der modus proferendi in augustins sermones ad populum
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STUDIEN ZUR GESCHICHTE UND KULTUR DES ALTERTUMS
Neue Folge
1. Reihe: Monographien
Im Auftrag der Görres�Geselischaft herausgegeben von HEINRICH CHANTRAINE (t), TONY HACKENS (tl,
RA BAN VON HAEHLlNG, VOLKER MICHAEL STROCKA, I-IANS JüRGEN TSCHIEDEL U. Orro ZWIERLEIN
23. Band
2004
Ferdinand Schöningh Padcrborn . München· Wien· Zürich
LUTZ MECHLINSKY
Der modus proferendi in Augustins
sermones ad populum
2004
Ferdinand Schöningh Paderborn . München· Wien· Zürich
Tilelabbildung: Kirthenlchrer Augustinus. Heiligenkreuzer Handschrift. Codex 186 (um 1140)
Bibliografische Inrormalion der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek veneichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogralie: detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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Umschlaggestahung: Evelyn Zicgler. München
Gedruckt auf umweltfreundlichem. chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem Papiere ISO 9706
Q 2004 Ferdinand Schöningh. Paderborn (Verlag Fcrdinand Schöningh GmbH. Jühenplalz 1.0-33098 Paderborn)
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Beyeriacha Ste.hblbUothek
München
ISBN 3-506-71784-7
uxori ac parentibus
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INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT .................... __ ...... __ .•....... __ .. ------_. _ ...... .......... ........ . 9
A.
B.
EINLEITUNG . ... _ . . -.......... ............... ........... ........ ..... . .. .. . ...... . . 11
1. Augustin als Prediger .. ............ ... ......... ... ..... ........... .... ........ I I
2. Bestand der Sermones . .. ...... _._ ............... __ . __ .. ...... ..... � ........ .
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3. Problemstellung der Arbt ........................................ ,......... 16
VIER THEMENPREDIGEN ... ....... ..... _ ....... ...... . .. .......
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l. SERMO 12 . . . _--••••••.••........•...............•.••.••• -_ ..•.... . .. ... . . __ ..
2.
a) Einflihrung · . . _--_ .......................... ............... . ...... , ..... . .. .
b) Text und Übersetzuq ............ ... . ..... _-_ ....... .. . . .............. .. .
c) Disposition ........................ __ ..................•....... _- .......... .
d) Detailkommentierun (selektiv) . .. . _ . . . ... . ... . ... . . . .. . . ... . . . . . .
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SERM0266 .. ....... . ........................ ................. ... ........... . .. .
a) Einfllhrung . ............................................. .. . ... .. ............
b) Text und Übersetzu� ......................... ....... ....... .............
c) Disposition ............................... .... ......... " .... .....
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d) Detailkommentiertll1 (selektiv) .............. " . . . ..... . . ........ .
e) Zum modus profereIli ............................ d'" ..... . ....... . . .
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J I I
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c.
Inhaltsverzeichnis
3. SERMO 240 157 ----- - - - _ . .. . . . . .. • . . . . . . . . . . . . • .. . . . . . . . . . . •. _ - _ . . . . . . • ... .• .. . .. _ - _ . .
a) Einführung ................. . . . . . . . . . . . . ............ . . . . . . . . . . . ................. 157
b) Text und Übersetzung .. _- _ . . _- - -... .. . . . . . . . . . . . . _ - - --_ .. . . . . _ _ . _ _ . . . .. . .
c) Disposition ...... _ ... . . . . . . . .. .. . . .. . . . . . .. . . . -. -------_ . . . _ . . _ . .. . -_ . . --- - _ . .
.... . . . .. ... . . . . . __ .. . .. . .. _ - _ . . . . .. . d} Detailk\)rrun�ntieiUng (selek.1iv)
e) Zum modus projerend; ... . . . ... . . .. . . .... .... .. .. .. . . .. __ ...... .. __ ... . .
4. SERMO 181 . . . . . . . .. . ... . .. . .... .. . _ -. ....... . .. . .. . . . .. . . . . . . ...... . . ... _-_ . . . . .. .
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a) Einführung ......... .. . . .. ... .... ....... .. .................. ... _ ..... . .......... 218
b) Text und Übersetzung . . . ... . .... .... . . ..... .. . . .. . . . ... .. . . . . . . . .. . . . .. . 220
c) Disposition .... .. ......... . . . . ... . _-_ . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . ... .. . ... . 231
d) Detailkommentierung (selektiv) . . . . . . . .. . . . ... . .. .. . . . . . . . . . . . .. . .. . 233
e) Zum modus projerendi .. . . _- _ ... ... . . . . . . .. . . .. . . . .. . . .. .. .... . . . . . ... . . 244
SCHLUSSBEMERKUNG . . . . . . . . . . . . . _ - _ .... . .. ... __ . . .. . ... .... . . . . . . .. . . . . . . 254
LITERATUR 261 . .. . . . . . ... . . . .. . . . . . . . . . . .. _--_ . . . _--..... -_ . . -- _ ... . . .. . . . - ---- _ .. ----_ .. . . .... . . .
INDICES . . __ ... _ -----_ ...... ... . .. ... . . . . . .. .... . . . .. . . . . ........... ...... ... .. .... .. . . .. _ _ . . ... .
1. Stellen index ... . . _--_ .. . .. . . . . . . . . . . . . __ . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. ... . . . . .. . .. . . . . . . . .
2. Wort- und Sachindex (in Auswahl) . . . . . . . . . . . . . .... ..... ..... . . . .. ...
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VORWORT
Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des Bochumer Graduiertenkollegs 237 "Der Kommentar in Antike und Mittelalter". Sie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 2003 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn angenommen wurde.
Angeregt und betreut hat die Arbeit mein verehrter Lehrer und Doktorvater, Herr Professor Dr. Otto Zwierlein, dem ich rur viel faltigen Ratschlag und mancherlei Korrekturhinweise nicht zuletzt im Hinblick auf Augustins Rhythmustechnik zu größtem Dank verpflichtet bin. Sehr danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Wilhelm Geerlings, der freundlicherweise das Korreferat übernommen und mit kritischen Anregungen gleichfalls für die Verbesserung des Textes gesorgt hat.
Mein Dank gilt ferner den Herausgebern der "Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums" rur die Aufnahme meiner Arbeit in ihre Reihe sowie der Görres-Gesellschaft und ihrem Präsidenten, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Mikat, ftir die großzügige Übernahme der Druckkosten.
Schließlich danke ich all denjenigen, die das Zustandekommen der Arbeit zusätzlich begleitet und durch ihre Kritik verschiedentlich gefördert haben, so vornehmlich meinen Kommilitonen im Bonner Lateinischen Oberseminar und meinen Bochumer Kolleginnen, Frau Brigitte Domanski und Frau Melanie Kurek, die mir beim Satz bzw. der Registererstellung geholfen haben.
Für wertvolle philologische Hinweise bin ich insbesondere auch meinem Bonner Lehrer, Herrn Dr. Heinz-Lothar Barth, sehr verbunden.
Lutz Mechlinsky
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A. EINLEITUNG
1. Auguslin als Prediger
Ist von Augustin die Rede, so denkt man vielfach zunächst an den durch das umfangreiche Opus seiner Schriften wirkmächtigen Philosophen und Theologen.1 Daß der Autor der 'Bekenntnisse' oder des 'Gottesstaates' beinahe vierzig Jahre lang Seelsorger gewesen ist, tritt dagegen allzu leicht in den Hintergrund, obwohl es allermeisl dieser tagtägliche Dienst als Presbyter und später als Bischof war, der ihn dazu veranlaßte, aus Sorge um seine Gemeinde und in Auseinandersetzung mit inner- und außerkirchlichen Gegnern auch schriftstellerisch tätig zu werden.2
Ein Schwerpunkt seines priesterlichen Wirkens war für Augustin das Predigen), das in der christlichen Kirche spätestens seit dem 2. Jh. einen festen Bestandteil des Gottesdienstes darstellte4 und zunächst ausschließlich dem Bischof vorbehalten war. Eine Änderung dieser Praxis setzt im Westen nicht zufällig mit Augustin ein: Wie Possidius v. Calma. Freund
I Nach retr. 2, 67 (CCL 57, 142) bis zum Jahr 427 immerhin 93 Werke mit 232 Büchern. 1 Vgl. etwa A. KUNZElMANN. Augustins Prediguäligkeit. in: M. GRABMANN I J. MAUS·
BACH (Hgg.), Aurelius Augustinus. Die Festschrift der Görres-Gesellschaft zum 150. Todestage des Heiligen Augustinus. Köln 1930, 155. E. DASSMANN, Augustinus. Heiliger und Kirchenlehrer. Stuttgart 1993.25.
) Vgl. KUN'"t.E1->.tANN, a.a.O. Angesichts der FOlie der Augustinusliteratur kann zu diesem Thema hier keine vollständige Bibliographie geboten werden. Für die sermones ad populum (siehe dazu auch weiter oben die Bemerkungen zum Bestand von Augustins Sermones) liegt dazu seit wenigen Jahren vor: H. R. DROBNER, Augustinus von Hippo: Sermones ad populum. überlieferung und Bestand. Bibliographie. Indices. Leiden 2000 (SVigChr 49). Dennoch sollen zu Auguslins Wirken als Prediger an dieser Stelle einige einschlägige Darstellungen einfUhrenden Charakters genannt sein. die tur die hier vorgelegte Untersuchung u.a. von Wert waren (auf weitere Spezialliteratur wird im folgenden, insbesondere im Hauptteil, noch verwiesen): G. MAY, Augustin als Prediger. Seelsorger und Bischof. in: G. MA Y I G. HÖNSCHElD (Hgg.), Die Mainzer Augustinus-Predigten. Studien zu einem Jahrhundertfund. Mainz 2003 (VIEG 59). 95-105, F. VAN DER MEER,
Augustinus der Seelsorger. Leben und Wirken eines Kirchenvaters. Köln 21953. bes. 421-484, ehr. MOHR..\.iANN, Saint Augustine predicateur. in: �tudes sur le latin des chUtiens. Rom 11961, 391-402, E. MOIlLENBERG, Augustins Predigen, in: E. MOHLENBERG I 1. VAl"
OoRT (Hgg.), Predigt in der Alten Kirche. Kampen 1994,9-24, Cardinal M. PB' EGIHNO,
General Introduction: J. E. ROTE'" E (Ed.), The Work.s of Saint Augusrine. A translation for the 21 st Century. Pan 111/1: Sermons 1-19 on the Old Testament. New Vork. 1990. 13-137, K.·H. UTHEMANN, Augustins Predigten - eIße neue Sprache, eine kulturelle Wende. in: Neues Handbuch der Literaturwissenschaft. Bd. 4: Sp:1tantike, hrsg. v. L. J. ENGELS I
H. HOFMANN, 305-310, P.-P. VERBRAKEN. Saint Augustine's Sermons: Why and how to read them today: Augustinian Heritage 33 (1987),105-116 .
.. Vgl. W. SCHOTZ. Geschichte der christlichen Predigt. Berlin 1972.8.
12 Einleitung
und Biograph Augustins berichtet, übertrug Valerius, der greise Bischof von Hippo Regius, dem Mißfallen mancher seiner Amtsbrüder zum Trotz, diesem schon als Presbyter die Aufgabe, in seiner Gegenwart zu predigen, da er um das besondere rednerische Vermögen Augustins wußte, der ihm in der Beherrschung des Lateinischen und wegen seiner rhetorischen Bildung überlegen war. Ein solcher Mann durfte sein Talent zum Nutzen der Kirche nicht unter den Scheffel stellen. So hielt Augustin am 8. Oktober 393 auf dem Konzil von Hippo die Eröffnungspredigt - später als Defide el symbo/0 veröffentlicht (vg!. retr. I, 17 (CCL 57, 52f.)) -, was zur Folge hatte, daß jetzt auch andere Presbyter zu predigen begannen.5
Augustins Erfolg als Prediger rechtfertigte diese Entscheidung. Er war überaus beliebt, und seine Rednergabe wurde auch seitens seiner Gegner anerkannt.' In jeder Gemeinde, die Augustin besuchte, sollte er predigen. In retr. I, pro!. 2 verwahrt er sich dagegen, die Fülle seiner Werke und die Masse der Aufzeichnungen seiner gesprochenen - wiewohl nicht diktierten - Worte als multiloquium anzusehen, fUrchtet aber trotzdem, daß einzelne Stellen sich, wenn schon nicht als falsch, so doch als non necessaria erweiscn könnten. Eingedenk der (aus der Weisheitsliteratur bekannten) Mahnung, die Zunge im Zaum zu hahen, welche ihm in [ac I, 19 und 3, I f. begegnet, rechtfertigt Augustin dabei auch seine häufige Predigt: lantumque mihi /ribu/um es/, ut ubicumque me praesen/e loqui opus esset ad po-
5 Vgl. Possid. vita Aug. 5, 2-5 soncllls vero VoJerius ordin% r eius. 11/ erot vir pius et deum timens. exsultobot et deo gratias agebol suos exaudi/os 0 domino luisse preces. quas se Irequenlissime ludisse norrobot. ul sibi divinitus homo concederelllr taUs. qui passet W!rbo dei el doctrina so/ubri ecclesiam domini aedificare, cu; rei se homo na/ura Graecus minusque Lolino linguo el litteris inslructus minus uli/ern pervidebot. eidern presbytero poleslatem dedit se corom in ecclesia evangelium proedicondi oc frequentissime lroctondi, contra usum quidem el consueludinern Alriconorum ecc/esiorurn: unde eliom nonnulli episcopi delrahebonl. sed ille vir venerabilis oe providus, in orientalibus ecclesiis id ex nlore fler; seiens el eerlus, et utilitati ecclesiae consulens. oblree/antillm non curabat linguos, dummodo loelitaretur a presbylero. quod a se episcopo inpleri mi· nime posse eernebat. unde adcenso el ordens levata super eondelabrum lucerna omnibus qui in domo eranl lucebol. et posteo curren/e el volante huiusmodi lama. bono proeee· dente exemplo, adcepta ob episeopis poleslaIe, presbyter; nonnulli coram episeopis popufis /raelare eoeperunl. Vgl. außerdem W. GEERUNGS, Augustinus. I. Leben: LAeL), 80. 6 Vg!. KUNZELMANN, Predigttätigkeit, 156, der dazu auf die Secundini Manichaei episl. ad Aug. 3 verweist, in welcher der maniehäische Auditor, der Augustin wieder für den Ma· nichäismus gewinnen will, ihn als summum oratorem et deum paene totius eJoquentiae bezeichnet. Was hier der captatio benevoJentiae dient, konnte anders gewendet freilich auch als Invektive genutzt werden. So wirft ihm etwa der Oonatist Cresconius vor, ein 'Oisputierkünstler' (dialecticus) zu sein (vgl. Cresc. I, 16 (CSEl 52, 339) und dazu F.
WEISSENGRUDER, Augustins Wertung von Grammatik und Rhetorik im Traktat Contra Cresconium: Hermes l OS (1977),106).
Einleitung 13
pulum, rarissime tacere atque alios audire permitterer, el esse velox ad audiendum, lardus aulern ad loquendurn (CCL 57, 6)' Selbst im hohen Alter, so beklagt er sich einmal in dem nach 425 geschriebenen s. 94, wollte man ihn, auch wenn jüngere Amtsbrüder anwesend waren, nicht von dieser Aufgabe entlasten' Solange es ihm möglich war, d.h. bis zu dem heftigen Fieber, an dem der Bischof im dritten Monat der Belagerung von Hippe durch die Vandalen erkrankte, ruhlte er sich der Gemeindepredigt besonders verpflichtet: verbum dei usque ad ipsam suam extremam aegrjtudinem jnpraelermisse9, a/acriler et forliter, sana mente sanoque consilio in ecclesia praedieavil (possid. vita Aug. 31, 4).
Augustin predigte in Hippe Regius, aber auch in anderen Städten Nordafrilcas, besonders in Karthago auf Einladung seines Freundes Aurelius, der dort Bischof war. Gesetzt, daß Augustin nur jeden Samstag und Sonntag gepredigt hätte, müßte bereits mit mehr als 4000 Predigten gerechnet werden. Er predigte darüber hinaus aber oft auch während der Woche, vor allem in Festzeiten oder an Feiertagen, bisweilen sogar mehnnals täglich, so daß es nicht zu hochgegriffen erscheint, wenn annähernd die doppelte Zahl von Predigten zu veranschlagen ist.'O
Wie steht es bei einer solchen Arbeitsbelastung mit der Vorbereitung? Man darf wohl mit Recht vermuten, daß Augustin diese Predigten in der Regel nicht schriftlich konzipiert hat. Im Verhältnis zu seinen ausgearbeiteten Büchern besaßen sie, wie Possidius zu verstehen gibt, improvisatorischen Charakter, waren dabei aber ein nicht minder effektives Instrument seiner durch die kirchenpolitische Auseinandersetzung bestimmten Lehre und Verkündigung: el docebat et praedicabat i/le, privatim el publice, in dorno et in ecclesia, sa/utis verbum curn jiducia (rückhaltlos) adversus
7 Die vom Apostel mit Sir 14, I rur die Gemeindelehrer geforderte 'Vollkommenheit' (Iac 3, 2 si quis in verba non offendit, Me perfectus est vir), will Auguslin, wie er an dieser Stelle erklärt, nicht im jetzt hohen Alter und schon gar nicht rur sein Schreiben und Pre· digen in jungen Jahren beanspruchen; der greise Bischof sucht vielmehr durch das kritische iudicium Ober seine Schriften einer mißbilligenden Beurteilung des 'einen Lehrers' zu entgehen (vgl. cbd.).
• Vgl. PL 38, 580 domini fratres et coepiscopi me; praesentia quidem sua nos v/sitare et uni/arare dignati SEml: sed nescio quare no/um me fess11m adiuvare. hoe ideo caritati vestrae dixi ipsis audientibus, ur quodam modo Qlldienria vesrra intercedar pro me aplld Was, ul qllando eos rogo faciant et ipsi sermonem. erogen' quod acceperunl, opera'; magis quam excusare dignen/ur. a me autem latigato el vix /oquenre, pauco libenter accipi· te. Vgl. KUNZELMANN, Predigttätigkeit, 157 u. ders., Die zeitliche Festlegung der Sermonesdes HI. Augustinus. Würzburg 1928,79. 9 Gleich cl.xQQ<lAclXTtoe;, vgl. Soutcr 189 ad loe .
• 1 Vgl. PELLEGR1NO, General Introduction, 22, VERBRAKEN, Saint Augustine's Sermons, 106, sowie DRoBNER, Überlieferung, 5.
14 Einleitung
Africanas haereses maximeque contra DonaJislas, Manichaeos er paganos. libris confectis et repentinis sermonibus. ineffabiliter admirantibus Christianis et conlaudantibus et hoc ipsum, ubi po/erant, non tacentibus el diffamantibus (Possid. vita Aug. 7, I).
Freilich ist nicht auszuschließen, daß gelegentlich auch mit einer schriftlichen Vor- oder Nachbereitung von Predigten zu rechnen ist.11 Als Beleg damr galt lange der letzte Satz der Retractationes, wo Augustin darauf hinweist, daß die Veröffentlichung der Umarbeitung seiner Werke in zwei Büchern erfolgt sei, ohne daß er noch damit habe beginnen können, auch die Briefe und die teils diktierten, teils vorgetragenen Predigten wieder vorzunehmen: retr. 2, 67 atque ipsam eorum [sc. operum] relraclationem in liöris duobus edidi urgen/ibus [ra/ribus, antequam epistulas atque semwnes ad populum, alias die/a/os alias a me die/os, re/raetare eoepissem (CCL 57, 142f.). In der von ihm besorgten Ausgabe des CSEL (Wien 1902) hat Knöll an dieser Stelle die von dem Codex Petropolitanus [saee. VIII] gebotene Lesart alias dictalas alias a me die/os aufgenommen, womit lediglich den Briefen Schrirtlichkcit attestiert wäre.
Insbesondere Roy J. Deferrari, der seine Forschungen 1922 in dem Aufsatz' Augustine's Method of Composing and Delivering Sermons' zusammengefaßt hat'2, sah sich entgegen der bisher herrschenden Meinung durch Knölls Edition in seiner Auffassung bestätigt, daß Augustin seine Sermones zu keiner Zeit niedergeschrieben habe.13 Darüber hinaus glaubte er, aus dem nach seiner Beobachtung generell ungeordneten und unabgeschlossenen Charakter der von nolarii mitstenographierten und später transkribierten Predigten schließen zu können, sie seien nie auch nur irgendeiner Revision unterzogen worden, schon gar nicht durch Augustin selbst.14
Daß die Sermones Augustins ebenso wie bei anderen berühmten Kanzelrednern mitgeschrieben wurden, steht außer Zweifells, daß Augustin aber nie eine solche Fassung vor Augen gehabt haben soll, wäre, wie Christine
11 DoLBEAU vermutet jüngst sogar, Augustin habe in seinen Predigten zwar gelegentlich improvisiert, halte sich im allgemeinen aber an einen schriftlichen Entwurf. den er zuvor meditiert habe! Vgl. F. DoLBEAU, Die in Mainz wiederentdeckten Predigten Augustins, in: G. MAY I G. HÖNSCIIEID (Hgg.), Die Mainzer Augustinus-Prediten. Studien zu einem1 Jahrhundertfund. Mainz 2003 (VJEG 59), 2.
12 American Journal of Philology 43 (1922), 97-192; 193-219. U VgL ebd., 99-101. 14 Vgl. ebd., 219. IS VgL dazu Chr. MORHMANN, Die altchristliche Sondersprache in den Sermones des hl.
Augustin. I. Teil: Einfuhrung, Lexikologie, Wortbildung. Amsterdam 2 1965 (LCP 3), 23f. mit Hinweis besonders aufPossid. vita Aug. 7, 3; siehe auch PELLEGRINO, General lntroduction, 16-18.
Einleitung 15
Mohrmann zu bedenken gibt, angesichts seiner akribischen Gewissenhaftigkeit eher unwahrscheinlich. Vennutlich hat er sich manche Mitschrift zeigen lassen und dann auch hier und da Korrekturen vorgenommen.16
Nach Pierre-Patrick Verbraken zeugt gerade die oben zitierte Bemerkung aus retr. 2, 67 damr, daß Augustin mehrere Sermones selbst ediert hat.!'
2. Bestand der Sennones
Wenn bisher von Augustins Predigten die Rede war, so waren damit besonders die sog. Sermones ad populum gemeint, also diejenigen. die Augustin allenneist im Rahmen der Liturgie gehalten hat, während andere seiner Predigten, wie etwa viele der 124 In lohannis evangelium tractatus oder manche der Enarrationes in Psalm OS, auch außerhalb der gottesdienstlichen Versammlung vorgetragen oder überhaupt nur niedergeschrieben wurden. II
Die Forschung erkennt gegenwärtig 559 Sermones ad populum als echt ao.19 Ihre Numcrierung und Einteilung geht zurück auf die wissenschaftliche Arbeit der französischen Benediktiner-Kongregation vom H1. Maurus. Im Rahmen ihrer Gesamtausgabe der Werke Augustins in 11 Bänden (Paris 1679-1700) schieden die Mauriner mit großer Zuverlässigkeit 396 echte von 317 pseudo-augustinischen Predigten. Die echten Sermones unterteilten sie in vier Gruppen:
(1) descripturis (Nr.I-183)
16 Vgl. MOHRMANN, a.a.O., 24.
n Vgl. P._P. VERBRAKEN, Eludes critiques sur les sermons aUlhenliques de saint Augustin. Sieenbrugge 1976 (IP 12), 197: ,,11 ne fait aucun doute que saint Augustin ait edite plusieurs dc ses sennons, ccux-Ia prcciscmcnt auxquels iI songcail a consaercr un dcrnicr livre dc Retractationes, qui ne vitjamais lejour." (mit Hinwcis aufCSEL 36, 202). !I Vgl. Dcrs., Saint Augustine's Sermons, 105.
19 Eine kurzc Darstcllung dcr Überlieferungsgesehichte der Sermones, angcfangen von dcn Sammlungen, die vennutlich schon Kopisten nach den in der Bibliothck von Hippo vorhandenen Handschriften (siehe dazu Operum S. Augustini elenchus a Possidio eiusdcm discipulo Calamensi episcopo digestus, ed. A. WtLMART, in: Miscellanea Agostiniana 11. Rom 1931, 191-207) oder auch die Slenographen selbst angefertigt haben, über die von
Cäsarius von Arles und im späteren Mittelaltcr kompilierten Homiliarien bis hin zu der crsten gedruckten Edition von 40 Predigten im 15. Jh. gibt PEUEGRINO, Gcneral lntroduetion, lSr. Siehe dazu jüngst auch A. MERKT, Vom Mund zum Auge. Der Weg des Wortes vom antiken Prediger zum modemen Leser, in: G. MAY I G. HONSCHEID, Die Mainzer Augustinus-Predigten. Studien zu einem lahrhundertfund. Mainz 2003 (VIEG 59), 109-121, vgl. ferner VERBRAKEN, Saint Augustin' Sermons, 106-108, und ausfUhrlieh zu den antiken und mittelalterlichen Sammlungen ders., Etudes critiques, 197-234. Über die Überlieferung der Sermones seit der Maurinerausgabe (s.o.) und ihren aktucllen Bestand infonniert DROBNER, Überlieferung, 3-40.
16 Einleitung
(2) de lempore (Nr. 184-272) [geordnet nach den Festzeiten im Kirchenjahr]
(3) de sanclis (Nr. 273-340) [geordnet nach den Heiligengedenkta-gen im Kirchenjahr]
(4) de diversis (Nr.341-392). Später gefundene Predigten, die sog. post Maurinos reperti, wurden in
dieses System mit den Buchstabenzusätzen A-Z je nach Zugehörigkeit . 'h 20 emgerel 1.
3. Problemstellung der Arbeit
Über solche vor dem Kirchenvolk gehaltenen Sennollcs Augustins schreibt Eduard Norden: "Wer diese Predigten gelesen hat, weiß, daß sie heute selbst den Gebildeten inhaltlich Schwierigkeiten machen und äußerlich durch ihre bei aller Einfachheit doch geradezu raffinierte Fonngebung überraschen ...
21 Demgegenüber findet sich in einschlägigen Darstellungen zur christlichen Predigt bei aller Wertschätzung des unpreziösen und auf Verständlichkeit angelegten Stils immer wieder auch der Vorwurf einer gewissen Unausgeglichenheit, die schon Deferrary festgestel1t hatte. So kommt etwa Johann Baptist Schneyer zu dem Urteil, Augustins Vorträge seien wohlausgedacht und genau überlegt, in der Ausführung aber lasse sich Augustin oft von der FOlie seiner Gedanken und Einf,iIIe treiben."
Wemer Schülz sieht in den Sennones keine Klauseltechnik, aber mancher· lei rhetorische Klang· und Stilfonnen verwendet. Zu den Schwächen der Predigten rechnet er es, wenn Augustin auf Gliederung und Thematik ver· zichte.21
Angesichts des oben kurz skizzierten Erfolgs, den Augstin als Prediger hatte, müssen derartige Urteile verwundern, entsteht doch der Eindruck, der erfahrene Rhetor habe auf die geordnete Gestaltung seiner Rede wenig Wert gelegt. Daß das Gegenteil die Regel war, bezeugt deutlich ein Gespräch, welches uns Possidius überliefert hat: Im Kreis der in Hippo mit
20 Vgl. cbd., 3.5. 21 E. NORDEN, Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. ehr. his in die Zeit der Re
naissance. Bd. I. Stuttgan '1958, 537. II V gl. J. B. SCHNEYER, Geschichte dcr katholischen Predigt. Freiburg 1969, 80f. 2J Vgl. SCHÜTZ, Geschichte, 39f. In bezug auf die rhythmische Gestaltung der Sermones
ähnlich jetzt wieder UTHEM .... NN, Augustins Predigten, 3 1 0: "In seinen Predigten vermeidet er sie [sc. die Klauseln], in einer theoretischen Schrift wie jener "Über den Gouesstaat" weiß er sie zu gebrauchen. Beherrschung rhythmisch klangvoller Prosa ist für ihn nicht an Klauseltechnik gebunden."
Einleitung 17
ihm in klösterlicher Kommunität lebenden Kleriker" kommt Augustin beim gemeinsamen Mahl auf seine an diesem Tag gehaltene Predigt zu sprechen und gibt zu bedenken: Advertislis hodie in ecclesia meum sermonem eiusque ini/iurn e/ finem contra meum consue/udinem processisse, quoniam non earn rem terminatam explicaverim quam proposueram, sed pendentem relinquerim (Possid. vita Aug. 15, 2). Wäre dieses Abweichen vom angekündigten Thema, von dem Augustin glaubt, der Herr habe damit einen fehlgeleiteten Hörer auf den rechten Weg bringen wollen2S• keine ungewöhnliche Ausnahme gewesen, ließe sich schwerlich die Reaktion der Mitbrüder des Bischofs erklären: cui respondimus: "ita nos in tempore miralosfuisse scimus et recognovimus." (ebd., 15, 3).
Wie sehr Augustin an einem rhetorisch gelungenen Vortrag gelegen war, zeigen auch seine theoretischen Empfehlungen, die er dem christlichen Redner gibt. Neben der 400-405 entstandenen Schrift De cathecizandis rudibus, in welcher er darlegt, wie eine interessante Unterweisung derjenigen gelingen kann, die sich um die Aufnahme in das Katechumenat bewerben26, ist dazu vor allem das vierte Buch von De doctrina christiana heranzuziehen. Augustin hatte in den Jahren 396/397 die ersten zwei Bücher und Buch drei bis zum 25. Kapitel fertiggestellt, die Arbeit dann aber unterbrochen, vielleicht, weil er Zeit fiir die Abfassung der Confessiones gewinnen wollte. Erst bei den Retractationes stieß er 425/426 wieder auf die libros imperfectos, die er zunächst beendete, bevor er zu der Korrektur weiterer Schriften überging (vgl. relr. 2, 4, 2 (CCL 57, 92f.)).21 Allgemeines Thema von De doclrina christiana sind, wie Augustin zu Beginn des Prooemiums angibt, 'gewisse Vorschriften rur die Behandlung der HI. Schrift' (praecepLa quaedam tractandarum scripturarum), mit denen er sich an diejenigen wendet, die willens und fähig sind zu lernen (volentibus eL valentibus discere), so daß offenbar bewußt keiner ausgeschlossen werden soll, filr den das
24 Siehe dazu besonders VAN DER MEER, Augustinus, 215-222. 13 Vgl. ebd., 15, 3. Die nachfolgend berichtete Bekehrung eines manichäischen Kaufmanns
bestätigt dann diese Vennutung. 26 Vgl. C. MAYER, Cathecizandis rudibus (Oe-): All, Sp. 794. Bevor die Schri:\ dem leser
zwei Musterkatechesen an die Hand gibt (§§ 23-55), infonnien sie zunlchSi theoretisch über die rhetorisch-didaktischen Anforderungen, die mit diesem UnterTich: verbunden sind. Den Inhalt dieses ersten Hauptteils (§§ 5-22) faßt Augustin im Prooenium rur den unmittelbaren Adressaten Oeogratias folgendermaßen zusammen: itaque prus de modo narralionis quoo te velle cognovi. tum de praecipiendo atque cohortando. plStea de hac hilaritale (die der Katechet selbst haben muß, um suavis sein zu könnm) ({)mparanda, qulU deus suggesserit. disseremus (CCl46, 124).
27 Vgl. K. POLLMANN, Doctrina Christiana. Untersuchungen zu den Anfll.n18cnder christlichen Hermeneutik unter besonderer Berücksichtigung von Augustinl)s, )e doctrina christiana. Freiburg I Schweiz 1996 (Paradosis 41), 66f.
18 Einleitung
Werk von Gewinn bei der Schriftlektüre und ihrer Auslegung sein kann." Die Iraclalio scriplurarum stützt sich nach doctr. ehr. I, I (CCL 57, 6) auf zwei Methoden, mit denen zugleich die Disposition der Schrift angegeben ist:
(I) auf den modus illvelliendi quae intellegenda sunt (Buch 1-3) (2) auf den modus proferendi quae inlellecla sunl (Buch 4).
Das vierte Buch, welches rhetorisch gesprochen nach der inventio, d.h. hier dem Auffinden der deutungsbedürftigen Schriftstellen, die eloculio, mithin den sprachlichen Ausdruck dieser Einsichten vermitteln so1l29, wendet sich wohl besonders an den christlichen Katecheten oder Prediger.lO Augustin will kein Handbuch der Redekunst schreiben, und sein orator ist nicht mehr der Politiker auf dem Forum, wie noch in der Republik, oder gar der typische Deklamator des sophistischen Schulbetriebs seiner Zeit. Dennoch geht es ihm erkennbar darum, daß auch der christliche Redner als Ausleger der Schrift und Verteidiger des Glaubens rur seine persuasive Aufgabe gerüstet ist." So enthält doctr. ehr. 4 zunächst eine kurze Einfllhrung über den Nutzen des Erlemens der rhetorischen praecepta in jungen Jahren und eine Relativierung der Wichtigkeit dieser Bildung in fortgeschrittenem Alter, das zur Beredsamkeit auch durch die Nachahmung geeigneter Vorbilder gelangen kann (§§ 1-5). Darauf folgen, ganz allgemein gesprochen, eine Beschreibung christlicher eloquentia (§§ 6-26), die Prüfung der von Cicero genannten officia oraloris in Anwendung auf die Schrift und die christliche Predigt (§§ 27-33) sowie die Untersuchung ihrer Verbindung mit den genera eloculionis (§§ 33-58), eine Behandlung des rhetorischen Ethos des christlichen Redners (§§ 59-63) und ein kurzer Epilog (§ 64)."
21 Vgl. Augustine, Oe Doctrina Christiana, cd. and trans!. by R. P. H. GREEN. Oxford 1995, Introduction X.
29 V gl. NORDEN, Antike Kunslprosa I, 617. Gegen diese rhetorische Erklärung der Disposition, die zugegeben schablonenhaft bleibt - die Theologen werden hier lieber von 'Hermeneutik' und 'Homiletik' oder 'Exegese' und 'Predigt' sprechen - kann man schwerlich einwenden, daß drei Arbeitsgänge des Redners nicht berOcksichtigt seien (nämlich dispositio, memoria und Del;o - so etwa K. POUMANN im Nachwort ihrer Übersetzung zu doctr. ehr., S. 280f.); denn die gesamte oralio laßt sich nach rhetorischer Theorie mit gewissem Recht als zweiteilig auffassen, vgl. Lausberg § 454 mit Hinweis auf Quint. inst. g pr. 6 oraliQnem ( ... ) omnem conslare rebus et verbis: in rebus inluendam inventionem, in verbis eloculionem, in ulraque col/ocationem,
30 Vgl, POLLMANN, Doctrina Christiana, 73. 11 Vgl. M.L. CURKE. Rhetorie at Rome: a historical survey. Rev. and with a new introdue
tion by D.H. BERRY. London )1996, 153 sowie G. A. KENNEDY, Classical rhetorie and ils christian and seeular tradition from ancient 10 modem times. London 1980, 159.
n Vgl. ebel., ISS.
Einleitung 19
Daß Augustin als Prediger seinen eigenen Empfehlungen aus De doctrina christiana folgt, hat bereits George Wright Doyle für eine Auswahl aus den Traktaten zum Johannesevangelium gezeigfl sowie jüngst, bezogen auf cn. Ps. 69, Hildegund Müller durch den Nachweis einer rhetorischen Struktur, die bewußt zu einer emotionalen und intellektuellen Konversion zu bewegen suche4.
Die vorliegende Arbeit will nun auch die rednerische Praxis Augustins in ••
den sermones ad populum vor dem Hintergrund seiner theoretischen Auße-rungen in doctr. ehr. 4 untersuchen und fragen, ob sich die von Norden allgemein festgestellte .. raffinierte Formgebung" im Einzelfall wirklich belegen läßt. Zu diesem Zweck empfahl sich eine methodische Beschränkung auf Predigten, welche nicht den Charakter solcher 'Homilien' haben, die in ihrem Duktus lediglich eine Schriftstelle Vers für Vers auslegen. sondern vielmehr von einer bestimmten sententia ausgehen und im Anschluß an diese eine vom Prediger gewählte quaestio behandeln.3s Die Auswahl fiel nicht leicht. Um neben der Analyse des modus proJerendi zugleich einen Einblick in wichtige Anliegen der auguslinischen Verkündigung zu geben, wurden vier Themenpredigten aus der Vielzahl der Sennones herausgenommen, die sich in charakteristischer Weise mit den wichtigsten Gegnern Augustins auseinandersetzen: s. 12 gegen die Manichäer, s. 266 gegen die Donalisten, s. 240 gegen die Heiden, s. 181 gegen die Pela-
13 Vgl. G. W. DovLE, St. Augustine's Tractates on the Gospel of John compared with the rhetorical lheory of O e doclrina christiana. Chapei Hili 1975.
l4 Vgl. H. MÜUER, Theory and praclice of preaching: Augustine, Enarrationes in psalmos and de doctrina christiana: StPatr 38 (2001), 233-237.
lS 'O�)Ja, im profangriechischen Gebrauch schon das Gespräch zwischen Lehrer und SchU. ler bezeichnend (vgl. LSJ 1222 s. Y. 3. mit Hinweis auf X. Mem.l, 2, 6. 15), wurde der christliche Begriff fUT die die Gemeinde belehrende, oft in freier Gedankenentwicklung vorgetragene Predigt über eine Schriftstelle (seit dem 4. Jh. im Westen auch latinisiert als homilia oder übersetzt mit traclalus [vgl. Augustin über seine eigenen Predigten in ep. 224,2 (eSEL 57, 453) el duo iam volumina absolveram retractatis omnibus Iibris meis, quorum numerum nesciebam eosque CCXXX et duos esse cognovi; res/abant epistulae. deinde tractatus populares, quas Graeci homilias vocant.] bzw. sermo). Zu der vornehmlich exegetischen Homilie traten im 4. Jh. Predigtformen, die stärker thematisch ausgerichtet waren wie Fesnags-, Heiligen-, dogmatische Predigten, Trauerreden, Katechesen. Vgl. M. FIEDROWtCZ, Homilie: lACLJ, 340f., NORDEN, Antike Kunstprosa J, 537-545 sowie ehr. SCHAUBUN. Zum paganen Umfeld der christlichen Predigt, in: E. MÜHLEN.
BERG I 1. VAN OoRT (Hgg.), Predigt in der Alten Kirche. Kampen 1994, 43f., der ,,Auslegungs-Homilien" von den in Disposition und DurchfUhrung schwieriger zu beurteilenden
"Homilien" unterscheidet, die thematisch an ,,kleinere Textkomplexe" oder eine einzige ,.sententiola" angebunden sind.
20 Einleitung
gianer. Zu keinem dieser Sennones liegt bisher eine ausftlhrliche Kommentierung vor; s. 240 und s. 266 wurden noch nicht ins Deutsche übersetzt.J6
16 S. 181 wurde zuletzt von C. HAAS ins Deutsche übcrsettt, vgl. Auguslinus-Postille: Eine Auswahl aus den Reden des heiligen Augustin auf das Kirchenjahr vertheilt und aus dem Lateinischen übersetzt flir Prediger und zur Privalcrbauung von C . HAAS. Tilbingen 1861, 6 13-622. Zu s. 12 ist jüngst eine mit kurzen Anmerkungen versehene Übersetzung greif. bar bei H. R. DROBNER. Augustinus von Hippo. Predigten zu den Büchern Exodus, Königen und Job (Sermones 6-12). Einleitung, Text. Übersetzung und Anmerkungen. Frankfurt a. M. 2003 (Patrologia 10), 263-293.
B. VIER THEMENPREDlGTEN
I. SERMO 12
a) Einflihrung
In seinem Indiculum, welches Possidius von den Schriften, Briefen und Predigten Augustins nach Maßgabe ihrer apologetischen Ausrichtung angelegt hat, werden am Ende der vierten Gruppe, die die antimanichäischen Werke umfaßt, mit den Titeln 29-33 auch flinf Tractatus aufgeflihrt: 29. De: In principio feeit deus caelum el terram, et: In principio erat verbum. 30. Ex eo quod in Aggeo propheta scrip/um est: Meum est aurum cl meum est argentum, contra quas supra. 31, De die domini secundum Sophoniam prophelam contra quos supra. 32. De sacrificiis spiritalibus contra quas supra . 33. Ex eo quod in lob scriptum est: Venerunt angeh in conspectu dei cl diabolus in medio eorum, el ex evangelio: Beati mundo corde quia ipsi deum videbunt, contra quos supra)' Während die an 31. und 32. Stelle genannten Predigten bisher nicht aufgefunden wurden, lassen sich aus der Gruppe die ersten bei den sicher mit den ss. 1 und SO, die letzte mit s. 12 identifizieren.3B In jeder dieser drei Predigten antwortet Augustin auf eine Quaestio, die eine alttestamentliche Schriftstelle durch scheinbar gegenteilige Aussagen des NT als unglaubwürdig erweisen will, eine Methode, welche sich schon Markion in seinen' Antithesen', später dann aber besonders der Manischüler Adimantus zunutze gemacht hatte)9, der in s. 12 ausdrücklich als Verfasser derartiger Verleumdungen genannt wird (s.u. Z. 23f.).
Man hat daher wohl zu Recht festgestellt, daß es sich hier um Sermones handelt, in denen Augustin nach eigenem Bekunden ebenso wie in seiner Schrift Contra Adimantum eine Reihe derjenigen Streitfragen des Adimantus gelöst hat, die anscheinend in Hippo Regius im Umlauf waren und ihm während seiner Zeit als Presbyter erstmals zugetragen wurden, vgl. retr. 1,
17 Possid. indic. p. 167. 11 Vgl. Sancti Aurelii Augustini sennones de Velere Testamento, rcc. C. LAM80T. Tumholt
\96\ (CCL4\), 2. 19 Er ist vennutlich identisch mit Addas, einem der drei ersten Apostel Manis, der die mani
chäische Mission im 3. jh. bis nach Ägypten und Libyen brachte und durch sein gerade in gebildeteren christlichen Kreisen einnußreiches Werk zu einer Ausbreitung der Sekte in Afrika beitrug, vg\. F. DECRET, Aspccts du manicheisme dans I'Afrique romaine. Les controverses de Fortunatus, Faustus el Felix avec saint Augustin. Paris 1970, 13 u. Ders., Adimantus: AL I, Sp. 94f.
22 Vier Themenpredigten
22, I (CCL 57, 63f.) eodem tempore [d.i. im Jahr 393/394)" venerunI ad manus meas quaedam disputationes Adimanti, qui luera! discipulus Manj· chef, quas conscripsit adversus legern el prophetas. velut eon/raria eis evangelica et apostolica scripta demonstrare conatus. hufe ego respondi verba eius ponens eisque reddens responsionem meam. quod opus uno volumine conc/usi, e/ in eo quibusdam quaestionibus non semel sed iterom respondi, quoniam quod prima responderam perieral et tune ;nven/um est, eum farn iterum respondissem. aliquas sane eanmdem quaestionum popularibus ecclesiaslicis sermonibus solvi. adhuc etiam quihusdam non respondi; aliquae remanserunl, quae rebus aliis magis urgentibus prae/erm;ssae sunl cumulo quoque oblivionis adiunclo.41
Freilich deuten gerade Augustins Hinweise auf die von ihm produzierten Dubletten und den Aufschub mancher Quaestiones darauf hin, daß er sich mit ihnen nach der ersten Konzeption von c. Adim. weiter beschäftigt hat, vennutlich auch noch geraume Zeit, nachdem das Werk veröffentlicht war�2, dessen unabgeschlossenen Charakter er ebenso an anderer Stelle
40 Vgl. Ders., Adimantum Manichei discipulum (Contra-): AL I, Sp. 91. '1 LAMBQT nimmt cbenso wic F. CAVALLERA, Notes chronologiques et hagiographiqucs sur
quelques sennons de saint Augustin: BL 31 (1930), 21-23 an, daß die Reihe der ss. 1, 50, 12 in dic Zeit von Augustins Presbyteriat fällt, wobei er mit KUNzEl.MANN vermutet, daß s. I vor c. Adim., also in die Jahre 391-393, zu datieren sei, da Augustin andernfalls am Ende der Predigt auf dieses Werk hingewiesen hatte. Daß solche Bemerkungen schwerlich eine Gewohnheit des Predigers waren, hat schon A. C. OE VEER, La date des sermons I, XII et L de saint Augustin: REAug 15 ( 1969), 24 5 festgestellt, der aufgrund der Zusammenstellung der Predigten im Indiculum sowie ihrer thematischen und mcthodischen Gemeinsamkeiten vellilutet, daß Augustin sie einschließlich der heiden verlorenen ss. in nicht allzu großem Abstand 394-395 gehalten habe, und zwar in der von Possidius angegebenen Reihenfolge (vgl. ebd. 244f). Von den Jahren vor 396 geht ebenso die Mehrzahl der übrigcn Datierungsvorschläge aus, vg!. P.-P. VERßRAKEN, Etudcs critiques, 53 (s. I meist 391 -393). 55. 65, in neuerer Zeit mitunter auch E. HILL, Sermons 1 (1-19) on the Old Testament: J. E. ROTELLE (Ed.), The Works ofSaint Augustine. A Translation for the 2 1 st Century. New York 1990, 1 39. 141, u. F. DEeRn, Contra Adimantum, Sp. 93. Note 4 . Dagegen hat jüngst H. R. DooNER. Augustinus von Hippe, Predigten zum Buch Genesis (Sermones 1 -5). Einleitung, Text, Übersetzungen und Anmerkungen. Frankfurt a. M. 2000 (Patrologia 7), 21-23 rur s. I eine grundsätzliche Undatierbarkeit, zumindest innerhalb von Augustins antimanichaischer Phase (bis spätestens 4 1 01411), behauptct (s. dazu weiter oben im Text), s. 12 datiert DROBNER wegen der Erwähnung des Adimantus "mit gewisser Wahrscheinlichkeit" auf die Jahre 394/395, 'Igl. Ders., Sermones 6-12, 264 u. 266.
42 Vgl. C. P. MAYER, Die antimaniehaischen Schriften Augustins. Entstehung, Absicht und kune Charakteristik der einzelnen Werke unter dem Aspekt der darin verwendeten Zeichentennini: Aug 14 (1974), 295. Anm. 96.
Senno 1 2 23
beklagt." Für manche der gegen Adimantus gerichteten Predigten dürfte
folglich kaum sicher auszuschließen sein, daß Augustin sie erst als Bischof gehalten hat, zumal auch die ersten Jahre seines Episkopats noch deutlich die Auseinandersetzung mit dem Manichäismus erkennen lassen.44
Von den 55, I , SO und 1 2 lassen aber immerhin die ersten heiden ein recht frühes Datum vermuten, da der Prediger es sich dort offenbar besonders zur Aufgabe macht, der Gemeinde erst einmal die manichäische Argumentationstechnik in ihrer methodischen Unredlichkeit vorzustel1en.�s Zum Zeitpunkt von s. 12, der im folgenden untersucht werden soll, haben die Hörer diesen ' Anfangsunterricht' offenbar schon genossen (vgL das Prooemium). Der Prediger will seinen Vortrag jetzt vielmehr dazu nutzen, die Gemeinde mit Blick auf eine aktuelle Quaestio zu selbständiger Apologie anzuleiten, weshalb der zweite Teil der Argumentatio auch besonders auf Ungereimtheiten der manichäischen Lehre selbst eingeht, soweit sie in einer funktionalen Verbindung mit dem Thema stehen . S. 12 wird also nach s. 1 und 50 von Augustin gehalten worden sein, sollte aber ebenfalls seinen früheren
·U Vgl. c. adv. leg. 2, 42 (CCL 49, 1 3 1 ) contra hoc autem maligllum machinamentum (d.i. die Schriftkritik des Adimantus) iam olim seripsimus, ut paulo ante eommemoravi, el ipsum opusculum nos/rom habere \lOS credo. quamuis quaedom sint perpauea in fine ipsius operis Adimanli. qllibus non respondi, nescio quibus enim, utfier; solel, ineurren· tibus, quae magis videbanlur urgere, Wa interrupla sie remanserunl. Siehe dazu die Ein· leitung zu c. Adim. von M. JOURJON in: <Euvres de Saint Augustin: BA 17. Six Trailcs Anti.Manichccns. Paris 1961, 205 .
•• So zutreffend DROBNER, Sermones 1·5, 23, der zu bedenken gibt, daß Augustin zu Beginn dieser Zeit etwa noch das grundlegende Werk Contra epislulam Manichae; quam weant fundamenli verfaßt und sich später (397/398 womöglich sogar erst 403-405) in Gentra Fauslum Maniehaeum auch wieder der Verteidigung des AT gewidmet habe.
�s Vgl. etwa s. I , 1 (CCL 4 1 , 3) mem;ni mefuisse pollieitum caritati vestrae adversus Manieheorum slultas pern;c;osasque calumnias. qu;bus veleri leslamento insidianfur, responsionem per nos non defuturam, quantum dominus donare dignatur. ( . . . ) audent qutppe illi huiuscemodi dolos praelendere ineautis, ut dicanl adversari sibi seripruras novi el veteris
lestamenti, Ua ur una fide retiner; urromque non possil, s. 50, 1 (CCL 4 1 ,625) De Aggeo prohe/a Manichei ealumniantur ( ... ) e/ qllia evangelium veJeri leg; student pugnaciter comparare, ul stbi Iltraeque scripturae velut adversariae conlrariaeque videantur, ila proponunt quaestionem ( ... ), und in der Peroratio (ebd., 632f.) credo esse manifestum ca· ri/ati veSlrae Mallieheorom sectam non verifale sedfraude agere cum imperitis, Ul scripJuras 1I0n Iotas totis, novas veteribus praeferant, sed excerpendo sen/elltias, quas velul adversas sibi esse conantur oSlendere, ut decipianl imperilos. nulla es/ autem de ;pso '10-vo les/amenJo vel apostoli epistola vel ettam liber evangelii, de quo non posstnt istafieri, 101 quibusdam St1nientiis ipse unus fiber sibi videalur esse eontrarius, nisi eius tota conlextio diligenlissima leeloris inlenlione tractetur. Wenn KUNZELMANN, Festlegung, 1 6 z. SI. bemerkt, die Schlußworte Augustins setzten schon eine gewisse Vertrautheit der Hörer mit dem Manichäismus voraus, kann dies zumindest nicht rur die manichäische Methode der Schriftkritik gelten, die in der Predigt ja gerade erhellt werden sollte.
24 Vier Themenpredigten
Predigten zugerechnet werden. Dies läßt insbesondere die gehobenere syntagmatische Gestaltung vennuten, die der Bischof später oftmals zugunsten eines volkstümlicheren Tons aufgibt, für welchen dann in ähnlichen und nicht weniger gut disponierten Themenpredigten) ein sehr viel ausgiebigerer Einsatz von typischen Stilelementen wie Parallelismus, Antithese und Paronomasie kennzeichnend sind.
Senno 12 25
b) Text und Übersetzung
s. 12 (nach CAG = CCL 4I, 165-174)
[1] in divinis ct sanctis veteribus libris fraudulentissima fallacia Manicheos insidiari iam vestrae prudentiae. dilectissimi fratres, satis probatum esse confidimus. offerimus tarnen adhuc eorum dolos inspiciendos obtutibus cordis vestri, ut non solum cos quantum ad VQS pertinet evitetis, sed etiam
5 ut alias infirmos ct divinarum lectionum rudes, ut quisque vestrum potest, evitare atque contemnere doceatis. <<apud lob scriptum eSb), inquiunt, «(ecce venerunt angel i in conspectum dei, ct diabolus in medio eorum. cl deus ait diabolo: unde venis? qui respondens dixit: circuiens totum orbem adveni.> hic», inquiunt, «de-
10 monstratur diabolum non sol um vidisse deum, sed etiam locutum esse eurn eo. in evangelio autem dicit: <beati qui puro sunt corde, quia ipsi deum videbunu et iterum dieit: <ego sum ianua, nemo potest venire ad patrem, nisl per me.») deinde adiungunt ratiocinationem dicentes: «si igitur hi soli qui sunt puro corde vident deum, quonam modo sordidissimo et immundis-
1 5 simo corde diabolus potuÜ videre deum? aut qualiter per ianuarn, hoc est per Christum ingreditur? iterum apostolus» , inquiunt, «testatur et eonfinnat dicens, quod neque prindpes, neque potestates, neque virtutes deum eognoverunt.»
[2] calumnia quidem illorum his omnino verbis huc usque proponitur, el 20 ce yera quaestio esl prudenti discutienda Christiano. sed earn calumniam
proponentium animus facit, ut similiter imperitos ad sibi credendum a salubenima scripturarum auctoritate detorqueant. sed primo ab istis vellem quaerere, ubi Adimantus apud apostolum legerit - nam tahum calumniarum iste conscriptor est - vellem ergo diceret, ubi legerit testantem apostolum et
25 eonfinnantem, ut dicit, quod neque principes neque potestates neque virtutes deum cognoverunt, cum dominus etiam hominum in se credentium dicat angelos quotidie videre fadem patris. nisi forte iIlud quod Paulus apostolus ait: «sapientiam loquimur inter perfeetos, sapientiam autem non huius saeculi, neque principum huius saeculi, qui evacuantur. sed loquimur dei S3-
30 pientiam in mysterio, quae abscondita est, quam praefinivit deus aote saecula in gloriam nostram, quam nemo principum huius saeculi cognovit. si enim eognovissent, ournquam dominum gloriae crucifixissent.» si istum locum Iste conscribere cogitabat, cur addidit «potestates» ct «virtutes» , quod non ibi dictum est, et detraxit «huius saeculi», quod dictum est? sed
35 utinam hoc errore potius quam malitia fecerit. verumtamen etiam si hoe modo dixisset apostolus, numquid propterea dia bolus vocem dei audire non
26 Vier Themenpredigten
potuit? scriptum est enim quod in conspectum dei venerit; non scriptum est quod deum ipse conspexerit. principes enim huius saeculi aut superbi homines intelleguntur et vana pampa iactationis elati aut ipse diabolus et an-
40 geH eius. nam principem vel magistratum huius saeculi eurn dominus apertissime appellat, quia saeculi huius nomine peccatores intelleguntur, quorum spes nulla est nisi in hoc saeculo. sicut enim dicitur mala domus, eum significantur habitatores eius, sie malum hoc saeculum dicimus, eurn eos significamus. qui corde hoc saeculum inhabitant, hoc est quorum converS3-
45 tio non est in caelis. <<Ilostra enim», dicit apostolus. «conversatio in caelis es\.» diabolo autem serviunt cuncta peccata, qui libero arbitrio princeps voluit esse peccati: propterea princeps huius saeeuli dicitur. quam regulam inlellegentia� mon�o eordibus infigatis. adiuvabit per hane dominus ad multa seripturarurn diseutienda atque solvenda, de quibus illi laqueos ines-
50 cant erroris sui. [3] eum ergo scriptum non sit quod diabolus viderit deum, sed tanturn
quod venerit eum angelis in eonspeetum domini voeemque eius audierit, cur isti miseri de visione dei calunmiari seripturis et imperitos pervertere student? quapropter haee eorum propositio brevissima responsione supera-
S5 tur. quantalibet enim loquacitate perquirant, quomodo viderit diabolus deum, respondemus: «non vidit diabolus deum.) dieent: «quomodo ergo cum eo locutus est?» hic vero non a nobis sed a caeeis hominibus convincenda est caecitas eordis ipsorum. hi enim qui eamalibus oculis caeci sunt, quotidie loqui possunt eum his quos videre non possunt. «quomodo ergo
60 venib), inquiunt, «in eonspeeturn eius?» quomodo eaeeus in conspectum videntis, quem ipse non conspicit. el istae quidem similitudines, dileetissimi fratres, ideo dietae sint, ut hominum eamalium refellatur improbitas, ut si fieri potest hoc modo repulsi ad diseendi mansuetudinem pia eorda eonvertant. numquid enim deus eontinetur loeo, quem praesentem habet omnis
6S angeliea et humana conscientia, non solum bonorum sed etiam malorum? verum hoc interest, quod bonis eonscientiis adest ut pater, malis ut iudex, quoniam scriptum est: «dominus interrogat iustum ct impium,» item seripturn est: «in eogitationibus impii interrogatio criU) nec vehementius in auribus corporis deus, quam in secreto eogitationis interrogat, ubi solus audit,
70 solus auditor, nonne etiam mali homines, si quando verum loquuntur el non eis creditur, iurant et dieunt <destis est deus» ct verissime dicunt? ubi, quaeso, testis est? in lingua an in corde? in sono vocis an in silentio conscientiae? unde autem plerumque stomachantur quia sibi non creditur, eum verum se dicere noverint, nisi quia eor suum nobis aperire non possunt, ubi
75 testis est deus?
Senno 12 27
[4] multi aulem modi sunl, quibus nobiscum loquitur deus. loquitur aliquando per aliquod instrumentum, sicut per codicem divinarum scripturarum. loquitur per aliquod elementum mundi, sicut per stellam magis locutus est. quirl est enim locutio ni si significatio voluntatis? loquitur per sortern,
80 sicut de Mathia in locum ludae ordinando locutus est. loquitur per animam humanam, sicut per prophetam. loquitur per angel um, sicut patriarcharum et prophetarum el apostolorum quibusdam locutum esse accipimus. loquitur per aliquam vocalem sonantemque creaturam, sicut de caelo voces factas, eurn oculis nullus videretur, legimus et tenemus. ipsi denique homini, non
85 extrinsecus per aures eius aut oculos, sed intus in animo non uno modo deus loquitur, sed aut in sornnis, sicut Laban Syro oe Iacob seruum eius in aliquo laederet, et pharaoni de septern annis opulentis totidernque sterilibus dernonstratum est, aut spiritu hominis assumpto, quam Graeci extasin vocant, sicut oranti Petro vas plenum similitudinibus crediturarurn gentiurn
90 visum est sumrnissum esse de caelo. aut in ipsa mente, curn quisque rnaiestatern vel voluntatem intellegit, sicut ipse Petrus ex illa ipsa visione, quid se vellet agere dominus apud seipsum cogitando cognovit. non enim hoc quisquam potest nisi apud se intus sonante quodam tacito clamare veritatis agnoscere. loquitur etiam deus in bonorum malorurnque conscientia. nam et
95 approbare quod bene facit el improbare quod peccat nerno recte potest nisi abI eadem illa in silentio cordis vel laudante vel damnante2 voee veritatis. veritas autem deus est: quae eum tarn multis modis loquatur hominibus et bonis et malis - quamquam non omnes quibus tot modis loquitur possint eius substantiam naturamque conspieere - quis hominum potest coniciendo
100 aut cogitando colligere, quot et quibus modis eadem veritas loquatur angelis, sive honis, qui eius ineffabili speeie el pulchritudine per mirabilern earitalern contemplando perfruuntur, sive malis, qui depravali per superbiam suam el ab ipsa veritate in inferioribus ordinati possunt quibusdam latentibus modis vocem eius audire, quamvis faciem videre non digni sint?
105 [5] quapropter, dileetissirni fratres, fideles dei el eatholicae matris germa-nissimi filii, nemo vos decipiat venenatis cibis, etiam si adhuc estis laete nutriendi. perseveranter nune ambulate per fidem veritatis, ut certo el oportune tempore ad spec.iem veritatis eiusdem venire possitis. sicut enim apostolus dieit: «hie manentes carpore peregrinamur a domino; per fidem
1 1 0 enim ambulamus, non per speeiern.» ad speeiem autem visionis patris fides ehristiana perducit. unde dominus dicit: <memo venit ad patrern nisi per me». sine causa ergo isti quaerunt, quomodo diabolus ad deum potuit venire per Christum. diabolus enim ad illam eontemplationis beatitudinem non
L ab More/: ad A Maurini Lambot: om. a b 2 damnante More/: clamante A Mallrini Lambot ('forte pro 'damnante' (cf a b damnanda)')
28 Vier Themenpredigten
potest pervenire, qua cos qui puro sunt corde fides Christiana perducit. nec 1 1 S ideo tarnen diabolus vocem dei loquentis audire non potuit, si cut multi ho·
mines etiam qui non crediderunt Christo potucrunt vocem audire de caelo dicentis dei: «et clarificavi ct clarificabo» , eurn dominus dixisset: «pater clarifica filium tuum.»
[6] quod autem scriptum est diabolum venisse in conspectum dei, non 120 ideo scriptum est, quia quisquam potest aliquando conspectum dei fugere,
cuius oculis cuncta subiecta sunt, ct cui cordis cuiuslibet profunditas patet, sed quia in secreto crcaturae acta sunt quae scriptura narravit propterea scriptum est: ({et ecce venerunt angeh in conspectum dei», quamvis a conspectu dei nurnquam recedant. quocurnque enim mittuntur, ibi quoque
125 praesto est conspectus dt!i. sed ille propne conspectus dei dicitur, quod humanus non potest penetrare conspeetus, si cut sunt secreta conseientiae. propterea eurn redarguimus mentientem, non eum dieimus in eonspeetu dei locutum, quia non hoc locutus est, quod in animo eius conspicit deus, quo conspectum dirigere non potest homo. quia ergo haec tarn latenter gesta
130 sunt, ut indicari hominibus per seripturas sanetas nisi saneta spiritu revelante non possent, in conspeetum dei ventum esse atque ibi gesta esse narrantur.
[7] quod autem diabolus in medio angelorum fuit, si bonos angelos intellegis, sie in medio eorum intellege diabolum si cut reus in medio apparito-
135 rum iudiei audiendus adsistit. non enim scriptura declarat quales illi angeli fuerint. si autem in medio angelorum malorum, quid mirum est principem ae dueem turba ministrorum suorum esse cireumdatum? si autem in conspectum dei quod dictum est sie accipias, ut illi veniant in conspeetum dei, qui non solum eonspieiuntur ab co sed etiam conspiciunt eum, sic intelte-
140 gendum est in medio eorum fuisse diabolum, ut tarnen deum quem ipsi videbant itte non viderit, ut etiam per aliquem sanetorurn angelorum deus diabolo sit loeutus. nee tarnen in libro scriptum est nisi: «dixit deus.» sieut etiam in negotiis publicis, quarnquam pleraque per praeconem iudex loquatur, iudieis tarnen nomen, eum gesta seribuntur, non etiam praeeonis inseri -
145 tur. sieut autem aliquis homo visionc prophetica indignus potest tarnen in medio prophetarum stare, ut tantum audiat quod per cos dieit dominus, nee tarnen videat quod illi vident, sie potuit ct diabolus esse in medio sanetorum angelorum deurn videntium, per quos audiret voeem dei, quem videre ipse non posset.
150 [8] ct maehinamenta quidem Manicheorurn, quantum ad hanc quaestio-nem pertinet, multis modis soluta esse perspieitis, ut non iam putetis, earissi mi fratres, vere diabolum sie locutum esse eum deo, ut etiam facicm veritatis quam pura eorda eonspieiunt videre potuerit aut ad illam contemplati-
Sermo 12 29
onem beatitudinis venerit, quo nemo nisi per dominum Iesum Christum ISS venire permittitur. sed tarnen multum admiror hominum istorum impuden
tiam, qui de visione substantiae divinae calurnniari nobis volunt, ct id quod scriptum non est de scripturis nostTis mentiuntur, quod deum diabolus viderit, et tantam hinc invidiam conflare conantur, ut quisquis exhorruerit cl indignum esse iudicaverit ut dia bolus viderit deum, penitus a divinarum
160 scripturarum auctoritate suspiciosa ignorantia non intellegens quod scripturn est avertatur, eum ipsi dorninum nos trum Iesum Christum deum esse non negent ct si ne assumptione humani corpons eurn hominibus apparuisse confingant.
[9] quando ergo diabolus temptare ausus est dominum, eum eum videret, 165 quid videbat? si corpus eius videbat, habebat ergo dominus corpus, quod
nolunt perditi confiteri . si autem corpus non habebat, ipsa divina substantia diaboli oculis subiacebat. quam si non vident nisi qui puro sunt corde, sicut ex evangelio nobis ipsi cornmemorant, - 0 importuna caecitas haereticorum! cur scripturas nostras, quod deum diabolus viderit, mendaciter argu-
170 is ct negando corpus Christi divinam eius substantiam diaboli oculis publicare velle convinceris? an forte, sicut dicere solent, ita non habebat corpus human um, ut se tarnen quasi habere rnonstraret? quis ergo verius el rectius sentit, insani, qui credit deurn locutum esse curn diabolo, an qui credit deum non solum cum diabolo locuturn, sed etiarn diabolo esse mentitum?
175 quosdarn enim angelos humanis oculis apparuisse scriptura commemorat. sed utique pot.estati eorurn corpoream creaturam ita dominus subdidit, ut iIlis earn pro voluntate coaptaret. unde et illi, quamvis non nati ex femina, verum tarnen corpus habuerunt, quod ex qualibet specie in quamlibet speciem pro sui ministerii atque officii ratione convertercnt, ex vera tarnen in
180 veram. non enim cl ipsc dominus cum aquam convertit in vinum, aut aquam falsam aut vinum falsum fuisse possumus dicere.
[10] omne itaque corpus, cuius est natura et ordo rnutabilis ad nutum omnipotentissimi conditoris, in quascumque species fuent commutatum, a veritate tarnen in suo genere non recedit, quoniam quacumque varietate
185 mutetur, el corpus tarnen ct verum corpus esse non desinit. sed cum isti ornnem naturam corpoream non ab omnipotente conditore deo, sed a tenebrarum gente nescio qua esse confingant, quaerimus ab eis, dominus noster Iesus Christus unde corpus assumpserit. si enim null um corpus eurn assumpsisse dicunt, quid erat illud quod humanis atque corporeis oculis
190 apparebat? aul enim mendacium fantasmatis erat, quod execrabile est credere; aut si ipsam divinam substantiam suam nulla corpons assumptione humanis oculis eum demonstrasse contendunt et hanc etiam diabolus vidit, ubi est quod in ista quaestione calumniosa voce proclamant: «beati qui puro
30 Vier Themenpredigten
sunt corde, quia ipsi deum videbunt.»? quod si forte dicunt divinam ct 195 propriam substantiam domini non talern esse apud patrern, qualern se in
terris voluit null0 assurnpto corpore ostendere, quid aliud etiam ni si locis cl temporibus esse mutabilem miseri crediderunt? non enim legere volunt aut intel1egere facile possunt quod per prophetam dicitur: «mutabis ea ct mutabuntur; tu autem idem ipse es, ct anni tui non deficient.» cl quod divinae in
200 sapientiae litteris de ipsa sapientia scriptum est: «in seipsa manens innovat •
omma.}) [11] secundum illorum autem scnsurn, si quis eis dicat: «quid ergo mira
mini si cl deus mutavit speciem divinitatis suae, ut posset eum qui corde sordidissimo est diabolus iotueri, sieut de Christo deo vobis videtur?» quid
205 rcsponsuri sunt neseio. quia el numquam dieere ausi sunt patrem ct filium nisi unius esse substantiac. et si alterius esse substantiae filium dicerent, posset eis responderi: «unde igitur seitis, utrum eum patre an eum filio 10-cutum esse diabolum vetus illa scriptura eommemorat?» deinde quaerimus: «solern istum videt diabolus an non videt? si videt, quomodo ergo sol deus
210 est. quem diabolus vioct? si non videt, mali tarnen eum homines vident, quomodo ergo deus est quem vident qui non puro sunt corde? aut si ut vidcri posset etiam ipse mutatus est et non hoc est quod videtur, quid si crgo vos aliud ostenditis ct aliud estis, ut imitari etiam solern non tanturn adorare possitis?» et tarncn si eos interroges, utrum com-
215 mutabilis an incornmutabilis sit divina substantia, non possunt nisi incommutabilcm dicerc, non ratione docti sed pudore confusi. restat ergo, ut cogantur fateri dominum nostrum lesum Christum ali<c)unde) assumpsisse corpus, ut humanis oculis appareret. quod si fatentur, quaero undc assumpscrit. si de hoc mundo dicunt, quaero ipsius mundi
220 unde sit corpus? continuo mihi: «de tenebrarum gente>� respondent. 0 mira dementia! eur ergo miseri in corpore salvatoris timetis uterum virginis el gentem daemonum non timetis?
[12] nos quidem univcrsam naturam corporis ab orrmipotente conditore deo esse profitcmur. ct propterea undecumque dominus noster assumeret
225 corpus, de sua creatura utique assumeret. sed ex femina maluit. ad humanam quippe creaturam liberandam venerat, quae per feminam lapsa est. unde utrurnque sexum volens in spem renovationis et reparationis adducere virilem in quo nasceretur, femineum per quem nasceretur, elegit. vos autem qui exhorrescitis casta virginis viscera, eligite. obsecro, unde dominus cor-
230 pus assumeret. dicitis omne corpus gentis tenebrarum esse substantiam. eligitc ergo, ut dixi, unde corpus filius dei deberet assumere. an perdidistis respondendi lucem, quia tenebrae vobis quocurnque oculos converteritis
3 alicunde scripsi: aliunde codd. Maurini Lambot
Senno 12 31
occurrunt? «sed earo mortalis», inquiunt, «(Videtur immundior.)} recitate eis apostolum: «omnia munda mundis.» cl recitate in eos apostolum: «immun-
235 dis aulem el infidelibus nihil eSI mundum, sed pollula sunt eorum el mens cl conscientia,» si autem non dicunt «immundiom sed «infinnioo>. consenlimus plane. cl ideo Christus est nostra finnitas, quia eurn nostra non mutavit infinnitas. hic agnosco prophetae iIlam vocem: <onutabis ca cl mutabuntur; tu autem idem ipse es, cl anni tui non deficient.» non solum eoirn non
240 eurn mutavit in deterius infirmitas camis, sed ab co in melius ipsa mutat3 est. sol iste corporeus, quem corpus non esse arbitrantur - usque adeo nec quid sil corpus, inlellegunl, qui de spiritalibus disputalionibus se fallaciter i3Ctant - sol ergo iste corporeus, tanturn quia caeleste corpus est, illuminat terrarn nee ab ea ipse obscuratur; siccat aquam nee iode humectatur; solvit
245 glaciem nec inde frigescit; durat Iimum nec inde mollescit. et dominus noster Iesus Christus, verbum patris, per quod facta sunt omnia, virtus et sapientia dei, ubique praesens, ubique secretus, ubique totus, nusquam inclusus, pertendens a fine usque in finem fortiter et disponens omnia suaviler, timent infeHces, ne non potuerit sic hominem assumere, ut vivificaret
250 mortalia nec ab eis mortificaretur, sanetificaret camem nec inde pollueretur, dissolveret mortem nec inde Iigaretur, mutaret in se hominem nec in hominem mutaretur?
aliud ex alio disputare, propter quorumdam titubationem et periculosam infinnitatem fidei compulsi sumus. quod autem attinet ad propositarn
255 quaestionem, quarnquarn illa scnptura, de qua insidiari quam iIIuminari maluerant, dtum a diabolo visum esse non probent, videant tarnen ipsi, quomodo gens tenebrarum divinam substantiam videre potuerit, quando ante pugnam, qua bonum et rnalum dicunt esse eommixtum, nullum adhuc corpus divina substantia, ut ab hoste suo videri posset, assumpserat. ex quo
260 cognoscant frustra se catholicae fidei firmamenta velle subvertere, eum suas fabulas ruinosas qualibuseumque responsionum destinis fulcire non possint.
32 Vier Themenpredigten
[1] Daß die Manichäer uns mit nicht zu überbietender Tücke und Hinterlist bei den göttlichen und heiligen Büchern des Alten Testaments auflauern, ist, geliebte Brüder, eurer Klugheit, dessen bin ich sicher, schon zur Genüge bewiesen worden. Gleichwohl setze ich ihre Listen noch weiter den Blicken eures Herzens zur Prüfung aus, damit ihr ihnen nicht nur, soweit es euch betrifft, entgeht, sondern damit ihr auch die anderen, die schwach und in der Heiligen Schrift unkundig sind, nach Kräften lehrt, ihnen zu entgehen und sie zu verachten.
"Bei Job steht geschrieben", sagen sie, ,,Da traten plötzlich Engel vor Got/es Angesicht und der Teufel in ihrer Mitte. Und Got/fragte den Teufel: ,Woher kommst du?' Dieser gab zur Antwort: ,Auf der ganzen Welt bin ich umhergezogen und nUll angekommen,' [lob I , 6-7] An dieser Stelle", behaupten sie, "hat der Teufel nachweislich Gott nicht nur gesehen, sondern sogar mit ihm gesprochen. Im Evangelium aber heißt es: Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen [Mt 5, 8] Und wieder heißt es: feh bin die Tür; niemand kommt zum Vater außer durch mich." [10 10, 7; 14, 6] Alsdann fUgen sie ein logisches Schlußverfahren hinzu, indem sie fragen: "Wenn also allein diejenigen, die reinen Herzens sind, Gott schauen, auf welche Weise hätte dann der Teufel mit seinem durch und durch schmutzigen und unreinen Herzen Gott sehen können? Oder wie könnte er durch die Türe, d.h. durch Christus, eintreten? Ferner", behaupten sie, "bezeugt und bestätigt die Aussage des Apostels, daß weder Fürsten noch Gewalten noch Mächte Gott erkannt haben."
[2] Ja ihre verleumderische Kritik wird bis heute mit genau diesen Worten vorgetragen, und in der Tat muß ein kluger Christ das Thema erörtern. Doch die Frechheit derer, die diese Verleumdung verbreiten, versteht sich darauf, die ebenso Unkundigen vom Vertrauen in die heilsame Autorität der Schrift abzubringen, damit sie ihnen Glauben schenken. Zuerst aber wünschte ich, ich könnte sie fragen, wo Adimantus beim Apostel gelesen hat - er ist nämlich der Verfasser derartiger Verleumdungen - ich wünschte also, er sagte, wo er das, wie er behauptet, bestätigende Zeugnis des Apostels gelesen hat, daß weder Fürsten noch Gewalten noch Mächte Gott erkannt hätten, während doch nach dem Wort des Herrn sogar die Engel der Menschen, die an ihn glauben, täglich das Antlitz des Vaters schauen. Es müßte denn sein, er meinte folgenden Ausspruch des Apostels Paulus: Weisheit verkünden wir im Kreise der Vollkommenen, doch nicht die Weisheit dieser Welt noch der Fürsten dieser Welt, die vernichtet werden, sondern wir verkünden als Geheimnis die Weisheit Gottes, die verborgen ist, die Gott vor den Zeiten zu unserer Verherrlichung vorherbestimmt hat, die keiner der Fürsten dieser Welt erkannt hat. Hätten sie sie nämlich erkannt,
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niemals hätten sie den Herrn der Herrlichkeit ans Kreuz geschlagen [I Cor 2, 6-8]. Wenn er die Absicht hatte, diese Stelle aufzuschreiben, warum hat er Gewalten und Mächte hinzugeftlgt, was sich dort nicht erwähnt findet, dieser Welt aber weggelassen, was zum Text gehört? Hoffentlich aber tat er dies vielmehr aus Versehen als aus Arglist. Indessen selbst wenn der Apostel sich derartig geäußert hätte, wäre es deswegen dem Teufel etwa nicht möglich gewesen, Gottes Stimme zu hören? Es steht nämlich geschrieben, er sei vor Gottes Angesicht getreten; es steht nicht geschrieben, er selbst sei Gottes ansichtig geworden. Die Fürsten dieser Welt lassen sich ja entweder als die hochmütigen und durch den eitlen Prunk ihrer Prahlerei aufgeblasenen Menschen deuten oder als der Teufel selbst und seine Engel. Denn ganz offensichtlich hat ihn der Herr Fürst oder Magistrat dieser Welt genannt, weil unter der Bezeichnung diese Welt die Sünder zu verstehen sind, deren Hoffnung sich nur auf diese Welt richtet. Wie man nämlich von einem schlechten Haus spricht, wenn seine Bewohner gemeint sind, so sprechen wir von dieser üblen Welt, wenn wir diejenigen meinen, die mit dem Herzen diese Welt bewohnen, d.h., deren Wandel nicht im Himmel ist. Delln IIl1ser Wandel, sagt der Apostel, ist im Himmel [Phil 3, 20]. Alle Sünden aber dienen dem Teufel, der aus freiem Willen der Fürst der Sünde sein wollte; deswegen wird er der Fürst dieser Welt genannt. Diese Auslegungsregel, rate ich euch, schließt fest ins Herz. Durch sie wird der Herr helfen, viele Schriftstellen zu erklären und zu enträtseln, die jene als Köder in den Fallen ihrer Täuschung auslegen.
