigt in der Schweiz 140 Mitar-beiter und exportiert rund 95 Prozent der Produkte ins Ausland, vorab nach Deutschland, China und in die USA. Auch Maag hat die Rekrutierungsge-wohnheiten in der jüngsten Vergan-genheit angepasst. «Wir schalten keine teuren Inserate mehr», sagt Thürig, «sondern rekrutieren grösstenteils via Internet und Ausschreibungen auf un-serer eigenen Homepage.»

Etwas diversifizierter geht das Reise-büro Globetrotter vor, das quer durch die Schweiz 22 Filialen betreibt und mit 250 Mitarbeitern rund 155 Millio-nen Franken Umsatz generiert. «Unser Hauptrekrutierungskanal ist die eigene Homepage, an zweiter Stelle folgt die Rekrutierung durch die Vermittlung der Mitarbeiter, die als Anreiz eine Prämie erhalten, und danach setzen wir auf In-serate in Fachmedien wie Travel Inside», sagt Personalchefin Doris Arnold. Glo-betrotter halte sich indessen auch ande-re Kanäle offen wie Inserate in lokalen Medien, den Aushang in Tourismus-fachschulen und den eigenen Filialen sowie Offerten von Personalvermittlern. «Es ist nicht einfach, gute Leute für den Verkauf zu finden», sagt Arnold. Die Beratung und Organisation von Indi-vidualreisen, das Hauptgeschäft von Globetrotter, stelle jedoch hohe Anfor-derungen an die Reiseerfahrungen wie auch an die Verkaufspersönlichkeit. >>

unterschätzen. Doch die Präsenz auf allen Kanälen allein genügt nicht. «Ein Unternehmen muss ein Klima schaf-fen, das die besten Leute anzieht», sagt der Zürcher Human Ressource-Spezi-alist Hans R. Knobel. Und habe man die Besten, gelte es, dafür zu sorgen, dass sie bleiben. Was die Besten von einer Firma fordern, hat die internati-onale Beratungsfirma Towers Watson in einer Umfrage herausgefiltert. Da-nach steht für High Potentials vor der Anstellung das «Salär» nach dem «Er-werb neuer Fähigkeiten» an zweiter Stelle auf der Wunschliste, während es nach der Anstellung auf Platz 5 rutscht und die «Lohngerechtigkeit» nach vor-ne rückt. Die Schweizer Resultate der «Global Workforce Study 2010» von Towers Watson belegen auch, dass die Schweizer Arbeitskräfte überdurch-schnittlich loyal sind. 38 Prozent der befragten Arbeitnehmer haben keine Pläne, die Stelle zu wechseln, und 42 Prozent schauen sich nicht um, wür-de eine Offerte aber prüfen. Aktiv auf Jobsuche sind lediglich 8 Prozent und 5 Prozent haben konkrete Pläne, die Stel-le zu wechseln. Die Deutschen, Ame-rikaner und Engländer schneiden im Vergleich dazu deutlich schlechter ab.

Die Firmen sind aber auch gefor-dert. Viele achten noch zu wenig da-rauf, wie die Mitarbeiter an die Firma gebunden werden können. Gemäss Towers Watson sind Karrierechan-cen, Eigenverantwortung und Füh-rungsqualitäten des Managements die zuvorderst genannten Eigenschaften. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch das Firmenimage nicht nur in der Öf-fentlichkeit, sondern speziell auf dem Stellenmarkt. Ein KMU, das ein her-vorragendes Produkt verkauft, dem es bei den Mitarbeitern aber an Anse-hen mangelt, wird gerade in der ange-spannten Lage auf dem Stellenmarkt mehr Mühe bei der Rekrutierung be-kunden als Unternehmen wie Abacus (Morgenkaffee und Gipfeli am Ar-

Viele Unternehmen achten noch zu wenig darauf, wie die Mitarbeiter an die Firma gebunden

werden können

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Wir stellen mehrheitlich Leute an, die viel gereist sind, teilweise einen Quer-einsteigerkurs an einer Reisefach-schule absolviert, aber noch nie in der Branche gearbeitet haben», sagt sie. Zu diesem Zweck hat die Firma eine Newcomer-Schulung aufgebaut, denn es daure rund ein Jahr, bis eine neue Arbeitskraft im Verkauf voll einsatzfä-hig sei. Das Schulungszentrum befin-det sich in Olten, die Einführungskurse finden vier bis fünf Mal pro Jahr statt und dauern 10 bis 15 Tage. «Es dauert rund ein Jahr, bis ein Neuer oder eine neue Mitarbeiterin sattelfest ist», sagt Arnold. Das meiste aber lerne man oh-nehin «on the Job».

Viele KMU bieten ihren Mitarbei-tern Weiterbildungsmöglichkeiten – sofern es der Firma etwas bringt. Maag-CEO Thürig etwa sagt: «Es existiert kein Weiterbildungsprogramm, die Fir-ma unterstützt aber grundsätzlich Wei-terbildungen, wenn es im Interesse der Firma ist.» So wie Maag agieren viele KMU in Sachen Weiterbildung, wie eine schon etwas ältere Studie aus dem Jahr 2007 belegt (Best-Practice-Weiter-bildung in KMU). In dieser Umfrage wurden Unternehmen befragt, die in den letzten drei Jahren Weiterbildung betrieben hatten.

Resultat der Studie war, dass Weiterbil-dung in KMU oft erst reaktiv angeboten wurde, wenn dringender Handlungs-bedarf bestand. Dabei setzten die Un-ternehmen «stark auf die Eigenverant-wortung der Mitarbeiter und schauten dann pragmatisch, wie sich dies mit den Interessen der Firma» decke. Ein ganz entscheidender Faktor, so die Studie, sei das Prinzip des Learning by Doing. Dass etwa ein Mitarbeiter einen exter-nen Kurs besucht hat und darauf sein erworbenes Wissen im Betrieb an die Kollegen weitergebe. Fazit der Studie: «Weiterbildungsmassnahmen im Be-trieb sind eng mit dem Arbeitsplatz der Mitarbeitenden verbunden und setzen an den Anforderungen des Arbeitsab-laufs an.»

Am Befund der Studie hat sich seit 2007 nichts Grundlegendes geändert. Peter Petrin, Leiter des Schweizeri-schen Instituts für Betriebsökonomie (SIB), sagt ebenfalls, dass KMU bei den Weiterbildungsangeboten tendenziell pragmatisch und wenig strategisch vor-gehen. «Und wenn die Mitarbeiter mit einem Vorschlag kommen, liegt es am Chef, zuzustimmen oder abzulehnen», sagt Petrin. Er hat immerhin festge-stellt, dass die ganze Angebotspalette des SIB nachgefragt werde. >>

Weiterbildung in KMU wird oft nur reaktiv angeboten, wenn dringender Handlungsbedarf

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Nur wenige Arbeitnehmer sind auf dem AbsprungMotivation der Mitar-beiter 2007 2010

Hoch engagiert 2 3 2 9

Machen mit 5 0 4 7Wenig engagiert 2 3 1 8Auf dem Absprung 4 6Quelle: Towers Watson, 2010Die Resultate beruhen auf einer Umfrage bei 11 Orga-nisationen mit mehr als 19000 Arbeitskräften

Hohe Motivation der Schweizer Arbeitskräfte

Unterstützung für die externe Weiter-bildung kennen viele KMU, allerdings nicht bedingungslos. Abacus etwa gibt jährlich etwa 100 000 Franken dafür aus, verlangt aber, dass sich die Mitarbeiter zum Bleiben verpflichten, wobei diese Verpflichtung beitragsabhängig ist. Bei Ausbildungsbeiträgen bis zu 5000 Fran-ken muss man sich für 12 Monate, ab 5000 bis 15 000 Franken für 24 Monate verpflichten. Bei Abacus sind es rund zehn Prozent der Mitarbeiter, die sich jedes Jahr so weiterbilden. Ähnliches gilt für Globetrotter. Das Unternehmen fördert mit Beiträgen Führungsschu-lungen für neue Kader oder die Aus-bildung zum Tourismusfachmann oder -fachfrau für gewöhnliche Mitarbeiter.

Den Vorbildern zum Trotz. Manche KMU scheuen nach wie vor den Auf-

wand, die Umtriebe und die Kosten für die Weiterbildung der Mitarbeiter und vergeben sich so nicht nur Chancen im zunehmend härteren Wettbewerb, sondern auch in der Rekrutierung der besten Mitarbeiter. «Weiterbildung», so sagen HR-Spezialisten einhellig, «ge-hört zum strategischen Konzept einer Firma.» Sie muss im Einklang mit der Gesamtstrategie des Unternehmens stehen. Ziel der Weiterbildung sei es, so heisst es im KMU-Portal des Seco, die Mitarbeitenden fit für die nächsten Entwicklungsschritte zu machen, so dass sie ihren Beitrag zu den künftigen Unternehmenszielen leisten können.

Unverständlich ist deshalb, dass in einer Umfrage 36 Prozent der KMU angaben, ihr Betrieb sei für die Weiter-bildung zu klein, es bestehe ein zu ho-her Zeitdruck (17 Prozent) oder Wei-terbildung sei schlicht nicht notwendig (14 Prozent).

Dass Weiterbildung nicht nur für die Elite unter den Arbeitskräften ange-bracht ist, belegt das Beispiel von Zwei-fel Pomy-Chips AG, die in Spreitenbach AG rund 170 Mitarbeiter oft mit gerin-gem Qualifikationsniveau beschäftigt.

Weiterbildungsgründe für KMU:

Gründe Nennungen in Prozent

Erhöhung der Fachkompetenz 2 5 . 8

Einführung neuer Verfahren 1 7 . 4Technologischer Wandel 14.9Flexibilität 8.3Erhalt des Status Quo 8Imagepflege 7.1Weiterbildung günstiger als neue Mitarbeiter 6.2Sozialkompetenzen 6Belohnung der Mitarbeitertreue 4.1Andere Gründe 2.2

Quelle: KMU-Leitfaden für Weiterbildung

Fachliche Weiterbildung an oberster Stelle

Gründe, wieso KMU keine Weiterbildung anbieten

Gründe Nennungen in Prozent

Firma ist zu klein 3 6

Zeitmangel 1 7Weiterbildung nicht notwendig 14Zu hohe Kosten 12Neueinstellung von qualifizertem Personal 6Mangelnde Motivation des Personals 6Andere Gründe 5Weiterbildung gehört in die Freizeit 2Abwanderungsgefahr von qualifizier-tem Personal 2

Quelle: KMU-Leitfaden für Weiterbildung

Firma zu klein für Weiterbildung

Was ein Unternehmen attraktiv macht1. Rang Herausfordernde Arbeit

2. Rang Marktgerechte Entschädigung3. Rang Flexible Arbeitszeit4. Rang Reputation des Unternehmens5. Rang Passender Arbeitsort

Quelle: Towers Watson, 2010 Global Workforce Study, Results for Switzerland Untenehmensbefragung

Eine Arbeit, die fordert

Wie ein Unternehmen Abgänge vermeidet1. Rang Karrierechancen im Betrieb

2. Rang Eigenverantwortung und Aufga-bendelegation

3. Rang Führungsverhalten der Vorge-setzten

4. Rang Gesamtvergütung (Lohn und Incentives)

5. Rang Qualität der Leistungsbeurteilung

Quelle: Towers Watson, 2010 Untenehmensbefragung

Karrierechancen zuoberst auf der Liste

Dabei würden die mittelgrossen KMU den Hauptharst der Nachfrage ausma-chen.

«Wir bieten eine sehr realitätsnahe, praxisorientierte Ausbildung», sagt Pet-rin. Zum Beispiel besteht im Fach Marke-ting der Quali�kationsnachweis darin, ein Marketingkonzept für das eigene Unter-nehmen auszuarbeiten. Einige Nachdip-lomstudiengänge wie die Ausbildung zum Leiter Finanzen und Dienste sind spezi-�sch für KMU konzipiert. Vier Fün�el der Einsteiger in dieses Nachdiplomstudium haben schon eine Geschä�sleitungsposi-tion inne. Der Anstoss zur Weiterbildung geht zumeist von ihnen selbst aus. Rund zwei Drittel unter ihnen werden dabei vom Arbeitgeber unterstützt.

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Auch bei Zweifel steigen indessen die Anforderungen ans Personal. So heisst es in der dazu verfassten Case Study «Weiterbildung», dass die einfachen Arbeitsplätze aufgrund der laufenden Einführung neuer Technologien per-manent abnehmen. Zweifel organisierte in der Folge einen Kurs, der rund einem Dutzend Mitarbeitern ermöglichte, ers-te Erfahrungen mit Computern und anderen Informationstechnologien zu sammeln.

Was bei Zweifel im kleinen Stil prak-tiziert wird, ist beim Transportunter-nehmen Sieber in Berneck SG business as usual. «Wir sorgen Tag für Tag für unsere Mitarbeiter», sagt Michael Sie-ber, der als COO den technischen Be-reich leitet, während Bruder Christian als CEO den kommerziellen Bereich unter seinen Fittichen hat. Die Sieber Transport AG habe nicht nur moderne Fahrzeuge, sie pflege auch einen sozia-len Umgang mit den Mitarbeitern und biete mannigfache Weiterbildungsmög-

lichkeiten im eigenen Schulungszen-trum. «Wir machen das, um ein guter Arbeitgeber zu sein und die Mitarbeiter optimal auszubilden», sagt Michael Sie-ber, «wie auch um gute Leute anzuzie-hen.»

Sieber bietet Transportdienstleis-tungen «von China bis ins Schweizer Schlafzimmer». Mit 250 Fahrzeugen von 17 verschiedenen Standorten aus sorgen rund 500 Mitarbeiter dafür, dass etwa Ware aus China nach der Schweiz richtig verpackt, deklariert, verzollt und selbstredend spediert wird. Letztes Jahr haben die beiden Jungunternehmer, die die Leitung der Firma in zweiter Generation Anfang 2011 übernommen haben, eine neue Sparte aufgebaut. Die 110 Mitarbeiter von Sieber Solutions mit Sitz in Dietikon ZH liefern unter anderem Möbel in Privathaushalte und montieren sie dort auch gleich.

Sie wurden im Schulungszentrum in Widnau SG und an anderen Standor-ten auf ihre Aufgabe vorbereitet. «Wir

konnten die Mitarbeiter ja nicht un-vorbereitet auf die Kunden loslassen», sagt Michael Sieber. Sie mussten Pro-dukt- und Montagekenntnisse erwer-ben, ihr Verhalten und ihr Auftreten wurden geschult wie auch der Umgang mit den Fahrzeugen. Sieber bietet ne-ben Einführungskursen für die eigenen Leute (Chauffeure, Disponenten, Lage-risten) weitere Weiterbildungskurse an, die auch Auswärtigen offenstehen. Sie vermitteln eher technisches Knowhow (Ladungssicherung) oder sie dienen der Sicherheit im Strassenverkehr (Fit am Steuer) oder gar dem Umgang mit schwierigen Kunden. «Wir delegieren die Verantwortung für Verkehr und Umwelt nicht an unsere Mitarbeiter», sagt Sieber. Möchte sich ein Mitarbeiter mehr als nur technisch weiterbilden, so findet er auch in diesem Anliegen Sup-port bei den Siebers. Aber auch bei der St. Galler Transportfirma müssen die der-art Gebildeten nach der Weiterbildung noch eine geraume Weile ausharren.