[3J Wenn also nicht geschrieben steht, daß der Teufel Gott gesehen habe, sondern nur, daß er mit den Engeln vor Gottes Angesicht getreten sei und seine Stimme gehört habe, warum sind dann diese erbärmlichen Menschen darauf aus, der Schrift verleumderische Vorhaltungen über die Gottesschau zu machen und die Unkundigen zu verderben? Diese ihre These läßt sich daher auch mit einer ganz kurzen Antwort widerlegen. Mit wie großer GeschWätzigkeit nämlich sie auch immer nachfragen mögen, wie der Teufel Gott habe sehen können, wir antworten: "Der Teufel hat Gott nicht gesehen." Sie entgegnen: "Wie hat er dann mit ihm gesprochen?" An dieser Ste!1e aber muß die Blindheit ihres Herzens nicht von mir bloßgestellt werden, sondern dies können Blinde besorgen. Denn diejenigen, welche mit den Augen des Leibes blind sind, vermögen täglich mit denen zu sprechen, die sie nicht sehen können. "Wie ist er dann", fragen sie, "vor sein Angesicht getreten?" Wie der Blinde vor das Ange."sicht des Sehenden, dessen er selbst nicht ansichtig wird; und gewiß soll dieser Vergleich, geliebte Brüder, deshalb angestellt worden sein, damit die Frechheit derer, die dem Fleisch verhaftet sind, als falsch erwiesen wird, auf daß sie möglicherweise
34 Vier Themenpredigten
nach solchem Rückschlag ihre Herzen fromm zu einer friedlichen Gesinnung des Lernens bekehren. läßt sich Gott denn etwa auf einen Ort beschränken, da von seiner Gegenwart doch jedes Engel- und Menschengewissen zeugt, nicht allein der Guten, sondern auch der Schlechten? Freilich macht es einen Unterschied, daß er dem guten Gewissen als Vater, dem schlechten als Richter innewohnt, da ja geschrieben steht: Der Herr verhört den Gerechten und den Frevler [Ps 10, 6]. Ebenso steht geschrieben: Die Gedanken des Frevlers werden einem Verhör unterliegen [Sap I , 9]; und Gott fuhrt das Verhör nicht eindringlicher in den Ohren des Leibes als in der Heimlichkeit des Denkens durch, wo er allein hört, er allein gehört wird. Schwören etwa nicht sogar die Bösen, wenn sie einmal die Wahrheit sagen, aber keinen Glauben findt:n, mit dt!n Worten: "Gott ist mein Zeuge" und machen gerade damit eine Aussage, die wahrer nicht sein könnte? Wo, frage ich, ist er Zeuge? Auf der Zunge oder im Herzen? Im Klang der Stimme oder im Stillschweigen des Gewissens? Weshalb aber ärgern sie sich gewöhnlich daJiiber, keinen Glauben zu finden, obgleich sie nach eigenem Wissen die Wahrheit sagen, wenn nicht aus dem Grund, daß sie uns ihr Herz nicht öffnen können, wo Gott Zeuge ist?
[4] Es gibt aber eine vielfache Art und Weise, in der Gott mit uns spricht. Bisweilen spricht er durch ein Hilfsmittel, wie etwa ein Buch der Heiligen Schrift. Er spricht durch einen Bestandteil der Welt, so wie er durch den Stern zu den Weisen gesprochen hat. Denn was ist das Sprechen außer der Bezeichnung des Willens? Er spricht durch das Los, wie er z.B. über die Einsetzung des Mathias in das Amt des Judas gesprochen hat. Er spricht durch die menschliche Seele, wie etwa durch einen Propheten . Er spricht durch einen Engel, so wie wir ihn mit einigen Patriarchen, Propheten und Aposteln haben sprechen hören. Er spricht durch irgendein Klang- und Geräusehgebilde, so wie wir lesen und daran festhalten, daß vom Himmel her Stimmen ertönt sind, wenn auch mit den Augen niemand zu sehen war. Schließlich spricht Gott zum Menschen selbst, nicht äußerlich durch seine Ohren oder Augen, sondern innerlich im Geist nicht nur auf eine Weise, vielmehr entweder im Traum, so wie dem Syrer Laban bedeutet wurde, er solle seinen Sklaven Jakob nicht durch irgend etwas beleidigen, und dem Pharao, er habe sieben fette Jahre und ebensoviele magere zu erwarten; oder er spricht, nachdem er vom Bewußtsein des Menschen Besitz ergriffen hat, was die Griechen Ekstase nennen, so wie es dem betenden Petrus schien, ein Gefaß voll mit Gleichnissen flir den künftigen Glauben der Heiden sei vom Himmel herabgelassen worden; oder im Verstand selbst, wenn irgend jemand Gottes Majestät oder Willen begreift, wie gerade Petrus aus eben jener Erscheinung, indem er sie bei sich selbst bedachte, erkannte,
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was er nach dem Willen des Herrn tun sollte. Dies kann einer nämlich nicht wirklich erkennen, solange bei ihm im Ionem nicht gleichsam der stille Ruf der Wahrheit ertönt. Gott spricht auch im Gewissen der Guten und Bösen. Denn seine guten Taten billigen und seine Sünden mißbilligen kann jemand in rechter Weise nur infolge eben jener in der Stille des Herzens lobenden oder verurteilenden Stimme der Wahrheit. Die Wahrheit aber ist Gott. Spricht diese nun schon auf so vielfache Art und Weise zu guten und schlechten Menschen - freilich können nicht alle, zu denen sie so vielfaltig spricht, ihrer Wesenheit und Natur ansichtig werden - welcher Mensch könnte da durch Mutmaßung oder Überlegung zusammenbringen, wieviel unterschiedlicher Redeweisen sich ebendieseIbe Wahrheit beim Gespräch mit den Engeln bedient, sei es mit den guten, welche die unaussprechliche Schönheit ihrer Schau vollständig genießen, indem sie sich mit wunderbarer Liebe ihrer Betrachtung hingeben, sei es mit den bösen. die, verdorben durch ihren Hochmut und von der Wahrheit selbst mit einem niedrigeren Rang versehen, ihre Stimme auf ganz verborgene Weise hören können, obwohl sie nicht würdig sind, ihr Antlitz zu sehen?
[5] Daher, geliebte Brüder, Gläubige im Herrn und leibliche Kinder unserer katholischen Mutter, soll euch niemand mit vergifteter Speise täuschen, selbst wenn ihr noch mit Milch ernährt werden mUßt. Wandelt jetzt standhaft im Glauben an die Wahrheit, damit ihr zur rechten und geeigneten Zeit zur Schau eben dieser Wahrheit gelangen könnt, so wie ja der Apostel sagt: Während wir hier im Körper weilen, leben wir fern vom Herrn als Fremdlinge; denn wir wandeln im Glauben, nicht im Schauen [0 Cor 5, 6-7]. Zur Schau aber der Erscheinung des Vaters fUhrt der christliche Glaube. Deshalb sagt der Herr: Niemand kommt zum Vater außer durch mich [10 14, 6]. Ohne Grund fragen diese also, wie der Teufel durch Christus zu Gott hätte kommen können. Denn der Teufel kann nicht zu jener Glückseligkeit der Betrachtung gelangen, wohin diejenigen, die reinen Herzens sind, der christliche Glaube fUhrt. Ungeachtet dessen konnte der Teufel aber gewiß die Stimme Gottes hören, als er sprach, so wie viele Menschen, selbst wenn sie Christus nicht glaubten, Gottes Stimme hören konnten, als er vom Himmel herab sagte: Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn verherrlichen, nachdem der Herr gebeten hatte: Vater, verherrliche deine" Sohn [10 12, 28]!
[6] Wenn aber geschrieben steht, der Teufel sei vor Gottes Angesicht getreten, dann nicht deshalb, weil jemand irgendwann das Angesicht Gottes fliehen könnte, dessen Augen alles unterworfen ist und dem sich die Tiefe jedes beliebigen Herzens erschließt, sondern weil in der Abgeschiedenheit der Schöpfung geschehen ist, was die Schrift erzählt hat, daher steht ge-
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schrieben: Und da traten plötzlich Engel vor Gottes Angesicht [lob I , 6], obwohl sie sich niemals dem Angesicht Gottes entziehen. Denn wohin auch immer sie gesandt werden, dort ist auch das Angesicht Gottes gegenwärtig. Im eigentlichen Sinne jedoch heißt Angesicht Gottes dasjenige, was der menschliche Blick nicht durchdringen kann, wie die Geheimnisse des Gewissens. Daher sagen wir, wenn wir einen der Lüge überfUhren, er habe nicht im Angesicht Gottes gesprochen. weil er nicht das gesagt hat, was Gott in seinem Geist zu Gesicht bekommt, wohin ein Mensch seinen Blick nicht wenden kann. Weil sich dies also so verborgen zugetragen hat, daß es den Menschen durch die Heilige Schrift nur infolge einer Offenbarung des Heiligen Geistes zur Kenntnis gebracht werden konnte, wird erzählt, man sei vor das Angesicht Gottes getreten und es habe sich dort zugetragen.
[7] Was aber den Bericht angeht, der Teufel sei inmitten von Engeln gewesen, so muß man sich, wenn man von guten Engeln ausgeht, vorstellen, der Teufel habe sich derart in ihrer Mitte befunden, wie ein Angeklagter inmitten von Amtsdienern vor dem Richter steht, um angehört zu werden . Die Schrift erklärt ja nicht, von welcher Art jene Engel waren. Befand er sich aber inmitten böser Engel, was nimmt es wunder, daß ein Fürst und Anflihrer von der Schar seiner Diener umringt ist? Wenn man jedoch die Aussage "vor Gottes Angesicht" so auffaßt, daß jene vor das Angesicht Gottes treten, deren nicht er allein ansichtig wird, sondern die auch seiner ansichtig werden, dann muß man sich vorstellen, daß der Teufel zwar in ihrer Mitte war, jener aber dennoch Gott, den diese sahen, nicht gesehen hat, Gott aber auch durch irgendeinen seiner heiligen Engel zum Teufel gesprochen hat. Doch im Buch steht nur geschrieben: Gott sprach [lob I , 7]. Ebenso wird beispielsweise auch, wenn bei öffentlichen Verhandlungen die Protokolle geschrieben werden, obwohl der Richter das meiste durch den Gerichtsdiener verlauten läßt, dennoch der Name des Richters, nicht auch der des Gerichtsdieners eingesetzt. Gleichwie aber irgendein Mensch, der einer prophetischen Erscheinung unwürdig ist, dennoch inmitten von Propheten stehen kann, so daß er nur hört, was der Herr durch sie sagt, er jedoch nicht sieht, was jene sehen, so konnte sich auch der Teufel inmitten heiliger, Gott schauender Engel befinden, um durch sie die Stimme Gottes zu hören, ohne ihn selbst sehen zu können.
[8] Nun haben sich zwar, wie ihr seht, die Kunstgriffe der Manichäer in dieser Frage auf vielfältige Weise als unhaltbar erwiesen, und ihr, geliebte Brüder, glaubt folglich nicht mehr, der Teufel habe wirklich so mit Gott gesprochen, daß er auch das Antlitz der Wahrheit, dessen die reinen Herzen ansichtig werden, sehen konnte oder er gar zu jener glückseligen Betrachtung gelangt ist, wohin der Zugang einem nur durch den Herrn Jesus Chris-
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tus gewährt wird. Aber ich muß mich dennoch über die Schamlosigkeit dieser Menschen sehr wundem, die uns verleumderische Vorhaltungen über die Schau der göttlichen Wesenheit machen wollen und unseren Schriften andichten, was sie nicht enthalten, daß nämlich der Teufel Gott gesehen habe, und die damit eine so große Mißgunst zu entfachen suchen, daß jeder, der sich darüber entsetzt hat und zu der Überzeugung gekommen ist, der Teufel verdiene es nicht, Gott gesehen zu haben, gegenüber der Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift völlig abgeneigt wird, wenn er in argwöhnischer Unkenntnis ihren Wortlaut nicht versteht. Dabei betonen sie freilich selbst die Göttlichkeit unseres HctTTl Jesus Christus, reimen sich aber zusammen, er sei den Menschen erschienen, ohne einen menschlichen Leib angenommen zu haben.
[9] Als der Teufel es gewagt hat, den Herrn zu versuchen, was sah er also, als er ihn sah? Wenn er seinen Leib sah, besaß der Herr folglich einen Leib, was die Heillosen nicht eingestehen wollen. Besaß er aber keinen Leib, war die göttliche Wesenheit selbst den Blicken des Teufels unterworfen. Wenn diese jedoch nur diejenigen sehen, die reinen Herzens sind, wie sie es uns selbst aus dem Evangelium in Erinnerung bringen, - 0 du freche Blindheit der Häretiker! Warum bezichtigst du unsere Schriften lügenhaft einer Gottesschau durch den Teufel und wirst doch, indem du die Leiblichkeit Christi bestreitest, der Absicht Uberfilhrt, seine göttliche Wesenheit unverhüllt den Blicken des Teufels preiszugeben? Oder besaß er etwa, wie sie zu behaupten pflegen, zwar keinen menschlichen Leib, trat aber dennoch so in Erscheinung, als besäße er einen? Wer also, ihr Narren, vertritt die vernünftigere und angemessenere Auffassung? - wer glaubt, Gott habe mit dem Teufel gesprochen, oder wer glaubt, Gott habe nicht allein mit dem Teufel gesprochen, sondern ihn sogar belogen? In der Tat erwähnt die Schrift, einige Engel seien ftir menschliche Augen sichtbar geworden. Gewiß aber hat der Herr das körperliche Geschaffensein so ihrer Kontrolle unterworfen, daß er es ihnen nach Wunsch angepaßt hat. Deshalb besaßen jene auch, obgleich nicht aus einer Frau geboren, dennoch einen wahren Leib, den sie je nach Art ihres Dienstes und ihrer Aufgabe von jeder beliebigen Gestalt in irgendeine andere verwandeln konnten, freilich immer nur von einer wahren in eine andere wahre. Denn als der Herr gleichfalls Wasser in Wein verwandelte, da können wir doch nicht sagen, entweder das Wasser oder der Wein sei nicht echt gewesen.
[10] Daher bleibt jeder Körper, dessen Beschaffenheit und Lage nach dem Willen des allmächtigen Schöpfers veränderlich ist, welche Gestalt auch immer er angenommen hat, dennoch in seiner Gattung der Wahrheit fest verbunden, da er ja, mag er sich so oft wandeln wie er will, gleichwohl
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nicht aufhört, ein Körper, und zwar ein wahrer Körper zu sein. Da diese sich aber zusammenreimen, daß jede körperliche Kreatur ihren Ursprung nicht in Gott, ihrem allmächtigen Schöpfer. sondern in einem mir unbe
greiflichen Geschlecht der Finsternis habe, fragen wir sie, woher unser Herr Jesus Christus seinen Leib genommen hat. Wenn er nämlich, wie sie sagen, keinerlei Leib angenommen hat, was war dann der Grund dafür, daß er rur menschliche, und cl.h. köperliehe Augen sichtbar wurde? Denn entweder war es der Trug eines Phantoms, was fluchwürdig ist zu glauben. oder sie müssen behaupten, er habe ohne Annahme irgendeines Leibes seine göttliche Wesenheit unmittelbar menschlichen Augen gezeigt, so daß diese selbst der Teufel gesehen hat. Warum liegen sie uns dann aber bei der gegenwärtigen Untersuchung mit ihrem verleumderischen Ruf Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen [Mt 5, 8] in den Ohren? Sollten sie aber etwa anfUhren, die dem Herrn eigene göttliche Wesenheit sei beim Vater nicht von der gleichen Beschaffenheit, wie er sie auf Erden ohne die Annahme eines jeglichen Leibes habe zeigen wollen, was glauben die Armen damit dann anderes, als daß sogar sie in Raum und Zeit veränderlich sei? Denn sie wollen nicht lesen und können nur schwer begreifen, was durch den Propheten gesagt wird: Du wirst sie 'Verwandeln, und so werden sie sich wandeln; du aber bleibst ganz derselbe, und deine Jahre werden nicht dahinschwinden [ps 101, 27f.] und was im Buch der göttlichen Weisheit über die Weisheit selbst geschrieben steht: Fest bleibend in sich selbst macht sie alles neu [Sap 7, 27].
[11] Falls sie aber jemand in Übereinstimmung mit ihrer Auffassung fragte: "Warum also wundert ihr euch, wenn selbst Gott die Gestalt seiner Göttlichkeit gewandelt hat, damit ihn der Teufel mit seinem ganz unreinen Herzen anschauen konnte, so wie ihr es auch von Christus in seiner Gottheit glaubt?", weiß ich nicht, was sie antworten werden, haben sie doch immer nur zu lehren gewagt, der Vater und der Sohn seien von einer Wesenheit, und wenn sie lehrten, der Sohn sei von anderer Wesenheit, könnte man ihnen entgegnen: "Woher wollt ihr denn wissen, ob nach dem Bericht jener alttestamentlichen Schriftstelle der Teufel mit dem Vater oder mit dem Sohn gesprochen hat?" Ferner fragen wir: "Sieht der Teufel die Sonne dort, oder sieht er sie nicht? Falls ja, wie kann dann die Sonne Gott sein, da sie doch der Teufel sieht? Falls nein, bleibt sie dennoch ftir schlechte Menschen sichtbar. Wie soll dann Gott der sein, den auch die sehen, die nicht reinen Herzens sind? Oder falls er sich, um in Erscheinung zu treten, sogar selbst gewandelt hat und daher nicht seinem Anschein entspricht, was, wenn auch ihr euch dann anders gebt, als ihr seid, damit ihr eure Sonne, anstatt sie bloß anzubeten, sogar nachahmen könnt?" Und doch sehen sie
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sich, sollte man sie fragen, ob die göttliche Wesenheit veränderlich oder unveränderlich ist, gezwungen, ihre Unveränderlichkeit einzuräumen, freilich nicht in folge vernünftiger Überlegung, sondern lediglich aus Scham. Es fehlt also nur noch, ihnen das Zugeständnis abzuverlangen, unser Herr Jesus Christus habe irgend woher einen Leib angenommen, um für menschliche Augen sichtbar zu werden. Geben sie dies zu, frage ich, woher er ihn genommen hat. Wenn sie sagen, aus dieser Welt, frage ich, aus welchem Teil der Welt der Leib genau stammt. Sogleich antworten sie mir: "Aus dem Geschlecht der Finsternis." 0 du seltsamer Unverstand! Warum fürchtet ihr Armen im Hinblick auf den Leib des Erlösers den Mutterschoß der Jungfrau, nicht aber das Geschlecht der Dämonen?
[12] Wir aber bekennen offen, daß sich die Beschaffenheit eines Körpers gänzlich Gott, dem allmächtigen Schöpfer, verdankt. Und deshalb hätte unser Herr, welcher Quelle sein Leib auch entstammte, ihn jedenfalls (noch) seiner eigenen Schöpfung entnommen. Er zog es aber vor, ihn aus einer Frau anzunehmen. Denn er war gekommen, das menschliche Geschöpf zu befreien, welches durch eine Frau zu Fall kam. In der Absicht, in jedem der beiden Geschlechter die Hoffnung auf Erneuerung und Erlösung zu wecken, wählte er daher das männliche aus, damit er in ihm, das weibliche, damit er aus ihm geboren werde. Orr aber, die ihr euch entsetzt vor dem reinen Leib der Jungfrau, wählt doch bitte aus, woher der Herr seinen Leib angenommen hat. Jeder Körper, sagt ihr, gehört wesentlich zum Geschlecht der Finsternis. Wählt also, wie gesagt, aus, woher der Sohn Gottes seinen Leib annehmen mußte. Oder habt ihr etwa das Licht, Antwort geben zu können, verloren, da euch Finsternis begegnet, wohin auch immer ihr euren Blick wendet? .. Aber das sterbliche Fleisch", sagen sie, "ist gewiß zu unrein." Lest ihnen daher den Apostel vor: Den Reinen ist al/es rein; und lest gegen sie den Apostel vor: Den Unreinen aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern ihr Denken und ihr Gewissen sind befleckt [Tit I , 15] . Sollten sie jedoch nicht sagen "zu unrein", sondern "zu schwach", stimmen wir völlig zu. Christus ist nämlich deshalb unsere Stärke, weil ihn unsere Schwäche nicht verwandeh hat. Hierin finde ich die Wahrheit jenes Prophetenwortes bestätigt: Du wirst sie verwandeln, und so werden sie sich wandeln; du aber bleibst ganz derselbe. und deine Jahre werden nicht dahinschwinden [Ps 101 , 27f.]. Denn die Schwäche des Fleisches hat ihn nicht nur nicht zum Schlechteren verwandelt, sondern ist sogar von ihm zum Besseren verwandelt worden. Die körperliche Sonne dort, von der sie nicht glauben, daß sie ein Körper ist - so wenig verstehen die Bedeutung "Körper" diejenigen, die trügerisch mit geistreichen Erörterungen prahlen -die körperliche Sonne dort also spendet nur, weil sie ein Himmelskörper
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ist, der Erde Licht, wird aber selbst von ihr nicht verdunkelt; sie läßt Wasser verdunsten, ohne von ihm benetzt zu werden, Eis schmelzen, ohne dadurch ZU erkalten, Schlamm hart werden, ohne seinetwegen aufzuweichen . Und unser Herr Jesus Christus, das Wort des Vaters, durch das alles geschaffen worden ist, die Kraft und die Weisheit Gottes, überall gegenwärtig, überall verborgen, überall ganz. nirgends eingeschlossen. mächtig von einem Ende bis zum andern reichend und alles gütig ordnend, - fUrchten die Unglücklichen, er habe es nicht vennocht, sein Menschsein so anzunehmen, daß er das Sterbliche lebendig machen konnte, ohne von ihm getötet zu werden, das Fleisch heiligen konnte, ohne dadurch befleckt zu werden, den Tod auflösen konnte, ohne von ihm gebunden zu werden, den Menschen durch sich verwandeln konnte, ohne sich in einen Menschen zu verwandeln?
lnfolge der Unsicherheit und gefährlichen Glaubensschwäche einiger sind wir gezwungen gewesen, eins nach dem andem zu erörtern. Doch zurück zu unserer Ausgangsfrage: Sie können zwar durch jene Schriftstelle, mit deren Hilfe sie lieber ihre Falle hatten stellen wollen, als von ihr erleuchtet zu werden, nicht beweisen, daß Gott vom Teufel gesehen worden ist; sie mögen aber dennoch selbst zusehen, wie das Geschlecht der Finsternis die göttliche Wesenheit sehen konnte, als vor dem Kampf, in dem nach ihrer Aussage Gut und Böse vermischt worden sein sollen, die göttliche Wesenheit noch keinerlei Leib angenommen hatte, durch den sie rur ihren Feind hätte sichtbar werden können. Daraus sollten sie erkennen, daß ihre Absicht, die Festen des katholischen Glaubens umzustürzen, vergeblich ist, da sie doch ihre eigenen baufälligen Märchenerzählungen nicht mit irgendweichen Antwortstützen vor dem Einsturz bewahren können.
c) Disposition
A. PROOEMIUM ( 1 -6) 1. Repraesentatio ( 1 -3): Die bekannte Hinterhältigkeit der manichäischen
Schriftkritik H. Intentio sermonis (3-6): Eine fortgesetzte Behandlung dieser Thematik
will weitere Anleitung zum Selbstschutz geben, besonders aber die Fähigkeit vermitteln, Glaubensschwache und Schriftunkundige apologetisch zu unterweisen.
B. PROPOSITIO QUAESTIONIS (7-18) 1. Capitulum VT (7-1 1 ): lob 1 , 6-7 11. Capitula NT ( 1 1-1 3): Mt 5 , 8, 10 10, 7; 14, 6
Senno 12 4 1
lli.Ratiocinatio (13-16): Wenn nur diejenigen Gott sehen, die reinen Herzens sind, und nur Christus einen Zugang zum Vater eröffnet, kann der Teufel Gott nicht gesehen haben. - Capitulum NT ( 16- 18)
C. ARGUMENTAT[O (19-252) 1. Widerlegung der manichäischen Widerspruchsthese ( 19-149)
I . Transitus (19-22): Die Aktualität der Quaestio und die Folgen der manichäischen Verleumdungsstrategie rur den Glauben der Unkundigen
2. Das vermeintliche Zeugnis des Apostels (22-50) a) Der Widerspruch zu Mt 18, 10 b) Adimantus' Fälschung von [ Cor 2, 6-8 c) Fictio: Auch wenn das von Adimantus zitierte Capitulum
Paulus zuzuschreiben wäre, entstünde kein Widerspruch zu [ob 1 , 6-7.
d) Die Auslegungsregel fur princeps saeculi 3. Der Teufel kann mit Goll gesprochen haben ohne eine visia dei
(5 1 - 1 1 8) a) Interrogatio: Die Schrift bezeugt nur, der Teufel sei im Kreise
von Engeln vor Gott getreten und habe seine Stimme gehört. Warum suchen die Manichäer dennoch, die Schrift zu kritisieren und die in ihr Unkundigen zu verderben?
b) Affinnatio: Die Antwort auf die Quaestio der Manichäer Jautet schlicht: Der Teufel hat Gott nicht gesehen.
e) Dialektikon: Fragen der Manichäer: Wie hat er dann mit ihm gesprochen? I Wie ist er vor sein Angesicht getreten? - Antwort: Wie ein Blinder. - und Affinnatio der eigenen Argumentationsabsicht: Widerlegung und Bekehrung
d) Gottes Gegenwart im Gewissen c) Die vielfaltigen Fonnen göttlichen Sprechens
( I ) Zu den Menschen a: äußerlich b: innerlich
(2) Zu den Engeln a: zu den guten Engeln b: zu den bösen Engeln
f) Eindringliche Höreranrede und Adhortationes: Laßt euch nicht täuschen, selbst wenn ihr als Säuglinge der Kirche eine noch unvollkonunene Erkenntnis besitzt. Wandelt standhaft im Glauben an die Wahrheit, und ihr werdet sie zu rechter Zeit schauen. - Schriftbelege: II Cor 5, 6-7, [0 14, 6
42 Vier Themenpredigten
g) Conclusio: Die Quaestio der Manichäer im Anschluß an 10
14, 6 ist unberechtigt, da der Teufel nicht auf dem Weg des christlichen Glaubens zu einer beseligenden Gottesschau gelangen kann. - und Einschränkung: Dennoch war es ihm möglich, Gottes Stimme zu hören: Schriftbeleg: 10 12, 28
4. Die Aussage der Schrift, der TeuJel sei vor Golles Angesichl geIrelen (119-132) a) Der Grund besteht nicht in einer Beschränkung des göttlichen
Gesichtskreises, sondern in der Unzugänglichkeit des Vorgangs für menschliche Wahrnehmung
b) Die eigentliche Bedeutung von conspeclus dei
c.) Conclusio: Das. in conspectum dei wrdum esse ist Ausdruck biblischer Offenbarungsrede ruf ein geheimnisvolles Geschehen.
S. Die Aussage der Schrift, der Teufel habe sich inmitten VOll Engeln beJunden ( 133-149) a) Die Beschaffenheit der Engel b) Die Kommunikation zwischen Gott und Teufel, falls heilige,
gottschauende Engel gemeint sein sollten 11. Die Widerlegung des manichäischen Doketismus (150-252)
1 . Transitus ( 150-163): Die Kunstgriffe, mit denen die Manichäer aus dem Sprechen des Teufels mit Gott eine Gottesschau des Teufels folgern wollten, sind widerlegt. - und Einschränkung: Trotzdem halten die Manichäer erstaunhcherweise an ihrer frechen Lüge fest, die Schrift berichte von einer Gottesschau des Teufels, und versuchen so, die biblische Autorität bei den Unkundigen zu untergraben. Dabei bekennen sie doch gleichfalls die Göttlichkeit Christi, bilden sich aber ein, er sei ohne einen menschlichen Leib erschienen.
2. Was sah der TeuJel bei der Vesuchungdes Herrn? (164-18 1) a) Der Teufel sah entweder seinen Leib oder seine göttliche We
senheit b) Indigoalio und Anbindung an die ursprüngliche Themenfrage:
Die Leugoung der Leiblichkeit Christi heißt, seine Göttlichkeit dem Blick des Teufels auszusetzen, die Annahme einer nur vorgetäuschten Leiblichkeit aber, Gott nicht nur mit dem Teufel sprechen, sondern ihn sogar den Teufel belügen zu lassen.
c) Die Körperlichkeit der Engelerscheinungen 3. Der Grund der sichtbaren Erscheinung Christi (182-216)
Senno 12 43
a) Verallgemeinernde Conc1usio: Jeder geschaffene Körper bleibt ein wahrer Körper.
b) Entgegensetzung: Die Manichäer aber glauben, alles Körperliche habe seinen Ursprung in der gens lenehrarum . Sie müssen sich fragen lassen, woher Christus seinen Leib angenommen hat.
c) Begründung: Denn wenn er angeblich keinen Leib besaß, muß es einen Grund seiner sichtbaren Erscheinung geben.
d) Die Unhaltbarkeit entsprechender Erklärungsversuche manichäischer Argumentation a: mendacium phantasmatis erat: glaubensunwürdig b: demonslravil divinam substantiam suam: Widerspruch zu Mt 5, 8 g: divina substantia domini non taUs est apud pairem qualis
in terris: Widerspruch zu Ps 10 I , 27 e) Dialektikon: Frage an die Manichäer: Wenn ihr schon die
Veränderlichkeit der göttlichen Wesenheit Christi annehmt, was wundert euch dann, daß Gott die Erscheinung seiner Wesenheit verändert hat, um vom Teufel gesehen zu werden? -Die Manichäer müßten angesichts der auch von ihnen gelehr. ten Wesensgleichheit von Vater und Sohn die Antwort schuldig bleiben. - Auf eine Behauptung der Wesensungleichheit folgt die Frage: Woher wollt ihr wissen, ob nach dem Schriftzeugnis der Teufel mit dem Vater oder dem Sohn gesprochen hat?
f) Der Sonnenkult der Manichäer a: Enthymemata: Entweder sieht der Teufel die Sonne, dann
ist die Sonne nicht Gott. - Oder der Teufel sieht die Sonne nicht, dann sehen sie aber immer noch böse Menschen . Folglich kann sie auch in diesem Fall nicht Gott sein.
b: Indignatio: Ist aber Sonne nicht das, was sie scheint, was, wenn eure Verehrung ftir sie dann soweit geht, daß ihr ihre Unaufrichtigkeit nachahmt?
g) Einschränkung: Gleichwohl mUssen die Manichäer die Unveränderlichkeit der göttlichen Wesenheit zugeben.
4. Christi Leiblichkeit aus dem Schoß der Jungfrau (217-252) a) Transitus: Es fehlt also nur noch das Zugeständnis der Leib
lichkeit Christi. -und Dialelctikon: Auf dieses folgt die Frage: Woher stammt die Leiblichkeit? - Manichäer: Aus dieser Welt, d.h. aus der gens tenebrarum. - Indignatio: Die Torheit
44 Vier Themenpredigten
der Manichäer zeigt sich darin, daß sie den Leib des Heilands lieber von Dämonen als aus dem Schoß der Jungfrau genommen lassen sein wollen.
b) Bekenntnis zum allmächtigen Schöpfer und zur Jungfrauengeburt
c) Dialektikon: Wiederholte Aufforderung an die Manichäer, den Ursprung der Leiblichkeit Christi anzugeben. - Antwort: Eine leibliche Existenz wäre zu unrein. - Widerlegung mit Tit I , 1 5
d) Christliche Deutung von Ps 101, 27f. e) Die Qualität der caro Christi
D. PERORATIO (253-262) I. Transitus (253-254): Diese detaillierte Erörterung war notwendig,
um Unsicherheit und Glaubensschwäche zu wehren. ll. Recapitulatio und Indignatio (254-262): Die hinterhältige Schriftkri
tik der Manichäer konnte keine Gottesschau des Teufels beweisen. Sie mögen selbst erklären, wie nach ihrem Mythos das Geschlecht der Finsternis die noch körperlose göttliche Substanz hat sehen können. Ihre Absicht, die Grundlagen des kath. Glaubens zu zerstören, scheitert bereits an der Unfahigkeit, das ruinöse Gebäude der eigenen Lehre zu stützen.
d) Detailkommentierung (selektiv)
Z. 1 ff. in divinis er sanctis veteribus Iibris fraudulentissima fallada Manichaeos insidiari ( . . . ): Da die Manichäer den Herrscher der Finsternis mit dem Gott des AT identifizierten46, verwarfen sie dies gänzlich und hielten Belege seiner positiven neutestamentlichen Rezeption wie 10 5, 46 Moyses de me scripsit et si crederetis Moysi, crederet;s el mihi oder Mt 5, 1 7 1I0n veni legern solvere sed adimplere rur Textfalschungen (vgL z.B. c. Faust. 16,1-8; 1 8, 1-3 (CSEL 25, 1 , 439-447. 490-492))." Auf den Literal-
46 Vgl. s. 26, 10 (CCl 4 1 , 355) et va/unt ita discernere duo testamenta, ul vetlls les/amen-114m dicant esse a nescio qua principe tenebranlm, flO\lllm autem leslamefllllm a domino deo patre domini noslri lesu Christi, ep. 236, 2 (eSEL 57, 524) patriarchas prophelasque blasphemanl. legem per famulum dei Moysen datam non a vero deo dicunt sed a principe lenebrarum.
41 Vgl. hacr. 1 , 46, 1 5 (Cel 46, 3 1 8) ipsiusque lestamenti nov; scripluras lamquam infalsalas ita /egunt. ul quod va/uni inde accipiant. et quod no/uni reiciant. Zur 'Fälsehungslhese' des Fauslus (Die Widerspruche zur Lehre Manis in den Evangelien ruhren daher, daß diese nicht von den Aposteln, sondern von Judenchristen verfaßt wurden, die die Jesusüberlieferung verfälscht haben.) und der manichäischen Argumentalion gegen Mt 5, 1 7
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sinn beschränkt", fiel es ihnen leicht, dem AT Anthropomorphismen und moralische Unzulänglichkeiten vorzuwerfen, eine Kritik, von der sich auch der Student Augustin hatte täuschen lassen.49 Die zu Beginn von s. 12 durch die Amphficatiojraudulentissimafallacia und insidiari betonte Hinterhältigkeit der Manichäer. die, wie der Prediger später sagen wird, die scheinbar absurden Schriftstellen gleichsam als Köder in den Fangschlingen ihrer falschen Lehre auslegen (vgl. Z. 49f.)'·, bezieht sich wohl besonders auf die den Hörern schon mehrfach vorgestellte Methode des Adimantus, qui tamquam sibi adversa alque eon/raria de u/roque testamento capi-111/0 obiecil (c. Adim. 1 5 (CSEL 25, I , 154)" , vgl. s. I , I . 5; s. 50, I . 13 (CCL 41 , 3. 5. 625. 632f.)). Augustin verwendet für den heimtückischen Anschlag eines Häretikers sonst auch die Metaphern des Vogelstellers. des lauernden Wolfes oder des hinterhältigen Räubers, vgl. z.B. util. credo 2 (CSEL 25, I , 5) [Die Manichäer vennitteln bei ausgedehnter Kritik an den Irrtümern der Ungebildeten ihre eigenen Lehren in gezielter Dosierung.] itaque "obis faciebant. quod insidiosi aucupes so/ent, qui viscatos surculos propier aquam defigunl, ul sitientes aves decipianl. obruunl enim el quoquo modo cooperiunl alias quae circa SUllt aquas. vel illde eliam jormidulosis moliliollibus deterrellt, ut in eorum dolos non electione, sed inopia decidonl, s. 182, 3 (PL 38, 985) [bezogen auf den manichäischen Doketismus] hic video unde velit lupus obrepere; agnosco, el quantum valeo, devitandum esse demollstro ( . . . ). quia omnis spiritus qui negat Iesum Christum in carne vcnisse, ex deo non est [1 10 4, 3]; insidiatur Manichaeus in hoc verba ( ... ). invellimus lupum: retia salubria tendamus, venemur, capiamus, copIUm Irllcidemlls, ep. 236, I (CSEL 57, 523f.) [Augustin warnt Deuterius vor dem Subdiakon Victorinus, der sich als Manichäer entpuppt hat] nihil melius me facere posse arbilratus sum, quam ut tuae sanctitati potissimum scriberem, ne per neglegentiam ;" vestra provincia domini nostri lesu
und 10 5, 46 vgl. A.HOFFMANN, Erst einsehen, dann glauben. Die nordafrikanisehen Manichäer zwischen Erkenntnisanspruch, Glaubensforderung und Glaubenskrilik, in: J. VAN
DoRT I O. WERMEUNGER I G. WURST (Eds.), Augustine and Manichaeism in the Latin West. Leiden 2001 (NHMS 49), 92-98.
4' Vgl. Gn. adv. Man. 2, 8 (PL 34, 200) illi au/em inimici veterum librorum omnia carnaliter in(uent� el proplerea semper erranl� ( . . . ).
'9 Vgl. conf. 3, 12 (CCL 27, 33) nesciebam enim aliud. vere quod eSl. et quasi acutllie movebar, ul sujJragarer s/uilis decep/oribus, cum a me quaererent, linde ma/llm el ldrum forma corporea deus ji"irelur et haberet capillos et ungues et utrum fusti existima/ldi essent qlli haberent !aores lllUltas simu/ el occiderent homines et sacrificarent de animali· bus.
� S. u. z. SI. Diesem Bild verdankt sieh hier vennutlieh aueh insidiari c. abI. Iod: Die Manichäer lauem bei den all. BUchern aufChristenbeute (sc. nobis). SI Vgl. DECRET, Contra Adimantum, Sp. 93.
46 Vier Themenpredigten
Christi ovile \Jas/ei inimicus, qui non desinit insidiari, u/ perdat animas lam magno prelio comparalas, 10. ev. Ir. 47, 9 (CCL 36, 409) [gegen die Apollinatisten, die Christus eine menschliche Seele absprechen wollten] ( .. . ) ut [ures el /alranes non in/rantes per osUum insidiari ovili non desinunt.S2
Solcherlei Vorwürfen stand die manichäische Polemik nicht nach, vgl. etwa das Prooem von Faustus' Capitula: c. Faust. 1, 2 (CSEL 25, I , 25 I f.) satis superque in tucern iam traductis erroribus ae Iudaicae superstitionis simul et semichristianorum abunde delecta fallacia a doctissimo seilfeet el solo nobis post beatum pa/rem nos/rum Manichaeum studendo Adimanto non ab re visum es!, fratres carissimi, haec quoque brevia vabis et concinIIQ responsa prop/er callidas et as/u/as conferentium lIohiscum propositiones scribere. qua cum idem vas €X more parent{s sui serpefltis captiosis circumire quaestiunculis yoluerint, et ipsi ad respondendum Yigilanter eis
. . . . 53 sillS Inslructl.
S2 Vgl. 10 10, I amen, amen dico \'Obis: qui non intral peroslium in ovile ovium. sed ascelldil aliunde, iIIe [ur eSI et latro. Bei der Vorstellung vom I rrlehrer als 'Wolf, der es auf die Gemeinde abgesehen hat, ist besonders an das Hcrrenwort aus Mt 7, 1 5 zu denken: allendile 0 [aiSis prophelis quf veniunt ad vos in vestimelltis ovium, intrinseclls OIl/em SIInt lupi rapaces (Vg); eine cnlsprcchende Polemik findet sich schon bei dcn 'apostolischen Vätern', vgl. G. DORNKAMM, AUKO<;: ThWNT IV, 3 1 3, J. GNILKA, Das Mallhäusevangelium. I. Teil. Kommcntar zu Kap. 1 , 1 -13, 58. Freiburg 1986 (HThK 1), 273 mit Hinweis auf Ign. Philad. 2, 2; 2 Clem 5, 2fT.; lustin, apol. I , 16, 13, dial. 35, 3. 8 1 , 2; Did. 16, 3. Die laI. Tradition der antihäretischen Verwendung vom ' Wolf im Schafspelz' begründet Tert. praescr. 2, 4, vgl. I. OPELT, Die Polemik in der christlichen lateinischen Literatur von Tertullian bis Augustin. Heidelberg 1980 (BdKA, NF 2, 63), 3 l f. u. 1 2 1 . In Augustins Bildersprache sind lupus und lalro auch mit diabolischem Wirken verbunden (z.B. s. 137, 1 2 (PL 38, 761), s. 263. 2 (MA 1 , 508), ,no Ps. 125, 4 (CCL 40, 1 848), qu. ev. 2, 19 (CCL 44B, 62) [deutet in traditioneller Weise im 'Gleichnis vom barmherzigen Samariter' die lalrones als diabolus et angeli eius], vgl. S. POQUE, Le langage symbol ique dans la predication d'Augustin d'Hippone. Images herolque. Tome L Paris 1984, 19 u. 28. In conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1) erinnert sich Augustin an 'Teufelsschlingen' (/aque; diaboli) und 'Vogelleim' (viscum) im Munde der Manichäer; vgl. zum Vorwurf teunischer Hinterlist auch s. I , I (CCL 4 1 , 3) advertile igilur et videte laqueos serpentinos. 01-que inde subtracta iugo Christi colla supponite.
53 "Obwohl die Imümer des jüdischen Aberglaubens i1bergenug ans Licht gebracht worden sind und zugleich die Täuschungsabsicht der Halbchristen mehr als hinreichend entdeckt worden ist, selbstverständlich von dem gelehrten und rur uns nach unserem seligen Vater Manichaeus allein maßgeblichen Adimantus, scheint es mir der Sache nicht abträglich, geliebte Brüder, euch auch die folgenden kurzen und treffenden Entgegnungen mit RUcksicht auf die verschlagenen und hinterlistigen Darlegungen derjenigen zu schreiben, die mit uns diskutieren, damit ihr dadurch, wenn dieselben euch nach An ihres Vaters, der Schlange, mit verfanglichen Fragen betrügen wollen, gerOstet seid, ihnen wachsam Antwort zu erteilen."
Senno 12 47
Z. 5 alios inflrmos et divinilrum lectionum rudes: Durch die manichäisehe Bibelkritik sind besonders diejenigen gefahrdet, deren Glaube schwach ist (injirmos)S4 und die keine ausreichende Kenntnis von Inhalt und Auslegungsmöglichkeiten der Hl. Schrift besitzen. Vgl. in s. 1 2 etwa Z. 20ff. sed eam calumniam propanen/iurn (sc. Manichaeorum) animus faeit, ulsS similiter imDeritos ad sth; credendum a saluberrima scripturarum , auclorilale delorquealll, Z. 1 56ff. ( . . . ) el id quod scriplum non esl de scripturis nostris mentiuntur, quod deum diabolus viderit, el tantam hinc invidiam confIare canon/ur, ut quisquis exhorruerit et indignwn esse iudicaverit ut diabolus viderit deum, penitus a divinarum scripturarum auctori/ale suspiciosa ignorantia non intellegens guod scrip/um est avertatur, Z. 253f. aliud ex aUo dispulare progter quorumdam ['-tuba/fonem et periculosam infirmitatem fidei compulsi sumus. Von dieser Gruppe (alios im Sinne von TOU; äAJ .. O� (ceteros) häufiger erst seit Livius, vgl. KühnerStegmann I 650f.) setzt Augustin zum Zwecke der Captatio benevolentiae die Zuhörer ab, welche er metonymisch mit veslra prudentia anredet, einem Titel, der hier mehr als eine Höflichkeitsfonnels6 bedeutet.
$4 So bereits bei Paulus, z.B. Rm 14, 1 inJirmum ( ... ) inJide assumite, od. prägnant I Cor 8, 9 videle aUlem, neforle haee lieenlia veSlra offendicu/umJial inJirmis; 9, 22faelus sum inJirmis infimms. ul infirmos /uerifaeerem u.ö., vgl. ßlaise, Dictionnaire 442 s.v. infimllls 3., G. STAHUN, aath:vflC; ICTA.: ThWNT I, 490.
ss Animus meint hier wohl den frechen Mut, mit dem die Manichäer ihre Verleumdungen vortragen (vgl. Z. 61 f. el islae quidem simililudines ( ... ) ideo diclae sinl, ut hominum carno/ium refeflalur improbilas, Z. I 55f. sed lamen mullum admiror hominum istorum impudemiam. qui de visione substamiae divinae �bm1.f!ifl}:( lIobis va/unI ( ... ), Z. 1 68f. 0 imoortuna caecitas haerelicorum!J;facil ul ... detorqueant ist dann eine betonte Umschreibung des einfachen Verbs (klassisch häufig bei Cicero, vgl. Kühner-Stegmann 11 235, Anm. I). wobei sich nach proponentium der PI. leicht als Synesis erklärt. Die Möglichkeit von HILLS Übersetzung, nach der columniam proponentium animus faeit ut gleichbedeutend mit ca/umniam proponenles in animo habent c. info o. ä. sein müßte (vgl. HII..L, Sennons 11111, 297f. : "But the intention ofthose who propound this criticism is 10 denect people as incompetent as themselves away from the salutary authority of the scriptures 10 believing the Manichees." - ebenso auch DRoBNER. Sennones 6-12, 271: "Aber die Absicht derer, die diese Verleumdung vortragen, ist ( ... )."), finde ich durch keine ParallelsteIle belegt.
56 In dieser Verwendung diente das gr. rpe6VT}CJlC; zur Anrede der Bischöfe bei Basilius. Athanasius und Isidor, während prudenlia weiter verbreitet war, vgl. H. ZIWACUS. Anrcdeformcn: RAe. Suppl. I, 488. In Augustins Predigten wird vestra prudenlia verhältnismäßig selten zur Horeranrede verwendet, vgl. noch en. Ps. 128, I (CeL 40, 1 88 1), s. I , 3 (CCL 41, 4), s. 88, 25 (RB 94 ( I �84), 100), s. 1JJ, 2 (PL 38, 738), s. Caillau 2, 1 1 , I (MA I , 256), dabei ist außer in der zuletzt genannten Stelle immer ein themenbezogener Appell an die intellegentia der Adressaten erkennbar. Vgl. zum kontextgerechten Einsatz der metonymischen Anredeformen bei Augustin auch DROßNER, Sermones \·5. 37. Anm. 15.
48 Vier Themenpredigten
Der Prediger will der manichäischen calumnia nämlich eine christliche Tugend entgegensetzen. In der Schrift De moribus ecclesiae catholicae el de moribus Manichaeorum (begonnen in Rom 388, vollendet in Thagaste 389/90)S7 definiert Augustin diese prudentia als Liebe, die wohl zwischen dem der Verbindung mit Gott Förderlichen und Hinderlichen zu unterscheiden weiß (vgl. mor. 1 , 25 (CSEl 90, 30» und dementsprechend mit den anderen Kardinaltugenden zum sittlich guten Leben (und d.h. zur Erflillung des 1 . Gebotes) beiträgt, indem sie den Christen gegenüber der trügerischen List falscher Ethik und Lehre auf der Hut sein läßt: si enim deus es/ $ummum hominis bonum, quod negare 1I0n pOles/is, sequitur profee/o. quoniam summ um bonum appetere est belle "ivere, ut nlhil sit aliud bem:! vivat:! quam lolo corde, tola anima, 1010 lIJ(tnle diligere deum, a qua existit, ul incorruptus in eo amor atque integer custodialur, quod est [emperantiae, ul nullis frangatur incommodis, quod esl forlitudinis, "u/li alii serviat, quod esl iustitiae, vigilei in discernendis rebus, ne fallacia pau/alim dollisve subrepal, quod esl prudentiae (mor. 1 , 46 (ebd., 5 I». Vgl. auch s. I, 5 (CCL 41 , 5) non ideo conlrarium principio Geneseos, evangelii principium videri debuil prudenlibus. non enim videri nisi imprudenlibus pOfuit, s. 1 2, Z. 1 9f. calumnia quidem Worum his omnino verbis huc usque proponitur, el re vera quaestio esl prudenti disculienda Chrisliano.
Z. 7f. ecce venerunt angeli in eonspectllm dei et diaboills in medio eorum ( . . . ): folgt LXX lob 1 , 6 Kui <ix; tY€VETO � ��€gu uÜ1:�, Kai iool! �AßOV Ol iiYYEAOl TO(; ßEO(; J{agucrrijvm tv<iJJnov TO(; K\lQ'OlJ [v.1. ßE-0(;], Kui 6 OLCIßOAO<; �AßEV �ET' um6iv.
Z. I l f. in evangelio alltern dicit ... et iterurn dieit: Wie schon inquit in klassischer Zeit (vgl. Kühner-Stegmann I Sf.) kann spätlateinisch auch dicil unpersönlich gebraucht werden (vgl. ThLl V, I Sp. 967 s.v.)". Christliche Texte lassen, wie Löfstedt bemerkt, bisweilen an eine kontextbezogene Ergänzung (deus, scriplura sacra, propheta, aposfolus o.ä.) denken, doch schwebt dem Verfasser nicht immer ein bestimmtes Subjekt vor.59 ln der
$7 Vgl. W. GEERUNGS, Augustinus. 11. C. Antimanichäischc Schriften: LAeL), 86. SI Mit Hinweis auf Peregr. Aeth. 37, 5 (CCL 175, 8 1 ) episcopo autem ealhedra ponitur anle
Cmce, et de sexta usqfle ad nona aliud nichilfit nisi leguntflr lectiones sie: id est Ua legilur primum de psalmis, ubicumqlle de passione dixil ( ... ). Vgl. zum unpersönlichen Gebrauch von dicil ausführlich E. LOFSTEDT, Vermischte Studien zur lateinischen Sprach. kunde und Syntax. Lund 1936, 130-136.
59 Vgl. ebd., 134f. mit Anm. 2, wo LOFSTEDT für diesen christlichen Gebrauch neben der genannten Stelle aus der Aelheria (so auch 43, 5) u.a. noch Rutin. Adamant. 2, 1 2 anrtlhrt (Corp. Bero!. 4, 83) legam de evange/jo: convoeans autcm lesus duodecim discipulos,
Senno 1 2 49
von Augustin referierten Quaestio empfiehlt sich das unpersönliche Verständnis besonders im Anschluß an apud lob scriptum est und hic demonstratur. Dabei wird iterum im Sinne von rursus verwendet, um eine Reihe von gleichbedeutenden Schriftzeugnissen fortzusetzen (vgl. ThLL Vll, 2 Sp. 562 s.v. I C 2 a b). Vgl. Z. 16 ilerum aposlolus ( ... ) teslalur el confirmal ( .. . ).60
Z. 13ff. deinde adiungunt ratiocinationem dicentes : (Si ;gituT hi soli qui sunl puro corde vident deum, quonam modo sordidissimo et immundissimo corde diabolus potuit vldere deum ?,,: Die Schlußfolgerung der Manichäer hat die Fonn eines Syllogismus (ratioc;natio), wobei die Conclusio als rhetorische Frage erscheint, die nach der im Kondizionalsatz genannten Praemissa maior zugleich die Praemissa mioor enthält (entsprechend bei Auflösung der Periode: hi soli qui sunl puro corde videnl deum. diabolus autem sordidissimo el immundissimo corde esl. ergo diabolus deum videre non pOlesI.). Freilich wirkt der Schluß durch die Einschaltung des amplifiziert fonnulierten abI. modi in die Interrogatio aufdringlich. Rhetorisch gefalliger wäre hier ein Enthymem mit Beschränkung auf die Praemissa maior und die mit dem Beweisziel identische Conclusio (si igitur . . . • quonam modo diabolus potuit videre deum?), doch das dialektische Vennögen der meisten Gegner Augustins, insbesondere der Manichäer und Donatisten, kann sich nicht mit dessen Disputationskunst messen, deren theoretische Grundlegung der Rhetor aus Aristoteles und stoischer Lehre geschöpft hat '!
dedil eil virtutcm super omnia daemonia cl languores curare, CI misit eos praedicare regnum dei et curare [Lc 9, 1-2). et post pauca iteTUm dicit: eurn aulern exissenl. egrediebantur rer eivitates cl vieos, evangelizantes et eurantes ubique [Lc 9. 6] oder Didase. Apost. :28 (Hauler, 41) ( ... ) sicuti scriptu", est in Esaia: dicente eis, qui in vineulis erant: exite [Is 49, 9]. et iterum: educere de vinculis ligatos [Is 42, 7]. et in David dicit: CI in compedbus conligatos eius non sprevit [Ps 68, 34]. simililer el in evangelio dicil: venile ad me onnes, qui laboratis ( ... ) [Mt 1 1 , 28). Im Griechischen lassen sich ntl. 'Zitierformein' vtrgleichen wie J..t:ytl (Rm 10, 8; 11 Cor 6, 2; Gal 3, 1 6), q>l1o(v (I Cor 6, 1 6; Hbr 8, 5), tlQ",EV (Hbr 4, 3), vgl. Blass-Debrunnec § 130, 3.
60 Im Spltatein hat iterum einen leicht adversativen Sinn (gr. bt) und steht in aufzählender od. eineilender Funktion typischerweise im W«hsel mit autem und vero; die Partikel kann arer auch eigenständigere Kola anknüpfen und ist deutlich in ihrer ursprilnglichen BedeutUlg abgeschwächt, wenn sie wiederholt gesetzt wird (ebenso das gr. :n:ciMv, vgl. Sauer, Vörte,buch Sp. 1227f. s.v. 3.), vgl. E. T1oNER, Sprachlicher KOlnll''lental zur laleinischenDidascalia Apostolorum. Stoekholm 1938, 2 1 .
61 Vgl. cmf. 4, 28 (CCL 27, 54), wo Augustin sich schmeichelt, AristOleles' Kategorienschrift, von der sein Rhetoriklehrer in Karthago und andere Gelehrte mit aufgeblasenem Stolz sJTachen, autodidaktisch gelesen und verstanden zu haben. Daß er die Dialektik (im
50 Vier Themenpredigten
Z. 16fT. «;terum aposlo/IIS», illqU;"II', {(testatur et conjirmat dictns,
quod "eque prillcipes IIeque potestlltes neque virtutes deli". cog"o� ver,,"L»: Die Paulusstelle läßt sich, mag sie hier direkt62 oder indirekt63 angeführt werden, nicht eindeutig identifizieren. Einen Anklang an Rm 8, 38f. 64 [certus sum enim quia neque mors neque vita neque angeli neque principatus neque praesentia neque futura neque virlus neque attitudo neque profundum neque aUa creatura po/eri! nos separare a caritate dei ( . . . ) vgl. s. Dolbeau 13 , I (RB 102 (1992), 288)] zieht Augustin nicht in Betracht, wohl aber, Adirnantus habe intümlich oder boshaft I Cor 2, 6-8 falsch zitiert (vgl. Z. 34f.). Das in Z. 26f. gegen die mänichäische Argumentation gerichtete Herrenwort aus Mt 18, 10 [(Vg) videte, ne contemnalis unum ex his pusillis; dico enim vobis quia angeli eorum in caelis semper vident faciem Pa/ris mei, qui in caelis est] verwendet Augustin auch sonst entweder im Zusammenhang mit dem Problem der Gottesschau oder aber, um auf die Gemeinschaft von Engeln und Menschen in der civitas dei hinzuweisen.6S Hier zeigt es, daß er die principes, potestates und virtutes als Mächte versteht, denen die einfachen Engel untergeordnet sind (ein Argumentum a minore ad maius: Wenn sogar (etiam) diese Gottes Antlitz sehen dürfen, dann erst recht jene).66 Eine genauere Differenzierung der himmlischen Hierarchie, wie sie sich später am einflußreichsten in der Systematik
Sinne dialogischer disputatio) besonders mit den Stoikern verbindet, belegen Stellen wie Cresc. I , 16. 1 7 (CSEL 52, 339. 340), ep. 1 1 8, 15 (CSEl 34, 2, 680); auch in der unvollendet gebliebenen Frühschrift {Je dialeclica zeigt sieh Augustin von stoischer Spraehtheorie beeinOußt, vgl. H.-1. MARROU, Augustin und das Ende der antiken Bildung. Pader
bom 1 1995 ('"" Saint Augustin CI la fin de la culture antique. Paris ·1 958), 208f. (mit Anm. 24) u. 476f.
61 Dann wäre quod (sofern nicht zum Zitat selbst gehörig) gleich einem (Sn recitativum, vgl. BlaiSt, Handbook § 264. In diesem Sinne findet sich die FOilnel dicens quod bisweilen auch bei Augustin: div. qu. 64, 4 (CCl 44A, 1 4 1 ) hane enim recte intellegimus aquam vivam quod est donum dei, sicu/ ipse ai/: si scires donum dei (10 10, 4]; et sicu/ idem 10-hannes eWlngelisla testatur aUo Joco dicens guod stabat lesus et clamabat si quis Silit, venial et bibat. qui credit in mc, sicut dieit scriptura, numina de ventre eius fluent aquae
vivae [10 7, 37f.] u.ö., vgl. c. Faust. 14, 9 (CSEl 25, 1 , 409), ep. 148, 8 (eSEL 44, 339), 10. ev. Ir. 54, 1 (CeL 36, 458).
61 Seit der Mitte des 2. Jh. tritt nach den verba senliendi und dicendi für den aei immer
häufiger quod c. ind. cd. eoni. ein, vgl. Kühner-Stegmann 11 27.5, Blaise, Handbook § 261.
64 So etwa lAM80T, CCl 41, 165f., Hlu., Selillons 1II/ l , 306, Note 4. 65 Vgl. G. MADEC, Angelus: Al I , Sp. 3 1 1 mit Hinweis auf ep. 147, 13. 14. 22, en. Ps. 43,
16, eiv. 22, 20. Als loc. class. filr die Lehre vom 'Schutzengel' bleibt Mt \8, 10 dagegen bei Augustin unberücksichtigt, so wie dieses Thema in seiner Angelologie auch sonst nicht problematisiert wird, vgl. ebd.
66 Vg!. Hlu., a.a.O., 306, Note 7.
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der '9 Engelchöre' bei Ps. Dionys (vgl. cael. hier. 6, 2, eccl. hier. I , 2 (Corp. Dionys. n, 26f. 64f.) und Gregor Magnus (vgl. in evang. 34, 7 (pL 76, 1249f.), moral. 32, 48 (CCL 143B, 1666» findet", versagt sich Augustin aber bescheiden, vgl. ench. 58 (CCL 46, 80f.) quomodo autem se habeat beatissima Wa e/ superna sode/as, quae ibi sinl differentiae praepositurarum, ut cum omnes tamquam generali nomine angeli nuncupen/ur (. .. ), sint tarnen archangeli; et utrum idem archangeli appellentur virlutes ( ... ), et quid inter se dis/ent quattuor Wa vocabula, quibus universam ipsam caelestem socie/atem videtur apas/alus esse complexus dicendo sive sedes, sive dominationes, sive principatus. sive potestates [Col I , 16] dicant qui passu"t, si tarnen prohare quod dicunt; ego me ista ignorare confiteor.68
Z. 40f. nam principem veJ magistratum huius saeculi eum dominus apertissime appellat: bezieht sich auf die im NT so nur von Johannes (12, 3 1 ; 14, 30; 16, 1 1 ) bezeugte Bezeichnung des Teufels als 6 äQXOlV ToD K6o�ou TOtrrOU. 'Fürst dieser Welt' zu sein bedeutet für Augustin aber Herrschaft über das Reich der SUnde (vgl. Z. 46f.), und bereits in seiner im Jahr 403/04 entstandenen antidonatistischen Schrift Contra epistufarn Parmeniani.69 läßt er den Teufel in dieser Funktion als Staatslenker Babyions erscheinen, welches dem himmlischen Jerusalem und seinem Herrscher Christus entgegengesetzt ist. 70 Wenn er hier in s. 12 ftif ö-QXrov statt princeps auch magistratus sagt, will er womöglich den Hörern gegenüber andeuten, daß der Teufel seine Position nicht (wie nach manichäischer Lehre) aus eigener Macht inne hat, vielmehr (vel konigierend im Sinne von vel potius?) als Beamter fungiert, der der sündhaften Welt wegen seiner eigenen Verderbtheit vorgesetzt ist7\ dabei aber immer der gleichsam imperialen Gewalt Gottes untersteht: Vgl. exp. Gal. 32 (CSEL 84, 100) nu/la inquam crealura esl, quae non velit, nolit, divinae providentiae serviat, sed
61 Vgl. J. MICHEL, Engel IV (christlich): RAC V, Sp. 1 7 1 · 1 74. 6B vgl. MADEC, Angelus, Sp. 304. 306. 69 Zur Datierung von c. ep. Parm. vgL jUngst P .·M. HOMBERT. Nouvelles recherches de
chronologie augustinienne. Paris 2000 (EAug. Serie Antiquilc 1 63). 89·9 1 . 10 V gl. c. ep. Parm. 2, 9 (CSEL 5 1 , 54) aliquando ( . . . ) inlelleganl unum populi principem
dominum noslrum Jesum Christum. cuius minislri sunl boni. et ipsum reclorem civitatis iIIius Hierusalem. quae esl mater nostra aelerna in caelis. ( . . . ) esl et allerild mali populi diabolus princeps el reclor eius civitalis. quae myslice Babylonia dicitur. quoniam principes et reclores Ilmr!brarum haf"U1n id est pttccalorum ipsum el ange/Qs eius aposcoius Paulus appellat [vgl. Eph 6, 12]. 11 Vgl. s. dom. m. 2, 47 (CCL 35, 138) [bezogen aufM! 6, 24] ( ... ) qui servit mammonae, i/li ufique servit qui rebus iSlis terrenis merito suae perversitatis praeposilus magistratus huius saeculi a domino dicitur.
52 Vier Themenpredigten
volens Jacil cum ea [sc. providenlia], quod bonum esl. de illa [sc. crealura] vero, quae hoc non vult, fit. quod ius/um es!. nam si eUa", ipsi praevaricatores angeli curn principe SUD diabolo non recle dicerentur procuratores vet ac/ores divinae providentiae [vgl. Gal 4, 2], non dominus magis/ratum huius mund; diabolum diceret nee uferelur iIIo ad correplionem horninum ipsa potestas opas/alica eadem Paulo alibi dicente: quos tradidi satanae, ut discant non blasphemare [I Tim I, 20], el aUo loco ad salutern. ( . . . ) sed et magistratus sub slatuto imperatore non faci!, nisi quantum iIIi permittitur, el procuratores acloresque huius mundi nihil faeiunt, nisi quantum domi· nus sinit.72
Z. 4Sf. nostra enim, dicit apostolus, conversatio in caelis est: VgL Phi) 3, 20 ij�Ölv rag TO JtoMTEwa tv ougavoic; ""agXEl. Das gr. JtO).[TEWa, das bei Paulus hier wohl soviel wie "bürgerrechtliche Zugehörigkeit" (vgl. LSJ 1434 s.v. rn. ad loe. citizenship) heißt - die Philipper sollen sich im Unterschied zu den Feinden des Kreuzes Christi auf Erden gleichsam als Paröken und Fremdlinge (vgl. I Pt 2, 1 1) vorkommen", - wird in der Vetus Latina vom Texttyp X (Tert.) entsprechend als mUllicipatus wiedergege· ben", während schon K (Cypr.), wie später auch die Vulgata, die Übersel-
72 August;n betont gegenüber den Manichäem immer wieder, der Teufel sei ein von der Wahrheit abgefallener Engel, der ursprünglich keine schlechte Natur besessen habe, vg\. J. VAN OORT, Jerusalem and Babyion. A study inlO Augusline's City of God and thc sources of his doctrine of thc two eities. Leiden 1991 (SVigChr 14), 225, der in diesem Zusammenhang auf civ. 1 1 , 1 3 (CeL 48. 334f.) verweist huie senlentiae [daß der Teufel sich seit seiner Erschaffung gegen die Gerechtigkeit gesträubt habe) quisquis adquiescit, non cum iIlis haereticis sapil, id est Manichads, et si quae aUae pestes Ua sentiunl, quod sllam quandam propriam tamquam ex adverso quodam principio diabolus habeal naturam moli; qui tanto vonitote desipiunt, ut, cum verba ista evongelica in auctoritate nobiscum hobeant, non adtendanl non di:cisse dom;num: a veritale alienlls filiI: sed: in veritate non stetit (10 8, 44], ubi a veritate lopsum intellegi valuit, in qua utique si stetisseI, eius parl icepsfactus beotus cum sonetjs angelis permaneret.
n Vgl. H. STR.ATI!MANN. lt6M� KTA.. C. 11. 4: ThWNT VI, 535. Das Motiv der peregrinalio huius vUae ist auch rur Augustins Lehre von den zwei civilales von großer Bedeutung (vgl. die bei VAN OORT, a.a.O., 1 3 1 -142, zusammengestellten Belege). Als Prediger, der seinen Hörer den Widerstreit beider Staaten vermitteln und sie als "lebendige Steine" in die civitas dei eingebaut sehen will, handelt er darüber häufig in den Enarrafiones in Psalmos, vgl. M. FIEDROWICZ, KOnnte ich dich je vergessen Jerusalem. Der Gottesstaat im Spiegel der Psalmendeutung Augustins. WOrzburg 1997 (Augustinus-heute 8), 30r. und bes. 63-70.
7-4 Ygl. z. B. Ten. adv. Mare. 3. 24, 3 (CCL 1 , 542) ( . . . ) et politeuma lIos/rum. id esl munieipatu"" in caelis esse prolluntians [sc. apostolus] aUeui ulique caelesti eivitati eum deputat, coron. 13, 4 (CCL 2, 1061) sed lu peregrinus mund; huills et civis civUatis Hierusa-
Senno 12 53
zuog conversatio bietet1S, welche das Pauluswort zu einer Aussage über den wahrhaft christlichen "lebenswandel"" werden läßt. Demgemäß kann Augustin etwa in seiner pastoraltheologischen Schrift De agone Christiano (verfaßt 396), die das Christenleben als Kampf mit Teufel und Sünde darstellt, gegenüber den Manichäem Eph 6, 12 mit einer allegorischen Auslegung von Phil 3, 20 erklären: (agon. 5 (CSEL 4 1 , 107f.)) quamvis iIle 10-eus, ubi ai!: spiritalia nequitiae in caelestibus, pOSSil el aUter intellegi, ut non ipsos praevaricatores angelos in caelestibus esse duert!, sed nos pot;· US, de quibus alio Ioco dicit: conversatio nostra in caelis est. ut nos in caelestibus constiluti, id est in spiritalibus praeceptis dei ambulantes dimicemus adversus spiritalia nequitiae, quae nos inde canan!ur ahslrahere.
Z, 47f. quam regu/am intellegentiae ( •.. ) : meint die den Hörern zuvor rhetorisch und theologisch erklärte metonymische Auslegung von princeps saecilli als princeps peccati, In der übertragenen Bedeutung "Maßstab, Richtschnur, Regel" ist regula Augustin schon durch den Unterricht in den disciplinae sowie seine spätere eigene Lehrtätigkeit vertraut. Dementsprechend verwendet er den Begriff relativ häufig in Schriften mit sprachtheoretischer Thematik, insbesondere in De grammatica und De doctrina christiana,17 Seine spezielle Anwendung von regula im Zusammenhang mit christlicher Exegese ist wohl von Tyconius' Liber Regularum beeinflußt78, dessen Henneneutik er in doctr. ehr. 3, 42-56 behandelt. In Verbindung mit intellege,llia im Sinne von "fayon de comprendre (un passage de I'&riture)" (Blaise, Dictionnaire 461 s.v. 2.) gebraucht Augustin regl/la außer in s. 12 noch an zwei weiteren Stellen, wo gleichfalls die sprachliche Erklärung nicht ohne eine theologisch begründete Deutungsregel auskommt: in ep. 147, 1 3f. (CSEl 44, 286) quo modo verum esl angeli eorum semper vident faciem patris mei [Mt 18, 10]. si deum nemo vidit umquam [10 I , 18; I 104, 12]? qua igitur regula intellegenliae ista veluti conlraria et repugnanlia non esse contraria 1Iec repugnare probabimus?79 und in en,
lem, - noster, inquil, minicipatus in caelis - hohes luOS census, luOS !aslos, nihi[ tjbi cum gaudiis saeculi, immo conlrorium debes.
" Vgl. Epistulae ad Philippcnses et ad Colossenses, hrsg. v. H. J. FREDE. Freiburg 1 966· 1971 (Vetus Latina 24, 2), 221 -224.
7to Vgl. ThLL IV Sp. 852 s.v. cOnversalio 2. n Vgl. C. P. MAYER, Herkunft und Nonnativität des Tenninus Regula bei Augustin: Aug(L)
40 (1990), 1 30f. u. 153f. 71 Vgl. POLLMANN, De Doctrina Christiana, 37. 79 Als regula intellegentiae wird Paulina später zunächst eine Erklärung der Grammatik von
deum nemo vidit umquam präsentien: ita dictum est. oc si diceretur: nemo hominum (ep. 147, 14 (CSEL 44, 287)}. Die sich anschließende Frage, wie dann nach dem Zeugnis der
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Ps. 36, I, I (CCL 38, 337) dabis enim profeelo domino deo noslro, deo summa, deo vero magnam ignoranliam, quod utique sacrilegum esse jnte/� leges, si sie acceperis: tentat VQS dominus ut sciat [Dt 13 , 3], tamquam ipse de nostra tentatione concipiat seien/farn, in qua erat ante ignoranlia. sed quid es!: tentat vos, ut sciat? lento/ vas, ul seire vas [aciat. accipite ergo a contrario regulam in/ellegen/fae (Laßt nun die Auslegungsregel ftir das Gegenteil gelten!); et quemadmodum cum deum auditis dicere: cognovi [Gn 22, 12], inlellegi/is: eognoseere vos feei; sie el eum auditis de filio hominis, id esl de Chrislo dici quod illum diem nescial [vgl. Mc 13, 32]. intellegite dici quod nescire laciat. quid es! autem, nescire [aciat? oecuttet, ut nesciatur quod nobis prad; non pradesl.
Z. 49f. ( . . . ) de quibus iJli laqueos inescant erroris sui: Das von Lambot nach der Tradition der Handschriften a (Paris B.N. n. a. 1 . 1672 (s. X»" und b (Mont-Cassin XVI (s. XI) aufgenommene inescanl stellt eindeutig die lecrio difficilior gegenüber den Lesarten dar, die die Handschriften der Sammlung Alleluia zu bieten haben: neelunl A' (paris B.N. lat. 13376 (s. IX» , von den Maurinern übernommen; initiunt A 2 (Darmstadt LandesbibI. 1489 (s. IX», mit Buchstabenverwechslung statt iniciunl, welches A'" (Londres B.M. add. 1772 (s. XII), Charleville B. munic. 202, t. IX (s. XII)) überliefern.11 [m übertragenen Sinne wird inescare "anködern" seit Ter. Ad. 220 verwendet (numquam rem fades: abi, nescis inescare homines. Sannio), ein Bild, welches die antiken Kommentare zur Stelle dem Sachbereich des Angelns" oder des Vogel fangs" zuweisen (vgl. ThLL vn, I Sp. 1 3 1 7 s.v. inesco 1 b). Die Junktur laqueos inescare "die Schlingen beködem" läßt sich, soweit ich sehe, vor Augustin nicht belegen. Doch kann er
Schrift Abraham, lsaak, Jakob und andere Gerechte des AT Gott sehen konnten, beantwortet Auguslin aber (mit Hilfe von Ambr. in Lue. I , 24-27) ofTenbarungsthcologisch: discretum es' quippe, qua moJo dictum sil: deurn nemo vidit umqu3rn et quo modo dellt" iusti antiqui viderint, si iIIud propterea dictum est, quoniam deus natura est invisibilis, illi autem ideo viderunt, quicumque deum viderunt, quia, cui voluerit, sicut voluerit, apparet ea specie, quam voluntas elegerit, etiam latente natura (ep. 147, 19 (CSEL 44, 292».
10 Sigla nach lAMBOT, CCL 41 , 164. I' laqueum nectere hat schon Hor. episl. I , 19, 3 1 ; von den Kirchenschriftstellern gebraucht die Junktur im übertragenen Sinne zuerst Ambr. in psalm. 1 1 8 senn. 12, 3 1 , 22 (CSEl 62, 269); laqueos ;nicere ist den Christen besonders durch I Cor 7, 35 hoc autem ad wilj. totem vestram dico, non ut laqueum vobis iniciam (vgl. b. vid. 7 (CSEL 41 , 3 1 0), s. 86, 14 (Pl 38, 529». im Ohr. Augustin sagt dementsprechend in s. 361 , 6 (PL 39, 1602) neo mo ergo quaeral de medicina vulnus, et de scripturis conetur torquere vinculum, unde laqueum mortis [vgl. Ps 17, 6; Prv 21 , 6) jniiciat animae suae.
n Vgl. Schol. Ter. 152, I 3f. II Vgl. Don. Ter. Ad. 220, 4.
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die schon im AT geläufige Jagdmetapher toqueus (LXX ltUrt<;) - dort meist von den "Schlingen der Gottlosen" gesagt84 - bereits bei Arnbrosius so gebraucht finden, daß mit Hilfe von esca und inescare die Falle auch in ihrer tückischen Konstruktion ausgemalt wird. V gl. Ambr. in psalm. 1 1 8 senn. 14, 37, I (CSEL 62, 323) quid tibi, homo, eum deliciis oe votuptotibus? non capit laqueus. nisi ante esca Je ceperit; dum praedam petis, laqueo ipse te nee/is. esca taquei avaritia eSf, esca diaboli luxuries es!, quibus nos vul/ inescare, non pascere.83 Augustin selbst verwendet inescare sonst nur noch in en. Ps. 124, 10 (CCL 40, 1843), wo er mit Rücksicht auf Ps 124, 5" vor Abkehr von Gott und Verstrickung in die sündige Welt warnt: sicut autem declinat [sc. iustus] a maiD. et facil bonum reClus corde, quia non zelat in peccatoribus, pacem peccatorum intuens [vgl. Ps 72, 3]. sie pravi cordis. qui scandalizatur in viis domini, declinat a deo, el Jacit malum, et inescalur dulcedine saeculi, et ea illaqueatus et captus amaras poenas luit. declinanti autem a deo, cuius disciplinam Jerre noluit, fit illi per iudicium dei verus laqueus falsa malorum felicitas.
Z. 62fT. ( . . . ) ut hominum carnalium refellatur improbitas, ut si fieri pOlest hoc modo repulsi ad discendi mansuetudinem pia corda converlanl: V gl. conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1 ), wo die Manichäer als "hochmütig albernes Zeug faselnd, allzusehr dem Fleisch verhaftet und geschwätzig" charakterisiert werden (homines superbe delirantes, cafnales nimis et 10-quaces). Vor dem Hintergrund der besonders durch Paulus vennittelten Trennung von ociQ� und :rrvf:ü�a bekommt carnalis in der lateinischen Christensprache eine pejorative Bedeutung87, in der es all das bezeichnen kann, was dem spirituellen Leben des Menschen und seiner damit verbundenen himmlischen Ausrichtung abträglich ist. Die Manichäer erhalten das Attribut carnalis nicht zuletzt deshalb, weil ihre Lehren der äußeren, körperlichen Welt verhaftet bleiben und es nicht erlauben, mit Gott die Vor-
54 So etwa ler 5, 26 (Vg) quia illvenfi sunf in populo meo impii illsidiantes quasi aucupes laqueos ponel/fes et pedicas ad capiendos viros; 18, 22 quiaJoderuntJoveam ul caperenl me el laqueos absconderunt pediblls meis u.ö., bes. in den Ps, Prv und Sir, vgl. J. SCHNEIDER, :n:ayi�, xO:YlbtUw: ThWNT V, 594.
U In der christlichen LiteralUr bietet zuerst Ambrosius einen Beleg ftir inescare, freilich nur an dieser Stelle der Exposilio de Psalmo CXVIII (wohl aus dem Jahr 398/90, '1gl. C. MARKSCHIES, Ambrosius von Mailand: LACL1, 23). Das Bild wird aber auch deutlich, wenn zu laqueus nur esca tritt, wie bei Ambrosius bereits etwa in lsaac 4, 34; 7, 6 1 (CSEL 32, I , 663. 686), bon. mort. 6, 24 (CSEL 32, I , 725 ), Hel. 1 , 1; 8, 23 (CSEL32, 2,41 2.424) u.Ö.
16 Declinantes aulem in strangulalionem abducet dominus cum operanlibus iniuslitiam, ebd . ., Vgl. MORHMANN, Sondersprache, 88-90.
56 Vier Themenpredigten
stellung einer rein geistigen Substanz zu verbinden, die Augustin erst unter dem Einfluß des Platonismus entwickeln kann.BB
Der Begriff mansueludo, der hier der improbitas hominum carna/ium entgegensteht, zählt schon in Gal 5, 23 und 6, I zu den pneumatischen Gaben und wird von (ac I , 20 und 3, 17 als Haltung frommer Gelehrigkeit bzw. Weisheit ausgewiesen, die Zorn und bitterem Eifer wehrt.89 In De Genesi adversus Manichaeos, seinem 389/90 in Thagaste entstandenen ersten antimanichäischen Kommentar zu Gn 1-3, von dem Augustin später sagt, er habe damit die Albernheiten der Manichäer widerlegen, sie aber auch dazu bewegen wollen, in den verhaßten Schriften des AT den christlichen Glauben des Evangeliums zu suchen90, ist mansuescere mit der Vorstellung einer Kultivi�rung des Menschen zum homo spiritualis verbunden. Denn nach Augustins allegorischer Deutung des sechsten Schöpfungstages als gegenwärtige aetas des Evangeliums. in welcher das Greisenalter des vetus homo zu Tage tritt und der nach dem Geiste lebende homo novus geboren wird, herrscht, wie der erste Mensch über die Tiere, Christus über diejenigen, die den Weg zu seiner Kirche finden, ut ab eo domarentur atque mansuescerelll homines, vel carnali concup;scenl;ae dedili s;cut pecora, vel tellebrosa curiositale obscurati quasi serpentes, vel elati superbia quasi aves (Gn. adv. Man. 1 , 40 (PL 34, 192)).
Z. 79 quid esl enim locutio nisi signijicatio voluntatis: V gl. mag. 2 (CCL 29, 158) qui ellim foquitur, suae voluntatis sigllum foras dat per articufalum sonum. Die dort rur die artikulierte Rede festgestellte Intentionalität eignet, wie Augustin später in der Semiotik von De doclrina ChristiG11G ausführt, allen Zeichen, die nicht als signa naturalia, sondern als signa data
U Als Manichäer mußte Augustin noch glauben, GOII sei ein unermeßlicher, leuchtender Körper und er selbst ein Stückchen von jenem, so wie er sich Oberhaupt nicht vorzustellen vermochtc, daß etwas Unkörperliches existiert. (vgl. conf. 4, 3 1 ; 5, 1 9 (eSEL 27, 55. 68». Auch konnte Gott schwerlich als Jux inccmmutabilis vor das Auge seiner Seele treten noch als Grund allen Seins erschcinen (vgl. conf. 7, 16 u. 1 7 (ebd. 103f.», solange die manichäische Lehre gall, er sei dem Angriff einer mit ihm rivalisierenden Macht ausgesetzt. Vg!. S. MACOONALD, The divinc nature, in: E. STUMP I N. KRETZMANN (Eds.): The Cambridge Companion 10 Augustine. Cambridge 200 1 , 73 u. 75.
19 Vgl. F. HAUCK I S. ScHULZ, xpatx;, JtpaUTT)C; C. Neues Testament: ThWNT VI, 650. 9() Vgl. Gn. litt. 8, 2 (CSEl28, I , 232) nam ef ego contra Manichaeos, qui has litteras vele·
ris lestamenli non aliter quam oporlel accipiendo erranl, sed omnino non accipiendo el defesfando bJasphemant, duos conscripsi libros recenti tempore conversionis meae, cilo volens eorum vel confulare deliramenta vel erigere inlentionem ad quaerendam in litte· ris, quas odenmI, chrislianam el evangelicam fldem. Einen Hinweis auf dieses Zeugnis gibt MAYER, Die antimanichlischen Schriften Augustins, 286f.
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zu gelten haben", folglich auch der göttlichen Sprache, wenn sie anstelle von Worten lediglich sichtbare Zeichen wie den Stern des Messias verwendet. Denn in ihrer gewollten Mitteilungsfunktion sind solche Zeichen ftir Augustin quasi quaedam verba visibilia (vgl. doctr. ehr. 2, 5 (CCL 32, 34» .
Z. 90f. aut in ipsa mente, cum quisque maiestatem vel voluntatem inlellegit, sieul ipse Petrus ( ... ): [m Spätlatein werden die Indefinitpronomina völlig regellos verwendet. so daß quisque seit Amrnian auch ruf aliquis bzw. quis eintreten kann, vgl. KUhner-Stegmann I 650. Anm. 13, Blaise, Dictionnaire 693 s.v. quisque 2. Zu Augustins allegorischer Deutung und erkenntnistheoretischer Erklärung der Petrusvision in Joppe (Act 10, 9-20) s.u. den Kommentar zu s. 266, 6.
Z. 94ff. loquitur etiam deus in bonDrum ma/orumque conscientia. nam et approbare quod bene laeil et improbare quod peccat nemo recte potest nisi ab eadem illa in silentio cordis vel laudante vel damnante voee veritaI;S: Der hier abgedruckte Text nimmt mit ab und damnanIe zwei Emendationen Morels auf, die die Mauriner z. SI. anfUhren (vgl. PL 38, 1 02, Anm. (a)). Dagegen bieten die Handschtiften der Alleluiasammlung (A) übereinstimmend: ( . . . ) nisi ad eadem ilIa in silentio eordis lIel laudante lIel c/amante lIoee lIerilatis. Einen Hinweis auf ursprüngliches damnanIe gibt schon die von A unabhängige, beneventanische Tradition (a b)92: ( . . . ) flisi eadem Wa in silenlio cordis lIel laudmlda lIel damflanda lIoee earitatis, in der vermutlich die Präposition vor eadem infolge der Verschreibung der part. praes. in die syntaktisch hier schwerlich möglichen Gerundiva91 ausgefallen ist. Doch das neben laudante ungewöhnliche clamanle ist auch im Kontext der Aussage Augustins über das innerliche Sprechen Gottes zum Menschen
91 Vgl. doclr. chr. 2, 2f. (CCL 32, 32f.) sigl10rum igitur aUa $Ullr l1aturalia, aUa dara. naturaUa SUfll, quae sine va/unrate atque ulla appetitu signijieandi praeter se aUquid aUud ex se eagllosei faeiul1l, sieuri esl {umus signijieans ignem. ( . . . ) data W!ra signa sunl, quae sibi quaeque vivenlia invieem dant ad demanslrandos, quantum possunt. malus animi sui ve/ sensa auf intelleeta - eine Differenzierung, welche die seil der Sophistik aufgekommene Frage berücksichtigt, ob Sprache sich von Natur aus (cpOOCI) oder durch Konvention (ßtOCI bzw. vOlJ.tV) entwickelt haI. Siehe dazu sowie zum voluntativcn Charakter der signa dara bei Augustin POLLMANN. Oe Doctrina Christiana, 179 u. B. MOJSISCH, Augustin, in: T. BORSGiE (Hg.), Klassiker der Sprachphilosophie: von Plalon bis Noam Chomsky. München 1996, 67f.
92 So aUch vorsichtig LAMBOT (CeL 4 1 , 168) z. SI.: clamante] ira A maur.Jarle pro 'damnante' (cf a b damnanda).
93 Ein Subjektwechsel zu eadem und vor allem die prädikativ gebrauchten Gerundiva im Sinne des einfachen Präsens Passiv nebst Ellipse von sunl und abi. auctoris bilden ein Konstrukt. das Augustin nicht zuzumuten ist.
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zu beanstanden. Denn obgleich ein 'schlechtes Gewissen' an sich gut als eonscientia clamans vorstellbar ist", wirkt das hier auf die Bedeutung von improbare festgelegte cJamare unpassend, nachdem Augustin zuvor diejenige Rede Gottes, die das Erkennen (agnoseere) im Verstand ermöglicht, mit clamor veritatis in positiver oder zumindest neutraler Weise bezeichnet hat.9S Da offenbar c/amore veri/atis dem späteren voce veritalis entspricht, kann zu letzterem kaum wieder clamante im genannten Sinne treten. Der Fehler läßt sich durch Perseveration im Anschluß an clamore erkJären. Liest man außerdem ab statt ad (eine Verwechslung von B und D ist leicht möglich), braucht die präpositionale Wendung nicht in ungelenker Weise mit den Partizipien verbunden zu werden96, vielmehr entsteht durch ab eadem Wa . . . voce veritatis97 ein überschaubares Hyperbaton, in welchem das von Wa verstärkte Determinativpronomen die Identität der Wahrheit betont, die vielfältig im Menschen spricht, aber immer mit Gott gleichzusetzen ist (vgl. Z. 97 veritas autem deus est).
� Eine Zusammestellung der vielfachen Wendungen, mit denen Augustin das Schuldbe· wußtsein der conscientia molo ausdrücken kann, gibt C. MAYER, conscientia: AL I , Sp. I 225f. mit Anm. 61 unter besonderer Verwendung von J. STElZENBERGER, Conscientia bei Auguslinus. Studie zur Geschichte der Moraltheologie. Paderbom 1959, 134· 1 6 1 . Bei den von STELZENBERGER, 142·146, in diesem Zusammenhang aufgeführten Verben bleibt clamare ebenso wie damnare unberücksichtigt. Im Rahmen der Behandlung der eOlls· eientio bona wird von ihm später ( 1 56) die oben besprochene Stelle aus s. 12, 4 nach PL 38, 102 ohne textkritische Anmerkung paraphrasiert: "Gute Tat zu loben und Sünde zu mißbilligen vennag nur die Stinune der Wahrheit, die im Schweigen des Herzens lobt oder ruft."
93 Vgl. Z. 92fT. 110" enim hoc [sc. quid se vellet agere dominus] quisquam polest "isi apud
se intus SOllante quodom toeito cfomore veritatis ognoscere. Die semantische Korrelation von approbore Iloudore - improbare I damnare verwendet Augustin auch in den Con/es·
siones, wenn er gegen Ende seiner Unterscheidung von 'Verbrechen' und 'Schandtaten' (focinoro undjlagitia) (vgl. conf. 3, 15-17) die Wertmaßstäbe Gottes von denen der Men· schen absetzt: conf. 3, 17 (CCL 27, 36f.) mulla ilaque/octa, quae hominibus improbanda
viderentur, lestimonia tue apprabata sunt et mulla laudalO ab hominibus le teste damna,,·
tur, cum saepe se aUter habet species /aeli el oUter /oeientis animus atque articu/us occu/li temporis (und der von dir im Verborgenen festgesetzte Zeitpunkt), vgl. ferner en. Ps. 70, I. 17 (CCL 39, 954) oudiant negotiotores, et mutent vitom; et sifuerunt, non sint: non
cognoscont quod /uerunt, obliviseontur: postremo, non opprobem, non loudent: impro·
bellt, damnent, muten/ur, si peeeo/um est negotiotio.
96 Hlu., Sermons HUI, 300. übersetzt ad final-konsekutiv: "For none ean rightly approve their good actions or disapprove their sins without that voiee of truth either praising or condamning to thc same effect in the silence ofthe heart."
91 Zu ursächlichem ab statt des gew. abI. (bei Dichtem, Livius und in späterer Prosa) vgl. Kühner-Stegmann I 49Sf.
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z. 1 OSff. quapropter, di!ect;ss;mi fratres, fideles dei et catholicae matris germanissimi filii, nemo vos decipiat venenatis cibis, eliam si adhuc eSlis lacte nutr;endi: V gl. I Cor 3, 1-2 ego, fratres, non potu; loqui vobis quasi spiritalibus sed quasi carnalibus. quasi parvulis in Christo lac vobis potum dedi, non escam; nandum enim po/eraNs, sed nec adhuc potestis (vg1. trin. 1, 3 (CCL 50, 30)) und Hbr 5, 12-14 cum iam deberelis tempore ipso esse doc/ores, i/erum doctrina indigelis. quae sint elementa sermonum dei, et facti estis opus haben/es lacte, non solido cibo. omnis enim qui lactatur, inexpertus est verbum iustitiae; infans es! enim. perfee/arum es! au/ern solidus cibus, eorum qui per habitum exercitatos habent sensus, ad separandum bonum a malo (vgL [0. ev. Ir. 98, 4 (CCL 36, 578» . Augustins Anwendung der Metapher zeigt, daß er ebenfalls mit der Unreife seiner Hörer rechnet: Gleich Kindern, die noch gestillt werden müssen, sind sie auf die Glaubensmilch ihrer Mutter Kirche angewiesen, sollen aber schon das Gift in der Speise schmecken, die ihnen die Manichäer vorsetzen. Während diese nämlich den Christen weismachen wollen, es sei nun an der Zeit, statt des Glaubens Erkenntnis und Wissen zu kosten98, bleibt, wie das Zitat aus [] Cor 5, 6f. bedeuten will, der vollkommene Genuß der species veritafis erst dem Leben nach dem Tode vorbehalten, wird aber durch den Glauben an Christus schon auf den Weg gebracht.99
9!1 v gl. cn. Ps. 10, 6 (CCL 38, 79) omnes enim [sc. haereliei] quanlum in ipsis eSl. deslruxenmr laudem [vgl. Ps 10, 4], quam ex ore infantil/rn et laetentium perfeeit deus. dllnl quaestionibus vanis et serupulosis exagitanl parvulos, er eos nurririfidei laele non sinunt. Siehe zum Bildwort von der 'Glaubensmilch' auch c. ep. Man. 23 (CSEl 25, 1 , 220), c. Fm!. 12, 26. 42 (CSEL 25, I , ]]5. 370), c. 'p. Pa"". 2, 19 (CSEL 5 1 , 65), 'p. 93, 21 (CSEL 34, 2, 467), 10. ". t,. 98, 4-7 (CCL 36, 578-581), cn. Ps. 38, 3 (CCL 38, 405); 54, 24; 67, 22 (CCL 39, 674. 885); 1 1 7, 12; 1 19, 2 (CCL 40, 1 664. 1 778).
99 Vgl. Z. I \Of. ad speciem aulem visionis palris fides chrisliana perducil mit dem folgenden Hinweis auf 10 14, 6 u. die Aussagen, die Auguslin im Zusammenhang mit I Cor 3, 1-2 am Anfang von De Irinitate (a.a.C., s.o.) macht: proinde substanriam dei sine ulla sui commutalione mUlabiliafacienlem, et sine ullo suo ren/porali molu lernporalia creanlern, inlueri el pfene nosse diffici/e esl. et ideo esl necessaria purgalio mentis nosrrae qua ilIud ineffabile ineffabiliter videri possit; qua nondum praediti fide nUlrimur. el per quaedam
tolerabiliora ut ad iIlud capiendum apti el habiles effieiamur i(inera ducimur. Verstanden als inlellektuel1es Erfassen der Wahrheit, diente die visio dei Augustin in den Frühschriftcn noch zur Sicherung der beatiludo seines kontemplativen Lebensideals. Für den Priester und Bischof werden später statt der theoretischen Orientierung Glaube und Gnade ent. scheidende Voraussetzungen fur eine Gottesschau, von der nun gilt, daß sie im irdischen Leben nicht vollkommen zu erreichen ist (vgl. K. FLASCH, Augustin. Einfllhrung in sein Denken. Stuttgart 2 1994, 129f., H. K. KotlLENBERGER, Anschauung Gottes: HWPh I, Sp. 347). Augustin verdankt seinen eschatologischen Vorbehalt in dieser Frage wohl besonders einer vertieften und weniger vom platonischen Aufstiegsgedanken als der Spannung zwischen Geist und Fleisch bestimmten Paulusrezeption (vgl. P. BROWN, Augustine of
60 Vier Themenpredigten
Z. 1 1 7f. et c1arifieavi et clarIneabo, cum dominus dixisset: pater, c1a
rille. filium tuum: Statt "Vater, verherrliche deinen Namen", das in 10 1 2, 28 alle friihen und auch die meisten späteren Zeugen bieten 'OO, lesen die Codices Regius (L 019 [saec. VIII]) und Monacensis (X 033 [saec. X]), einige Minuskelhandschriften, sowie das Lektionar 253 (saec. XI) und Teile der griechischen Väterüberlieferung "Vater, verherrliche deinen Sohn" ["unQ, 06�ao6v oou TOV u6v (der Codex Vaticanus (B 03 [saee. IV]) �ou TO övo�a)]. Daß dieser Text, für den aus der lateinischen Tradition außer einzelnen Vulgatahandschriften nur noch Leo Magnus und Augustin zeugen101, eine sekundäre Angleichung an den Beginn des sog. 'hohepriesterlichen Gebetes' Jesu in 10 17. 1 darstellt,02, zeigt deutlich der Zusatz in / 387 '(va Kai " uloe; OOU 60�6.on OE.;" Der Codex Bezae Cantabrigiensis (D" 05 [saec. V]) erweitert dagegen 10 12, 28 durch einen Einschub aus 17, 5: "Vater, verherrliche deinen Namen, mit der Herrlichkeit, die ich bei dir besaß vor der Entstehung der Welt."'" Eine derartige Glosse erklärt sich vor dem Hintergrund johanneischer Theologie, "bei der das Verherrlichen des Vaters durch den Sohn und das Verherrlichen des Sohnes durch den Vater ein innerer, unauflöslicher Zusammenhang sind."'os
Hippo. A biography. London 1967, 1 5 I r.). Hans EGER sieht den Wandel in Augustins Auffassung spätestens im Rahmen seiner Auslegung des Galaterbriefes (394/5) eindeutig bezeugt: vgl. z.B. C)(p. Gal. 28 (eSEL 84, 93) in qua fide nOll es/ dis/anNo ludaei neque Graeci. IIon servi IIeque Iiberi. non moseuli el/eminae. in quanlum enim omnes fideles sunl. omnes unum sunl in Chrislo lesu [vgl. Gal 3, 28]. et si hoc/aeil fides, per quam in hac vita jusle ambulatllr, quanto perfectius alqlle eumulalius id species ipsa Jaelura est, cllm videbimusJacie ad/aciem? oder exp. Gal. 36 (eSEL 84, 104) manifestum est enim, quamdiu per fidem ambulamus. non per speciem, nondum nos cognovisse deum sed ea fide purgari. ul oportuno (empore cognoseere valeamus. Vgl. H. EGER, Die Eschatologie Auguslins. Greifswald 1933 (Greifswalder Theologische Forschungen I), 1 3 f.
100 Als lai. Zeugen nennt das GNT' Z. SI.: mehrere Codices der Vetus Latina (a, aUf, b, C, C,
f, W, I, rl), die Vulgata (pater, clarifica nomen tuum (die Winembcrgensis: nomen meum, vgl. z. S1. NESTLE·ALAND, Novum Testamentum Latinel], sowie Tertullian, Ambrosius, Hieronymus, Augustin ( 1 Beleg, s. weiler oben im Text) und Ps. Vigil.
101 Vgl. NESTLE-ALAN027 und GNT' z. SI. 102 In der Übersetzung der Vulgata: haec locutus est lesus; el sublevatis oculis in eaelum
dixil: «paler, venil hora: clarifica filium tuum, ur filius /IIUS clarifieet le (, . . ).» 10) Vgl. B. M. METZGER, A Textual Corrunentary on the Grcek Ncw Testament. A Com
panion Volume 10 Ihe United Bible Socielies' Greek New Testament (Fourth Revised Edition). Stuttgart 2 1994, 202.
104 XQ'tEQ, b�a06\! oou 'Co övoJ.1a tv 'CTl b�n Ti dxo\! 1r:aQQ. aoi ltQo 'CoO 'Cov lC60fJo\' YE\!eof)ru,
10' R. SCHNACKENBURG, Das Johannesevangelium. 11. Teil. Kommentar zu Kap. 5-12. Freiburg 4 1985 (HThK IV, 2), 486 mit Hinweis auf 10 1 3 , 3 1 f. ön; ow t!;f'JAih:v, AtYCl
Senno 1 2 61
Unter dem Einfluß des 'westlichen Textes', vielleicht aber auch nur aufgrund eigener Assoziation, bezieht Augustin in c. Adim. 9 (CSEL 25, I , 133) ebenso das c1arificavi aus 10 1 2, 28 auf die präexistente Doxa des Sohnes: nam cum ipse dominus dixissel: pater, clarifica me ea claritate, qua fui apud te, priusquam mundus fieret, sonuit vax de caelo: el clarificavi et clarificabo.106 Die Lesart pater, c1arifica filium tuum bezeugt Augustin expressis verbis noch in trin. 2, 1 8 (CCL 50, 105); später, in 10. ev. Ir. 52, 3 (CeL 36, 446f.) '01, liest er zwar den Text der Vulgata'08, identifiziert aber
·1�ooÜC;· vUv tb�cio1h] 0 ul><; TO� av1lQ6Dtou Kai 0 fiEl><; tb�cioil� tv airr4\· Ei 0 6EOI; tb�6.aOTi tv almt>. Kai 6 ih:6I; b�ciou ainov tv QilT(�. Kai (.ußUt; b�aO(l Qin6\'. VgL auch die Glosse zu 10 12, 28 bei Tert. adv. Prax. 23, 2 (CCL 2, 1 1 9 1 f. ) sed et in conturbatione Qnimae: el quid dicam? pater, inquit, salvum me fac dc 1$18 hora. al· quin propter hoc veni in iSlam horam. vtrum, pater, glorifica nomen luum, in qUD era' fi· lius: ego, inquit, "eni in patris namine [10 5, 43].
106 Argumenr31ionstechnisch dient ihm die Schriftstelle wie in s. 1 2 als Beleg rur die Möglichkeit, daß die Ungläubigen und Sünder zumindest Gottes Stimme hören können und daß der Sohn sich, mag er und durch ihn der Vater unmittelbar auch nur rur die mundicordes sichtbar sein, wem immer er will, offenbaren kann. Folglich läßt sich kein Widerspruch konstruieren zwischen Gn 3 (loculus esl deus cum Adam el Eva el cum ser
penle el cum Cain el celeris anliquis) und 10 I , 1 8 deum nemo vidit umquam nisi unicus filius, qui esl in sinu palris; iIIe adnunliavit nobis de eo bzw. 5, 37f. nec vocem illius 014-dislis nec/ociem eius vidislis nec verbum eius habelis in vobis manens, quia ei, quem ille misit, non credidistis. Vgl. c. Adim. 9 (a.a.O., 1 3 1 - 134).
107 Die Datierung der 124 Traktate zum Johannesevangelium ist ein vieldiskutiertes Problem. Mittlerweile scheint sich die Auffassung durchgesetzt zu haben, daß mit vier Entstehungsphasen zu rechenen ist: tr. 1 - 1 6 (zu 10 1-4) im Winter 406n, tr. 17-19 und 23-S4 (zu 10 5-12) im Sommer und Herbst 414, tT. 20-22 (zu 10 5, 19-30 wie Ir. 19 u. 23), die Augustins Kenntnis des Sermo Arianorum voraussetzen, erst 419 und die wahrscheinlich nur diktierten tr. 5S-124 (zu 10 13-21) Ende 419 und später. Vgl. M.-F. BERRQUARD, L 'exegese de saint Augustin predicateur du quatrieme Evangile. Le sens de I'unite des Ecritures: FZPhTh 34 (1987), 3 1 1-314, D. WVRWA, Augustins geistliche Auslegung des Johannesevangeliums, in: 1. VAN OORT I U. WICKERT (Hgg.), Christliche Exegese zwischen Nicaea und Chalcedon. Kampen 1992, 1 86f. mit Anm. S. IOC Audi ergo quid inde subiungat, cum dixissel: nunc anima mea turbata est. et quid dicam? inquit pater, salvifica me ex hac hora. sed propterea veni in hanc horam (10 12, 27]. pater, c1arifica nomen tuum. Daß Augustin in den 10. ev. tr. einen von ihm selbst bisweilen korrigierten Vulgatatext verwendet habe, nimmt WtLLEMS in der Pracfatio seiner Ausgabe an (vgl. CeL 36, XI, Anm. 5) und beruft sich dabei auf D. OE BRUYNE, der davon ausgeht, dem Bischof sei die von ihm geschätzte EvangclienUbersetzung des Hieronymus ab 403 bekannt gewesen (vgl. Saint Auguslin reviseur de la Bible, in: Miscellanea Agostiniana 11. Rom 193 1 , 594f. mit Hinweis auf ep. 7 1 , 6 proinde non parvas deo gratias agimus de opere Iuo, quod evangelium ex Graeco interpretalus es, quia el paene in omnibus nulla offensio est, cum scripturam Graecom conlulerimus; Augustins De consensu evangelistarum, wo nachweislich schon der Hieronymustext benutzt wird, datiert er erst auf das Jahr 405, vgl. ebd.) Freilich hat man angesichts der nunmehr fortgcschrit-
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weiterhin den "Namen des Vaters" mit dem "Sohn": quid est autem: clarifica tuum nomen; nisi, in sua passione el resurrectione? quid est ergo aliud. nisi ul paler clarificet jilium, qui clarificat suum nomen etiam in similibus passionibus servorum suorum (ebd.)?
Außer clarificare treten als Christianismen für das griechische bo�a�€lv auch glorijicare oder honorificare ein.'09 Von diesen verdankt sich clarificare (wie auch clarijicalio) "dem Lichtbegriff, der dem biblischen b6�o. innewohnte und der in claritas seinen Ausdruck fand."IIO
z. 1 19ff. quod autem scrip/um es! diabolum venisse in conspeclum dei, non ideo scrip/um eSf, quia quisquam pOlest aliquando conspectum dei fugere ( . . . ), sed quia in secreto creaturac Ilcta sunl quae scriptura narrQvii ( . . . ): Zur Angabe eines nicht zutreffenden mutmaßlichen Grundes kann non quia poetisch und nachklassisch mit dem Indikativ verbunden werden (vgl. Kühner-Stegrnann n 386f., Blaise, Handbook § 276); in secrela erealurae will hier bedeuten, daß sich das Geschehen aus lob I , 6ff. in einer (zeitlichen und räumlichen) Abgeschiedenheit von der menschlichen ErfahrungsweIt zugetragen hat. 1 1 1 Die Schrift kann daher nur ein Bild verwenden
lenen Erkenntnisse Ober die Vetus Latina Augustins Eigenanleil an den von der 'Vulgata' abweichenden Tcx.tfassungen (insbesondere auch des AT) vorsichtiger zu bewerten, so daß sich die These vom 'reviseur de la Bible'. so wie sie von OE BRUYNE vorgelragen wurde, schwerlich noch halten laßt. Siehe dazu P.-M. BOOAERT, La Bible d'Augustin. Etat des questions et application lUX. sermons Dolbcau, in: G. MADEC (ed.), Augustin predicateur (395-41 1). Actes du Colloque International de Chanlilly (5-7 septembre 1996). Paris 1998 (EAug., Serie Antiquite 159), 34 u. 42-46.
109 Vgl. C. s. Arrian. 29 (Pl 42, 704) [bezogen auf 10 17, 4) glorijieare aulem el honorifieare el clarificare. tria quidem verba, sed res una est. quod Graeee die;tur doc!z.ein: interpretum aulem varietate. aUter atque aU/er pos;lum est in Latino. 1 10 MOHRMANN, Sondersprache, 263. 1 1 1 Eine sprachliche Parallele bietet cat. rud. 46 (CCL 46, 169f.): [Augustin verteidigt in der ersten Musterkatechese diefides resurreClionis] ( ... ) ubi erat haee moles el haee slalura eorporis tui? nonne de occu1tis huius creaturae secre/l's, domino deo invisibiUler formante. proeessil in lucem. eertisque aetatum incrementis in islam magnitudinem formamque surrexit? numquid ergo difficile esl deo, qui etiam aggeres nubillm �--'!�f.�!!9. in momenlo eonlrahit, el conlegit eaelum in ietll lemporis, reddere islam quanlilalem eorporis tui sicut erat, qui eamlaeere potuit sie curn non erat? (vgl. cat. rud. 54 (a.a.O., 177». An dieser Stelle ist mit ereatura die geschaffene Weh (huius erea/urae .. huius mundi) gemeint, in der die Keimzellen filr alles, was irgendwann entsteht, schon von Beginn an latent vorhanden sind, vgl. z.B. trin. 3, 1 3 (CCl 50, 140), Gn. litt. 6, 10- 1 1 (CSEl 28, I , 182-1 85) u. zur Verbindung der Vorstellung einer 'Simultanschöpfung' mit der stoischen Lehre von den rationes semina/es S. KNUUTIu.A, Time and creation in Augusline, in: E. SruMP I N. KRETzMANN (Eds.), The Cambridge Companion to AugusHne. Cambridge 200 I , 104.
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und berichten, man sei vor das Angesicht Gottes getreten: Z. I 29ff. quia ergo haee tarn lalenter gesla sunl, ut '-ndicar; hominibus per scripturas sanetas nis; sanc/o spiritu revelanle non possent, in canspec/um dei ventum esse atque ibi gesta esse narran/ur.
Z. I 42ff. sieut etiam in "egol;;s publicis, quamquam pleraque per praeconem iudex loquatur, iudicis lamen nomen, cum gesla scribuntu" non etiam praeconis inseritur: Der ' Ausrufer' (praeco) zählte schon zur Zeit der Republik zu den vom Staat besoldeten Gehilfen der Magistrate (apparitores) und konnte u.a. als Gerichtsdiener fungieren. indem er beim Kriminalprozeß etwa die Parteien, Anwälte und Zeugen aufrief, den Schluß der Anklage- und Verteidigungsreden erklärte (duere) und die Geschworenen entließ (ilicel). 1 12
Augustin will mit dem Vergleich hier aufzeigen, daß das Schriftzeugnis dixit deus nicht notwendig ein umittelbares Sprechen Gottes belegt. I J) An anderen Stellen dient ihm die Unterscheidung des Herold- und Richteramtes dazu, die Erhabenheit Gottes gegenüber subalternen Helfern zu betonen - ein Argument, das besonders in der Auseindandersetzung mit dem Donatismus seinen Platz hatte: Die Gültigkeit des Taufsakraments ist vom menschlichen Spender unabhängig; denn der Bischof spricht gleichsam als praeco die Tauffonnel, die der iudex Christus verordnet. ! ! "
Z. 150ff. et machinamenta quidem manichaeorum ( ... ): Die manichäische Argumentation hat rur Augustin keine wirklichen Beweise, sondern nur trOgerische Kunstgriffe (machinamenla) zu bieten. Vgl. conf. 5, 25 (CCL 27, 71) turn vero fortiter intendi anirnum, si quo modo possem certis
III Vgl. Th. MOMMSEN. Römisches Staatsrecht. I. Bd. TObingen 4 ' 952, 364f. , K. SCHNEI. DER., Proeco: RE XXII, I , Sp. 11 97.
l U Vg!. Irin. 3 , 23 (CCL 50, 152) [auf die Frage, warum in Ex 3, 14 di:cit dominus ad Moy· sen und nichl vielmehr duit angelus ad Moysen geschrieben stehe] quia cum verba iudieis praeeo pronuntial, non seribitur in gestis: iIIe praeeo duit. sed: iIIe iudu. sie etiam
loquente propheta sanelo elsi dieamus: propheta di:cit, nihil aliud quam dominum di:cis
se intelleg; volumus. el si dieamus: dominus dixft, prophetam non sublrahimus. sed quis per eum duertt admonemus.
11. Vgl. z. B. 10. ev. Ir. 1 3, 1 6 (CCL 36, 1 39) el quando das [sc. baptismum], minister das, non possessor; praeeo clamas, non iudu. per praeconem loquitur iudu, et in aclis 10-men non scribitur: praeco dixit; sed: iudex di:cit. Vgl. zur Erklärung des Bildes auch PVQUE. lallgage symbolique i, 120 : ,,11 n'est pas de commune mesure entre le rang social d'un proconsul, voire d'un simple praeses, el celui des officiers de sa suite; ainsi la saintete de Dieu plane-t-elle bien audessus des fideliles cl des infidelites de ses ministres." - mit zusätzlichen Beigen und Angaben zur weiteren Verwendung von praeeo im Rahmen der augustinischen Gerichtsmelaphorik (vgl. ebd. ! ! 9f. u. 11 , 89).
64 Vier Themenpredigten
aliquibus documenlis Manichaeos convincere fa/sila/is. quod si possern spiritalem substantiam cogitare, sla/im machinamen/a Wo omnia solverentur et abicerentur ex animo meo. - aut ad iIIam contemplationem beatiludinis: .. oder gar zu jener glückseligen Betrachtung". Beeinflußt vom biblischen Sprachgebrauch, ve!Wendet das christliche Latein den gen. qualitatis häufig statt eines adjektivischen Attributs. Vgl. Blaise, Handbook § 85.
Z. 158 et tanlam hinc invidiam conflare conantur: lautet der Text nach PL 38, 104. Vgl. Acad. 2, 12 (CCL 29, 24) hinc eis invidia magna canflala eSl, c. Faust. 2 1 , I (CSEL 25, 1 , 569) [Faustus duit] quapropter inepla haee et viribus sollS ejJeta argumentatio es/, ul quia de re mihi respondere non possis. de soHs nominibus confles invidiam. Das sprachlich unmögliche constare, das sich bei Lambot (CCL 41 , 170, Z. 196) abgedruckt findet, wird in der im CAG besorgten Edition des CCL-Textes korrigiert.
Z. 1 7 1 f. an forle, sieut dicere solent, Ua non habebat corpus humanum, ul se tamen quasi habere monstraret?: Nach klassischem Sprachgebrauch wird ein argumentierendes an "oder etwa" nicht durch/orte, sondern durch vera verstärkt (vgl. Kühner-Stegmann n 5 19).
Zum Doketismus der manichäischen Christologie vgl. haer. I, 46, 15 (CCL 46, 3 17f.) Christum aulem luisse ajJirmant, quem dicit noslra scrip(ura serpentem, a quo ilIuminatos [sc. Adam et Evam] asserunt ut cognitio"is oculos aperirent, el bonum malumque dignoscerent: eumque Christum novissimis lemporibus venisse ad animas, non ad corpora liberanda; /lec fuisse in carne vera, sed simu/atam speciem carnis /udificandis humanis sensibus praebuisse, ubi non so/um mortem, verom etiam resurrectionem simili/er mentirelur.1I5 Nach manichäischer Vorstellung steigt Jesus, der 'Glanz'. aus dem Reich des Lichtes herab, um in Adam die Erkenntnis des göttlichen Ursprungs seiner Seele und das Bewußtsein seiner wahren Bestimmung (der Lösung aus der Vermischung mit der Finsternis der Materie) zu wecken. Neben dieser göttlichen Gestalt des Mythos, die sich als Noii<; den Aposteln mitteilt, kennt der Manichäisrnus den historischen Jesus Christus, dem wie Buddha, Zarathustra oder auch Mani selbst die Rolle eines ReligionsgrOnders zufallt. Eine solche "Enthistorisierung des Gottes-
1 1$ "Sie versichern aber, die von unserer Schrift erwähnte Schlange sei Christus gewesen, von dem, wie sie behaupten, Adam und Eva erleuchtet worden seien, so daß sie ihre Augen zur Erkenntnis öffnen und Gut und Böse hätten unterscheiden können. Dieser Christus sei in jüngster Zeit zur Befreiung der Seelen, nicht aber der Körper gekommen; und er habe keine wirkliche Leiblichkeit besessen, sondern den scheinbaren Anblick eines Leibes dargeboten, um die menschliche Wahrnehmung zu täuschen. Damit habe er nicht allein seinen Tod, sondern auf gleiche Art auch seine Auferstehung vorgespiegelt."
Sermo 1 2 65
sohnes" einerseits und "Entgötllichung des Religionsstifters" andererseits fand in christlichen Kreisen, die es zu gewinnen galt, wenig Beifall, weshalb schließlich von Mani die Gottessohnschaft des historischen Jesus zugestanden wurde, freilich ohne das Dogma vom 'Gottmenschen' zu übernehmen. 1 I 6 Denn sein Dualismus konnte die paulinische Formel vom 6flO(OlflU OUQICOS ufluQnas (Rm 8, 3) nicht im Sinne einer sündlosen Körperlichkeit interpretieren und mußte deshalb annehmen, daß Christus x,ooQiC; Oc.OIlUTOC; erschienen sei.l 17
Z. 1 75 quosdam enim ange/os humanis oculis apparuisse scriptura commemorat: Gegen das Argument, die Leiblichkeit Christi müsse schon der Wahrnehmbarkeit seines Wirkens wegen angenommen werden, führten die Manichäer das Exemplum der ungeborenen Engel ins Feld, die den Menschen dennoch erschienen seien und mit ihnen gesprochen hätten, V gJ. c. Faust. 29, 1 (eSEL 25, 1 , 744) [Faustus dixitJ llam iIlud quidem, quod saepe affirmare soletis neeessario eum esse natum, quia alias hominibus vider; aut loqui non passet, ridieu/um est, eum multotiens, ut iam probalwn a nostris est, angeli et visi hominibus et loeut; esse monstrenlur.
Z. 1 80f. non enim el ipse dominus cum aquam convertit in vinum, aul aquam fa/sam auf vinum falsum fuisse possumus dicere: Nicht seltener als lIeque eil im findet sich klassisch zu Beginn eines Satzes auch 1I0n enim (bei Cicero häufig in den rhetorischen Schriften), vornehmlich dann, wenn der Negation besonderer Nachdruck verliehen werden soll, vgl. KühnerStegmann n 44, Krebs-Schmalz n 1 57 (so auch Z. 157f. 1I0n en;m legere volum aut intellegere faeile posslmt quod per prophetam dicitur ( . . . ». Durch den Hinweis auf das Kanawunder (vgl. 10 2, 1 - 1 1 ) veranschaulicht Augustin den zuvor sehr abstrakt fonnulierten Gedanken, daß ein Wandel in der Fonn (species) nicht die Realität der Leiblichkeit (verum corpus) in Frage stelle. Die Begründung ist damit auch rur das Vorstellungsvermögen der weniger gebildeten Hörer leichter faßlich, und die betonte ldentiät des eOllvertere, welches die Engel vornehmen, mit dem Handeln des Herrn (ei ipse dominus in invertierter Stellung) läßt das bekannte biblische Gesch("-
1 16 Vgl. POLOTSKY, Manichäismus: RE. Suppl. VI, Sp. 256-259. 267f. 117 Vgl. ebd., Sp. 269f. mit Hinweis auf die elWa bei Augustin pecc. mcr. 2, 38 dokumcn
tiene 'kirchliche Lehre' über dic Leiblichkeit Christi: vemmtamen ipsa participatio iIIi· u:,' in inferiora nOSlru. ut nOSlra esset in super/ora iliius. fenllit qllandam er in carnis lIatlvitale medielatem, IIt nos quidem nal/ essemus in carne peCCQli, ilIe autem in similitudine camis peccali [Rm 8, 3], nos non so/um ex carne el sanguine. vemm eliam ex \10-lunrale viri el vo/untate carnis. iIIe autem tanlum ex carne et sanguine. non ex volunrale viri neque ex voluntate carn;s. sed ex deo natus es'.
66 Vier Themenpredigten
hen zu einer glaubwürdigen Bestätigung nicht nur der unbewiesenen Erklärung fUr die Kötperlichkeit der EngellJl, sondern auch der folgenden verallgemeinernden Conclusio werden (vgl. Z. 1 82ff.).
Z. I 85ff. sed CII'" isti o",,,em IIl1111ram corpoream 11011 ab omnipotente deo, sed a tenebrarum gente nescio 9"11 esse COlfjillglJllt ( . • . ): Das 'Reich der Finsternis' besteht fUr die Manichäer aus fUnfbösen Elementen (Rauch, Finsternis, Feuer, Wasser, Wind), die ihre eigenen Herrscher haben und von besonderen Dämonen bewohnt werden. Gegen diese gens tenebrarum fUhrt der Urmensch, berufen vom Gott des Lichtreiches, fllnf gute Elemente in den Kampf, damit die Dämonen sie verschlingen und so später der Gewalt des Lichtes unterliegen. Nach der Vemlischung muß dazu wiederum ein Prozeß der Erlösung der Lichtelemente stattfinden, bei dem Sonne und Mond die Funktion von 'Lichtschiffen' zugedacht ist. Vgl. zu diesem Teil des manichäischen Mythos die knappe Darstellung in haer. I , 46, 7 (CCL 46, 3 14) quinque enim elemenla quae genuerunt princ ipes proprios gent; tribuunt lenebrarum, eoque elemenla his nominibus nuncupanl: fumum, te"ebras, ignem, aquam, venlum. 1 19 in fumo nata animalia bipedia, unde
1 1 1 Im Rahmen der um wissenschaftliche Objcktivität bemühten Darstellung von De Irin;la· te räumt Augustin seine eigene Unsicherheit in dieser Frage ein, vgl. trin. 3, 5 (CCl 50, 1 3 t ) sed /ateor e.xcedere vires inlentionis meae utrum angeli manenle splritali sui cor· poris qualitote per hanc occultius operantes ossumanl e.x in/erioribus elemenlis corp"·
lentioribus quod sibi coap/atum quasi aliquom vestem mutent el vertant in quasfibc/
species corpora/es etiam ipsas \!eras sicul aquo vera in verum vinum conversa esl a
domino. an ipsa propria corpora sua Irans/orment in quod IIOluerint accommoda/e ad id quod agunl. Zu Augustins Vorstellung von der 'Körperlichkeit der Engel' siehe MADEC, Angelus, Sp. 3 1 2·314, der dort schließlich auch mit Blick auf die Ausruhrungen in s. 12, 9 bemerkt: "En definitive, Augustine a toujours cru, semble·t-il, que le anges ont un corps subtil: ((corpus, non caro» (s. 362, 17), lumineult el ethere (div. qu. 47; cf. relr. I , 26), dont ils peuvent se servir a leur gre." 119 In Manis 'Grundlagenbrief (epistula!undamenti), welcher den nordafrikanischen Manichäem dazu diente, neue Mitglieder ihrer Gemeinde in den Glauben einzuweihen, wird bei dcr Beschreibung der terra fenebrarum eine ganz bestimmte Stufenfolge ihrer Regionen angenonunen, deren innerste der dunkle 'Rauch' ist, in dem der König der Finsternis seinen Sitz hat. vgl. Fr. 2, 8-9 (Stein): iuxla unam \!ero partem ac latus iffus/ris jfUIlS oe sanctae lerrae erat tenebrarum terra profunda el immensa magnitudine. in qua habi.
tanl ;gllea corpora, genera scilicct peslifera. (9) Me infinitae lenebrac e.x eadem manantes nalilra inaestimabiles cum propriis /etibus; ultra quas [mit Blickrichtung von außen nach innen, vgl. STElN Z. SI. (s.u.)] eranl aquae caenosae oe turbidae cum suis inhabita· loribus: quarum interius ventl horr/biles oe vehementes cum suo pr/ncipe el genitoribus; rusum regio ignea el eorruplibilis cum suis ducibus el nationibus; pari more inlrorsum gens calig/nls ac/umi plena. in qua moraba/ur immanis princeps omnium el dux habens
circa se innumerabiles principes, quorum omnium ipse erat mens atque origo. haeque
Senno 1 2 67
homines ducere originem censent; in tenebris serpentia, in jgn; quadrupe
dia, in aquis nata/Wa, in venIa vola/Wo. his quinque elementis maUs debellandis aUa quinque elemen/a de regno et substantia dei missa esse, et in il/o pugna !uisse permixra fumo aerern, tenebris lucem, jgn; maiD ignem bon um, aquae maloe aquam bonam, venia maID ventum bon um. naves autem Was, id esl duo caeli luminaria, lla distinguunt ul lunam dicant lactam ex bona aqua, sofern vero ex ign; bono. esse autem in eis navibus sone/as virtutes, quae se in masculos trans figurant ut Wiciantfeminas gentis adversoe, et rorsus !eminaeJ2O, ut j/liciant masculos eiusdem gentis adversae. et per hane iIlecebram commota eorum concupiscentia fugiat de iIlis lumen quod membris suis permixtum tenebant, et purgandum suscipiatur ab angelis luds, purgatumque in illis navibus imponatur ad regna propria reporlandum. 12\
Z. 1 88ff. si enim nullum corpus eum assumpsisse dicunt, quid erat iIlud quod humanis atque corporeis oculis apparebat?: Statt des üblichen Konjunktivs betont hier der Indikativ in der rednerischen Frage die Tatsächlichkeit des Geschehens (vgl. KUhner-Stegmann [J 279 Anm. 5); so auch später in ubi esl quod in isla quaestione ca/umniosa voce proclamanl (Z. 193).
Z. 190 aut enim mendacium phantasmatis erat ( ... ): Mit Verwendung des Begri ffs phanlasma spielt Augustin auf die ntl. Szenen an, in denen die Jünger sich vor einem, wie es ihnen vorkommt, gespenstischen Aussehen des Herrn fUrchten, vgl. Mc 6, 49; Mt 14, 26 (Der Wandel auf dem See), Lc 24, 37 (Die Erscheinung des Auferstandenen in Jerusalem). Bei seiner Auslegung der Stellen vergleicht der Prediger diesen falschen Eindruck gerne mit dem doketischen Unglauben der Häretiker, die sich gleich wie die Jünger eines Bessern belehren lassen sollten. Vgl. z.B. s. 75, 8 (PL 38, 477) [im Rahmen der Allegorese zu Mt 14, 22-33) sed aceedunt perieulis tempestatum etiam errores haerelieomm; et non desunt, qui sie tentellt animos eorum qui sunl in navi, ut dicant Christum non fuisse natum de virgine nee verum corpus habuisse, sed oculis visum esse quod non erat. el istae opiniones haereticorum nune nalae sunt, quando iam nomen Christi per omnes
fuerunt nalurae quinque lerrae pestiferae. Auguslin konuncntiert diese Stelle in c. ep. Man. 28 (eSEL 25, I , 228f.). Siehe dazu sowie zur Erklärung weiterer Einzelheiten: Manichaica Latina. Bd. 2. Manichaei epistula fundamenti. Text, Übersetzung, Erläute· rungen v. M. STEIN. Paderbom 2002 (Papyrologica Coloniensia 2712), 85. 11(1 Man wird hier mit den Maurincm besser et rursus in feminas (vgl. PL 42, 35) lesen, was als Gegenglied zu in masculos notwendig ist. 121 Vgl. auch POLOTSKY, Manichäismus, Sp. 249-253.
68 Vier Themenpredigten
genIes clarificatur, tanquam Christo farn ambulante super mare. lentati discipuli dixerullt, quia phantasma est [Mt 14, 26]. sed iIle nos adversus tstas pestes sua voce confirmat dicens: fidite, ego surn; nolite timere [Mt 14, 27] ( . . . ). sed cum ille dicit: ego sum; quid aliud dicit, nisi non in se esse quod 1I0n es!? itaque si carnem osle"dit. caro erat; si ossa, assa erant; si dca/riees. cicatrices erant. non enim erat in iIlo "est" et "non", sed "est" in i110 erat [D Cor 1 , 19], sicut apostolus dicit"'; oder s. Mai 95, 3 (MA I , 342) putavernnt se spiritum videre [Lc 24, 37]. IIoc el Mallicllaei putant, spiritum fuisse Christum, carnern non [uisse. remane et tu in tali fide. si va/uit ibi Christus discipulos SUDS remanere. qui pu/os spiri/um fuisse Christum et apparuisse in phantasma, id es! quasi carnern non fuisse veram zr; Christo - hoc et discipuli pulo1venml: vuln�ra(us es c.um disdpuUs, .mnl.lre cum ipsis. Siehe auch s. 237, 1 . 3 (SC 1 1 6 ( 1966), 280ff. 286ff.), s. 238, 2 (PL 38, 1 125f.), s. Morin 17, 1 (MA 1 , 659) U.ö.
Z. 209f. si videt, quomodo ergo sol deus est, quem diabolus videt?: In der Rückschau seiner Confessiones führt Augustin Sonne und Mond gleichsam als Speisen an, die ihm der manichäische Materialismus appetitlich angerichtet auftischte, als ihn der Hunger nach der göttlichen Wahrheit quälte: conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1) 0 veritas, veritas, quam intime etiam tum medullae animi mei suspirabant libi, cum le illi sonarenl mihifrequelller et multipliciter voce sola el libris multis el illgentibus! et Wa ermtlfercula, in quibus mihi esurienti te ;,zferebatur pro te sol et luna. pulchra opera tua, sed tamen opera tua, nOIl tu, nec ipsa prima. James J. O'Donnell verweist in seinem Kommentar z. St. 12l u.a. auf c. Faust. 22, 2, wo Faustus den Glauben der Manichäer an die göttliche Trinität bekennt, dabei jedoch den allmächtigen Vater so vom Sohn unterschieden wissen will, daß dieser nicht im unzugänglichen, sondern im sichtbaren Licht anzusiedeln ist und teils mit der Sonne, teils mit dem Mond identifiziert werden kann.'24
III Durch Augustins Deutung wird so in 11 Cor I , 1 9 eSl, die Übersetzung der griechischen Antwort 'Ja' [Christus ist für Paulus unstreitig das 'Ja' zu Gottes Verheißungen, vgl. V. 20 öoru yQe t::rta"fYe).,lru ßtOÜ, tv airrlY TO val1, zu einer Aussage über die Leibhaftigkeit des Auferstandenen.
1ll Vgl. J.J. O'DoNNELL, Augustine, Confessions 11. Commcntary on Books 1-7. Oxford 1992, 179.
124 Vgl. CSEl 25, I , 536: igitur nos palris quidem dei omnipotenlis el Christi filii eius et spirilus salleli unum idemque sub Iriplici appellatione eolimus lIumen: sed patrem quidem ipsum Illeem ineolere credimus summam ae prineipolem. quam PauillS alias inaeeessibilem voeal [vgl. I Tim 6, 16], filium vero in hae seeunda ae visibili luee eQtlsistere. qlli qllonjam sit el ipse geminus. ul eum apas/olus novit ChriSlum dieell$ esse dei
Senno 12 69
z. 2 17f. reslaI ergo, ul coganlur faleri, dominum noslrum [esum Christum a!i(c}unde assumpsisse corpus, ut humanis oculis appareret: Statt des überlieferten aliunde sollte m. E. an dieser Stelle besser alicunde gelesen werden,I2S Denn aliunde, zu welchem nach Augustins letzten Ausftihrungen das Vergleichsglied quam de eius divina substantia o.ä. zu ergänzen wäre, bedeutete, daß die Manichäer die Leiblichkeit der Erscheinung des Henn im Grunde anerkannt und bisher lediglich eine falsche Erklärung für ihren Ursprung gegeben hätten. Ihr von Augustin hier immer wieder hervorgehobener Irrtum ist aber gerade das negare dominum corpus assumpsisse. Nach der von ihm feingesponnenen Widerlegung dieses hartnäeleigen Doketismusl26 muß der Prediger seinen Gegnern daher beim Übergang zum letzten Teil der Argumentation (restat ergo ut) zunächst das Zugeständnis abverlangen, der Herr habe, um ftir menschliche Augen sichtbar werden zu können, irgendwoher einen Leib angenommen. Im folgenden kann dann die aus Sicht manichäischer Mythologie einzig mögliche Antwort auf die weitere Frage nach dem konkreten 'Woher' - de tenebrarum gente - als absurd erwiesen werden.
Z. 221 f. cur ergo miseri in corpore salvatoris timetis uterum virginis ( . . . )?: Als Emanation des Vaters wurde für die Manichäer Jesus, der Sohn Gottes, den sie vom Sohn Mariens unterscheiden, niemals wirklich geboren. und schon gar nicht von einer Jungfrau, von welcher sich, ohne in genealogische Widerspruche zu geraten, noch nicht einmal die bei Mt bezeugte 'Davidsohnschaft' Jesu ableiten lasse (vgl. c. Faust. 23, 3 (eSEL 25, 1 , 709) [Faustus dixit] quamquam nec ipse quidem iIle, quem Maria peperit, si ullus erat, recte David filius appelletur, nisi eum constet ex palre loseph seminatum. quod quia negatis, iIlud etiam faleamini necesse esl ne ipsum quidem esse David [zUum, quoniam quidem generatio ab Abraham usque
"irtulem et dei sopiemiam [vgl. I Cor I , 24}. v;rtutem quidem eiu$ in sole habitare
credimus, sapienliam vero in luna. 12$ Das C kann infolge von Haplographie versehentlich ausgefallen sein, oder ein Schreiber hai das ihm unbekannte alicunde (das CAG liefert 22 Belege, davon 5 aus den Predigten) durch das geläufige aliunde ersetzt (bei Augustin insgesamt 134 x, 45 x (ohne s. 12) in den Predigten). Zur Verwechslung beider Adverbia in der handschriftlichen Überlieferung vgl. etwa auch Cic. Tusc. 1 , 53 und rep. 6, 27. 126 Diesen Eindruck muß man jedenfalls von der maniehäischen Christologie gewinnen, wenn man der Polemik Auguslins in s. 1 2 folgt. Daß die Jesuskonzeption der Manichäer sich in anderen Quellen möglicherweise differenzierter darstellt, sei hier unbenommen. Vgl. zur Kritik am gängigen Urteil des 'reinen Doketismus' jOngsl mit Blick aufkoptisehe Manichaica S. G. RICHTER, Bemerkungen zu verschiedenen ,Jesus-Figurcn" im Maniehäismus, in: J. VAN OORT I O. WERMELINGER I G. WURST (Eds.), Augustine and Manichaeism in the Lalin West. Leiden 2001 (NHMS 49), 1 79f.
70 Vier Themenpredigten
ad David el a David Ioseph adusque deducilur ( . . . ). cum ergo ne ipse quidem, qui sit ex Maria genitus, David recte filius appellarelur, quia flon sit natus ex loseph, quanta magis filius dei!). 121
Augustin selbst lehrt, anders als etwa Origenes oder Tertullian. die immerwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter auch in partu, was besonders seine Predigten zum Weihnachtsfest vielfach bezeugen, vgl. z.B. s. 186, 1 (PL 38, 999) concipiens virgo, pariens virgo, virgo gravida. virgo
jela, virgo perpelua, s. 188, 4 (pL 38, 1004) sanclae quippe malri omnipotens filius nullo modo virginitatem natus abstulit, quam nasciturus elegit, s. 1 89, 2 (MA 1, 210) quid mirabilius virginis parlU? concepit, el virgo esl;
. . 128 pani, et vlrgo es!.
Z. 224f. et propterea undecumque dominus noster assumeret corpus, de sua creatura utique assumerel: Hili übersetzt: "And therefore. wherever OUT Lord took his body from, he assuredly took it from his own creation.,, 129 Diese indikativische Wiedergabe auch der Apodosis ergibt zwar rur sich genommen eine sinnvolle 'theologische' AussagelJO, läßt sich aber schwerlich mit dem von Augustin parataktisch angeschlossenen sed ex femina maluit (sc. corpus assumere) zusammenbringen . Versteht man dagegen die zitierte Periode als Irrealis, kann der folgende adversative Hauptsatz als nachdriickliche Formulierung gewertet werden, die der Prediger im Sinne eines verneinten irrealen Bedingungssatzes verwendet. Der Gedanke wäre somit zu fassen als: et propterea undecumque dominus 110ster aS$Umerel corpus, de sua crealura ulique (sc. etiam) assumeret, fJisi ex femina maluisset (und deshalb hätte unser Herr, welcher Quelle sein Leib auch entstammte, ihn jedenfalls auch noch seiner eigenen Schöpfung entnommen, wenn er es nicht vorgezogen hätte, ihn aus einer Frau anzunehmen). 131
Wenn Augustin dabei zum Ausdruck des Irrealis der Vergangenheit den
121 Zu Faustus' geschickter Antwort auf die Frage: accipis lesum de Maria natum? vgl. insgesamt c. Faust. 23, 1-4 (CSEl 25, I , 707-710) sowie S. N. C. ltEU, Manichaeism in the uter Roman Empire and Medie ... al China. Tübingen 21992 (WUNT 63), 163f., der die allein auf christliche Schriftzeugnisse gestUtzte Argumentation des Manichl1ers nachzeichnet und erläutert.
121 Vgl. SI. Augustine, Sermons for Christmas and Epiphany, translated and annol31ed by Th. C. LAWLER. London 1952 (ACW 15), 205. Note g mit weiteren Belegen.
129 Sermons flUt, 303. 1)0 Vgl. z.B. 10. e .... tr. 22, 15 (CCl 36, 232) quod alllem habuit [sc. Christus) ut homo
appareret. de creatura assumsit quam ipseformavit. 131 Zu solcher Form rhetorischer Parataxe vgl. KOhner-Stegmann 11 166, so z.B. auch Cie. SeSI. 35 tanten his tantis maUs. tanto bonorum studio resti/issemus; sed me alii metus arque aliae curae suspicionesque moverunt (statt nisi ... movissent).
Senno 12 7 1
conL impf. statt des conL plqpf. setzt, ist dies eine im Spät latein mögliche und gerade in seinen Sermones regelmäßig zu beobachtende Tempusverschiebung.l32
Z. 249ff. timent infelices, ne non potuerit sie hominem assumere, ut ( ... ) mutaret in se hominem nec in hominem mutaretur: Das Reflexivum ist hier als abI. nach in instrumentale aufzufassen: .. ... daß er den Menschen durch sich verwandeln konnte, ohne sich in einen Menschen zu verwandeln." V gl. en. Ps. 1 30, 10 (CCl 40, 1 906) sed non esl mulalum [sc. verbum] in hominem; homo in Wo mutatus es!. mulatus est homo in iIlo. ut melior fieret quam erat, non ut in ipsam substantiam verb; converteretur. per id ergo quod homo erat, mortuus esl deus; et per id quod deus erat, excitatus est homo, et surrexit, et adscendit in cae/um, siehe auch s. 1 82, 6 (Pl 38, 998), s. 264, 4 (Pl 38, 12 15), s. Mai post s. 174 (MA I , 386) und entsprechend in s. 12 die Begründung der christologischen Deutung von Ps 1 0 1 , 27f. (Z. 239ff.): non so/um enim non eum mutavit in deterius infirmilas canris, sed ab eo in meNus ipsa mutata est.
Z. 256ff. ( ... ) videant tamen ipsi quomodo gens tenebrarum divinam substantiam videre potuerit, quando ante pugnam, qua bonum et ma/um dicunt esse commixtum, nullum adhuc corpus divina substantia, ut ab hoste suo videri posset, assumpserat: Die benachbarten Reiche der Finsternis und des Lichtes sind nach manichäischer Lehre in der ersten Periode der kosmischen Entwicklung zunächst noch deutlich voneinander getrennt. Doch der beständige Kampf und die Unruhe innerhalb der Finsternis läßt einige Dämonen an die Grenze zum Lichtreich vorstoßen und Einblick in die oberen Regionen gewinnen. Das Verlangen, des Lichtes habhaft zu werden, eint bald die gesamte Finsternis, die sich anschickt, das Lichtreich zu erobern.1l3
m Ygl. Hofmann-Szantyr 321 . 332f. sowie J. SOIRlJNEN I Chr. MOHRMANN, Studien zur Syntax der Briefe des hl. Cyprian. 11. Teil. Nijmegen 1937 (lCP 6), 42.
III Ygl. LIEU, Manichaeism, 13f. und Aug. mor. 2, 1 7 (CSEl 90, 103) quis enim tanlam perversi!atem ferat, qua dieitur in lellebrarum gente, cui nihil admixtum erat luminis, animaha bipedia tam firmam, tarn "egetam, lam denique incredibilem "im habuisse in ocu/orum aeie, ut et in tenebris suis "iderent et purissimam, quae a \!Obis commendatur, regnorum dei Jucem - siquidem iIIam eliam talibus fuisse "isibilem '\IU/lis - el aspicerefll el considerarenl et delectarenlur et appeterenl ( . . . ).
72 Vier Themenpredigten
e) Zum modus eroferendi
Das Prooemium und die Propositio quaestionis
In doctr. ehr. 4, 3 (CCL 32, 1 1 7) kommt Augustin, um aufzuzeigen, daß die Verteidiger der veritas ebenso wie ihre Gegner keine Scheu haben dürfen, sich mit Rhetorik zu wappnen, auch auf die persuasiven Funktionen eines Proöms zu sprechen: nam curn per artem rhetoricam el vera suaden/ur el falsa, quis audeat dicere, adversus mendacium in defensoribus suis inermem debere consistere veritatem. ur videlicet iIli, qui res fa/sas persuadere conal/tur, noverint auditorem vel benevolum vel inleu/um vel docilem prooemio facere, ist; autem flan noverint? So muß auch eier Prediger, bevor er seine Auslegung der Hl. Schrift vermine1n und im Kampf für den rechten Glauben das Gute lehren und vom Bösen abbringen will, zunächst sicherstellen, daß die Hörer sich in einer Geisteshaltung und Gemütsstimmung befinden, die sie für die geplanten Ausführungen empfänglich sein lassen: debet igitur divinarum seripturarwn lraelator el doetor, defensor reelae fidei ae debellalor erroris, el bona doeere el mala dedoeere atque ill hoc opere sermoll;s eonciliare aversos, remissos erigere, neseientibus, quod agi/ur, quid exspee!are debeallt ;,,!imare. ubi autem benevolos, imemos, dociles aut invenerit aut ipse leeeril, eelera peragenda sunt, sieut postulat causa (doetr. ehr. 4, 6 (ebd., 1 1 9» .
An den von der Rhetorik traditionellerweise besonders dem Prooemium zugewiesenen Aufgaben auditorem benevolum, allentum, doeilem laeere\J4, welche hier konkreter gefaßt werden als Gewinnen der dem Prediger oder seiner Sache Abgeneigten, Aufwecken der geistig Abgespannten und Unterrichten derjenigen, die keine themengerechte Erwartungshaltung haben, orientiert sich Augustin auch bei der Formulierung der ersten Sätze von s. 12:
in divinis el sanetis veleribus libris (OI )fraudulenlissimalallacia (crCe) Manieheos insidiari (mIS2) iam veslrae prodentiae (Cm), dileelissimi fratres (0), satis probatum esse confidimus (erC).
So soll bereits bei dieser anfänglichen Repraesentatio das von den ersten beiden Kola13S gebildete Contrarium aufmerken lassen. Der Prediger wählt
114 In einem 'normalen' exordium (rur das genus anceps, humile, obscunlm oder honeslllm), vgl. Lausberg §§ 265-266. So z. B. Cic. inv. 1 , 20 exordium esl oralio an;mum Qudilor;s idonee comparans ad reliquam diclionem, quod even;et si eum beni'olOlum, alIenI11m. docilem confecerit. 135 Bei der Untersuchung des modus proferendi verzichte ich hier und im folgenden darauf, zwischen Kola. und Kommata zu unterscheiden. Augustin bekundet in doctr. ehr. 4, 1 1 u. 13 (CCL 32, 123. 125f.) zwar, daß er diese begriffliche Differenzierung kennt, doch sei·
Sermo 1 2 73
ne analytische Verwendung von membrum (K&).OV) und caesum (K6Jlllu) zeigt schwerlich eine konsequente Unterscheidung noch das ihr zugrunde liegende Kriterium. Vgl. z. SI. (4, 1 1) auch Augustine, Oe Doctrina Christiana. ed. and Iransi. by R. P. H. GREEN. Oxford 1995, 208, Note 21: "It is not clear how Augustine dislinguishes membra and caesa: it is nOI by rhythm, lenglh, or syntactical function," Daß er das Komma möglicherweise als kürzeres Kolon angesehen hat, mag seine Untersuchung zu 11 Cor 1 1 , 16-30 an der zuletzt genannten Stelle (4, 13) andeuten (z.8. caesum: si quis devoral, membrum: si quis in faciem 'lOS caedit). Außer der syntaktischen und gedanklichen Struktur ist rur die Kolometrie besonders (sofern vorhanden) der Klauselrhythmus zu berücksichtigen, da dieser durch die auf die Klauseln folgenden Sprechpausen rur die Hörer eine gleichsam .. akustische Interpunktion" entstehen läßt. Vgl. K. MÜLLER, Rhythmische Bemerkungen zu Minucius Felix: MusHel ... 49 (1992), 58. Die Frage nach Augustins Rhythmustechnik wurde ... on der Forschung bisher ... ielfach so beantwortet, daß er (wie unter den laI. Autoren beispielsweise schon Minucius Felix, Amobius oder Ammianus Marcellinus) neben quantitierenden Rhythmen auch reine Akzentklauseln (die später sog. cursus) ... erwendet bzw. die metrischen Klauseln bewußt im Hinblick auf das Zusammentreffen ... on Iktus und Akzent gewählt habe (sog. cursus mix
IIIS). (Siehe etwa Sister M. J. BRENNAN, I. H. M., A Study of the Clausulae in the Sermons of SI. Augustine. Washington D. C. 1947 (PatSt 77), bcs. 57-92 u. 1 1 8-120 (wo BRENNAN ihre Beobachtungen rur den bei Augustin angenommenen "process of e ... olution of the melrical to the accentual system" nochmals zusammenfaßI), B. AxELSON, Besprechung von H. Hagendahl, La prose metrique d'Amobe, in: Kleine Schriften, hrsg . .... A. ÖNNERFORS I C. ScIlAAR. Lund 1987, 167. A. PRlMMER, Rhythmus- und Textprobleme in IVL. Aug. op. Imperf. 1-3: WSt 88 ( 1975), bes. 190 (Augustins Rhythmuspraxis im Vergleich mit Zeno und lulian), S. M. OßERUELMAN, Rhetoric and Homileties in fourth-century Christian Literalufe. Prose Rhythm, Oratorical Style. and Preaching in the works of Ambrose, Jerome, and Augustine. Atlanla 1991 (ACSt 26). 89-99 (Der cursus mulus sei durch ci ..... doctr. chr. 4 und haer. bezeugt, in allen anderen Werken ... erwende Augustin dagegen lediglich AkzentlcJauseln. Den 10. ev. tr. spricht OBERHELMAN ebenso wie den sermones (ausgenommen exc. urb.) und den nicht diktierten Teilen der en. Ps. einen Prosarhythmus ab).) Demgegenüber hat jüngst O. ZWIERLEtN gezeigt, daß bei Augustin durchgängig, also auch in den Predigten (!), alle wichtigen Kriterien erfullt sind, die eine rein mctrische Rhythmisierung der Sprache kennzeichnen und die Prosa des Kirchen ... aters "als Fortsetzung der quantitierenden Schreibweise Ciceros" (s.u., 48) erscheinen lassen (dazu zählen nach ZWIERLEIN bes. - ohne daß ein cursus mi:cflls anzunehmen wäre - in Übereinstimmung mit Cicero 'Koinzidenz und (auch zugelassener) Widerstreit zwischen Klauselrhythtmus und Wortakzent' , 'Natur- und Positionslänge in der Schlußsilbc der freien kretischen Basis antispastischer KlauselwOrter' sowie die Verwendung ... on 'antekonsonantischem atque in rhythmischen Formeln'). Zudem belegt ZWIERLEIN, daß Augustin gleichfalls bei seinen Äußerungen zur Prosodie (deutlich in Theorie und Praxis von mus .• aber auch in den einschlägigen Stellen aus doctr. ehr.) ganz auf die quantitierende Metrik bezogen bleibt. Vgi. O. ZWIERLErN, Augustins quantitiucndcr Klausclrhytt.mus: ZPE 138 (2002), 43-70 [45f. eint: Zusammensiellung wichtiger Lit. zum Klauselrhythmus]. Das dort ... on ZWIERLEIN in Anlehnung an MÜllER entwickelte System der Klauselbezeichnung wird im folgenden zur Analyse der rhythmischen Gestaltung ... erwendet. Danach bezeichnet (vgl ebd., 56f.) : 0 die 'optima' (die fur die Kaiserzeit "beste" Klausel):
74 Vier Themenpredigten
zu diesem Zweck jeweils deutlich amplifizierte Wendungen: Der über jeden Zweifel erhabenen Heiligkeit der atl. Schriften wird durch divinis el sanclis Nachdruck verliehen, und auch das vielsilbige fraudulentissima steht betont dem synonymen fallacia voran. um die frevelhafte Tücke der manichäischen Schriftkritik besonders hervorzuheben. Der Captatio henevolentiae dienen das den Hörern ausgestellte Zeugnis der pnldentia sowie der insgesamt höfliche und im Rhythmus gefallige Ton. in dem die Anrede und die damit verbundene Konzession an den Kenntnisstand der Adressaten gehalten sind.
Auch die nachfolgende Einschränkung. welche die Themenwahl rechtfertigt und über die eigentliche Absicht des Senno informiert, ist noch beson· der. um das Wohlwollen der Gottesdiensthesucher bemüht (Z. 3-6):
ojJerimus tarnen adhuc eorum dolos inspiciendos (crS2) obtutibus cordis veslri (crS). ut non so/um eos quantum ad vas pertinel (CnJ evitetis (S), sed etiam ul alias infirmos (trlS) et divinarum (S) leclionum rudes (C) ut quisque vestrum polest (C) evilare atque contemnere (C) f doceatis (T')"'.
Die fortgesetzte Vermittlung von Einsicht in die Listen der Häretiker hat das ehrenwerte Motiv, die Hörer so zu unterweisen, daß sie die in Glauben und Schrift Ungebildeten gegen die Listen (dolos nimmt den Vorwurf der fallacia auf) der Häretiker verteidigen können. Mit Hinweis auf diesen Hauptzweck der Predigt, den Augustin am Ende der Periode rhythmisch durch Verwendung der auffälligen dikretischen Klauseln gegenüber den zuvor dominierenden S-Formen absetztll7, wird die Captatio benevolentiae
- v - - x; C die kretische Klausel: - v - - v x; T die troch:lische Klausel: - v - x; H
die hypodochmische Klausel: - v - v x; S die spondeische Klausel: - - - x. Kleine Buchstaben bezeichnen die mit der eigentlichen Kadenz ggr. verbundene Basis, hochgestellte Ziffern aufgelöste Longa. So bedeutet etwa oben Manicheos illsidiari (mIS2) eine sog. clausula heroica (vgl. zu S2 bes. ZWIERLEIN, a.a.O., 62), der ein Molossus mit Auflösung der ersten Unge vorgeschaltet ist (wobei hier der Wortakzent der Basis nicht mit dem Klauselrhythmus zusamrnenfll.lIt, sondern in einem spannungsvollen Verhältnis zur eigentlichen Kadenz steht, vgl. dazu ebd., Anm. 1 7 u. 19). Cm zeigt die 'schwere' Nebenronn des Dikretikus an ( - - - - v x), Ct den von ZWIERLEIN rur Augustin eingeruhrten 'Dikretikus mit epitiritischer Basis' (- v - - - v x) [siehe ebd., S6 u. 58 'Abgeleitete Klauseltypen c)'J.
136 Der zweite Kretikus bildet zugleich den Auftakt tur die im Zusanunenhang mit dem Schlußverb entstehende T-Klausel. Zur Möglichkeit von sog. 'Uberlappenden Klauseln' bei Augustin siehe ebd., 63.
ll7 Besonderes Gewicht erhält die Aussage durch die Abundanz der Fonnel evi!are atque contemnere, die zum gehobenen Ton des Prooemiums beiträgt. Vgl. zum stilistischen Wert solcher mit antekonsonantischem atque gebildeten Wortpaare G. O. HUTCHINSON,
Senno 1 2 75
nicht mehr nur ausgehend vom Publikum und den Gegnern, sondern auch von der Person des Redners selbst her betrieben. '" Der dabei deutlich zum Ausdruck gebrachte Appell an die Christenpflicht der Hörer - manch einer wird die Admonitio des Apostels inflrmum infide assumite (Rm 14, 1 ) im Ohr haben - sichert der Predigt im folgenden gelehrige Aufnahme.
1m Anschluß stellt Augustin die Quaestio der Manichäer und damit das Thema seiner späteren Argumentatio vor. Er bleibt dabei nun ganz sachlich und verzichtet bei seinem Referat der gegnerischen Fragestellung auch auf nähere (polemisierende) Angaben zur Argumentationstechnik der Manichäer. wie sie sich beispielsweise in Zusammenhang mit der Propositio quaestionis des s. 50 finden (CCL 41, 625):
de Aggeo propheta (T) manichei calumniantur (trT) invidiose accusantes (chS) quod duerit ex persona dei loquentis (trT): meum est aurum, et meum est argentum [Agg 2, 9], et aula evangelium veteri legi (ChSi) student pugnaciter comparare (crT), ur stb; ulraeque scrip/urae (0) velur adversariae (ern!) contrariaeque videantur (trQ2), ita proponunt quaestionem (mT): " in Aggeo", inquiunl, "prophe/a scriptum est: meurn est aurum et meum est argentum; in evangelio autem salva/or nos/er mamrnona huiusmodi iniquitatis [Lc 16, 9] speciem appellavit, de cuius usu beatus apostolus ad Timotheum scribens: radix autem omnium malorum, illquil, est avaritia, quam quidam appetentes aversi sunt a fide ct inscruerunt se doloribus multis [1 Tim 6, 10)." haec ipsornm est propositio quaestionis (crlT), vel po/ius velernm scripturarnm (chS), per quas evangelium praenuntia/um est (miT), ex jpso evangelio (S) quod per eas oraenuntiatum est accusatio (CrrJ. nam si , quaestionem proponerent (CnJ. forsitan quaererent (C) f. si autem quaereren/ (CnJ,/orsi/an ;nvenirent (T).