Weiterbildung für Mitarbeiter: Fit für künftige Unternehmensziele

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EXPERTENWISSEN

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INHALT

Innovation als Glaube – Marketing als MustDie klassische Idee, ein Produkt passend zu den o� ensichtlichen Marktbedürfnissen zu entwickeln, muss nicht der einzige Weg zum Ziel sein. Einblicke in eine etwas andere Marketing-Strategie.Autor: Daniele Müller

Umweltschonend Kosten sparenUmweltgerechtes Verhalten wird auch im Arbeitsalltag zunehmend wichtiger. Unternehmen können dank ökologischen Produkten und mit kleinen Gewohn-heitsänderungen ihre Ökobilanz deutlich verbessern.Autor: Philippe Stuker

Nur der Wandel ist konstantUnternehmen sind gefordert, sich laufend weiterzuentwickeln. Matchentschei-dend ist, ob es gelingt, Veränderungen zu antizipieren und strategische Positionen zuerst zu besetzen.Autor: Pro. Dr. Gunther Kucza

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Trainingslager für den KopfMentales Training ist eine junge Disziplin, die hil� im Sport, auch im Breitensport, oder im Management und in der Schule Ziele zu erreichen. Resultat sind Erfolg, Zufriedenheit und eine gesunde Lebensführung.Autor: Urs Seiler

Kunden als MitvermarkterWas eine Business-Strategie wirklich taugt, entscheidet sich in den ‹Momenten der Wahrheit› an den Kontaktpunkten eines Unternehmens. Customer Touchpoint Ma-nagement heisst das neue Zauberwort.Autorin: Anne M. Schüller

Die fünf grössten InnovationsfallenWarum verlieren hochinnovative Unternehmen plötzlich den Anschluss an die Marktentwicklung? Warum werden aus ehemaligen Innovations- und Marktführern scheinbar über Nacht Sanierungsfälle?Autor: Jens-Uwe Meyer

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EXPERTENWISSEN

GREEN ICT SCHONT DIE UMWELT UND SPART KOSTEN

«GRÜNES BÜRO»

technologien, welche Energieeinspa-rungen im Rahmen von Hard- und Software oder auch Dienstleistungen ermöglichen. Weiter beinhaltet Green ICT auch einen optimierten Ressour-cenverbrauch während der Herstel-lung, des Betriebs und der Entsorgung der entsprechenden Geräte. Ökonomi-sches und ökologisches Bewusstsein müssen sich nicht ausschliessen. Die Möglichkeiten, im Geschäftsalltag, et-was für die Umwelt zu tun, sind viel-fältig und auch für kleine und mittlere Unternehmen lohnenswert. Bereits mit kleinen Änderungen lässt sich viel er-reichen, wobei auch noch das Budget geschont wird.

Den Verkehr reduzierenDie wohl einfachsten Möglichkeiten, Emissionen sowie Kosten mit Green ICT einzusparen, bieten sich im Be-reich Verkehr an. Beispielsweise ent-lastet der Einsatz von Telefon- und Videokonferenzen anstelle von Ge-schäftsreisen die Umwelt und ermög-licht zudem die standortunabhängige Zusammenarbeit. Für eine einfache Telefonkonferenz genügt bereits ein gewöhnlicher Telefonapparat. Wer sein Gegenüber trotzdem sehen möch-

Umweltgerechtes Verhalten wird auch im Arbeitsalltag zunehmend wichtiger. Unternehmen können dank ökologischen Produkten und

mit kleinen Gewohnheitsänderungen ihre Ökobilanz deutlich verbes-sern und dabei nicht nur Energie, sondern auch Kosten einsparen.

Autor: Jürg Pauli

Der Energiebedarf in der Schweiz steigt stetig. Gartner geht davon aus, dass gewerb-

liche Informations- und Kommuni-kationstechnologien für zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses ver-antwortlich sind. Damit belasten sie die Umwelt im gleichen Masse wie der weltweite Flugverkehr. Besonders die zahlreichen Endgeräte und ener-

gieintensiven Rechenzentren, welche es uns erlauben, das Internet immer und überall zu nutzen, tragen zu die-sem Resultat bei. Laut einer Studie von McKinsey besitzt die ICT-Branche je-doch das Potenzial, diese Emissionen weltweit um rund 15 Prozent zu sen-ken. Erreicht werden könnte dies mit dem Einsatz von sogenannter Green ICT. Unter den Begriff fallen alle In-formations- und Kommunikations-

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IT in Grün: Umweltbewusstes Verhalten zahlt sich aus

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te, kann Videokonferenzen einsetzen. Neuste Technologien ermöglichen vir-tuelle Meetings mit Live-Erlebnis in HD-Qualität.

Weiter hilft auch das Arbeiten von zu-hause aus, den Verkehr zu reduzieren und damit Kosten und CO2 zu sparen. Dank leistungsfähigen Laptops, Han-dys und vor allem dank den heutigen Breitbandnetzen kann heute praktisch

überall gearbeitet werden. Zusätzliche Dienste, wie der Remote Access Ser-vice (RAS), ermöglichen den Zugriff auf Firmendaten wie auch Applikatio-nen. Die Experten von McKinsey ge-hen davon aus, dass, wenn 20 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden teil-weise zuhause arbeiten würden, sich jährlich rund 140 000 Tonnen CO2 einsparen liessen. Dies entspricht der gleichen Wirkung wie 50 000 Autos weniger auf den Strassen. Anders ge-sagt: Ein Tag pro Woche im sogenann-ten «Home-Office» statt 20 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, bringt eine CO2–Ersparnis von 350 Kilogramm pro Jahr.

Auch mit einem effizienten Flotten-management können Unternehmen viel Gutes für die Umwelt tun und den

Verkehr reduzieren. Zum einen natür-lich, wenn der Weg zum Termin im Zug statt im Firmenauto zurückgelegt wird, zum anderen aber auch, wenn die eigene Firmenflotte verkleinert und durch Fahrzeuge mit sparsamen Motoren ersetzt wird.

34 BLICKPUNKT · MAI 2012

Was ist Green ICT?Unter dem Begriff werden grob gesagt alle Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) zusammengefasst, welche Energieein-sparungen im Rahmen von Hard- und Software oder auch Dienstleistungen ermöglichen. Weiter beinhaltet Green ICT auch einen optimierten Ressour-cenverbrauch während der Herstel-lung, des Betriebs und der Entsorgung entsprechender Geräte.

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Arbeiten ist heute praktisch

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wo sie dann fachgerecht entsorgt wer-den oder neu aufbereitet auf dem Occa-sionsmarkt weiterverkauft werden.

FazitGreen ICT umfasst einen schonen-den Umgang mit Ressourcen, virtuelle Mobilität für die Verminderung der Reisetätigkeit und den effizienten Be-trieb der Kommunikations- und IT-Infrastruktur. Damit zeigt sich, dass Unternehmen, egal welcher Grösse, viele Möglichkeiten offenstehen, um nachhaltig zu wirtschaften und dabei gleichzeitig Kosten zu sparen. Bereits kleine Änderungen bewirken oftmals mehr, als erwartet. Wie viel Einsparun-gen möglich sind, zeigen Green ICT Simulationstools auf, welche von vielen Anbietern auf ihren Webseiten bereit-gestellt werden. Mit der Eingabe einiger weniger Parameter wie zum Beispiel der Zahl von Standorten und Mitarbei-tenden lässt sich das Einsparpotenzial eines einzelnen Unternehmens rasch aufzeigen. Umweltverträgliches Verhal-ten freut schliesslich Kunden und Mit-arbeitende gleichermassen und trägt damit nicht zuletzt auch zum positiven Image der Firma bei.

Umweltbewusstes Verhalten im BüroGreen ICT Lösungen helfen aber auch mit, den Energieverbrauch zu reduzie-ren. Gerade durch umweltbewusstes Verhalten im Büro – wie beispielswei-se beim sparsamen Umgang mit Strom – kann einiges erreicht werden. Doku-mente können elektronisch bearbeitet und versendet statt ausgedruckt wer-den. Viel Einsparung bringt auch der

generelle Einsatz von Laptops anstelle der energieintensiven Desktops. Zu-dem kann auch mit Stromspar- oder LED-Lampen und dem konsequenten Ausschalten der Computer und ande-ren Bürogeräte bei Nichtgebrauch der Energieverbrauch gesenkt werden.

Eine weitere sinnvolle Überlegung ist, ob ein Unternehmer die gesamte Infrastruktur zwingend für sich selbst anschaffen muss oder ob bestimm-te Leistungen nicht besser gemietet, sprich «gehostet» werden sollten. Daten können bei einem externen Partner hinterlegt werden – der Ser-ver steht dann nicht in den eigenen Räumlichkeiten. Ein Beispiel dazu: Ein Kunde verbraucht im Schnitt rund 130 Megawattstunden pro Jahr für sein eigenes Rechenzentrum. Dies entspricht rund 770 Tonnen CO2–Aus-stoss pro Jahr. Durch die Auslagerung des Servers könnte der Kunde seinen Stromverbrauch um über 40 Prozent reduzieren. Stünde der Server in ei-nem Rechenzentrum mit effizienter Grundinfrastruktur und 100 Prozent erneuerbarer Energie, liesse sich der Stromverbrauch sogar um weitere 20 Prozent senken. Entscheiden sich vie-le Unternehmen, ihre Infrastruktur an

einen externen Dienstleister auszula-gern und damit die Server noch besser auszulasten, würde sich dies wiederum noch einmal positiv auf die Umweltbi-lanz auswirken.

Ökologische ProdukteAuch bei der Wahl von Verbrauchsma-terial, wie beispielsweise dem Papier, kann wertvolle Energie und auch Geld eingespart werden. Heutiges Recyc-lingpapier eignet sich ohne Weiteres für den Gebrauch mit Druckern und Kopierern, ist dabei aber 20 Prozent günstiger als weisses. Dazu kommt, dass es bei der Herstellung drei Mal weniger Energie und 20 Mal weniger Wasser benötigt. Durch das doppel-seitige Bedrucken von Papier oder den Gebrauch der Rückseite als Notizpapier lassen sich zusätzlich Kosten sparen und die Umwelt schonen. Verschiedene Firmen bieten eine weitere Papierspar-Möglichkeit: Kunden können auf die papierlose eRechnung umsteigen. Die Rechnung wird dabei Ende des Monats per PDF an eine E-Mail-Adresse nach Wahl geschickt und kann elektronisch jederzeit aufgerufen werden.

Die Wahl der Endgeräte wie Festnetz – oder Mobiltelefone bergen ebenfalls Potenzial für den Umweltschutz. An-bieter haben vermehrt Geräte im Sor-timent, die sich durch einen sparsamen Betrieb auszeichnen, wie zum Beispiel Solarhandys oder sogenannte Ecomo-de-plus-Schnurlostelefone. Diese kön-nen den bisherigen Stromverbrauch sogar halbieren. Eine ökologisch inter-essante Möglichkeit ist es deshalb, sich für Produkte zu entscheiden, welche bei der Herstellung und dem Betrieb möglichst schonend mit Ressourcen umgehen. Nicht nur die Gerätewahl, auch die umweltgerechte Entsorgung der ausgedienten Telefone hilft mit, zur Umwelt Sorge zu tragen. Obwohl vie-lerorts Geräte kostenlos zurückgegeben werden können, finden noch nicht wie-der alle den Weg zurück in den Laden,

Wie kann ich im Geschäftsalltag etwas für die Umwelt tun?• Verkehr reduzieren durch Telefon- oder Videokonferenzen und Heimarbeit.• Umweltschonende Fahrzeugfl otte sowie effi zientes Flottenmanagement aufbauen. • Energie sparen durch Einsatz von Lap-tops und Stromspar- oder LED-Lampen.• Auslagerung des eignen Servers: Höhere Energieeffi zienz dank optimaler Auslastung.• Verringern des Papierverbrauchs und verbessern der Ökobilanz dank Redukti-on des Verarbeitungsaufwands.Wahl für ökologische Produkte wie Recyclingpapier und strom- und res-sourcensparende Endgeräte.

Zum AutorJürg Pauli ist Leiter Produktentwick-lungen bei Swisscom (Schweiz) AG und dort zuständig für den Geschäfts-bereich KMU. www.swisscom.ch

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Schweizer Markenkongress 2012

14. Juni 2012 The Dolder Grand Zürich

VeranstalterPremiumpartner

marken-kongress.ch

Parallele Foren

→ Nachhaltigkeit glaubwürdig dargestellt→ Mensch & Marke – Strategische Markenführung→ Rechtslage – Wann darf Swissness als Co-Brand gebraucht werden? → Brandportfolio: Kosten sparen und Wert steigern→ Social Media der 3. Generation – Fallbeispiele

→ Wie tickt meine Zielgruppe und über welche Medien erreiche ich sie?→ Apps für Tablets in Branding, Sales und Marketing → KMU Markenführung: Mit Swissness im Ausland bestehen→ Im Dialog mit dem Kunden. Direkt. Innovativ. Nachhaltig.→ Die Strategie als Schlüssel zu einer erfolgreichen Marken-Kampagne

Programm Hauptbühne

Markenführung im 21. Jahrhundert – Fehler und ChancenProf. Dr. Torsten Tomczak, Direktor Forschungsstelle für Customer Insight der Universität St.Gallen

Der Innocent-Markenerfolg: Geschichte – Werte – EngagementFranz Bruckner, Geschäftsführer innocent Alps GmbH D, A, CH und Head of European Marketing

Podiumsdiskussion: StrategienvonNGO’sundderUmgangmitSocialMediaAngriffen. Beispiele Solidar/Nespresso und MammutChristian Engeli, Leiter Kommunikation Solidar Suisse

Daniel Krieg, Inhaber Werbeagentur KSB und Vorreiter für nachhaltige Kommunikation

Christian Gisi, Head of Marketing Communications Mammut Sports Group AG

BRANDS of 2020 – «Concept Brands» will beat «Product Brands»Jan Rijkenberg, CEO/founder BSUR Group with offices in Amsterdam and Shanghai

Fact-BasedMarketing:WarummanmitMarktforschungerfolgreichersein muss als ohne…Prof. Dr. Hans-Willi Schroiff, Corporate Vice President Global Market Research, Henkel AG & Co. KgaA

SEAT&ChristinaSurer:«Dasistautoemociónpur!»Christina Surer im Gespräch mit Hans-Willy Brockes über ihr Engagement als SEAT-Testimonial und

die Wechselwirkungen von Testimonials und Marken.

BELDONA:DieModernisierungeinerSchweizerTraditionsmarkeSabina Furler, Geschäftsführerin und CEO BELDONA AG

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EXPERTENWISSEN

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SCHON HEUTE AN MORGEN DENKEN

UNTERNEHMENSENT WICKLUNG

Unternehmen sind gefordert, sich laufend weiterzuentwickeln. Entscheidend ist, ob es gelingt, Veränderungen zu antizipieren und

strategische Positionen zuerst zu besetzen. Der Schlüssel zum Erfolg ist eine gezielte Unternehmensentwicklung.

Weiterentwicklung: Die Welt wandelt sich immer schneller

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Um in einem unsteten Umfeld die Un-ternehmensentwicklung möglichst kon-trolliert und zielgerichtet sicherstellen zu können, muss das operative Tagesge-schäft jedoch auch in einem KMU sinn-voll mit einer umsichtigen Strategie-arbeit ergänzt werden. Es geht darum, Chancen und Gefahren im Unterneh-mensumfeld sowie eigene Stärken und Schwächen zu kennen. Darauf aufbau-end können verbindliche Zielsetzungen und zweckmässige Strategien definiert werden, die dann durchgängig und konsistent im Unternehmen umgesetzt werden sollen. Dies ist insbesondere in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Si-tuation von grosser Bedeutung. Wie die aktuelle Studie «KMU-Strategiebarome-ter» (siehe Kasten Download-Tipp) der ZHAW School of Management and Law zeigt, beschäftigen ein zunehmender Rentabilitätsdruck und die Gewinnung qualifizierter Arbeitskräfte rund 90 Pro-zent der Unternehmen. Jeder Betrieb muss auf diese Herausforderung unter-nehmensspezifische Antworten finden.