Derartige Erläuterungen, die hier besonders durch die zuletzt verwendete Correctio und ihre Begründung den manichäischen Ansatz in affektischer
Rhythm, Style, and Meaning in Cicero's Prose: CQ 45 (1995), 468-490 u. ZWIERLEIN,
a.a.O., 52f., wo gezeigt wird, daß die relative Häufigkeit von atque bzw. ae im Verhallnis zu e/ bei Augustin der StilhOhe seiner einzelnen Schriftarten entspricht Die sermones und en. Ps. haben, wie ZWIERLEIN bemerkt, a/que nur in verhältnismäßig geringer Zahl zu bieten. Man darf daher wohl den vorliegenden s. 12 schon wegen der vergleichsweise häufigen Verwendung von o/que (ac) zu den im Sprachniveau gehobeneren Predigten zählen [vgl. noch Z. 48f. ad mulla seriplurarum diseulienda a/que solvenda (0), Z. 1 3 1 f. venlum esse a/que ibi gesta esse narranlur (0), Z. 179 pro SIli minisler;; alque officU ra/ione (m1S1), Z. 189f. humonjs olque corporels (01) oculis oppareba/ (5), Z. 136f. principem ac ducem (H)]. 111 Vgl. Lausberg § 275 a.
76 Vier Themenpredigten
Weise139 als methodisch unzureichend disqualifizieren wollen, wären in s. 12 unpassend, nähme der Prediger doch dann sein eingangs erklärtes salis probatum esse nicht ernst. Statt dessen gibt er jetzt, wie der folgende Übergang zum argumentativen Teil der Predigt zeigt, die grundsätzliche Berechtigung der manichäischen Quaestio zu, mag auch an der damit verbundenen verleumderischen Absicht nach wie vor kein Zweifel bestehen (Z. 19f.):
Die Argumentatio
calumnia quidem Worum his omnino verbis (8) huc usque proponitur (C), et re vera quaestio est (C.,j prudenti discutienda Christiano (trT).
Diese zusätzliche Legitimation des Predigtthemas greift mit dem zweiten Satz auf die im Exordium angestrebte Captatio benevolentiae ab auditorurn persona zurück, wobei die generalisierende Formulierung der Traiectio andeutet, daß der Sermo sich nicht etwa nur an eine Auswahl besonders Gebildeter richtet, was mit Blick auf ut alias injirmos . . . doceatis (Z. Sf.) vielleicht zu vennuten wäre!40, sondern durchaus an jeden 'rechten' Christen!4! und damit an die gesamte Gemeinde. Die Hörer haben eine sachliche Erörterung zu erwarten, ganz im Sinne der zu Beginn von Augustin bekundeten Absicht, ihnen weitere Einsicht in die Listen der Manichäer zu geben, auf daß sie dann ihrerseits die Unkundigen belehren können.
ll9 Die mit Anadiplosis geschickt gebildete Gradatio des Schlußsatzes (vgl. Lausberg § 623), bei welcher der Prediger offenbar auch auf die gefällige Klangwirkung der Verbalreime selzt, läßt vergessen, daß bisher weder der Unterschied von quaestio und aCCUSQtio geklärt ist, noch den Manichäem das ernst gemeinte quaestionem ponere erwiesenennaßen abgesprochen werden konnte.
'40 Vgl. Hu.LS Überlegung z. St. (Sermons 111/1, 305, Note 2): "Does this imply that Augustine was preaching to a somewhat select audience of more devout and better educated Christi ans. or that he was indulging in some harmless flattery of his ordinary Sunday congregation? If one takes the reference to "popular sennons" in the Revisions [retT. I , 22, 1 (s.o. die Einleitung zu s. 1 2») strictly, then one would interpret the passage in the latter sense. 1 am inc1ined to think it i5 the more likely." FOr den Gemcindebezug dUrfte auch das von Auguslin in Z. 106f. verwendete paulinische Bildwort sprechen: die Hörer sind (soweit es den eibus Maniehaeorum betriffi) eben keine doc/i, sondern adhue laele jidci nutriendi (s.o. die DClailkommcntierung).
,., Vgl. etwa ep. 54, 2 (eSEL 34, 2, 160) totum hoc genus rerum [d.i. die regional unterschiedliche Kult- und Fastenpraxis) liberos habet observationes nee disciplina ulla est in his melior gray; orudentique ehristianQ. nisi ut co modo agat, quo agere Yiderit eee/esiam, ad quameumqueforte devenerit. quod enim neque eontrafidem neque contra bonos mores esse eonvineitur, indilJerenter habendum et pro eorum, inter quos vivitur, societate servandum est.
Senno 12 77
Dieses Ziel, die Adressaten zu eigenständiger apologetischer Behandlung einer häretischen Quaestio zu befahigen, kann der Prediger nur erreichen, wenn er zunächst selbst vornehmlich das officium docendi erflillt; denn dem docere kommt die Aufgabe zu, offenzulegen, was sich dem Verständnis verschließt, und verwickelte Fragen zu lösen, nicht ohne dabei auch schon denjenigen vorzugreifen, die sich gegenüber der eigenen Position womöglich einstellen könnten: pertine/ ergo ad docendi euram non solum aperire clausa et nodosa solvere quaestionum, sed eliam dum hoc agitur, aliis quaestiollihus. quae for/assis ineiderint, ne id quod dicimus improbetur per illas aut refellatur, oecurrere; si tarnen [= si modo (vorausgesetzt nur daß)] et ipsa earum solutio pariter oecurrerit, ne moveamus, quod auJerre non possumus (doctr. ehr. 4, 39 (CCL 32, 146)).
Das argumentative Verfahren (ratiocinari), das Augustin hier in De doc(rina christiana mit Blick auf eine zuvor als Beispiel ftir die dictio submissa angefUhrte Paulusstelle (Gal 3, 1 5-22)'" beschreibt, findet in s. 12 mehrfache Anwendung, wobei die Occupationes häufig in hypothetische Sätze gekleidet sind, welche alle denkbaren Gegengründe vorfuhren wollen (vgl. bes. Z. 133ff., I 64 ff. , 188ff., 202ff.). Gemäß der fUr den schlichten Stil gleichsam gebotenen 'sorgfältigen Nachlässigkeit'l4J ist die Predigt in die-
In Vgl. ebd. (CCL 41 , 145f.) fratres, seeundum hominem dico, lamen hominis eonfinnatum
testamentum nemo inritum faeit aut supcrordinal. Abrahae dietae sunt promissiones et semini eius. non dieit: et seminibus, tamquam in multis, sed tamquam in uno. cl semini tuo, quod esl Christus. hoc autem dico, testamenturn confirmaturn a deo, quae post
quadringentos triginta annos facta est lex, non intinnat ad evacuandas promissiones. si enim ex lege hereditas, iam non ex promissione. Abrahae autem per promissionem donavit deus. el quia oecurrere poleral audienlis cogilalioni: ulquid ergo lex data est. si ex iIIo non esl heredilas? ipse sihi hoc obieeit olque oft ve/ut interragans: quid ergo lex'? deinde respondit: transgressionis gratia proposita est, donec veniret semen, cui promissum eSI dispositurn per angelos in manu mediatoris. mediator autem unius non est, deus vero unus est. et Me oeeurrebat, qllod sib; ipse proposuit: lex ergo adversus promissa dei'? el respondit: absit, reddiditque rationem dieens: si enim dala esset lex, quae posset vivificare, omnino ex lege esset iustitia. sed condusit scriptura omnia sub peccato, ut promissio ex tide lesu Christi daretur credentibus, er eetera. vel s; quid eiusmodi est.
'.l So doctr. ehr. 4, 24 (CCL 4 1 , 132) in Anlehnung an Cie. oral. 78: euius evidentiae [die das docere auszeichnet} diligens oppetitus aliquando neglegit verba euüiora nee eurot. qu;d bene sonel, sed quid bene indieet atque jntimel, quod ostendere in/endi/. unde ait quidam. cu", de genere taU eloeu/;onis agerel. esse in ea quondam diligcntcm neglegentiam. haee tomen sie detrahi/ omatum, ul sordes non contrahat. Während bei Cicero der schlichte Stil zwar im Hinblick auf Periodenbau und Worfilgung (circuitus eongilltinatioque verborum) größere Freiheit besitzt, die übrigen CtQnal -Cf!<; At�E(oc; aber bis auf den gefälligen und reichen Schmuck nicht vernachlässigen darf (vgl. oral. 78f.), empfiehlt Augustin im folgenden sogar, die Latinitos aufzugeben, wenn nur so eine Unklarheit des Ausdrucks vermieden werden kann. Grundsätzlich gilt: qui ergo doeet, vi/abit
78 Vier Themenpredigten
sen Teilen weniger ausgeschmückt und der Rhythmus zurückgenommen, solange nicht ein stärkerer polemischer Ton angeschlagen wird. Der Gefahr einer fortschreitenden und das Gedächtnis überfordernden Digression von der Ausgangsfrage. die solch eine Ratiocinatio mit sich bringtl4\ weiß Au· gustin dadurch zu wehren, daß er nach einer längeren Erörterung das Ergebnis der Diskussion in einer Conclusio zusamrnenfaßt (vg1. etwa zu den oben genannten Stellen Z. 1 50ff., 182ff., 2 1 7f. (wo nach der ausftihrlichen Widerlegung der manichäischen Antworten auf die Frage nach dem Grund ftir die sichtbare Erscheinung des Herrn, bei der Augustin zuletzt auch noch den Sonnenkult der Manichäer ad absurdum geftihrt hatte, den Gegnern schließlich das Eingeständnis der Leiblichkeit Christi abverlangt wird» .
J�denfall� darf sich dt!r chlistliche Redner nicht scheuen, einen möglichen Einwand sogleich zu widerlegen, damit die Hörer diesem nicht irgendwann hilflos gegenüberstehen oder ihn, falls sie während der Predigt darauf gekommen sind, er aber nicht behandelt wurde, anschließend weiter im Herzen tragen: valde autem bonum es!, ut quicquid contradici polest, si occurrerit, refutetur, ne ;bi occurrat, ubi non crit qui respondeal, aut praesenti quidem, sed lacenli occurraf el minus sanalus abscedal (doetr, ehr. 4, 39 (CCL 4 1 , 146)). Augustin ist in s. 12 bemüht, derartige Quaestiones so in die Argumentation einzubinden, daß sich diese als eine schlüssige Gedankenabfolge darstellt, die das Publikum in leicht 'faßlichen Einzelschritten' nachvollziehen kann.14S Als Beispiel sei hier nur der Beginn der BeweisfUhrung in Erinnerung gerufen, mit welcher belegt werden soll, daß der
verba omnia quae non docenl. Das in diesem Zusammenhang von Augustin geäußerte Wort fiber die 'Ohren der Afrikaner, welche die Kürze oder Unge von Vokalen nicht zu beurteilen wissen' (Afrae auns de correplione vocalium vel produclione non iudicanl), bedeutet nicht, er hätte in seinen Predigten auf eine maßvolle Klauseltechnik verzichten mUssen und keinerlei Rhythmusempfinden beim Publikum erwarten dürfen, vg!. ZWIER· LEIN, Klauselrhythmus, 66fT.
144 Vg!. doctr. ehr. 4, 39 (CCL 4 1 , 146) fit autem. ut cum incidentes qllaeslioni aliae quaestiones et aliae rursus incidentibus inädentes perlraclantur atqlle solvuntur. in eam longiludillem ratiocinationis exlendatur intenlio. ut nisi memoria pillrimllm valeat alque vigeal, ad caput. unde agebatur. dispulator redire non possit.
14S Wie S. DOpp anhand ausgewählter Passagen der thematisch auf 'lautes Sprechen' angelegten Confessiones gezeigt hat, ist die auf perspicuitas abzielende "Auftcilung des Gedankens in eine Reihe faßlicher Einzelschrine" ein Element, das ebenso wie "häufige KopfsteIlung des Verbs, unbefangene Wiederholung von Wörtern und Sätzen, ausgiebige Verwendung von Fragen" und ,.nachdrückliche Konturierung einer Aussage mit Hilfe negiener Bestimmungen" fUr die Mündlichkeit einer Argumentation kennzeichnend ist. Es lasse sich durchweg auch an den augustinischen Sermones beobachten, vgl. S. DOpP. ,Mündlichkeit' und Augustinus' .. Confessiones", in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MUndlichkeit in der römischen Literatur. TUbingen 1990 (ScriptOralia 19), 271 -284.
Sermo 12 79
Teufel mit Gott gesprochen haben kann, ohne ihn dabei zu sehen (Z. 5 1 -64). Augustin beginnt mit einer konklusiven Interrogatio:
cum ergo scrip/um non si! quod diabolus "ideri! deum (H), sed tanlum quod venerit curn angelis (C) in conspeclum domini (S3) vocemque eius audierit (0\ CUT ist; miseri (Sl) de visione dei calumniari scripturis (crS) el imperilos (T) perverlere sludent (H)'46.
Nachdem der adversative cum-Satz festgestellt hat, daß die Schrift in lob 1 , 6 eben nicht fllr eine Gottesschau des Teufels zeugt, kann die folgende rhetorische Frage in dieser Hinsicht (de visione dei) einen begründeten Vorwurf gegen die Manichäer formulieren. Damit nun aber möglichst alle Hörer die Schlagkraft des Arguments begreifen und selbst im antihäretischen Disput einsetzen können, wiederholt Augustin den Gedanken mit ausdrücklichem Bezug auf die apologetische Strategie:
quapropter haee eorum propositio (Cm) brevissima responsione (T) J superalur (0'). quantalibet enim loquacilale perquiranl (trQ), quomodo videril (e) diabolus deum (HI), respondemus (S): non vidit diabolus deum (HI).
Die Oppositio, die Augustin dabei satzübergreifend zwischen der erfolglosen "Geschwätzigkeit" manichäischer Schriftkritik und der gerade durch ihre Kürze plausibel erscheinenden christlichen Widerlegung konstruiert -die entgegengesetzten Kola werden rhythmisch jeweils durch die Optima hervorgehoben - täuscht geschickt darüber hinweg, daß die GUltigkeit der zuletzt ausgegebenen 'Parole' non vidil diabolus deum (mit betonter Umstellung des usuellen ordo verborum) noch in Frage steht. Denn bisher wurde keinerlei Beweis dafür erbracht, daß sich das in conspeclum dei venire in lob I , 6 ausschließlich passivisch auffassen läßt, wie Augustin mit Hinweis auf den Wortlaut der Stelle suggeriert hatte, vgl. Z. 37f. scriptwn esl enim quod in conspectwn dei venerit; non scriptum esl quod deum ipse conspexeriJ. ).141 Um die antihäretische Instruktion seiner Adressaten sicher-
146 Es scheint freilich, daß (wie häufig auch in der Dichtung) st bei Augustin nicht notwendig Positionslänge erzeugt (vgl. etwa: beata v. 28 (CCL 29, 80) esset enim {sc. Sergius Ora/a] nonfortitudinis excubiis (crSI.l) sed menlis sopore securior (C) et altiore s/ultilia (man wird hier in Übereinstimmung mit dem Wortakzent lieber IrO) als crS) annehmen) denrersius miser (H); gr. cl pecc. or. 2, 26 (eSEL 42, 185) non ego quasi Qllctor alicllills dogmatis (trCml) definita hoc auctoritate statui (trT); s. 3 1 6, I (PL 38, 1432) qui nostis amare Stephanum er), in Christo anrate (T); so wohl auch in manchen mit alque gebildeten Junkturen wie z.B.: acad. 3, 27 (CCL 29, S I ) tardo illi atque slllllo ('n, ord. 1 , 7 (eSEL 63, 125) colligi alque stipari (trO), an. Quant. 29 (CSEL 89, 166) industrios atque Urenuos (crH), mus. 6, 1 5 (PL 32, 1 171) in arboribus atque slirpibus (tr'H) u.ö.). 1.' Die tunklur in conspeclum alicuius venire hat schwerlich immer nur passiven Sinn, vgl. etwa Caes. GaU. 4, 12, 2 rursus his resistentibus consueludine sua ad pedes desih,erunt
80 Vier Themenpredigten
zusteHen, bringt ihnen der Prediger nach Art eines argumentativen Leitfadens diese rur die Widerlegung der Gegner zentrale Feststellung der unmöglichen und in lob angeblich nicht berichteten visio dei des Teufels auch im weiteren Verlauf der Beweisfuhrung immer wieder in Erinnerung.148
Läßt man die Behauptung, der Teufel habe Gott nicht gesehen, gelten, ist folgerichtig zu fragen: quomodo ergo cum eo locutus est? Augustin fingiert jetzt einen kurzen Dialog mit den Manichäem und sorgt auf diese Weise rur Abwechslung im modus proferendi, welche dem Publikum nach dem län· geren Lehrvortrag über die Schriftfalschung des Adimantus willkommen sein dilrfte.'49 Mit vermehrtem Interesse werden die Adressaten dabei auch
silbfossisque equis compluribusque nostris deiec/is reliquos in lugam coniecerunl atque
ita per/erri/os egenmt, 14/ non priusfuga desislerenl, quam in Conspectum agminis nostr; venissenl. HILL, Sermons 11111, 306, Note 14, bemerkt u.a. zu Augustins Aussage non
vidit diabolus deum: "
As exegesis of the obvious meaning of lob 1:6, Augustine's statement is simply wrong. The author c1early intended 10 depict a scene in which God is seated on his throne like a king holding court, with his counselors, the angels including Satan, the prosccutor, all arround hirn. He sees them and they see hirn. That is the picture. But of course (we find it easy to say today), it is not meant as an accurate description ofwhat actually happens in heaven; it is not teaching as doctrinal truth that the devil enjoys the beatific vision. So in that sense Augustine is right. And il is the erucial sense." Es ist außerdem fraglich, ob Augustin hier überhaupt eine erschöpfende Auslegung der lobstelle beabsichtigt. Der Kontext spricht eher dafilr, daß den Hörern ein möglichst einfaches Argument an die Hand gegeben werden soll, auf das sie leicht zurückgreifen können (s. weiter oben im Text).
"I Vgl. Z. 104 (GOIl kann auch mit den 'bösen Engeln' sprechen) qllomvisfociem (sc. eills) videre 1I0n digni sint, Z. 1 1 3f. diabolus enim ad ilIam conlemplationis beatitudinem nOIl
potest pervenire ( ... ), Z. 140f. (Der von Engeln umgebene Teufel muß in der lobstelle so vorgestellt werden) ut tarnen deum quem ipsi videbant ilIe non viderit, ebenso Z. I 47(f. ( ... ) sie potuit et diabolus esse in medio sanetorum angelorum deum videlltium, per quos
alldiret voeem dei, quem videre ipse non posset, Z. 1 56fT. ( . . . ) id quod scriplum flOfl est de scripluris nostris menliuntur, quod deum diabolus viderit, Z. 169f. eur scripwras nostras, quod deum diabolus \lideri!, mendaciter arguis? und in der Peroratio Z. 255f. ( . . . ) quamquam iIIa scriplura ( . . . ) deum a diabolo viSum esse nOIl probellI ( . . . ).
1'9 Ein solches 'Dialektikon' setzt Augustin in den Sermones gerne zur Schrifterklärung ein, weshalb es besonders häufig in den exegetischen Predigten anzutrefTen ist. vgl. die Frcquenzzahlen bei Sister M . Inviolata BARRY A.M., SI. Augustine, The Oralor. A Study of the Rhetorical Qualities of SI. Augustine's Sermones ad Populum. Washington O. C. 1924 (PalSt 6), 147f., die den rhetorischen Wert dieser Argumentationsfigur generell folgendennaßen bewertet .. Oialektikon fonns one ofthe lnost striking stylistic elements in the sennons of Augustine. No device could have bet:n more suilable for his purpose of driving home the great truth of religion, than the forceful question and answer.
Augustine's aim in using this figure was 10 make his hearers Ihink; to arousc their feelings and then offset thcir incorrect ideas by a definite explanation." (ebd., 145). Oftmals reiht der Prediger dabei mit intimem Gespür rur die Fragen seiner Gemeinde eine Folge von kurzen Fragen und Antworten aneindander, vg!. F. HEIM. Die Rede als Dialog mit
Senno 12 8 1
die fortgesetzte Kritik an der unbelehrbaren Haltung der Häretiker aumehmen, zu der der Prediger seine Rede stilisiert:
hic vero nOIl a nobis (S) sed a caecis hominibus (ern3) conv;ncenda est caecitas (CrJ cordis ipsorum (0). hi enim qui carnalibus oculis caeci sunl (S), quolidie Joqui possun! (trQ) curn his quas videre non possuni (trQ).
Zum Vergnügen der Hörer dient hier die Traductio des Adjektivs in das metaphorisch gebrauchte Substantiv einem Wortspiel, welches die gedankliche Pointe enthält, daß der manichäische Anspruch auf wahre Einsicht in die Bedeutung der zur Diskussion stehenden Schriftstelle, dessen verstockte Verblendung Augustin wohl auch in der harten Alliteration des c anklingen lassen will, ohne langen Nachweis bereits durch das Beispiel der körperlich Blinden widerlegt werden kann. Damit aber jedem die erforderliche Responsio deutlich wird, formuliert der Prediger sie nochmals im Zusammenhang mit der gegnerischen Quaestio. wobei erneut eine Adnominatio zum Einsatz kommt:
. . quomodo ergo venil (trT)", inquiunl, " in cOllspeclum eius (S)?" quomodo caecus in conspeclum videlllis (mT), quem ipse non conspicit (C).
Indem Augustin die Ratiocinatio in solcher Weise gestaltet und ihr durch Rhythmisierung und Figureneinsatz die virtutes des iucundum und aculum verleihtiSO, ohne dabei die in einem sermo ad populum gebotene Durchsichtigkeit der argumentativen Schrittfolge zu vernachlässigen, ist er offenbar der von ihm selbst in doctr. ehr. 4, 56 rur das genus submissum empfohlenen kombinierten Wirkungsabsicht verpflichtet. So soll der christliche Redner, der entgegen der antiken Tradition in jedem genus dicendi alle ojJicia oratoris beachten und nach Kräften erfüllen mußlS1• auch bei der einsichti-
dem Publikum - Beispiele aus dem politischen und religiösen Bereich, in: L. BENZ (Hg.), ScriptOralia Romana. Die römische Literatur zwischen Mündliehkeit und Schrift· lichkeit. Tübingen 2001 (ScriptOralia 1 1 8), 263f., der beispielsweise aufep. 10. tr. 9, 10 (PL 35, 2052) hinweist: audi: qui enim non diligit frattem suum quem videt, deum quem non uidet, quomodo potest diligere? [1 104, 20] quid ergo? qui di!igit !ratrem. diligil el deum? necesse esl ul diligal deum, necesse est ut diligat ipsam dileclionem. numquid polest diligere!ratrem, et non diligere dilectionem? neeesse est ut diligat dileetionem. quid ergo, qui diligit dilectionem, ideo di[jgit deum? utique ideo. diligendo dileelionem deum diligil. an oblitus es quod paulo ante dixisti. deus dilectio est ? [1 104, 16] ( . . . ).
I'" Vgl. Lausberg § 540 u. Elemente §§ 166,6; 274 . • ,. Vgl. doctr. ehr. 4, 56 (CCl 32, 161) iIIa itaque lria, quae supra posuimus. eum qui
supienter dicil, si etiam eloquenter vult dicere, Id agere debere, ut intellegenter. ut fj. benler, ut oboedienter audialur, non sie accipienda srmt lamquam singula illis Iribus dicendi generibus ita tribuanlur, ut ad submissum intellegenter. ad temperatum libenter, ad grande pertineat oboedienter audiri, sed sie potius. ut haee trio semper intendat et quantum potest agat, etiam cum in il/orunr singufo quoque versa/ur. Die Verbindung der
82 Vier Themenpredigten
gen Belehrung der Zuhörer, der es zuletzt um gehorsame Aufuahrne der dabei verwendeten Schriftzeugnisse, also die Glaubensvelillittlung geht, darauf achten, daß man seinen Ausfilhrungen gerne folgt: nolumus enim [astidiri etiam quod submisse dicimus, ae per hoc volumus non so/um intellegenter, verum etiam libenter audiri. quid autem agimus divinis lestimoniis docendo quod dicimus, nisi ut aboedienter audiamur, id est u/ creda/ur eis opitulanle Wo, cu; dictum esf: testimonia tua credita facta sunt valde [ps 92, 5]? quid etiam quaerit nisi credi, qui aliquid, lieet submisso eloquio, discentibus narrat? et quis eum \lelit audire, nisi auditorem nonnulla e/iam suavitate delineat? (ebd., CCL 32, 161f.). Den Beifall des Publikums gewinnt die schlichte Redeweise aber meistens schon dadurch, daß sie eine erhellende und überraschend scharfsinnige Beweisführung zum Sieg gegen die scheinbar unschlagbaren Argumente des Gegners fUhrt und zusätzliche Mittel der delectalio nicht gesucht, sondern gleichsam als natürliche Qualität ihrer Darstellung erscheinen läßt: pleromque autem dietio ipsa submissa, dum so/vii diffieil/imas quaestiones el inopinala manifes/atione demonstrat, dum senten/ias aeutissimas de neseio quibus quasi cavernis, unde non sperabatur, eruit el oSlenditlS2, dum adversarii convincil errorem et
Stilhöhen mit den Aufgaben des Redners zeigt Augustin in doctr. ehr. 4, 34 (a.a.O., 141) auf, wozu er Cie. oral. 69 und 101 kombiniert, vgl. M. l'ESTARD, Saint Auguslin et Ciceron. 11. Repertoire des textes. Paris 1958, 29. Im Unterschied zu der schon von Cicero bisweilen für erforderlich gehaltenen Abwechslung der genera dieendi innerhalb einer Rede (orat. 103 al haec inlerdum temperanda et varlanda sunt), welche in doclr. ehr. 4, S I (a.aO., 157) auch den viri ecc/esiastici als regelrechte rhetorische Technik empfohlen wird (nam quando pro/ixa est (sc. die/io) in uno genere. minus detine/ auditorem), geht das in doctr. chr. 4, 56-58 rur jede Stilhöhe verlangte Zusammenwirken des docere, de/ectare und movere über die antike Tradition hinaus. Es scheint, daß Augustin damit den Mißständen der rednerischen Praxis sciner Zeit wehren will, vgL POUMANN, Doctrina Christiana, 240: "Dadurch, daß Augustin jedem Stil die drei Wirkungsweisen zuordnet, kommt es zu einer Durchmischung von deren Funktionalität, die letztlich zu einer Vernichtung bzw. neuen Auffilllung der (in der Spätantike am meisten praktizierten) Delectatio-Intention der Rhetorik fUhrt." Solch ein relerre ad a/terumfinem ist begreiflicherweise besonders rur die Anwendung des traditionell dem deJectare verpflichteten genus lemperalum zu fordern, vgl. doctr. ehr. 4, 55 u. 57 (a.a.O., 160f. 162f.). Siehe zur 'Sonderstellung des mittle.ell Stils' bei Augustin auch P. PRESTEL, Die Rezeption der ciceronischen Rhetorik durch Augustinus in Oe doctrina Christiana. Frankfurt a. M. t 992 (Studien zur klassisschen Philologie 69), 251 f. lSl GREEN, Oe Doctrina Christiana, 274 verweist z. SI. auf Cic. oral. 79, wo der Vortrag scharfsinniger und tiefgeschürfter Gedanken als vorherrschendes Merkmal des orator
summissus genannt wird: acutae crebraeque sententiae ponentur el nescio ullde ex abdi-10 erutae. idque in hoc oratore dominabitur. POLLMANN erinnert darüber hinaus an Augustins Beschreibung der memoria in conf. 10, 26 (CCL 27, 168) ecce in memoriae meae camp is el anlris el cavernis innumerabilibus atque innumerabiliter plenis innu-
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docet falsum esse, quod ab illo dici videbatur invicium, maxime quando ades! eius quoddam decus non appeli/um, sed quodammodo na/urate el nonnulla non iactanticula. sed quasi necessaria atque, ut Ua dicam, ipsis rebus ex/arla numerositas clausularum, lanlas acclQma/iones excital, ut vix intel/egatur esse submissa (ebd., CCL 32, 162).
Man wird daher wohl auch die oben zitierten paronomastischen Wortspiele, insofern der Prediger sie ja sachbezogen bei der Lösung der manichäisehen Quaestio verwendet, nicht schon als eindeutiges Indiz fur einen Wechsel der Stilhöhe zu werten haben, selbst wenn sie sich sonst eher rur das genus temperatum eignen (vgl. Cic. orat. 84). Daß der geschickt gewählte Vergleich zwischen dem Teufel und den Blinden freilich nicht allein der Belehrung und Unterhaltung dienen soll, sondern auch das wichtigste ojJicium oratoris. das oboedienter audiri, erftlllen will, dokumentiert Augustin, indem er den Hörern das eigentliche Ziel seines Arguments offenlegt und sich dadurch zugleich in glaubwürdige Opposition zur verderblichen Redeabsicht der Manichäer zu bringen sucht (Z. 6 1-64):
et istae qllidem similitudines (crH!), dilectissimifratres (0), ideo dictae sint (S), ut hominum carnalium (Cm!) refel/atur improbitas (0'), ut si fieri potest (H) hoc modo repulsi (trT) ad discendi mansuetudinem (C",)!5) pia corda cOllvertant (0).
Der schlichte Stil wird in s. 12 deutlich dann aufgegeben, wenn der Prediger seine anti häretische Polemik mit hörbar größerer Erregung vorträgt und die Invektive innerhalb der Argumentation mehr Raum einnimmt.ls4 Als Beispiel sei der Beginn des zweiten Hauptteils der Argumentatio angefilhrt, wo Augustin die Frage erörtert, was der Teufel bei der Versuchung Jesu gesehen hat. Nach dem Aufweis, daß bei angenommener Sichtbarkeit des Herrn entweder zu folgern ist, er habe einen Leib besessen, oder aber, er sei in seiner göttlichen Wesenheit in Erscheinung getreten, fUhrt Augus-
merabifium rerum generibus sive per imagines, sicut omnium corporum, s;ve per praesentiam, sicut art;um, sive per nescio quas notiones vel noJationes, sieut affeclionum animi - quas et cum animus non patitur, memoria JeneI, cum in animo sit quidquid esl in memoria - per haec omnja discurro et YOlilo hac iIIac, penelro eliam, quantum possum, el finis nusquam: tanta vis eSI memoriae, tanta vitae vis est in homine vivente mortaliterl Vgl. Augustinus. Die christliche Bildung (Oe doctrina Chrisliana), Übersetzung, Anmerkungen u, Nachwort v. K. POllMANN. Stuttgart 2002, 255, Anm. 157. m Falls bei mansuetudinem nicht vokalisches u anzunehmen ist. 1St Eine miniere Slilhöhe ist besonders beim Ausdruck von Lob oder Tadel geboten, sofern die Adressaten dabei nicht vornehmlich zu einer bestimmten Handlung motiviert werden sollen (was die Wahl des genus grande erforderlich machte): doctr. chr. 4, 52 (CeL 32, 158) ( ... ) laudandum aliquid vel viluperandum, ubi nec damnatio cuiusquarn nec liberatio nec ad aCliottern quamfibet adsensio requiretur, in quocumque alio genere occurrerU, genus adhibendum et interponendum est temperalum.
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tin zur Widerlegung des letzteren den von den Manichäern sonst immer verwendeten Schriftbeleg Mt S, 8 an, überläßt die eigentliche Conclusio jedoch durch Aposiopese dem Publikum, damit dieses um so bereitwilliger seiner Exclamatio zuspricht, die den Gedanken beschließt und den bekannten Vorwurf der Verblendung wiederholt (Z. 167-169):
quam (sc. divinam substantiam) si non viden! "isi qui puro sunl corde. sicut ex evangelio nobis ipsi commemorant - 0 importunQ caecilas haerelicorum (crS2)!
In der folgenden Prosopopöie, die nun auch im Rhythmus gefalliger formuliert ist, redet Augustin die abstrakte caecitas umittelbar an und fUhrt den Hörern den Grund rur die Empörung des Predigers lebendig vor Augen'" (2. 169-17 1 ):
cur scripturas nos/ras (S), quod deum diabolus viderit (Cl), mendaciter arguis (Cm2) et negando corpus Christi (trS) IS6 divinam eius substan/iam (C,.) diaboli oculis (TI.') publicare (T) velle convinceris (C)?
Doch nicht genug damit, daß die Gegner nachweislich mit dem Teufel im Bunde sind. Mit ihrer Lösung der oben genannten Quaestio, die Augustin nun in argumentierender Frage aufgreift, stempeln sie offenbar Gott selbst zum Lilgner (Z. 1 7 1 - 1 74):
an/orte, sieut dicere soleIlt, Ua non habebat corpus human um (0), ut se tamen quasi habere monstraret (O)? quis ergo verius el reclius (C,,J J senli/ (0), J insani (0),
qui credil deum locu/um esse (0) J cum diabolo (C'), an qui eredit deum (CnJ non solum cum diabolo loelltum (tr1T), sed etiam diabolo esse men/itum (trIO)?
In der zuletzt zitierten Interrogatio sorgen rur die dietia temperata besonders die Amplificatio der Adverbia. die erneute invektive Anrede und die Figuration der disjunktiven Relativsätze. von denen der zweite in den Kola der abhängigen Aussagen als reimbildendes IsokolonlS7 mit jeweils 'aufgelöst-trochäischem' Klauseleinsatz gestaltet ist und schließlich in der fre-
m Im lebendigen Slil der Diatribe und mil Rücksicht auf den volkstilmlichen Geschmack seines Publikums läßt der Pre<hger Augustin personifizierte Abstrakta bisweilen sogar selbst in einem 'Dialektikon ' zu Worte kommen, vgl. dazu O. ZWIERLErN, Der Fall Roms im Spiegel der Kirchenväter: ZPE 32 (1978), 77, Anm. 92 mit Hinweis auf ehr. MOHRMANN, Der Schriftsteller Augustin, in: C. ANDRESEN (Hg.), Zum AugustinGespräch der Gegenwart. Dannstadt 1962 (WdF 5), 1 \3 , wo etwa auf den 'komischen Dialog' zwischen avariria und luxuria in s. 86, 6 (PL 38, 526) verwiesen wird. 1S6 Zur Endsilbenkünung des abI. gerundii bei Augustin siehe BRENNAN, Clausulae, 105.
131 Bzw. Parison (prope aequotum), vgl. E. SCHUCKTER, Zum Predigtstil des hl. Auguslinus: WS, 52 ( 1934), 1 27f.
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ehen Blasphemie des (deum) diabolo esse menti/um gipfelt, die durch die Optima besonders ins Ohr fallen soll.
Nicht mehr nur verhalten, sondern gehoben ist dagegen wohl die Stilisierung derjenigen Teile der Argumentation zu nennen, in welchen Augustin ein leidenschaftliches Zeugnis für die Wahrheit des christlichen Glaubens ablegt. Für die Stilhöhe scheint dabei weniger eine gegenüber dem genus temperalum gesteigerte Ausschmückung verantwortlich zu sein, als vielmehr die heftige emotionale Beteiligung des Redners, der die Schönheit des Ausdrucks, auch ohne auf die Verzierung der Rede zu achten, schon kraft ihrer Inhalte gewinnen kann. ISS
Das erste deutliche Beispiel rur die Anwendung des genus grande bieten in s. 12 die Z. 97ff. Nach der langen Reihe biblischer Exempla, die er in geradezu nüchterner Systematik flir das viel faltige Sprechen Gottes zu den Menschen aufgezählt hat, will der Prediger an dieser Stelle offenbar die rur die Widerlegung der Manichäer entscheidende Frage nach der Kommunikation zwischen Gon und Engeln durch 'stilistische Reliefgebung
, I59 hervorheben. Mit erkennbarem rhetorischen Nachdruck ist bereits der letzte Beleg für das loquitur deus intus in animo hominis gestaltet: die Identifizierung des menschlichen Gewissens mit der göttlichen vox veritatis (vgl. Z. 94ff.). In einer erhabenen Diktion präsentiert Augustin dann aber das nachfolgende Argumentum a minore ad maius, welches als kunstvolle Periode stilisiert ist und im Zusammenhang mit dem Nachweis, daß die guten Engel Gott schauen, die gefallenen aber noch seine Stimme hören können, den Hörern in prächtiger Wortfülle einen Ausblick auf den Genuß (bzw. Verlust) der höchsten himmlischen Glückseligkeit gibt (Z. 97-104):
veritas autem deus esl (crSl) quae cum tarn multis modis loquatur (trT) hominibus et bonis el maUs (C),
quamquam 11011 omnes (S), quibus lot modis loquitur (0\
possint eius substantiam naturamque (crS) J conspicere (Ol), quis hominum potest (HI) coniciendo aut cogilando (miT) J colligere (0'),
quol et quibus modis eadem veritas (Cch) loquatur angelis (H),
L-" Ygl. doetr. ehr. 4, 42 (CCL 32, 148f.) grande aulem dicendi genus hoc maxime dislOt ab iSlo genere lemperalO. quod non lam verborum ornatibus complum esl. quam violenlum animi affeclibus. nam capil eliam illa ornamenla paene omnia. sed ea si non habueril. non requiril. !ertur quippe impelu suo el elocutionis pulchritudinem, si occurreril. vi rerum rapil. non cura decoris adsumit. salis enim eSI ei propter quod agitur. ut verba congruenlia. non oris eligantur industria, sed pecloris sequanlur ardorem.
Lsg Ygl. KURSAWE, doeere, deleetarc, movere, 43 zu doetr. ehr. 4, 5 1-52.
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sive bonis qui eius ineIJabili speeie (0') el pulehriludine (H) per mirabilern earilalem (crT) eonlemplando pet/ruunlur (trT), sive maUs qui depravati (8) per superbiam suam (trH) el ab ipsa verilale (T) f in injerioriblls (C;)160 ordinali (T) possunI quibusdam lalenlibus modis (!rH) voeem eius audire (0), quamvisfaciem videre non digni (trO) sint? 161
In feierlichem Ton ist auch die anschließende Höreranrede gehalten, die Augustin mit eindringlichen Adhortationes verbindet, welche sich folgerichtig aus der soeben festgestellten Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnisvennögens (quis IlOminum polesI ... eoUigere) ergeben (Z. 105-108):
quapropIer, dileelissirnijralres (O),fideles dei el calholicae malris (0) germanissimi fiUi (C), "emD vos decipiat (S3) f venenatis cibis (Ce), etiam si adlzuc estis laele lIutriendi (trT). perseveranler nune ambulate (mT) per fidem veritatis (crT), ul cerlo el oporlilno lempore (Cm) ad speciem veritatis eiusdem (trQ) venire possilis (0).
Sicherlich soll hier die Gememde zum Schutz gegen häretische EinflUsse zu einem gläubigen Lebenswandel angehalten werden.'62 Gleichzeitig dient die affektive Zustimmung, die der Prediger mit seinen identitätsstiftenden Worten und der in Aussicht gestellten himmlischen Belohnung erheischt, der weiteren Argumentation. Denn damit die spätere Auslegung von lob 1 ,6f. überzeugend vermitteln werden kann, muß zunächst zweifelsfrei feststehen, daß die manichäische Quaestio im Anschluß an 10 14, 6 absurd, das Gespräch zwischen Gott und Teufel dagegen glaubhaft möglich ist. Nach seinen bewegenden Worten werden die Zuhörer Augustin in diesem Punkt schwerlich die Gefolgschaft versagen, weshalb er dann auch sogleich die entsprechende Conclusio vornimmt (vgl. Z. 1 12ff.).
Rednerischem KalkOll verdankt sich gleichfalls der erhabene Ton, in welchem Augustin den zweiten Hauptteil der Argumentatio beschließt. Unmit-
1100 Zu dieser bei Augustin verhllltnismäßig seltenen Auflösungsform der C�-Klausel, vgl. ZWIERLEIN. Klauselrhythmus. 58 [' Abgeleitete K lauseltypcn d)' 1. 161 Wenn die Kopula hier (wie auch sonst gelegentlich, vgl. ZWIERLElN, a.a.O., 63 mit Anm 53) unberücksichtigt bleiben darf, schließt die lange Periode betont mit der Optima.
162 Im germs grande besteht das Ziel der Persuasio darin, 111 aganlur. quae agenda esse iam sciunfur nee agunfur (doelr. ehr. 4, 55 (CCL 32, 161», und die Änderung der Lebensweise seiner Adressaten gehört rur den Prediger Augustin zu den Erfahrungen, die ihm den Erfolg eines erhabenen und weise verwendeten Redestils anzeigen: sunt et aUa multa experimenla (außer der 418 dureh seine Predigt bcendeten tödlichen Gruppcnfchde in Caesarea Mauretania), quiblls didicimus homines, qllid in eis feeerit sapientis granditas dictionis, non c1amore polius quam gemitu, aliquando etiam laerimis, poslremo vitae mlllaliotle monstrasse (doctr. ehr. 4, 53 (a.8.0., 160» .
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telbar vor Beginn der kurzen Peroratio der Predigt stellt er zur endgültigen Widerlegung des manichäischen Doketismus dem Publikum die unbefleckte Reinheit der caro mortalis Christi plausibel vor Augen, nachdem er zuvor das analoge Beispiel der Sonne angeflihrt hat (Z.245-252):
el dominus noster Iesus Christus verbum patris, per quod facta sunl omnia (vgl. 10 I , 1-3), virlu, el .apienlia dei (vgl. I Cor I , 24), ubique praesensl63, ubique secretus, ubique totus, nusquam inclusus, pertendens afine usque in finemfortiter et disponens omnia suaviter (vgl. Sap 8, 1), timen I inJelices (S),
ne non potueril sie hominem assumere (crICch), ut viviflcaret morla/ja (CrJ nee ab eis mortificaretur (Si), sanctificaret carnern (S) nee inde pollueretur (trS2), disso/veret mortem (0) nee inde ligaretur (Si), mutaret in se hgm!t!?m. (03) nee in hQRÜQ.(}m mularetur (crIS)?
Der Prediger beginnt mit einer Exhomologese. die, gespeist aus bekannten biblischen Formeln, dem Gedanken nicht nur besondere Würde und Autorität verleiht, sondern auch stärker als bei dem zuvor über die Manichäer ausgegossenen lehrhaften Spott (vgl. Z. 23 1 ff.) an die christliche Überzeugung derjenigen appelliert, die sich trotz alledem von ihrer Lehre haben beeindrucken lassen. Darüber hinaus sorgt diese anakoluthische Prolepse des im späteren Objektsatz vorgestellten Subjekts damr, daß bereits das übergeordnete timent nicht vernünftig erscheinen kann, geschweige denn die häretische Leugnung der paradoxen Wahrheit, welche sich als
161 Vgl. en. Ps. 75, 17 (CCL 39, 1056) si deum patrem cogites. ubi non est qui ubique praesens es!? si [tlium cogites secundum formam divinitatis. et ipse eum patre ubique est; quia ipse est sapientia dei. de qua dictum est: adtingit autem ubique propter suam munditiam {Sap. 7, 24}. Sein Bekenntnis der göttlichen Allgegenwan stilisiert Augustin auch an anderen Stellen als Expolitio, freilich nicht immer mit gleicher Quantität und Intensität: Simpl. 2, 6 (CeL 44, 90) nam quomado deus haee agat ubique proesens et ubique totus oe semper praesens ( . . . ), civ. 1 , 29 (CCL 47, 30) deus meus ubique praesens, ubique totus, nusquam inclusus. qui possit adesse seeretus, abesse non motus, vgl. außerdem ep. 140, 6; 155, 13; 187, 35 u. 38 (CSEL 44, 159. 443; 57, 1 13. 1 16), cn. Ps. 99, 5 (CeL 39, 1396) u.ö. Bei der Fonnel ubique totus, die ebenso wie nusquam jnclusus besonders geeignet ist, dem Partikularismus der manichäischen Gouesvorstellung zu widersprechen, hat man an neuplatonischen Einfluß gedacht, vg!. O'OoNNELL, Confessions 11, 22 (zu conf. I , 3 an ubique totus el res nulla le totum copit?), der an Man. Cap. 7, 73 I ubique totum (von der Monade gesagt) und Macrob. somn. Scip. I , 17, 1 I ubjque Iota, ubique perfeeta (auf die Weltseele bezogen) erinnen, zugleich aber vennutet, daß Augustin unmittelbar auf Ambr. fid. 1 , 16, 106 zurückgreift: ccmplens omnja, nusquam ipse eonfusus. penetrans omnja, nusquam ipse penetrandus. ubique lolllS eadem tempore vel in caelo, vel in terris. vel in novissimo maris praesens.
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Konsequenz aus der Menschwerdung des Wortes Gottes ergibt. Augustin legt diese konsekutiven Kola wie schon das eingangs formulierte Bekenntnis als leidenschaftliche Expolitio an, verzichtet jetzt aber darauf, den Grundgedanken um zusätzliche Aspekte zu erweitern (= de eadern re dieere) I64, sondern bildet eine Reihe von jeweils nur durch commutatio verborum variierten Antithesen (= eandem rem dicere)16S, welche das Erlösungswerk des Gottmenschen nachhaltig vermitteln wollen.l66 Neben den Wortspielen, von denen das zweite das Satzgefllge besonders einprägsam abschließt, sorgt auch die Dissolutio für eine attraktive Lebendigkeit der Rede, die den Hörern keine Zeit läßt, auf den Gedanken zu kommen, ihnen werde bloß Altbekanntes präsentiert. Auf die rhythmische Gestaltung hat der Prediger dabei wohl, wie die häufigen Formen des Dispondeus vermuten lassen, weniger Wert gelegt. Vielleicht schien ihm hier aber auch gezieltes Maßhalten geboten, um dem Eindruck ZU entgehen, er habe nach dem erhabenen Beginn der Periode nun vornehmlich die delectatio auditorum im Sinn und beraube damit das gesamte Argument seiner GlaubwOrdigkeit.167
Die Stilisierung der Rede zeigt jedenfalls ein weiteres Mal, daß Augustin in s. 12 den Wechsel des genus dicendi nicht weniger überlegt anstrebt als die inhaltliche Anordnung seiner Argumente, die ganz im Einklang mit den Vorschriften der Rhetorik und der Praxis berühmter Redner, allen voran Demosthenes und Cicero, dem sog. ordo Homericus folgt, d. h., Teile mit
••
starker Uberzeugungskraft an den Anfang und das Ende, schwächere dage-gen in die Mitte der Rede stellt.168
164 Vgl. Lausberg § 842. 16$ Vgl. ebd. § 835 166 Die theologische Leistung der rhetorischen Antithese bei den Predigern der Alten Kirche
wird an mehreren Beispielen aufgezeigt von K. BERGER, Antike Rhetorik und christliche Homiletik, in: C. COLPE, L. HONNEFELDER, M. Lurt-BACHMAN"N (Hgg.), Spätantike und Christentum. Beilräge zur Religions- und Geistesgeschichte der griechisch-römischen Kultur und Zivilisation der Kaiserzeit. Beflin 1992, bes. 177-182.
167 Zur moderatiQ in Augustins Rhythmustechnik vgl. ZWIERLEIN, Klauselrhythmus, 70. Rhetorische Zurückhaltung ist rur Augustin besonders dann am Platze, wenn der christliche Redner die HJ. Schrift selbst zu Wort kommen läßt. Er warnt in doctr. ehr. 4, 41 (CCL 32, 148) daher auch die lateinischen BibelObersetzer: sed covendum est, ne divinis gravibusque sementiis. dum additur numerus, pondus detrahetur. 168 Loc. dass. ist 11. 4, 297-300 (Nestor stellt die Seinen zum Kampf auf) tXJt:fju<; J.Itv xQ&m aVv ÜO'c:OlOlV Kal ÖXl:Ocpt I XE�OUe; b' t�6:rnßE at"OEV :n:oAta<; TE Kai toß)..oU!; I �QKO<; CJ.lEV xoAtJ.lOlO· KUKOUe; b' tc; Iltooov CAUOOEV. I ö<pQ<l KUl OÜK tßtArov n<; Üvtt"YKWn :n:oAqli�Ol (An die Spitze stellte er die Reisigen samt Rossen und Wagen, ans Ende das tapfere Fußvolk in großer Zahl, damit es als Schutzwall diene in der Schlacht. In die Mitte aber trieb er die Feiglinge, auf daß auch der Unwillige zum Kampf genötigl
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So beginnt der Prediger die Widerlegung der manichäischen Quaestio mit dem schlagenden Argument, daß Adimantus einen Paulustext verwendet, den es in der von ihm zitierten Fassung gar nicht gibt. 169 Daß Adimantus dabei mit Hilfe einer begründenden Parenthese als eigentlicher Autor der Verleumdung identifiziert wird ("am latium calumniarom iste conscriptor est), und Augustin im Anschluß an diese ftir die meisten Hörer anscheinend notwendige Erläuterung seinen Wunsch nach einer Belegstelle in betonter Weise wiederaufgreift (sed primo ab istis vellem quaerere. ubi Adimantus apud apostolum legerit ( ... ) vellem ergo dieeret ubi legerit ( ... )) zeugt von der rednerischen Lebendigkeit des Textes und mag als ein Hinweis auf seine ursprüngliche Mündlichkeit gewertet werden, zumal im folgenden mit Rücksicht auf das Publikum auch das venneintliche Pauluszitat noch einmal angeftihrt wird (vgl. Z. 35ff.).
Betrachtet man die argumentatorische Disposition, so erweist Augustin sich hier ganz als geschulter Gramrnaticus, welcher nach der lectio der ihm präsentierten Bibelstellen zuerst die Aufgabe der emendatio erfüllt, die im Rahmen der Textkritik auch die Frage nach der Authentizität zu stellen hatte. Obgleich dieser Arbeitsgang belegt, daß Adimantus sich, falls er I Cor 2, 6·8 anfUhren wollte (und ein anderer Text ist dem Wortlaut nach anscheinend ausgeschlossen), der Athetese und lnterpolation schuldig gemacht hat, kommt Augustin dem Manichäer entgegen (Z. 35ff.):
verumtamen eliam si hoc modo dixissel aposlOlus (Cm2), numquid proplerea diabolus (Cc:h3) \loeern dei Qlldire non pOlllit (cr03)?
werde.) - siehe auch Caes. GaU. 3. 21 prima luce productis omnibus copiis duplici acie instrucla auxiliis in mediam aeiem coniectis quid hostes consilii caperent exspectabal (worauf G. S. KJRK in seinem Kommentar z. St hinweist). Das Dispositionsprinzip .. Schwaches in die Mitte" gilt Cicero rur die Einzelrede ebenso wie rur den Fall, daß mehrere Redner zugunsten derselben Sache auftreten: de orat 2, 3 1 4 ergo ul in oratore optimus quisque, sie in oratione firmissimum quodque sit primum; dum Wud tarnen in utroque teneatur, ul ea, quae excellenl, serventur eliam ad perorandum; si quae erunl mediocria, nam vitiosis nusquam esse oportet locum, in mediam turbam alque in gregem coniciantur. Vgl. zum Ganzen W. STROH, Taxis und Taktik. Die advokat ische Dispositionskunst in Ciceros Gerichtsreden. Stullgart 1975,36 Anm. 2 1 u 102f. Anm. 67.
169 Vgl. c. Adim. 12 (eSEL 25, I, 138). Der Quaestio der Manichäer, quomodo, si sanguis esl anima (vgl. Dt 12, 28), flon possit hominis inter/eclor nocere animae (vgl. Mt 10, 28), cum /antam in eius sanguinem habeal potesfalem, die sie noch mit dem Pauluswort caro et sanguis regnum dei non possidebunt (I Cor 15, 50) ZU untermauern suchen, hält AuguSlin zunächst eine sinnentstellende Textusurpation vor: cui columnfae prima ila respo"dendum es', ul ipsi coga"tur oSfendere, ubi 5criptum sit in /ibris veferis legis, quod anima humana sanguis sit. nusquam enim hoc invenient in ilIa scriptura, quam lacerare miseri quamdill conanlur, nullo modo infel/egere permi/tuntur.
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Diese Fictio ennöglicht es ihm dann auch, seine Überlegenheit in der Texterklärung (enarratio) unter Beweis zu stellen und dabei durch eine lexikalische und tropologische Analyse nachzuweisen, daß die principes in der genannten Paulusstelle keine himmlischen Mächte bezeichnen können, eine Bedeutung, die er offenbar bei der manichäischen Quaestio voraussetzt (vgl. Z. 24-27).'70
Ihre größte Schwäche offenbart Augustins Argumentation dagegen in der Tat im Zentrum der Predigt. Um der manichäischen Kritik eine positive Auslegung von lob I , 6 entgegenzusetzen, wird hier rur den conspeclus dei nun mit Hilfe eines zumindest umständlichen Analogiebeweises ein sensus proprius erschlossen, der die Begegnung von Gott und Teufel plötzlich nicht mehr als Beschreibung eines buchstäblich nachvollziehbaren Geschehens erscheinen läßt, sondern als einen Vorgang, der sich in secreto creaturoe abspielt und das menschliche Vorstellungs- und Ausdrucksvennögen übersteigt. Aus welchem Grund, so könnte ein kritischer Hörer fragen, bemüht sich der Prediger dann nach wie vor darum, die Plausibilität der Szene aufzuzeigen (vgl. Z. 133ff.)? Doch die geschickten Erklärungen, die anschließend ftir die Engeleskorte des Teufels und die Aussage dixil deus gegeben werden, dUrften der Masse der Hörer kaum Gelegenheit geben, diese Inkonsequenz zu beanstanden.
So sollte dann auch die spätere, auf die Themenfrage bezogene Feststellung machinamenta manichaeorum multis modis soluta esse perspicitis (vgl. Z. 1 50f.) auf Zustimmung stoßen, und Augustin kann nun im zweiten Hauptteil der Argumentation wieder leichter überzeugen. Es zeigt sich, daß die Manichäer. da sie den neutestamentlichen Bericht von der Versuchung Jesu nicht in Frage stellen, ihre eigene Schriftkritik untergraben. Denn der bloße Anschein einer Leiblichkeit des Henn. mit der die Häretiker argumentieren. deckt erst recht die innere Widersprüchlichkeit ihrer Lehre auf, die Augustin als ihr intimer Kenner leicht vorfUhren kann. Die Argumente werden in dichter und konsequenter Abfolge dargeboten; einzig der Übergang zum Sonnenkult der Manichäer nimmt sich ein wenig unvermittelt
170 Zur Orienlierung der augustinsehen Exegese an den offieia grammaticorum, die seit Varro in der klassischen Stufenfolge lectio, emendatio, enarratio und iudicium erscheinen (letzteres meint die ästhetische oder auch moralische Beurteilung des Textes, bei welcher sich der divinarum scripturarum studiosus freilich in demütiger Zurückhaltung üben muß, vgl. doctr. ehr. 2, 62 (CCL 32, 75f.) , siehe MARROU. Auguslinus und das Ende der antiken Bildung, 17-23 u. 355-380 sowie Chr. SCHAUBLIN, Zur paganen Prägung der christlichen Ex.egese, in: J. VAN OoRT I U. WtCKERT (Hgg.), Christliche Ex.egese zwischen Nicaea und Chalcedon. Kampen 1992, bes. 160-168 u. 170-172.
Senno 1 2 9 1
aus,l7I H ieT kann die Predigt ihre Mündlichkeit nicht verleugnen. Man darf vielleicht annehmen, daß Augustin erst während des Vortrags darauf gekommen ist, daß sich dieser Aspekt im Zusanunenhang mit der Kritik an der inkonsequenten manichäischen Theologie verwerten läßt, und deshalb ein kleines apologetisches Lehrstück eingeschoben hat.
Wenn wir am Ende der langen Argumentatio die Jungfrauengeburt des Gottmenschen und die vom ihm gewirkte Erlösung des Fleisches verteidigt finden, scheint auch dies der oben angedeuteten Taktik zu entsprechen. Denn die manichäischen Vorbehalte gegen den uterus virginis und die caro Christi bieten, da sie sich mit leicht faßlichen Argumenten widerlegen lassen, für den Prediger eine besonders geeignete Angriffsfläche, zumal er damit rechnen darf, daß sich die Gemeinde von seiner Apologie dieser unentbehrlichen Inhalte des christlichen Symbolums auch geflihlsmäßig stark ansprechen läßt.
Die Perora/;o
Am Ende der Predigt entschuldigt Augustin zunächst die Ausflihrlichkeit der vorangegangenen Erörterung, wobei er wie schon im Exordium auf seine seelsorgerische Motivation hinweist, um sich das Wohlwollen der Hörer zu sichern (Z. 253f.). Die folgende Erinnerung an die ursprünglich vorgestellte Quaestio und ihre gelungene Widerlegung verbindet er - ganz im Sinne der Aufgaben, die nach rhetorischer Theorie in der Peroratio zu erfUllen sind - mit einer Indignatiol12 (Z. 254-259):
quod autem attElle/ ad propositam quaes/ionem (T), quamquam illa scrip/ura (S), de qua insidiari quam iIluminari maluerant (crS\ deum a diabolo visum esse non proben/ (H),
videant tarnen ipsi (S2), quomodo gens tenebrarum (crO) divillam subs/anliam (ern) videre poluerit (H'l. quando ame pugnam (T), qua bonum et ma/um (H) dicunI esse commix/um (0), nullum adhuc corpus (0) divina substantia (C), ul ab hoste suo videri possei (trS), f assumpseral (C).
Zwar ist bereits das Wortspiel insidiari quam iIluminari (mit Alliteration und Reim) geeignet, das Publikum nochmals gegen die Schriftkritik der Manichäer aufzubringen, mehr als jedes der voraufgegangenen Argumente sorgt aber die ironische Pennissio des Predigers für gesteigerte Entrüstung.
171 V gl. Z. 206fT. et si alterius esse substantiae filium dicerent, posset eis responderi: .. unde igitur scitis, utrum cum patre an cum fi/io locutum esse diabofum Yetus Wa scriptura commemorat?" deinde quaerimus: .. sofern islum videt diabolus an non videt? ( ... ). "
172 Zur duplex ratio perorationis vgl. Lausberg §§ 432-439.
92 Vier Themenpredigten
Denn wie verlogen und lächerlich muß erst der Versuch der Gegner erscheinen, dem AT eine Gottesschau des Teufels vorwerfen zu wollen, wenn ganz offensichtlich schon ihr eigener Mythos eine solche Vorstellung voraussetzt, ohne daß sie daran irgend einen Anstoß nähmen?
So kann Augustin folgerichtig mit einem rhythmisch und rhetorisch einprägsam fonnulierten Bild schließen, das an die stärksten Argumente seiner Predigt denken läßt und die Hörer meisterhaft gegen eine weitere manichäisehe Mission wappnet:
ex qua cognoscanl (S) [ruslra se calholicae fidei (01 .3) firmamenla (S) velle subverlere (C), cum suas [abulas ruinosas (trO) qualibuscumque (0) responsionum deslinis (C,)[ulcire non possinl (0).
2. SERMO 266
a) Einführung
Nach Zählung und Einteilung der Mauriner gehört s. 266 (pL 38, 1225-1 229) zu denjenigen Predigten, die Augustin zu den Festzeiten des Kirchenjahres gehalten hat (classis de tempore). Innerhalb dieser Gruppe läßt er sich zusammen mit den ss. 267-272 dem Pfingstfest zuordnen"', speziell der Feier der Pfingstvigil, die Augustin hier zum Anlaß nimmt, die donatistische Auslegung von Ps 140, 5 zu widerlegen.174
Eventuell ist s. 266 die erste von zwei Predigten, die heide im Verlauf derselben Vigil vorgetragen wurden. Für eine solche Möglichkeit spricht zunächst, daß der Wortgottesdienst nach s. 266 vielleicht noch nicht abgeschlossen war. Dies nämlich könnte die Fassung der Predigt belegen, die das Augustinhomiliar der Mainzer Kartäuser (Mainz, Stadtbibliothek I 9 = M) enthält"', in dem Franyois Dolbeau 1990 die Entdeckung von 26 noch nicht oder nur zum Teil edierten Sennones Augustins gemacht hat. Nach der Überlieferung von M 20, die, wie Dolbeau zeigen konnte, im Vergleich zu der Pariser Editio princeps aus dem Jahr 1586 (s. 266 = coll. carth. 5)176,
m Vgl. DROßNER, Überlieferung, 4f. 17. In vigiliis Penlecosles. De versI' Psalm; CXL, 5. Emendabit me illstus. eie. Contra Do·
nalistas • so die Überschrift der Mauriner unter Berufung auf das Indiculum des Possidi. us, vg!. PL 46, 1 8 und in Wilmarts Ausgabe cap. X', Nr. 107 (p. 200) Ilem de die penteeosten. de versu psalmi eenlensimi quadragensimi: emendabit me iustus in misericordia (per vigilias) (Den Zusatz per vigilias bietet einzig der Hauptzeuge, Codex Veronensis, saee. VI.). Der Pfingstvigil werden außerdem s. 29 (vgl. Possid. indie. p. 200, Nr. 108 Ilem de eoliem die, de versll psalmi eenlensimi septim i decimi: eonfitemini domino quoniam bonus est) sowie 29A ("" Denis 9), 29B (:: Dolbeau 8) zugeordnet. Einen textimmanenten Hinweis auf diese Festzeit liefen s. 266 in Z. 10r. eerte enim solemnitatem modo eelebramus advelltllS spiritus saneti. nam die penteeostes, gui dies iam eoeoit, erant uno in loeo eentllm viginli animae ( ... ); denn die nächtliche Vigilien feier galt schon als der Beginn des Festtages, \lgl. Augustins BegrOndung im Rahmen der Feier der Ostervigil s. 221, 4 (SC 1 16, 21 8) [Bei Schöpfungsbeginn reichte der Tag von einem Sonnenaufgang bis zum nächsten] sed postea quam creatus homo a luce justjtiae in peccaU lenebras declinavit a quibus eum Christi gratia fiberavil, faclum est. ul nunc dies a noelihus ccmpulemus, quia non a luce ad tenebras sed a tenebris ad lucem venire conamur et domino adiuvanle speramus.
175 Zur Beschreibung der aus der 2. Hälfte des 15. Jh. stammenden Hs I 9 (s. 266 = f. 81"'-1S3'� vgl. G. LIST ' G. POWITZ, Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz. Bd. I. Hs 1 1 - Hs 1 150. Wiesbaden 1990, 3 1 -37.
'" D . . Aurehi Augustini Hipponensis episcopi operum tomus X continentes sermones ad
populum el c1erum Parisiis 1586, 755-775: Homiliae undecim, nune primum in lucem editae. Hae e Bibliotheca Carthusianae maioris desumptae sunt. Den Maurinem lag die-
94 Vier Themenpredigten
von der die Mauriner abhängig sind, an einigen Stellen den besseren Text bietet, endet der Serrno vor dem Schlußgebet (conversi ad dominum) mit der Aufforderung: ergo deinceps leetiones atlen/ius audiamus. Demnach müßte also der Prediger bereits zwischen den Lesungen das Wort ergriffen haben '77 Berücksichtigt man außerdem, daß im Rahmen der Pfingstvigil wohl üblicherweise nach Ps 140 noch Ps 1 1 7 gesungen wurde''', könnte die Verbindung, die im Indiculurn des Possidius zwischen den Sennones X6 107-108 hergestellt wird, daraufhindeuten, daß Augustin nach s. 266 später noch eine Homilie zum zweiten Psalm vorgetragen hat. Dolbeau will diese nicht mehr mit s. 29 oder 29A, sondern mit M 21 (= s. Dolbeau 8) identifiziert wissen.l79 Einen argumentativen Zusammenhang mit s. 266 läßt freilich keine dieser Predigten erkennen. und auch die Behandlung von Ps 140, 5 gibt keinen Hinweis auf eine beabsichtigte Fortsetzung des Themas.
Die Auseinandersetzung mit den Donatisten, welche nach den Erfahrungen mit den Traditores Heiliger Schriften zur Zeit diokletianischer Verfolgung die Gültigkeit der Sakramente an die persönliche Heiligkeit des Spenders binden wollten und sich in Nordafrika als von Todsündern freie und deshalb wahre Kirche Christi der Catholica entgegensetzten, beschäftigt Augustin drei Jahrzehnte von seinem ersten Wirken als Presbyter bis hin zur Reaktion auf die Briefe des Donatistenbischofs Gaudentius von Thamugadi (420). Da während dieser Zeit kein Jahr ohne eine antidonatistische Schri ft oder Predigt vergeht'80 und s. 266 eindeutige Bezüge auf historische Ereignisse nicht zu bieten hat. ist eine genaue Datierung schwierig.
se Ausgabe als Nachdruck aus dem Jahr 16 14 vor, vgl. F. DOl.BEAu, Le sennonnairc augustiniene de Mayence (Mainz, Stadtbibliothek I 9): analyse el histoire: RBen 106 (1996), 1 1 . Anm. 27.
m Vgl. ebd., 23. DOL.BEAU hat an dieser Stelle lediglich die größeren Zusätze und Varianten publiziert, die M gegenüber PL 38, 1225-1229 zu bieten hat. Der unten abgedruckte
lateinische Text velluerkt, wo er M folgt, und verzeichnet abgesehen von orthographischen Quisquilien auch die Ubrigen Abweichungen der Handschrift vom Text der Mau-
• nner.
171 Vgl. s. 29, 3 (CCL 41, 374) [so 29 konunentiert ebenso wie die ss. 29A und 29B Ps 1 17, 1 conjitemini domino quoniam bonus est] sed quod vt'nlm esl, est etiam salubris confessio peccalorum. unde audivimus in Psalmo qui prima Jecrus est: pone domine custodiam ori meo el ostium continentiae circum labia mea, ut non declines cor meum in verba maligna ad excusandum excusationes in peccatis [Ps 140, 3f.].
179 Vgl. DoLBEAU, a.a.O., 23f. sowie ders., Augustin d'Hippone, Vingt-six sermons au
peuple d'Afrique. Retrouves a Mayence. Paris 1996 (EAug. Serie Antiquite 147), 1 72f., zustinunend auch HOMBERT, Nouvelles recherches, 301. 180 Vgl. W. H. C. FREND, The Donatist Church. A Movement of Protest in Roman North Africa. Oxford 1952, 228.
Sermo 266 95
In der 406-407 entstandenen Abhandlung Ad Cresconium Grammaticum partis Danatil81 erklärt der Bischof im Hinblick auf das Psalmwort oleum peccatoris non impinguel capul meum, welches die Donatisten gerne als Schriftbeleg daflir anflihrten, daß nur der im Geistbesitz befindliche, makellose Priester taufen dürfe: opponis mihi verba scripturarum tOliens demonstrata quam vos nihil adiuvent (Cresc. 2, 28 (CSEL 52, 387)). Vielleicht darf man daran denken, auch s. 266 zu diesen früheren Widerlegungen zu rechnen, welche sich eindeutig in Augustins antidonatistischen Schriften'" Contra litteras Petiliani (400-405) und Contra epistulam Parmeniani (403-404) findenllll, mithin schon einer Phase angehören. in der er bereit ist, zum Heil der Häretiker auch Maßnahmen staatlicher Disziplinierung zuzulassen?!'" Jedenfalls ist es bemerkenswert, daß Augustin sich seiner allegorischen Auslegung von Ps 140, 5, mit der er s. 266 beschließt oleum peccatoris non impinguet capul meum verhält sich zu emendabit me ius/us in misericordia el arguet me ebenso wie cavebo blandimentum adu-
111 Die Chronologie der frühen antidonalistischen Schriften Augustins hier nach HOMBERT, Nouvelles recherehes, 8ff. 111 Vor ihm in bezug auf Ps 140, 5 gegenUber dem Donatistenbisehof Parmenian v. Karthago schon Optatus von Mileve, vgl. Opiat. 4, 7 (CSEL 26, I 12-1 14).
III Vg!. c. litt. Pet. 2, 150. 236. 237; 3, 38. 40 (eSEL 52, 98f. 1 50f. 193f.), c. ep. Parm. 2, 20. 22; 3, 4 (CSEL S I , 66. 7 1 . 104). HOMBERT, a.a.O., 293, stellt fest, daß sich die anlidonatistische VelWendung von Ps 140, 5 bei Augustin zum ersten Mal im Jahr 401, im zweiten Buch von Contra lirteras Petiliani, finde. Zur früheren Verwendung des Psalmwortes (als Zitat oder Anspielung) in ep. 27, 6; 28, 6, div. qu. 59, 3 (394-395), en. Ps. 69, 5. 6 (395-405) und ep. 33, 3 (396) bemerkt er (ebd., 292): "Les premiers emplois du Ps 140, 5 relevent d'une interpretation morale assez simple, basee sur une expression populaire el le symbolisme de J'huile ( . . . ). L'huile du peeheur n'est aulre que la flatterie, et iI n'est pas question de I'onction sacramentelle." Freilich wird die IXutung des oleum peccaloris als adulafio gerade deshalb leicht nachvollziehbar gewesen sein, weil sie als katholisches Verständnis aus der langen Kontroverse mit den Donatisten um das Psalm· wort hinlänglich bekannt war, vgl. G. N. KNAUER, Psalmenzitate in Augustins Konfessionen. Göttingen 1955, 170f.
lU Vgl. FREND, Donatist Church, 241 mit Hinweis 8ufc. ep. Pann. I , 1 6 (CSEL S I . 37) iIIud quaero, cum manifesfa enumerel aposlolus opera carnis - quae sunt, inquit. fomicationes, iummundiliae, luxuria. idolorum servitus. veneficia. inimicitiae, contentiones. aemulationes, animositates, dissens;ones, haereses, invidiae, ebrietates, comisationes, et his similia - , quid iSfis [sc. Donatislis] videatur, ut crimen idolatriae pute,,, iusle ab ;mperatoribus vindicari, out si nec hoc va/unI, cur in veneficos vigorem legum exerceri [SO ist wohl mit den Codices EFGHI und der Editio Maurina zu lesen, während das von PETSCHEN1G aufgenommene exer; hier den EindruCK einer Haplographie macht] iustefaleanlur, in haereticos autem afque impias dissensiones nolint faleri, cum in eisdem in;· quitalis fruclibus auctor;late apostoUca numerentur? oder c. litt. Pet. 2, 189 (eSEL 52, 1 1 7) quisquis igitur in ecclesia non invenitur, iam non interrogetur, sed aut correctus convertafur, aut correptus non conqueratur.
96 Vier Themenpredigten
la/orfs zu amabo veridicum obiurgatorem - gleichfalls bedient, wenn er in jenen Jahren eine Bestrafung (correplio) der Donatisten begründet, die dann durch das Edikt des Honorius vom 12. Febr. 405 Gesetz wurde.'" So antwortet er beispielsweise in c. litt. Pet. 2, 150 (eSEL 52, 98) auf Petilians Behauptung, die Katholiken könnten nicht das beat; misericordes aus Mt 5, 7 flir sich in Anspruch nehmen, solange sie die Gerechten bestraften: nec vos jus/os probatis lIee nos paenas ingerere vel iniustis, et tarnen, sicut est plerumque crudelis fallax adulatio, sie semper misericors iusta correptio. lIam tnde esl illud quod non inlellegitis: emendabit me iustus in misericordia et arguet me. hoc enim curn de asperilale misericordis correptionis dixissel, continuo subiunxil de lenitate perniciosae adulationis et ait: oleum autern peccator is non impinguabir caput meum
Bevor der Bischof jedoch in s. 266 den flir ihn einsichtigeren Sinn des Psalmverses darlegen kann, muß er zunächst aufzeigen, daß die donatistisehe Interpretation fehlgeht. Zu diesem Zweck bietet die Predigt keine schlichte, allein die gewählte sententia im einzelnen ausdeutende Erklärung, sondern eine klar gegliederte, rhetorisch gestaltete TIlemenbehandlung, die freilich, um die göttliche Urheberschaft der GeistmitteiJung und damit auch die dem Menschen entzogene Wirkung bapti smaler Salbung beweisen zu können, immer wieder auf Zeugnisse der Schrift Bezug nimmt und insofern homiletisch bleib!. Nicht anders als s. 12 läßt die bewußte Disposition eine Fonn des in rhetorischer Theorie sog. ordo naturalis (= prooemium, narratio, argumelllatio, peroratio) erkennen, wobei Augustin seinen Vortrag auch hier so zu ordnen versteht, daß in der Argumentation einem sehr überzeugenden Teil zunächst ein schwächerer folgt, der noch Einwände zuzulassen scheint, am Ende aber der gewichtigste steht, der die donatistische Position ad absurdum fUhrt. Denn wie der Spiritus Sanctus zweifellos zum ersten Mal ohne menschliche Vermittlung am
IU Vgl. FREND, Donalisl Church, 263. Mit Rücksicht auf eine möglichc chronologischc Anordnung der Predigten Nr. 101- 13 1 in Possid. indic. p. 200-202 schließt C. LAMBOT, Un .. ieiunium quinquagesimae" en Afrique au IVe siecle et date de quelques sermons de S. Augustin: RBen 47 (1935), 11 8f., daß Augustin s. 266 am 23. Mai 397 in Karthago gehalten hat, KUNZELMANN, Festlegung, 25, auf den 28. Mai 410, da s. 266, ] graliam non noverat (mit M 20 ist hier wohl agnoverat zu lesen s.u.]. nam si gratiam agnosceret,
gratis haberet die antipclagianische Lehre von der gratia gratis data voraussetze. Die Verbindung von gratis und gratia findet sich aber schon in Rm 3, 24: iustiflcati gratis per gratiam ipsius per redemptionem, quae eSl in Christo lesu. HOMBERT, Nouvelles rccherchcs, 289-299, denkt wegen der Parallelen, die cr bei Augustin zu Ps 140 .. 5, Handauflegung und Geistvennittlung, der Petrusvision in Joppe, der Person des Cornelius, der Frage der Philippusidentiät sowie der Verwendung von 10 3, 1 8 findet, an den, Zeitraum der Jahrc 403-408. Zu weiteren Datierungsvorschlägen vgl. VERBRAKEN, Etwdes critiques, 123.
Senno 266 97
Pfingsttag zur Gruppe der Hundertzwanzig gekommen ist, so empfangen ihn nach dem Bericht der Schrift Comelius und die anderen in seinem Haus versammelten Heiden offensichtlich, noch während Petrus predigt, ohne vorherige Taufe oder Handauflegung. Gegenüber der Eindeutigkeit dieser Exempla gibt das Geschehen im Zusammenhang mit der Taufe des Eunuchen der Kandake einem mutwilligen Häretiker immerhin noch die Möglichkeit, an der Identität des Philippus oder dem tatsächlichen Fehlen der Handauflegung zu zweifeln. Diese Anordnung der Redeteile gemäß ihrer Überzeugungskraft betrifft aber nicht nur die Argumentatio, sondern auch die Peroratio, die der Prediger darauf anlegt, stärker als zuvor Emotionen gegen den donatistischen Anspruch auf Geistbesitz zu erregen sowie mit der abschließenden eigenen Interpretation von Ps 140, 5 einen bleibenden Eindruck bei den Hörern zu hinterlassen.
Gleichwohl stellt s. 266 ein deutliches Beispiel einer frei gehaltenen Predigt dar, in der, wie die spätere Analyse zeigen wird, Augustin bemüht ist, Kontakt zum Publikum zu halten, was mitunter zu auffalligen Redundanzen im Vortrag fUhrt.
Beyen,ehe St",,', bibliothek
Münchln
98 Vier Themenpredigten
b) Text und Übersetzung
s. 266 (nach CAG (= PL 38, 1225-1229) und M 20)
[1] inter aha divina eloquia, quae eurn psalmus· cantaretu� audivimus, placet adiuvante domino istam potissimum discutere Cl peillactare3 sententiam, qua dictum est, «cmendabit4 me iustus in misericordia et arguet me; oleum autem peccatoris non impinguet caput meutTm. nonnulli enim credi-
5 deruot oleum peccatoris oleum esse hominis, quia «omnis homo mendax». oleum autem Christi, quiaS nullum habuit omnino peccatum, etsi per peccatorem ministretur, non est oleum peccatoris. curn tres6 considerandi animo oCCUITant, a quo datur, I.:lJi datur, per quem datur, non timeamus oleum peccatoris, quia non intercipit medius minister beneficium largitoris.
10 [2] certe7 enim solemnitatemB modo celebramus adventus9 spiritus sancti. "am die pentecostes, qui dies iam10 coepit, erant uno in loco centum viginti animae, in quibus apostoli et mater domini et alii utriusque sexus orantes cl exspectantes promissum Christi, hoc est adventum spiritus sancti. non erat inanis spes exspectantis, quia non erat fallax pollicitatio promittentis. quod
I S exspectabatur advenit cl vasa munda, a quibus susciperetur, mvenit. «visae sunt illis linguae divisae velut ignis, qui et insedit11 super unumquemquc eOTUm; cl coepcrunt loqui Iinguis si cut spiritus dabat eis pronuntiarc)). unusquisque homo linguis omnibus loquebatur, quia futura ecclesia in omnibus linguis praenuntiabatur. unus homo signum erat unitatis: omnes !in-
20 guae in uno homine, ornnes gentes in unitate. qui pleni erant loquebantur, el qui inanes erant mirabantur Cl, quod est reprehensibilius, mirabantur et calumniabantur. dicebant enim: «hi ebrii sunt el musto plenü). quam stulta cl calumniosa reprehensio! homo ebrius non alienam linguam discit, sed suam perdil. verumtamen per ignorantes el calumniantes12 veritas loqueba-
25 tur. iam quippe illi pleni erant vino novo, quia facti erant utres novi. sed
1 psalmus Maurini: psalmis M 1 cantarclur Maurini: canlarc M
J pertraclare Maurini: lraclarc M
4 cmendabit Maurini: cmendavit M passim j quia Maurini: qui M 6 tres considerandi animo occumnl Maurini: enim Ires considerentur in animo el occurral M
1 ccrtc Maurini: ccrtum M • solemnilalcm Maurini: solcmniler M 9 advcntus Maurini: advcntum M 10 modo praem. M 1 1 insedit Maurini: sedit M 12 ignorantes cl calumnianles Maurini: commlltantur in M
Sermo 266 99
utres novos utres veteres mirabantur cl calumniando nec innovabantur nec implebantur. sed repressa tandem calumnia. mox ubi sermocinantibus rationemque reddentibus et Christi gratiam13 praedicantibus aures apostolis praebuerunt, audiendo compuncti sunt, compunctione mutati sunt, mutati
30 crediderunt, credentes hoc quod in aliis mirabantur accipere meruerunt. [3] deinde coepit spiritus sanctus dari per ministerium apostolorum. illi
manus imponebant, ct ille veniebat. sed hoc non erat hominum. non sibi arrogetl4 minister plus quam quod ut minister. alius est donator, alius ministrator. hoc quippe testatus est spiritus. oe homines sibi arrogarent quod
35 dei erat's. hinc enim voluit Simon inflari, qui existimans hoc hominibus esse tribuendum pecuniam promisit apostolis, ut et ad ipsius manus imposi-. . . . .
16 · . tlOnem vemret SPlTltus sanctus. grattam non agnoverat . nam SI grattam agnosceret, gratis haberet. ideo quia voluit emere spiritum, non meruit redimi abs spiritu. quid es, homo, quod te inflare vis? suffieiat17 tibi ut
40 implearis, non ut infleris. qui impletur dives est, qui inflatur inanis est. «sed per homines» , inquiunt, «dabatur.» numquid ideo erat hominum quod dabatur? «sed non poterat dari», inquiunt, <misi per homines sanetos.» numquid in ipsos per homines venerat? apostoli manus imponebant, et spiritus sanctus veniebat. quando ad ipsos venit, ipsis quis manus imposuit?
45 [4] accipite et tenete divina exempla: sedl8 eloquia dei sunt, scripturae auctoritas, fides verborum, veritas exemplorum. totum legimus, totum credamus! per manus impositionem apostolorum datus est multis spiritus sanctus. scd per quos dabatur acceperant. quando acceperant? quando in uno conclavi centum viginti homines erant. unusquisque eorum orabat, nullus
50 manum imponebat; orantibus supervenit, orantes implevit, impletos ministros fecit et per ipsos suum dedit. adhuc audite! Philippus evangelista, qui praedicavit evangelium in Samaria, unus erat de septem diaconibus. nam inl9 ministerii neeessitate duodecim apostolis septem diaeones additi erant; ex quibus erat unus, ut dixi, Philippus, qui propter promptum
55 praedicationis eloquium evangelista proprie meruit appel1ari, quamvis omnes hoc agcrent; iste, ut dixi, in Samaria evangelium praedicavit: crediderunt multi in Samaria, credentes baptizati sunt. ut autem manus20
II gratiam M: gratia Maurini I( arroget minister plus quam quod ut minister Maurini: minister plus quam quod minister
arroget M a erat Maurini: eSI M " t M M " " agnovera : noverat aurznl " m " M m " M " " su IClat : su lei! Qurznl 11 sed Maurini: sunt M 19 0m. M
100 Vier Themenpredigten
in Samaria, credentes baptizati sunt. ut autem manus20 imponeret Philippus et eis manus imponendo impetraret spiritum sanctum, plus erat a diaconii ministerio. proinde consequens erat, ut fides Samariae apostolis nuntiaretur.
60 nuntiata est: venerunt, baptizatis manus imposuerunt, benedictione sua super illos spiritum invitaverunt. venit ad manus impositionem apostolorum spiritus sanctus super iBos, sed voluntarius, non coactus. tune Siman ille admiratus tantam gratiam apostolorum pecuniam daTe voluit. quasi ilIud quod invocabatur venale proponeretur. sed repulsus est ct tanta gratia in-
65 dignus inventus est. acceperunt ergo illi spiritum sanctum per manus apostolorum. tune ergo quia Siman ille hominum esse putaverat donum dei, ne apud infirmos haec suspicio finnaretur, postea eunuchus quidam Candacae reginae veniebat de lerusalem, quo ierat, ut oraret, et sedens in curru legebat Isaiam prophetam. tune spiritus sanctus ait Philippo ut accederet ad
70 currum. ille quiZI in Samaria praedicaverat, qui in Sarnaria baptizaverat et nemini manum irnposuerat et apostolis nuntiaverat, ut per illorum adventurn et manus impositionem ab eo baptizati spiritum sanctum accipere mererentur, aceedit ad eurrum, intelTogat eunuehurn utrum intelligeret quod legebat. respondet ille posse se intelligere, si habeat expositorem. rogat
75 Philippum ut eurrum aseenderet; aseendit. sedit eum illo, invenit eum legentem in Jsaia propheta quod de Christo fuerat praenuntiatum, «sieut ovis ad immolandum ductus eSb), et eetera. quae sunt eiusdem eircumstantiaZ2 lectionis. tune interrogans utrum de23 se ipso propheta dieeret an de aHo aperta24 ianua oeeasionis evangelizavit Christum ianuam salutis. «cum haee
80 in itinere aguntur2S• ventum est ad aquam. et ait eunuchus Philippo: <ecce aqua, quis me prohibet baptizari?> ait Philippus: <si credis, fieri potest>. el ille: <credo filium dei esse lesum>. deseenderunt in aquam, baptizavit eum Philippus. posteaquam ascenderunt ab aqua, venit super eunuchum spiritus sanctus.» ecce Philippus ibi erat, qui in Samaria baptizaverat et ad eos bap-
85 tizatos apostolos duxerat; baptizavit nec manus26 imposuit. sed ut ostenderet spiritus non verum suspicatum27 esse Si monem, quod hominum28 do-
20 manus imponerci ... Simon iIIc admiralUS M: audicrunl aposloli, miserunt ad cos Petrum el
loannem, ul baplizatis manus imponcrent, CI eis maliUS imponcndo, impetrarcnt spiritum
sanClum invocanles. Simon admiratus Mourini 21 " S ' . -" .� qUI In amana pra .. -ulcaverat om. lYIaurini n circumstantia Maurini: circumfercntia M 21 dc sc ipso propheta Mallrini: prophela de se ipso M 2� apena ianua occasionis M: apena occasionis ianua Maurini " t M . . M agun ur Ollr"lI: agercntur " '1 · .
M manus ,. oUr/m: manum
27 suspicatum essc Simoncm Mallrini; esse Simoncm suspicatum M
Senno 266 101
oum esset spiritus dei, in hominem venit liberaliter ct Iiberum feeit. venit ut deus et implevit, venie9 ut dominus eeo redemit.
[5] forte aliquis dicat de contentiosis, quia Philippus non erat diaconus, 90 qui baptizaverat in Samaria, sed apostolus erat, quia eel inter apostatos
Philippus nominatur. legane2 texturn lectionis ct videant eundem Philippum nominari, quill proprie evangelista appellatus est unus de diaconibus septerno sed suspicentur quod volunt! eito salvo quaestionern. apostolus fuerit anJ4 diaconus, quod leche tacuit, sitlS hoc incertum. mud tarnen scriptum
95 est, quia mox ut ascenderet de aqua, venit spiritus sanctus super spadonem. nemo ibi commemorat manus impositionem. forte ct hoc parum est. dicit enim ille16: «aliquis prorsus imposuit illi manumJ7, sed hoc tacuit scriptura.»
[6) ergo quid dicis, quisquis38 hoc dicis? «hoc)), inquit, «dico, quia in pri-\00 mos iIlos centum viginti revera, quia tunc primum veniebat spiritus sanctus,
sine impositione manus advenit; ex illo autem iam in neminem venit, nisi CUi39 fuisset manus imposita.) oblitus es Comelium centurionem: lege diligenter, intellige prudenter, disce40 patienter. Comelius centurio, sicut in eodem libro actuum apostolorum legitur, ubi etiam adventus spiritus sancti
105 praedicatur - ad centurionem Comelium angelus missus est, nuntiavit il1i acceptas eleemosynas eius, exauditas"l orationes. proinde eum debere mittere ad Petrum, qui habitaret in lappe in domo Simonis coriarii, eumque accersendum et"2 quod praeciperet faciendum. tunc autem magna quaestio inter ludaeos et gentes versabatur, id est, interO eos qui de ludaeis, et eos
1 1 0 qui de gentibus crediderant, utrum evangelium ministrandum esset incir-
U hominum donum esset spiritus dei in hominem venil Maurini (cf supra 54 el s. 99, 1 1 (PL 38, 60 I »): esset spiritus dei in hominum potestale vcnit M
29 venil ut M: UI venit Maurini '" t M . . M e aurlnl: UI II Qm. M ll lcgant ... nominari M: om. Maurini 1l qui M: el qui Mourini � an diaconus Mourini: om. M )} sit Maurini: si M 360m. M 31 �L " M manum mOUrl/lI: manus 31 quisquis hoc dicis M (c::(. s. 145. 3 (PL 38, 792), s. Morin 17, 2 (MA I , 659»: om Mourini " M . . om. aUr/nI � disce patienter M: om. Maurini. qui pOSI diligenler add. el 41 ct praem. M 41 cl ... faciendum M: om. Maurini 4) om. M
102 Vier Themenpredigten
cumcisis. erat inde44 magna cunctatio. eurn mittit Comelius, interim admonetur Petrus: agitur negotium regni caelorum, el hic el ibi, ab iIlo qui ubique est. cum4S enim haec apud Comelium aguntur, interim el Petrus in loppe esurivit, ascendit orare. eum ci refectio pararetur, orantis mens alie-
1 1 5 nata est, sed ab infimis ad supema; non ut deviaret, sed ut videret. venit illi discus de caelo submissus46, quasi esurienti caeleste ferculum. erat autem discus iste quatuor Iineis al1igatus habens ornnia animalium47 genera, munda et immunda. et voce superna pulsatus est48 esuriens: «Petre, surge; macta et manduca!» attendit ille, vidit in disco immunda animalia, quae non sole-
120 bat49 tangere, el responditSO vaci: «absit a me, domine! nunquam commune et immundum intravitS' in os meum.n et vox ad illum: «quae deus mundavit, tu immunda ne dixeris\) non Petro carnalis cibus offerebatur, sed mundatus Cornelius nuntiabatur. hocS2 autem factum est ter, et recepturn est vas in caelum. evidensS3 mysterium: discus est orbis terrarum; quatuor li-
125 neae discum continentes, quatuor orbis cardiness", quos scriptura comrnemorat dicens: «ab oriente et occidente etSS ab aquilone et marü); animalia, omnes gentes; ter submissus discus, commendatio trinitatis; Petrus, ecclesia; esuriens Petrus, ecclesia desiderans fidem gentium; vox caelestis, sancturn evangelium; «mac la el manduca», occide quod sunt, fac quod es. Petro
130 disceptanteS6 de visu subito nuntiatum est, quod quidam militesH missi a Cornelio vellent eum videre. et spiritus sanctus Petro: Hvade cum eis; ego eos misi». pergit Petrus iam de visione non cunctabundus, sed certus; el sicur' legitur, nuntiatur Cornelio, occurrit humiliter, prostemitur humilite�9, levatur humilius. pervenitur domum, inveniuntur multi alii congregati .
.... inde Maurini: ibidem M 4$ curn enim haec apud Comeliurn agunlur Maurini: turn haec aguntur apud Comelium M � submissus Maurini: missus M H animalium genera M (cf c. Faust. 12, 15 (CSEl 25, 1 , 345), trin. 4, 2 1 (CCl 50, 1 88), ep.
102, 4 (CSEl 34, 2, 547) el saep.): genera animalium Maurini .. pulsatus est Maurini: pulsalur M 49 solebai Maurini: soleI M so respondil Maurini: respondeI M SI intravit Maurini: intrabil M S2 hoc autem factum est ter Maurini: hoc factum est per ler M 51 evidens Maurini: cl vide M s.t cardines Maurini: ordincs M '$ om. M 56 disceptante de visu M (cf Gen. litt. 12, 1 1 (CSEl 28, I , 394)): discrepanle de iussu Mau-
rini " quidam milites Maurini: commulantur in M 'I sicut Maurini: sicuti M 59 humililcr levatur humilius Mauri"j: humilius levatur humilissime M
Senno 266 103
135 narratur Petro. quae causa fuerit mittendi ad eum, cl gratiae aguntur, quod venerit Petrus. ergo aperto ore SUD evangelizare coepit gentibus incircumeisis. unde illa magna quaestio versabatur. gratiam domini Iesu Christi. erant quidam eum Petro, qui ex ludaeis crediderant, qui possent moveri, si baptizarentur incircumcisi. ibi plane Petrus ait: <<vos seitis, fratres, quem-
\40 admodum abominandum sit Iudaeo accedere vel coniungi gentili60; sed mihi deus ostendit neminem communem aut imrnundum hominem dicerc», quando61 ostendit? ubi ostendit? eum ille esuriens respexit ad discum.
[7] ubi sunt qui dicebant - propterea enim latum narravi, propter quod vo-10 dicere: ubi sunt qui dicebant per62 hominis potestatem dari spiritum sanc-
145 turn? evangelizante Pctro Cornelius cl onmes qui curn illo erant gens63, hoc est gentiles, crediderunt; et subito, antequam baptizarentur, impleti sunt spiritu sancto. quid hic respondet humana praesumptio? non solum ante impositas rnanus, sed ante ipsum baptismum venit spiritus sanctus; de potestale, non de necessitate. venit ante baptismi ablutionem, ut auferret contro-
150 versiam circurncisionis. posset enim a calumniantibus vel non intelligentibus dici Petro: <anale fecisti incircumcisis64 tradere baptismum.» numquid passet dici deo: «male fecisti dare spiritum sanctum.» ?
ecce impletum est, ecce demonstratum est quod dominus ait: «spiritus ubi vult inspirat». eeee impletum est, eeee monstratur6S quam verurn dominus
155 dixerit: «spiritus ubi vult inspirat» . et tarnen arrogantiae spiritum nondum haeretjeus superbus exspirat. adhue dieit: <aneurn est; noli ab iIlo aeeipere, sed a me.» respondes: «quaero66 quod dei est.» ilIe: «non legisti: (oleum autem peeeatoris non impinguet eaput meum>?» ergo oleum tuum est? si tuum est, nolo. si tuum est, malum est. si autem dei est, et per te rnalum
160 bonum est. caenum non inquinat solis radium, et tu inquinas dei oleum? Ideo autern malo tuo habes, quia quod bonum est malus habes; quod dei est malus67 aceepisti, quia separatus non collegisti, sed sparsisti. qui mandueat68 indigne, iudicium sibi manducat. qui mandueat indigne, non manducat indignum. buccellam Christus Iudae dedit el ille hanc ad iudicium aceepit.
165 nurnquid a male aecepit? nurnquid malum accepit? sed ideo reus est, quia a
60 gentili Maurini: gentibus M " d M U · ·
quan 0 ... eurn : om. tvlaunnl " .
M quasi praem. 6l gens Maurini: gentes M W incircurncisis ... fecisti M: om. Maurini
M monstratur Maurini: dernonslratur M 66 quaero Maurini: quaere M 67 malus Maurini: male M
61 manducat . . . indignurn M: manducanl indigne, iudieium si bi manducant cl bibunt ; quia rnanducant indignc, non manducant7 Maurini
104 Vier Themenpredigten
bonD bonum malus accepit. non est ergo oleum peccatoris oleum salutaris69. bene accipiatur el bonum est. etsi male accipiatur, bonum est. vae hominibus bonum male accipientibus!
[8] vide tarnen scripturae sensum, oe [orte aliquid admoneat, quod intelli-170 gentiae pateat meliori. «emendabit me», inquit, «iustus in misericordia» :
etsi caedit, amat; diligit obiurgator, decipit adulator. ille miseretur, ille circumvenit. dura est virga caedentis, molle est oleum blandientis. etenim amnes adulatores caput ungunt, non viscera sanant. ama obiurgatorem, cave adulatorem. si enim amas veridicum obiurgatorem ct caves fallacem
1 75 adulatorem, potes dicere quod cantatum est: «cmendabit me70 iustus in misericordia et arguet met oleum autem peccatoris)), hoc est blandimentum adulatOlis, «non impingutt caput meurtl». Pingue caput grande caput est, grande caput superbum caput est. mehus est cor sanum quam grande caput. sed cor san um facit virga obiurgantis; grande caput facit oleum peccatoris,
180 hoc est assentatio adulatoris. si caput71 grande fecisti, cave pondus capitis, ne in praecipitium perducaris! haec, quantum existimo, pro tempore de hac una Psalmi sententia sufficienter loeuti sumus domino adiuvante et eorda vestra in72 seereto aedifieante. ergo7) deinceps lectiones attentius audiamus!
64 salutaris Maurini: salutare M 10 0m. M
71 caput grande fccisti cave Maurini: grande capul facis time M 12 melius praem. M " e d· M M . . rgo ... au lamus : om. aUrlnl
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[1] Unter den anderen göttlichen Aussagen, die wir, als der Psalm gesungen wurde, gehört haben, will ich mit Hilfe des Herrn vornehmlich den Vers untersuchen und auslegen, in dem gesagt ist: Züchtigen wird mich der Gerechte aus Barmherzigkeit und mich zurechtweisen, das 6/ des Sünders aber soll mein Haupt nicht salben [Ps 140, 5]. Einige nämlich haben geglaubt, das Öl des Sünders sei das Öl des Menschen, weil jeder Mensch ein Lügner ist [Ps 1 1 5, 2]. Da das Öl Christi aber gar keine Sünde an sich hat, ist es, auch wenn es durch einen Sünder gespendet werden sollte, nicht das Öl des Sünders. Weil uns drei Personen einfallen, die wir zu bedenken haben, nämlich der Spender, der Empfanger und der Vermittler, wollen wir das Öl des Sünders nicht fürchten, kann doch ein vermittelnder Diener die Wohltat des Spenders nicht aufheben.
[2] In der Tat feiern wir ja jetzt das alljährliche Fest der Ankunft des Heiligen Geistes. Denn am Pfingsttag, der schon begonnen hat, befanden sich einhundertzwanzig Seelen an einem Ort, unter ihnen die Apostel, die Mutter des Herrn sowie andere beiderlei Geschlechts, betend und in Erwartung der verheißenen Gabe Christi, d.h. der Ankunft des Heiligen Geistes. Wer wartete, dessen Hoffnung blieb nicht unerflillt, da der, welcher die Verheißung gab, keinen Trug kannte. Was erwartet wurde, kam und fand reine GeHiße, von denen es aufgenommen werden konnte. Ihnen erschienen zerteilte Zungell wie VOll Feuer, und dies ließ sich auf jedem eillzeillen von ihnen nieder; und sie begannen, ill Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen auszusprechen eillgab [Act 2, 3-4]. Jeder einzelne Mensch redete in allen Sprachen, weil schon die Kirche angekündigt wurde, die künftig in allen Sprachen existieren sollte. Der einzelne Mensch war ein Zeichen der Einheit; denn alle Sprachen waren in einem Menschen versammelt, d.h. alle Völlker in Einheit. Die, die erftillt waren, redeten, und die, die leer waren, wunderten sich, und, was größeren Tadel verdient, sie spotteten in ungerechter Weise. Sie sagten nämlich: Sie sind betnmken und voll von süßem Wein [Act 2, 15 . 13]. Welch ein dummer und verleumderischer Vorwurfl Ein Betrunkener lernt keine fremde Sprache, sondern verliert die eigene. Indessen sprach die Wahrheit durch die Unwissenden und Spötter. Denn jene waren schon voll von neuern Wein, da sie neue Schläuche geworden waren. Doch über die neuen Schläuche mußten sich die alten wundem, und sie wurden wegen ihrer böswilligen Spöttelei weder erneuert noch erfiillt. Endlich aber unterdrückten sie ihren Spott und begannen, sobald sie den Aposteln, die predigten, Rechenschaft gaben und die Gnade Christi verkündigten, ihr Ohr geliehen hatten, durch das Hören Reue zu empfinden; durch die Reue fingen sie an, verwandelt zu werden; verwan-
106 Vier Themenpredigten
delt kamen sie zum Glauben, und indem sie glaubten, verdienten sie dasjenige zu empfangen, worüber sie sich bei den anderen wunderten.
[3] Darauf wurde der Heilige Geist durch den Dienst der Apostel vennittelt. Sie legten ihre Hände auf, und er kam. Doch war dies kein Menschenwerk: Der Diener soll nicht mehr ftir sich beanspruchen als das, was ihm als Diener zukommt. Der Spender ist eine Person, der auftragende Diener eine andere. Dies hat der Geist ja bezeugt, damit die Menschen nicht ungerechterweise das Eigentum Gottes in Anspruch nähmen. Dadurch wollte sich nämlich Simon aufblasen, der in der Überzeugung, daß dies den Menschen zugrechnet werden müsse, den Aposteln Geld geboten hat, damit der Heilige Geist auf seine Handauflegung hin komme. Er erkannte die Gnade nicht an. Denn wenn er die Gnade anerkannt hätte, hätte er sie unentgeltlich bekommen können. Deshalb, weil er den Geist kaufen wol1te, verdiente er es nicht, vom Geist erlöst zu werden. Wer bist du Mensch, daß du dich aufblasen willst? Es soll dir genügen, erfüllt, nicht aufgeblasen zu werden. Wer erfiillt wird, ist reich, wer aufgeblasen wird, leer. "Doch er wurde", sagen sie, "durch Menschen vermittelt." War er etwa deshalb im Besitz der Menschen, weil er vermittelt wurde? ,.Doch er konnte", sagen sie, "nur durch heilige Menschen vermittelt werden." War er denn in sie durch Men· sehen gekommen? Die Apostel legten ihre Hände auf, und der Heilige Geist kam. Als er zu ihnen gekommen ist, wer hat ihnen da die Hände aufgelegt?
[4] Vernehmt und behaltet die göttlichen Beispiele; handelt es sich doch um von Gott stammende Aussagen, Gewähr der Schrift, Glaubwtlrdigkeit der Worte, Wahrheit der Beispiele. Das Ganze können wir lesen, das Ganze wollen wir glauben. Durch Handauflegung der Apostel ist vielen der Heilige Geist vermittelt worden. Doch die Vermittler waren Empfänger. Wann hatten sie empfangen? Als hundertzwanzig Menschen in einem Raum wa· ren. Jeder einzelne von ihnen betete, keiner legte seine Hand auf. Die Betenden überkam er, die Betenden erfiillte er, erfuHt machte er sie zu seinen Dienern und spendete durch sie sein Eigentum. Hört noch weiter! Der Evangelist Philippus, der das Evangelium in Samarien verkündigt hat, war einer der sieben Diakone. Denn der Dienst der zwölf Apostel hatte die Notwendigkeit mit sich gebracht, ihnen Diakone zuzugesellen. Von diesen war einer, wie gesagt, Philippus, der es infolge seines zungenfertigen Pre· digtstils vorzugsweise verdiente, Evangelist genannt zu werden, obschon alle diese Tätigkeit versahen. Er verkündigte, wie gesagt, in Samarien das Evangelium; daher fanden in Samarien viele zum Glauben und ließen sich als Gläubige taufen. Daß Philippus aber die Hände aufgelegt und ihnen durch die Handauflegung den Heiligen Geist erwirkt hätte, wäre mehr als
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der Dienst des Diakonats gewesen. Es war daher folgerichtig, daß der Glaube Samariens den Aposteln gemeldet wurde. Er wurde gemeldet, und sie kamen, legten den Getauften die Hände auf und luden mit ihrem Segen, den sie ihnen erteilten, den Geist ein. Auf die Handauflegung der Apostel hin karn der Heilige Geist über sie, jedoch freiwillig, nicht gezwungen. Damals bewunderte jener berüchtigte Siman bei den Aposteln eine so große Gnade und wollte Geld geben, als ob das, was angerufen wurde, feilgeboten worden wäre. Aber man wies ilm ab und befand ihn einer so großen Gnade ftir unwürdig. Jene haben also den Heiligen Geist durch die Hände der Apostel empfangen. Weil infolgedessen damals jener berüchtigte Simon geglaubt hatte, Gottes Gabe gehöre den Menschen, kam, damit diese Vermutung bei den Glaubensschwachen nicht Fuß fasse, später ein gewisser Eunuch der Königin Kandake von Jerusalem herab, wohin er zum Gebet gefahren war, und las, während er auf seinem Wagen saß, den Propheten Jesaja. Da sagte der Heilige Geist dem Philippus, er solle an den Wagen herantreten. Derjenige, der in Samarien gepredigt hatte, der in Samarien getauft hatte und doch keinem seine Hand aufgelegt, sondern den Aposteln gemeldet hatte, daß die von ihm Getauften die Gnade erlangen sollten, durch ihre Ankunft und Handauflegung den Heiligen Geist zu empfangen, trat an den Wagen heran und fragte den Eunuchen, ob er verstehe, was er lese. Jener antwortete, er könne es verstehen, wenn er jemanden habe, der es ihm auslege. Er bat Philippus, den Wagen zu besteigen. Der stieg hinauf, setzte sich zu ihm und fand ihn im Propheten Jesaja das lesen, was über Christus vorhergesagt worden war: Wie ein Lamm wurde er zum Schlachten gefohrt [Is 53, 7] und das übrige, was zum Kontext ebendieser Stelle gehört. Nachdem der Eunuch gefragt hatte, ob der Prophet über sich selbst oder über einen anderen spreche, und damit die Tür zu einer Missionsgelegenheit aufgetan worden war, verkündigte er dann Christus, die Tür des Heils. Während dies unterwegs geschah, kam man zu einem Wasser, und der Eunuch sagte zu Philippus: Siehe, da ist Wasser! Wer hindert mich, getauft zu werden? Philippus antwortete: Wenn du glaubst, /ronn es geschehen. Und jener: Ich glaube, daß Jesus der Sohn Gottes ist. Sie stiegen in das Wasser hinab, und Philippus taufte ihn. Nachdem sie aus dem Wasser hinaufgestiegen waren, kam über den Eunuchen der Heilige Geist [Act 8, 36-39]. Siehe, dort war Philippus, der in Samarien getauft und zu den Getauften die Apostel gefUhrt hatte; er hat getauft, aber nicht seine Hände aufgelegt. Doch um zu zeigen, daß die Vermutung des Simon, der Geistes Gottes sei eine Gabe der Menschen, falsch war, ist der Geist in freier Weise auf den Menschen gekommen und hat ihn frei gemacht. Gekommen ist er als Gott und hat ihn erfUllt, gekommen ist er als Herr und hat ihn erlöst.
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(5) Vielleicht könnte irgendein Streitsüchtiger sagen, es habe sich bei Philippus nicht um den Diakon, der in Samanen getauft hatte, sondern um den Apostel gehandelt, da Philippus auch unter den Aposteln genannt wird. Sie sollen den Text der Stelle lesen und sehen, daß ebenderselbe Philippus genannt wird, der als einer der sieben Diakone vorzugsweise den Titel Evangelist bekommen hat. Laßt sie aber vennuten, was sie wollen! Ich kann das Problem schnell lösen. Ob es der Apostel oder der Diakon gewesen ist, was die Schriftstelle verschwiegen hat, das mag unsicher sein. Es steht jedoch geschrieben, daß der Heilige Geist über den Eunuchen gekommen ist, sobald er aus dem Wasser hinaufgestiegen war. Niemand erwähnt dort eine Handauflegung. Vielleicht genUgt auch das nicht; jener sagt nämlich: "Ihm hat durchaus jemand die H3nd aufgeleg:, aber die Schrift hat dies verschwiegen,"
(6) Was also sagst du, wer auch immer du das behauptest? "Ich gebe", antwortet er, .. dies zu, daß der Heilige Geist, weil er damals zum ersten Mal kam, zu jenen ersten Hundertzwanzig in der Tat ohne Handauflegung gekommen ist. Seitdem aber ist er auf niemanden mehr gekommen, wenn ihm nicht die Hand aufgelegt worden ist." Du hast den Zenturio Comelius vergessen: Lies sorgfliltig, verstehe klug und lerne geduldig! Der Zenturio Cornelius, wie man in demselben Buch der Apostelgeschichte liest, in dem auch die Ankunft des Heiligen Geistes verkilndigt wird - zu dem Zenturio Cornelius wurde ein Engel gesandt; er meldete ihm, seine Almosen seien angenommen, seine Gebete erhört. Er solle daher nach Petrus schicken, der sich in Joppe im Haus des Gerbers Simon aufhalte, ihn herholen lassen und tun, was er bestimme. Damals aber wurde zwischen Juden und Heiden, d.h. zwischen denjenigen, die seitens der Juden, und denjenigen, die seitens der Heiden zum Glauben gefunden hatten, die bedeutende Frage erörtert. ob das Evangelium den Unbeschnittenen vennittelt werden sollte. Folglich herrschte großes Zaudern. Als Cornelius nach ihm schickte, erhielt inzwischen Petrus einen Wink. Das Geschäft des Himmelreiches wurde betrieben, hier und dort, von dem, der allgegenwärtig ist. Während dies nämlich bei Comelius geschah, wurde inzwischen auch Petrus in Joppe hungrig; er stieg hinauf, um zu beten. Als man ihm seine Mahlzeit bereitete, wurde beim Gebet sein Geist entrückt; freilich von der tiefsten Erde zum Himmel; nicht um abzuirren, sondern um zu sehen. Thm näherte sich ein vom Himmel herabgelassener Teller, fIlr den Hungrigen gleichsam ein himmlisches Speisebrett. Dieser Teller aber war an vier Schnüren befestigt und enthielt Tiere aller Art, reine und unreine, und eine Stimme aus dem Himmel durchfuhr den Hungrigen: Petrus, steh auf; schlachte und iß [Act 10, 13]! Jener gab acht, sah auf dem Teller die unreinen Tiere, die er nicht
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zu berühren pflegte, und antwortete der Stimme: Es sei mir fern, Herr! Niemals ist Gemeines und Unreines in meinen Mund gekommen. Da sagte die Stimme zu ihm: Was Gott gereinigt hat, nenne du nicht unrein [Act 10, 14-15]1 Dem Petrus wurde keine fleischliche Speise angeboten, sondern der gereinigte Cornelius verkündigt. Dies aber geschah dreimal, und das Gefliß wurde in den Himmel hinaufgezogen. Ein einleuchtendes Zeichen: Der Teller ist der Erdkreis; die vier Schnüre, die den Teller halten, sind die vier Himmelsrichtungen, welche die Schrift erwähnt, wenn sie sagt: Vom Aufgang der Sonne und vom Untergang, vom Norden und vom Meer [ps 106, 2]; die Tiere sind alle Völker; der dreimal herabgelassene Teller ist ein Hinweis auf die Deieinigkeit; Pctrus bedeutet die Kirche; der hungrige Petrus die Kirche, die nach dem Glauben der Heiden verlangt; die Stimme aus dem Himmel das heilige Evangelium; schlachte und iß. töte, was sie sind, und mach sie zu dem, was du bist. Während Petrus die Erscheinung noch bedachte, wurde plötzlich gemeldet, daß ihn einige, von Cornelius geschickte Soldaten zu sehen wünschten. Da sagte der Heilige Geist zu Petrus: Geh mit ihnen; ich habe sie geschickt [Act 10, 20]. Nicht länger im Zweifel über die Vision, sondern sicher, brach Petrus auf. Und er wurde, wie zu lesen ist, Cornelius gemeldet; der lief ihm demütig entgegen, warf sich demütig zu Boden und wurde mit noch größerer Demut aufgerichtet. Man erreichte das Haus, wo sich viele andere versammelt fanden. Petrus wurde berichtet, aus welchem Grund nach ihm geschickt worden war, und man sagte ihm Dank für sein Kommen. So tat denn Petrus seinen Mund auf und verkündigte die Gnade des Herrn Jesus Christus den unbeschnittenen Heiden, was die Erörterung jener bedeutenden Frage zur Folge hatte. Denn in der Begleitung des Petrus waren einige Judenchristen, die sich hätten erregen können, sollten Unbeschnittene getauft werden. In dieser Situation sagte Petrus ausdrücklich: Ihr wißt, Brüder, wie verabscheuenswert es for einen Juden ist, zu einem Heiden zu kommen oder mit ihm eine Verbindung einzugehen; doch mir hat Gott gezeigt, keinen Menschen gemein oder unrein zu heißen [Act 10, 28]. Wann hat er es gezeigt? Wo hat er es gezeigt? Als jener hungrig auf den Teller geschaut hat.
[7] Wo sind die, die behauptet haben - deshalb nämlich habe ich das Ganze erzählt, weil ich fragen will: Wo sind die, die behauptet haben, der Heilige Geist werde durch die Macht des Menschen gespendet? Als Petrus das Evangelium verkündigte, kamen Cornelius und die ganze Hausgenossenschaft, die bei ihm war, d,h. die Heiden, zum Glauben; und bevor sie getauft werden konnten, wurden sie plötzlich vom Heiligen Geist erfüllt. Was antwortet hier die menschliche Vennessenheit? Nicht allein vor dem Auflegen der Hände, sondern sogar vor der Taufe kam der Heilige Geist;
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aus eigener Macht, nicht aus Notwendigkeit. Er kam vor der Reinigung der Taufe, um den Streit über die Beschneidung aus der Welt zu schaffen. Denn böswillige Kritiker oder Uneinsichtige hätten Petrus vorwerfen können: "Du hast schlecht daran getan, den Unbeschnittenen die Taufe zu vermitteln." Hätten sie aber Gott vorwerfen können: "Du hast schlecht daran getan, den Heiligen Geist zu spenden."?
Siehe, es hat sich erflillt, siehe, es ist nachgewiesen, was der Herr gesagt hat: Der Geist weht hin, wo er will [10 3, 8]. Siehe, es hat sich emllt, siehe, es erweist sich. wie wahr der Herr gesagt hat: Der Geist weht hin, wo er will. Und dennoch haucht der hochmütige Häretiker noch nicht den Geist seiner Anmaßung aus. Immer noch sagt er: liEs gehört mir; empfange es nicht von il'un, sondern von mir!" Du antwortest: "Ich suche zu gewinnen, was Gott gehört." Er: "Hast du nicht gelesen: Das 61 des Sünders aber soll mein Hal/pt nicht salben [Ps 140, 5)?" Es ist also dein Öl? Wenn es dir gehört, will ich es nicht. Wenn es dir gehört, ist es schlecht. Wenn es aber Gott gehört, ist es sogar, vermittelt durch dich Schlechten, gut. Kot beschmutzt nicht den Strahl der Sonne, da sollst du das Öl Gottes heschmutzen können? Du hast es aber deshalb zu deinem Schaden, weil du, während du schlecht bist, besitzt, was gut ist. Was Gott gehört, hast du schlecht empfangen, weil du nach deiner Abspaltung nicht gesammelt, sondern zer· streut hast. Wer unwürdig ißt, ißt sich sein Strafgericht. Wer unwürdig ißt, ißt nicht etwas Unwürdiges, Christus gab Judas einen kleinen Bissen, und er empfing diesen zum Strafgericht. Empfing er ihn etwa von einem Schlechten? War etwa schlecht, was er empfing? Seine Schuld besteht vielmehr darin, daß er von einem Guten etwas Gutes schlecht empfangen hat. Folglich ist das Öl des Sünders nicht das Öl des Erlösers. Es soll gut empfangen werden, und es ist gut. Auch wenn es schlecht empfangen wird, bleibt es gut. Wehe den Menschen, die Gutes schlecht empfangen!
[8) Betrachte dennoch den Sinn der Schrift, ob er nicht vielleicht etwas bedeutet, das einem besseren Verständnis offen steht! Züchtigen wird mich, heißt es, der Gerechte aus Barmherzigkeit: Auch wenn er schlägt, liebt er; der Tadler liebt, der Schmeichler täuscht. Jener ist barmherzig, dieser hinterlistig, Hart ist die Rute dessen, der schlägt, weich das Öl dessen, der liebkost. Denn alle Schmeichler salben das Haupt, heilen aber nicht das Herz. Liebe den Tadler, hüte dich vor dem Schmeichler! Wenn du nämlich den wahrredenden Tadler liebst und dich vor dem betrügerischen Schmeichler hütest, kannst du sagen, was gesungen worden ist: Züchtigen wird mich der Gerechte aus Barmherzigkeit und mich zurechtweisen, das 61 des Sünders aber, d.h. die Liebkosung des Schmeichlers, soll mein Haupt nicht salben [Ps 140, 5). Ein gesalbtes Haupt ist ein hohes Haupt, ein
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hohes Haupt ein hochmotiges Haupt. Besser als ein hohes Haupt ist ein gesundes Herz. Doch fur ein gesundes Herz sorgt die Rute des Tadelnden, fur ein hohes Haupt das Öl des Sünders, d.h. die unablässige Zustimmung des Schmeichlers. Wenn du dein Haupt erhöht hast, hüte dich vor seinem Gewicht, daß du nicht jäh in den Abgrund gestürzt wirst. Damit habe ich, soweit ich es beurteilen kann, ftir den Augenblick hinlänglich über diesen einen Psalmvers gesprochen, wobei Gott geholfen und und eure Herzen heimlich erbaut hat. Laßt uns also die folgenden Lesungen aufmerksam hören !
c) Disposition
A. PROOEMIUM (1-7) I.Thema (1-5) und Gebetsformel (adiuvante domino):
1 . Gegenstand: Untersuchung und Auslegung des Psalmwortes emendabit me iustus in misericordia, et arguet me; oleum autem peccaloris non impinguel caput meum
2. Begründung: Manche haben geglaubt, das Öl des Sünders sei das Öl des Menschen
11. These [quaestio] (6-7): Das Öl Christi ist nicht das Öl des Sanders B. PROPOSITIO (7-9)'"
I. Partitio: Weil der Spender, EmpHinger und Vermittler der Salbung zu bedenken sind,
11. Adhortatio: wollen wir das Öl des Sünders nicht furchten, da kein Vennittler die Wohltat des Spenders zunichte machen kann
C. NARRA TIO (10-30) I. Transitus (10-13): Die gegenwärtige Feier der Ankunft des HI. Geis
tes und ihre Begründung im dies pentecostes 11. Die Ankunft des HI. Geistes nach der Apostelgeschichte ( 13-30)
I . Geistausgießung und Sprachenwunder (1 3-20) a) Hinweis auf die erfolgte Erftillung der Verheißung Christi b) Schriftbeleg: Act 2, 3-4 c) Allegorese zu Act 2, 4: omnes linguae verhalten sich zu unus
homo ebenso wie omnes gentes zu ecclesia futura
116 Der Narratio ist eine Propositio als kurze Zusammenfassung des Beweisziels vorange. stellt (vgl. Lausberg §§ 289; 346), die mi t cum lres considerandi animo occurrant, a quo da/ur. cui dalur, per quem da/ur zwar keine Partiü� im eintlichen Sinne bietet, gleich· wohl aber das Schema nennt, auf dem die Argumentation gegen das donatistische 5ak· ramentsverständnis beruht. So wird auf diesen Teil der Propositio dann auch gleich zu Beginn der Argumentatio durch Hinweis auf den Unterschied von donalor und miniSlra· tor (Z. 33f.) zurückgegriffen.
1 1 2 Vier Themenpredigten
2. Die Reaktion der Spötter und ihre Bekehrung durch die Apostelpredigt (20-30)
a) Entgegensetzung: qui pleni erant, loquebantur : qui inanes erant, mirabantur et calumniabantur
b) Schrifibeleg: Act 2, 13 c) Bewertung in Form einer Exclamatio: Welch dummer und wahr
heitsverdrehender Tadel! - und Begründung: In Trunkenheit wird keine fremde Sprache erlernt
d) Einräumung: Die Wahrheit spricht vermittelst der ignorantes el calumniantes - und Erklärung: Die plen; sind gleichsam utres novi, gefüllt mit vinum novum
e) Die miran/es sind utres veteres und mit der neuen Gabe unvereinbar, doch sie verwandeln sich schließlich durch die Apostel. predigt in credentes und verdienen damit den Geistempfang
D. ARGUMENTATIO (3 1-152) I . Die weitere Vermittlung des Hl. Geistes nach dem Pfingstereignis
(31 -44) I . Vermittlung durch den Dienst der Apostel = Handauflegung
(31 -32) 2. Menschen- und Gotteswerk bei dieser Vermittlung (32-44) a) Rückgriff auf die Propositio: Es ist zu unterscheiden zwischen
donator und ministrator b) Begründung: Der Geist selbst bezeugt dies, indem er Siman den
Magier aufbläht und zu einem abschreckenden Beispiel Hir die Anmaßung werden läßt, die Gabe der Geistvermittlung könne vom Menschen mit Geld erkauft werden
c) Beurteilung: das Verkennen der Gnade führt zum Verlust der Erlösung - Unterscheidung von impleri und inflari
d) Occupatio: Zwei Einwände o. Der Geist wird durch einen Menschen gegeben - lnterro
gatio: Ist die Gabe deshalb etwa menschlicher Besitz? ß. Nur heilige Menschen konnten Hir die Vermittlung sorgen
- Interrogationes: War der Geist denn in sie durch Menschen gekommen? Wer hat ihnen die Hände aufgelegt?
11. Beispiele aus der Schrift für das Kommen des HI. Geistes ohne menschliche Vermittlung (45-152) I . Transitus (45-47): Aufforderung zum Vernehmen und Behalten
von divina exempla - und Erläuterung der Bedeutung ftir den argumentativen Zusammenhang: Gott ist als ihr Urheber zugleich
Senno 266 1 1 3
auch Begründer von Autorität, Glaubwürdigkeit und Wahrheit -Aufforderung zum Glauben
2. Der Geistempfang der Hundertzwanzig am Pfingsttag (47 -5 1) 3 . Der Evangelist Philippus (5 1-98) a) Funktion und Predigttätigkeit in Samarien b) Die Apostel kommen zur Handauflegung und Geistspendung
nach Samarien c) Die Abweisung des Simon magus d) Philippus tauft den Eunuchen der Königin Kandake, und der
Geist kommt von selbst auf diesen herab e) Hinweis auf Absicht, göttliche Souveränität und Erlösungshan
dein des Geistes
I) Occupatio hinsichtlich des Zweifelns an der Identität des Philippus und der nicht erfolgten Handauflegung
4. Der Zenturio Comelius und Petrus (99-152) a) Dialektikon: Stellungnahme des content;osus fictus: der HI. Geist
ist in der Tat einmalig am Pfingsttag ohne Handauflegung gekommen, seither aber nur noch vennittelst dieser, Antwort; Diese Position läßt die Comeliusperikope außer acht - Aufforderung zur gelehrigen Lektüre
b) Identifizierung des Comelius als Zenturio nach der Apostelgeschichte und Hinweis auf die im gleichen Buch erfolgte Verkündigung der Ankunft des HI. Geistes
c) Die Botschaft des Engels an Comclius vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um die Heidenmission
d) Die allegorische Bedeutung der Vision des Petrus in Joppe im Zusammenhang mit seiner Predigt im Haus des Comelius
e) Abschluß der BeweisfUhrung: Interrogatio: Wer wagt es immer noch zu behaupten, der H1. Geist werde durch menschliche Macht vermittelt? - und Widerlegung dieser Position durch
u. Schriftbeleg: Act 10, 44 ß. Auswertung der Schrifistelle: Der Geist kam vor der
Handauflegung und sogar vor der Taufe y. Erklärung der damit verbundenen Absicht: Beendigung
des Streits um die Heidentaufe E. PERORATIO (153-183)
I. Conclusio: Die Beispiele aus der HI. Schrift haben die Wahrheit des Herrc:nwortes spiritus ubi vu/I inspiral (10 3, 8) erwiesen (1 53-155)
Il lndignatio: Die häretische Auslegung von Ps 140, 5 ( 1 55-168)
1 14 Vier Themenpredigten
Dialektikon: Der Häretiker widersetzt sich überheblich dieser Wahrheit und verweist, um zu belegen, daß der Geistempfang von ihm abhängt, auf Ps 140, 5 - Antwort: Das oleum als menschlicher Besitz wäre im Falle des Häretikers ma/um, Gott aber als der wahre Eigentümer läßt es bonum sein, auch wenn es von einem Schlechten vermittelt wird - der Besitz des Guten gereicht dem Schlechten (und damit auch dem Schismatiker) zum Übel: Schriftbelege: 1 Cor 1 1 , 29; 10 13, 26 Conclusio: non es! ergo oleum peccatoris oleum salutaris - Aufforderung und Warnung: Das Gute muß gut empfangen werden
IlI. Eine sinnvollere Auslegung von Ps 140, 5 (169-183) I . Ama obiurgalorem, cave adulatorem 2. Die Wirkungen von obiurgatio und adulatio: cor sanum und grande caput Schlußsatz und Gebetsformel (domino adiuvante et corda vcstra in secreto aedificante) -Adhortatio zum aufmerksamen Hören der noch folgenden Lesungen
d) Detailkommentierung (selektiv)
Z. I divina eloquia: Im Sinne von verba dei. So bezeichnet Augustin häufig die liturgisch verwendeten Schriftstellen, auf die sich seine Predigt entweder ganz oder teilweise bezieht: s. 28, I (CCL 41 , 368) ex omnibus divinis eloquiis hinc potius adiuvante domino disseramus, quod ultimum audivimus ( ... ); s. 65, I (PL 38, 426) admonenl nos eloquia divina, quae lecta SUflt, ( . .. ) . [In weiterer Bedeutung kann divina eloquia sonst auch gleich scripturae sacrae sein: s. 350, 2 (PL 39, 1534) totam magnitudinem el latitudinem divinorum eloquiorum secura possidel caritas, qua deum proximumque diligimus, vgl. auch ThLL V, 2 Sp. 416 s.v. eloquium 11]. Das Attribut deutet in der Junktur auf die göttliche Urheberschaft (auclorilas divina) des Textes hin (vgl. Z. 45f.), der deshalb an sich irrtumslos ist, gleichwohl aber richtig ausgelegt werden muß.181
J87 Vgl. s. 23, 3 (CeL 4 1 , 3 1 0): scriprurae sanc/ae sunl. veraces sunt, inculpalae $UnI. omnis scriptura divinitus inspirata utilis est ad docendum, ad arguendum, ad exhortationem, ad doctrinam (11 Tim 3, 16). nihil est ergo quod scripluram accusemus, si nos/orte, iIIa non intellec/a, in aliquo deviemus. Daß die HI. Schrift Träger göttlicher Autorität ist, wird von Augustin aber nicht nur miuels der Inspirationslehre sondern auch durch Aufzeigen der Traditionsreihe .. Gott - Jesus - Apostel" glaubhaft gemacht, vgl. K.-H. LÜTCKE, Auctoritas: AL I , Sp. 507 mit Hinweis auf c. Faust. 17, 3; 28, 2; 33, 9.
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Z. 2 discutere el pertractare: Eine Amplificatio, die durch die Verbindung der weitgehend synonymen Begriffe die Gründlichkeit der Behandlung des Themas anzeigen will [discutere seit dem 2. Jh. in übertragener Bedeutung von "erörtern, untersuchen" (vgl. ThLL V, I Sp. 1375 s.v. Il. B. 2. Von den dort tur Augustin genannten Stellen ist besonders deutlich auf die Schriftexegese bezogen: en. Ps. 126, 1 1 (CCL 40, 1 865) nisi prophelia involuta accedente diligentia discuterelur. numquid operta exirent ad nos?),perlractare, im Sinne von "gründlich behandeln. untersuchen" schon klassisch (vgl. OLD 1361 s.v. 2), bedeutet bei Augustin (wie das verbum simplex) ebenfalls häufig die Bibelauslegung in schriftlicher oder mündlicher Fonn (vgl. die Belege bei Blaise, Dictionnaire 619 s. v. 2, wie z.B. s. 36, I (CCL 41 , 434) sancla scriplura ( . .. ) adrnonuil nos. irnrno per iIIarn dominus ( .. . ) quaerere vobiscum et pertrae/are quid sit et quid sib; velit quod I,clwn esl, oder auch darüber hinaus s. 72A (= s. Denis 25,1 (MA I , 155», s. 176, I (PL 38 , 950) u.ö.)]."·
Z. 3f. emendabit me iustus in misericordiu, et arguet Me; oleum au/em peccatoris non impinguet caput meum: folgt LXX "I' 1 40, 5 JtmOEooEl J,lE ö(KULO, tv tHEl Kui tHY�El �E, EÄ.mov OE cl�UQTOl)"oii �Tt )"lJtUVclTOl '(11" KEtpaATtv �OU. Dementsprechend bedeutet hier emendare ,,(zur sittli-
, .. In den Sermones ist laut Frequenzanuige des CAG die relative Häufigkeit von pertractore ( 12 von insgesamt 1 5 1 Belegen) deutlich geringer als erwartet. Gleiches gilt zwar auch filr tractare (78 von 699 Belegen), doch die zusätzlichen Frequenzzahlen fur en. Ps. und 10. ev. tJ. (1 16 u. 61 gegenüber 12 u. 14) deuten darauf hin, daß Augustin in den Predigten vorzugsweise das Simplex verwendet hat, welches auch M im vorliegenden Fall überliefert. Von den FundsteJlen, die bei entsprechender Lemmasuche im CAG eine Verbindung bzw. aufeinanderfolgende Verwendung von discutere und pertractare bieten (div. qu. 64, 1 (CeL 44 A, 1 37), c. Faust. 1 1 , 8; 16, 14; 19, 15 (eSEL 25, 1 , 328. 454. 5 12), Gn. Iilt. I , 21 (CSEL 28, I , 3 1), gr. cl peee. or. 1 , 45 (CSEL 42, 158), an. cl or. 3. 2 1 (CSEL 60, 376), adult eoniug. 1 . 32 (CSEL 41, 379), cn. Ps. 30, 2. 2, 9 (CCL 38. 209)], zeigt en. Ps. 30. 2, 2, 9, daß die gemeinte Untersuchung auf die Enthüllung eines verborgenen Schriftsinns (hier spez. eines atl. MOl; " figura) abzielen kann: quaere quid Sil (das Isaakopfer): figura eSl Christi invo/uta sacramenlis. denique ut videatur diseutitur, Ul videatur pertractalur, ut quoll involutum est eva/vatur. In c. Faust. 19, 1 5 unterscheidet Augustin die gründliche Erörterung einer (dogmatischen) Fragestellung noch einmal von der gesic.herten Definition des dabei Gefundenen: sed nune islam quaeslionem (ob der Glaube an zukOnftiges Leid und Auferstehung Christi, den die Gerechten des AT womöglich schon durch Offenbarung und Prophetie hatten, rur diese heilswirksam war) vel pertraclando discutere vel aliquid in ea repertum etiam conJirmo"do definire el longum esl el huie oper; non neeessarium.
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ehen Besserung) strafen, züchtigen", arguere "tadeln, zurechtweisen" (die Vulgata übersetzt mit corripiet bzw. increpabit), IS9
Den zweiten Teil des Psalmwortes führen nicht erst die Donatisten gegen die Gültigkeit der von Sündern vollzogenen Taufe ins Feld.'90 Schon im Ketzertaufstreit des 3. Jh. zwischen Rom und Karthago spielt für die Afrikaner (bes. Cyprian in Auseinandersetzung mit Stephan 1.), denen die römisch-alexandrinische Praxis einer Rekonziliation von unorthodox getauften Häretikern durch Handauflegung des Bischofs nicht ausreichte und die daher die Wiederholung der Taufe forderten, die Frage der Heiligkeit von Ritus und Spender eine entscheidende Rolle. '91 Dementsprechend argumentiert Cyprian, epis!. 70, 2 (CCL 3c, 507): ungi quoque necesse est eum qui baptizatus est ut accepto chrismate id esl une/ione esse unctus dei et hobere in se gratiam Christi pOSSil. porro autem eucharistia est unde baptizat; unguntur oleum in altan' sanetifiealum. 192 salletifieare autem flan po/uit olei ereaturam qur nee altare habuit nec ecclesiam. unde nee unetio spirilalis apud haereticos pOlest esse, quando constet oleum sanclificari et eucharistiam fieri apud Wos omnino non posse. scire autem et meminisse debemus scrip/um esse: oleum peccatoris non unguat caput meum. Im Rahmen der Taufzeremonie bezeichnet bei Augustin oleum das Öl, mit welchem der Täufling nach (katechetischer) Vorbereitung, Skrutinien, Exorzismen, Erklärung von Glaubensbekenntnis, Vaterunser und Eucharistie sowie eigener Teufelsentsagung (abremmtiatio) und Bekenntnis (retlditio lymboli) im Anschluß an das Wasserbad vom Priester gesalbt wurde, um in Verbindung mit der Handauflegung (s.u. zu Z. 26) den Hl. Geist zu empfangen. Vgl. s. 227, I (SC 1 16, 236) [an die in der Osternacht Neugetauften über das me/l
sae dominicae sacramentum] sie (im Sinne von I Cor 10, 17 unus panis, unum corpus mulli sumus) et vos an/e ieiunii humiliatione el exorcismi saeramento quasi molebamini. accessit baptismum et aqua quasi conspersi
119 Vgl. ThLL V, 2 Sp. 465 s.v. emendo 11 C I ad loc. LXX drückt mit lUllbtUEl\l und tHn.tlv die Vorstellung einer Erziehung des Menschen durch Gott als Vater und Richter aus, vgl. F. BOcHSEL. Utnro: ThWNT 11, 471.
190 Zur "Geschichte" des Ps 140, 5 im Rahmen der Auseinandersctzung um die Taufe vgl. KNAUER, Psalmenzitate, 169f.
191 VgL J. Ffl','KENZFII FR, Ketzertaufe: L ThK2 VI, Sp. 13 1 -133, F. CouRm, Die Sakramente. Ein Lehrbuch tur Studium und Praxis der Theologie. Freiburg 1995, 94[
192 "Ferner ist das auf dem Altar geheiligte 01, mit dem die Getauften gesalbt werden, eine geweihte Gabe." Zu eueharistia im Sinne von "consecratcd ofTering" vgl. Souter 130 s. v. Z. SI. sowie Aug. s. Denis 3, 3 (= MA I , 19) hoc (die Einsetzungsworte aus 1 Cor 1 I , 24 und Mt 26, 28) in evangelio vel legebatis vel audiebatis, sed hane eueharistiam esse
filium nesciebatis. Wohl wegen des Dankgebetes (eueharistia) bei der Ölweihe bezeichnet die Traditio Apostolica das Öl der 2. und 3. Taufsalbung als oleum grotiarnm aetionis (s. die folgende Fußn. und von der dort genannten Lit. bes. GeeRUNGS, 194).
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estis ur ad formam panis veniretis. sed nondum es! panis sine igne. quid ergo significat jgnis, hoc est chrisma olei? etenim ignis nutritar spiritus sanei; esl sacramen/um. ( ... ) accedit ergo spiritus sanctus post aquam jgnis et efficimini panis quod est corpus Chrisli. 193
Z, 5 omnis homo mendax: Diese Wendung aus Ps 1 15, 1 1 setzt Paulus, Rm 3, 4 in Opposition zum Wahrreden Gottes: es! autem Deus verax, omn is Gutem homo mendax.
Z. 6 oleum Christi: Mit dem oleum Christi verbindet Augustin in en. Ps. 103, 3, 1 3 (CCL 40, 1 5 1 2) den Glanz (nitor), der von der gratia Dei herrührt, welche diejenigen empfangen, die zu Christus als dem excellenter unetus kommen. Demgemäß tauft eigentlich Christus mit occulta potentia, occulta gratia in spiritu sancto (c, litt, Pet. 3, 59 (CSEL 52, 21 1), vgl. bapt, 4, 17 (CSEL 5 1 , 242)), so daß selbst die von einem Häretiker Getauften nicht das signum deserloris, sed imperatoris i. e. Christi als beständiges Kennzeichen (character) aufgeprägt bekommen (s, Caes, eccl. 2 (CSEL 53, 169f.)), die Heilswirkung des Sakraments, d, i. der Empfang des Geistes, freilich erst bei tätiger Liebe in der Einheit und Wahrheit der Catholica geschehen kann (vgl. bapt. 5, 9 (CSEL 5 1 , 270) und bes, deutlich s, 269, 2 (PL 38, 1235) unter Berufung auf die sog, "gestreckte Initiation"'" der Apostelgeschichte, bei welcher gültige Taufe und Geistvennittlung voneinander getrennt sind),
Z, 10 solemnilatem: Gemäß christlichem Sprachgebrauch "das jährliche Fest" (vgl. Blaise, Dictionnaire 765 S,v, 1 , bei Augustin gelegentlich aueh mit zusätzlichem anniversaria (s, 185, 1 (PL 38, 997), s, 284, 4 (pL 38, 1 160) u,ö,), das der recordatio verpflichtet ist. Vgl. das Spiel Augustins mit
19) Vgl. auch s. 272 (PL 38, 1247). Während in der westlichen Kirche sonst nur eine Sal· bung im Anschluß an das Taufbad üblich war (in Syrien vorher), belegt die Traditio Apostolica (TA 21) zu Beginn des 3. Jh. rur Rom einen ausgeprägten Ritus mit dreirna· liger Salbung: I . durch den Presbyter vor der Taufe mit dem Exorzismusöl 2. nach der Taufe (evtl. als Ganzkörpersalbung) mit dem Öl der Danksagung (oleum grotiorum oelionis) zunächst durch den Presbyter zum Ausdruck der Christusbeziehung des Taufgeschehens und anschließend in der Kirche durch den Bischof als Stimsalbung, um die Geislmineilung zu bezeichnen. Vgl. E. FERGUSON, Baplism: EECh I, 160f., Traditio Aposto!ica. Apostolische l..'bcrlieferung, übers. u. cingel. \'. W. GcERI.INGS. Freiburg 11992 (FC I), 187-189; 263, Anm. 70. Siehe zur oben kurz skizzienen Taufpraxis in Afrika ausfUhrlicher V. GROSSI, Baptismus. 5. Taufliturgie. C) Die Taufriten: AL 1 , 587-589,
194 COURTH, Sakramente, 126.
1 1 8 Vier Themenpredigten
der Etymologie in s. 267, I (pL 38, 1229f.) [In die Pentecostes] hodierni die; so{emnitas. domini dei magni el magnae graliae, quae super/usa esl super nos, recordationem [aeit. ideo enim solemnitas celebratur, ne quod semelfactum es/, de memoria deleatur. solemnitas enim ab eo quod solet in anno, nomen accepit. 19S Im vorliegenden s. 266 verwendet der Prediger den Begriff beim Übergang zur Narralio mit beinahe schlichter Sachlichkeit. Vg1. im Gegensatz dazu den Ton gewählter Feierlichkeit im Exordium von s. 270 (pL 38, 1237): quoniam sanctam sofemnitatem cefebramus diei tarn sane/ae, ul hodie venerit ipse spiritus sanctus, admonet nos tarn festiva el grala solemnitas, de ipso dono dei, gra/ia dei, el abundantia misericordiae eius in nos, id es/ de ipso Spiritu sanc/o aliquid loqui.
Z. 1 8f. unusquisque homo Iinguis omnibus loquebatur, quia futura ecclesia in omnibus linguis praenuntiabatur: Wenn Augustin dieser Begründung der in Act 2, 4 berichteten Xenolalie. welche sich ähnlich in beinahe allen Pfingstpredigten findet (s. 267, 3-4 (PL 38, 1230f.), s. 268, I (PL 38, 1232), s. 269, I (pL 38, I 234f.), s. 270, 6 (pL 38, 1243), s. 271 (pL 38, 1245f.», die explikativen Asyndeta unus homo signum erat Ilnilatis: omnes linguae in uno homnine, omnes gentes ill unilale (mit einprägsamer Ellipse, vgl. s. 268, I ) folgen IIlßt, dann fallt mit signum ein Schlüsselbegriff seiner Hermeneutik, der hier nicht nur dazu dient, auf die allegorischel96
19$ Vgl. zur antiken Etymologie von sollemnUas R. M .... LTBY. A Lcxicon of Aneient Latin Elymologies. Leeds 1991. 573 s.v.: Isid. orig. 6. 18, I soflemnUas a sacris dicitur. Ua suscepta ul mutari ob religionem non debeat, ab sollo, id eSlfirmo atque solido nominatao vel ex eo quod soleat fieri ;/1 anno.
196 Zur Schriftallegorese, die Augustin bekanntlich in beeindruckender Weise in den Predigten des Ambrosius begegnet ist (siehe conf. 5, 24; 6, 6 (Cel 27, 7 1 . 73», vgl. ihre Definition im Rahmen der Darstellung der vier exegetischen Methoden, welche in Reaktion auf die manichäische Verwerfung des AT und ihrer Kritik am NT zuerst in De uri/itote credendi (entstanden 391/392) aus nicht näher zu bestimmenden griechischen Quellen zusammengestelh werden, (vgl. Augustinus, Oe utilitate credendL Über den Nutzen des Glaubens, übers. u. einge!. V. A. HOFFMANN. Freiburg 1992 (FC 9), 30f.): util. credo S (eSEL 25, I , 8) secundum historiam ergo troditur. Cllm docetur, quid scriplum allf quid gestum sil. qu;d non gestum. sed tanlumodo scrip/um quasi gestum Silo secu/1dum aitiologiom, cum ostenditur, quid qua de causo vel faclum vel dictum sit, secundum anafogiam, cum demonstralur non s;bi adversari duo testamenta. vetus el novum, secundllm allegoriam, cum docelur non ad fitteram esse occipienda quaedam, quae scripta sllnt, sed figurate in/ellegenda. Daß freilich auch die unterschiedlichen Auslegungsformen nebeneinander Anwendung finden können, zeigt rur Gn I , I später Gn. litt. inp. 3 (eSEL 28, 1 , 461) (entstanden 393/394, der Hinweis auf diese Stelle bei HOFFMANN, a.a.O., 3 1 ) hoc ergo qllOd scrip/um est: in principio feeit deus caelum el lerram, quaeri polest utrum tontummodo secundum histor;am accipiendum sit an etiam figurale aliquid signijiccl ef qllodmodo congrual evangelio el qua causa sic fiber iste inchoalUS sit. In util. credo 8
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Bedeutung des Sprachen wunders im Sinne einer Prophezeiung kirchlicher Katholizltät aufmerksam zu machen, sondern auch den Beweischarakterl97 der so ausgelegten Bibelstelle gegenüber dem separatistischen Kirchenver· ständnis des Donatismus zu betonen.
Z. 22 calumniabantur: Augustin deutet hier irridentes aus Act 2, 13, das er an anderen Stellen aufnimmt (vgl. außer c. ep. Man. 9 (CSEl 25, I , 205), cath. fr. 29 (CSEl 52, 266) s. 267, 2 (Pl 38, 1230) expaverunt qui aderant, alii admirantes alii irridentes, in s. Ouelf. 23, 3 (MA I , 5 1 8) aliqui quasi deridentes). Calumniari, womit schon klassisch als lUT. t.t. die ungerechte Anklage und allgemeiner jede mutwillig falsche Beschuldigung ausgedrückt wird (vgl. ThLl m Sp. 191 s.v. I u. 2), bezeichnet in der christlichen Literatur besonders die Verleumdung der Glaubenswahrheit (vgl. Blaise, Dictionnaire 125 s.v. I - dementsprechend zeigt die Frequenzanzeige im CAG, daß die relative Häufigkeit des Verbs in den antihäretischen Schriften (bes. c. Adim., c. Faust., c. litt. Pet., c. adv. leg., c. lul.) am größten ist). Nach en. Ps. 1 1 8, 26, 4 (CCl 40, 1754) ist rur jedwede calumnia, die sich bei Juden, Heiden, Häretikern, Schismatikern und dem Teufel
(eSEL 25, I , 10f.) wird sigl/um neben allegoria als ntl. ßegriffiiehkeit präsentiert und damit auch lexikalisch der Nachweis erbracht, daß sich schon Christus und Paulus der allegorischen Auslegung bedient haben. Zu Beginn des (401-414 entstandenen) Kom· mentars Oe Genesi ad litteram (Gen. litt. I , I (CSEl 28, 1 , 3» beschränkt sich Augustin wie meist auch sonst auf die Unterscheidung von wörtlicher und figuraler, d.h. allegori· scher Auslegung (vgl. C. MAYER, Allegoria: Al I , Sp. 236). Die systematisch entwi· ekelte Hermeneutik von De dOClrina christiana fonnuliert in bezug auf die Stellen der Hl. Schrift, welche signa trans/ata enthalten. das Sehema signum - res signijicans - res (vgl. doctr. ehr. 2, 15 (CCl 32, 41», so daß das Schriftwort zwar als Zeichen zunächst eine wörtlich zu verstehende res zum Ausdruck bringt, diese dann aber noch einen spiri·
tueHen Vcrweisungszusammenhang eröffnet [übertragen auf s. 266: signum (verbum): homo - res signijicans: homo (proprie) - res: unitas (translate)], vgl. G. WENN1NG, Ocr Einnuß des Manichäismus und des Ambrosius auf die Hermeneutik Augustins: REAug 36 (1990), 87f., POLlMANN, Doctrina Christiana, 155. In der donatislischen Exegese, die in der Tradition von Cyprian und Tertullian den literalsinn und die typologische Ausle· gung VOrtog, spielte die Allegorese kaum eine Rolle (vgl. ebel., 8).
191 Zum Verständnis von signum als • .Beweisminel", das eine "gewisse: Erkenntnissicher· heit" ausdrückt. verweist POu.MANN, 8.a.0., 173, rUf Augustin auf mor. 2. 43 (CSEl 90, 127), Gn. adv. Man. I , 14 (Pl 34, 180), util. credo 25 (CSEl 25, 1 , 32) und doctr. chr. 2, 5 (CCL 32, 34), wo man außer ita (i. e. per litteras) WJCes oculis ostenduntur roOf! pe ... se ipsas. sed per signa quaedom suo auch noch gut den folgenden Sehriftbeleg (Gn 1 1 , 1 ·9) anfuhren kann, welcher eben signum rur das den herrschsüchtigen Völkern gemeinsame peccatum dissensionis humanae ist: cuius superbiae signum est errecto iIIa turris in cae· lum. ubi homines Impii non so/um onimos. sed ellam lIOCes dissonos hobere meruerunt.
120 Vier Themenpredigten
selbst finde, die Haltung der superbja kennzeichnend, welche die humilitas christiana verachtet.
Z. 25 iam quippe illi plen; erant vino novo, quia facti eranl ulres novi: Das aus Mt 9, 17 entnommene Bild, welches unter Augustins Predigten am weitesten s. 272B (siehe s. Mai 158, 1 u. 7 (MA 1, 380f. 385)) ausfUhrt''', erklärt, warum paradoxerweiser die Rede der Spötter Wahrheit enthält, wenn sie allegorisch verstanden wird. Auf die Frage, wie denn die Erneuerung (wres IlOV; fler;) der Jünger geschehen ist, welche ja Voraussetzung rur den Empfang des Geistes (vinum novum) ist und nicht mit diesem gleichgesetzt werden darf, antwortet indirekt das folgende calumniando nec imlOvabantur. So wie nämlich die ungläubig falsche Auslegung des linguir omnibus loqui eine Erneuerung verhindert. darf das Gegenteil für die fromme Haltung der Hundertzwanzig in bezug auf das promissum Christi (vgl. Act 1, 5) angenommen werden (daher Z. 14f. quod exspectabatur, adyenit et vusa munda. a quibus susciperetur, inyenit). Augustin fUhrt dies selbst aus in qu. ev. 2, 18 (de ieiunio flliorom sponsi) (CCL 44B, 61): erant [sc. discipuli] autem iam rlfres noyi, cum post ascensum domini desiderio consolationis eius orando et sperando innoyabantur. tUlie enim aeeeperunt spiritum sanetwn, quo impfeti, ClOn omnium qui de diversis gelZlibus aderant linguis foquerelltur, dieti SUflt mllsto pfeni. noyum enim vinum jam novis utribus venerat.
Z. 27 mox ubi: "sobald als" ist spätlateinisch, ebenso mox ut (Z. 77), vgl. Kühner-Stegmann 11 365 A. 2, B1aise, Handbook § 315 .
Z. 28 et Christi gratiam praedieantibus: Der Text der Mauriner bietet hier Christ; gratia, so daß praedieare absolut gebraucht und im Unterscheid zu sermocinari "predigen"l99 vielleicht spezieller als "die frohe Botschaft verkünden" zu verstehen wäre. Die Vorstellung einer übernatürlichen Inspiration, welche sich oft mit praedieare verbindet, hätte dabei in Christi gratia "kraft der Gnade Christi" (d.h. erfUUt vom Hl. Geist) deut1i-
191 Vgl. M. J. HOONDERT, Lcs sermons d'Augustin pour le jour de la Pentecotc: Aug(L) 46 ( 1996), 302, Anm. 45.
199 Außer der geläufigen Bedeutung "ein Gespräch fUhren, sich unterhalten" kann sermoci. lIari zur Zeit Augustins auch "predigen" heißen. Vgl. z.B. en. Ps. 1 1 8, prooem (CCL 40, 1665) Psolmos omnes eeteros, quos codicem Psalmorum novimus eontinere. quod eeclesiae consue/udine Psalterium nuncupatur. parlim sermocinando in populis. partim die/Qlldo exposlli ( ... ).
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ehen Ausdruck gefunden 'oo Da jedoch die Kolometrie des Temporalsatzes erkennbar als Gradatio gestaltet ist, die den Inhalt der Apostelpredigt zunehmend konkreter werden läßt, sollte gerade im letzten Kolon (s.u. die Analyse des modus proJerendi) das Fehlen eines Akkusativobjekts verwundem.'OJ (Neben dem absoluten Gebrauch findet sich im christlichen Latein von Anfang an auch praedicare c. ace., um den Gegenstand der Verkündi· gung anzugeben.'02 Vgl. schon Z. 5 1 f. Philippus ( ... ), qui praedicavit evangelium in Samaria ( ... » . Den entscheidenden Hinweis darur, daß mit M Christi gratiam praedicantibus zu lesen ist, liefern in s. 266 aber die Zeilen 136f., wo Augustin die Petruspredigt im Hause des Comelius folgendermaßen zusammen faßt: ergo aperlo ore SUD evangelizare coepil gentibus incircumcisis ( .. . ) gratiam domini lesu Christi. Als Objekt von evangelizare (transitiv gleichbedeutend mit praedicare .. verkünden", vgl. ThLL V, 2 Sp.l000 s.v. 2 b) meint gra/fam Christi dort die mit dem Erlösungswerk Christi verbundene Gnade und Befreiung von Sünde und Tod, welche all denjenigen zuteil werden, die an seinen Namen glauben. Vgl. besonders Act 10, 39b-43 und auch s. 26, 12 (CCL 4 1 , 356) ista gratia praedicetur. ista es! gralia Christianorum per hominum mediatarem, per passum et resuscitatum, qui ascendit in caelum et captivavit captivitatem et dedit dona homi"ibus. Da Petrus nach dem Bericht von Act am ersten Pfingsttag im
200 In den ersten christlichen Jahrhundenen enlspricht der absolute Gebrauch von praedica
re dem biblischen K'lQOOOEtV, welches im NT bezogen auf die apostolische Predigt besonders die Verkündigung des mit Christus verbundenen Heils bedeutet und EOOYYE)J.�EOßQl gleichkommt. Dabei hat praedicare häufig einen deutlich sprituellen Sinn angenommen, der auch noch im 4. und 5. Jh. zu erkennen ist, wenn etwa die Väter den von ihnen viel bewundenen und geliebten mystischen Chrakter des 4. Evangeliums herausstellen; praedicare heißt dann beinahe soviel wie (e)rucl(u)are, das im Christen latein auf geisterfüllte Äußerungen von Propheten und Evangelisten angewendet wird: Aug. s. 1 19, 1.2 (PL 38, 673f.) hoc enim principium evangelii sanctus Johannes nlctuavit, quia de peclore domini bibil. ( ... ) in prineipio erat verbum, et verbum erat apud deum, et deus erat verbum. 0 praedicare! 0 saginam dominici pecloris erucluare! Vg!. Chr. MOHRMANN, praedicare - tractare - sermo, in: Etudes sur le latin des chretiens lJ. Rom 1961, 64-67, zum Gebrauch von praedicare staU eWJngelium praedicare auch G. KOFFMANE,
Geschichte des Kirchenlateins. Entstehung und Entwicklung des Kirchenlateins bis auf Augustinus-Hieronymus. Brcslau 1 879, 81 sowie Blaise, Dictionnaire 645 s.v. 6.
201 Nach ratianemque reddenlibus hält bei praedicantibus ein Objekt auch E. HIl . .L für erforderlich, vg!. Sermons lIIn (230-272B) on the Liturgieal Seasons: J. E. ROTELLE (Ed.), The Works of Saint Augustinc. A Translation for thc 2 1 st Cenlury. Ncw York 1 993, 273, Note 7. 202 Entsprechend K'lQOOOELV c. ace. Der griechische Einfluß fUhne auch dazu, daß transitives praedicare die schon klassisch geläufige Bedeutung "ruhmen, preisen" zunächst verloren hatte und erst bei den Autoren des 4J5. Jh. wieder so verwendel werden konnte. Vgl. MOHRMANN, a.a.O., 65.