Studie weist auf positive E� ekte hinAuf Basis der Daten von 323 teilneh-menden Unternehmen zeigt der KMU-Strategiebarometer, dass Firmen, die der Strategiearbeit eine hohe Bedeu-tung zumessen, bezüglich Umsatz- und

Autor: Prof. Dr. Gunther Kucza

Die Aussage des Management-Gurus Peter Drucker: «Das Gestern zu verteidigen ist ris-

kanter, als das Morgen zu schaffen.» hat sich für viele Unternehmen im Zuge der Finanz- und Wirtschafts-krise schmerzlich bewahrheitet. Geschäftsmodelle müssen in Frage gestellt werden, Kontinuität und Be-rechenbarkeit gehen verloren. Die be-schleunigte Marktdynamik erfordert Wachheit, Offenheit sowie die Ent-schlossenheit, neue Wege zu gehen. Eine professionelle Unternehmens-entwicklung kann hier eine entschei-dende Lotsenfunktion übernehmen. So bauen Konzerne seit längerer Zeit im Bereich der organisatorisch ver-ankerten Unternehmensentwicklung systematisch Ressourcen und Kom-petenzen auf. Beim Zementgiganten Holcim übernimmt diese Funktion beispielsweise die Abteilung «Corpo-rate Strategy & Risk Management». Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung ist sie direkt dem CEO unterstellt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Schweiz wird Unter-nehmensentwicklung hingegen oft weniger systematisch betrieben und es besteht Nachholbedarf. Kritische Fak-toren sind vor allem Wissensdefizite und fehlende personelle Ressourcen.

Gewinnwachstum sowie Kapitalrendite systematisch höhere Werte erzielen. In dem von Unsicherheit geprägten Wirt-schaftsumfeld der letzten Jahre haben die regelmässige Analyse des Marktum-feldes sowie die systematische Prüfung und Beurteilung der eigenen Fähigkei-ten und Ressourcen in der Wahrneh-mung der Studienteilnehmer an Bedeu-tung gewonnen. Ebenfalls gestiegen ist die Relevanz von Entwicklung und Be-wertung möglicher strategischer Hand-lungsoptionen in der Strategiearbeit.

Wie erfolgsrelevant Unterneh-mensentwicklung sein kann, zeigt das aktuelle Beispiel des im Zürcher Un-terland ansässigen mittelständischen IT-Dienstleisters Data Logistix AG. Auf Basis einer umfassenden Analyse des Unternehmens durch das Manage-ment konnte sich der IT-Dienstleister erfolgreich neu positionieren. Durch die Bündelung der intern vorhande-nen Kenntnisse in den Bereichen Data-Warehousing und Business Intelligence in Kombination mit dem Wissen syste-matischer Unternehmensentwicklung war es möglich, ein ganzheitliches Dienstleistungsangebot mit besonders hohem Kundennutzen zu entwickeln. Die deutlich gesteigerte Profitabilität des Unternehmens zeigt, wie gut das Angebot von den Kunden >>

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40 BLICKPUNKT · MAI 2012 BLICKPUNKT · MAI 2012 4140 BLICKPUNKT · MAI 2012

EXPERTENWISSEN

(Um-)Gestalten des Unternehmens. Dabei geht es um Unternehmensent-wicklung auf der Ebene des Individu-ums. Mittels Überzeugungskraft muss es gelingen, die gewünschte Verhal-tensänderung bei allen Betroffenen herbeizuführen, denn nur so werden Strategien in konkretes Handeln um-gesetzt.

Unternehmensentwicklung braucht daher kontinuierliches und professio-nelles Arbeiten auf den Ebenen Um-welt, Organisation und Mensch. Die durchgeführte Studie liefert deutliche Hinweise darauf, dass sich Investitio-nen in eine Professionalisierung der Unternehmensentwicklung für KMU auszahlen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens erhöhen. KMU können hier von den Erfahrungen der Grossunternehmen profitieren. Aufgrund ressourcenbedingter Ein-schränkungen wird es jedoch für viele KMU auch in Zukunft schwierig sein, eine professionelle Strategieabteilung im Unternehmen aufzubauen. In die-sem Fall sollte es Ziel der Unterneh-mensleitung sein, ein interdiszi-plinä-res «Strategieteam» zu bilden, das mit regelmässigen «Audits» zur Professi-onalisierung der Unternehmensent-wicklung beiträgt.

Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald Sorgen haben.“ Diese schlichte und doch zeitlose Erkennt-nis hatte bereits der chinesische Phi-losoph und Gelehrte Konfuzius. Was bereits damals galt ist für Unterneh-men heute aktueller denn: Erfolg ha-ben jene, denen es gelingt, interessante Marktpositionen vor ihren Konkur-renten zu besetzen. Wer sich einen Wettbewerbsvorsprung sichern, die Rentabilität verbessern und das lang-fristige Gedeihen des Unternehmens garantieren will, stellt diese Arbeiten lieber heute als morgen in den unter-nehmerischen Fokus.

aufgenommen wird. Der Unterneh-mensgründer und Geschäftsführer Ri-chard Müller bringt sein Erfolgsrezept wie folgt auf den Punkt: «Die in KMU vorherrschende schlanke Organisati-onsstruktur ist eine grosse Chance für schnelle Unternehmensanpassungen in dynamischen Märkten. Diesen Vor-teil gegenüber grossen Mitbewerbern nutzen wir konsequent und können uns so in einem hart umkämpften Markt behaupten. Dank der aktiven Weiterentwicklung des Unternehmens ist es uns möglich, in Lücken vorzu-stossen, die der Massenmarkt noch nicht im Fokus hat.» Die Geschäfts-leitung führt mittlerweile regelmässig Unternehmensentwicklungs-Reviews durch.

«Der beste Weg, die Zukunft vor-auszusagen, ist, sie zu gestalten». Das Zitat des ehemaligen deutschen Bun-deskanzlers Willy Brandt könnte die Maxime für erfolgreiche Unterneh-mensentwicklung sein. Damit eine proaktive Zukunftsgestaltung gelingt, sind die drei Ebenen Umwelt, Organi-sation und Mensch zu berücksichtigen.

UmweltDurch Strategisches Management die Umwelt verstehen und antizipieren: Die erwähnte Befragung von Schwei-zer KMU hat gezeigt, dass der Ent-wicklung und Bewertung strategischer Handlungsoptionen in jüngster Zeit mehr Gewicht gegeben wird. In einem Strategieprozess ist es entscheidend, abschätzen zu können, wie sich die Umwelt mit ihren Anspruchsgruppen

(Gesellschaft, Kunden, Staat etc.) ent-wickeln wird. Unternehmer, die in Op-tionen denken und die Zukunft richtig antizipieren, können entscheidende Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten erzielen. Es gilt, vielver-sprechende Marktpositionen zuerst zu erkennen und diese in einem weiteren Schritt gleich selbst zu besetzen.

OrganisationDurch Change Management die Or-ganisation auf die Nutzung von Chan-cen ausrichten: Um vielversprechende Marktchancen rasch und erfolgreich zu nutzen, müssen die Ziele, Ressour-cen, Aktivitäten, Fähigkeiten und Mo-tivationsstrukturen konsequent auf dieses Vorhaben ausgerichtet werden. Ein bewusstes Change Management auf allen Ebenen hilft dabei den dafür notwendigen Wandel zu realisieren, Zeit und Kosten zu sparen sowie die Ertragskraft zu sichern.

MenschDurch Leadership Menschen für die Zukunft motivieren: Leadership wird häufig mit Management gleichgesetzt. Dieses Verständnis greift jedoch zu kurz. Während der Managementbe-griff in erster Linie auf das Handeln innerhalb des Unternehmens abzielt, konzentriert sich Leadership auf das

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Zum AutorProf. Dr. Gunther Kucza ist Dozent am Zentrum für Strategie und Operations (ZSO) an der ZHAW School of Manage-ment and Law in Winterthur. Er leitet den CAS Unternehmensentwicklung, ein Weiterbildungslehrgang, bei dem die Aspekte Leadership, Change Management und Strategisches Ma-nagement vertieft behandelt werden. Weitere Informationen unter: www.zso.zhaw.ch/unternehmensentwicklung

Download-TippDer KMU-Strategiebarometer als PDF zum Download unter: www.navigator.sml.zhaw.ch>Publikationen

Leadership einfach mit Manage-ment gleichzusetzen,

greift eindeutig zu kurz

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EXPERTENWISSEN

42 BLICKPUNKT · MAI 2012 BLICKPUNKT · MAI 2012 43

KUNDEN ALS MITVERMARKTER

CUSTOMER TOUCHPOINT MANAGEMENT

Was eine Business-Strategie wirklich taugt, entscheidet sich in den ‹Momenten der Wahrheit› an den Kontaktpunkten eines Unterneh-

mens. Customer Touchpoint Management heisst das neue Zauberwort.

Direkter Kundenkontakt: Gold wert für jedes Unternehmen

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Autorin: Anne M.. Schüller

Unter Customer Touchpoint Management (Kundenkontakt-punkt-Management) versteht

man die Koordination aller unterneh-merischen Massnahmen dergestalt, dass den Kunden an jedem Interaktionspunkt eine herausragende wie auch verlässli-che und vertrauenswürdige Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozessef-fizienz aus den Augen zu verlieren.

Ein wesentliches Ziel ist das ste-te Optimieren der Kundenerlebnisse (Customer Experiences) an den ein-zelnen Kontaktpunkten, um bestehen-de Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlungen hoch-wertiges Neugeschäft zu erhalten. Dazu heisst es, dem Kunden Enttäu-schungen zu ersparen und über den Zufriedenheitsstatus hinaus Momente der Begeisterung zu verschaffen.

Hierzu wird untersucht, was die Kunden erwarten, welche Leistungen sie auf welche Weise erhalten und wie ihre Reaktion darauf ist. Dabei können neue Touchpoints gefunden, bestehende optimiert und veraltete über Bord ge-worfen werden. Chancenlücken können entdeckt und besetzt werden. Am Ende gelangt man zu einer Priorisierung der einflussreichsten Berührungspunkte, zu ihrem verbesserten Zusammenspiel und zu einer Optimierung ihrer Wir-kungsweise. Alles wird hierbei aus der Aussensicht heraus betrachtet – und auf Kundenrelevanz überprüft.

Was sind Customer Touchpoints?Grundsätzlich entstehen Customer Touchpoints, also Kundenkontakt-punkte, überall da, wo ein (potenziel-ler) Kunde mit einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern beziehungs-weise seinen Produkten, Dienstleistun-gen oder Marken in Berührung kommt, sei es vor, während oder nach einer Transaktion. Dies kann entweder• in direkter Form (Verkäuferbesuch,

Newsletter, Anzeige, Website, Verpa-ckung, Messestand, Hotline, Rech-nung, Reklamation etc.) oder

• in indirekter Form (Meinungsportal, User-Forum, Testbericht, Blog, Pres-seartikel, Mundpropaganda, Tweet, Weiterempfehlung etc.)

geschehen. An jedem Touchpoint kön-nen positive wie auch negative Erlebnis-se passieren, die eine Kundenbeziehung stärken oder zermürben beziehungswei-se eine Marke kräftigen oder bröckeln lassen. Jedes Detail kann dabei Zünglein an der Waage sein. Und oft sind es Klei-nigkeiten, die schliesslich grosse Katast-rophen bewirken.

Jedes Detail zähltWie war das Leben leicht, als es nur ein paar wenige Touchpoints gab: klas-sische Werbung (Anzeigen, TV- und Radiospots, Plakate) und dialogische Interaktion (telefonisch, persönlich, schriftlich). Heute sind die Touch-points dort, wo die Kunden ihre Zeit verbringen: im Zickzack zwischen physischer und virtueller Welt, ‹so-cial› und ‹mobile› vernetzt. All diese Touchpoints so virtuos zu verknüpfen, dass Transaktionen für kaufwillige Kunden immer wieder begehrenswert sind und positive Mundpropaganda bewirken, das wird nun die grosse He-rausforderung sein.

Dabei kann ein einziges negatives Ereignis an einem für den Kunden wichtigen Berührungspunkt zum so-fortigen Abbruch der Geschäftsbezie-hung führen – und darüber hinaus zu ruf- und umsatzschädigender Mund-propaganda. Damit dies nicht pas-siert, muss die Summe der positiven Erfahrungen bei weitem überwiegen. Manche Berührungspunkte sind dabei kritischer als andere. So spielen zum Beispiel der erste und der letzte Ein-druck oft eine derart wichtige Rolle, dass dies alles andere zunichtemacht.

Insgesamt geht es darum, solche In-teraktionspunkte in den Vordergrund zu rücken, die ein markentypisches Erlebnis schaffen und zu einer rentab-len Kaufentscheidung beitragen. Fer-ner gilt es, jene Berührungspunkte zu favorisieren, die Kundenloyalität und Empfehlungsbereitschaft am nachhal-tigsten stärken. Bei alldem kooperiert man mit den Kunden, beobachtet und befragt sie regelmässig und bindet sie aktiv in die Abläufe ein. Man macht sie also zu Mitwissern und Mitgestal-tern.

Der Prozess des Customer Touchpoint ManagementsDer Prozess des Customer Touchpoint Managements kann hier nur kurz ange-rissen werden. Er besteht aus vier Etap-pen mit je zwei Teilschritten:1. Die Ist-Analyse. Sie besteht aus fol-genden Teilschritten: a) das Erfassen der kundenrelevanten

Kontaktpunkte b) das Dokumentieren der Ist-Situati-

on aus Kundensicht2. Die Soll-Strategie. Sie besteht aus fol-genden Teilschritten: a) das Definieren der optimalen Soll-

Situation aus Kundensicht b) das Finden passender(er) Vorge-

hensweisen3. Die operative Umsetzung. Sie besteht aus folgenden Teilschritten: a) die Planung erforderlicher Mass-

nahmen, die zur Soll-Situation führen b) die Umsetzung eines passenden

Massnahmen-Mixes4. Das Monitoring. Es besteht aus fol-genden Teilschritten: a) das touchpointspezifische Messen

der Ergebnisse b) die kundenrelevante Optimierung

der ProzesseDieses Tool kann als Ganzes wie auch punktuell eingesetzt werden. Sogenann-te ‹Quick-wins›, also schnelle Ergebnis-se, sollten dabei im Vordergrund stehen. Denn die Kunden von heute warten nicht lange, bis die Unternehmen endlich voll durchgeplant in die Pötte kommen. Bei der kleinsten Unzufriedenheit sind sie auf und davon. Und im Web erzählen sie der ganzen Welt, warum das so ist.

Zwischen Enttäuschung und hehrer BegeisterungBei der Betrachtung einzelner Touch-points werden in gängigen Prozessen gern die folgenden Bewertungsstufen verwendet: negativ, neutral, positiv. Die ganze Emotionalität, die einen Kunden befallen kann und meist auch befällt, wenn er ein Produkt ersteht oder eine Dienstleistung nutzt, kommt dabei al-lerdings reichlich zu kurz.