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Anschluß an die Rechtfertigung der Xenolalie (Act 2, 15-2 1 ) ebenfalls Christi Tod, Auferweckung, Erhöhung und zusätzlich seine Geistsendung verkündet (Act 2, 22-36), dürfen wir annehmen, daß Augustin den Inhalt dieser Predigt, die er in Z. 28ff. allen Aposteln zuschreibt, auf eine ähnliche Formel gebracht hat wie in Z. 1 36f.
Z. 29 compuncti sunl: Das Verb campuIIg; wird in der Kirche zum Ausdruck rur "Reue empfinden, Gewissensbisse haben""'. Vgl. in Act 2, 37 (V g) die Junktur compuncti sunt corde "sie begannen, im Herzen Reue zu empfinden" [das Perf. ist aOlistisch (ingressiv) wie auch im folgenden bei mutati sunl, crediderunl, vgl. dazu Blaise, Handbook § 230 Anm. 29] woraus compune/ur als paenitens, humilis, demisslis entstanden ist (vgl. ThLL UJ Sp. 2 1 74 s. v. compungo 1I).
Z. 3 1 deinde coepit spiritus sanctus dar; per ministerium tlpostolorum: Das vielfach in Umschreibung eines ingressiven Aorists verwendete coepi c. inf. (in Verbindung mit einem wirklichen info pass. begegnet das Aktiv häufiger erst seit Livius) ist oft in seiner Bedeutung abgeschwächt und wird volkssprachlich zu einem reinen Pleonasmus; im Deutschen kann dann auf die Periphrase verzichtet werden (vgl. Kühner-Stegmann TI 569f., Blaise, Handbook § 223); siehe auch Z. 1 36f. ergo aperlo ore suo evangelizare coepi/ genlibus incircumcisis ( . .. ).
Z. 30f. illi manus imponebanl: Diese Geste, deren christlicher Vollzug vorwiegend alttestamentliche Wurzeln har04, erscheint im NT als einfache Segnung (Mc 10,16), bei Heilungen (Me 5, 23; 6, 5; Act 28, 8), bei der Berufung zu einem kirchlichen Amt (Act 6, 6) und schließlich nach dem besonderen Verständnis der Apostelgeschichte zur Vermittlung des Hl. Geistes als Ergänzung der Taufe (Act 8, 17-19; 9, 12 . 17 ; 19, 6).'" In der nachapostolischen und apologetischen Literatur des 2. Jh. (wie etwa Didaehe, Pastor Hermae, Justin, Clemens v. Alexandrien) wird die Handauflegung bei der Taufe zur Geistvermittlung nicht erwähnt, sie ist aber schon
201 Vgl. KOFFMANE, a.a.O., 74.
2CW So wird in LXX txt'rlOTl� l� Xt� (bzw. n)v XtTQCl) txl l�V n<paAl'\v verwendet, wenn Gott Opfertiere geweiht werden (Ex 29, 10.15; Lv 1 , 4), zur AmtseinfUhrung der Leviten (Nm 8, 10), wobei ausdrücklich von Segnung und Geistvcrleihung die Rede sein kann (Dt 34, 9 Kai 'lllOOßc; (Josua) u&; Nautl EvtJ'CAftoOTl :rrvdll.laTOC; ovvtOt�, betOlllCtv ydQ MO)\XJ"l1� "Tcl� xttQW; amo\! tJt' am6v), auch zum Fluch (Lv 24, 14) und einmal bei einer Krankenheilung (IV Rg 5, 1 1 ), vgl. Ch. MAURER, Enti'Dtl�, txtt)tOl.�: ThWNT VIII, 1 6 1 . lOS Vgl. ebd., 162 und E. FERGUSON, Laying On of Hands: EECh 11, 669f.
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üblich im 3. Jh. nach dem Zeugnis von Hippolyts Traditio Apostolica (vgl. Fußn. 192) und Tertullian, bapt. 8, 1 (CCL I , 283): dehinc [sc. post baptismum] manus imponitur per benediclionem advocans el invitans spriritum sanctum. Im Rahmen des eigenständigen Sakraments der Firmung (confirmafio) findet sich der Ritus in der westlichen Kirche jedoch nicht vor dem 1 1 . Jh.206
Da ftir Augustin die Handauflegung ein wiederholbarer Gebetsakt ist201 und zum Zwecke der Sündenvergebung nur in der Catholica stattfinden kann, folglich bei der Rekonziliaton von Schismatikern wiederholt werden muß (s.o. zu Z. 3f.), trennt er sie von dem einmaligen Vollzug des Taufsakraments (vgl. bapt. 3, 21 (CSEL 5 1 , 2 12f.)).20·
Z. 35 Simon: Der Magier Simon, der nach Act 8, 9-24 in Samaria die Bewohner durch seine Zauberei und den Anspruch eLvcd nva tamov �tyav (V. 9) zu dem Bekenntnis verleitet, er sei die "große Kraft", d.h. die Inkarnation des höchsten Gottes selbst (om6c; '<mv iJ oUva�lC; TOU ßEOU iJ Ka),.ou�tvT] �Ey<i),.T] V. 10)20', sich nach dem Missionserfolg des Philippus von diesem taufen läßt und später von Petrus verflucht wird, weil er sich die Fähigkeit der Geistrnitteilung durch Handauflegung erkaufen will, galt den Kirchenvätern als Erzketzer und erster Gnostiker?IO Von der folgenden Darstellung, die Augustin in haer. I , I (CCL 46, 290) gibt, scheinen außer dem Wirken in Samaria auf jeden Fall auch das in Rom sowie die Verbindung zu Helena historisch zu sein2 1 1 : Simo"ia"i a Simone Mago, qu; bapti-
206 VgL ebd. 670, E. HAENCHEN, Die Apostelgeschichte. Göttingen 71977 (KEK 3 '6), 294, COURTH, Sakramente, 128-132. Einen Überblick ober den Bezug der Kirchenväter auf Act 8, 14-17 gibt R. PESCH, Die Apostelgeschichte. I . Teilband (Apg 1 - 12). Zürich 1986 (EKK 5), 280[, der allerdings bei Augustin einem Irrtum unterliegt, wenn er unter Berufung auf s. 266, 3-6 zu dem Schluß kommt "Augustinus erklärte, daß die "impositio manum [sic!]" notwendig sei; auf niemand komme der Heilige Geist herab, wenn ihm nicht die Hände aufgelegt würden." (ebd., 280). Dies ist vielmehr die Auffassung des CQntentiosus fictus (vgL Z. 99ff.), der daran festhalten möchte, daß die Geislverleihung per hominis postestatem erfolgt, von Augustin aber endgültig mit der Comeliuspcrikope widerlegt wird.
207 Als solcher hat der Ritus auch schon während der Taufvorbereitung seinen Platz bei der Aufnahme in den Kreis der Taufbewerber (auditores) und in dcn der dann schließlich zur Taufc Zugelassenen (competentes). Vgl. GROSSI, Baptismus, Sp. 587f., C. VOOEL,
HandauOegung I (liturgisch): RAC XIII, Sp. 486. 201 Vgl. A. SCHlNDL:!R, Baptismo (Oe -): AL I , 5S0.
209 Vgl. HAENCHEN, a.a.O. 293, W. GRUNDMANN, �t'ya<;. B. im NT. 6. 1i �qaAT\ bUvaIJ.l<;, Apg 8, 10, ThWNT IV, 546f.
210 Vgl. H. R. DROBNER, Lehrbuch der Patrologie. Freiburg 1994, 87. 2 I t Vgl. H. LJETZMANN, Simon Magus: RE 111 A, 1 , Sp. 1 8 1 . 183.
124 Vier Themenpredigten
zatus a Philippo diacono, sieut in aclibus aposl% rum [egitur, pecunia voluil a sonetis apos/olis emere, ul eliam per impositionem manus eius darelur spritus sanctus. hie magids [al/acUs decepera/ mullOS. docebat autem detestandam turpitudinem indifferenter utendi Jeminis. nec deum mundum [eeisse dicebat. negabal eliam camis resurreclionem. el asserebat se Christum; itemque lovern se credi va/ebal Minervam vero mere/ricern quandam He/enam, quam sih; sodam see/erum fecerat. imaginesque er suam et eiusdem meretricis discipulis suis praebeba/ adorandas. quas et Romae tamquam deorum simulacra QuCloritate publica cansli/ueral. in qua urbe aposlulus Petrus eurn vera vir/ute dei omnipo/entis exstinxit.212
z. 38f. non meruil redimi abs spiritu: mereo(r) c. info ist iJ! den Predigten häufig, utfinale beim Aktiv nur ausnahmsweise (s. 174, 2 (PL 38, 941), gelegentlich aber beim Deponens (s. 163, 9 (PL 38, 893), s. Dolbeau 1 8 (AB 1 10 ( 1992), 299), 10. ev. Ir. 74, 2 (CCL 36, 5 13) zu finden. Die Junktur redimi abs spirilu mag zunächst verwundern, da Erlösung zumindest im
212 Zur gÖlllichen Verehrung von Simon und Helena in Rom (unter Claudius) vgl. lustin, apol. I, 26, 2-3 l111rovo (sc. XQOtjl6)..)..OVTO oi oaiIJOVCC;) �tv TIW I.o.�llQta, Tav WtO KWlJl1C; )..CYOlltVTlC; rni)G)v, Oe; Ex .. K>..ttOOi.ou KaioaQ<>(; oUl TG)V tvcpyoUvrwv oru1l6V<Ov TtX.Vl1C; buvcilJClC; XOI.l\OOC; lJ<lytICUC; tv Tfi X6A.Cl "IJ-G)v ßaOlAiÖl ·pwlJ-n i)E� tvof,dottll lCat aVOQttivn xaQ· UIJG)V <i>c; ttEOc; lEn�l1TUl, öc; avbQtnc; avcyfl'YcQlUl (V T@ TlPEQt JtOlOIJ.@ lJE1:ol;u TG)V 000 YEqn)QGlv, t'x.rov tX1n�oq)l'1V ProlJatlCf!v TamIlv' SIMONI DEO SANCTO. Kai ox.cböv JtUVtt:C; IJtv WIJUQEiC;, 6)'1:yOl. bt KaI. tv äAA.OU; lOvcOtv, <ix; T6v XQ&TOV ttEOv tlCElvov 6jJ.o).oyoOvuc; XQOOK\IVOÜCJt· Kai. ·EAtV11V TIva. TI;V l'tEQl VOOTl\oaoov aml{) KaT' tlCdvo TaO ICCllPOU, l'tQ6TEQOV txi TtyOU; OTaßEtoov, Tilv Ux' Qmo'Ü lvotav l'tQWTrIV YEVOIJCvl1V ).tyOlJOl (Einen gewissen Simon (brachten die Dämonen hervor), einen Samaritaner aus dem Darr Gitthon, der unter Kaiser Claudius durch die Kunst der in ihm wirkenden Dämonen Zauberkräfte unter Beweis gestellt hatte und daher in eurer königlichen Stadt Rom rur einen Gott gchallen wurde und als Gott mit einer Statue von euch geehrt worden ist, die im Tiber zwischen den beiden Brücken errichtet worden ist mit der rolgenden römischen Inschrift: SIMONI DEO SANCTO. Und beinahe alle Samaritaner und auch wenige in den anderen Provin· zen beten jenen an, wobei sie ihn als den ersten Galt bekennen. Und eine gewisse Hele· na, die mit ihm zu jener Zeit umhergereist ist, rrtlher freilich in einem Bordell gelebt hat· te, nennen sie den ersten von ihm erzeugten Gedanken.). Daß lustin dabei die 1574 ge· fundene Inschrift zu Ehren des sabinischen GoUes Semo Sancus (\/gl. CIL VI, I , NT. 567, p. 108) mißgedeutet hai (so LI�IZMANN, Si mon Magus, 1 8 1), erscheint nicht zwin· gend (vgl. S. Justin, Apologies. lnuoduction, texte critique, traduclion, commcntaire et index par A. WARTEu.E. Paris 1987, 264f.). Die Auseinandersetzung Simons mit Petrus in Jerusalem und Rom wird in den apokryphen Petrusakten, spez. den ACllls Vercellen. ses bzw. Actus Pcfri cum Simone (Lipsius) (entstanden 180-190) erzählt, als deren Höhepunkt Simon bei der Zurschaustellung seiner Flugkünste Ober Rom \/on Pelrus durch ein Gebet zum Herrn zu Fall gebracht wird und sich ein Bein bricht, vgl. Act. Petr. c. Sim. 32 (lIPSIUS I Bol\'NET I, 83).
Sermo 266 125
NT speziell von Christus ausgesagt wird und der Geist nicht der eigentliche Erlöser iseu. Doch redirn; wird hier offenbar als gratiam habere verstanden und meint als Vollendung und Bestätigung der Erlösungstat Christi das erneuerte Leben im Geis!,l" das die Apostel schon fUhren und das bei ihnen ganz besonders in der Vollmacht der Geistvennittlung zum Ausdruck kommt, vgl. Z. 62-65: lune Simon ille admiralus lanlam gratiam [vgl. V g Acl 8, 19 date et mihi hane potestatem] pecuniam dare volui/ ( . . . ) et tanla gralia indignus inventus es/.
Daß man in diesem Zusammenhang in dem ersten Wortspiel gratiam non agnoveral. nam si gra/iam agnosceret, gratis haberet einen eindeutigen Hinweis auf die antipelagianische Lehre von der gra/ia gratis data sehen muß (s.o. die 'Einfilhrung'), scheint mir fraglich. Denn es geht hier nicht um eine Verhältnisbestimmung von Willensfreiheit und Gnade, sondern um Verwerfung der hochmütigen Vorstellung, der Geist sei eine käufliche Ga· be, der menschlichen Verfügungsgewalt anheimgegeben. Hätte Simon die Unverfügbarkeit der Geistmitteilung (das gratia esse) anerkannt, hätte er diese auch unentgeltlich, d.h. aus freier Gnade des Geistes selbst (vgl. Z. 85fT.) bekommen können'u Das Wortspiel beruht dabei zwar auf Paronomasie und etymologischer Verwandtschaft, doch es gewinnt seinen überraschenden Effekt eigentlich erst durch die Oppositio von peculliam (Z. 36) und gratis, so wie auch das folgende Spiel mit wörtlich verstandenem Sim· plex (emere) und übertragener Bedeutung des Kompositums (redimi)216
m Vgl. CouRTIi, Sakramente, 127. Gleich wie redemptio Oblicherweise das durch Christus (als Lösegeld, vgl. Mt 20, 28, Mc 10, 45, bei Augustin 1.B. trin. 1 3, 1 9 (CCl 50A, 408) in hoc redemplione (vgl. Col I , 14) lomquam prelium pro nobis dolus esl sanguis Christi) erworbene Heil bedeutet (vgl. B1aise, Vocabulaire § 226), so gilt dies entsprechend der nll. Verwendung (vgl. Tit I , 14 (gr. AUTQO\Ja""OCU), Ga1 4, 5 (gr. t�ay�clv» auch rur den Gebrauch von redimere bei christi. Autoren (seit Tertullian), vgl. ebd. § 227 u. Dictionnaire 704 s.v. 2.
114 Durch das Geschenk des HI. Geistes lehrt Gott. daß die durch Christus erkaufte Annah· me an Kindes Statt (adoplio jiliorum) auch den Heiden gilt, so Augustins Auslegung zu Gal 4, 5 in exp. Ga!. 3 1 (eSEL 84, 98). Den sakramentalen Nachlaß der SUnden durch den Geist bekennt die liturgische Tradition der Kirche. vgl. etwa in der Postcommunio zum Pfingstdienstag im Missale Romanum von 1 962: menles nostras. quoesumllS, 00-mine, Spiritus Sanclus divinis reporet socromenlis: quio ipse es, remissio omnium pecca/orum (weitere Belege bei Blaise, Vocabulaire § 2 1 9).
m Der coni. impf. steht hier in beiden Kola der hypothetischen Periode als Potentialis der Vergangenheit, vgl. KOhner-Stcgmann 11 396f.
216 Vgl. zu den auf Paronomasie beruher.den Wortsp!eler. in Fonn von Simplex und Kom· positum bzw. etymologisch verwandten Wörtern verschiedener Struktur (letztere Form ist in den Sennones wegen des häufig geringen Überraschungseffekts selten) ehr. MOHRM .... NN. Das Wortspiel in den augustinischen Sennones, in: Etudes sur le latin des chrttiens I. Rom 1961 , 388. 341.
126 Vier Themenpredigten
deshalb beeindruckt, weil von der versuchten Simonie kurz zuvor die Rede war.
Z. 39f. suflicial tibi ul implearis, non ul injleris: Unpersönliches sujJicit (statt salis est) mit folgendem ut conseculivum ist nachklassisch (vgl. Kühner-Stegmann II 242). Implere, das hier zum Ausdruck göttlicher Geistmitteilung der menschlichen Geltungssucht entgegengesetzt ist (vgl. plenitudo - injlatio in s. 36, 1 1 (CCL 41 , 443» , gehört bei Augustin zur soteriologisehen Begrifflichkeit, ist doch damit das Gnadengeschenk der Erlösung verbunden (vgl. Z. 39 redimi abs spiritu). Dementsprechend heißt es in civ. 22, 30 (CCL 48, 864) von der civitas dei, die das endgültige Heil ewiger Sabbatruhe erreicht hat, sie werde ab omni malo liherata el impleta I)f'tni bonD sein.
Z. 5 1 Phi/ippus evangelisla: Vgl. Act 2 1 , 8. Das in profaner Literatur nur selten verwendete Eoo.YYEA.t.O({1�217 hat im NT (außer Act 2 1 , 8 nur noch zweimal: Eph 4, 1 1 ; II Tim 4, 5) die Bedeutung "Verkünder der frohen Botschaft" und meint .. mehr eine Tätigkeit als ein Amt,,218. So versteht auch Augustin den Titel, wenn er ihn !Ur Philippus auf die zungenfertige Redeweise seiner Predigt (vgl. zu ihrem Erfolg Act 8, 12) zurückfUhrt: Z. 54f. Philippus, qui propter promptum praedicationis eloquium evangelisla proprie meruit appe//ari.
Zu eloquium als ratio loquendi nennt ThLL V, 2 Sp. 4 14 s.v. I B rur Auguslin civ. 9, 4 GeWus vir eleganlissimi eloquii; 18, 28 eloquii prophetici sapor -promptus heißt in Verbindung mit der Rede "zungenfertig, flüssig" (vgl. OLD 1487 s.v. 4 cl. Bei Augustin finden sich dafllr deutliche Belege in s. 273, 8 (PL 38, 1251) in actibus apostolorum cum magnum miraculum fecisset apostolus Paulus in Lycaollia [vgl. Act 14, 6ff.], cives eiusdem regiollis sive provinciae putaverunt deos descendisse ad homines, et crediderunt esse Barnabam lovem, Paulum autem Mercurium, quia ipse erat in
111 LSJ 705 s. v. 11 fUhren als Beleg fUr die nichtchrist liehe Bedeutung "proclaimer of oracular messages" nur eine Inschrift aus Rhodos an (IG 1 2 ( 1 ), 675).
111 G. FRIEDRlCH, tooyytA.lotitt;: ThWNT 11, 735. Friedrich stellt fest, daß die mit der Gemeinde- und Missionspredigt (Timotheus zusltzlich mit der Gemeindeleitung 11 Tim 4, 5) betrauten Evangelisten den Aposteln untergeordnet waren. Denn auch jeder Aposlei war in dem oben genannten Sinne Evangelist, aber nicht umgekehrt, da die Apostel der Auferstandene berufen hatte. Die Bedeutung "Verfasser von evangelischen Schriften" ist im Griechischen ab dem 3. Jh. geläufig, weshalb evangelisto so verstanden zwar schon bei Tertullian vorkommt, doch erst seit Ambrosius. Hieronymus und Augustin üblich wird. Dagegen gehört evangelizore ,.das Evangelium verkünden" schon seit der Vetus Latina zur lateinischen Christensprache vgl. MOHRMANN, Sondersprache, 1 1 2.
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sermone promptissimus und bezogen auf die gleiche Schriftstelle s. 198 augm. (= s. Dolbeau 26, 13 (RechAug 26 (l992), 1 00» appellaverunt ( ... ) Paulum autem Mercurium, quod erat promptior in loquendo.
Freilich erweist sich Augustin in den Z. 54f. selbst als promptus (s. u. die Analyse des modus pro/erelldi z. St.).
Z. 57-59 ut aulem manus imponeret Philippus et eis manus imponendo impetraret spirilum sane/um, plus erat a dillconii ministerio ( • • • ) : Dieser für die Hörer zum Verständnis der 'gestreckten Initiation' notwendige Kommentar zeigt deutlich, daß Augustin den zuvor im Hinblick auf Act 6, 1-6 verwendeten Titel diacones im technischen Sinne einer kirchlichen Amtsbezeichnung verstanden wissen wi11219: Weil die Geistvermittlung im Anschluß an die Taufe eine Vollmacht voraussetzte, die dem Diakonat nicht zukam (plus erat a diaconii ministerio)220. mußte der Missionserfolg des Philippus erst den Aposteln (in Jerusalem) gemeldet werden, damit diese die Christianisierung Samariens in legitimer Weise vollenden konnten. Ganz dem lukanischen Bericht gemäß verbindet Augustin also das Kommen des Geistes mit dem zugehörigen Amt und Ritus''', läßt aber durch die Wortwahl seiner Narratio (spiritum invitayerullt - vgL die oben im Zusammenhang mit iIIi manus imponebant bereits zitierte Stelle aus Tert. bapt. 8, 1) und das Contrarium sed voluntarius. non coaclus keinen Zweifel daran, daß der Geist eine dem Menschen ungeschuldete göttliche Gabe bleibt.
Gegenüber dem Zeugnis von M bietet, wie Dolbeau gezeigt hat, die Maurinerausgabe hier mit ul autem audierunt apostoli, miserunt ad eO$ Pe/rum et [oannem, ut baplizatis manU$ imponerent e/ eis manU$ imponendo impelrarenl spirilum sanctum inyoCanles einen Text, der auf der Grundlage von Act 8, 14-17 die verdorbene Überlieferung zu konigieren sucht, die
219 Um den Amtsträ.ger zu bezeichnen, verwendet auch die Vulgata das Frem:twort in Phil I , 1 und 1 Tim 3, 8. 12; in weniger spezifischer Bedeutung wird &6.1(0\10<; dagegen mit minister übersetzt, vgl. MOHRMANN. Sondersprache, 103 sowie W. BEYER, btaKovtw KTA: ThWNT 11, 89. Obgleich die nach dem Bericht von Act 6, 1-6 gewählten sieben Gemeindepneger nicht ausdrücklich &6.1(0\101. genannt werden, galt der Text schon seit Irenäus (vgl. haer. I , 26, 3) als "Grundungsurkunde des Diakonats", siehe E. DASS
MANN, Kirehengeschichte I. Ausbreitung, Leben und Lehre der Kirche in den ersten drei Jahrhundenen. Köln 1991, 1 7 1 ; FOr diaconium als Funktionsbezeiehnung verweist Blaise, Dictionnaire 268 s.v. zuerst aufCypr. epist. 52, I .
220 Die Kirchenschriftsteller ersetzen den abI. comparationis häufig durch ab c. abi. oder eine andere präpositionale Wendung, vgl. KOhner-Stegmann 1 496, Blaise, Handbook § 12). m Vgl. PESCH, Apostelgeschichte, 275.
128 Vier Themenpredigten
sich an dieser Stelle noch in der Editio princeps abgedruckt findet: ut autem manU$ imponerel Philippus et eis manus imponendo impe/raret spiritum sanctum tinvocanlemt Simon admiratus tantam gratiam.222
Z. 66ff. tune ergo quia Simon ille hominum esse putaverat donum dei, ne apud infirmos haee suspicio jirmaretur, postea eunuchus quidam Candacae reginae veniebal de lerusalem ( ... ): Das Geschehen bei der Tau· fe des Äthiopiers durch Philippus dient flir Augustin offenbar besonders zur Widerlegung des Simon (vg1. Z. 85ff. sed ut ostenderet spiritus non verum suspiciatum esse Simonem, quod hominum donum esset spiritus dei, in hominem venit UberaUler el Iiberum feei/.) Folgt man dagegen der Interpunktion der Mauriner (tune ergo quia ( . . . ), ne ap"d infirmos IU'fec stlspicio firmaretur; postea ( . . . » , muß eine Brachylogie angenommen werden (tune ergo quia sc. aecipiebant spiritum sanelum per manus apaslalorom ( ... » . So verstanden hätte bereits die Simongeschichte den Zweck, einer falschen Bewertung der von den Aposteln zum Abschluß gebrachten Initiation vor· zubeugen. Der argumentative Duktus von s. 266 spricht aber eher für die oben vorgeschlagene Syntax: Erst diejenigen biblischen Exempla, die keine Handauncgung (Philippus und der äthiopische Kämmerer) oder Taufe (petrus und Comelius) voraussetzen, erweisen auch für die Glaubensschwachen die Unhaltbarkeit der sllspicio Simonis.
Z. 70 iIIe qui in Samaria praedicaverat: Der Ausfall dieses von M 20 Uberlicferten Kolons im Text der Mauriner erklärt sich leicht durch Augensprung. Angesichts der vielen Redundanzen und Wiederholungen, die der Sermo aufweist, wird man das stilistisch ungeHiliige Tetrakolon wohl zulassen mUssen, zumal auch in den voraufgegangenen Zeilen die Schrittfolge von praedieare, baplizare, neminem manllm impanere und apastoUs nuntiare mit dem Wirken des Philippus in Samaria verbunden wird (vgl. Z. 56-59).
z. 78f. inlerrogans: Ein nominativus absolutus als Partizip (vgl. Blaise, Handbook §§ 67. 364), welcher als Element einer "freieren Umgangssprache" in den Sermones mehrfach vorkommt und in seinen Funktionen dem abI. abs. gleichwertig i5t.223 Augustin gibt mit tune inlerragans (als part. perf. aufzufassen, daher der folgende cooi. imperf. als Konjunktiv der
122 Vgl. DoLßEAU, sermonnaire augustinien, 24. m Vgl. ehr. MOHRMANN, Die psychologischen Bedingungen der konstruktionslosen No
minativi in den Sermones des hl. Augustin, in: Etudes sur le latin des chretiens I. Rom 1 96 1 . 3 19.
Senno 266 129
Gleichzeitigkeit"') utrum de se ipso propheta diceret an de alio die Frage des Eunuchen wieder, welche sich in Act 8, 34 (V g) folgendennaßen ausgedrückt findet: respondens autem eunuchus Philippo dixit: «obsecro te, de quo propheta dielt hoc? de se an de aUa aliquo?»22S
Z. 79 aperta ianua occasionis evangelizavit Christum ianuam salutis: Statt der von den Maurinem gebotenen geschlossenen Wortstellung aperta occasionis ianua wird man an dieser Stelle wegen der besseren Klausel und der syntaktischen Parallelität zu ianuam salulis lieber die Lesart von M 20 aufnehmen: aperta ianua occasionis (crT statt Ce). Mit der Traductio von ianua - ianuam liegt zugleich ein "Wortspiel durch ambiguum . . 226 vor. Augustin verwendet dabei ianua zunächst in einer übertragenen Bedeutung, die er dem "missionarischen Sprachgebrauch" des NT entnehmen kann: Gott eröffnet dem Prediger die Möglichkeit erfolgreichen Wirkens [vgl. I Cor 16, 8f. permanebo aUiem Ephesi usque ad Pelllecosten; ostium enim mihi apertum est magnum et evidens ( . . . ); 11 Cor 2, 12f. cum venissem aulem Troadem proprer evangelium Christi et ostium miM apertum esset in Domino, non habui requiem spiritui meo ( . . . ); Col 4, 2f. orationi instate vigilantes in ea in gra/farum actione orantes simul et pro nobis, ut Deus aperiat nobis oslium sermonis ad loquendum mysterium Chrisli ( . . . )] und den Adressaten der Predigt den Zugang zum Glauben [vgl. Act 14, 27 cum Gutem venisselll el congregasselll ecclesiam , rellulerunt quanta !ecisset Deus cum illis el l/uia aperuissel gentibus ostiwlI jidei.].227 Dem Bild von
n. Vgl. Blaisc, Handbook § 361 . m HILL, der die Möglichkeit eines nom. abs. hier nicht in Betracht zieht und interrogans
rür ein auf Philippus bezogenes part. eoniunctum häh, merkt z. St. an (Sermons IHn,
273, Note 1 1 ): .. Augustine appears (from the grammar of the sentence) to suppose that Philip asked thc eunuch whom thc prophet was talking aoout - as a kind of teachers's opening gambit; though the tex.t clearly says the eunuch asked Philip." Er übersetzt daher (269): ,.And then asking hirn whether the prophet was saying this about himself or about somcone else, taking Ihis chance of a door being opcned to hirn, he gave him the good news of Christ, the door of salvation." Wenn HILL mit seiner Erklärung recht häne und Philippus seine eigene fraus pacdagogica zum Anlaß rur das evongelizare Christum nähme, wäre ein passivisches Verständnis von aperta ianua occasionis aber kaum naheliegend. Statt dessen müßte dann doch wohl eher übersetzt werden: .. nachdem er sich die Tür zu dieser Gelegenheit (mit seiner Frage) aufgestoßen hatte." Dies scheitert aber an der Bedeutung der ntl. VorbildsteIlen rur aperta ianua, in denen stets Gott der Handehldc: ist (s.o. 2.U Z. 79). 216 Vgl. MOHRMANN, Wortspiel, 3 3 1 .
m Vg!. Bauer, Wörterbuch Sp. 744 s.v. "ÖilQO. 2. c. und zur Verwendung des Bildwortes in der Missionspredigt J. JEREMIAS, ßUQ<.t: ThWNT 111, 174, welcher rur den profanen Gebrauch auf die bei Epiktet häufige Junktur li ßUQu nVOllCl"W im Sinne von "ich bin
130 Vier Themenpredigten
der 'offenen Tür' im Sinne einer günstigen (Missions)gelegenheit wird dann ein betont sotenologisches aus den Selbstprädikationen Jesu hinzugesetzt, welches ihn mit ianuam salulis als einzigen Heilsweg ausweist. Vgl. 10 10, 9 EYro Ei�l li Ö1JQa' bl' ,�oü ,<lv n<; Eiot)"ßn oroßlio€'{(lt Kai EiOt),,[oo€'{(lt Kai t�EAEOOET(lt Kai vo�itv EUQ';OEI. Dadurch, daß Augustin das Wortspiel statt einer weniger auffälligen Formulierung wählt - die Vulgata berichtet als Reaktion des Philippus auf die Bitte des Eunuchen nach Auslegung von Is 53, 7f. aperiens autem Philippus os suum et incipiens ab scriplura isla evangelizavit ilIi [esum (Act 8, 35) -, darf er bei den Hörern auf gesteigerte Aufmerksamkeit hoffen, welche bei den folgenden Ausfiihrungen besonders wichtig ist, da diese den ersten Beleg ftir das Kommen des Geistes ohn. Handaufleg'�ng nach dem Pfir.gstgeschehen enthalten.
Z. 8 1 f. ait Philippus: «s; credis, fiert potest,), et ille: «credo jilium dei esse lesum,, : Der von Augustin hier aus dem Gedächtnis zitierte Vers Act 8, 37 gehört zur westlichen TextOberlieferung des NT und wird als griechischer Texr21 schon im 2. Jh. durch Iren. haer. 3, 1 2, 8 sowie später vom Codex Laudianus (E 08 [saec. VI]) vielen Minuskelhandschriften, einigen Lektionaren sowie einer Handschrift nach Beda bezeugt?29 Neben anderen
•• • Ubersetzungen verweist das Greek New Testament fur den Vers auch auf eine Vielzahl von Handschriften der Vetus Latina. die Clementina (vgC1: dixit autem Philippus: si credis ex 1010 corde, Iicel. et respolIdelIs air: credo Filium Dei esse lesum Christum) und Zeugnisse bei weiteren lat. Vätern neben Augustin (Cyprian, Ambrosiaster, Pacian, Chromatius). Man muß rur das NT hier wohl mit einem Zusatz rechnen. Denn abgesehen von der besseren äußeren Bezeugung der Auslasslmg wäre flir diese bei Ursprünglichkeit von V. 37 höchstens ein Lesefehler denkbar, wohingegen der Einschub sehr gut dadurch motiviert ist, daß erstens eine Antwort auf die Frage quis (Vg außer Sixtina und Clementina) prohibe/ me baplizari? gegeben und zweitens ein Hinweis auf den Glauben als notwendige Tautbedingung
frei, überall hinzugehen" verweist (vgl. ebd., Anm. 10 mit weiteren Belegen aus der Kaiserzeit).
m dXEV bt airt4> (6 1t)lA.wt�)· Ei (tav) Xl.C'TEUEle; tl; (5).11e; ("f1e;) KaQblae; 00\), t!;,Ecm." (O(i)ßftoEI). WtoKQlßdC; bt dXEV' XlC'TEUco lOV ui.Ov lOU ßEoil dvw. '11100W XQl0l6v (Eie; "ov XQtC'TOV "0" uiov lOU ßEOU). Den eingeklammerten Text bielen: E itC Greek tnS"" '08cdc
ln Vgl. z. SI. GN-r u. METZGER, Commentary, 3 1 5.
Senno 266 1 3 1
(vgl. Act 8, 12-13) - hier in nichttrinitarischer Bekenntnisfonn - nachge. d 23. tragen WIr .
Z. 83f. posteaquam ascenderunt, venit super eunuchum spiritus sanc/us: Wie die Mauriner z. SI. anmerken (PL 38, 1227), gibt Augustin damit abweichend von der Vulgata eine Textfassung von Act 8, 39 wieder, tUr welche sie auf die Übereinstimmung mit einigen griechischen Zeugen und Hieronymus c. Lucif. 9 (PL 23, 1773)'31 hinweisen. Das Greek New Testament4 nennt dementsprechend, bezogen auf den griechischen Text2J2, außer Minuskelhandschriften und dem Lektionar 1 1 78 [saec. XI] (alle auch Zeugen ftir V. 37) den vOn erster Hand korrigierten Codex Alexandrinus (A 02 [saee. V)), sowie für die lateinische Übersetzung neben Hieronymus und der Vulgataüberlieferung auch die Codices ar (saec. IX), I (saec. VU), p (saec. XII) und (mit geringen Abweichungen) w (saec. XIVfXV) der Vetus Latina. Freilich spricht auch hier die gute äußere griechische Bezeugung für den kürzeren Text. Andererseits erscheint im Gegensatz zu V. 37 eine Auslassung aus dogmatischen Gründen nachvollziehbar, da in V. 39 ein Widerspruch zur der zuvor berichteten lnitiation durch apostolische Handauflegung gesehen worden sein mag.2n
Z. 102 oblitus es Cornelium centurionem: Der acc. pers. bei oblivisci findet sich klassisch nur in der Dichtung (vgl. Kühner-Stegmann 1 471). Zu der folgenden sog. Comeliusgeschichte vgl. Act 10,1 - 1 1 ,1 8. Auf dieses lange zusammenhängende Textstilck wird in der patristischen Literatur außerhalb von eigentlichen Kommentaren zur Apostelgeschichte (Augustin hat einen solchen nicht verfaßt) insgesamt selten Bezug genommen.234 Im
2JO Vgl. ebd. G. SCHNEIDER, Die Apostelgeschichte. I. Teil. Einleitung. Kommentar zu Kap. I , I - 8, 40. Freiburg 1980 (HThK 5), 507 identifiziert Act 8, 37 als .. Taufgespräch", das er auf die dahinterstehende Gemeindepraxis zurilckflihn. III Er descendenm/ ambo in aquam; e/ baptizavit eum Philippus. et Cllm abscederenl ab aqua: spiritus sanctus venit in eunuch um.
lJ2 Siall ön bt a.vfßTloD.v tK "TOÜ OOD."TO;, :J(VCÜ�D. K\.IQlo\J iiQltD.oCV "(ov c!>iMDOv K"tA wird gelesen ön bt avtpTJoav tx: "(0\1 ooa"TOC;, xvt.(j�a ii"'floV txtxtocv txi "TOV t.ÜVOüxov, ünüoc; bt KUQto\J ii�xaat.v "TOV $iAtJOtov JClA..
m Vgl. METZGER, Commentary., 3 1 6. E. SCHWEIZER, XVC\I�a, JtVE\J�am(6r;. E. 11 . 4: ThWNT VI, 406f. weist darauf hin, daß der Geist im NT sonst nie eine Entrilckung vor· nimmt, und zieht außer einer dogmatischen Korrektur auch die Möglichkeit in Betracht, die Auslassung kön!le durch mcehanisches Abirren ven xvEü�a zu �o\J entstanden
• sem.
ll4 So noch Cyrill v. Jerusalem catech. 17, 27 (PG 33, 997-1 000), Ambrosius spir. 2, 10, 103-107 (CSEL 79, 1 26-1 28), Hieronymus cpist. 1 1 2, 7-8 (CSEl 55, 373-376) und bei Augustin außerdem cn. Ps. 96, 13 (Cel 39, 1 365f.). Im allgemeinen beziehen sich die
1 32 Vier Themenpredigten
Kontext von s. 266 soll damit nicht nur der entscheidende Nachweis rur das freie Wirken des Geistes erbracht werden, sondern die ausftihrliche Erzählung und Kommentierung dienen Augustin gleichzeitig dazu, die petrinisehe Heidenmission als ersten gottgelenkten und daher völlig legitimen Schritt auf die Catholica hin vor Augen zu stellen.
Z. 108 ( . .. ) et quod praeciperet jaciendum: In Act 10, 6 wird, nachdem der Engel Cornelius den Gastgeber des Petrus und dessen Behausung am Meer genannt hat, omo<; AUAi}OEl OOl Ti OE beI ltOlEIV nur von 691T'18 (saee. XV) und wenigen anderen griechischen Handschriften geboten. Für diese wohl in Anlehnung an Act 1 1 , 14 vorgenommene Ergänzung (ö<; AaA�aEL
QtlllllT.O :rtQOC; OE EV oIe; oroßiton mJ xai n:d<; 6 OiK6� aou)2JS zcagen nach Nestle-Aland" außerdem der Codex p (saec. XII) der Vetus Latina, sowie die Clementina (vg" : hic dicet tibi quid te oporteat jacere). V gl. bei Augustin besonders noch ep. 189, 4 (CSEL 57, 133f.) in his [die in gottgeralliger Weise Kriegsdienst leisten] era! et We Cornelius. ad quem missus angelus dixit: Comeli, acceptae sunt elemosynae tuae et exauditae sunt orationes tuac [Act 10, 4. 3 1 ] ; ubi eum admonuil, u! ad beatum PetrwlI aposfolum mitteret ef ab illo audirel, quaefacere deberet.
Z. 1 1 I f. cum millit Cornelius, interim admonetur Petrus: Diese Syntax empfiehlt sich gegenüber der von den Maurinem vorgeschlagenen (erat ;nde magIla cUlIctatio, clIIn mittil Cornelius. interim admonetur Pe/rus, ( ... ». Denn an die Korrelation cum - interim, die in Z. 1 1 3 wiederholt wird, schließt gut die Einteilung et hic et ibi (Z. 1 1 2) an, während eine zeitliche Verbindung der aus der Kontroverse um die Heidenmission entstandenen magna cunclatio mit der Botensendung des Cornelius zumindest mißverständlich sein könnte, da dieser selbst keinerlei Bedenken hatte, den Auftrag des Engels auszufUhren (vgl. Vg Act 10, 7f. und besonders 10, 33 confestim igitur misi ad /e).
Väter, wenn sie mehr als einen Vers der Comeliusgeschichte anflihren, nur auf eine Szene des Textes, vgl. F. BOVON, Oe Vocatione Gentium. Histoire de finterpretalion d'Act. 10, I - 1 1 , 1 8 dans les six premiers siccles. Tübingen 1967 (BGBE 8), 24r., der daher folgendermaßen gliedert: I'apparition de range a Comeille (Ac! 10, 1-8) [vgl. s. 266, Z. 105-108], la vision de PierTe (Ac! 10, 9-16) [vgl. s. 266, Z. 1 13-129], le depan dc I'apöIre sous rimpulsion de rEspri! (Act 10, 1 7-23a) [vgl. s. 266, Z. 105-1 07], la visile dc PierTe a Comeille (AcI 10, 23b-33) [vgl. s. 266, Z. 129-132], le discours de rap6tre (Ac! 10, 34-43) [vgl. s. 266, Z. 136f. 145f.], I'cfTusion de l'Esprit sur Comeille (Aci 10, 44-48) [vgl. s. 266, Z. I 46f.], 1a dispute a Jerusalcm (Aci 1 1 , J - 1 8) [vgl. S. 266, Z. 149-152].
m So auch verschiede griechische Minuskeln im Anschluß an V. 10, 6, vgL z. SI. NESTLEALANOl1 U. MErZ.GER, Conunentary, 325.
Senno 266 133
Z. 1 12f. agilur negotium regni caelorum, et hic et ibi, ab iIlo qui ubique est: Das Bild vom nego/iatar regni cae/orum (vgl. Rutin. Orig. in cant. 2, p. 167 (Corp. Bero!. 33)) geht zurück auf Mt 13, 45f. (Vg) iterum simile est regnum cae/orum hom;n; nego/ia/or; quaerenti hanas margaritas. in venia autem una pretiosa margarita abii! et vendidit omnia, quae habuit, et emit eam. In s. 37, 3 (CCL 41 , 451) redet Augustin die Hörer als negotiatores regni cae/orum an; im vorliegenden Sermo, in dem der Nachweis der Souveränitat des göttlichen Wirkens das zentrale Anliegen der Argumentation ist, wird durch die auffallige Antonomasie qui ubique est236 Gott als derjenige vorgestellt, der das 'Geschäft des Himmelreiches' betreibt.231 Man darf im Zusammenhang unserer Stelle vielleicht zusätzlich an das Herrenwort aus Mt 16, 19 tibi dabo claves regni caelorum denken, zumal Augustin in Z. 104 Petrus allegorisch als ecclesia deutet.23! Gott selbst erschließt dann insofern das Himmelreich, als er seine Kirche (Petrus) zu den Heiden (Comelius) sendet, und diese gleichzeitig nach ihr schicken läßt. In bapt. 4, 28 (CSEL 5 1 , 256) wird mit Blick auf 10 3, 5 (nisi quis renalus Juerit ex aqlla et spiritu, non intrabil in regnum caelorum) und Mt 5, 20 (nisi abundaverit iustitia vestra plus quam scribarum el pharisaeorum, non intrabitis in regnum caelorum) Comelius bescheinigt, daß seine außerkirchliche iustilia zwar anerkannt worden sei (Act 10, 3 1), offenbar aber (warum sonst das ad Pelrum miuere) nicht ad capessend11m regnum caelorum ausreiche.
Z. 1 14f. oranlis mens alienata est; sed ab injimis ad superna; non ul deviaret, sed ut videret: Die Vision des Petrus in Joppe wird im Corpus Augustinianum unter verschiedenen Aspekten behandelt.239 Was oranlis
B6 Augustin schreibt von den Vätern die erste 'Monographie' über die göttliche Allgegenwart, den Uher de praesenlia dei ad Dardanum (= ep. 187), vgl. K. RAHNER, Allgegenwart. IV. Väter: L ThK2 I , Sp. 351 .
U7 Geläufiger ist das Bild im Zusammenhang mit Christus, der als negotiator caeleslis gleichsam das Heil erkauft, so bei Augustin z.B. in en. Ps. 30, 2, I , 3 (CCL 38, 192), oder 10. ev. tr. 62, 4 (CCl 36, 485) agebat negotium ( ... ) nostrae redemptionis, vgl. schon Ambr. in psalm. 45, 7, 3 (CSEl 64, 334) pius animarum nostrarum negotiator.
2J8 Vgl. in bezug auf Mt 16, 1 9 auch s. 295, 2 (Pl 38, 1349) has enim claves non homo unus, sed unitas accepit ecclesiae. hinc ergo Pelri excellentia praedicatur, quia ipsius universitatis et unitatis ecclesiae figuram gessit, quando ei dictum est, tibi trado, quod omnibus lraditum est.
lJ9 So z.B.: ( 1 ) im Rahmen erkenntnistheoretischer Erklärung einer Vision bzw. Ekstase (vor allem in Gn. litt. 12, 2. 1 1 . 34 (CSEl 28, 1 , 38 1 . 394f. 432» , (2) als Wortfelduntersuchung (speziell zu Act 10, 1 3 occide el manduca, s.o. zu Z. 1 1 8f.), (3) im Zusammenhang der Erzählung der Comeliusgeschichte (außer s. 266 und en. Ps. 96, 13 (s.o.) noch cath. fr. 30 (CSEl 52, 269» und schließlich (4) als ausdrückliches Predigtthema in s.
134 Vier Themenpredigten
mens alienata es! (vgl. Vg menUs excessus) meint, erk1ärt Augustin in en. Ps. 103, 3, 2 (CCL 40, 1499): il/o igitur orante [acta est mentis alienatio, quam Graeci ees/osin dieunt; id est, aversa esf mens eius a consueludine corporali ad visum quemdam contemplandum, aUenata a praesentibus. Solch eine ekstatische Vision ist also keine Wahrnehmung mit den Sinnen des Körpers (visio corporalis), sondern sie findet nur im Vorstel1ungsvermögen statt (visio spiritualis), und zwar ab in firnis ad superna, d.h. als Entrückung nicht in das caelum primum tiber den Wolken oder das caelum tertium, wo die göttliche Substanz selbst geschaut wird, sondern in den Bereich der Imagination, in das caelum secundum, quod spiritu cernitur (vgl. Gn. litt. 12, 34 (eSEL 28, 1 , 432)). Damit ist zwar im Verhältnis zur consuetudc corporalis des Geistes ein fortgc3cluittenes Sehen erreicht (vgJ. das Wortspiel (mit Assonanz) non ut deviaret, sed ut videret), doch werden die signa der visio spiritualis von Petrus nicht verstanden, bis noch eine visio corporalis - die Ankunft der von Comelius geschickten Soldaten und die Auskunft des HI. Geistes (vgl. Z. 1 30ff.) - hinzutritt und die adiuta divinitus mens durch den Bezug der ersten beiden l'isiolles aufeinander schließlich eine visio intelleClualis hat. 240
Z. 1 18f. «Petre, surge; macta et manduca.»: macta (statt occide) liest in Act 10, 13 die Vulgata nur in der Editio Wittembergensis (1529). Der wohl zur Vetus Latina gehörige Text (Augustin zitiert so auch Faustus v. Mileve (c. Faust. 3 1 , 3 (CSEL 25, I , 758)), der durch Alliteration und Homoioteleuton einprägsam ist, wird allegorisch gedeutet in Z. 129 occide quod SUnI, tac quod es, womit Augustin, wenn man die Allegorie zum Visionär selbst hinzunimmt (Z. 128 esuriens Petrus, ecclesia desiderans fidem gentium), zeigen will, daß die Kirche die Heiden in ihrem sündhaften Leben schlachten und sie sich zu einem besseren Leben einverleiben soll [co Faust. 12, 22 (CSEL 25, I , 350) legt in diesem Sinne auch den Bund mit Noah aus, dessen Nachkommen alle Tiere zur Speise gegeben werden, vgl. Gn 9, 3]. Francrois Bovon weist daraufhin, daß diese augustinische Deutung der Joppevision Originalität filr sich in Anspruch nehmen darf. DemgegenUber waren die folgenden Allegorisierungen schon der exegetischen Tradition vor Augustin bekannt: discus [statt dessen bei Augustin auch vas oder /in-
149, 1 - 10 (PL 38, 800-803), \lgl. BoVON, Oe Yoealione Gentium, 166, der freilich en. Ps. 103, 3, 2 eher zu ( I ) als zu (3) rechnen müßte (siehe den Text oben).
240 Ygl. zur Unterscheidung der drei Arten der v;s;o in bezug auf die Joppevision bes. c. Adim. 28 (eSEL 25, I , 188f.) und Gn. lin. 12, 1 1 (eSEL 28, I , 394f.). Die zugrundeliegende erkenntnistheoretische Konzeption ist wohl neuplatonisch und verdankt sich der Pneuma-Spekulation des Porphyrius, \lgl. W. WIEI..A.ND, Offenbarung bei Augustinus. Mainz 1978 (IIS 12), 43f.
Senno 266 135
teurn, vgl. V g Act 10, 1 1 ] = orbis terra rum; qua/uor lineae = qua/uor partes orbis [errarum bzw. qua/uor orbis cardines; animalia = gentes; ter submissus discus = commendatio trinitatis bzw. der trinitarischen Taufformel aus Mt 28, 19"\ quae deus mundavit (Act 10, 15) = (genies) quae eh · d .
d . ·b · . d lfi I "') 24) rEsto a vemente onalls Sl I peccatls mun ae sun ae ae .
Z. 126 (<.ab oriente et occidente, et ab aquilone et marj» : Bei dieser Schriftstelle, die Augustin zur Deutung des an vier Schnüren befestigten Tellers heranzieht, denkt er - wie mari (vgl. Vg, LXX ("'0 ßaMOOTl'; rur das hebr .jam) zeigt - wohl zunächst an Ps 106, 2f., wo von der Sammlung der vom Herrn Erlösten aus allen vier Himmelsgegenden die Rede iSt.244 Freilich gehört hierher auch der Vers Lc 13, 29 (Vg et venient ab oriente et occidenle el aquilone et aus/ra et accumbent in regno Dei), welcher die Heidenvölkerwallfahrt im Kontext der Gerichtsandrohung gegen die Juden nennt24S, doch Augustin verwendet beim Anfuhren dieser Stelle für den 'Süden' immer ausler (vgI.Vg) oder meridies.'46 In en. Ps. 85, 1 4 (CCL 39, 1 1 88) wird die weltweite Wandlung der omnes gentes zur una gens dei als Großtat Gottes in deutlicher Polemik dem Größenwahn des Donatus gegenübergestellt: quare una gens? quia unafides, quia una spes, quia una caritas, quia una exspectatio. postremo quare non una gens, si una patria? patria caelestis est, patria lemsalem est; quisquis inde civis non est, ad islam gentem non pertinet; quisquis autem inde civis est, in una gen te dei esl. et haec gens ab oriente in occidentem, ab aquilone et mari distenditur per qualluor partes totius orbis. hoc deus dicit: ab oriente et occidente, ab aquilone el mari date gloriam deo. hoc praedixit, hoc implevit, qui solus est magnus. desinat ergo hoc dicere contra so/um magnum, qui noLuit esse parvus, quia non possunt esse duo magni, deus el Donatus.
241 Siehe en. Ps. 103, 3, 2 (CSEL 40, 1500). zu So ausdrücklich in s. 149, 6 (Pl 38, 802). 24l Vgl. BOYON, Oe Vocatione Gentium, 178.180. W Vgl. das Zitat in s. Mai 98, 4 (MA 1 , 350) qui redempti sunt a domino. de regionibus
congregavit eos, ab oriente el occidenle, el aquilone el mari. In Nachahmung hebrä· ischer Idiomatik wird in der Schrift rur gewöhnlich mit mare nicht der 'SOden', sondern der 'Westen' bezeichnet, vgl. Aug. loc. 6, 9 (CCl 33, 455) consuetudinis est autem scripturarum, ut occidentalem partem a mari appellet vel ad mare ( . . . ), vgl. Thll VIII Sp. 386 s.v. I B 8, SauteT 243 s.v.
m Vgl. H. MERKLEIN, Die Jesusgeschichte - synoptisch gelesen. SlUugart 1994 (SBS 1 56), 1 61.
Z46 Vgl. c. Faust 33, 2 (CSEl 25, 1 , 788), c. mend. 24 (CSEl 4 1 , 502), cath. Fr. 37 (CSEl 52,280), s. 203, 3 (PL 38, 1036), s. 270, 3 (PL 38, 1 240).
136 Vier Themenpredigten
Z. 1 32ff. et sieut legitur, nuntiatur Cornelio, occurrit humiliter, prosternitur humiliter, levatur humilius: ln Augustins rhetorisch verdichteter Zusammenfassung des lnhalts von Act 10, 25-26 deutet nuntiatur Cornelio darauf hin, daß er in Vers 10, 25 einen Text liest, welcher das sonst überlieferte 6><; OE tytVETO TOÜ EiOdßElv TOV rlETQOV, owuvnioae; airrq; 0 KOQV1\Moe; ltEOWV tlti TOUe; ltooae; ltQOOEKINllOEV (vgl. Vg elfaclum eSI cum introissel PeJrus, obvius venit e; Carne/ius et proeidens ad pedes eius adoravil) erweitert: ltQOOEni1;OVTOe; OE TOÜ rltTQOU Eie; TtlV KmouQEluv ltQooQu�wv EIe; Töiv ooiJ/"rov OtEOIlq>T]OEV ltaQayqovEvm oirr6v. " OE KOQV1\Moe; tKltT]oljoue; Kai owuVTljoae; uirrq; ltEOWV ltQoe; TOUe; ltOOUe; 1tQOOEK'UvTJOeV (Als sich Pctrus Cäsarea näherte, lief einer der Diener voraus lind meldete, d�f.\ er cmgekoITL'llen sei. Corneli:.ls sprang auf, ging ihm entgegen, warf sich ihm zu Füßen und huldigte ihm.)''', nach NestleAland" so geboten vom Codex Bezae Cantabrigiensis (0" 05 [saec. V]) und (mit geringen Abweichungen) auch von der spätesten altlateinischen Handschrift des NT, dem Codex Gigas (gig [saec. XlII])"', sowie einer Marginallesart der syrischen Harklensis (sy� und einer mittelägyptischen Übersetzung (mae)).
Z. 143f. ubi sunt qui dicebant - propterea enim totum narravi, propter quod volo dicere ( ... ): In Erinnerung an die gegnerische These verwendet Augustin dicebafll hier konstatierend (eine bei den Verben des Sagens häu� figer zu beobachtende Tempusfunktion des Imperfekts, vgl. HofmannSzantyr 3 17). Mit dem abundierenden propterea ... propter quod "deshalb . . . weil" übernimmt er biblischen Sprachgebrauch, wie er ihn etwa in [s 53, 12 vorfindet: proplerea ipse hereditabit comp/ures el lortium partie/ur spolia. propter quod Iradita est ad mortem anima eius et inter iniquos
l'1 HAENCHEN, Apostelgeschichte, 337, Anm. 3, erklärt die Textfassung so, daß E:ytvc'to Toli dOEki)civ "[ov nt'tQOv "als Petrus im Begriff war, (ins Haus) einzufreten" [das ab· undierende (final·konsekutive) toü beim ad nach Vorbild der LXX, vgl. BI..·Debr. § 400, 7 z. St.] auf PeIn Einlritt in die Stadt bezogen und deshalb entsprechend erweiten wurde. Vgl. auch METZGER, Commentary, 329: "The expansion in the Western text of this verse appears to have arisen from reflccting upon the difficulty involved in the ordi· nary text, that Comelius could not have known exaetly when to go out to meet Peter and to summon his kinsmen and elost fricnds 10 his horne.
"
HI Der "altlateinische Charakter" ist bei gig nur in Act und Apc erhalten; der übrige Text folgt der Vulgata, vgl. K. u. B. ALAND, Der Text des Neuen Testaments. EinfLihrung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modemen Textkritik. Stuttgart 21989, 193. METZGER, a.a.O., 329, verweist zur Stütze von Oe. noch auf andere lat. Zeugen, so wie teilweise itP (sacc. XII).
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aeslima�a esl ( .. . ). Vgl. cons. ev. 1 , 47 (CSEL 43, 50), pecc. mer. I , 54 (CSEL 60, 53), civ. 18, 29 (CCL 48, 620).
Z. 145f. evangelizante Petro Cornelius et omnes, qu; cum illo erant gens, id est gentiles, crediderunt: Zur Konstruktion des Relativsatzes bemerken die Mauriner (pL 38, 1228, Anm. I): forte eranl audienles. In dem von ihnen gebotenen Text - M überliefert hier statt dessen die wohl sekundäre Numerusangleichung gentes - läßt sich erant als verbum substantivum auffassen (wie auch in en. Ps. 96, 1 3 (CCL 39, 1365) ipse Comelius el i/li qui cum i/lo eranl, s. 99, 12 (pL 38, 601) coepit [sc. Pelrus] praedicare Christum lesum et illi et eis, qui curn Wo erant u.Ö. Augustin nimmt damit eine seinen Hörern ganz geläufige Fonnel auf: z.B. (Vg) n Macc 8, I ludas vero Maccabeus et qui cum Wo erant introibant, Me 1 , 36 et persecutus es! ewn Simon el qui cwn Ulo erant, Lc 5, 9 stupor enim circumdederat eurn et Ol1l11es qui cUn! iIIo erant in cap/ura piscium quam eeperan!); gens, das Augustin offenbar mit Blick auf Act 10, 24 Cornelius vero exspeclabat iIIos convocatis cognatis suis et necessariis amicis im weiteren Sinne als 'familia' (vgl. ThLL VI, 2 Sp. 1 845 s.v I A l b) verwendet (vgl. s. 269, 2 (PL 38, 1236) [advel/il spirilus sanclus] super ( . . . ) Cornelium el domesticos eius), wird dann als Beziehungswort in den Relativsatz hineingezogen, wobei die kollektive Bedeutung des Begriffs die Synesis beim Prädikat und Pronomen erklären könnte (statt omnis, quae Cllm iIIo erat gens).249 Das Ambiguum, das nach christlichem Verständnis in gens liegt, soll den Hörern durch die folgende Erklärung id esl genliles "d.h. die Heiden" deutlich werden250, was zugleich ein Wortspiel mit etymologischer Paronomasie entstehten läßt.2SI Man wird daher trotz der stilistischen Härte, die hier der Constructio ad sensum eignet, gens lesen.
z. 162 ( ... ) quia separatus non collegisti, sed sparsisti: Vgl. Mt 12, 30 (=
Lc 1 1 , 23) (V g) qui IIon est mecum, contra me est; et qui non congregat mecum, spargit. Augustin verwendet die Maxime dieses zweigliedrigen Herrenwortes (und auch das scheinbare Gegenteil aus Mc 9, 39 (= Lc 9, 50) (Vg) qui enim 1I0n est adversum vos, pro vobis es/) häufig im Kontext antidonatistischer Argumentation (vgl. z.B. bap!. I , I I (CSEL 5 1 , 1 57) ilaque
249 Zur Genus- und Numerussynesis, die in klassischer Prosa nur selten, seit Livius aber häufig anz.utreff:n i5t. vgl. E. LöFSTEDT, Syntaetica. Studien und Bt:itttge zur historischen Syntax des Lateins. 11. Teil. Lund 1933, 136f. sowie, bezogen auf gens, HofmannSzantyr 436f.
250 Vgl. KOFFMANE. Geschichte, 23. 251 Zum Ambiguum, das in eine Paronomasie Ubergeht, vgl. MOHRMANN, Wortspiel, 332.
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in sacrament; sani/ale, quia contra nos non sunl, pro nobis sunl. in schismatis autem vulnere quidquid cum Christo non colligunt spargunt, c. litt. Pet. 3, 6 (CSEL 52, 168) sujJeramus ergo invicem in dilectione [vgl. Ga1 6, 2] satis agentes servare unitatem spiritus in vinculo pacis, extra quam qui. squis colligit non cum Christo colligil, quisquis autem nOn cum Christo colligit spargit.). Unter den antidonatistischen Predigten setzt für den Gegensatz 'sammeln - zerstreuen' besonders deutlich s. 138 (aus dem Jahr 4 1 1/412)'" das naheliegnde Bild vom pastor bonus voraus, vgl. s. 1 38, 5 (PL 38, 765) [in Deutung von 10 10, 1 1 . 14] ego sum, unus sum, mecum omnes in unilate unum sunl. qui extra me paseit, contra me pasei!. qui mecum non colligit, spargit und s. 138, 10 (ebd., 769) [die ecclesia transmarina spricht in Ct I, 6 g!eichsam ihren Bräutigam Christu:; an, der in Afrika seine Herde hOtet] 0 quem dilexit anima mea, annuntia mihi, doce me. audia enim in meridie, id eSf, in Africa. duas esse partes, imo mullas conei· siones. annuntia ergo mihi ubi pascis. quae oves ad te pertinent, quod ovile Wie me iubes amare, cui me debeo sodare. ne forte fiam velut operta. iIIudunt enim quasi latenti, illsultanl quasi perdilae. quasi nusquam alibi exislenti. ne ergo quasi operta, quasi lalens fiam super greges, id est, super eongregationes haerelieorum, sodalium tuorum, Donatistarum, Maximianistarum, Rogatistarum, eelerarumque pestium extra eolligenlium; el ideo spargelltium; ( . . . ). Siehe auch s. 37, 3 (CCL 4 1 , 450), s. 7 1 , 4 (RB 75 (1965), 68f.), s. Denis 8, 3 (MA I , 37) und cn. Ps. 2 1 , 2, 3 1 (CCL 38, 1 33).
Z. 169 vide til",en scripturae sensu"" ne/orte aliquid ad",oneal ( . . . ): Nichtenklitisches ne kann im Spätlatein direkte und indirekte Fragen einleiten, vgl. Kühner-Stegmann ß 505, B1aise, Handbook § 272b.
Z. 17 1 etsi caedil, a",al; di/igil obiurgalor, decipit adulator: Die Interpunktion folgt hier M; die Mauriner lesen: elsi eaedil ama/, diligil obiurgalor; decipit adulator.
Z. 1 7 1 f. ille miseretur, ille circumvenil: iIIe . . . iIIe ist nachklassisch (statt hic circumvenit, ilIe misere/ur), vgl. Kühner-Stegmann II 70.
m Vgl. VERBRAKEN, Etudes cri1iques, 87.
Senno 266 139
e) Zum modus pro(erendi
Das Prooemium
Predigte Augustin in Hippo oder auch in anderen Gemeinden während des Gottesdienstes, bezog er sich mit Vorliebe auf die Schriftlesungen, welche er als Zelebrant an vielen Tagen des Jahres frei wählen konnte.2Sl Zumindest aber während der Festzeiten und an den Gedenktagen flir die Heiligen folgten die Lesungen zu Beginn des 5. Jh. in Afrika vennutlich schon einer den Gläubigen velbauten Perikopenordnung, die freilich je nach lokaler Gepflogenheit in den einzelnen Diözesen Unterschiede aufwies?S4 Augustin hat auf solcherlei liturgische Vorgaben in der Regel Rücksicht genommen, war aber keineswegs verpflichtet, auf alle Lesungen einschließlich des (antiphonalen) Psaimgesangs2SS einzugehen, reichte doch häufig die Zeit nicht einmal dazu, auch nur eine der vorgetragenen Perikopen erschöpfend auszulegen. Biswei1en verweist Augustin zu Beginn der Predigt mit einer entsprechenden Praeteritio auf die Beschränkungen, die ihm die Redesitua-
m Vgl. M. SCHRAMA, Prima leclio quae recilala esl. The liturgical pericope in the light of Saint Augustine 's sermons: Aug(L) 45 (1995), 150f. mit Hinweis auf s. 362, 1 (PL 39, 1 6 1 1 ) in memoria reti"e"tes poflicitationem "ostram congroas etiam ex evangelio el apostolo fedmus redtari lectiones.
254 Vgl. ebd. sowie M. KuiCKENER, Die Bedeutung der neu entdeckten AugustinusPredigten (Sermones Dolbeau) rur die liturgiegeschichtliche Forschung, in: G. MADEC (M.), Augustin predicateur (395-41 1) . Actes du Colloque International de Chantilly (5-7 septembre 1996). Paris 1998 (EAug., Serie Antiquite 1 59), 137-139.
m Zum Aufbau des bei Augustin Ublichen 'Wortgouesdienstes' vgl. ebd., 1 5 8f.: "Nach einer knappen Eröffnung folgen, je nach Tag oder Fest, zwei oder drei Schriftlesungen sowie vor dem Evangelium der Psalm. Anlaßbedingt kann sich an das Evangelium der Vortrag von Märtyrerakten oder Wunderberichten anschließen. Es folgt die Predigt des Bischofs, die dieser mit der Monilion «Conversi ad dominutl\)) und einem damit verbundenen Predigtschlußgebet über die Gemeinde beendel. Darauf werden die Katechumenen und eventuelle andere Zuhörer mit der Monition (<Missa fianb) entlassen. Der Bischof feiert mit den Getauften die Eucharistie, die normalerweise mit der 'Oratio fidelium', dem 'Gebet der Gläubigen' (fürbitten), eröffnet wird." Vgl. auch die anschauliche Darstellung bei VAN DER MEER, Augustinus, 404-41 8 (Ein Sonntag in Hippo). Das durch conversi ad dominum eingeleitete Schlußgebct, bei dem die Gläubigen vermutlich auch eine körperliche Kehrtwendung (nach Osten) vollzogen (vgl. KLOcKENER, a.a.O., 153f.), wird nicht immer Ubcrliefert, vgl. rur eine voilständige Fassuug z.B. s. 67, 1 0 (PL 38, 437), s. 362, 31 (PL 39, 1634), s. Denis 2, 5 (MA 1 , 17), s. Dolbeau 28, 1 1 (REAug 40 (1 994), 298). Bei den biblischen Lesungen ging zur Zeit Augustins in Afrika nicht anders als in Rom die Tendenz bereits dahin, die alttestamentliche Perikope vor der Epistel auszulassen, vgl. SCHRAM"', Prima lectio, 1 49f.
140 Vier Themenpredigten
tion auferlegt2S6, und kann dadurch seine maleria dem Publikum um so glaubwürdiger vennitteln 'S7 Auch s. 266, auf den später ja vielleicht noch ein weiterer folgen sollte (vgl. die Einleitung), muß sich nach Inhalt und Länge angemessen in den vorgegebenen Rahmen der Vigil feier einfügen. Neben der notwendigen Redeökonomie ist dabei besonders Augustins apologetisches Interesse dafür verantwortlich, daß er aus den liturgischen Texten des Festtages eine senten/ia als Thema wählf58, welches er den Hörern im Prooemium rhetorisch geschickt empfiehlt:
inler alia divina eloquia (crISl), quae curn psalmus cantaretur audivimus (C), placet adiuvante Domino (trT2) islam potissimum (H) disculere el periraclare (chS) J senlentiam (C), qua diclum esl ( . .. ).
So !st der ers!e Satz offc:1bar bemüht, Spannang im Hinblick auf den eigentlichen Gegenstand der Predigt aufzubauen. Nach der allgemeinen Kontextangabe gehörter Schriftworte und ihrer Einschränkung auf den Psalmgesang folgen zunächst eine Gebetsfonnel und der immer noch unbestimmte Hinweis auf einen Vers, von welchem angekündigt wird, daß er gründlich ausgelegt werden soll; erst dann erfahren die Hörer, worum es sich dabei handelt. Daß diese bewußte Retardierung ihren Höhepunkt vor der Zitation des Psalmwortes erreicht, zeigt die Gestaltung des vorherigen Kolons: das Demonstrativum steht durch Einschub des Adverbs und der beiden die Methode der Themenbehandlung bezeichnenden Verba in deutlicher Sperrung zu senlentiam, welches in Verbindung mit perlractare eine dikretische Klausel ergibt, die get1ilJig das Ende des Hauptsatzes markiert und so endlich die konkrete Themenangabe erwarten läßt. Nach dem zitierten Ps 140, 5 begründet der nächste Satz seine Wahl als Predigtgegenstand:
'"
nonnulli enim crediderunt (crT) oleum peccatoriJ..(S) J oleum esse homin!§. (trSI.J).
V gl. z.B. s. Denis 25, 1 (MA I , 155) ea quae de saneto evangelio reeitata sunt.jrarres mei. si omllia perlraetare cupiamus. vix tempus suffieit singulis: quanto magis /Ion SIIß/eil omnibus, s. Wilm. 12. I (RB 79 (1969), 180) quoniam voluit dominus me hinc " on diseedere debitorem. reddendi quod promisi tempus agnosCQ. er propterea ipsum eva/lgelii eapitulum iussimus et hodie reeitari. quod recitatum esl quando exeusavi. ut quod tune neeessitale subtraximus. nune earitate reddamus. el ad eonsideranda quidem oml/ia verba eiusdem eapituli atque traetanda nee tempus suppetit. nee nostrae ad hoe vfres suffleiunt. quod lamen maxime necessarium est jnde 141 dicamus. el donante domino. ur possumus dicimus, oder auch s. 45, 1 (CCL 4 1 , 5 1 5f.), wo der Prediger sich auf das Ende bzw. den Anfang der ersten beiden Lesungen beschränkt, dies aber nicht nur vortragstechnisch, sondern auch theologisch mit der von Gott vorgesehenen Einheit der leetio propllelae el aposloli begründet. Einen Hinweis auf diese Stellen gibt PELLEGRJNO, General lntroduction, 36f.
m Vgi. Lausberg, Elemente §§ 410; 435. m Vgl. PEu.EGRlNO, Introduction, 37.
Senno 266 141
Die Hörer werden darauf vorbereitet, daß sie einen theologischen Disput zu erwarten haben, in dessen Zentrum der Begriff des oleum peccatoris steht, welchen nicht wenige - da die donatistische Position in Verbindung mit dem Psalmwort "in aller Munde war .. 2S9, ist hier wohl keine nähere Er· läuterung nötig - als Sehriftbeleg damr verwenden, daß das Salböl (in seiner sakTamentalen Wirkung) Besitz des Menschen sei, quia omnis homo mendax. Bereits diese Erwähnung der gegnerischen Auffassung, die durch Anapher und Reim ins Ohr fallen will, besonders aber ihre folgende Ablehnung darf auch dem Versuch zugerechnet werden, benevolentia zu erlangen, und zwar a causa2fIJ (Z. 6f.):
oleum autem Christi (S), quia nullum habuit omnino261 peccatum (0), eIs; per pecca/orem (S) J ministretur (0), n01l esl oleum peccatoris (ehS).
Es kann nur absurd sein, das oleum Christi irgendwie mit Sündhaftigkeit zu identifizieren, mag der Begriff der Sünde - so möchte man mit Blick auf die zitierten Traiectiones beinahe sagen - auch noch so oft damit ungerechterweise in Verbindung gebracht werden. Anfang und Ende der kleinen Periode bilden gleichsam die Quaestio, den Satz, der in der Predigt zur Debatte steht.
Wollte man eine weitergehende Kategorisierung der Predigt nach rhetorischen genera und status versuchen, so wäre an das genus iudiciale zu denken, da den Hörern eine Entscheidung über ein/actum abverlangt wird. Der Streitstand wäre dann ein status conieclllrae, und zwar in Form einer quaestio infinita (= an sir oleum Christi oleum peccatoris). Solche abstrakten quaestiones waren im Grunde das Geschäft der Philosophie, fanden aber (auch als Propädeutikum zur späteren Erörterung individuell-praktischer Fragen) Eingang in das Feld der Rhetorik.262
m Vgl. KNAUER, Psalmenzitate, 170, der zu oleum peccatoris noch anmerkt: "Vennutlich hat sich schließlich die Bedeutung, die der Vers durch die Donatisten gewonnen hatte, auch dort durchgesetzt, wo nicht unmittelbar gegen sie polemisiert wird - das ,oleum peccatoris' wird zum Ausdruck fllr Häretiker überhaupt." (mit Belegen, ebd. Anm. 3). 260 Ygl. Lausberg § 278.
261 Zur Endsilbenkürzung von -0 bei omnino und anderen Adv. vgl. BRENNAN. Clausulae, 106.
262 Vgl. Lausberg § 70 und spe""Liell zur Möglichkeit der Behandlung philosophischer quaestiones infinitae de re im Rahmen des stark dialektisch ausgerichteten genus iudiciale § 152. M. FUHRMANN, Die Antike Rhetorik. Eine Einfllhrung. Zürich '1995, l oof. weist in diesem Zusammenhang auf die Polemik hin, die Cic�ro in de oral. 2, 65-66 Antonius gegen die dem Redner unzumutbaren quaestjones jnfinitae fonnulieren läßt: ( ... ) si enint est oraroris, quaecumque res infinile posita sit, de ea posse dicere. dicendum erit ei, quanta sir solis magniludo. quaeforma terrae; de malhentaticis. de musicis rebus non poteril quin dical hoc onere suscepto recusare; denique ei. qui profite/ur esse SUUnt non
142 Vier Themenpredigten
Die für den Redeerfolg wichtige Begründung seiner These, auf die Augustin später in der Peroratio zurückgreifen wird (vgl. Z. 166), setzt sich rhythmisch durch die O-Kadenzen besonders deutlich von den rahmenden S-Fonnen ab. Am Ende des Prooemiums faßt der Prediger zusammen, was er im Hinblick auf die Wirkung der Ölsalbung beweisen will (Z. 7-9):
curn tres cOllsiderandi animo occurrant (crS'), a quo datur, cu; datur, per quem datur (crCe), non timeamus oleYln peccatoris (S), quia non intercipit (ern') medius minister (T) beneficiHm largi/aris (S).
Diese Propositio gibt mit a qua datur, cu; datur, per quem datur zwar keine genaue Abfolge der späteren Beweisftlhrung an, nennt aber, indem sie von dem EmpHinger der Handlung ihren Urheber und ihren Vermittler unt'!rscheidet. die für die Argumentatio!1 bedeutsamen Gesichtspunkte ('tOJtOl), die den Hörern durch die nachhaltige, rhythmisch untermalte Formulierung der drei kurzen Kola besser im Gedächtnis bleiben können.263
Aufmerksamkeit möchte auch die sprachliche Gestaltung der Adhortatio und ihrer Begründung wecken: Sachgerecht tritt der durch die Alliteration in seiner MittelsteIlung betonte medius minister zwischen die reimbilden· den Kola oleum peccatoris und beneficium largitoris. die Augustin jeweils in einer spondeischen Kadenz enden läßt. Dabei bildet beneficium largito· ris den Satzschluß, um so die vom Menschen unaufhebbare Wirkung des gottgespendeten Sakraments besonders hervorzuheben.
Die Narratio
Nach dem sachlich fonnuliertcn Übergang zur Narratio (Z. 10) beginnt auch diese in einem schlichten Predigtstil. der für die Nacherzählung von Schriftstellen und ihre mögliche Zweifel beim Publikum beseitigende Deu-
solum de eis controversiis. quae temporibus el personis notatae sunt. hoc eSI, de o"",i·
bus forensibus, sed etiam de generum injinitis quaestionibus dicere. nullum potest esse genus orationis, quod sit exceplum.
26.3 Zu dem dreifachen datur siehe ScIIUCHTER, Predigtslil, 124f., wo solch eine (der au· gustinschen Reimtechnik besonders eigentümliche) Wiederholung von ein· oder zweisilbigen Wönern am Kolonende, wenn sie nicht tontragend sind (dies sind hier die Relativa), nicht als Epipher, sondern als .. ruhrender" oder ,,reicher Reim" bezeichnet wird (vgl. die dort angegebenen Belege wie z.B. in eius traditione deliclum sonal, in eius resurreclione iustitia sonat (s. 236, 1 (pL 38, 1 1 20» und häufiger noch bei Hilfsverben oder Pronomina homo au/em ideo semper moveri polesi, quio et frenore mOfum pofest (s. 8, 8 (CCL 41 . 86», silocis quod audis, concordosti cum eo, si autem nonfacis. ruaris cum eo (s. 9, 16 (CCL 4I, 141».