Denn inzwischen ist hinlänglich be-kannt: Jede Erfahrung, die ein Mensch macht, wird von unserem Oberstübchen

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44 BLICKPUNKT · MAI 201244 BLICKPUNKT · MAI 201244 BLICKPUNKT · MAI 2012

EXPERTENWISSEN

Hierzu werden zunächst die Ist- und die Soll-Situation skizziert, dann der To-do-Plan (wer macht was mit wem ab/bis wann mit welchem Budget) erstellt und schliess-lich ein Messinstrumentarium wie auch das weitere Vorgehen festgelegt5. Übertragung des Konzepts auf eine Mus-tervorlage6. Bestimmung eines Sprechers bezie-hungsweise Präsentators7. Absprache über die Art und Weise der PräsentationZwecks Vorstellung im Plenum sollte das erarbeitete Konzept auf eine Mustervor-lage übertragen werden, damit eine form-vollendete Visualisierung möglich ist und nichts vergessen wird. In einem Ideenspei-cher werden die Ideen gesammelt, die zwar auch vielversprechend waren, aber diesmal nicht weiter verfolgt worden sind.

Am Ende der Arbeitsgruppen-Phase sollte es eine längere Pause geben, auch als Puf-fer für die, die noch emsig bei der Arbeit sind. Ebenso können die Gruppensprecher in dieser Zeit eine kleine Generalprobe ma-chen. Danach werden die einzelnen Kon-zepte vorgestellt, diskutiert und verabschie-det - und dann zügig unter Einhaltung der festgelegten Zeitlinien umgesetzt.

emotional markiert und so im zerebralen Erfahrungsspeicher abgelegt. Als ‹like› oder ‹dislike› wird sie dem Umfeld dann schliesslich – o� ine wie auch online – bekanntgegeben. Und dies führt dann zu einem Kauf oder Nichtkauf beziehungs-weise zu einem Zu- oder Abraten.

Um diese Emotionalität sichtbar zu machen, favorisiere ich eine Vorgehens-weise, bei der jeder Interaktionspunkt auf seine Enttäuschungs-, OK- und Be-geisterungsfaktoren hin analysiert wird. Diese Methode habe ich in Anlehnung an das Kano-Modell des japanischen Universitätsprofessors Noriaki Kano weiterentwickelt. Dabei können Enttäu-

schungs-, OK- und Begeisterungsfak-toren mithilfe geeigneter Kundenbefra-gungen für jeden Touchpoint ermittelt werden. Oder sie werden durch die eige-nen Mitarbeiter im Rahmen von Work-shops identi� ziert und sodann optimiert.

Die Einstimmung einer Touchpoint-ArbeitsgruppeIn Touchpoint-Workshops lasse ich nach einer Einführung ins � ema, die Teilneh-mer zunächst in Kleingruppen an folgen-den Punkten arbeiten:

• Wenn ich selber Kunde bin, was ist mir dann besonders wichtig?

• Wenn ich selber Kunde bin, was ärgert mich und stösst mich ab?

• Was erzählen unsere Kunden im Guten wie im Schlechten über uns? Und wo-nach haben sie in letzter Zeit ö� er ge-fragt?

• Was dürfen wir keinesfalls tun, weil es unsere Kunden vergrault und vertreibt?

• Was sind die Minimumerwartungen unserer Kunden, also solche, die immer erfüllt werden müssen?

• Was könnte unsere Kunden begeistern, weil es ihre Erwartungen übertri� ?

• Was habe ich als Mitarbeiter/in davon, wenn ich Kunden begeistere? Was hat das Team davon, wenn wir das alle ge-meinsam tun? Und die Firma?

• «Kill a stupid rule!» Von welchen blöd-sinnigen Standards und Normen und von welchem administrativen Schwach-sinn sollten wir uns schnellstmöglich trennen?

• Was ist die absolut verrückteste Idee, die uns zum � ema Kundenbegeistern und Mundpropaganda-Machen in den Sinn kommt?

Die letzte Frage muss unbedingt exakt so gestellt werden, weil sonst erfahrungsge-mäss meist nur Allerweltslösungen vorge-schlagen werden. Doch in den Extremen stecken die grössten Innovations-Chancen. Durchschnittsideen hingegen erzeugen al-lerhöchstens Mittelmass. Und Mittelmass ist bekanntlich vom Aussterben bedroht.

Die Arbeit an einzelnen TouchpointsBei der Aufgabenstellung als solcher geht es um ein konkretes Konzept, das im De-tail so ausgearbeitet werden soll, dass es idealerweise sofort umsetzbar ist. Auf diese Weise werden die Teilnehmer systematisch an unternehmerisches Denken herange-führt. Dazu erhalten sie mindestens zwei Stunden Zeit. Diese Zeit wird am besten so strukturiert:1. Brainstorming-Prozess zur Ideen� n-dung mithilfe einer passenden Kreativi-tätstechnik2. Evaluierung der Ideen, Diskussion und Bereicherung3. Auswahl der favorisierten Idee durch ein passendes Verfahren4. Erarbeitung des konkreten Konzepts:

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Zur AutorinAnne M. Schüller ist Keynote-Speaker, Buchautorin und Management-Consultant. Über 20 Jahre hatte sie leitende Vertriebs- und Marketingpo-sitionen in internationalen Dienstleis-tungsunternehmen inne und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Managementbuch.de zählt sie zu den wichtigen Management-Denkern.Zum Touchpoint Management hält sie Vorträge und Workshops. www.anneschueller.com

Der Wert einer Strategie zeigt sich im

Kundenkontakt

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TRAININGSLAGER FÜR DEN KOPF

MENTALE FITNESS

Mentales Training ist eine junge Disziplin, die hilft im Sport, auch im Breitensport, oder im Management und in der Schule, Ziele zu erreichen.

Resultat sind Erfolg, Zufriedenheit und eine gesunde Lebensführung.

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Kopfsache: Erfolg als Frage der Einstellung unsere Entscheidungen, emotional und grösstenteils unbewusst ab. Alle grossen Marken der Welt befassen sich heute in ihren Marketingabteilungen mit dem Thema, wie diese unbewussten Emotio-nen ihrer Kunden gewinnbringend ein-gesetzt werden können.Unser Gehirn nimmt pro Sekunde etwa 11 Millionen Bits auf. Davon kann es aber nur etwas 20 bis 40 Bits bewusst machen. Das bedeutet, der ganze grosse Rest, also 10 000 060 Bits, sind unbewusste Wahr-nehmungen und Entscheidungen, solche, die sich unserem Bewusstsein vorerst ent-ziehen (Quelle: Prof. Hans-Georg Häu-sel, Emotional Boosting). Einige davon bewusst zu machen bedeutet denken: in Prüfungen, in Au� ragswettbewerben (Pit-ches), beim Motivieren im Sport. Denken aber ist der schlimmste Zustand, zusam-men mit einer Scheidung oder einer nicht bestandenen Prüfung, der uns passieren kann. Der physiologische Grund: Unser Gehirn macht zwar nur zwei Prozent un-serer Körpermasse aus. Es verbraucht aber beim Denken 20 Prozent unserer Energie. Für diesen Zustand hat unser Gehirn einen

Namen: Stress. Denken ist harte Arbeit. Deshalb trachten wir mit allen Mitteln da-nach, den Zustand des Denkens oder von Veränderungen zu vermeiden: Jetzt habe ich keine Zeit, lieber morgen, wenn ich ausgeruht bin. Dazu fehlen mir die Vor-aussetzungen. Das haben wir doch immer so gemacht. Das ist mir zu schwierig, da bin ich nicht kompetent. Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Jetzt zuerst ei-nen Ka� ee.

Und so motivieren Sie sich: Schreiben Sie auf die Rückseite Ihres Tagesplans drei ganz gewöhnliche Dinge auf, auf die Sie sich im Moment freuen. Das ist Ihr emotionaler Lautsprecher (Verstär-ker). Denken Sie nicht weit, einfach das, was Ihnen spontan durch den Kopf geht. Etwa die Vorfreude auf den Kauf eines

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Alles, was wir denken, hat die Tendenz, Realität zu werden. Das ist der Grund, weshalb die vielgehörte Redewendung von «positivem Denken» kein Klischee ist, sondern die berühmte selbsterfüllen-de Prophezeiung auslösen kann. Voraus-setzung ist wie gesagt: Ziele, Vorsätze, Prinzipien (Glaubenssätze) trainieren, trainieren, trainieren. Mentale Fitness ist Trainingslager für den Kopf.

Motivation: Yes I canMotivations-Training im Sport, im Ma-nagement und in der Schule ist keine psy-chologische Disziplin nach der überholten Scharfmacher-Methode etwa des Tour-de-France-Rennfahrers Jan Ullrich, der seine Leistung anzukurbeln versuchte mit Motiven wie dem berühmten «quäl’ dich, du Sau». Mentales Training ist immer eine Kombination einer primären Wissenscha� wie Management, Marketing, Kommuni-kation, Verkaufen oder Sport, verbunden mit praktischem Training. Motivation kann nicht von altbekannten Einpeitscher-Methoden wie Aufrüttelung, Drohung, Strafe oder Bussen leben, weil es keine

positive Zielsetzung mit einer nach vor-ne zeigenden Richtung scha� – und weil Menschen diese Art der Aufrüttelung nicht mehr glauben.

Warum müssen wir unseren Gedan-ken überhaupt eine Richtung geben re-spektive uns motivieren, zur Arbeit zu gehen, Sport zu treiben oder zu lernen? Es hat einen einfachen, in der mensch-lichen Natur liegenden Grund. Wie die moderne Neurologie gezeigt hat, läuft die massive grösste Zahl unserer Ent-scheidungen, anders als wir das land-läufig vermuten und die Geisteswissen-schaft lange postulierte, nicht bewusst, sondern grösstenteils unbewusst ab. Das ist mit ein Grund, weshalb der bewusst entscheidende Kunde eine reine Fikti-on ist. Auch Kaufprozesse laufen, wie

Autor: Urs Seiler

«I never skate where the puck is but whe-re it’s going to be». Eishockey-Star Wayne Gretzky.

Für den Nicht-Eingeweihten können Motive wie das von Wayne Gretzky leicht als Schönreden des eigenen Erfolgs ab-getan werden. Das ist es nicht. Es ist die Einstellung und das Resultat einer inne-ren Überzeugung, die immer und immer wieder trainiert wird. Gerade Sportler planen ihren Erfolg minutiös und unab-lässig. Mental.

Was Sportler wie Wayne Gretzky tun ist ein mentales Antizipieren einer Si-tuation, das Scha� en von Szenarien, verbunden mit dem darauf folgenden Eintrainieren von solchen Situationen. Das entsprechende Verhalten ist gerade für unsere Dienstleistungsgesellscha� fruchtbar, weil ihr Kernprodukt «Ideen» sind, die ihren Ursprung in der Vorstel-

lungskra� unseres Geistes haben – und dann in deren konsequenten Umsetzung.

Ein möglicher Weg dazu ist: Setzen Sie sich ein gesundheitliches, familiäres oder beru� iches Ziel und formulieren Sie drei bis vier Etappen auf dem Weg dahin. Jetzt schreiben Sie diese Etappen und das Ziel auf einen Zettel. Oder besser, erzählen Sie Ihren Plan einer Freundin, Ihrer Familie (also Ihren Kundinnen und Kunden) oder sich selbst. Wiederholen Sie den Vorgang. Die Wahrscheinlich-keit, dass Sie Ihr Ziel erreichen, steigt nur schon dank dem mentalen Repetie-ren Ihrer Ziele überproportional. Wis-senscha� ler haben herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Ziel zu errei-chen, sogar wenn wir es einem Laternen-pfahl erzählen, um 80 Prozent zunimmt.

Der Grossteil unserer Entscheidungen

läuft unbewusst ab

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EXPERTENWISSEN

neuen iPods (Achtung Belohnung!). Formulieren Sie dann einige Prinzipi-en auf einen Spickzettel, mit denen Sie ihr Ziel anstreben und erreichen wie: Ich werde mein Ziel erreichen, weil ich mehr arbeite als andere/weil ich gelernt habe, harte Arbeit mit intelligenter Aus-führung zu verbinden. Oder einfach: Ich werde mein Ziel erreichen, weil ich bes-ser bin.

Lancieren Sie Ihre Karriere: Mit einer neuen SpracheDer Philosoph Ludwig Wittgenstein hat festgehalten, was wir nicht in Sprache fassen können, existiere nicht. Umge-kehrt gilt nach dem Kommunikations-wissenschaftler Paul Watzlawick: Wor-te sind Taten. Sprache ist nicht einfach ein Transmissionsriemen, um unsere Gedanken an die Oberfläche zu trans-portieren. Bei der Steuerung unserer Gedanken nimmt sie eine vorentschei-dende Weichenstellung ein. In welcher Sprache, mit welchen Worten wir den-ken, gibt unserem Handeln eine (vor)entscheidende Richtung. Ein Slogan für positives Denken in der Wirtschaft hat das einmal auf die prägende Formu-lierung gebracht: Aufschwung beginnt im Kopf. Der Rest ist dann trainieren, trainieren, trainieren – oder in der ge-nialen Werbekampagne des Zürcher Tagesanzeigers: Wir bleiben dran. Dran bleiben ist wichtig und bringt al-lein schon Resultate. 44 Prozent aller Verkäufer geben nach einem Nein auf. 22 Prozent nach zwei Nein, 14 Prozent nach drei Nein und weitere 12 Pro-zent nach vier Nein. 92 Prozent aller Verkaufsleute geben also auf, ohne ein fünftes Mal einen Auftrag zu akquirie-ren. 8 Prozent der restlichen Verkäufer sind allein deshalb schon erfolgreich, weil sie mehr leisten, unablässig dran bleiben.

Denken Sie bereits bei einer Zielfor-mulierung in positiven, optimistischen, werberischen, ja euphorischen Begrif-fen. Anstatt dass Sie sich konventionell «ein Ziel setzen», was häufig mit negati-ven Konnotationen besetzt ist wie «ich muss» oder «das kann ich doch nicht», lancieren Sie jetzt Ihre ganz persönli-che «Kampagne», ähnlich einer Werbe-

unsere geplante Aktion keinen Kam-pagnen-Wert hat, ist sie es dann über-haupt wert, durchgeführt zu werden?

Formulieren Sie jetzt in Ihrer ganz persönlichen Kampagne drei Ziele: Da-nach geben Sie diesen drei Zielen je ei-nen plakativen, werberischen Untertitel, wie er als Headline in einer Boulevard-Zeitung stehen könnte. Dies ist Ihr ganz persönlicher Pre-Test. Wie kommt der jetzt bei Ihren «Kunden» an? Sind Justie-rungen notwendig? Ein Denken in neu-en, positiven Begri� en wird Ihre Welt verändern und in neue, erfolgreichere Bahnen lenken. Lancieren Sie jetzt Ihre Sport-, Management- oder persönliche Kampagne in dieser überhöhten, aber präzisen Sprache in Ihrer Familie, bei Freunden oder am Arbeitsplatz. Sie wer-den erstaunt sein, wie Ihr Umfeld durch Ihren neuen Sprachgebrauch eine Ver-änderung, ja eine Erhöhung Ihrer Kom-petenz wahrnimmt. Machen Sie dieses Denken zur täglichen Gewohnheit, zu Ihrem persönlichen Trainingslager.