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tung (raliocinari) typisch ist."· Gleichwohl bleibt schon jetzt die Verwendung rhetorisch gestalteter Satzfigurationen und der Reimeinsatz, welche grundsätzlich eher rur das genus temperatum oder rur das genus grande (besonders in Fonn erhabener Diktion und kunstvoller Periodisierung) kennzeichnend sind26S• nicht aus. Augustin setzt diese Kunstmittel vielmehr bewußt ein, um entsprechend seiner Forderung nach abwechslungsreichem Stil das Interesse der Gottesdienstbesucher wachzuhalten. Auffallig sind in dieser Hinsicht besonders kurze Dikola, die mit Hilfe von Parallelismus und diversen Reimformen der Erinnerung - gerade bei der Formulierung orthodoxer Lehre gegenüber dem Donatismus - dienen, so etwa (Z. 19f.) :
omnes linguae in uno homjn� (0\ omnes gentes in unitate (trT). wo neben den Iterationes omnes und in die Alliteration un- und die reimende Kasusendung -e die Al1egorisierung des Sprachenwunders (mit chiastischer Stellung der abstrakten und konkreten Begriffe) zu einem Merkspruch werden lassen. In der Argumentatio wird später die wichtige Unterscheidung von Vermittler und Spender des Geistes mit Hilfe der bei Augustin beliebten Reimbildung auf _10';66 einprägsam formuliert:
aNus esl donator (trIS), aNus minislrator (0). Der Prediger verwendet derartige Kola gerne, weil sie in ihrer prägnanten
Darstellungsart auch geeignet sind, den appellativen Charakter bestimmter Redeteile hervortreten zu lassen. Schon bei den gerade zitierten Beispielen sind Mahnung zur Einheit und Vertrauen in die Gültigkeit der Sakramentspendung wichtige Anliegen. Ähnlich will nach den Wortspielen der Z. 37-39 (s.o. die Detailkommentierung) qui impfelur dives esl (C.J, qui injlalur i"anis esl (Cm2)267 vor dem abschreckenden Beispiel des Simon warnen.
264 Vg1. doctr. ehr. 4, 6 (CCL 32, 1 1 9) Wenn der (christliche) Redner die Aufgaben des Proöms erflillt sieht, muß er das folgende so behandeln, wie es die Sache und der kommunikative Zusammenhang erfordern: si doeendi sunl, qui audiunl, narratione faeie,,dum eSl, sI' lamen (wenn wirklich " si modol indigeat, 111 res, de qua agitur in"Oleseal. ul autem, quae dubia sunl, eertajianl, documentis adhibilis ratiodnandum est. si vero, qui audiunl, movendi sunl, pOI;US quam docendi, ul in eo, quod iam seiunt, agenda "on torpeant el rebus adsensum, quas veras esse/alen/ur, aceomodenl, maioribus dieendi viribus opus eSI, Mil der narratio erfLIlit der Redner ebenso wie mit dem ratioeinarj (hier wie auch movere verstanden als gleichberechtigte Möglichkeiten, nicht als einander nachgeordnete partes oralionis, vgl. PRESTEl, Rezeption, 156) die Aufgabe des doeere, welches im genus submissum erfolgt. 165 Vgl. ScHUCliT'ER, Predigtslil, 146f.
266 Vgl. ebd., 1 20, U7 Obgleich der zweite Satz um eine Silbe länger ist, darf noch von einem Isokolon gespro
chen werden. SClruCHTER, a.a.O., 127, bemerkt zum Einsatz dieser Figuration in Augustins Sermones u.a.: "Aug. kennt diesen strengen Typ von Isokolon, in dem die Silbenzahl dieselbe iSI, al1enfal1s um ein, zwei Silben differiert, ein Gleichmaß, das er selbst-
144 Vier Themenpredigten
Freilich kann die appellative Funktion durch Imperative oder adhortative Konjunktive noch eindeutiger zum Ausdruck kommen, wie besonders in der abschließenden Paränese der Peroratio oder in solchen Fonneln, die den Hörern eine gläubige und verständige Aufnahme der Schriftworte ans Herz legen, vgl. Z. 46f.
totum legimus (S'). totum credamus (S)I sowie in Z. 102f. das Trikolon lege diligenter (T), intellige prudenter (S '), disce patienter (0').'"
Die beim Kirchenvolk beliebten sog. 'gorgianischen' Stilmittel (io6Ko>AO. avt(Öna, ÖIlOLOTEAEUta), die nach rhetorischer Lehre rur das Y€VOc; ,btL
OtlKnKOV typisch sind269, haben die christlichen Autoren gerne in ihren pastoralen Schriften verwendet270, im Westen anscheinend noch häufiger
verständlich nicht denumeralione erzielte, sondern durch das rhythmische Gefühl. Dcr durchschnittliche Typus des Isokolons in den Predigten ist kurz, er reicht bis zu ca. 12 Silben," Den syntaktischen Parallelismus unterstreicht der Prediger in dem oben zitierten Beispiel rhythmisch durch die gefällig variierten Cm-Klauseln, bei denen es sich um Standartfonnen in Augustins Rhythmustechnik handelt, vgl. ZWtERLEIN, Klauselrhythmus, 56f.
261 Glauben und Verstehen des gehönen Wortes unterscheidet die Christen von den Heiden und Häretikern. Augustin wendet sich daher ganz häufig mit entsprechenden Formeln an das Publikum, vgl. etwa noch ecce lene quod legisli el quod credidisli (s. 53, 1 3 (RB 104 ( 1994), 30). legamus, inlellegamus {so Guelf. 32, 1 1 (MA 1 , 574) - vg!. zu diesem homonymen Wonspiel mit Simplex und Kompositum Act 8, 30 (Vg) pulasne inJclligis, quae legis? in Nachahmung von uQQ YE YIV<ixJKtu; a U\lQYLV6XJKtu;;), lege el ifllellege, mens haere/ica (s. Denis 12, 3 (MA 1 , 52)); nicht selten verwendet er dabei auch konstatierende Wendungen: ita legimus et ita credidimus {so 26. I (CCL 41 , 348), qllod legitllr. creditllr (s. Guelf. 32, 1 1 (MA I , 573), quirl /egisti. qui nihi/ inlel/exist;? (s. 53, 1 3 (RB 104 (1 994), 30» , ludaei civitatem nascentis legebant. tempus venientis non intelligebafll (s. 199, 2 (PL 38, 1027» U.ö. Zum "Einklang von Ohr und Herz" als wichtigem liturgischen Anliegen Augustins vg!. besonders KLÖCKENER, Bedeutung, I 35f. Die oben zitierte, nur von M überlieferte Erweiterung der Monition durch disce palien/er empfiehlt sich rhythmisch durch die gute Kadenz und scheint auch sachlich angemessen, da sie zum Ausdruck bringt, daß erst der Fortschritt vom äußeren Vernehmen zum innerlichen Verstehen einen Lemvorgang bedeutet (vgl. dazu etwa mag. 45 (CCL 29, 202», der angesichts der Unkenntnis des haereliClIS Jictus (vg\. Z. 83f. oblitus es Cornelium cenillrionem) besonders geboten ist. 269 Vgl. Cic_ orat. 37(. (Diese Gattung ist gleichsam die Amme des vollkommenen Redners) ab hoc [sc. nutriee] el wroorum copia alilur et eorum conSlructio el numerus liberiore quadom jruilur licentia. datllr etiam venia concinnitali senlenliarum el arguli cerliqlle et circumscripti veroorum ambitus, de industriaque nOI/ ex insidiis sed aperte ae palam elahoratur. ut verba verbis quasi demensa el paria respondeant, 111 crebro conlerantur pugnantia comparen/urque contraria el ut pariter exlrema lerminefllur ellndemque re
jeranl in cadendo sonllm. 270 Vg!. MORJlMANN, Der Schriftsteller Augustin, 101 f. Die Vorliebe fllr eine solche Stili·
sierung erklärt sich nicht zuletzt dadurch, daß in ihr unüberhörbar die Sprache der Bibel anklingt (vgl. etwa die Proben, die Augustin von Paulus und Amos in doctr. ehr. 4, 1 2;
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als im Osteo.271 Augustins Praxis zeugt in vorbildlicher Weise davon, wie die christliche Predigt dabei eine adressatengerechte Fonn wahren kann und bei aller Ausschmückung mit solchen "auf die Sinne am stärksten wirkenden zierlichen Redefiguren" (Norden) nicht in den unverständlichen Schwulst verfallt, von dem die spätantike Prosaliteratur gerade in Nordafrika häufig beladen ist 27l
Von verhaltener Stilisierung zeugt die Narratio in s, 266 auch dann wie-der, wenn der Prediger Lob oder Tadel ausspricht, wie etwa in Z. 20ff.:
qui pleni eranl loquebanlur (trO) el qui inanes eranl (C) mirabanlur (S) el quod est reprehensibilius (Cch3) mirabantur (8) el calumniabantur (trO).
Hier fallen zunächst zwei Kola auf, deren Subjektsätze und Prädikate Oppositiones bilden.27J Doch der Prediger entscheidet sich an dieser Stelle nicht rur strenge Isokolie, sondern erweitert das zweite Glied, um eine affektsteigemde Wirkung zu erzielen.274 Dabei ist das wertende Adjektiv reprehensibilius. das zwar keine gute Klausel ergibt, sich aber durch seine Vielsilbigkeit deutlich vom Vorangegangenen absetzt, auf das Verhalten bezogen, welches zu dem für sich genommen schon tadelnswerten und hier durch die Iteratio betonten mirabantur verschlimmernd hinzutritt: calumniabantur. So klingt die Periode in einer Verbforrn aus, die den hier entscheidenden Vorwurf formuliert und rhythmisch die clausula optima bildet.
4, 16 und 4, 40 gibt) und die christliche Botschaft insbesondere im Contrarium ein geeignetes Ausdrucksmiltel findet , vgl. ebel. 103.
21. Vgl. NORDEN, Antike Kunstprosa J, 616f., der zur Theorie des Stils der lat. Predigt u.a. bemerkt: .. Die Signatur des Stils der christlichen Predigt in lateinischer Sprache ist der antithetische Satzparallelismus mit Homoioteleuton."
m Vgl. ebd, 624f. und MARROU, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, 444, der u.a. auf doctr. ehr. 4, 3 1 hinweist, wo Augustin keinen Zweifel daran läßt, daß er eine manierierte Ausschmückung der (christlichen) Rede als unseriöse Geschmacklosigkeit empfindet: in papula autem gravi, de qua dictum est domino: in populo gravi laudabo te [Ps 34, 18), nec iIIa suavitas delectabi/is est, qua non quidem iniqua dicuntur, sed ex;gua er fragilia bana spumeo verborum ambitu ornantur, quali nec magna et stabilia de
center et graviter ornarentur (CCL 32, 137f.). Wenn sich derartiges selbst bei Cyprian einmal findet (vgl. ad Donat. ) , kann Augustin darin nur die Absicht erkennen, den lesern angesichts der späteren eloquentia gravior modestiorque des vir sanctus die heilsame Beschränkung vorzufUhren, die dieser seinem Stil unter dem Einfluß christlicher Bildung aus freiem Entschluß auferlegt hat, vgl. ebd.
27J Vgl. SCHUCHTER, Predigtsti!, 127, mÜ ßeztig auf E. NORDEN, Lcogos und Rhythmus. Berlin 1928, 8, der Isokola entweder in inhaltlicher Variation oder Ergänzung gestaltet sieht oder aber in FOOll einer Oppositio.
274 Von rhetorischer Theorie auch als Parison (prope aequatum) bezeichnet, vgl. Lausberg § 722, SCHUCKTER, a.a.O., 1 27f.
146 Vier Themenpredigten
Eine bis in kleinere Einheiten hinein abwechslungsreiche Satzgestallung macht nach Augustin rur den Kenner den Reiz einer Rede, gleichsam ihr Antlitz aus und kann selbst die Ungebildeten erfreuen und zum Handeln bewegen: doch". ehr. 4, 1 3 (CCL 32, 125) [in bezug auf II Cor 1 1 , 16-30] porro autem qui novit, agnoscil, quod ea caesa, quae K6�l.IaTa Graee; vocant, et membra et circuitus, de quibus pau/o ante disserui, cum deleclissima varietate interponerentur, ta/am islam speciem dictionis, et quasi eius vultum, qua e/iam indacI; deleclan/ur moventurque, !ecerunt.27S Dabei ist delectare das officium ara/oris, welches besonders im genus /emperatum, movere dasjenige, welches im genus grande el flillt wird. Gleichwohl weist die enge Verbindung durch -que auch an dieser Stelle daraufhin, daß beide Pflichten zusammen veI"\Yirklicht werden.276 Besondere Schönh�it und Ar,mut kann der Prediger seiner Rede bereits durch Verwendung des Satzparallelismus geben.2n Treten noch weitere Stilmittel hinzu, ist seine Absicht, einen gehobeneren Ton anzuschlagen, nicht mehr zu verkennen, wie etwa in der folgenden Periode, die kunstvoll den Wandel der calumnia zum credere nachzeichnet, welcher sich bei den inanes vollzieht (Z. 25-30):
sed repressa (T) tandem calumnia (H), mox ubisermocillantibus (H)
ratiollemque reddenlibus (C) et Christi gratiam (Cm) praedicalllibus (H) �mtM apostoUs p.�p.�:
!I!'�-:r!m (crT), m�di��I.4.Q. compullcli sunl (trO), compunclione sunl (trO), mutali c r e d i d e r u n t (mT),
m Der Hinweis auf diese Stelle auch bei ScHUCHTER, a.a.O., 130. 176 Bloße delectatio durch Anwendung des genus lemperatum ist nach augustinisehem
Verständnis nie eine um ihrer selbst willen anzustrebende Stil wirkung. Selbst wenn der konununikative Zusammenhang zwischen Redner und Publikum so beschaffen ist, daß die Aufgaben der anderen genera elocutionis schon erfillit sind, die Hörer also keine sie belehrende oder bewegende Redeweise mehr nötig haben, besteht das Ziel der minIeren Stilart noch darin, infolge der deleclaljo ihre Zustinvnung zu dem in nUtzlicher Weise und ehrenvoller Absicht Vorgetragenen beträchtlich bereitwilliger und beständiger werden zu lassen: doctr. ehr. 4, SS (CCL 32, 160) iIIud vero, quod agilur genere lemperalo, id es! 111 eloquentia ipsa delectel, non est propier se ipsum usurpandum, sed ul rebus, quae uliliter honesteque dicuntur, si nec docenle indigent eloquio nec movenle, quia et scienles el/aventes auc/flores habenI, aliquanlo promptius ex delectoliorre Ipsa elOCUlionis, accedal vellenacius adhoerescal adsensus. 217 Vgl. doctr. ehr. 4, 40 (CCL 32, 146) über die die/jo temperata in Rm 12: et tOlus!ere ipsius exhorlatiorris locus temperalum habel elocutiorris genus : ubj iIIa pu/chriora sunl, irr quibus propria propriis tamquam debila reddita decenter excurrunl ( . . . ).
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e r e d e n t e s hoc quod in aliis (mH2) mirabantur (S) accipere meruerunt (01.2).
Nach dem durch betontes tandem gesperrten abI. abs. ftlhrt der folgende Temporalsatz aus, wie denn die Überwindung der Spottrede möglich wurde. Seine Trikolie läßt wachsende Glieder und zugleich eine inhaltliche Gradatio erkennen: sermocinantibus bedeutet zunächst nur, daß die Apostel predigten, rationem reddentibus die Rechtfertigung der Xenolalie, Christi gratiam praedicantibus schließlich die Verkündigung des gnadenhaft heilbringenden Erlösungswerkes Christi (s.o. die Detailkommentierung z. St.). Dabei flillt das zuletzt genannte Kolon nicht nur durch die größte Konkretisierung und Verwendung des eigentlichen t.t. ftlr die auf die Fülle der christlichen Lehre bezogene apostolische Predigt218 auf, sondern auch deshalb, weil praedieantibus apostolis in Sperrung steht. Auf diese Weise kann zugleich das gewählt klingende aures praebuerunt stärker hervortreten, mit dem Augustin das Publikum auf die entscheidende Voraussetzung rur die Bekehrung der Spötter aufmerksam machen will. Rhythmisch gewinnt der Prediger durch diese Wortstellung am Ende des Nebensatzes die gefallige Verbindung einer trochäischen Klausel mit voraufgehendem Kretikus.279
Das die Periode abschließende asyndetische Tetrakolon beschreibt den Erfolg der Apostelpredigt bei den ealumniantes. Dabei steht das deutlich erweiterte Schlußkolon in auffälliger Asymetrie zu den ersten drei Aussagen, die flir sich genommen ein Isokolon trimembre bilden. Der Zusam· menhang zwischen den einzelnen Gliedern ergibt sich in folge der Traducti· ones compwlcti sunl - compunctione, mutati sunt - mutati und crediderunt - eredentes, durch deren chiastische Stellung der Prediger erreicht, daß in jedem Satz Ursache und Wirkung angeben werden und auch die Kola un· tereinander in diesem Verhältnis stehen. Insgesamt entsteht so, wenn man aures praebuerunt - audiendo auch noch hinzunimmt, eine Gradatio der Fonn v/v' ... w/w' ... xix' . . . y/y' . .. Z.'80 Dabei läßt das vorletzte Kolon im
m Vgl. MOHRMANN. praedicarc - tractare - senne, 63 u. 67. 279 Eine auch bei Cicero häufige Kombination, vgl. ZWIEIU.EIN, Klauselrbythmus, 56 mit
Anm. 32. 210 Vgl. Lausberg § 623. BARRY, St. Augustine, The Orator, 60, fUhrt fUr diese Figur mögli
che VorbildsteIlen aus Ciceros Reden an (wie etwa S. Rose. 27, 75 in urbe luxuries creatur; ex luxuria exsistat avaritia necesse eSI, ex aWlr/tia erumpal audada, inde omnia see/era ae ma/eJida gignunlur.) Augustin dürften aber ebenso biblische Beispiele, insbesondere paulinische, vor Augen gewesen sein. So zitiert er in doctr. ehr. 4, 1 1 (Cel32, 1 23) ausdrücklich als Beispiel fUr eine Klimax Rm 5, 3-5 gloriamur in tribulationibus seientes. quia tribulatio patientiam opera/ur, patientia aulem probalionem, probalio vero spem, spes autem non eonfundit [kausativ wie das gr. KUTwaXUvEl"'" nicht
148 Vier Themenpredigten
Zusammenhang mit audiendo an das Paulinische fides ex auditu (Rm 10, 17) denken: Der Glaube entsteht aus der Verkündigung. Im letzten Kolon, welches durch die Optima den Satzschluß anzeigt, wird das eredere als notwendige Bedingung fiir den Empfang des Geistes ausgewiesen. Wenn Augustin fiir diesen bewußt die Circumscriptio hoc quod in aNis mirabanlur wählt, ist abschließend noch einmal an den heillosen Zustand des inanes esse erinnert (vgl. Z. 21), an dessen Stelle jetzt die verdiente Erflillung getreten ist.
Wir können somit bereits in der Narratio den persuasiven Gestaltungswillen des Predigers erkennen. Augustin geht es offenbar nicht darum, nlichtem die Ereignisse des ersten Pfingsttages zu berichten, sondern er möchte in sprachlich reizvoller Erzählung daflir we.ben, daß auch die Adressaten seiner Rede jedwede calumnia in bezug auf die freie Wirkungsmöglichkeit des HI. Geistes aufgeben und, um selbst zum Glauben zu kommen, bereitwillig die Predigt des Bischofs auf sich wirken lassen.28J
zuschanden werden läßt). quia caritas dei difJusa esl in cordibus nostris per spirilum sanctum, qui dalus esl nobis, um zu zeigen, daß Paulus zwar keine Rhetorikvorschriften beachtet hat, seiner Weisheit aber eine ihr zukommende Beredsamkeit gefolgt ist (sieut ergo apostolum praeeepla eloque1lliae secutumJuisse non dieimus, Ua quod eius saptentiam secu/a sit eloquentia, non negamus.) O. MICHEL, Der Brief an die Römer. Göttingen 41 966 (KEK 4 u), IJ I , weist darauf hin, daß solch eine Gradatio nach Art eines "Kettenschlusses" häufig in exegetisch-paränetischen Redeformen vorkommt und von Rabbinat und Weisheitslehre gesch!1Z1 wurde. Vgl. in s. 266 auch noch Z. 50f. orantibll.f supervenit (IrS1). oranles implevit (S), imple/os ministras fecil (trS) et per ipsos SUllrn dedit (crH).
m Zu delec/are und rnovere im Rahmen der Narratio vgl. Lausberg § 330. Der mit dem Begriff der Narratio gemeinte Erzählvorgang gewinnt bei Augustin aueh in anderer Anwendung und Zielrichtung persuasive Bedeutung: geschichtstheologisch-apologelisch, insofern sich eine narratio historica immer auf den ordo temporum zu beziehen hat, deren Schöpfer und Lenker Gott ist (vgl. doctr. ehr. 2, 44 (CCL 32, 63), autobiographischkonfessorisch besonders deutlich in den Confessiones als Lebenserzählung (vg!. z.B. conf. 2, 5 (CCL 27, 19f.) cui narro haec? neque enirn tibi, deus meus, sed apud te narro haec generi meo, generi numano, quantulacumque ex parlicula ineidere poles/ in istas meas IiUeras. et u/ quid (u/ quid = '(va TI ist spät!. häufig, vg!. KOhner-Stegmann I 786] hoc? ut videlicet ego et quisquis haec legit eogitemus, de quam profundo clamandum sit ad te. e/ quid propius auribus tuis, si cor eonfilens et vita ex flde est?) oder auch ihm Rahmen katechetischer Unterweisung. Vg!. E. REIL, Aurelius Augustinus Oe cateehizandis rudibus. Ein religionsdidaktisches Konzept. St. Ottilien 1989 (SPT 33), Kap. 3. 4 Augustins Verständnis von narratio, 1 13- 126. Die Gründlichkeit seiner rhetorischen Überlegungen im Hinblick auf die in der Katechese erforderliche vollständige flarratio der Heilsgeschichte läßt Augustin in ca!. rud. 5 (CCL 46, 1 24[.) erkennen.' non tarnen propterea debemus ( . . . ) omflia ( . . . ) narrando evolvere et explican: quod nec tempus capit. nec ulla neeessitas postulat: sed cufleta summatim generatimque comp/eeti, ita w eliganlur quaedam mirabiliora. quae suavius audiuntur atque in ipsis articulis eonstitll-
Senno 266 1 49
Die Argumelltatio
Mit Beginn der Argumentatio dominiert aber nun wieder das genus submissum, welches auch dann vorliegt, wenn Augustin in Z. 40-44 zur Argumen
tationsfigur der Occupatio greift und die vorweggenommenen donatistisehen Einwände gegen eine menschenunabhängige Geistspendung mit rhetorischen Fragen widerlegt. Denn mag auch die Argumentation dadurch an Lebendigkeit gewinnen, so bleibt sie hier doch auf das ratiocinari hin angelegt, um möglichen Zweifeln der Hörer zu begegnen, die durch die folgenden Schriftbeispiele endgültig ausgeräumt werden sollen. Den Übergang zu diesem zweiten Hauptteil der Argumentation gestaltet der Prediger als gedankliche Expolitio (Z. 45f.):
accipile eI leneIe divina exempla (crS): sed eloquia dei sunl (trT'), scripturae auctoritas (CnJ. fides verborum (S), veritas exemplorum (crS).
1m Anschluß an die Aufforderungen des ersten Kolons, welches auf den Stellenwert der späteren Beispiele hinweist, fUhrt das folgende Tetrakolon das dabei entscheidende Attribut divina weiter aus: "Handelt es sich doch282
um von Gott stammende Aussagen, Gewähr der Schrift, Glaubwürdigkeit der Worte, Wahrheit der Beispiele." Die einzelnen Kola bilden selbst eine Kausalkette: Der göttliche Ursprung begründet die Autorität der Bibel, diese die Glaubwürdigkeit des in ihr Gesagten, welche schließlich an der Wahrheit der daraus gewonnenen Exernpla keinen Zweifel mehr aufkommen läßt. Da das Überzeugtsein der Hörer von der Wahrheit der Schriftbelege flir den Erfolg der Beweisflihrung ausschlaggebend ist, stellt der Prediger veritas exemplorom (als betont lange rhythmische Einheit) an den Satzschluß.
10 sunt, el ea tamquam in involucris ostendere statimque a conspeclu abripere non oportel, sed aliquot/lum immorando quasi resolvere alque expandere, el inspiciellda alque miranda offerTe animis Qllditorum: celera verQ celeri percursione inserendo conlexere. ita el iIIo quae maxime commendari volumus aUorum submissione magis eminent; nec ad ea fatigatus pervenil quem narrando volumus excitare, nec illius memoria confunditur quem docendo debemus instruere. Wichtige Kriterien rur erfolgreiche didaktische Reduktion (submissio) der narratio sind hier demnach: Auswahl der Schriftstellen nach inhaltlicher Attraktivität (eligere mirabiliora, quae suavius auditmtur). Anschaulichkeil (inspicienda) und Stellenwert (quae in ipsis articulis constituta sunt), ohne dabei den Erzählzusammenhang außer acht zu lassen (cetera ... contexere).
212 Mit sed wird hier keine Beschrllnkung, sondern eine Explikation angeschlossen (= rCtQ), vgl. Blaise, Dictionnaire 748 s.v.
150 Vier Themenpredigten
Zur Analyse des Vortrags der fUr die Argumentatio wesentlichen Exemplaanwendung2ll will ich nun lediglich auf besondere Auffalligkeiten hinweisen. Grundsätzlich ist auch hier ein gefälliger Wechsel von wohltönender Kolafolge und eher nüchterner Erzählung zu beobachten, wie ihn Augustin in doctr. chr. 4, 13 (CCL 32, 126) selbst empfiehlt '"
Wir sehen dies schon, wenn auf die Di- und Tetrakolie der Z. 49-5 1 , bei denen sich die rhetorische Gestaltung dem Umstand verdankt, daß der Inhalt des Pfingstberichts nicht einfach wiederholt, sondern das Handeln des Geistes im antidonatistischen Sinne ausgelegt werden 501l28S, der Bericht vom Wirken des Philippus in Samaria folgt. Freilich kann der Prediger auch hier seine Kunst nicht völlig zurückhalten und erweist sich bei der Erzahlung von der Eloquenz des Phihppus durch Verwendung von Alliteration, Parechese, Hyperbaton schon wieder selbst als redegewandt, vgl. Z. 54f.:
( ... ) Phi/ippus, qui liLoll.!er liLompAum (S) liLaedicalionis eloquium (trO') evangelisla (T) liLoliLie meruil appellari (tr'S), ( . .. ).
Die wiederholte Erwähnung der Simongeschichte (Z. 62ff.) sollte nicht verwundern, zumal sie jetzt, da Augustin den Zusammenhang von Act 8, 5-39 wiedergibt, eigentlich am Platz ist. Hinzu kommt, daß nach Augustins Deutung die gottgewollte Widerlegung der suspicio Simonis (vgl. Z. 34ff.) auch das weitere Geschehen um die Taufe und den Geistempfang des Äthiopiers nach sich zieht (vgl. Z. 66ff.). Zum Abschluß des Arguments, weiches ihm das Wirken des Philippus bietet, stellt er daher diesen ftlr die gesamte Beweisftlhrung wichtigen Aspekt nochmals heraus, wobei er die Verwerfung der Simonie jetzt in eine stilisierte Doxologie des Geistes münden läßt (Z. 85-88):
sed ut ostenderet spiritus (C) non verum suspicatum esse Simollem (crS2), quod hominum donum esset (S) spiritus dei (H). in homillem veni! (S ') Iiberaliler (H) el Iiberum feeil (0). vellil 111 deus el implevi! (H JO'), veni! ut dominus (0') el redernil (T).
Der Prediger verwendet zunächst eine steigende Periode, an deren Ende der Chiasmus auffällt, den die Hauptsatzprädikate in Verbindung mit der Traductio ihrer Ergänzungen bilden, um das freie Wirken und die zugleich
lU Zur Verwendung von Exempla innerhalb der Argumentatio vgl. Lausberg §§ 41 0-426. 2 .. quod vero post hunc impelum (sc. 1 1 Cor 1 1 , 16-30] imerpos{ta narratiuncula (durch
Einschub einer kurzen Erzählung [sc. 1 1 Cor 1 1 , 32f.]) quodammodo requiescit er re· quiescere auditoremfacit, quid decoris et delecralionis habeal. salis dici non polest.
115 Daß die Väter ohnehin nicht strikt zwischen der Kommentierung und dem bloßen Anführen eines Schriftzeugnisses unterschieden haben, betont BOVON, Oe Vocatione Gen· ti um, 23, und verweist rur Augustin auf G. STRAUSS, Schriftgebrauch, Schriftauslegung und Schriftbeweis bei Auguslin. Tübingen 1959, 149-153.
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befreiende Wirkung des Geistes zu betonen. Die folgenden zwei Dikola
amplifizieren diesen Gedanken, wobei die sprachliche Variation der Wie· derholungen mit einer Steigerung einhergeht (implevit tritt ein für in horn;nern venit - redemit für /iberum feei/ - ul deus bzw. ut dominus für liberali· ter).
Statt venil ul dominus lesen die Mauriner ut venit dominus, wodurch ein Vergleich ensteht, bei dem man dominus, wenn der erforderliche Bezug auf spiritus sanctus gewahrt bleiben 5011286, prädikativ zu fassen hätte: "Gekommen ist er als Gott und hat (ihn) erfullt, wie er gekommen ist als Herr und (ihn) erlöst hat." Diese Konstruktion bietet zwar einen noch nachvollziehbaren Gedanken (tertium comparationis ist das durch die Prädikatsattribute als souveränes Handeln ausgezeichnete venit), steht aber der Eindringlichkeit und Klarheit des Asyndetons deutlich nach. Für die Umstellung von venit ut, das in M bezeugt ist, zu ut venit mag eine Verschreibung verantwortlich sein, vielleicht aber auch eine gezielte Textänderung, um dominus in Verbindung mit redemit als Christus verstehen zu können.
Während jedoch der mehrfache Rückgriff auf den die humana praesumptio (vgl. Z. 147) verkörpernden Simon magus dazu beiträgt, den argumentativen Zusammenhang der Predigt begreiflich zu machen, ist solch eine Funktion bei den Redundanzen, die der Text im Hinblick auf das berichtete Wirken des Philippus in Samarien aufweist (vgl. Z. 54; 56.; 70-73; 84f.), schwerlich zu erkennen. Augustin scheint mit diesen Iterationes, die auf die improvisierte Mündlichkeit der Predigt hindeuten, vor allem sicherstellen
216 Z. 38f. non meruif redimi abs spiritu (s.o. die Detailkonunentierung) deutet darauf hin, daß mit dominus hier in der Tat der HI. Geist und nicht Christus gemeint ist, ein Bezug, den HILL nicht berücksichtigt, wenn er einräumt, daß man venU ut dominus erwarten sollte, dann aber sein Textverständnis ("He earne as God, and mied hirn; as the Lord had come and redeemed hirn.") mit dem Hinweis rechtfertigt "But wc don't usually attribute redemtion to the Holy Spirit, and neither did Augustine.
" (Sermons 1 1117, 269. 273, Note
13). Daß der spiritus sanctus wahrhaft Gott ist und sich eigentlich selbst zur Gabe macht, betont Augustin in trin. 15 , 36 (CCL 50 A, 5 1 3) apud se aufem deus eSf ets; nemini derur quia deus erat patr; et flUo coaerernus antequam euiquam daretur. nee quia illi dan(. ipse datur, ideo minor est iIIis. da enim datur sieut dei donum ul etiam se ipsum det sicur deus. Im Zusanunenhang mit dem befreienden Wirken des Geistes mag Augustin aueh an 11 Cor 3, 1 7 gedacht haben, eine Stelle, die er in trin. 2, 1 9 (CCL 50, 105) so verstanden wissen will, daß der HI. Geist ebenso "Herr" genannt werden kann, wie die beiden anderen göttlichen Personen. Eine Aussage über die Seinsweise des Sohnes als Geistsubstanz liege nicht vor: [Gott Vater und der Sohn können als "Herr" bezeichnet werden] cum eriam spiritus sanctus dominus dictus inveniatur ubi apostolus aU: dominus autem spiritus est, er ne quisquam arbdraretur filium signijicatllm et ideo dictum spiritum proprer ineorpoream substantiam, secutus contexllit ["he went on to ad", Souter 375 s.v. sequor ad loc.]: ubi autem spiritus domini, ibi libcrtas; spiritum autem domini spirdum sanetum esse nemo dubitaverit.
152 Vier Themenpredigten
zu wollen, daß seine Belehrungen über die Identität und das Amt des PhiIippus - der rednerisch-didaktische Stil zeigt sich besonders in dem zweifach eingeschobenen ul dixi (Z. 54; 56)287 - keinem Hörer entgehen. In den Z. 84f. verbindet er mit der Wiederholung zudem die deutliche Absicht einer affektiven Wirkung; denn nach dem erneuten und jetzt noch stärker betonten (ecce) Hinweis auf die beschränkte Vollmacht des Philippus müssen die Hörer um so mehr über das in eindrucksvoller Amplificatio (s.o.) ausgeftihrte Kommen des Geistes staunen.zu
Im Grunde sollte an dieser Stelle der Argumentation flir jedermann die donatistische Auffassung klar durch das Zeugnis der Schrift widerlegt sein. Doch der Prediger will die Streitsucht der Gegner suggerieren und geht deshalb \'orbeugend auf den Zweife! ein, den einer allen voraufgegangent!Tl Erklärungen und der besonders von Act 8, 35 bezeugten Predigttätigkeit'" zum Trotz hinsichtlich der Person des Philippus noch hegen mag (vgl. Z. 89ff. - wäre der Apostel Philippus gemeint, könnte der Geistempfang wieder von der besonderen Stellung und Qualität des Spenders abhängig sein). Gleichzeitig dient die Occupatio Augustin dazu, die überlegene Sachlichkeit der eigenen Beweisführung herauszustellen: sed suspicentur quod votunt, dio so/vo quaesliollem. Da die Handauflegung in Act 8, 38f. nicht
m Vgl. Krebs-Schmalz I 439. In seinen Predigten verwendet Auguslin rur "wie gesagt" meist ut (oder sicut) dixi, was die Person des Redenden deutlicher hervortreten läßt als der 'kommunikative Plural' oder eine unpersönliche Verbindung - Ausdrucksweisen, welche besonders dem stärker auf einen objektiven Ton bedachten historischen Stil eig. nen (vgl. ebd. 438f.); gleichwohl findet man auch in den gewöhnlichen Sennones bisweilen zum Hinweis auf das zuvor Gesagte: ut duimus ( 14x); sicul dictum est (9x) und jeweils einmal ut dictum est; ut iam dictum est; ut saepe dictum est; quemadmodum dictum est.
lU Daß Augustin ebenso wie die traditionelle Rhetorik mit einer Wiederholung die Wirkung des offectum movere verbinden kann, zeigt KURSAWE, docere, delectarc, movere 92f. mit Hinweis auf cn. Ps. 7 1 , 2, wo die rur den biblischen Stil typische Parallelisic· rung synonymer Wörter und Wendungen folgendermaßen bewertet wird: istae autem repetitiones multum eloquia divina commendant, sive eodem verba, siue aliis verbis eodem sententia repetatur; el maxime reper;untur in Psalmis, et in eo genere sermon;s quo animi est movendus afJeetus (CCL 39, 972).
m Die Er.t.ählung von der Bekehrung des Kämmerers läßt Philippus "als einen christlichen Prediger sichtbar werden, der überzeugend den Schriftbeweis fUhrt" (HAENCHEN, Apo· stelgeschichte, 306). Auf diese im Kontext der Stelle besonders durch evangelizavit hin· gewiesene Amtsausübung scheint die von M überlieferte Adhortatio bezogen zu sein: leganl textum leetionis el videant eundem Phi/ippum nominari, qui proprie evangelisla appellatus est unus de diaeonibus septem. Wenn Augustin im folgenden einräumt, die Schrift identifiziere Philippus hier nicht eindeutig durch die Angabe seines Titels (apo· siolusfueril an diaconus, quoll lee/io tacuil, sil hoc ineerlum), bedeutet dies keinen Wi· derspruch.
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erwähnt wird, spielt der Status des Philippus keine Rolle. Hier ein Fehlen entsprechender Überlieferung anzunehmen (vgl. Z. 96-98), erweist den Zweifler vollends als mutwillig und unglaubwürdig.
Nachdem Augustin durch Einftihrung des contentiosus für gesteigerte Aufmerksamkeit bei den Zuhörern gesorgt hat, hält er ihr Interesse am Fortgang der Auseinandersetzung wach, indem er mit seinem fingierten Gegner in einen Dialog eintritt. Da dieser sich von der bisherigen Argumentation wenig beeindruckt zeigt und auf seiner Position beharrt, kann der Vortragende endlich den beweiskräftigsten und daher zuletzt angemhrten Schriftbeleg der Comeliusgeschichte liefern.
Von der sachlichen Bedeutung gerade der Joppevision für den argumentativen Zusammenhang der Predigt war im einzelnen schon die Rede. Besondere Beachtung soll hier noch der Anmerkung geschenkt werden, die die Mauriner im Anschluß an den von Augustin zitierten Vers Act 10, 28 machen: Praeterivit amanuensis sequentia verba Scripturae, quae maxime ad remJaciebant. (PL 38, 1228. Anm. (a)). Daß die dem Maurinertext zugrunde liegende Überlieferung in der Tat unvollständig ist, zeigt der Vergleich mit M, wo das Bild aus der Allegorisierung der Joppevision (ille esuriens respexir ad discum), welches in PL 38, 1228 allzu unvennittelt folgt, durch zwei lnterrogationes und eine brachylogisch formulierte Antwort an das Zitat angeschlossen wird (Z. 139-142): ibi plalle Petrus ait: vos scitis, fratres, qucmadmodum abominandum sit Iudaeo accedere vel coniungi gentili; sed mihi deus ostendit neminem communem aut imrnundum hominem diecre. quando ostendi'? ubi astendit? cum iIIe esuriens respexit ad discum. Liest man diesen Text, deutet nichts auf eine Auslassung hin. Vor dem Hintergrund der ekklesiologischen Differenzen mit dem Donatismus scheint es vielmehr überaus angebracht, daß Augustin nach Hinweis auf die von Gott geoffenbarte Legitimität der Heidenmission den Hörern Pctrus an dieser Stelle nochmals als die nach dem Glauben der "Welt" hungernde Kirche vor Augen stellt. Mit den Maurinem hier die der Argumentation besonders dienlichen Schriftverse zu vennissen - mithin Act 10, 44-48, wo der unerwartete Geistempfang der Heiden im Haus des Comelius und ihre erst anschließende Taufe erzählt werden (Act 10, 44-48) - hieße die rednerische Taktik des Predigers zu verkennen. Schon ein Blick auf die Disposition der Z. 132-142 zeigt, daß Augustin das Geschehen in Cäsarea ohnehin nicht in der gleichen Reihenfolge oder Gewichtung wie Act wiedergibt: Die ausftihrliche Permspredigt (Act 10, 34-43) wird in einen kurzen Satz gebannt (Z. 136f.), und von der erwähnten Rechtfertigung Petri aus Act 10, 28, als deren Adressaten Augustin offenbar besonders die judenchristlichen Begleiter des Apostels aus Joppe (vgl. Act 10, 23) identifiziert (Hier ist noch
154 Vier Themenpredigten
nicht an die Judenchristen in Jerusalem gedacht; vgl. Act 1 1 , 2), berichtet er erst nach dem Hinweis auf die Predigt. Sollte angesichts dessen nicht auch damit zu rechnen sein, daß der Rhetor den Bericht über den erstaunlichen Geistempfang zunächst bewußt unerwähnt läßt, um ihn nach geschickter Vorbereitung der Hörer (vgl. die pathetische Iteratio in Z. 143f. ubi sunt qui dicebant ( .. . ) ubi sunt qui dicebant ( ... )) um so wirkungsvoller nachtragen zu können?
Die Peroratio
Sowie Augustin Act 10, 44 angeführt, argumentativ ausgewertet und die damit verbundene kirohengeschichtliche Bedeutung offengelegt hat, kann er jetzt in bezug auf das Wirken des Hl. Geistes den angemessenen Schluß mit 10 3, 8 ziehen, den er rhetorisch stark stilisiert (vgl. in Z. 153-155: Klimax, Iteratio, Traductio und leidenschaftliche Variatio des Subjektsatzes). Dabei wird sogar der Bibelvers in einem der Tauftheologie Augustins entsprechenden Sinne verändert: spiritus ubi vult wpira?90, d.h., der Geist weht nicht nur (irgendwo), wo er will, sondern er erftillt auch jeden Menschen, den er fllr würdig befindet.
et tamen arrogantiae spirH�.m (trC) nandum haereticus superbus (T) J U1Rim.1 (0).
Mit diesem Satz beginnt eindeutig die Indignatio291 der Predigt. Die Hörer sollen nunmehr endgültig die Geduld mit der frechen Überheblichkeit der häretischen Position verlieren und ftlr Augustins Auffassung Partei ergreifen. Oie dazu notwendige Steigerung des Affekts will schon der zitierte Satz anbahnen: Das mit einer Figura etymologica operierende Wortspiel, welches in seinem attributiven Genitiv zusammen mit dem Attribut des haereticus einen Pleonasmus bildet, steht in deutlicher Oppositio zu dem vorangegangenen spiritus inspirat .
Das nachfolgende Dialektikon (Z. I 56ff.) läßt die superbia konkreter und noch empörender erscheinen; denn noli ab iIIo accipere, sed a me ist als Aussage des haereticus fictus ungeheuerlich, zeigt sie doch, daß er gleichsam die Ursünde begeht, wie Gott sein zu wollen. Die weitere Ausführung des Dialogs ist insofern bemerkenswert, als jetzt auch der Zusammenhang mit der ThemensteIlung der Predigt zutage tritt. Der Häretiker versucht
290 Unverandert zitien Auguslin den Vers dagegen z.B. in trin. 15, 38 (Cel SO, 5 1 3), pecc. mer. I , 59 (eSEL 60, 58) U.Ö.
29L Zur Indignatio als Teil der Peroratio vgl. Lausberg § 438. Der loeus argumentorum (in diesem Fall - Such formel tUr die nachzuweisende Anstößigkeit) wäre fUr s. 266 wohl besonders a persona (quid aJJectet quisque), vgl. ebd. § 376, auszumachen.
Sermo 266 I S S
zuletzt noch, sich auf Ps 140, 5 zu berufen, wird allerdings von Augustin durch geschickte Unterscheidung von Eigentümer und Besitzer bzw. ursprünglicher Gabe und späterer Verwendung zu Fall gebracht. Die Widerlegung erschließt sich den Hörern durch leicht begreifliche Antithetik (vgl. Z. 1 58ff.) oder Analogie (vgl. das Argumentum ex contrariis292 in Z. 160 caenum non inquinat solis radium (crS) , et tu inquinas dei oleum (trT2)?) und greift, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, auch auf biblische Formulierungen zurück: So folgt in Z. 161 f. auf quod dei est, malus aeeepisti (S) die Begründung quia separatus (T) non eollegisti (S), sed sparsisti (S)), und das Exemplum aus 10 13 , 26 (Z. 1 64) belegt die Gültigkeit der paradoxen Epiphrase qui mandueat indigne (0), non mandueat indignum (0), mit welcher der Prediger die zuvor zitierte paulinische Gerichtsandrohung aus I Cor 1 1 , 29 verdeutlicht. Die eingangs aufgestellte These ist damit bewiesen:
non est ergo oleum peccatoris (S) oleum salutaris (0), und so bleibt am Ende nur noch der gleichfalls einprägsam formulierte Weheruf, bei dem der verderbliche Widerspruch, den ein schlechter Besitz der unverändert guten (sakramentalen) Gabe bedeutet, besonders durch die Juxtaposition der qualifizierenden Begriffe hörbar wird, die durch eine überlappende Klausel auch rhythmisch verbunden sind (Z. 167f.):
vae hominihus bonum (C2) f male accipientibus (Ce 2). Augustin läßt es dabei jedoch nicht bewenden, sollen doch die Hörer,
obgleich hoffentlich von der Conclusio überzeugt, den Gottesdienst nicht mit der Frage verlassen, was es mit dem Psalm 140, 5 denn nun eigentlich auf sich habe. Er fordert sie daher auf, den Vers mit ihm noch auf einen plausibleren Sinn hin zu untersuchen (Z. 169f.):
vide tarnen scripturae sensum (S), ne forte aliquid admoneat (01 .3), quod intelligentiae (H) pateat me/ion· (S2).
Der Prediger löst damit zugleich das im Exordium angekündigte discutere et pertractare sententiam ein; denn durch die bisherigen Ausführungen wurde lediglich die Unhaltbarkeit der donatistischen Auslegung, nicht jedoch die wahre Bedeutung der Schriftstelle aufgezeigt, was hier in dem durch Sperrrung betonten meliori anklingen soll. Es folgt die bekannte interpretation (s.o. die Einleitung zu s. 266), bei welcher Augustin eine derartige Fülle kurzer Dikola verwendet, daß man beinahe fragen möchte, ob sie
292 In Form einer Gegenüberstellung zweier Sätze, bei denen sich die Gültigkeit des zweiten aus der Gültigkeit des ersten ergibt. V gl. etwa Cic. Arch. 17 ergo iIIe corporis mo(u (anturn amorem sibi concjliaral a nobis omnibus: nos animorum incredibiles molus celerilalemque ingeniorum neglegemus?
156 Vier Themenpredigten
sich in ihrer Wirkung nicht schon wieder gegenseitig aufheben. Fast jeder Satz wird zum Merkvers wie z.B.:
rliligil obiurgalor (S), 4ecipil adulalor (0') oder dura esl virga caedenlis (0), molle esl oleum blandienlis (T).
Das gilt ebenso rur den zweiten Teil der Allegorisierung, welcher vor dem grande caput als Folge des oleum peccaloris wamt.291 Der Prediger horn aber offenbar, daß diese Gedanken, gerade weil sie in so leidenschaftlicher Verdichtung vorgetragen werden, die Hörer nicht mehr loslassen. Die Schlußbemerkung zum aplum des Sermo weiß Augustin geschickt mit dem Hinweis auf das göttliche Mitwirken beim Predigen zu verbinden (Z. 1 8 1 -183), so daß der Redeerfolg fur keinen Gläubigen mehr zweifelhaft sein sollte.
293 Dieses Bild rur den Hochmut war Augustin sprichwörtlich bekannt Vgl. ep. 33, 3 (eSEL 34, 2, 20) ideoque de homine, quem falsae blandilioe faciunt adrogantem, recte eliam vulgo dicitur; crevir capul. Siehe KNAUER. Psalmenzitale, 1 70.
3. SERMO 240
a) EinfUhrung
Augustins s. 240 bildet den Anfang einer Reihe von Predigten (ss. 240-243 (PL 38, I \30-1 147), welche die Auferstehung der Toten behandeln, einen spezifischen Inhalt christlichen Glaubens"', an dem die heidnische Welt seit der Areopagrede des Apostels Paulus29s immer wieder Anstoß genommen hat. Denn selbst wenn sich die Christen in ihrer Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tode im Einklang mit der platonischen Tradition befanden, wurde gerade von spiritualistisch argumentierender Philosophie, die sich die beatitudo nur als Befreiung der Seele aus dem Gefangnis des leibes vorstellen konnte, dem Ideal einer postmortalen Körperlichkeit widersprochen.296
Nicht unbeeindruckt von der heidnischen Polemik, welche die aus ihrer Sicht primitive Vorstellung durch allerlei Spitzfindigkeiten lächerlich zu machen suchte (bis hin zur Frage nach der Identität des Auferstehungslei-
2� Vgl. s. 241, I (PL 38, 1 1 33) propriafides est Christianonml resllTrectio morlZlorom und in s. 240 das Dialcktikon der Z. 34-42. In Verbindung mit Rm 10, 9 (si enim crediderls in corde (UD quia dominus esl /esus el eonfessus fueris ore IUO quia eum deus SUScilovil o morluis, so/vus eris) wird der Auferstehungsglaube von Augustin als proprium ChriSlionum begriffen in: c. Faust. 1 6, 29 (CSEL 25, 1 , 476), trin. 2, 29 (CeL 50, 1 19), en. Ps. 101 , 2, 7 (CCL 40, 1442); 1 20, 6 (CCL 40, t79t), vgl. H.-I. MARROU - A.-M. LA BoNNARD1ERE. Le dogme de la resurrection des corps et la theologie des valeurs humaines selon \' enseignement de saint Augustin: REAug 1 2 ( 1966), 1 14, Anm. 16, mit Hinweis aufen. Ps. 138, 8 (CCL 40, 1996), s. Oenis 24, 1 (MA I , 1 4 1 ), s. 233, 1 (PL 38, 1 1 12), s. 2 1 5 , 6 (RB 68 ( 1958), 24) - an den beiden zuletzt genannten Stellen erfolgt eine deutliche Abgrenzung der Christen von Heiden und Juden (vgl. auch s. 234, 3 (PL 38, 1 1 1 M.) mit ZuSätzlicher Differenzierung der fides Christionorum von der fides daemonorum, welche zwar auch um die Auferstehung des Herrn weiß, dabei aber keine caritas besitzt, die sich in entsprechenden mores et opera äußert.).
29� Vgl. Act 17, 32 uKoooavm; bt uvcia'taOlv VEK{XUV ol IJ-tv lXAtOOl;oV, oi bt EL"tuv' uKooo6IJ-Eßa oou XEQl 'fomou Kal XaAtv.
296 Vgl. bei P. COURCELLE, Propos antichretiens rapportes par saint Augustin: RechAug I ( 1958), 1 67f. die Erläuterungen zu s. 256, 2 (PL 38, 1 19 If.) alius dieit: ('Corpus morlis huius non ad me pertinet. carcer meus est ad tempus. COlena mea esl ad lempus. in corpore mortis sum ego, non corpus morlis sum ego.)) ( ... ) (U!go enim,)) inquit, «(�piritus sumo caro non sum, sed in carne sumo cumfuero liberatus a earne. quid erit mihi deinde cum carne?)), civ. 13, 17 (CCl 48, 398) contendunt etiam ist; (sc. P/atonici) lerreslria corpora sempiterna esse non posse ( . . . ) sed terrae, inquiunt. terra reddenda est, unde animalium terrestria sumpta sunl corpora; ex quo fit, inquiunt, ut ea sit necesse dissofvi et emori et eo modo terrae stobili ac sempiternae, undefuerant sumpta. resti'ui.
158 Vier Themenpredigten
bes im Falle von Anthropophagie"'), dachte man auch in den christlichen Gemeinden über die Beschaffenheit des zukünftigen lebens nach und be
gnügte sich dann oftmals mit der Hoffnung auf ein Fortleben der Seele: cum ergo manifestum sit fidei nostrae futuram resurrectionem morluorum, el ita manifestum, ut hinc quisquis dubilaverit, impudentissime se dicat christianum, quaerilur qualia corpora habebunt saneli, el quae vila eorum futura sil. multis enim visum esl resurrec/ionem quidem fleri, sed per solas animas (s. 362, 6 (pl 39, 16 14» .'"
Augustin, dem die philosophischen Vorbehalte gegen die corporum resurrec/ia nicht zuletzt aus Ciceros De re publica vertraut waren, wo eine leibliche Apotheose des Herkules und des Romulus ausgeschlossen wird"', s:eht sich be:-eiti in der Predigt, die :r 393 zur Eröffnung des Konzils von Karthago über das katholische Glaubensbekenntnis hält (De fide et symbolo), genötigt, die christliche Vorstellung des Auferstehungsleibes als corpus spiritale plausibel zu machen (vgl. f. et symb. 1 3 . 1 4 (CSEl 41 , 15f. 3 1 f.» , und zeitlebens wird er diese schwierige Überzeugungsarbeit leisten müssen, die ihren argument2tiven Höhepunkt im letzten Buch von De eivilaie dei findet (vgl. relr. 1 , 17 (CCl 57, 53f.)).
Daß Augustin die ss. 240-242 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in der Osterzeit, vielleicht sogar in der Osterwoche selbst, gehalten hat, geht aus seinen Bemerkungen zum Anlaß und kommunikativen Zusammenhang der Predigten deutlich hervor: s. 240, 1 (Pl 38, 1 130) per IlOs dies, sicul reeolil eari/as ves/ra, solemniler legun/ur evangelieae lee/iones ad resurreelionem domini perlinenleslOO, s. 240, 5 (pl 38, 1 1 32) [Z. 106ff.] ergo, carissimi,
m Vgl. civ. 22, 1 2 (CCL 48, 832) sed inler haec onmia quaestio difficillima iIIa propa"i. lur, ill cuius carnem redilura sil earo, qua eorpus alterius vescenlis humana viscerafa· me compellenre nutritur. Noch absurder Porph. Chr. Fr. 93 (Hamack): Ei bEt, Iplla(, oWoUt; QvlOTUo{)W TOUt; TE1"EA.E\JK6TU<;, xGl(;, Ei O\lIlßal.ll ävßQ<OO[ov cixoßuvEtv Eie; ßIUaTtav. tha j3Qwßtvru TO\nOV i»to iXth'xov, außu; inco älAwV avßQ6mrov Ka· Taß(xoßt"jVUl btä j.1to<'ov T(llV lXiXlwv, x<i>c; liv ava>..6:jkx TaC; o6.QKac; Tcic; Eie; älAOUt; civßQ<imouc; ö.vaoaxaV11ßdo�; (Wenn, sagt er, die Toten unversehrt auferstehen sol· len, wie kOnnte wohl ein Mensch, rur den Fall, daß cr im Meer gestorben sein und dann, von Fischen gefressen, wiederum von anderen Menschen verspeist worden sein sollte venniue1st der Fische, sein Fleisch zurückerhalten, das gänzlich für andere Menschen aufgezehrt worden ist?). Siehe dazu O. GIGON, Die antike Kultur und das Christentum. GOtersloh 21969, 1 2 1 .
:m Vgl. COURCEu.E, Propos antichretiens, 169. m Vgl. civ. 22, 4 (CCL 48, 809) (Cic. rep. 3, 40) Nam cum l1erculem el Romulum ex ho
minibus deos esse faclos asseveraret: quorum non corpora, inquiI, sunt in caelum elata; neque enim natura pateretur, ut id quod esset e terra nisi in terra maneret.
100 C. LAMBOT, Les sermons de saint Augustine pour les fCtes de Päques: RBen 79 (1969), 165f. (zuerst in RevSR, hors-serie [Melanges M. Andrieu] (1956) u. RevSR 30 (1956»
Senno 240 159
quoniam proposui vohis hodie. quid dicanl etiam philosoph; mund; huius. ( . . . ) craslino adiuvanle domino exponere pOlerimus, s. 241, 1 (pL 38, 1 133) hesterno die vohis insinuavimus sapien/es gentium ( .. . ) seru/alas fuisse naluram, s. 241 , 4 (pL 38, 1 135) hi ergo, sicul heslerno die vos commonui ( .. . ) . rettuli vobis heri suspiciones eorum, s. 241, 8 (PL 38, 1 138) ( . . . ) ad ea quae restant ( . . . ) et aures et corda in cras/inum praeparate, s. 242, 5 (pL 38, 1 140) philosophi enim gentiurn ( ... ), quorum iam vel insanas vel certe humanas sentenlias inlimavi, 242, 7 (PL 38, 1 141) nonne in /ibro Plalonis,
seh ließt aus solchen Äußerungen (deutlicher noch ep. 10. tr. 1 prol. ( ... ) solemnitas sanetorom dierum, quibus certas er evangelio lectiones oporiet in ecclesia red/ari, quae ira sunl annuae, ut aUae esse non Dossinl, vgl. s. 231, 1 (SC 1 16 (1966), 244), 5. 239, 1 (PL 38, 1 127), s. Guelf. 15, I (MA I , 488» sowie aus einzelnen, von Homiliensarnmlungen fllr eine sukzessive Reihung verwendeten Schriftbezügen in den Predigten, daß in Hippo während der Osterwoche zwei mögliche Perikopenordnungen der Evangelien in Gebrauch waren [das Ev. des Ostersonntags wurde dagegen nach Lesung von Act I und Ps 1 17, 24 (Me est dies quemfecit dominus) mit Bezug auf die Neugetauftcn immer dem Johannesprolog entnommen, vgl. ebd., 164 u. S. POQUE, Augustin d' Hippone. Sermons pour la Päque. Paris 1966 (SC 1 16), 79]: (I) {so im Homiliar des Pseudo-Fulgentius}: SECUNDQ OIE PASCHAE: Lc 24, 13-31 (Erscheinung bei den Emmausjüngem), TERTIO OIE PASCHAE: Mc 16, 1 - 16 (Auferstehung und diverse Erscheinungen), QUARTO DIE PASCHAE: 10 20, 1 - 1 8 (Auferstehung und Erscheinung vor Maria Magdalena), QUINTO DIE PASCHAE: 10 20, 19-23 (Erscheinung vor den Aposteln ohne Thomas). Dieses System, das die übliche Folge der Ev. (Mc vor Lc) umstellte, wurde nach LAM80T 41 7/8 von einer anderen Leseordnung abgelöst: (2) [im Homiliar Fleury (s. VIII), der antiken Alleluia-Reihe (ms. Orleans ISS (s. X» , und der Sammlung Cluny (ms. Bruxelles B.R. 1 4920-22 (s. X» ] fLir die genannten Tage: Mc 16, 1-16; Lc 24, 12-35; Lc 24, 36-53 (Erscheinung vor den Aposteln), 10 20, 1 1 - 1 8 (Erscheinung vor Maria Magdalena), das Ev. am Freitag der Osterwoche war in beiden Fällen 10 2 1 , 1-14 (Erscheinung am See von Tiberias), rur Samstag und Sonntag machen nur die unter (2) genannten Sammlungen Angaben (vgl. LAM. BOT, a.a.O. , 166). Für POQUE bildet deren kanonische Reihenfolge der Lesungen die letzte von insgesamt vier verschiedenen Perikopenordnungen (vgl. a.a.O. die Übersicht auf S. 89). Ihre Einftihrung in Hippo datiert sie mit s. 232, 1 (resurrectio domini nostri lesu Christi et hot/ie recitata esr sed de altero !ibro evange/ii. qui est seeundum Lucam. primo enim lecta est secundum Mattheum [Mt 28 in der Osternacht], hesterna autem die secundum Marcum. hodie secundum Lucam. sicu! habel ordo evongelistarum (SC 1 1 6 (1966), 260)] bereits auf das Jahr 412 (vgl. ebd., 90). A. ZWINGGI, Die Perikopenordnungen der Osterwoche in Hippo und die Chronologie der Predigten des hl. Augustinus: Aug(L) 20 ( 1 970), 34 nimmt gegen POQUE wegen der Unterschiede in Umfang und Reihenfolge der Lesungen an, Augustin habe keine unumstößliche Perikopenordnung in der Osterwoche gekannt, sondern lediglich auf die känonisch� Abfolge du Auferstehungsberichte geachtet; ähnlich auch HIlJ.., Sermons 11l17, 63. Note 2: Über das jeweilige Tagesevangelium sei vennutlich vom Bischof entschieden worden, freilich unter der Voraussetzung, daß die Auferstehungsberichte aller Evangelisten in der Oktav vorgetragen werden mußten.
160 Vier Themenpredigten
quod hesterllo die demonstravi, legitur dixisse deus 1I0n tactus diis a se factis ( . . . ) .
Auch s. 243 (PL 38, 1 1 43-1 147) wird man wahrscheinlich dieser Reihe zurechnen müssen. DafUr ist nicht so sehr ausschlaggebend, daß sich im Prooemium gleichfalls eine Repraesentatio der österlichen Leseordnung und der damit verbundenen Frage nach dem Sondergut der Evangelisten findeeol, was einen Bezug auf s. 240, 1 nahe legt. Denn solcherlei Hinweise gibt Augustin auch in anderen Sennones der Osterzeit, und er erklärt in s. 245, 1 (PL 38, 1 1 5 1 ) sogar ausdrücklich, daß er der Gemeinde schon oft die commullis praedicatio veritaUs aller Evangelisten in Erinnerung gebracht habe,J02
Senno :43 stell: vi.elmehr aU3 einem rhetorisc.hen Gnmd vtrmuHich das Ende der Ausführungen über die Auferstehung dar: Augustin verspricht in der Peroratio dieser Predigt seinen Hörern das zukünftige Leben bei Gott (s. 243, 8 (PL 38, 1 147) sie isti dies laeti significant futuram vitam, ubi erimus cum domino regnatllrl); alle werden Alleluia singen und die besorgte Frage, wie das Leben nach dem Tode beschaffen ist, wird sich rur diejenigen nicht mehr stellen, die glückselig im Hause des Herrn wohnen dürfen: (ebd.) ibi lIullus defeetus, nulla fastidia. state, laudate, qui statis in domo domini, in atriis domus dei nostri (Ps 133, I) . qllid qllaeris, quid ibi [acturus sis? beati. ait, qui habitant in domo tua, domine; in saecula saeculorum laudabunt te (Ps 83, 5). Nach der langen Widerlegung der heidnischen Einwände, zu der schließlich wohl auch die Behandlung der schwierigen Frage gehörte, welchen Verwendungszweck die Glieder des Auferstehungsleibes (und von diesen besonders die membra quae vocantur pudenda) habenlol• wird der Prediger schwerlich darauf verzichtet haben, dem Publikum einen hoffnungsfrohen Ausblick auf die vila aeterna zu geben.
JOI s. 243, 1 (PL 38, 1 143) hoc enim scitis er commendaveram vobis secundllItl omnes qualuor evangelislas istis diebus resurrecrionem domini recitari ( . . . ). dixi aulem vobis et meminisse debetis non omnia omnes dicere, sed dici ab alUs. quae ab aliis prarermissa SUnl.
,., Vgl. z.B. auch s. 231 , I (SC 1 1 6 (1966), 244)" . 234, I (PL38, 1 1 1 5),'. 235, I (RB 67 (1957), 1 37), ,. 246, I (SC 1 16 (1966), 260).
}Oj Vgl. s. 243, 3 (PL 38, 1 144f.) Die Frage scheint in Karthago aufgekommen zu sein, so daß Paulinus v. Nola dort (im Winter 408 00. 409) dazu Stellung nehmen mußte und eine enlSprechende Anfrage an Augustin richtete. Vgl. Augustins Bemerkung in ep. 149, 2 (eSEL 44, 349) simul etiam miseram, sicut iusseras, er iIIius epislulae uemplum. quae tuoe corirari apud Carthaginem de corporum resurreclione rescripseram [vgl. ep. 95, 7 (eSEL 34, 2, 5 1 1 f.)], ubi de usu membrorum exorra eral quaestio. Vgl. KUNZELMANN, Festlegung, 73, der durch Paulins Brief auch s. 243 veranlaßt wissen will. Daß den membra genilalia auch im irdischen Leben nicht notwendig eine rurpiludo anhaftet,
Senno 240 161
Diesen rhetorisch wirkungsvollen Abschluß bieten ebenso die zusammenhängenden ss. 361-362 (pL 39, 1599-1634), die gleichfalls De resurrectione mortuorum handelnlO4, aber auch das letzte Buch von De civitate dei, welches als disputalio de civitatis dei oe/erna beatitudine (vgl. civ. 22, I (CCL 48, 805) angelegt ist.'os
Das Homiliar Fleury und die Sammlung Alleluia betrachten die ss. 240-
243 als zusammenhängende Reihe, die sich in den Rahmen der Osteroktav einordnet: 1 . DOMINICA: s. 1 1 9. 2. OE SECUNDA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 240. 3. OE TERTIA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSO
PHOS: s. 241. 4. OE QUARTA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 242. 5. OE QUINTA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 243. 6. OE SEXTA FERIA PASCHAE, DE DUABUS PISCATIONIBUS: s. 25 1 . 7. OE SABBATO, AB EO QUOD DICTUM EST IN EVANGELIO PETRO A DOMINO: PETRE, AMAS ME? USQUE AD ID QUOD AlT: PASCE OVES MEAS: s. 147. 8. lTEM ElUSDEM DE DIE DOMINICO, DlCTUS AD SANCTOS MARTYRES XX, DE EO QUOD DICIT IN ACTIBUS APOSTOLORUM AD ANNANIAM ET ElUS CONIUGEM: PECUNIA TUA NONNE MANENS TIBI MANEBAT, ET VENDITUM IN TUA
wußte Auguslin freilich schon früher gegenüber den Manichäem zu belegen (vgl. c. Faust. 29,4 (CSEL 25, I , 746f.» .
304 Vgl. s. 362, 3 1 (PL 39, 1634) vacabimus ergo cl 'IIidrhimus deum sicuti es' el v/den/es laudabimus delltn. cl haec erit vita sanetarum, hace DeNo quielorum, quia sine de/eelll laudabimus ( ... ). audi etiam hoc scripturam dicentem deo, quod lias desideramus: beati qui habilanl in domo tua; in saeeula saeeulorum laudabunt le (Ps 83, 5]. Die ss. 361 -362 werden meiSI auf den Winter der Jahre 410-41 1 datiert, vgl. VERBRAKEN, Etudes eritiques, 150.
30' Vgl. Beginn und Schluß des letzten Kapilels (civ. 22, 30 (CCL 48, 862.866» quanta erit iIIa felicitas. ubi nullum erit malum. nullum latebit bonum. vacabitur dei laudiblls, qui erit omnia in omnibus! nam quid aliud agatur. ubi neque ulla desidia cessabilur neqlle IllIa indigentia faborabitur, nescio. admoneor etiam sancto cantico, ubi lego vel audio: beati, qui habitant in domo tua, in saccula saeculorum laudabunt te [Ps 83, 5). ( ... ) ibi vacabimus et videbimus. videbimus et amabimus. amabimus et lalldabimlls. ecce quoll erit in fine sinefine. nam quis alius noster est finis nisi pervenire ad regnum, cuius nullus esl finis? Zur Disposition des 22. Buches vgl. die Einleitung von G. BARDY in: CEuvres dc Saint Augustin: BA 37. La eile de Dicu: Livres XIX-XXII. Paris 1960, 1 8-20, der zum Sehlußkapilel u.a. bemerkt: "Lorsqu'il a fini de repondre a tous les problemes, saint Augustin sc trouve en presence du dogme de la vie etemelle. Dans son corps ressuseite Cl spiritualise aprcs le jugement demier, I'ame jouira sans fin de la vision dc Dieu ( . . . ) ; il est bien plus diffieile de decrire le bonheur du eiel quc les soufranees dc l'enfer. La theologie n'essaie guere de se livrer ä des descriptions que d'avanee elle sait impossibles. Mais les artistes, les poetes, les oratcurs sont eapables de sc 1ivrer ä de longs developpemcnts ä ee sujet, CI saint Augustin lui-meme parlc avee emotion, dans plusieurs de ses sermons, de la beatitude du dei."
162 Vier Themenpredigten
ERAT POTESTATE: s. 148. 9. EODEM DIE IN ECCLESIA LEONTIANA, DE MO
NITIS BAPTIZATORUM : s. 260.""
Eine genaue Datierung der Predigtreihe flillt schwer. Poque, die in s. 241 , 2 (PL 38, 1 1 34) die Vorstellung einer vertikal ausgerichteten Seinsgradation angedeutet sieht, welche ein Echo des berühmten Dialogs mit der Schöpfung und der memoria-Analyse aus dem zehnten Buch der Confessiones seil07, denkt mit Kunzelmann an die Jahre 405-410. Dessen Datierung stUtzt sich zunächst auf s. 240, 5 (PL 38, 1 \33) quod dixit [sc. veritas, i.e. Christus] in maiD quidem esse genus humanum causa peccati, manifestum est. Augustin hätte, wie er meint, diese Aussage während der Streitigkeiten mit den Pelagianem mit einer deutlichen Spitze gegen die Leugnung des peccatum originale versehen müssen.3OI Darüber hinaus vcnnatet er, daß die in s. 241 , 6-7 (PL 38, 1 1 36-1 \38) dokumentierte Beschäftigung mit Porphyrius durch den Briefwechsel mit Hieronymus (403-406) und den Brief an Deogratias (406-412) angeregt sein könnte.'" Im Hinblick auf die
lO6 Vgl. LAMBOT. Les sermons pour les fettS de Päques. 1 5 1 f. [Für den octavus dies werden hier zwei der insgesamt üblichen drei Predigten genannt: die erste (nach Lesung von Aci S, 4ff.) über das Zeugnis der in Hippo verehrten 20 Märtyrer aus der Zeit diokletianischer Verfolgung (in der eigens darur errichteten Memoria Sanctorum), die zweite zur moralischen Instruktion der (am Ostersonntag) Neugetauften. Eine dritte Predigt folgte außerdem noch im Anschluß an das Tagesevangelium POQUE nimmt an, daß die letzten heiden Predigten normalerweise in der Basilica Maiar, eine Zeitlang aber auch in der Basilika des H!. leontius (Ecclesia Leontiana) stattgefunden haben (sofern es sich dabei wirklich um zwei verschiedene Gebäude handelt), vgl. Sermons pour la Paques, 1 14f. u. 107-1 13.] Eine Jahresangabe fehlt. LAMBOT, a.a.0., 1 5 1 , vermutet wegen s. 243 eine Zeit nach 409 (siehe zur Datierung weiter ohen im Text). Als zusammengehörige Predigtreihe gegen die heidnischen Philosophen wollen auch MARROU - LA BoNNARDIERE, Le dogme de la resurrec;tion des corps, 1 16. Anm 23., die ss. 240-243 verstehen. 107 Vg!. S. POQUE, L:expression de fanabasc plotinienne dans la predication de saint Augustin el ses sources: RechAug 1 0 ( 1 975), 202, mit Hinweis aufconf. 10, 8-27; 37-38.
lOt Mit dixit in malo esse genus humanum meint Augustin Mt 6, 12f. et dimitte nobis debita nostra, sleut ef nos dimittimlls debItoribus nostris; el ne nos in[eras in lemplalionem: sed libera nos a malo [so zuerst in De sermone domini in nwnle aus dem Jahr 394 (s. dom. m. 2, 1 5 (CCl 35, 1 04», wo die Bitte ausdrllcklich auch auf das malum, zu dem die Menschen schon serpenlina persuasione verfuhrt worden sind, bezogen wird, vg!. ebd. 2, 35 (CCl 35, 1 25)]. KUNZELMANN, Festlegung, 33 mit Anm. 2, verweist für eine antipelagianische Auslegung von Mt 6, 1 2 auf s. 56, 1 3 und s. 58, 6.
J09 Vg!. a.a.O., 34. Siehe Augustins ep. 88, 22 (CSEl 34, 2, 375) (an Hieronymus - hier bezogen auf den von Porphyrius geschmähten Streit zwischen Paulus u. Petrus in Antiochia [vg\. Gal 2, I 1 ff.]) laus itaque iustae fiber/alis in Paulo et sanclae humilitatis in Petro, quantum miM pro modulo meo videtur, magis [ueral adversus ctllumniantem Porphyrium defendenda, quam ul ei daretur ob'reCiandi maior occasio, qua mulla mordacius eriminaretur Christjanos fal/aciler vel suas litteras scribere vel dei sui sacramenta portare; ep. 102, 8 (eSEL 34, 2, 551) item aUa proposuerunt, quae dicerent de
Senno 240 163
Fonnulierung der Erbsündenlehre sollte man in der Tat erwarten, daß Augustin fUr diese nach dem Jahr 415, als die afrikanische Kirche in Reaktion auf Pelagius' Entlastung durch die Synode von Diospolis die Richtigkeit ihrer Gegenposition behaupten mußte"', ein deutlicheres Wort gefunden hätte. Ob aber fUr den zitierten Satz notwendig das Jahr 4 1 1 als tenninus ante quem anzunehmen ist, scheint fraglich, zumal auch die an Rrn 5, 12
angelehnte Fonnulierung in uno peccavimus, et omnes ad corruplionem nal; sumus (s. 240, 3 (pL 38, 1 1 3 1)) [Z. 46f.] in ähnlich "entschärfter" Fonn noch in Augustins erster antipelagianischer Schrift De peccatorum merit is el remissione el de baptismo parvu/orum ad Marcellinum aus dem Jahr 41 1/412 vorkommen kann.'"
Porphyrius, Schüler, Biograph und Herausgeber Plotins, wird nach civ. 8, 12 (CCL 47, 229) der besonders angesehenen Gruppe moderner Platonanhänger (Platonici) zugerechnet, zu der außer ihm noch Platin selbst, Iamblichus und Apuleius Afer zählen. In welchem Umfang und zu welcher Zeit Augustin freilich libros PlalOnicorum, die ihm wohl nur durch Übersetzung des Marius Victorinus zugänglich waren (vgl. conf. 8, 3 (CCL 27, 1 14)),
gelesen hat, ist umstritten.3 12 lnteressant fur die Datierung der 55. 240-243
?orphyrio contra ChriSlianos tamquam validiora decerpta, \lgl. cbd. 28. 30 (eSEL 34, 2. 569. 570). Der Brief behandelt die Augustin von Deogratias vorgelegten quaestiones sex, quas proposuit amiCIIS quidam qllem cupiebam fleri Christianum, IIt contra paganos solverentur, praesertim quia nonnlll/as earum a Porphyrio philosopho propositas dixit. (retr. 2, 3 1 (CCl 57, 1 15». Augustins folgender Bemerkung sed non esse arbitror Porphyrium iIIum Sicu{um, cuius celeberrima est fama (ebd.) entnimmt HARNACK, daß er zwar andere Schriften des Porphyrius, niemals aber sein Werk Ka'tcl XQlonav<Ov in Händen gehabt habe, vgl. Porphyrius, Gegen die Christen. I S Bücher. Zeugnisse, Frag· mente und Referate, hrsg. v. A. v. HARNACK. Berlin 1916, 39. )10 Vgl. BROWN, Augustine, 357.
m So z. B. peec. mer. 3, 20 (CSEl 60, 147) peccavimus in uno omnes, ut moreremur ill 11110 omlles. Später nimmt der Ton mit Bezug auf Rrn 5, 1 2 deutlich an Schärfe zu, wie etwa in der bereits gegen Julian gerichteten Schrift De nuptiis et concupiscelltia ad Valerium (419-421), vgl. nupt. et cone. 2, 45. 47 (CSEl 42, 299. 302).