Sport, Management, Karriere: Der Film im KopfMentaltraining ist eine multidisziplinäre Wissenscha� aus Teilgebieten wie der Neu-rologie, der Sprach- und Kommunikations-wissenscha� , dem Sport, der Dramaturgie und dem Management. Motivationshilfen gehören dazu, sind aber nicht, was man unter mentalem Training versteht. Mental-training ist eine Kombination obiger Wis-senscha� en, kombiniert mit trainierbaren Übungen.

Mental trainieren bedeutet, Situati-onen in unserer Vorstellungswelt anti-zipieren. Eines der Muster, um sich zu verbessern, ist das Schaffen eines per-sönlichen Drehbuchs nach dem Muster der grossen Hollywood-Blockbuster-Fil-me: Von der Mangellage über die Befrei-ung zum Happy-End. Mit den Akteuren Held, Gegner, Helfer, Wunschobjekt. Und einer überraschenden Wendung zum Schluss. Ein narratives Programm für Ihre Gesundheit, Ihr Leben, Ihre Karriere, Ihre sportlichen Ziele. Jetzt geben Sie Ihrem inneren Film einen Ti-tel, den Ihnen die Universal Studios als kassenschlagerträchtig abkaufen und in der Presse für Aufsehen sorgt.

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Erfolg entsteht im Kopf• Formulieren Sie Ihre Prinzipien (Glaubenssätze): für Prüfungen, sportliche Wettkämpfe, Präsentatio-nen wie: Der Weg ist das Ziel, ich will auch Spass haben, alles andere stellt sich von allein ein. Oder bei Referaten vor Publikum (Lampenfieber): Ich habe schon viel erreicht. Das ist jetzt die nächste Stufe meiner Erfolgs-Kampa-gne. Bis jetzt war Training, jetzt geht’s endlich auf die Bühne. • Schreiben Sie Einwände, eine Ände-rung vorzunehmen oder ein Ziel jetzt anzugehen, auf. Fassen Sie sie neu mit positiven Formulierungen und einem positiven Ausgang.• Formulieren Sie Ihre Themen aus einer aussenstehenden Perspektive (zirkuläres Denken) wie: Wenn ich mein Ziel schon erreicht hätte, wie fühlte sich das jetzt an? Was würde ich als Erstes ändern, wenn ich mein Leben voll und ganz ausleben könnte? Wenn ich heute eine Bilanz meines Lebens ziehen würde, was möchte ich noch erreichen?• Pareto: Analysieren Sie die 20% Ihres Aufwandes, mit denen Sie 80% Ihres Ertrags erreichen. Schmeissen Sie den Rest über Bord. • Machen Sie es wie die Spitzenverkäu-fer am Telefon: Lächeln Sie, bevor und während Sie Ihre Ziele formulieren und sie einüben. Und wenn Sie sie abrufen. • Nehmen Sie Misserfolge in Kauf. Feiern Sie sie: Schon wieder etwas Wichtiges gelernt. • Formulieren Sie Ihre kühnsten Träu-me: Sie möchten lieber DJ sein? Oder Regisseur? Oder Schauspieler? Spre-chen Sie mit einem Vertrauten darüber. You can be anything you want to be.

kampagne. Die Verwendung dieses Be-griffs führt im Sport, im Management oder in der Schule allein schon zu einer Schärfung des Bewusstseins, worum es in unserer Zielformulierung geht: Um Kreativität, nicht um angestrengte Lö-sungen. Um klare Verkaufs- respektive Gewinn-Ziele. Und ähnlich wie bei ei-ner Werbekampagne nach einem Pre-Test um deren Messbarkeit. Denn was sich nicht messen lässt, lässt sich nicht managen. Und seien wir ehrlich: Wenn PAX Versicherungen

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Visualisieren Sie diesen Ihren persön-lichen Kassenschlager so, als seien Sie bereits am Ziel angelangt, aus der Ret-rospektive. Denken Sie sich eine ganz konkrete Schlussszene. Und jetzt tun Sie, was grosse Hollywood-Regisseure tun: Verstärken Sie die Farben. Machen Sie die Musik lauter. Zeigen Sie Heer-scharen von Begeisterten, die Beifall klatschen, etwa Ihre guten Freunde oder Ihr Partner. Betrachten Sie jetzt dieses Bild von aussen – aus der Perspektive des Siegers. Für die ganz Mutigen: Su-chen Sie einen Käufer für Ihr Drehbuch.

Achtung, fertig, los«Victory is for those who are willing to pay it’s price.» Sun Tzu.Erinnern Sie sich an den Song «Piano Man» von Billy Joel? Der Geschäfts-mann, der sich vom Piano-Spieler un-terhalten lässt und träumt: «I’m sure that I could be a movie star if I could get out of this place.» Machen Sie es anders. Werden Sie ein Star, mindes-tens Ihr persönlicher Star oder der Ihrer Freunde oder Familie, indem Sie erfolgreich werden, bevor Sie auftre-ten. Planen Sie Ihren Auftritt jetzt. Mit der Methode des zirkulären Denkens.

Fragen Sie sich: Was hält mich zu-rück, den ersten Schritt jetzt zu tun? Formulieren Sie ihre Gründe wie: kei-

ne Zeit, mein Job lässt mir keine freie Minute. Ich bin auf ein volles Einkom-men angewiesen, mein Job erlaubt mir keine Lohneinbusse.

Formulieren Sie jetzt Ihre Glau-benssätze, indem Sie die obigen Sätze positiv formulieren. Dieses Umdeuten nennt man in der systemischen The-orie «Reframen» (Carmen Kindl-Beil-fuss: Fragen können wie Küsse schme-cken. Systemische Fragetechniken für Anfänger und Fortgeschrittene): Ich leiste so viel in meinem Job, weil ich gelernt habe, richtig zu planen. Jetzt nutze ich meine Planungskompetenz zusätzlich für meine privaten Ziele. Oder: Mein Job erlaubt mir zwar keine Lohneinbusse, aber es gibt unzählige Chancen, einen Ausgleich zu schaffen (Wer könnte mir denn auf dem Weg dahin helfen?).

Richtig, so einfach geht das. Aber Achtung: Ziele einmal gesetzt, heisst es üben, üben, üben, indem Sie Ihre

Glaubenssätze täglich wiederholen und in der Realität erproben, testen, Zielkorrekturen vornehmen, Fein-abstimmungen machen, einen Rich-tungswechsel einschlagen. Mental fit wird man, indem man täglich trainiert; niemand behauptet, es sei ein Kinder-spiel. Tägliches Training ist notwendig, weil es Automatismen schafft, genau so wie im Sport, wo man täglich, wö-chentlich, ja über Jahre immer wieder die gleichen Übungen trainiert, die dann zur zweiten Natur werden. Das verhält sich mit mentalem Training ge-nau gleich. Einmal eingeübt werden sie

zu Automatismen, die es erlauben, im Wettbewerb, in der Meisterschaft, der Kundenakquise, Pitches das Eingeübte ohne Anstrengung abzurufen. Darum geht es: Überzeugungen, Prinzipi-en, Leistungen im richtigen Moment, möglichst mit geringster Anstrengung, abzurufen.

Zum AutorDr. Urs Seiler ist Managing Partner des Instituts MentaltrainingSchweiz und der Kommunikationsagentur Smart-ville, Zürich. www.mentaltrainingschweiz.ch

Sind die Ziele gesetzt, dann heisst es:

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EXPERTENWISSEN

INNOVATION ALS GLAUBE – MARKETING ALS MUSS

DER ANDERE WEG

Die klassische Idee, ein Produkt passend zu den offensichtlichen Marktbedürfnissen zu entwickeln, muss nicht der einzige Weg zum

Ziel sein. Einblicke in eine etwas andere Marketing-Strategie.

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Autor: Daniele Müller

Wie platziert man ein Produkt im Markt? Es braucht eine Bedarfsabklärung, der Markt

wird analysiert und dann entwickelt man das passende Produkt. Bei Dyson funktio-niert das anders. Hier steht die Innovation an der ersten Stelle und der Markt wird überzeugt, die Idee anzunehmen. Das klappt nicht immer, aber meistens.

Ein angenehmer Lu� strom bläst den erstaunten Ladenbesucher an. Er blickt ungläubig auf ein kreisrundes Objekt auf dem Verkaufstisch, das ohne Propeller einen kühlenden Lu� strom erzeugt. Der neue Air Multiplier Ventilator von Dyson könnte problemlos in einem Science-Fic-tion-Film als Requisite gebraucht werden, so futuristisch sieht er aus. Er hat keine

stehen, lohnt es sich, einen Blick auf die Lebensgeschichte des Inhabers James Dy-son zu werfen. Denn bei seiner wichtigs-ten Er� ndung, dem beutellosen Staub-sauger, lief es vor über 20 Jahren ähnlich ab wie beim beschriebenen Beispiel des propellerlosen Ventilators. Schon damals fragte man Dyson, wer denn schon einen Staubsauger ohne Beutel brauche, wo man den Dreck zudem noch im durch-sichtigen Behälter sieht. 20 Jahre später wissen wir, dass Millionen Menschen weltweit diese Staubsaugertechnologie nutzen, aber der Weg hierhin war lang und steinig.

Frust und Hartnäckigkeit als Unternehmenswerte 1979 ereigneten sich zwei prägende Ge-schichten im Leben von James Dyson. Bei der ersten wurde er von seinen Ge-schäftspartnern aus der eigenen Firma gedrängt. Dyson hatte für die Firma den Ballbarrow erfunden, eine Schubkarre, die auf einem Kunststoffball rollt. Damit erreichte das Unternehmen in England die Marktführerschaft. Damals kristal-lisierte sich bei James Dyson auch der Gedanke des eigenen Unternehmens ohne finanzielle Abhängigkeit heraus. Heute ist Dyson ein Unternehmen mit 1,5 Milliarden Franken Umsatz – und alles gehört James Dyson.

Das zweite Ereignis war der Start-schuss für ein Weltunternehmen. Es

Rotorblätter und verströmt dank eines Tricks aus der Physik einen gleichmässi-gen Lu� strom. Der kritische Ökonom könnte jetzt hin-terfragen: «Den Ventilator gibt es ja schon seit 150 Jah-ren! Wer braucht denn jetzt einen neuen Ventilator?»

D i e Ma r k t r e l e v a n z spricht auf den ersten Blick tatsächlich nicht für das Produkt. Viele der relevan-

ten und kaufstarken Industriestaaten ha-ben kurze Sommerphasen und sie liegen nördlich des Äquators. Zudem spielen in vielen Ländern andere Kühlsysteme, wie Klimaanlagen in den USA, eine tragende Rolle. Und wenn man dann noch einen Preis von rund 400 Franken pro Gerät nennt, dann sieht man das mitleidige Lä-cheln der Marketingexperten schon fast lebha� vor Augen. Trotzdem wurde der Dyson Ventilator Ende 2009 weltweit zu diesem Preis und mit grossem Erfolg ein-geführt. Diese Erfahrung zeigt: Konsu-menten akzeptieren neue Produkte, wenn sie besser funktionieren als bestehende, und sie sind sogar bereit, deutlich mehr dafür zu bezahlen.Um diese eigenwillige Herangehens-weise des Unternehmens Dyson zu ver-

Innovatives Denken: Junge Talente fördern

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war 1979 in Brathord im Südwesten von England. James Dyson sitzt in sei-ner Garage und hat ein Ziel vor Augen. Er möchte den ersten Staubsauger ohne Saugkraftverlust erfinden. Dieses Vor-haben wurde durch einen grossen Frust geboren. Beim Reinigen zuhause ärger-te sich James Dyson darüber, dass die Saugkraft seines Hoovers schon nach wenigen Minuten nachliess und der Staubsauger nur noch herumröchelte. Die Ursache lag im Beutel begründet. Sobald Luft durch etwas Poröses fliesst, beginnt der Staub die Poren zu verstop-fen, denn Luft, speziell bei einem Staub-sauger, ist nie rein. Im Falle des Beu-tels lässt die Saugkraft nach und damit auch die Saugleistung. Die Inspiration zur Lösung des Problems fand James Dyson bei einer Schreinerei. Auf dem Dach war ein Zyklonmetallbehälter be-festigt, der Staub und Sägereste ohne Filter aus der Schreinerei beförderte. Dieses Prinzip wollte er auf das Staub-saugen übertragen. Dafür nahm James Dyson einen Kredit in der Höhe von 20 000 Pfund auf und belegte sein Haus mit einer Hypothek. In seine Garage leg-te er eine Stromleitung und das Aben-teuer begann. Der Unternehmenswert «Hartnäckigkeit» erhielt seine histori-sche Legitimation.

Drei Jahre und 5127 Prototypen spä-ter hielt Dyson den ersten Staubsauger ohne Beutel und ohne Saugkraftverlust in den Händen. Dysons Erfindung, die Reinigung mit Wirbelstürmen, war bestechend und ist im Kern bis heute das gleiche Prinzip in Dyson Staubsau-gern: Starke Zentrifugalkräfte von über 100 000 g filtern den Schmutz aus der Luft. Ein Mensch hält etwa 8 g aus. Der iterative Entwicklungsprozess mit Trial & Error spielt heute noch eine zentrale Rolle in der Forschung und Entwicklung von Dyson.

Alles, was schlecht funktioniert, ist ein potenzieller DysonWenn man sich am Hauptsitz von Dyson in Malmesbury umschaut, fällt eines schnell auf. Es hat sehr viele jun-ge Ingenieure und Techniker. Die For-schung und Entwicklung in Kombina-tion mit der Förderung junger Talente

ist ein wichtiges Fundament bei Dyson. Innovation bedeutet bei Dyson aber nicht nur, unentwegt Neues zu entwi-ckeln, es bedeutet vor allem, kontinu-ierlich Bestehendes zu verbessern. Und bei diesem Ansatz muss man mit Frust umgehen können. Von 100 Produkten und Weiterentwicklungen kommen ma-ximal 10 auf den Markt. 90 Prozent der Produkte scheitern. Und so seltsam das klingen mag, die Dyson Mitarbeitenden lieben Scheitern, denn aus diesem Pro-zess entstehen nachhaltige Produkte, die mehrheitlich im Markt einschlagen und auch da bleiben. Ein anderes Produkt, das diesen Innovationsprozess zeigt, be-stätigt diesen Verbesserungsdrang: der Dyson Airblade Händetrockner.

Jeder, der schon einmal seine Hände unter die alten Warmlufthändetrockner hielt und sie anschliessend an der Hose abgetrocknet hat, kann sich den Frust vorstellen, den Dyson Ingenieure bei dieser uralten, aber etablierten Tech-nologie empfunden haben. Anders die Airblade Technologie: Ein 640 km/h schneller Luftstrom streift das Wasser von den Händen und der Nutzer hat in-nert 10 Sekunden trockene Hände. Aus ökonomischer Sicht interessant ist der neue Businessbezug.

Das klassische Staubsaugergeschäft wird im Business-to-Consumer-Ge-schäft über den Handel vertrieben. Der Airblade zielt auf das Business-to-Busi-ness Geschäft. Somit ist auf einen Schlag mit einem neuen Produkt eine neue Unternehmenssparte «Commercial» geboren. So funktioniert Dyson: Alles wird der Innovation untergeordnet. Was beim Marketingexperten das Kopfschüt-teln noch zusätzlich verstärkt, ist, dass es auch beim Airblade Händetrockner

keine Marktforschung gab. Der Erfolg setzte aber trotzdem sofort und weltweit ein. In der Schweiz haben immer mehr grosse und kleine Betriebe die moderne Art der Händetrocknung installiert und stehen auch mit ihrem Namen dazu.

Dyson musste auch Rückschläge hin-nehmen. 2006 war der CR01 Contrator Waschmaschine auf den internationalen Märkten kein Erfolg beschieden. Die Idee war zwar bestechend: Zwei entge-gengesetzte Trommeln reinigten nach dem Prinzip der Handwäsche bis zu 7 kg Wäsche sauber und schonend. Das Produkt wurde vom Markt nicht ange-nommen.

Innovation als Glaube – Marketing als MussNatürlich betreibt Dyson auch profes-sionelles Marketing. Doch es funktio-niert anders und vor allem setzt es ein, nachdem eine Innovation marktreif ist. Im bekanntesten und einem der teu-ersten Kommunikationsinstrumente, der TV-Werbung, wird keine Emoti-on hervorgerufen. Es werden nur das Produkt und seine Vorzüge erklärt, der Staubsauger ohne Saugkraftverlust. Der Zuschauer sieht nie schöne junge Men-schen, die viel glücklicher dank Dyson sind. Das Gleiche gilt für Inserate, wo man nur das Produkt sieht und dessen Stärken. Auch bei POS-Materialien wie Broschüren oder Verkaufsstellern richtet sich der Fokus immer auf das Produkt. Und Dyson will, dass die Sta-keholder das Produkt auch erfahren: In den erfolgreichen Dyson Workshops können Mitarbeiter und Stakeholder Dyson Staubsauger auseinanderneh-men und wieder zusammensetzen, um die Funktion zu verstehen. Diese Mass-nahme erfreut sich bis auf Geschäfts-führerstufe grosser Unternehmen reger Beliebtheit. Das heisst Marketing bei Dyson: Innovation als Glaube – Marke-ting als Muss.

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Zum AutorDaniele Müller ist Leiter Unterneh-menskommunikation bei Dyson Schweiz.

Schweizer MarkenkongressDyson stellt seine Strategie, die mass-geblich auch auf die Erhöhung der Nachhaltigkeit abstellt, am Schweizer Markenkongress am 14. Juni 2012 in Zürich vor. Daneben wird auch ein spe-zielles KMU-Forum «Mit Swissness im Ausland bestehen» angeboten. Weite-re Informationen und Anmeldung: www.marken-kongress.ch

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EXPERTENWISSEN

DIE FÜNF GRÖSSTEN INNOVATIONSFALLEN

STOLPERSTEINE

Warum verlieren hochinnovative Unternehmen plötzlich den An-schluss an die Marktentwicklung? Warum werden aus ehemaligen

Innovations- und Marktführern scheinbar über Nacht Sanierungsfälle? Die fünf gefährlichsten Innovationsfallen.

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Autor: Jens-Uwe MeyerInnovation ist «in» – zumindest verbal. Kaum eine Vorstandsrede, kaum ein Un-ternehmensprospekt, in dem dieses Wort nicht mindestens in jedem dritten Absatz au� aucht. Trotzdem tappen die Unter-nehmen immer wieder in die gleichen Innovationsfallen. Denn innovativ sind sie nur im Rahmen des Bestehenden. Ra-dikal neue Innovationsansätze hingegen fehlen. Folgende fünf Innovationsfallen sorgen dafür, dass sich Unternehmen im-mer wieder im Kreis drehen.

Innovationsfalle 1: Die HochglanzfalleWenn man sich die Webseiten, Unterneh-

in der Automobilindustrie: Ausgerechnet ein Branchen-Outsider – Shai Agassi, ein ehemaliger SAP-Vorstand – entwickelt ein vollkommen neues Modell zur Elektromo-bilität. Während die klassischen Automo-bil� rmen weiter daran arbeiten, Batterien besser und sparsamer zu machen, entwarf Agassi mit dem «Project Better World» ein komplettes Mietsystem für aufgeladene Elektrobatterien.

Innovationsfalle 2: Die ErfahrungsfalleInsider, die auf den Managementtagun-gen des ehemaligen Druckmaschinen-herstellers Manroland waren, erinnern sich gerne an die Botschaften des Vor-standes. Der Zeitung wurde eine grosse Zukunft vorausgesagt. Immer wieder wurde die Solidarität zur Druckrolle be-schworen, während die meisten Medi-enverlage bereits ihr Wachstum in ganz anderen Feldern suchten. Der Vorstand von Manroland ignorierte das. Die eige-nen Erfahrungen sprachen dagegen. Für den damals zweitgrössten Druckmaschi-nenhersteller der Welt war es schlicht-weg unvorstellbar, dass seine Produkte einmal überflüssig werden könnten. So-lange, bis der Konzern Anfang 2012 zer-schlagen wurde. Das Top-Management zahlreicher Un-ternehmen macht den Fehler: Es beur-teilt die Zukunft mit den Erfahrungen der Vergangenheit. Menschen haben

mensvisionen und Hochglanzbroschü-ren der meisten Unternehmen an-schaut, stellt man schnell fest: Irgend-wie sind sie alle vi-sionär, hochkreativ und praktisch kurz davor, die Branche zu revolutionieren. Im ersten Moment klingt das beein-

druckend. Schaut man jedoch hinter die Fassade, dann haben diese Botscha� en o� dieselbe Substanz wie die eines Waschmit-tels, das jetzt noch weisser wäscht, oder eines Puddings, der jetzt noch cremiger ist.

Je häu� ger die Mitarbeiter und Mana-ger eines Unternehmens solche Botschaf-ten vernehmen, desto mehr glauben sie: «Wir sind schon innovativ, wozu noch mehr?» Die Folge: Das Unternehmen lei-det zunehmend unter blinden Flecken. Man konzentriert sich auf die Innovations-felder, die schnell und einfach Erfolge brin-gen. Doch wirklich radikale Innovationen � nden nicht statt. Märkte umgestalten tun Mitbewerber von aussen. So geschehen

Verlockende Falle: Gefahren wirken im ersten Moment oft einladend

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schon immer Zeitung gelesen, sie sind schon immer in ein Reisebüro gegan-gen, um ihren Urlaub zu buchen, und sie haben schon immer Kleidung von der Stange gekauft. Unvorstellbar, dass sie morgen eine Zeitung unpraktisch finden und als totes Holz verspotten, ei-nem automatischen Buchungsassisten-ten mehr vertrauen als einem Reisebüro und nach personalisierter Kleidung so-wie selbst designten Möbeln verlangen. Bei der Beurteilung der Zukunft stehen die Erfahrungen der Vergangenheit oft im Weg. Trotzdem vertrauen Unterneh-men auf sie und merken nicht, dass sie tief in der Falle stecken.

Innovationsfalle 3: Die TrägheitsfalleProzessoptimierung, Kostenoptimie-rung, Lean-Management: Das waren die Schlagwörter der Neunziger- und frü-hen Zweitausenderjahre. Arbeitsabläu-fe wurden systematisch gescannt, jede überflüssige Handbewegung untersagt und jede Tätigkeit in genau definier-te Prozessabläufe gezwängt. Das hat bis heute einen positiven Effekt: Unterneh-men können das operative Geschäft viel schneller, besser und billiger als andere beherrschen. Die Kehrseite ist: Es bleibt kaum Zeit, über neue Wege nachzuden-ken. Anders gesagt: Man ist so sehr damit beschäftigt, den operativen Ergebnissen hinterherzuhecheln, dass man sich kaum fragt, ob dies noch sinnvoll ist.

Gerade Unternehmen, die durch starre Strukturen und feste Prozessabläufe sehr erfolgreich wurden, sind häufig kaum in der Lage, sich ausserhalb dieser Prozes-se zu bewegen. Mitarbeiter, die mehr als zehn Jahre vor allem in ihren Prozessen zu funktionieren hatten, werden nicht über Nacht zu kreativen Querdenkern und Revolutionären. Selbst wenn dieses Potential einmal in ihnen schlummerte, es wurde schlicht und ergreifend nicht gefördert. Diese Unternehmen sind heu-te so flexibel wie Betonmauern. Und weil sie so unbeweglich geworden sind, schaf-fen sie es kaum, aus der Trägheitsfalle wieder herauszukommen.

Innovationsfalle 4: Die ErfolgsfalleErfolg macht sexy. Erfolg fühlt sich gut an. Erfolg macht zufrieden. Genau das ist

das Problem. In zahlreichen Unterneh-men werden schnelle Erfolge belohnt. Ein kurzfristiges Plus der Verkaufszahlen, ein grosser Deal, kurzfristige Erfolge bei der Neukundengewinnung. Gerade in Unter-nehmen, die vom Quartalsdenken geprägt sind, ist der schnelle Erfolg wichtiger als langfristiges Denken. Im Kern ist das nicht verkehrt, denn: Die Summe vieler schneller Erfolge macht ein erfolgreiches Unternehmen aus – nur nicht unbedingt ein innovatives. Solange schnelle Erfolge mit dem Bestehenden zu erzielen sind, hat das Neue kaum eine Chance, sich durch-zusetzen. Die für Innovation so wichtige Investitionsphase am Anfang erscheint nicht reizvoll, wenn man mit dem Be-stehenden noch gut verdienen kann. Bei der Frage, ob sie Geld lieber in fünf neue Verkäufer oder ein fün� öp� ges Innova-tionsteam investieren, entscheiden sich Unternehmen, die kurzfristige Erfolge suchen, für die neuen Verkäufer. Lang-fristig jedoch wird der Erfolg von heu-te zum Problem von morgen. Denn die Steigerung des Bewährten funktioniert nicht ewig. Wie viele Pizzas mehr kann man verkaufen? Ein durchschnittlicher Mensch scha� nicht mehr als eine am Tag. Und kann man es wirklich scha� en, Leuten einzureden, sie bräuchten einen Zweit-, Dritt- oder Viertstaubsauger?

Innovationsfalle 5: Die Kannibalismus-falleKannibalen haben einen schlechten Ruf. Mitglieder der eigenen Spezies zu verspei-sen, gilt nicht als schick. Auch Unternehmen haben beständig Angst vor Kannibalismus. Wenn einen die Konkurrenz angrei� , ist das schlimm. Schlimmer ist es jedoch, wenn ein Unternehmen sich selbst Marktanteile weg-nimmt. Auch der Entertainment-Gigant Sony hatte kein Herz für Kannibalen. Um das eigene CD-Geschä� zu schützen, wur-de die Entwicklung eines Download-Portals für Musik nur halbherzig vorangetrieben. Und der Fotohersteller Leica? Er vermied es Anfang der 90er Jahre tunlichst, in die digitale Fotogra� e einzusteigen – aus Angst man könnte das eigene Geschä� mit analo-gen Apparaten gefährden.In allen drei Fällen profitierten andere. Amazon nahm dem Media Markt eine grosse Zahl an Kunden weg, Apple ent-

wickelte iTunes und das Geschäft mit der digitalen Fotografie fand weitgehend ohne Leica statt. Zu viel Rücksichtnah-me auf das bestehende Geschäftsmodell und interne Befindlichkeiten sowie die Hoffnung, «Es wird schon niemand an-ders auf die Idee kommen», verhindern einen gesunden Kannibalismus. Dabei sind Kannibalen besser als ihr Ruf. Ein Unternehmen, das sich selbst kannibali-siert, handelt proaktiv und kann Märkte der Zukunft gestalten. Andere geraten in die Defensive und werden irgendwann zu Gejagten. Die Kannibalismusfalle sorgt dafür, dass Unternehmen sich nicht bewegen, obwohl sie wissen, dass sie dies eigentlich tun müssten. Und wenn sich das Unternehmen dann irgendwann doch zum Kannibalismus entschliesst? Dann haben Wettbewerber am Ge-schäftsmodell bereits so viel weggefres-sen, dass praktisch nichts mehr übrig ist.

Hochinnovative Unternehmen ver-stehen es, die fünf Innovationsfallen zu vermeiden. Sie setzen nicht nur auf eine Verbesserung des Bestehenden, sondern lassen auch radikale Innovationsansät-ze zu. Sie versuchen nicht, in übersättigte Märkte Produkte hineinzubringen, die noch über� üssiger sind als die, die es be-reits gibt. Stattdessen entwickeln sie Pro-dukte, für die es noch keine Märkte gibt, Dienstleistungen, die einzigartig sind, und Geschä� smodelle, die klassische Bran-chengrenzen sprengen. Unternehmen hin-gegen, die sich aus den Innovationsfallen nicht befreien können, drehen sich weiter im Kreis.

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Zum AutorJens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Ideeologen – Gesellschaft für neue Ideen GmbH, Baden-Baden. Der Autor von sechs Büchern zum Themenkom-plex Innovation hat an der Handels-hochschule Leipzig einen Lehrauftrag für «Corporate Creativity» und gilt als einer der profiliertesten Vordenker in Sachen Innovation. Im März 2012 er-schien im Verlag BusinessVillage sein neustes Buch «Radikale Innovation: Das Handbuch für Marktrevolutionä-re». www.radikaleinnovation.de

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Die 4 x 4-O�ensive zeigt Wirkungetwas Hilfe in Österreich. Die seit Jah-ren auf Offroadfahrzeuge spezialisier-te Firma Achleitner sorgt mit ihrem Umbau dafür, dass der Leichtlaster im Gelände sehr, sehr weit kommt. Der Umbau ist entsprechend umfangreich: Verstärkte Federn mit mehr Weg, här-tere Stossdämpfer mit progressiver Kennung und geänderte Stabilisatoren sind nur der offensichtliche Teil der Modifizierungen. Sie ergeben in Sum-

VW bietet die derzeit grösste Modellaus-wahl an Fahrzeugen mit Allradantrieb im Segment der leichten Nutzfahrzeu-ge an. Eine Strategie, die sich zu lohnen scheint.

Bereits heute ist jedes fünfte Fahrzeug der Nutzfahrzeugflotte von Volkswa-gen mit der Traktionshilfe ausgestattet. Aktuell bieten die Wolfsburger vom kompakten Caddy über den hemdsär-meligen Amarok den edlen T5 und – ganz neu – auch den mächtigen Craf-ter mit vier angetriebenen Rädern an. Zusammen mit allen Varianten, Rad-ständen und Aufbauhöhen sind es weit über 300 Varianten, welche mit 4 x 4 bestellt werden können.

Während man bei Caddy und T5 auf den bewährten permanenten All-radantrieb (4Motion) setzt, ist der Amarok in seiner reinsten Nutzfahr-zeugversion (mit Single Cab und lan-ger Ladefläche) mit zuschaltbarem Antrieb für die Vorderachse erhältlich. Für eine enorme Geländegängigkeit beim Crafter holte man sich bei VW

me und abhängig von der gewählten Bereifung (für Offroad oder Strasse) eine Höherlegung von rund zehn Zen-timetern.

Das Allradsystem verfügt über eine Geländeuntersetzung (1:2,5). Im Nor-malbetrieb wird die Kraft im Verhält-nis 50:50 an beide Achsen geleitet. Mit dabei ist immer eine Differenzialsperre im Verteilergetriebe und an der Hin-terachse. Optional lässt sich auch eine Sperre für die Vorderachse ordern. Und wer in der Pampa arbeiten muss, der kann den VW mit einem Nebenabtrieb vom Getriebe ausrüsten, der eine ma-ximale Dauerleistung von 28 kW bei 2500/min sowie ein maximales Dreh-moment von 140 Nm ab 1000/min be-reitstellt.

PneumatischMittels Knopfdruck lassen sich alle drei Differenziale mechanisch sper-ren. Eine Pneumatik aktiviert die Sperrfunktion, was einen möglichst problemlosen Umgang mit den Syste-men garantieren soll. So gerüstet, ist Der Achleitner-VW scha� auch härtestes Gelände

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der Crafter ein Kraxler vor dem Herrn, der dem Fahrer allerdings einiges an Offroad-Fahrkenntnissen abfordert. Denn auf Fahrhilfen muss man im Geländemodus völlig verzichten – ein Hardcore-Lieferwagen eben.Durch seine zahllosen Aufbauvarian-ten eignet sich der Crafter 4 x 4 vor allem auch für den Aufbau von Expe-ditions-Wohnmobilen. Denn für den Einsatz auf Waldwegen ist der VW schon fast zu gut. Einen einfachen und billigeren Allradantrieb bietet VW für den Crafter leider nicht an. Der

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Verteilerverkehr und für Entsorgungs-aufgaben in städtischen Bereichen ein-gesetzt. Neben der deutlich besseren CO2-Bilanz der im Stop-and-go-Ver-kehr eingesetzten Lastwagen fällt vor allem der «Lärmkomfort» positiv auf. Wenn es die Batterieladung zulässt, fährt der Kehrichtwagen rein elektrisch und damit nahezu geräuschlos. Ein Segen für lärmgeplagte Innenstadtbe-wohner.

Eingesetzt wird der erste FE Hyb-rid der Schweiz, der gleichzeitig einer der Ersten in Europa ist, von der Ent-sorgungsfirma S.R.S. Swiss Recycling Services SA rund um Lausanne. Die auf die Abfallbeseitigung und Recycling spezialisierte Firma, welche zur Veolia- Gruppe gehört, ist denn auch entspre-chend stolz auf den neuen Truck. Ob

NUTZFAHRZEUGE

Volvo hat den ersten, schweren Lastwagen mit Hybridantrieb in der Schweiz ausgeliefert. Der FE Hybrid sammelt in den Gemeinden um Lau-sanne besonders sparsam und vor al-lem leise den Abfall zusammen.

Volvo Trucks hat im Jahr 2011 mit dem Verkauf von schweren Hybrid-Lw be-gonnen, nachdem eine Reihe umfang-reicher Praxistests durchgeführt wur-den. Im Juni startete eine begrenzte Serienproduktion von etwa 100 Hyb-rid-Lw. Die Lieferung der Lastwagen an Kunden in ausgewählten europäischen Märkten ist für den Zeitraum von 2011 bis 2013 vorgesehen.

Der Volvo FE Hybrid ermöglicht Treibstoffeinsparungen von bis zu 30 Prozent und wird in erster Linie im

noch mehr Fahrzeuge bestellt werden, ist noch nicht klar. Erst will man etwas Erfahrung mit dem neuen Kehrichtwa-gen sammeln.

Der Volvo FE Hybrid wird von ei-nem 7-L-Dieselmotor angetrieben, der bei den Entsorgungsfahrzeugen 340 PS leistet und ein maximales Dreh-moment von 1300 Nm entwickelt. Der Dieselmotor arbeitet parallel mit einem 120 kW leistenden Elektromo-tor. Dieser bezieht seine Energie aus Lithium-Ionen-Batterien der neuesten Generation. Die Hybridfahrzeuge, die auf Einsätze mit einem Gesamtgewicht von 26 Tonnen ausgelegt sind, werden mit einem Leasingmodell angeboten, das einen umfassenden Wartungs- und Reparaturvertrag einschliesst. Markus Chalilow

Der Müllschlucker mit Hybridantrieb

Leise und sparsam: Volvo FE Hybrid. Foto: Werk

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wind gekühlt. Die Fahrwerksabstimmung fällt äusserst komfortabel aus, und das bei 226 Nm beibehaltene maximale Drehmo-ment sorgt für energischen Vorschub im Stadtverkehr. Das Erreichen dreistelli-ger Tempobereiche setzt allerdings eini-ge Geduld voraus (0–100 km/h in 20 s). Die Bedienung selber gibt keine Rätsel auf. Ähnlich wie im Fluence ZE be� nden sich links und rechts des Tachometers die Ladestandsanzeige und eine Reichweiten-Uhr (Foto). Der Kangoo wird per Steck-dose oder über die Wall Box aufgeladen. Für kalte Regionen sieht Renault eine zusätzliche Heizung vor, für die ein 13-L-

Dieseltank eingebaut wird. Renault bietet eine App, ZE Connect, an, die jederzeit das Abfragen des Batteriestands per Smartphone oder Computer zulässt. Da-mit lässt sich ausserdem das Auto fern-bedient vorheizen oder vorkühlen, wenn es am Strom angeschlossen ist. Wie beim Fluence setzen die Franzosen auch beim Stadtlieferwagen auf erschwingliche Verkaufspreise. Diese beginnen (ohne Mehrwertsteuer) bei CHF 26 300.–, die Batteriemiete kostet zwischen CHF 95.–/Monat (über 36 Monate und 36 000 km) und CHF 155.–/Monat (über 12 Monate und 20 000 km). Renault garantiert den Batterientausch, wenn die Akkus 25 Pro-zent ihrer Ladekapazität einbüssen. Mit diesen Bedingungen besteht kaum ein Zweifel, dass der in Frankreich gebaute Lieferwagen (im Werk Maubeuge) bei

Der Stadtlieferwagen Kangoo ZE gehört zu Renaults Speerspitze bezüglich Elek-tromobilität. Jetzt steht er für den Serie-neinsatz bereit. Ein Fahrbericht.Der elektrisch angetriebene Renault Kangoo ZE ist wie der Fluence ZE seit dem 1. Dezember 2011 erhältlich. Der kompakte Elektrolieferwagen basiert auf dem bekannten Kangoo und wird mit zwei Radständen (269,5 und 308 cm) gebaut. Ähnlich wie bei Gasfahr-zeugen, wo die Tanks unterflur ver-schwinden und die Transportvolumen kaum oder nicht negativ beeinflussen, ist das Batteriepack zwischen den Ach-

sen unter dem Ladeboden unterge-bracht. Das Angebot umfasst drei Mo-delle: Lieferwagen kurz, Maxi (lang) und Maxi-Fünfplätzer mit Verglasung hinten. Der Elektromotor wird vom Fluence ZE übernommen, er leistet im Kangoo ZE aber lediglich 44 kW(60 PS), im Fluence sind es 70 kW.Ö� net man die Motorhau-be, wähnt man, einen herkömmlichen Verbrennungsmotor zu sehen, denn die verkleideten Teile wie Ladegerät, Leis-tungselektronik und Elektromotor unter-scheiden sich auf den ersten Blick kaum. Die Lithium-Ionen-Batterie mit 22 kWh ist � ach zwischen den Achsen eingebaut. Diese Anordnung verhil� dem kleinen Lieferwagen dank tieferem Schwerpunkt zu einem noch besseren Kurvenverhalten. Und als weiteres Plus dieser Auslegung werden die Batterien durch den Fahrt-

Handwerkern, Auslieferungsbetrieben und anderen Flottenbetreibern auf Inte-resse stossen dür� e, und zwar mit seiner Reichweite von mehr als 100 Kilometern auch dann, wenn deren Einzugsgebiet

weiträumig ausfällt.Alle Schweizer Renault-Händler sind

zerti� ziert, die Elektromodelle zu verkau-fen und zu warten. Die Unterhaltskosten der ZE sollten um etwa 20 Prozent tiefer liegen als bei vergleichbaren Autos mit Verbrennungsmotor. Sollten einmal Re-paraturen anfallen, werden diese von 13 designierten Garagen vorgenommen. Ra-phael Leuba

Für den Lieferdienst

Auto kaufen, Batterie leasen. Mit diesem Rezept will Renault den Kunden die Sorge vor defekten Batterien nehmen, Fotos: Werk

ZE-spezi� sche Instrumente

Batterie unter dem Fahrzeugboden

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ausreichend verbreitet ist: das Bewusstsein, was Social Me-dia bringen kann – und was nicht. Unternehmen fragen immer nach dem Return on Invest. Dabei sollte man Social Media in diesem Sinne nicht als eine Investition betrachten, sondern genau wie einen Steuerberater als laufende Kosten. Damit verschiebt sich der Fokus von den Zahlen unter dem Strich hin zu dem möglichen Einsatz. Wie nutze ich Soci-al Media, wie nutze ich Facebook mit den zur Verfügung stehenden Mitteln richtig? Das Grundmissverständnis, das wir vor allem in der Schweiz finden, ist die Einordnung von Social Media mit Medienkanälen wie Fernsehen, Radio oder Print. Die typischen Kampagnen werden einfach um Social Media ergänzt – und das funktioniert nicht.Messmer: Das leuchtet mir alles ein, doch diese Argumen-tation bleibt auch im vagen Bereich. Ich erinnere mich an ein Unternehmen, bei dem ich Social Media stark gepusht habe. Dabei musste ich feststellen: Die Corporate Commu-nications Abteilung war dafür gar nicht ausgelegt. Gefun-den wurde schliesslich ein Mitarbeiter, der immerhin über einen eigenen Facebook-Account verfügte. Ihm stellte man eine externe Agentur zur Seite. Das Ergebnis: Jetzt gibt es auf der Facebook-Seite permanent Gewinnspiele, um die Community am Laufen zu halten. So «macht man» heute Social Media. Die Besucher der Seite klicken, es passiert etwas, man kann Zahlen vorweisen. Besonders gelungene Gewinnspiele oder Aktionen werden zudem noch in Fach-blättern und den einschlägigen Online-Portalen gefeiert, die Branche beweihräuchert sich selbst. Leider muss sich am Ende oft fragen: Was hat das noch mit dem Produkt, mit der marke zu tun? Unternehmen werden zu virtuellen Event-Veranstaltern. Ob die Firmen davon profitieren? Si-cher weniger als Mark Zuckerberg (Facebook-Gründer, die Red.).Schäfer: Dass Mark Zuckerberg der Haupt-Profiteur bleibt, steht ausser Frage.

Blickpunkt: Meine Herren, wer kann Facebook überhaupt sinnvoll in der Unternehmenskommunikation nutzen?David Schäfer: Jedermann und niemand. Man muss diffe-renzieren. Die Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem verschwimmt, unsere Welt ändert sich in dieser Beziehung gerade massiv. Entsprechend muss man Kommunikation, auch Unternehmenskommunikation, neu verstehen. Des-wegen lässt sich die Frage, ob Facebook für ein einzelnes Unternehmen sinnvoll ist oder nicht, nur schwer beantwor-ten. Das muss jedes Unternehmen, jede Kommunikations-abteilung überdenken, und das vor dem Hintergrund einer sich verändernden Welt.Manfred Messmer: Rein theoretisch kann ich mich diesem Gedanken durchaus anschliessen, er ist auch bezeichnend für die Diskussion, die gerade läuft. Für mich klingt es ein wenig nach: Niemand weiss etwas Genaues, aber jeder ver-mutet so einiges. Ich habe vor allem in den letzten zwei Jah-ren viele Referate bezüglich Social Media gehalten und war dabei immer völlig optimistisch. Ich habe im Grundsatz gepredigt: Da muss man jetzt etwas tun. Doch mittlerweile bin ich sehr skeptisch geworden, denn der eigentliche Nut-zen, unter dem Strich betrachtet, bleibt fraglich. Deswegen rate ich Firmen heute eher ab, einen Facebook-Auftritt zu betreiben, oder wenigstens, sich damit noch Zeit zu lassen. Denn meistens gibt es andere Baustellen, die sich bei ge-nauerem Hinsehen als wichtiger erweisen.Schäfer: Der Nutzen, den Sie ansprechen, ist der zentrale Punkt. Meine Empfehlung an Unternehmen lautet: Macht nicht Social Media, damit ihr Social Media macht. Kein Unternehmen kann es sich leisten, etwas nur zum Selbst-zweck zu betreiben. Man muss wissen, warum man Social Media nutzt, und in diesem Punkt sehe ich als Berater mei-ne Hauptaufgabe – zu der im Zweifel auch gehört, einem Unternehmen abzuraten. Wenn wir vom Nutzen sprechen, brauchen Unternehmen etwas, was heute leider noch nicht

IM GESPRÄCH

«WAS BRINGT SOCIAL MEDIA?»

Facebook – ein Muss für die Kommunikation jedes Unternehmen oder ein beliebter Weg, Zeit und Geld zu verschwenden? Zwei Berater werden sich

(fast) einig. Dem Thema entsprechend via Skype.*

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Fernmündliche Grundsatzdiskussion: Voice over IP macht’s möglich Fo

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nicht an den Nutzen isolierter Aktionen. Jeder will gerne eine Reise nach New York gewinnen – ganz egal, von wel-chem Unternehmen sie verlost wird. Denner hat es einmal geschafft, innerhalb von 48 Stunden 24.000 Likes für ein Werbevideo für Bündnerfleisch zu bekommen. Eine solche Menge hatte es in der Schweiz vorher nie gegeben. Doch ich behaupte, den Usern hat vor allem das Video gefallen, deswegen sind sie aber längst nicht bei Denner einkaufen gegangen. Unternehmen sollten sich Facebook-Fans wün-schen, bei denen tatschlich eine Markenbindung vorliegt – nicht einfach Fans um der reinen Menge willen.Messmer: Wenn wir einmal die nackten Zahlen betrach-ten, nicht bei den Paradebeispielen, sondern bei den durch-

Sie sprechen immer von dem Nutzen, den man im Auge haben muss. Was kann dieser Nutzen potenziell sein?Schäfer: Schon sind wir wieder beim Missverständnis, Soci-al Media als Medien- respektive Marketingkanal zu begrei-fen. Der Klassiker: Unternehmen sprechen 10 Prozent ihres Marketing-Budgets für Social Media. Und erwarten, des-halb mehr Produkte zu verkaufen. Wenn man Social Media in eine der klassischen Kommunikationsschubladen packen möchte – was ich eigentlich ablehne –, dann wäre das am ehesten Branding. Denn der Nutzen des Brandings lässt sich ebenso wenig anhand von Absatzsteigerungen messen. Ver-kaufe ich deswegen ein Produkt mehr? Vermutlich ja, aber es bleibt schwer nachzuweisen. Deswegen glaube auch ich

David Schäfer ...... ist Managing Partner der SOMEXCLOUD Social Media Akademie, der führenden Social Media Schule der Schweiz, sowie Geschäfts-führer von SocialBrand, einer Unternehmensberatung, spezialisiert auf Social Media Strategieentwicklung und Social Media Monito-ring. Er ist Jurist und Executive Master of Science in Communica-tions Management (MScom). www.somexcloud.com

Manfred Messmer ...... gründete 1986 die Kommunikationsagentur messmerpartner. Zuvor war er während zwölf Jahren als Journalist tätig, unter anderem als stellvertretender Chefredaktor einer Tageszeitung, Korrespondent in New York für Schweizer Tageszeitungen, Chef-redaktor zweier Wochenzeitungen. Sein Schwerpunkt liegt in der strategischen Kommunikationsberatung. www.messmerpartner.ch

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Zwei Berater, zwei Meinungen: Schäfer, Messmer

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vat auf Facebook zu seinem Arbeitgeber äussert. Fest steht: Bezüglich Social Media befinden wir uns heute dort, wo wir mit Webseiten etwa 1995 waren – nämlich nirgendwo. Ich weiss selbst nicht, wohin die Reise geht. Das Potenzial ist nicht zu übersehen, doch vieles bleibt noch vage. Das ändert nichts daran, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema hochgradig angezeigt ist. Man muss ja nicht sofort auf den Facebook-Zug aufspringen, aber wer ihn einfach komplett ignoriert, handelt als Unternehmer, als Kommunikations-verantwortlicher fahrlässig.Social Media verändert das Verhältnis von Unternehmen

zu ihren Stakeholdern – und genau das macht doch das eigentliche Business aus. Man kann sich durch-aus entscheiden, nichts zu tun, aber man muss wissen, weshalb.Messmer: Sie sprechen die teils fürchterlichen Websei-ten aus den Urzeiten des In-ternets an. Doch leider muss

ich feststellen, dass noch immer viele Negativbeispiele zu finden sind. Daran schuld sind Kommunikationsverant-wortliche, die noch immer nicht die richtige Denke gefun-den haben. Eine Website darf nicht einfach als Online-Ver-sion einer Unternehmensbroschüre verstanden werden. Ich befürchte, dass wir auch bei den sozialen Medien in diese Richtung steuern: Wir nutzen den Kanal, aber wir nut-zen ihn falsch. Oft hat das übrigens einen sehr einfachen Grund, wie ich in vielen Unternehmen festgestellt habe: Es gibt dort niemanden, der wirklich schreiben kann. Denn damit kann man auch keine Inhalte präsentieren.

schnittlichen Social Media Aktivitäten von Unternehmen, kehrt Ernüchterung ein. Natürlich kann man die Zeit vor dem grossen Durchbruch als Möglichkeit verstehen, dass Mitarbeiter sich in der Thematik üben können, dass sie fit werden für die Zukunft. Doch im Moment endet das für gewöhnlich damit, dass ein Mitarbeiter ein Jahr lang auf Firmenkosten «übt», um dann einen gut bezahlten Job bei einem anderen Unternehmen anzunehmen. Denn diese sogenannten Community Manager sind derzeit enorm ge-sucht, und wer in seinen Lebenslauf schreiben kann, dass er für ein Jahr den Facebook-Auftritt eines Unternehmens betreut hat, ist heiss begehrt. Doch wie gesagt: Vor allem die reinen Kontaktzahlen enttäu-schen. Deswegen meine ich, dass ein durchschnittliches mittleres KMU heute noch auf Social Media verzichten kann, gerade wenn man aufgrund mangelnden Know-hows auf externe Hilfe zurückgreifen müsste. Die dann für gewöhn-lich zu sehr schablonenartiger Kommunikation führt.Schäfer: Das kommt darauf an. Je näher am Brand die Kom-munikation stattfindet, desto schwieriger ist es für Externe, authentisch zu sein. Bei der Kampagne für ein einzelnes Pro-dukt geht es wesentlich eher. Ich stimme zu, dass viele Un-ternehmen einfach überfordert sind – ob sie nun überhaupt eine Kommunikationsabteilung haben oder nicht. Ich glaube fest daran, dass prinzipiell jeder Mitarbeiter diesbezüglich geschult werden sollte. Denn auch wer im Geschäft nicht an einem Computer sitzt, geht zuhause online. Man muss sich bewusst sein, welche Wirkung es hat, wenn jemand sich pri-

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Social Media verändert das Verhältnis von Unternehmen

zu ihren Stakeholdern

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ternehmensleitung angesiedelt sein und auf keinen Fall bei einem Neuling im Unternehmen. Messmer: Man braucht eine klare Vorstellung: Wer bin ich? Und wo will ich hin? So etwas kann ein Berufseinsteiger nie-mals leisten.Schäfer: Kommunikation in den sozialen Medien hat sehr viel von Krisenkommunikation. Viele der Regeln lassen sich direkt übertragen. Aber wir sind uns einig: Dafür braucht man erfahrene Mitarbeiter, keine Frischlinge. Der Grund ist einfach erklärt: Auf meiner Facebook-Pinnwand kann ich nicht selbst die Themen setzen. Ich kann dies versu-chen, doch wenn ein User sich über ein Produkt öffentlich beschwert, muss ich reagieren. In dem Moment bestimmt

er das Thema – und den Moment. Wenn er das am Freitag um 17 Uhr schreibt, kann ich nicht bis Montag Vormittag mit einer Reakti-on warten. Messmer: Man muss aber in jeglicher Hinsicht relati-vieren. Jeder sieht diese be-rühmte Zahl von 900 Milli-

onen Facebook-Nutzern und will sie nutzbar machen. Doch die kommen sich nicht alle gleichzeitig auf der Pinnwand beschweren. Leider kommen die allermeisten von ihnen überhaupt nie. Genau da liegt ja die grosse Illusion, der sich alle hingeben.

Schäfer: Dennoch macht es keinen Sinn, das Thema zu ig-norieren: Selbst wenn ich als Unternehmen momentan nicht auf Social Media setze, muss ich mir die zugehörigen Skills aneigenen. Sonst werde ich über kurz oder lang Chancen verpassen. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist ein fiktiver Ap-penzeller Schlittenbauer. Er kann entweder mit klassischen Print-Anzeigen zur richtigen Jahreszeit die Klientel bis ins Toggenburg, mit Glück sogar bis nach Zürich ansprechen. Und für immer auf diesem Stand bleiben. Oder er kann sich der sozialen Netze bedienen, sich kundig machen, wo man sich über Schlitten unterhält, einschlägigen Twitter-Ac-counts folgen. Schon ist er international vernetzt, mit etwas Glück ist vielleicht der Präsident des japanischen Schlitten-verbands dabei – und zehn Jahre später ist der Appenzeller Schlittenbauer mit einem Geschäft in Japan vertreten. Das Beispiel ist extrem, aber man sieht, wie aus Social Media So-cial Business wird. Das hat mit dem klassischen Verständnis von Marketing nichts, gar nichts mehr zu tun.Messmer: Ich finde das Beispiel hochinteressant. Doch die meisten Unternehmen sind für einen solchen Schritt meiner Meinung nach nicht bereit.

Meine Herren, herzlichen Dank für diese spannende Dis-kussion.

*Aufgezeichnet durch Tobias Wessels

Schäfer: Wirklich schlimm endet es, wenn ein Unterneh-men die Social Media Karte zieht, obwohl es gar nicht offen kommunizieren möchte. Denn Social Media bedeutet Dia-log. Wenn ich in ein Unternehmen komme, das sich eine Facebook-Kampagne wünscht, aber Social Media bisher ig-noriert hat, haben wir drei Stunden später ein Change Ma-nagement Projekt am Start. Wer die Möglichkeiten nutzen möchte, muss konsequent sein. Man kann nicht erwarten, die Tür zum Social Web aufzustossen, aber das gleiche Un-ternehmen zu bleiben.Messmer: Das trifft es genau. In den 90er Jahren wurde es populär, in Unternehmensbroschüren zu verkünden, wie offen und zeitgerecht man kommuniziere. Das musste des-wegen aber längst nicht einge-löst werden. Je lauter die offe-ne Kommunikation gepriesen wurde, desto länger dauerte es, bis man ein Presse-Communi-qué auf allen Stufen freigegeben hatte. Ich bin auch der Mei-nung, dass Social Media unser Denken verändert. Dabei halte ich es für hinderlich, dass man zu viel nur über Facebook spricht. Dies verhindert echtes Umdenken, denn Facebook wird zu oft einfach als ein wei-terer Absatzkanal verstanden.

Wir versuchen uns an den möglichen Nutzen heranzutas-ten. Doch nehmen wir einmal die umgekehrte Sichtweise ein: Gibt es nicht Unternehmen, denen es schadet, nicht auf Facebook vertreten zu sein? Weil die junge Generation heute ganz einfach erwartet, alles und jeden auch auf Face-book zu finden?Messmer: Auch wenn dies für ein Unternehmen zutrifft, muss man dafür sorgen, eine stimmige Geschichte zu erzäh-len. Social Media muss mit der übrigen Unternehmenskom-munikation kohärent bleiben. Für eine Pressemitteilung braucht es unzählige Freigaben – und hier sprechen wir von Einweg-Kommunikation –, aber auf Facebook tritt ein willkürlich ausgewählter Mitarbeiter ohne solche Prozesse als Sprachrohr des Unternehmens in echten Dialog mit den Usern. Das leuchtet mir nicht ein. «Freut ihr euch auch auf den Ostermhasen?» Mit Verlaub, das hat doch nicht mit Un-ternehmenskommunikation zu tun.Schäfer: Damit sind wir wieder bei den schlecht vorberei-teten Verantwortlichen oder Kommunikationsabteilungen. Aber ja, um auf die Frage zurückzukommen, von gewissen Anspruchsgruppen wird heute ein Facebook-Auftritt vo-rausgesetzt. Was die nicht die stimmige Kommunikation angeht: Das Community Management, also die Betreuung beispielsweise des Facebook-Auftritts, wird massiv unter-schätzt. Ein typischer Fehler: Man stellt einen 23-jährigen Uni-Absolventen an, weil dieser selbst schon seit zwei Jah-ren erfolgreich twittert. Doch gerade diese besonders di-rekte Kommunikation mit dem Kunden muss bei der Un-

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Kommunikation in sozialen Medien ähnelt grundsätzlich der Krisenkommunikation

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KMU TALK ZUR FRANKENSTÄRKE

Am 17. April 2012 fand im grossen Ballsaal des Trois Rois in Basel der erste von Blickpunkt veranstaltete KMU Talk statt. Moderiert von Kurt Aeschbacher diskutierten Gerold Bührer (eco-nomiesuisse), René Kamm (MCH AG) und Beat Imwinkelried (Grosspeter AG) über das Thema Frankenstärke. Knapp hundert Gäste hatten nach Ende der spannenden Podiumsdiskussion wäh-rend eines Apéros noch die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und alte zu pfl egen.

Gabriel Barell (Valiant Bank AG), Marco Stocker (Valiant Bank AG),

Markus Hauser (Hauser Werbung AG), Christian Wanner

Sandra von Hermanni (Jörg Lienert AG), Bernard Madörin (Artax Fide Consult AG)

Fredi Schödler, Georgette Schödler-Madörin

Udo Grünhoff (Simeno System AG), Anita Kaufmann (Chep AG),

Esther M. Jost (Bohest AG)

Das Podium: René Kamm, Kurt Aeschbacher, Beat Imwinkelried,

Gerold Bührer

PEOPLE

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KMU TALK ZUR FRANKENSTÄRKE

Peter Stutz (Sieber Transport Pratteln AG), Sabrina Hinder (Swisscom AG)

Christoph A. Hug(KMU Swiss AG), George Baumgartner (Busines

Verlags AG), Gerd Suter (GMB Suter Consulting AG)

Daniel Schneider (Neoperl International AG), Rahel Schneider (Infor-

matec Ltd.liab.Co), Esther Schneider (Neoperl International AG)

Jasmine Gasser (Grosspeter AG), Frank Sütterlin (Premium Papers & Media AG)x

Andreas Hasler, Petra Hasler (UBS AG)

Der Blick ins Plenum

Foto

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isa

Bahr

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ans Eingemachte! Abgesehen von einigen Spritzern Zement, de-nen ich gekonnt ausweiche, darf nach gelungenem Rührvorgang festgehalten werden: alles im Eimer. Was in diesem Fall als durch-aus positiv zu werten ist. Ob ich das erste Lehrjahr schon bestehen würde? Der Job beginnt Spass zu machen. Geistige Notiz: Bei einer allfälligen Renovation zuhause wird selbst Hand angelegt.

Meine Aufgabe: Den eben angerührten Gips auf die Decke ei-nes kün� igen Schlafzimmers zu verteilen. Gleichmässig. Dünn. Ohne Unebenheiten. Der Ablauf scheint simpel, wie mein Lehr-meister demonstriert: Gips mit einer kleinen Kelle aus dem Ei-mer holen, auf eine grössere au� ragen, glattstreichen, mit regel-mässigen Zügen auf die Decke au� ringen. Also los. Doch trotz in meiner Wahrnehmung exakt gleicher Kellenführung tun sich mehrere Probleme auf: Weder wird das Ergebnis besonders gleich-mässig, noch sieht mein Chef die Anforderung «dünn» komplett erfüllt. Und von den Unebenheiten wollen wir vorerst gar nicht sprechen. Ich übe. Ich streiche weiter. Ja, ich kämpfe. Die Arbeit wird langsam besser, doch wirklich zufrieden wäre der Kunde damit noch nicht, raunt man mir zu. Ich gebe weiter mein Bes-tes – das in einem zweiten Durchgang von einem geübten Fach-

mann ausgebessert wird. Einen Vorteil hat die nötige Konzentration immerhin: Sie lenkt von zwei unangenehmen Fak-toren ab. Erstens fallen immer wieder kleine Brocken Gips von der Kelle und landen dank dem nach oben gerichte-ten Blick in meinem Gesicht. Zweitens stellt sich das Arbeiten über Kopf wenig überraschend als böser Angri� auf die Schulter- und Arm-Muskulatur her-aus. Beides bemerke ich jeweils, wenn ich kurze Verschnaufpausen einlege. In vollem Ausmass, als der Arbeitstag zu Ende geht. Ich fühle mich wie eine an-tike Büste: Ein Gipskopf, der die Arme nicht heben kann. Fazit: Mission erfüllt.

Randbemerkung: Bis dieser Text entstand, waren zwei Tage Pause nötig. Vorher wollten die Arme nicht wirklich mitspielen..

Grundsolides, bodenständiges Handwerk: Mein neuester Ein-Tages-Job führt mich in einen Gipser-Betrieb in der Ostschweiz. Als wie bodenständig sich die Arbeit tatsäch-

lich oder besser wortwörtlich erweisen soll, wird mir im Vorfeld dennoch nicht bewusst. Lu� sprünge macht man beim Verladen von 40 Kilo schweren Zementsäcken eben keine – und genau da-mit beginnt mein Arbeitstag. Kaum sind die Säcke im Lieferwagen verstaut, folgen noch Rigips-Platten (unhandlich, schwer, aber lös-bar) und vier Meter lange Alu-Pro� le, die ich aus dem Lager holen darf. Vergessen Sie all die Slapstick-Szenen, in denen sich der Held mit einer Leiter auf der Schulter im Kreis dreht und so alles von der Ming-Vase bis zum Aquarium in Einzelteile zerlegt: Für die-se Nummer werde ab sofort nur noch ich engagiert, kein Zweifel. Zum Glück stehen in den Lagern von Handwerksbetrieben nur wenige Ming-Vasen in den Regalen.

Endlich geht es los – ab auf die Baustelle! Tatendrang macht sich breit, die Vorfreude auf ein Stück währscha� es Handwerk. Zu dritt im klassischen Kleintransporter, den ich im Schweis-se meines Angesichts beladen habe. Ich gehöre dazu, das spüre ich! Bis sich die beiden Herren neben mir unter Bemühungen vermutlich aller Fachbegri� e ihrer Branche über die Aufgaben des Tages unterhalten, von denen ich genau so viel verstehe: Eine Wohnung soll neue Wände und Decken erhalten. Gut, klingt machbar. Vor Ort gilt es als Ers-tes, den Gips vorzubereiten. Wasser in einen Eimer geben, die pulverige Mas-se gleichmässig einstreuen – und ein-rühren. Hephaistos sei Dank, steht ein Hand-Rührwerk zur Verfügung, das alles viel einfacher macht. Sagt man mir. Der Probelauf ausserhalb des Gips-Kübels, zu dem mein Lehrmeister rät, geht ohne Schwierigkeiten über die Bühne. Trockenrühren bestanden. Ran

GIPSKOPF MIT SCHWEREM MUSKELKATER

Mitarbeiter des Monats: Tobias Wessels wird beim Gipsergeschäft

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