1Il Neben der Frage, welcher Anteil Plotin und welcher Porphyrius bei dieser Lektüre zukommt, bleibt der Einfluß der /ibri Platonici auf Augustin schwer zu bewerten, so daß insbesondere die von Robert O'CONNELl. (St. Augustine's Confessions: The Odyssey of Soul. Cambridge MA 1969) vertretene Auffassung, Augustin sei, wie seine Lehre vom Ursprung der Seele zeige, zeitlebens ein Krypto-Plotinist gewesen, die Forschung beschäftigt hat, vgl. J. J. O'DoNNELl., Augustine: his time and Jives: The Cambridge Companioll to Augustine, t.-d. by E. STUMP and N. KRETZMANN. Cambridge 200 1 , 22f. Der Forschungsstand zu den Ubr; Platonici Augustins wird ausfUhrlieh dargestellt bei J. J. O'OONNELL, Augustine: Confessions. 11. Commentary on Books )·7. Oxford 1992, 413-418 u. 421-424 (zu conf. 7, 13). Zur Bedeutung des Ambrosius rur Augustins Kenntnis der neuplalonischen Philosophie siehe bes. W. GEERUNGS, Libri Platonicorum. Die phi·
1 64 V ieT Themenpredigten
ist, abgesehen von den genannten Briefen, besonders die Erwähnung des Porphyrius im zehnten Buch von De civitate dei (verfaßt 417)313, da sich dort (civ. 10, 29) außer in s. 241, 7 u. 8 (PL 38, 1 137f.) zum ersten Mal ausdrücklich die Wendung omne corpusjugiendum findet, ein thematischer Schwerpunkt der Schrift des Porphyrius, die von Augustin De regressu animae genannt wird, vielleicht aber mit der "Philosophie aus Orakeln" ('EK AOY(roV (j"Aoaoq>(a<;) identisch ist."< In civ. 10, 29 wird zudem - wie in der Predigtreihe - das exemplum Christi zum wichtigen Bestandteil der Argumentation: Porphyrius geht mit seiner metaphysischen PrinzipienlehTe, obgleich ihn diese in die Nähe christlicher Trinitätsvorstellungen rückt"', fehl. Er erkennt zwar, daß die Seele letztlich nicht durch theurgisehe Weihehandlungen (te/etae), sondern nur durch göttliche ' Prinzipien' gereinigt werden kann (vgl. civ. 10, 23), will Christus aber nicht als solches anerkennenlL6 noch zugeben. daß für die Gnade Gottes, deren Notwendigkeit er einräumt, die Menschwerdung Christi den deutlichsten Beleg liefert (summum exemplum esse). Gegen die Lehre, jeder Körper sei zu fliehen, füh..rt: Augustin dann nicht nur die von den Platonikern zugegebene Köper-
losophischc Bildung Auguslins, in: Th. KOBUSCU f B. MOJSISCH (Hgg.), Plalon in dcr abendländischen Geistesgeschichte. Darmstadl 1997, 63ff.
3IJ V g1. G. 0' DAl.. Y, Augusline's City of God. A reader's guide. Oxford 1999, 34. m Vgl. CCl 47, 306: hoc (daß Christus mi t einem unsterblichen leib zum Himmel aufge·
fahren ist) jortasse credere recusatis inluenfes Porphyrium in his ipsis libris. ex quibus mulfa posui. quos de regressu animae scripsil. tam crebro praecipere omne corpus esse jugiendum, ut anima possit beala permanere cum deo? Zur Identifizierung mit der "PhilosQphie aus Orakeln" siehe 1.1. O'MEARA, PQrphyry's PhilQSQphy from Oracles in Augusline. Paris 1959, bes. 129-145. Augustin benutzt De regressu animae ausgiebig VQn civ. 10, 9 an bis zum Ende des Buches und später in civ. 22, 26-28. Auf die Phrase onme corpus jugiendurn, die PQrphyrius als ReaktiQn auf platQnische Seelenwanderungslehre formuliert (vg1. civ. 10, 30 (CCl 47, 307», bezieht er sich in p<>lemischer Absicht außerdem in civ. 12, 27; 13, 17; 22, 26 (CCl 48, 384. 399. 853) sowie retr. 1 , 4, 3 (CCl 57, 15). Vgl. O'DALY, a.a.O., 258f. Selbst wenn man, wie vermutet worden ist, bei Augustin bereits rur die Cassiciacumschriften eine Kenntnis von De regressu animae vorauszusetzen haben sQlIle (vg1. dazu O'MEARA, a.a.O., 17 1 (f., GEERUNGS, libri PJatQnicorum, 66f., skeptisch O'DoNNEl..l.., Confessions 11, 423), wird das omne corpusjugiendum jedenfalls erst in civ. und unseren ss. auf das Leben nach dem Tode bezQgen und als Widerspruch zum christlichen Auferstehungsglauben empfunden.
m Vgl. civ. 10, 29 (Cel 47, 304) praedicas patrern el eiusfilium, quern vocas paternum intellectum seu mentern, et horum medium. quem putamus te dicere spirilllrn sanctllm, el more vestro appellas tres deos.
lL6 Vgl. civ. 10, 24 (Cel 47, 297) ( . . . ) noluit inlellegere dominum Christum esse principium, cllius incarnatione pllrgamur, 10, 29 (ebd., 304) sed incarnationem j"commutabi!is
filii dei, qua salvamur, ut ad illa. quae credimus vel ex quantulacumqlle parte i"tellegjmus, venire possimus, non vultis agnoscere.
Senno 240 165
hchleeit des Kosmos (wie in s. 241, 7 animal est mundus) ins Feld, sondern verweist im Rahmen der Frage nach der Qualität der Auferstehungsleiber auch wieder auf das Beispiel Christi.117
Eine enge Verbindung der ss. 241 und 242 zum Gottesstaat hat Hagendahl angenommen, weisen doch diese Predigten in einer für Augustin untypisehen Weise noch andere Zitate aus der profanen Literatur auf, die ebenfalls in civ. rur die Argumentation verwendet werden : Verg. Acn. 6, 719-721 in s. 241, 5 (PL 38, 1 136) gegen die Vorstellung von der Seelenwanderungslehre (mit diesem Vergilzitat beginnt auch die Themenbehandlung in civ. 14, 5-9) und Cie. Tim. 40 in s. 241 , 8 bzw. s. 242, 7 (PL 38, 1 138. 1 141), um die Philosophen und Porphyrius' omne corpus fugiendum est durch ihren magister Plalo zu widerlegen, der den höchsten Gott den untergebenen Göttern trotz ihrer körperlichen Existenz Unsterblichkeit zusagen läßt. JI8 Besonders die Beobachtung, daß bei Augustin nach dem Zitat quantum ad id quod or/um es! aeternilas valei, tan/um ad fidem verilas (Cie. Tim. 8) in eons. ev. 3, 8 (CSEL 43, 59) und trin. 4, 24 (CCL 50, 19 1 )
- jeweils um 400 geschrieben - mehr als 15 Jahre lang bis zum neunten Buch von De civitate dei (civ. 9, 23 (CCL 47, 269» keinerlei Spuren des Timaios mehr zu finden sind, in civ. dann jedoch häufiger auf Tim. 40 bezug genommen wirdll9, darf man wohl mit Hagendahl zur Begründung einer späteren Datierung der Predigten (nach 415) verwenden120, die dann gleichermaßen einen Ertrag fUr die seelsorgerliehe Praxis darstellen, weicher sich aus der theoretisch-literarischen Produktion von De c;v;tale dei gewinnen ließ.
Im folgenden soll nun s. 240 genauer untersucht werden, der sich durchaus als abgeschlossene und auch fUr sich genommen schon sinnvolle Behandlung der resurrectio verstehten läßt, in seiner Funktion als EinfUhrungspredigt besonders aber fLlr die Vorbereitung der Hörer sorgt, die auch den folgenden Predigten des Bischofs beiwohnen werden. Dies sucht Augustin durch ein ausführliches Prooemium und die Vorstellung (Narratio) der themenbezogenen Disputationen zu erreichen, So kann er in s. 240, 5
117 Vgl. ci". 10, 29 (CCL 47, 306) qua/ia sanctorum corpora in resurreclionefulura sint, polest aliquanlo scrupu/osius inter christianarum scriplurarum doclissimos disputari; futura tarnen sempiterna minime dubitamus, et talia futura, quale sua resurreclione Christus demonstravit exemplum.
1lI Vgl. H. HAGENOAHL, Augustine and the Latin Classics. Vol. 11. Göteborg 1967, 454. Wönliche Zitate aus der klassischen Literatur bieten sonst nur noch s. 8 1 , 9 (PL 38, 505f.): Sall. Catil. 6, I und Verg. Aen. I , 67f., s. lOS, 10 (PL 38, 622): Verg. Aen. I , 278f., en. Ps. 1 1 8, 29, 3 (CCL 40, 1 764): Aen. 9, 19f., vgl. ebd. 453f.
119 Vgl. ebd., Vol. I, 13 1 - 1 35 die Zusammenstellung der Zeugnisse. HO Vgl. cbd., Vol. 11, 454 U. 536f.
166 Vier Themenpredigten
(PL 38, 1 1 33) in Imapper Recapitulatio sagen: quoniam proposui vobis hodie, quid dicanl eriam philosoph i mundi huius, (u.) eraslino (u.) exponere poterimus, und nach dem unterrichtenden s. 240, der aber schon eine Widerlegung der falschen philosophischen Unsterblichkeitsvorstellungen aus schrifttheologischer Sicht geboten hat , einen erklärenden Teil, und d.h. eine Widerlegung auf philosophischer Ebene ankündigen (vgl. s. 241 , 8 (PL 38, 1 1 38) quantum existimo, responsum est i/lis (u.» . Im Rahmen dieser Refutatio beziehen sich s. 242 und, wie oben vermutet, wohl auch noch s. 243 auf die gewichtigsten und scheinbar unwiderlegbaren Einwände gegen eine Auferstehung des Fleisches (vgl. ebd. iamvero quid el ipsi !& cant de resurrectione corporum quasi acute. ut non eis. sicut arbitrantur, etiam UDS respondere possimus. multum est ul nodie dicam ( . . . ) ad eu quae restant ( . . . ) aures et corda in crastinum praeparate).
Die in der Narratio von s. 240 vorgestellten Themenbereiche 'Die Qualität des Auferstehungsleibes' und 'Die Auffassungen der Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele' (vgl. die Disposition) werden auf diese Weise in den späteren Predigten gleichsam chiastisch aufgegriffen: die philosophische Lehre von der Metempsychose in s. 241, 4-7 und die Spitzfindigkeiten, welche die Beschaffenheit der caro resurrecla betreffen, in s. 242, 2-1 1 und s. 243, 3-7.
Sermo 240 167
b) Text und Übersetzung
s. 240 (nach CAG � PL 38, 1 130-1 1 32)
[11 per hos dies, si cut recolit caritas vestra, solemniter leguntur evangelicae lectiones ad resurrectionem domini pertinentes. amnes enim evangelistae quatuor neque de passione neque de resurrectione eius tacere potuerunt. nam quia multa fecit dominus Iesus, non onmes omnia conscripserunt,
5 sed alius ista, alius illa, summa tarnen concordia veritatis. multa etiam eommemorat Ioannes evangelista facta esse a domino Iesu Christo, quae a nullo eorum conscripta sunt. tanta facta sunt, quanta tune fieri debuerunt. tanta scripta sunt, quanta nune legi debuerunt. ut autem ostendantur evangelistae arnnes quatuor, in eo quod simul omnes dicunt et non praetermittunt, id est
10 vel de passione vel de resurrectione Christi, non inter se dixisse contraria, valde operosus est labor. nonnulli enim putaverunt eos inter se esse contrarios, cum ipsi essent contrarii animae suae. et ideo data est opera ab eis qui potuerunt adiuvante domino, ut ostenderentur inter se non esse contrarii. sed, sicut dixi, si hoc vobis ostendam et in populo velim ista tractare, multi-
15 tudo audientium prius obruitur taedio, quam reveletur scientia veritatis. sed scio fidem vestram, id est fidem huius totius multitudinis et eorum qui hodie hic non sunt et tarnen fideles sunt. novi fidem eorum sie esse certam de veritate evangelistarum, ut expositione mea non indigeant. qui novit quomodo ista defendat, doctior est, non fidelior. habet lidern, habet facultatem
20 defendendi fidem. alius non habet facultatem et copiam et doctrinam defendendi fidem, sed habet ipsam fidem. iIle autem qui novit defendere fidem, titubantibus est necessarius, non credentibus. in defensione enim fidei curantur vulnera dubitationis vel infidelitatis. qui ergo defendit fidem, bonus est medicus. sed in te non est infidelitatis morbus. quando iIIe novit
25 curare quod tu non habes? novit iIIe ponere medicamentum, sed in te non est vitium. <<non est opus sanis medicus, sed male habentibus». tarnen quae possunt expeditius dici pro tempore et commodius audiri, subticere vobis non est consilii.
[2] de ipsa resurrectione, cuius in se ipso dominus praemisit exemplum, ut 30 sciremus, quid etiam in corporibus nostris in fine saeculi sperare debeamus,
multi mulla disputant; aliqui fideliter, aliqui infideliter. qui fideliter disputant, scire volunt diligentius, quid respondeant infidelibus. qui autem infideliter disputant, argumentantur contra animas suas disputando contra potentiam omnipotentis dicentes: (runde fieri potest, ut mortuus resurgat?»
35 dico ego: «deus est qui facit.», et tu dicis: «fieri non potest.»? non dico: «da mihi Christianum. da mihi Iudaeum!», sed: «da mihi paganum, idolorum
168 Vier Themenpredigten
cultorem, daemonum servum, qui non dicat deum esse omnipotentemb> negare Christum potest, negare omnipotentem deum non potest. quem tu ergo credis - quasi pagano Joquar - quem tu credis deum omnipotentem,
40 ipsum ego dico mortuorum suscitatorem. si dixeris: «non potest fieri.», derogas ornnipotenti. si autem credis illum omnipotentem, me quare respuis ista dicentem?
[3] si diceremus camem resurrecturam, ut esuriat. ut sitiat, ut aegrotet, ut laboret, ut corruptionibus subiciatur. merita credere non deberes. habet
45 enim modo caro ista has vel necessitates vel calamitates. ct hoc unde? causa peccatum est. in uno peccavimus et amnes ad corruptionem nati sumus. malorum omnium nostrorum causa peccatum est. non enim sine causa homines mala ista patiuntur. iustus est deus, omnipotens est deus. nullo modo ista pateremur, si non mereremur. sed cum essemus in poenis, ad quas ve-
50 nimus de peccatis, dominus noster Iesus Christus voluit esse in poenis nostris si ne peccatis suis. sustinendo si ne culpa poenam et culpam solvit el poenam. culpam solvit peccata donando, poenam solvit a mortuis resurgendo. hoc promisit et nos in spe ambulare voluit. perseveremus el ad rem perveniemus. caro resurgel incorruptibilis: caro resurget sine vitio, sine
S5 deformitale, sine mortalitate, si ne onere, sine pondere. quae nunc tibi facit tormentum, postea tibi erit ornamentum. ergo si bonum esl habere corpus incorruptibile, quare hoc facturum deum volumus desperare?
[4] philosophi sacculi huius, qui magni fuerunt et docti et ceteris meliores, animam humanam immortalern esse senserunl, nec solum senserunt, sed
60 quantis potuerunt argumentationibus defenderunt el ipsas defensiones suas conscriptas posteris reliquerunt. sunt !ibri, leguntur . ideo istos philosophos dixi aliis fuisse meliores in comparatione peiorum, quia fuerunt philosophi, qui dicerent hornini, cum mortuus fuerit, null am vitam postea remanere. talibus il1i utique praeponendi sunt. et in quo erant illi meliores quamvis in
65 multis a veritate deviantes, tarnen in quo erant isti superiores, veritati fuerant propinquantes. hi ergo qui senserunt atque dixerunt animas humanas immortales, de malis hominum, de aerumnis erroribusque mortalium quaesierunt causas, quantum homines potuerunt, ct dixcrunt, sicut potuerunt, praecessisse nescio quae in alia vita peccata, quorum peccatorum merito
70 ista corpora velut carcerem animae mererentur. deinde quaesitum est ab eis, quid postca, curn fuerit homo mortuus, quid erit. el hic contriverunt ingenia sua et laboraverunt, quantum potuerunl, reddere hominibus rationem, vel sibi vel aBis, et dixerunt animas hominum male viventium immundas pessimis moribus, curn exierint de corporibus, rursus continuo revolvi ad alia
7S corpora el poenas hic luere, quas vidernus; eas vero animas, quae bene vixerunt, curn exierint de corporibus, ire ad supema caelorum, requiescere ibi
Senno 240 169
in stel1is cl luminibus istis conspicuis vel quibuscumque caelestibus abditisque secretis, oblivisci omnium praeteritorum malorum et rursus delectari redire ad corpora et venire iterum ad ista patienda. hoc ergo interesse volue-
80 runt inter animas peccatorum el animas iustorum, quia peccatorum animas de proximo. statim eum exierint de corporibus, dicunt revolvi ad altera corpora, iustorum aulem animas diu esse in requie; non tarnen sempeT, sed rursus delectari corporibus el de summis caelis post tantam iustitiam ad ista mala faeere ruinam.
8S [5] hoc dixerunt valde magni philosophi. isto plus invenire nihil potuerunt philosophi mundi huius, de quibus dicit scriptura nostra: «stultam feeil deus sapientiam huius mundi». si sapientiam, quanta magis stultitiam? si «53-pientia mundi stultitia est apud deuffi» , vera stultitia mundi quam longe est a deo? est tarnen quaedam stultitia mundi huius, quae pervenit ad deum, de
90 qua dicit apostolus: «quoniam in sapientia dei non cognovit mundus per sapientiam deum, placuit deo per stultitiam praedicationis salvos facere credentes». et dicit: «quoniam Iudaei signa petunt, et Graeci sapientiam quaerunt, nos autem praedicamus Christum crucifixum, Iudaeis quidem scandalum, gentibus stultitiam, ipsis autem vocatis ludaeis et Graecis Christum
95 dei virtutem et dei sapientiam». venit dominus Christus, sapientia dei. caelum tonat, ranae taceant! quod dixit veritas. hoc est verum. quod dixit in malo quidem esse genus human um causa peccati, manifestum est. sed qui crediderit in mediatorem, qui constitutus est medius inter deum et homines, inter deum iustum cl homines iniustos, medius homo iustus humanitatem
100 habens de imo, iustitiam de summo, et ideo medius; hinc unum et inde unum; quia si utrumque indc, ibi esset, si utrumque hinc, nobiscum iaceret, el medius non esset - qui ergo crediderit in mediatorem et fideliter ac hene vixerit, exiet quidem de corpore et erit in requie; postea vero recipiet corpus non ad tonnenturn, sed ad omamentum, et vivet curn deo in aetemum. non
lOS est quod eum delectct ut redeal, quia secum habet corpus. ergo, carissimi, quoniam proposui vobis hodie, quid dicant etiam philo
sophi mundi huius, quorum deus sapientiam tanquam veram stultitiam reprobavit, crastino adiuvante domino exponere poterimus.
170 Vier Themenpredigten
[l] In diesen Tagen werden, wie sich eure Liebe erinnert, alljährlich die Abschnitte der Evangelien vorgelesen, die sich auf die Auferstehung des Herrn beziehen. Keiner der vier Evangelisten hat nämlich über sein Leiden oder seine Auferstehung schweigen können. Denn weil der Herr Jesus vieles getan hat, haben nicht alle alles aufgeschrieben, sondern der eine dies, der andere jenes, gleichwohl aber in völliger Eintracht der Wahrheit. Vieles sei sogar, erwähnt der Evangelist Johannes, von dem Herrn Jesus Christus getan worden, das keiner von ihnen aufgeschrieben habe. Soviel ist geschehen, wie damals hat geschehen müssen . Soviel ist geschrieben worden, wie jetzt gelesen werden muß. Der Nachweis aber, daß alle vier Evangelisten darin, was sie aBe zugleich sagen und nicht auslassen, d.h. über das Leiden oder die Auferstehung Christi, nicht zu Aussagen gekommen sind, die einander widersprechen, wäre eine sehr mühevolle Arbeit. Einige haben nämlich geglaubt, sie stünden miteinander im Widerspruch, während sie doch selbst Widersacher ihrer eigenen Seele waren. Und daher ist von denjenigen, die mit Gottes Hilfe dazu fähig waren, Mühe darauf verwendet worden zu zeigen, daß sie einander nicht widersprechen. Aber, wie gesagt, wenn ich euch dies zeigte, also vor dem Volk darüber predigen wollte, dürfte die Großzahl der Hörer von Überdruß überwältigt werden, bevor sich das Wissen um die Wahrheit unverhüllt vermitteln ließe. Ich kenne aber euren Glauben, d.h. den Glauben dieser ganzen Menge hier und derjenigen, die heute nicht hier sind, aber dennoch Gläubige sind. lch weiß, ihr Glaube an die Wahrheit der Evangelisten ist so fest, daß sie auf meine Auslegung verzichten können. Wer weiß, wie er diese Aussagen verteidigen kann, ist gelehrter, nicht gläubiger. Er besitzt Glauben, er besitzt die Fähigkeit, den Glauben zu verteidigen. Ein anderer besitzt nicht die Fähigkeit, Fülle der Rede und Bildung zur Verteidigung seines Glaubens, aber den Glauben selbst. Jener aber, der den Glauben zu verteidigen weiß, ist für die Zweifler unentbehrlich, nicht fUr die Gläubigen. Denn durch die Verteidigung des Glaubens werden die Wunden des Zweifels oder der Ungläubigkeit behandelt. Wer also den Glauben verteidigt, ist ein guter Arzt. Aber du leidest nicht an der Krankheit des Unglaubens. Wann wüßte er zu behandeln, was du nicht hast? Er weiß, eine Arznei zu verabreichen, doch du hast kein Leiden. Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken [Mt 9, 12]. Dennoch habe ich nicht die Absicht, euch gegenüber stillschweigend zu übergehen, was sich unter den gegenwärtigen Umständen ohne Schwierigkeiten sagen und bequem anhören läßt.
[2] Über die Auferstehung selbst, von welcher der Herr am eigenen Leibe ein Beispiel gegeben hat, damit wir wissen, was wir auch rur unsere Körper am Ende der Welt erhoffen sollen, stellen viele viele Erörterungen an; die
Senno 240 171
einen gläubig, die anderen ungläubig. Diejenigen, die in der Erörterung einen gläubigen Standpunkt einnehmen, wollen genauer wissen, was sie den Ungläubigen entgegnen sollen. Diejenigen aber, die dabei einen ungläubigen Standpunkt vertreten, richten sich in der BeweisfUhrung gegen ihre eigenen Seelen, indem sie wider die Macht des Allmächtigen reden und fragen: .. Wie ist es möglich, daß ein Toter aufersteht?" Ich sage: .. Gott ist es, der dies wirkt.", da willst du behaupten: .. Es ist unmöglich."? Ich sage nicht: .,Gib mir einen Christen, gib mir einen Juden .... sondern: "Gib mir einen Heiden, einen Götzendiener, einen Sklaven der Dämonen, der nicht zugäbe, daß Gott allmächtig ist." Er kann Christus verleugnen, den allmächtigen Gott kann er nicht verleugnen. Den nach deiner Überzeugung also - ich rede gleichsam zu einem Heiden - den nach deiner Überzeugung allmächtigen Gott, eben den nenne ich den Erwecker der Toten. Solltest du behaupten: .. Es ist unmöglich.", setzt du den Allmächtigen herab. Bist du aber von seiner Allmacht überzeugt, warum mißbilligst du, wenn ich dies sage?
[3] Wenn wir sagten, das Fleisch werde auferstehen, um hungrig zu sein, Durst zu haben, la-ank zu sein, zu leiden und Verderbnissen anheimzufalJen, müßtest du mit Recht den Glauben verweigern. Denn nur im gegenwärtigen Zustand ist das Fleisch diesen Bedürfnissen oder Übeln unterworfen. Und warum dies? Die Sünde ist schuld daran. In einem haben wir gesündigt, und wir sind deshalb alle von Geburt an zum Verderben bestimmt. Die Ursache all unserer Übel ist die Sünde. Denn nicht ohne Grund müssen die Menschen diese Übel erleiden. Gott ist gerecht, Gott ist allmächtig. In kei· ner Weise müßten wir diese erleiden, wenn wir sie nicht verdienten. Doch als wir unsere Strafe verbüßten, zu der wir durch Sünden kamen, wollte unser Herr Jesus Christus unsere Strafe verbüßen ohne eigene Sünden. In· dem er als Unschuldiger die Strafe auf sich nahm, hob er sowohl die Schuld als auch die Strafe auf. Die Schuld hob er auf durch Vergebung der Sünden, die Strafe hob er auf durch Auferstehung von den Toten. Dies war sein Versprechen, und er wollte, daß wir in der Hoffnung wandeln. laßt uns standhaft bleiben, und wir werden zur ihrer Verwirklichung gelangen. Das Fleisch wird unverderblich auferstehen, das Fleisch wird auferstehen ohne Gebrechen, ohne Verunstaltung, ohne Sterblichkeit, ohne Last, ohne Gewicht. Was dir jetzt Qual bereitet, wird dir später Schmuck sein. Wenn es also gut ist, einen unverderblichen Leib zu haben, warum wollen wir dann die Hoffnung aufgeben, daß Gort diesen schaffen wird?
[4] Die bedeutenden, gelehrten und den übrigen überlegenen Philosophen dieser Welt haben bemerkt, daß die menschliche Seele unsterblich ist, ja nicht allein bemerkt, sondern soweit möglich mit Beweisen verteidigt, und
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sie haben diese ihre Verteidigungen in schriftlicher Form der Nachwelt hinterlassen. Die Bücher liegen VOT, sie werden gelesen. Meine Behauptung, diese Philosophen seien im Vergleich zu schlechteren besser als die übrigen gewesen, rührt daher, daß es Philosophen gegeben hat, die lehrten, dem Menschen verbleibe nach seinem Tode später keinerlei Leben mehr. So1chen müssen jene jedenfalls vorgezogen werden. Und in dieser ihrer Überlegenheit hatten sie sich, obwohl sie in vielfacher Hinsicht von der Wahrheit abirrten, dennoch, worin sie überlegen waren, der Wahrheit genähert. Diejenigen also, welche die Unsterblichkeit der menschlichen Seelen bemerkt und gelehrt haben, suchten, soweit menschenmöglich, nach Gründen für das Leid der Menschen, filr Kummer und Irrtum der Sterblichen, und sie verbaten, so gut sie konnten, die Auffassung, daß irgendwelehe Sünden in einem anderen Leben vorausgegangen seien, deretwegen die Seelen diese unsere Körper gleichsam als Kerker verdienten. Ferner haben sie gefragt, was später nach des Menschen Tod sein werde. Und sie haben sich über diese Frage den Kopfzerbrochen und sich bemüht, den Menschen darüber Aufschluß zu geben, sowohl sich als auch anderen, und gelehrt, die Seelen der lasterhaft lebenden Menschen wUrden, befleckt von ihrer Sittenlosigkeit, nach dem Verlassen der Körper sogleich wieder zu anderen Körpern zurückkehren und dort die rur uns sichtbaren Strafen verbüßen; diejenigen Seelen aber, die ein sittliches Leben geführt hätten, gelangten in die höchsten Himmelsregionen und dUrften dort rasten bei den Sternen und den Lichtem, die uns hier leuchten, oder an irgendwelchen himmlischen und verborgenen Orten der Abgeschiedenheit. Sie hätten dann keinerlei Erinne-
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rung mehr an die vergangenen Ubel und fanden wieder Gefallen daran, zu den Körpern zurückzukehren und abermals in den Zustand zu geraten, dies hier zu ertragen. Diesen Unterschied also wollten sie zwischen den Seelen der Sünder und der Gerechten machen, daß, wie sie behaupten, die Seelen der Sünder auf direktem Wege und sofort nach dem Verlassen ihrer Körper zu anderen Körpern zurückkehren, die Seelen der Gerechten aber lange an einem Ruheplatz verweilen; doch nicht rur immer, sondern angeblich finden sie wieder Gefallen an den Körpern und somit auch daran, aus den höchsten Himmeln nach dem Genusse so großer Gerechtigkeit zu diesen
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Ubeln hier abzustürzen. [5] Das haben sehr bedeutende Philosophen gelehrt. Mehr als das haben
die Philosophen dieser Welt nicht finden können, über die unsere Schrift sagt: Als töricht hat GOII die Weisheit dieser Welt erwiesen [I Cor I , 20]. Wenn die Weisheit, um wieviel mehr die Torheit? Wenn schon die Weisheit der Welt vor GOII Torheit ist [I Cor 3, 19], wie fern von Gott ist dann die wirkliche Torheit der Welt? Dennoch gibt es gewissennaßen eine zu
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Gott hinaufreichende Torheit dieser Welt, über die der Apostel sagt: Da ja i" der Weisheit GoI/es die Welt Gott nicht vermittelst ihrer Weisheit erkannte, hat es Gott gefallen, durch die Torheit der Verkündigung die Gläubigen zu reiten. Und er fUgt hinzu: Denn die Juden/ordern Zeichen und die Griechen suchen Weisheit, wir aber verkünden Christus als den Gekreuzigten, den Juden zwar ein A"rgernis, den Heiden Torheit, den Berufenen selbst aber, Juden und Griechen, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit [I Cor I, 21-23]. Gekommen ist der Herr Christus, die Weisheit Gottes. Der Himmel donnert, also sollen die Frösche schweigen. Was die Wahrheit gesagt hat, das ist war. Wenn sie gesagt hat, das Menschengeschlecht befinde sich ja wohl im Unheil wegen der Sünde, so sollt ihr wissen: dies ist mit Händen zu greifen. Doch wer an den Mittler geglaubt hat, der mitten zwischen Gott und Menschen eingesetzt worden ist, zwischen den gerechten Gott und die ungerechten Menschen, in der Mitte als gerechter Mensch, der seine Menschlichkeit der Erde und seine Gerechtigkeit dem Himmel verdankt und daher in der Mitte steht; von der Erde einen Teil und vom Himmel einen. Denn wenn er beides vom Himmel hätte, befeinde er sich dort, wenn aber beides von der Erde, läge er mit uns damieder, und er stünde nicht in der Mitte - wer also an den Mittler geglaubt und ein dem Glauben entsprechendes, sittliches Leben geftihrt hat, wird freilich den Körper verlassen und sich in Ruhe befinden. Später aber wird er seinen Leib zurückerhalten, doch nicht zur Qual, sondern zur Zierde, und er wird mit Gott in Ewigkeit leben. Es gibt keinen Grund, der ihn Gefallen daran finden ließe zurückzukehren, hat er doch seinen Körper bei sich. Nachdem ich euch, meine Lieben, heute also vorgelegt habe, was sogar die Philosophen dieser Welt sagen, deren Weisheit Gott gleich wie wirkliche Torheit verworfen hat, werde ich es morgen mit der Hilfe des Herrn erklären können.
c) Disposition
A. PROOEMIUM ( 1 -28) l . Repraesentatio ( 1 -4): Die Osterperikopen und ihr Thema (resurrectio
domini) - Erklärung: Keiner der vier Evangelisten konnte das Leiden oder die Auferstehung des Herrn verschweigen.
n. Praeparatio (4_28)"\
1 . Die übereinstimmende Wahrheit der Evangelisten (4- 15) a) Begründung des Sondergutes der Evangelisten b) Die Evangelisten bieten nur eine Auswahl aus den Taten Jesu
111 Zur praeparatio als Funklion des Prooems vgl. Lausberg § 854.
174 Vier Themenpredigten
c) Das Ausmaß des biblischen Geschehens verhält sich zur Heilsnotwendigkeit ebenso wie das Ausmaß seiner Aufzeichnung zur Verkündigungsnotwendigkeit.
cl) Praeteritio: Der mühsame Nachweis untereinander widerspruchsloser Leidens- und Auferstehungsberichte bei den vier Evangelisten wäre für die Hörer verdrießlich.
2 . Der Glaube der Hörer ( 15-28)
a) Der sichere Glaube der Hörer bedarf keiner Darlegung der Wahrheit der Evangelisten.
b) Der Unterschied von Gelehrtheit und Gläubigkeit c) Conclusio: Die Hörer benötigen keinen Arzt, der ihren Zweifel
oder ihre Ungläubigkeit heilen müßte - Schriftbeleg: Mt 9, 12. d) Der gleichwohl geplante Redeductus
B. NARRATIO (29-84)
I. Transitus (29-3 I ) : RUckgriff auf das (jetzt präzisierte) Thema (de ipsa resurreclione) unter erneutem Hinweis auf seine Bedeutung: a: ftir die eschatologische Hoffnung der Christen p: als Gegenstand vielfacher Erörterung
II. Entgegensetzung der gläubigen und ungläubigen Erörterung des Themas (3 1 -42) I . qui fideliter disputant (3 1-32) 2. qui infideliter disputant (32-42) - Dialektikon: Frage eines paga
nus ficlus: Wodurch kann es geschehen, daß ein Toter aufersteht? - Antwort: Gott macht es möglich. Von Gott mUssen auch die Heiden zugeben, daß er allmächtig ist. Wenn Gott aber allmächtig ist, kann er auch die Toten auferwecken. Die Auferstehung zu leugnen, bedeutet eine Beschränkung der göttlichen Allmacht, die Annahme der göttlichen Allmacht aber verbietet es, die Rede von der Auferstehung zu verwerfen.
IIl. Die Qualität des Auferstehungsleibes (43-57) I . AuJerstehungsleib ulld irdischer Leib (43-47)
a) Die caro resurrecla wäre als caro corruplibilis unglaubwürdig. b) Erklärung: Nur die caro ista ist Zwängen und Unheil unterwor
fen. c) Begründung: Ihr verdorbener Zustand ist die Folge des peccatum
(originale). 2. Gottes Gerechtigkeit ulld die Erlösung durch Christus (47-53) a) Theodizee angesichts der von den Menschen selbst verursachten
Übel
Senno 240 175
b) Das ungeschuldete stellvertretende Sühneleiden Christi fUhrt zur Aufhebung von Sündenschuld und -strafe in Fonn von Vergebung und Auferstehung.
3. Christlicher Lebenswandel und Hoffnung auf leibhaftige Auferstehung (53-57)
a) Adhortatio und Affinnationes: Gemäß Christi Verheißung und dem von ihm gewünschten hoffnungsvollen Lebenswandel gilt es standzuhalten, und die Hoffnung der Auferstehung wird Wirklichkeit werden. Der Auferstehungsleib wird unverderblich, d. h. ohne physiologische, ästhetische, biologische oder materielle Mängel sein. Die Plage des irdischen Leibes wird sich in den Schmuck des Auferstehungsleibes verwandeln.
b) Folgerung in Fonn einer Interrogatio: Ist der Besitz des Auferstehungsleibes ein Gut, welchen begJÜndeten Zweifel kann es dann noch geben, daß er Gottes Werk sein wird?
IV. Die Auffassungen der weltlichen Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele (58-84)
I . Bessere und schlechtere Philosophen (58-66) a) Die bedeutenden und gelehrten weltlichen Philosophen haben die
Unsterblichkeit der menschlichen Seele zu beweisen versucht und entsprechende Schriften hinterlassen. Ihre Lehre findet so Verbreitung.
b) Verglichen mit diesen, haben sich andere Philosophen durch ihre Leugnung eines postmortalen menschlichen Lebens disqualifiziert.
c) In ihrer Überlegenheit kamen die besseren Philosophen trotz vieler Irrtümer der Wahrheit nahe.
2. Implikatiollen der philosophischen Unsterblichkeits/ehre der Seele (66-84)
a) Aitiologie der die Menschen betreffenden Übel b) Das Ergehen der Seelen
a: nach einern sittenlosen Leben ß: nach einern sinlichen Leben
c) Folgerung: Die Seelen der Sünder und Gerechten erwartet das gleiche Schicksal der Reinkarnation. Auch fllr die Seelen der Gerechten gibt es kein unendliches Heil.
C. REPROBA TIO (85-1 OS) I. Transitus (85-87): Dies haben die weltlichen Philosophen bestenfalls
zu bieten. - Bewertung durch die Schrift: I Cor 1 , 20
176 Vier Themenpredigten
[I. Amplificatio (87-89): Wenn schon die Weisheit der Welt Torheit bei Gott ist, dann gilt dies erst recht für die wirkliche Torheit der Welt.
rn.Christus als wahre Weisheit und Heilsmittler (89-105) I . Die vermeintliche Torheit christlicher Verkündigung (89-97) a) Entgegensetzung: Es gibt eine gewisse weltliche Torheit, die zu
Gott führt. - Schriftbeleg: I Cor I , 2 1-24 b) Affinnationes und Adhortatio: An der durch Christus, die Weis·
heit in Person, garantierten Offenbarungswahrheit darf es keinen Zweifel mehr geben. Dies betrifft auch Christi Verkündigung, daß das Menschengeschlecht aufgrund der Sünde im Unheil sei.
2. Die Bedingungen und Zustände postmortalen Heils (97-105) a) Entgegensetzung: Der Glaube an den Mittler, der zwischen Gott
und Menschen gestellt ist (vgl. I Tim 2, 5) - Expolitio dieser MittelsteIlung und Begründung
b) Reditus: Der Glaube an den Mittler sowie eine in diesem Glauben sittliche Lebensführung sind die Bedingungen für a: einen heilvollen Zwischenzustand der Seele nach dem Tode b: die spätere leibhaftige Auferstehung zum ewigen Leben, die
keinen unerfUllten Wunsch nach Körverlichkeit kennt. D. CONCLUSIO (106-108)
Rccapitulatio: Heute wurde die Lehre der weltlichen Philosophen vorgestellt, deren Weisheit Gott als Torheit verworfen hat. - und Ankündigung der weiteren Themenbehandlung: Morgen wird sie erklärt.
d) Detailkommentierung (selektiv)
Z. 1 sicut recolil caritas vestra: Die höfliche Anredeformel mit einem abstractum pro concreto ist ein typisches Element des christlichen Brief� und Predigtstils (vgl. Blaise, Handbook § 16). Caritas vestra verwendet Augustin in dieser Weise oft im Rahmen einer Repraescntatio von Anlaß oder ThemensteIlung (vgl. z.B. s. I , I (CCL 41 , 3) memini me fuisse polli· citum carilati vestrae adversus Manichaeorum slullas perniciosasque ca� lwnnias. quibus veleri leslamenlo insidianlur. responsioflem per nos flOIl defuturam ( ... ) , s. 1 8, I (CCL 41 , 245) ad exhortandas mentes caritatis vestrae, pauca de praesenli psalmo quae donal dominus gralanter accipile, in Verbindung mit recolere "sich erinnern" (in dieser Bedeutung erst seit dem 4. Jh. geläufig, vgl. Souter 343 s.v.) noch s. 246, 4 (SC 1 16 (1966), 300) recolal caritas veslra heslernam lectionem quando apparuit discipulis
Senno 240 177
dominus ef putaverunt se spiritum videre sowie co. Ps. 143, 1 (CCL 40, 2072), s. Dolbeau 2, 5 (REAug 38 (1992), 65) .'"
Z. 4f. ( ... ) non omnes omnia conscripserunt, sed aUus ista, aUus illa, summa tamen concordia veritatis: Daß die Evangelisten aufgrund eigener Erinnerung und Gewichtung zu einer unterschiedlichen Stoffauswahl kommen, darf ebensowenig wie Detailabweichungen in Wortwahl oder -folge als Widerspruch gewertet werden. Augustin betont dies neben anderen Grundsätzen evangelienhannonisierender Exegese in der um 400 entstandenen Schrift De consensu evangelistarum, die das für die Kirche alte Problem der Evangelienpluralität und der damit verbundenen Unstimmigkeiten zum ersten Mal von Grund auf abhandelt und zu lösen versuch(23 (vgl. eons. ev. 2, 27 (CSEl 43, 127) quod enim alius alium verborum ordinern teilet, non es! utique contrarium. neque iIIud contrarium est, si alius dicit quod alius praetermitlil. ut enim quisque meminerat et ut cuique cordi erat vel brevius vel pro/ixius eandem tarnen explicare sententiam, Ua eos explicasse manifeslum es!.) Die summa concordia veritatis wird dabei durch den HI. Geist bewirkt; denn dieser inspiriert die einzelnen Evangelisten zu einer sinnvollen Mitwirkung an der von ihren Vorgängern schon geleisteten Verkündigung (vgl. eons. ev. 1 , 4 (CSEl 43, 4) el quamvis singuli suwn quendam narrandi ordinem tenuisse videantur, non tamen unus-
m Seltener und ohne Bedeutungsunlcrschied gebraucht Augustin dileClio vestra, wie z.B. in ulil. ieiun. 4 (CCL 46, 234) ne ergo arbitretur dilectio veslra, quod inimica sit caro spirilui ( ... ), 10. ev. tr. 48, I (CCl 36, 413) quod iam commendavi dileClioni veslrae, slabiliter meminisse debetis ( ... ), 10. ev. Ir. 58, I (CCl 36. 472) iam iIIa verba evangefjj ( ... ) dilectioni vestrae, ul dominus donare dignatus est, exposuimus. Die synonyme Verwendung von caritas und dileclio stel1t POUJ.tANN, Doctrina Christiana, 126, auch rur doctr. ehr. I fest. Vorbild ist der biblische Sprachgebrauch, welcher nicht zwischen carilas, dilectio und amor (bzw. den verbalen Äquivalenten diligere und amare) differenziert (vgl. ebd., 127, mit Hinweis aufciv. 14, 7 (CCl 48, 421-423)}. In s. 90, 8 (Pl
38, 564) gibt Augustin davon ein deutliches Beispiel: hoc moneo, hoc exhortor, hoc in nomine domini doceo caritatem vestram, ul habeatis fidem cum dilectione, quia potestis hobere fidem sine dilectione. nam non \lOS exhortor ur hobeotis fidem, sed corilolern. 1I0n potestis enim habere caritalem sjne flde; caritatem enim dico dei el proxim;: unde potesl ;sla esse sinefide? quomodo omal deum, qui non credil in deum? quomodo amat deum stultus, qui dicit in corde SUD: non est deus (Ps 13, I )? potestfieri Ul credos �'enjsse Christum et non diligas Christum. non polest autem fieri ut diligas Christum et non dicas venisse Christum. Andere Anen, das Volk in neo Predigten anzurooen, sind nach MOHRMANN, Sondersprache, 53: carissimi, dilectissimi,fralres (mei),[ratres dilectissimi, filii carissimi (sehr selten), fratres (mei) carissimi, fratres Christian; (seiten), sanctitas vestra. Verhältnismäßig selten ist auch vestra prude'lIia (siehe oben zu s. 12, I).
)l) Vgl. MERKEL, consensu evangelistarum (De-): AL \ , Sp. 1228-123\ u. 1 234f.
1 78 Vier Themenpredigten
quisque eorum ve/ul alterius praecedentis ignaros voluisse scribere repperilur vel ignorata praetermisisse, quae scripsisse alius invenitur. sed SiCUl unicuique jrzspiratum es! non superjluam cooperationem sui laboris adiunxii ."') Vgl. in den Sermones neben s. 71 , 1 3 (RB 75 ( 1965), 77f.), s. 234, I(pL 38, 1 1 1 5) bes. s. 246, I (SC 1 16 (1966), 294) habuerunl unde scriberen/ omnes evangelistae sieu! eis subministrabat spiritus recordationes rerum quas scriberent. alius aliud duit, anus aliud. praelermittere aliquis po/uit aliquid verum, non dicere aUquid falsum. omnia isla conputate unurn dixisse; vere unus dixit quia unus spiritus in omnibus fuit.
Z. Sff. mulla eliam commemorat loannes evangelista facta esse a domino fesu Christo, quae a nullo eorum conscripta sunl: Gibt 10 20, 30 mulla quidem et aUa signa fecit Jesus in conspectu discipulorom suorom, quae non sunt scripta in Ubro hoc (wohl auch mit Blick auf die von Augustin fllr johanneisch gehaltene'" Schlußbemerkung im Nachtragskapitel 10
m .. Und obwohl jeder einzelne offenbar eine bestimmte eigene Erzählordnung eingehalten hat, zeigt es sich dennoch, daß kein einziger von ihnen wie ohne Kenntnis eines anderen,
der vorausgegangen ist, hat schreiben wollen oder als unbekannt übergangen hat, was sieh bei einem anderen geschrieben findet, sondern so wie es einem jeden eingegeben worden ist, hat er das nicht überflüssige Mitwirken seiner Arbeit hinzugefllgt." Für Augustin, der die Bntslehung der Evangelien in der kanonischen Reihenfolge MI, Me, Le, 10 {vgl. cons. ev. 1 , 3 (eSEL 43 ,3» annimmt, gewinnen die Evangelisten das Material ihrer Darstellung entweder aus unmittelbarer (wie die Apostel Mt und 10) oder millelbarer Erfahrung (wie die ApostelschOler Me und Lc, vgl. cons. ev. I, I u. 2 (eSEL 43, I f.», präsentieren dies aber nach Maßgabe der durch Inspiration beeinflußten Erinnerung {s.o. s. 241, cons. ev. 2, 5 I . 90 (eSEL 43, 153. 193». Augustins Inspirationslehre in cons. ev. verdankt sich besonders Ambrosius' Exposilio Evangelii sec:undum Lucam
(390), der ihm dabei letztlich Gedankengut des Origenes vermittelte, seine Evangelienharmonisierung 'ad Iitteram' veiillutlich aber Hieronymus' Mt-Kommentar (398), vgl. H. MERKEt., Die Widersprüche zwischen den Evangelien. Ihre polemische und apologetische Behandlung in der alten Kirche bis zu Augustin. Tübingen 1971 (WUNT 13), 253-257. Die zitierte Stelle aus cons. ev. 1 , 4 deutet wohl daraufhin, daß Augustin bei der Abfassung der Evangelien auch eine Berücksichtigung schriftlicher Vorlagen rur
wahrscheinlich hält. So gilt ihm Me wegen der engen Anlehnung an Mt als dessen Ge
folgsmann und EpitQmator (Marcus eum subseculus tamquam pedisequus et breviatQr eius videtur - während Le, der anders als Mt nicht Christi Königtum, sondern sein Priestertum habe darstellen wollen, wie der Priester im Allerheiligsten ohne Gefolgschaft bleibe, vgl. ebd. u. cons. ev. 1 , 6 (eSEL 43, 6) . Die Behauptung, Augustin habe sich in keiner Weise um die literarischen Beziehungen zwischen den Evangelisten gekümmert (so H. J. OE JONGE, Augustine on the Interrelations ofthe Gospels, in: The Four Gospels 1992. Festschrift F. Neirynck. Vol. 111. Leuven 1992, 241 6f.), erscheint überzogen.
m Vgl. c. Faust. 17, 3 (eSEL 25, 1 , 486), s. 98, 3 (PL 38, 592). 10 20, 30f. erfllilt dagegen gleichsam die Funktion eines Prooemiums rur das Schlußkapitel 2 1 {vgl. 10. ev. tr. 122, I (CCL 36, 668)).
Senno 240 179
21, 26) als eine aUe Evangelisten betreffende Aussage wieder. Wie nachklassisch häufig, steht im Nebensatz der oratio obliqua der Indikativ (vgl. Kühner-Stegmann Il 544).
Z. 7f. tanta facta sunl, quanta tune fiert debuerunt. tanta scripta sunl, quanta "une leg; debuerunt: Durch die Wiederholung von debuerunt cot· steht in den streng parallel gebauten Kola ein "reicher" Endreim.326 In seiner belehrenden Funktion gewinnt das konstatierende Perfekt im zweiten Fall Präsensbedeutung: ,, (soviel) wie ietzt gelesen werden muß" (vgl. Blaise, Handbook § 230). Vgl. zur gottgewollten Ökonomie der Verkündigung auch cons. ev. I , 54 (CSEL 43, 60f.) quidquid enim iIIe [sc. Christus] de suis factis e/ dictjs nos legere voluit, hoc scribendum illis [sc. discipulis] tamquam suis manibus imperavit.
Z. 1 1 f. nonnulli enim puta\lerunt eos inter se esse contrarios, cum ipsi essenl contrar;; animae suae: Kritische Stimmen gegenUber der vermeintlichen WidersprUchlichkeit der Evangelien fanden sich nicht nur außerhalb der Kirche. Als Seelsorger weiß Augustin auch um entsprechende Fragen der Gemeinde, und die nachfolgende Versicherung des festen Glaubens der Hörer (vgl. Z. 15-18) darf, zumal sie der Captatio benevolenti.e dient, nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Prediger, falls erforderlich, den consensus evangelistarum auf der Kanzel verteidigt hat.l27
Die pagane Polemik besaß einen besonders brillianten Vertreter in Porphyrius, der um 270 im ersten seiner 15 Bücher KaTtl Xglcm.avillv, eine "Kritik der EvangeHsten und Apostel als Grundlegung der Kritik des Christentums"l28 bot. So hat er etwa den Evangelisten, die er für Erfinder, nicht .ber für Zeugen der lesusgeschichte hielt (TOU<; EOOYYEAHTTo.C; Eq>E\lQETo.C; oUx "lOToQac; Tlilv XEQ' TCV 'I'I00W YEYEvfloi)m xQa�Erov (Harnack, Fr. 1 5)), Detailabweichungen beim Bericht der Kreuzigung nachgewiesen und daraus den Schluß gezogen: Ei oe KaTo. a:\.1')ßElav TCV TQ6-xov TOÜ ßavamü EiXEtv �1\ Öw6.�EvOl OUtOl xavtclJtamv EQQml>q,Ö'loav, Kai XEQi Tlilv :\.Olxlilv OMEV Eoaq>1')v'l0av (Wenn diese aber in ihrer Unflihigkeit, die Todesart wahrheitsgemäß zu berichten, in g.nz und gar geistloses Gerede verfallen sind, haben sie auch über das Übrige nichts
126 Vgl. SCHUCHTER. Predigtstil, 1 24. m Vgl. MERKEL., Widersptilche, 33, der mit H. J. VOOE15, St. Augustins Schrift Oe con
sensu evangelistarum unter vomehmlicher Berücksichtigung ihrer hannonistischen Anschauungen. Freiburg 1908, 5, Anm. I , aufdie 55. 35, 47, 5 1 , 7 1 , 82, 133, 145, 149,235, 240, 243, 244, 245, 246 hinweist.
321 v. HARNACK, Porphyrius, 1 1 .
1 80 Vier Thernenpredigten
zutage gefördert, ebd.). Augustin dürfte dieses Werk des Porphyrius aber kaum gekannt haben.'" Er verbindet Vorwürfe gegen die Glaubwürdigkeit der Hl. Schrift vornehmlich mit den Manichäern, deren Bibelkritik ihn während seiner Studienzeit in Karthago U.3. dazu gebracht hatte, sich dieser Sekte anzuschließen.3JO Man kann daher vennuten, daß der Bischof bei seiner Feststellung nonnulli putaverunl eos inter se esse contrarios in s. 240 nicht zuletzt an die mänichäische und speziell von Faustus v. Mileve vorgetragene Lehre gedacht hat, welche die Widersprüche in den Evangelien als Beweis für nichtapostolische Autorschaft werten wollte und eine kritische Auswahl nach Maßgabe der Offenbarung Manis forderte .'" Der adversative cum-Satz läßt die Auffassung der nonnulli jedenfalls absurd erscheinen und prägt sich durch das Ambiguum (con/rarii jetzt im Sinne von inimicj) gut ein. Vg1. zu con/rari; animae suae c. Faust. 33, 6 (eSEL 25, I , 790f.) sed quid vobis faciam, quos contra testimonia scripturarum ita obsurdefecit iniquitas, ut quicquid adversum vos inde prolatum fuer;t, non esse dictum ab apostoto, sed a nescio quo fa/sario sub eius nomine scriptum esse dicere audeatis? ( . . . ) infelices inimici animae vestrae.JJ2 quae umquam Iitterae ullum habebunt pondus auctoritatis, si evangelicae, si aposlolicae 1I0n habebunt? und Z. 33 argumentalltur cOlltra animas suas.
Z. 14f. sed, sieut dui, si hoc vobis ostendam et in populo velim ista trac� tare, multitudo audientium prius obruitur taedio, quam reveletur seientia veritatis: "Aber, wie gesagt, wenn ich euch dies zeigte, also vor dem Volk
319 S. o. Fußn. 309. Wegen seiner Geftlhrlichkeit wurde die Vernichtung des Werkes von Konstantin schon vor dcm Konzil von Nizäa und später erneut von Theodosius 11. und Valentian (448) angeordnet. Auch VOn christlichen Gegenschriften ist kaum etwas erhalten. Die fragmentarische Überlieferung geht größtenteils auf indirekte Zeugnisse bei Hieronymus und Markarius Magnes (um 400) zurück. Vgl. v. HARNACK. Porphyrius, 5 u. 7f.
lJO Vg!. BROWN, Augustine, 42. Zu der fUr Augustin damals attraktiven Kritik am Gottesbild des AT vgL conf. 3, 12 (CCL 27, 33). In De moribus ecclesiae calholicae el de moribus Manichaeorum (388-390) betont er, daß bei den Manichäem zweierlei verfUhrerisch sei: Schriftkritik und das Bild einer sittlichen und züchtigen Lebensfiihrung, vgl. mor. 1 , 2 (CSEL 90, 4) (Hinweis auf diese Stelle bei FLASCH, Augustin, 32).
m Vg!. MERKEL, Widersprüche, 27. m Vg!. Im Munde der Manichäer waren die "Fallslricke des Teufels" ausgelegt, wic es
Augustin in conf. 3 , 10 (CCL 27, 3 1 ) mit Paulus sagt [vg!. I Tim 3, 7, 11 Tim 2, 26], und bcsonders Faustus verkörperte durch den Reiz seiner süßen Rede eine solche Gefahr fllr das Seelenheil (vgl. conf. 5, 3 (CCL 27, 58) iam venerat Carthaginem quidam Manichaeorum episcopus, Faustus nomine, magnus laqueus diaboli, et multi implicabantur in eo per inlecebram suaviloquentiae, conf. 5 . \ 3 (CCL 27, 64) ita il/e Fallstus, qui mullis laqueus mortis (vgl. Ps 17. 6, Prv 2 1 , 6] e.xtitit).
Sermo 240 18 1
darüber predigen wolltelH• dürfte die Großzahl der Hörer von Überdruß überwältigt werden, bevor sich das Wissen um die Wahrheit unverhüllt vennitteln ließe." Das durch et angeschlossene explikative Kolon will deutlicher vor Augen fUhren, daß die gegenwärtige Redesituation eine ungünstige Voraussetzung ftir den Aufweis der Widerspruchslosigkeit der Evangelien darstellt. Der Gebrauch des Indikativs in der Apodosis nach potentialem Konjunktiv im hypothetischen Satz - eine Inkonzinnität, gegenilber der die Modusgleichheit in heiden Sätzen schon zur Zeit Ciceros eher gelehrten Stil anzeigte (vg\. Kühner-Stegmann n 395) - findet sich im christlichen Latein ganz häufig (vg\. Blaise. Handbook § 304).
Anstelle des von den Maurinem gelesenen reveJelur nimmt Hili das von einigen Handschriften gebotene relevetur auf und übersetzt: "But as I said, if I were to show you how this is, and wanted to discuss these questions with the whole congregation, the majority of listeners would be overwhelmd with boredom long be fore they could be brought relief by knowledge of the truth.,
,3J4 Die so gewonnene, sich selbst aufhebende Antithese
enthält, ganz abgesehen davon, daß die Junktur relevari sciefJtia bei Augustin sonst nicht mehr vorkommeJS, einen Gedanken, welcher vor dem Hin-
Jll Wie auch hier im Kontext zu erkennen, bezieht sich trac/are (und ebenso traclalus) im christlichen Latein besonders auf die schriftliche oder mUndliche Schriftauslegung. "Toulefois ces leTTtles ne sont pas exclusivemcnl reserves a la prooication exegelique: deja chez saint Cyprien ils s'appliquenl aussi a la predicalion en genera!." (MOHRMANN, praedicare, 70). Vgl. KOFFMANE, Geschichte, 84, der rur Iraelare "predigen" u.a. auf conf. 6, 4 (CCl 27, 76) verweist: el eurn [sc. Arnbrosiurn] quidem in populo verbum vcritatis recte traclantem [11 Tim 2, 15] ornni die dorninico audiebam.
J� Sermons IIIn, 65 u. 68. Note 4. m Er verbindet relevare zwar in spririlueller Bedeutung mit conseientia (vg!. Blaise, Dicti
onnaire, 709 s.v. relevo 2. mit Hinweis auf r. el op. 47 (CSEl 4 1 , 92) ul relevala conscientia inlrenl ad baplismum), doch, soweit ich sehe, nie mit seientia "Wissen, Kenntnis'". Dagegen lassen sich rur revelare im Zusammenhang mit scientia Stellen finden, wie etwa gr. el pecc. or. 1 , 44 (eSEL 42, 1 57f.) [bezogen auf die Auffassung des PelagiUS, nach der die Gnade des HI. Geistes dasjaeWIß nequam spirilui resis/ere unterstützt] quod tarnen qualecumque el quantulumcumque adiulorium eum credibile est in hoc cons/illiere. quod nobis addi/ur seientia revelanle spiritu per doelrinam, quam vel non possumus vel difficile habere possumus per na/uram oder c. ep. Pe!. 3, 19 (CSEl 60, 509) lune erit enim eminens Christi seientia [von welcher der Apostel in Phil 3, 8 spricht], quando juerit ila revelalus, 111 quod eredilur videalur. Augustin gebraucht rellelare (ebenso wie revela/io), sofern er nicht Bibelstellen ziliert oder paraphrasiert, in denen das Verb in profaner Weise verwendet wird, slets im offenbarungstheologischen Sinne, so daß "das handelnde Subjekt von ,revelare - rcvclatio' letziich immer Gott ist." (WIELAND, Offenbarung, 23, vgl. ehd. in Anm. 6 die Belege zum Sprachgebrauch). Daher deutet der Prediger wohl auch in prius ( ... ) quam reveletur scienlia veritatis an, daß er selbst nur eroga/or der von Gott gelehrten Wahrheit isl (vgl. MOHLENBERG, Au-
182 Vier Themenpredigten
tergrund der in De doe/rina Christiana entwickelten rhetorischen Theorie problematisch ist. Denn rur Augustin kann zwar bei der Belehrung durch den Redner schon die aufgewiesene Wahrheit an sich das Publikum erfreu· en3J6, doch wenn dieses so disponiert ist, daß das docere bei ihm möglicherweise Überdruß hervorruft - eine Gefahr, von der grundsätzlich nur die wenigen Wißbegierigen ausgenommen sind, die jedem auch noch so öden VOlbag folgen3J7 -, wird dem taedium keineswegs bloß durch Vermittlung der scientia verita/is abgeholfen, sondern es gilt, zusätzlich für eine Stilisierung der Rede zu sorgen, welche dem Bedürfnis der Hörer nach delectatio Rechnung trägt: propter eos Qutem, quibus [as/idiefllibus non placel ver;las. si aUa quocumque modo. sed si eo modo dicatur. ur placeat er sermo dieenlis, dalus es! in eloquenlia non parvus etiam deleelationi loeus (doctr. ehr. 4, 29 (CCL 32, 1 36)) 3" Liest man hingegen reveletur, wird in Oppositio zu obruitur schlicht behauptet, die Predigt werde ihr Ziel [ut appareat, quod latebat (doctr. ehr. 4, 26)] wegen des zu erwartenden Desinteresses der multitudo audienlium nicht erreichen können.
Z. 18 ut expositione mea non indigeant: Expositio im Sinne von E�tlY11alC;, hier also eine Auslegung der Leidens- und Auferstehungsperikopen. Vgl. den Gebrauch im Kontext homiletischer Predigten : Jo. ev.
guslins Predigen, 10). Siehe aueh s. 162, 2 (PL 38, 886) opparet igilur cuivis tortlo el oblunso. quam sit isla quaestio difficilis: quam dominus piae intention; nostrae si aliquarltllium dignatus fuerit dilucescere atque revelare, poterimus aliquid rationabiliter tlicere, s. 169, 1 (PL 38, 915) ad apostolicam fectionem aures et animum intendal sancWas vestra, adiuvando nos OffiClU veSlro apud domi"um deum nostrum (und unterstützt mich durch eure Liebe bei dem Herrn, unserem Gott, vgl. s. 68, 1 (MA 1 , 356» , 111 ea qllae ilIe nobis revelare dignulur, od \/Os aple atque solubriter proferre possimus.
H6 Vgl. doch'. ehr. 4, 28 (CCL 32, 136) sed neque deleClare necessitatis est [Dies gilt von den drei ojficio oraloris nur rur das docere; denn um handeln zu können, muß man wissen, was getan werden sol1, s. ebd.], quandoquidem cum dicendo vera monstra,,(ur. quoll ad ojficium docendi pertinet. non eloquio agitur neque hoc adtendilur, u( vel ipsa vel ipsllm delectel eloquium, sed per se ipsa. guoniam vera $U"', manifestata delec/anl.
m Vgl. doetr. ehr. 4, 26 (CCl 32, 134) prorsus haec esl i" docendo eloquerltia. qua flt dicendo, non ut Iibeat, quod horrebat. aut ul flat, quod pigebot, sed ul appareat, qllod latebat. quod tamen si flar insuaviter, ad pauCOS quidem studiQSissimos mus pervenit fructus, qui ea quae discenda su"', quamvis abiecle inculleque dicanlur, seire desiderant.
lU Ahnlieh schon in doch'. ehr. 4, 26 (CCl 32, 134f.): Nur den pauci studiosissimi ist es Unterhaltung genug, sich an der bloßen Wahrheit weiden zu können (ipsa delectabililer verilale pascunlur). Die meisten Hörer können dagegen nicht auf gewürzte Kost verzichten (ebd.): sed quoniam inter se habe,,' nonnullam simi/itudinem vescenles atque discentes, proprerlaslidia plurimorum. etiam ipsa, sine quibus vivi non potest, alimenta co"dienda Sunl.
Senno 240 183
Ir. 17, 9 (CCL 36, 1 75) sed clausum esl adhuc el expositione indigel, quantum arbitror, quare in tollendo grabalo dilectio proximi commendetur ( . .. ), en. Ps. 132, 1 (CCL 40, 1926) el hoc quidem, fralres, non indigel inlerpretatfone Gut expositione, quam honum et quam iucundum si! habitare in unum, u.ö.
Z. 20f. alius non habel [aeuttatem et copiam et doctrinam defendendi jidem, sed habel ipsam fidem: Rednerische Gabe und Fülle sowie eine entsprechende Ausbildung sind fUr die Verteidigung des Glaubens erforderlich, der Glaube selbst gewinnt dadurch aber nicht an Substanz. In Verbindung mit facultas et copia)39 kann man doctrina zunächst als ars, rhetori� sches "Methodenwissen", verstehen (vgl. Z. 18f. qui !lovit quomodo ista defendat, doclior es/, non fidelior),340 In einer weiter gefaßten inhaltlichen und nicht vornehmlich formalen Akzentuierung341 läßt der Begriff hier an jedwede der Apologie nützliche Art von (weltlicher) Bildung, speziell aber an eine vertiefte Einsicht in die christliche Lehre denken.342 Augustin mag
.m Auguslin greift hier Ciceros Sprachgebrauch auf, vgl. z.B. Yerr. I , 10 etenim quod est ingenium lantum. quae tanta (aCHltas dicendi out copia. quae Isllus vitam 101 vitiisjlagltjjsque convictam, iam pr/dem omnium voluntale iudicioque damnalam. aliqua ex parte possil defendere?, de oral. I , 70 esl enim Jinilimus oralori poela, numeris aslriclior pali-10, verborum autem licenlia liberior, multis vero ornandi gellerlbus socius ac pae"e par; In hoc qllidem cerle prope idem. nullis ul lerminis circumscribol oul deJillial ius Sllllm, qllO minus ei liceal eadem Illalacliliale et copia vagari qua velit, epist. 5, 1 2, 3 maler/es digna (acuÜale el cooia lua.
)40 Mit dOClrina wird die systematische Lehre der ars oralor;a bezeichnet in doctr. chr. 4, 2 1 (CCl 32, 1 31): si enlm, s;CUI quidam disertissimi atque aculissimi viri videre ac diCC!re poluerunl, ea quae oraloria velul arie discunlur non obselVarenlur et notarenlllr el in hanc doclrinam red/gerenlur, n;si prius in oratorum inven;renlur Ingenils (vgl. Cic. de orat. I , 146), quid mirum si el in ISlis inveniunlur, quos ille misil, qui fecil ingenia? Augustin folgt an dicscr Ste11e Cicero darin, daß das ingenium der ars vorausgeht, fragt aber noch weiter nach dessen Ursprung, den er in Gott findet - solches quaerere macht den Unterschied von heidnischer und christlicher Wissenschaft aus und ennöglicht gcgenüber dem doctus videri das sapiens esse (doctr. ehr. 2, 57 (CCl 32, 71 f}), vgl. PRESTEL, Rezeption, 285f.
.).11 Zu doclrina als einem BegrifTformaler und inhaltlicher Bildung in Titel und Konzeption von De dOClrina Chr;sllana vgl. POLLMANN, Doctrina Christiana, 107 .
.).12 Vgl. ebd. 104f. über Konkordanzbefund und Bedeutungsspektrum von doclrina bei Augustin. Der allgemeinen Bezeichnung der "paganen Wissenschaften" dient der Plural (so etwa am Ende von doctr. ehr. 11, s. ebd. 107). Die ortes liberales nennt Augustin auch doclrinae (liberales) oder usitata studio doclrinae, wie z.B. in conf. 2, 8; 4, I u. 30-31 (CCl 27, 2 1 . 40. 55f.). An der erstgenannten Stelle kommt kritische Distanz gegenüber Monnicas Hoffnung zum Ausdruck, die klassische Bildung werde ihm helfen, zu GoI! zu finden ( ... quas (sc. IitterQs] ut nossem nimis va/ebal parens uterque, ( ... ) iIIo autl!m, qllia non so/um nullo detrimento, sed eliam nonnllilo adiumento ad le odlpiscen·
1 84 Vier Themenpredigten
dabei II Tim 4, 2 praedica verbum, insta opportune, importune; argue, IlOrtare, increpa in omni /onganimitale e/ doctrjna im Sinn haben oder Tit I , 9 [der Bischof muß an der Glaubenslehre festhalten] ul polens sit in doctrina sana et contradicenles redarguere, Schriftstellen, die er u.a. in doctr. chr. 4, 33 (CCl 32, 139f.) zitiert, um die Charismatiker zu widerlegen, welche die Instruktion des Predigers ausschließlich dem Wirken des HI. Geistes überlassen wollen. Die lektüre der Pastoralbriefe (IIII Tim, Tit) legt Augustin dort besonders demjenigen ans Herz, dem in der Kirche die Rolle des lehrers (persona docloris) zuHilIt.
Z. 27f. ( ... ) subticere non esl consilii: Die klassische Konstruktion des gen. possesslvus bei unpersönlichem esse verwendet Augustin zwar mehrfach [so etwa auch moris esl (doctr. chr. 4, 25 (CCl 32, 133), en. Ps. 3, 6; 78, 1 0 (CCl 38, 10; 39, 1 105), s. 239, I (pl 38, 1 127)) od. consueludinis es/ (loc. 6, 09 (CCl 33, 455), qu. 7, 49. 56 (CCl 33, 360. 377)], in den Predigten insgesamt aber doch so selten, daß sie geeignet ist, den Hörern aufzufallen [consilii esse (eslijuil) nur noch in en. Ps. 69, 4 (CCl 39, 934), 10. ev. tr. 7, 24; 46, 8 (CCl 36, 8 1 . 403), s. 279, 12 (MA 1 , 591) - an den drei letztgenannten Stellen ebenso wie hier in s. 240, um über das beabsichtigte JlgtJlOv (aplum), d.h. die situations- und adressatengerechte RedeplanuntO zu informieren]. Gesucht nimmt sich subticere "passer sous silence" (BI.ise, Dictionnaire s.v. 788 ad Ioc.) aus [v.1. der HSS sub/rahere], das Augustin nur noch einmal in ord. 1 , 9 (Cel 29, 93), dort freilich intransitiv, gebraucht: quod cum severiore quam putabat voee dixissem, subticuit
,. ) '" a zquantum .
dum futura existimabat usitata il/a studia daclrillae). Später, beim Bericht ober seine Lehrtätigkeit in Karthago und die Lektüre der !ibri artium (bes. conf. 4, 30-3 1), zeigt er sich von den .. freien Künsten" enttäuscht: Sie bieten keinen Schutt vor den malae cupidUales und verlieren daher an Bedeutung gegenüber einer frommen Herzensbildung (dactrina pielalis). Doch hört man hier das Urteil des Bischofs, dem eine ganz andere Einschätzung der t-Y1C\"Clto<; xwbt[u in den Jahren zwischen Bekehrung und Ordination (386-391) entgegensteht. Während dieser Zeit, in die auch Augustins Versuche fallen, nach dem Vorbild Varros disciplinarum IibrQs zu verfassen (38617) (retr. 1 , 6 (CCl 57, 1 7», knüpft cr an solche Bildung hohe Erwartungen, wie etwa, daß sie zur Selbsterkenntnis und zur beata vita beiträgt (so uneingeschränkt noch ord. I , 3; I , 24 (eSEL 63, 122(. I 36f.». V gl. 0' DONNELL, Confessions 11. Excursus: Thc liberales disciplinae, 269-278. l4l Also besonders das externe xQtxO\!, vgl. Lausberg § 1057.
l" Bei Blaise wird als Präsens z. SI. das Incohativum zugrunde gelegt: "sc laire (un petit moment)", Dictionnaire 788 s.\!. sublicesco.
Senno 240 1 85
Z. 29 cuius in se ipso dominus praemisit exemplum: Den Hinweis darauf, daß der Herr selbst ein leibhaftiges Beispiel fllr die Auferstehung gegeben habe, verwendet der Prediger hier, um beim Übergang vom Prooemium zur Narratio das von ihm präzisierte Thema (de ipsa resurreclione) mit dem Attribut christlicher Endzeithoffnung zu versehen.l4S Der Gedanke wird aber auch in den folgenden Sennones mehrfach aufgegriffen: zunächst in s. 241, 1 (PL 38, 1 133), wo Augustin zur Betonung der Verbindung von al1gemeiner Auferstehung und Auferstehung Christi noch das Bild der als Organismus vorgestellten Kirche hinzusetzt: Deren einzelne Glieder sollen rur sich das erhoffen, was in ihrem Haupt schon stattgefunden hat. 346 Im Prooemium von s. 242 wird dann gemäß dem Themenschwerpunkt hervorgehoben, daß das Beispiel Christi rur die carnis resurrectio auch wirklich im Fleisch ergangen ist, weshalb die damit verbundene Funktion jetzt nicht mehr nur als Vorankündigung, sondern sogar als Nachweis der Qualität des zukünftigen christlichen Lebens bestimmt werden kann.J47 Ln der Peroratio
j.� Vgl. auch W. GEERUNGS, Christus Exemplum. Studien zur Christologie und Christusverkündigung Augustins. Mainz 1978 (TrS 13), 198: "Da dieses Leben immer in der Gefährdung des Todes steht, ist die erste lehre, die das exemplum resurrectionis eneilt, die, daß wir hoffen dUrfen und daß wir den Tod nicht mehr zu fUrchten brauchen." (mit Hinweis auf en. Ps. 49, 5 (CCl 38, 428), s. Guelf. I , 5 (MA 1 , 443»
146 hanc in se ipso, id eSf resurreclionem mortuorum, caput nostrum Christus ostendir er exemplunr fidei nobis praestitit, ul hoc sperenl membra in se, quod praecessit in copite. Das Bild eines Götter wie Menschen umfassenden, zugleich aber mit Gott identifizierbaren Leibes ist dem antiken Denken, besonders aber der stoischen Kosmologie vertraut (vgl. E. SCHWEIZER, o&�a )(1"A. A 4: ThWNT, 1037 mit vielen Belegen, wie z.B. Sen. epis!. 92, 30 totum hoc qua continemur et ununr esl el deus: et socii sumus eius et membra. Bei Übertragung des Bildes in den politischen Bereich (ein bekanntes Beispiel ist die Fabel des Menenius Agrippa (vgl. liv. 2, 32» kann von Sen. sogar der Kaiser als Seele oder Haupt des Staatsleibes angesprochen werden (vgl. eiern. I , 5 I nam si ( ... ) 0-ninrus rei publicae IllOe es, ilIa corpus tuunr ( ... ), 2, 2, I Iradetur ista animi lui mansueludo diffundeturque pau/olim per omlle inrperU corpus ( ... ). a copile bona va/ellldo.). Die Vorstellung der Kirche als Leib, der auf das Heil hingeordnet ist, welches sich in seinem Haupt Christus schon gezeigt hat, entninunt Augustin paulinischer Christologie, wie beispielsweise Col I , 18, Eph I , 22f.; 4, 15 ; 5, 23 (vgl. trin. 7, 5 (CCL 50, 253), ep. 55, 3 (CSEL 34, 2, 173), s. 157, 3 (PL 38, 860), s. Dolbc" 22, 19 (REAu8 40 ( 1 994), 189), c;v. 22, 18 (CCL 48, 837), 'n. Ps. 3, 9 (CCL J8, 1 1 ), c8th. fr. 2 (CSEL 52, 232».
147 Vgl. s. 242, 1 (Pl 38, 1 1 39) haec enimfides est nostra, hoc donunI in domin; lIostri lesu Christi nobis come promissum est et in ipso praecessit e.xemplum. va/uit enim nobis quod promisit in fine non so/um praenunliare, sed eriam demonSlrare. Im Unterschied zum aur die Vergangenheit bezogenen narrare oder dem Zukünftiges betreffenden praenuntiore verwendet Augustin demonstrare, wenn es um den sichtbaren Aufweis gegenwärtiger Wirklichkeit geht. Vgl. seine Mahnung in der Predigt De fide rerttm invisibilium (zwischen 4 1 0 u. 420), zur Bestätigung der Glaubcnswahrheit aktuelle testimonia divina zur Kenntnis zu nehmen: ergo haec aspieire, in liaec intendUc, haec quae cernilis
186 Vier Themenpredigten
dieser Predigt fUhrt Augustin den Hörern schließlich vor Augen, daß ihre gegenwärtige Situation, in welcher sie der sichtbaren Präsenz des Auferstandenen ennangeln, aus heils geschichtlicher Perspektive betrachtet werden muß: ,,Die Apostel konnten Christus leibhaftig sehen, aber die über den ganzen Erdkreis verbreitete Kirche konnten sie nicht sehen. Sie konnten das Haupt sehen, und doch mußten sie an den Leib glauben. Wir haben unser Los, wir haben die Gnade des für uns vorgesehenen Heilsplanes. Damit wir aufgrund von unwiderlegbaren Zeugnissen glauben können, sind rur uns Zeiten in der Glaubenseintracht vorgesehen worden. Jene konnten das Haupt sehen, und doch mußten sie an den Leib glauben. Wir können den Leib sehen; laßt uns also an das Haupt glauben ... )48
Z. 36f. da mihi paganum (" ')J qu; non dicat deum esse omnipotentem: Bereits bei Horner wird den Göttern, besonders aber Zeus Allmacht zugesprochen (Od. 10, 307 ßEoi bf. TE :n:aVfa OWo.Vfru (Die Götter aber vermögen alles.), Od. 4, 236f. IlTllg ßEO<; fi).J.OTE fi).J.q> I ZEi><; llyaß6v TE KUK6v TE O,OoI· owam, yag 1!:n:aVfu (Doch Gott Zeus gibt bald diesem, bald jenem Gutes und Schlechtes; denn er vermag gänzlich alles.)), welche lediglich in den Bestimmungen des Schicksals (J..lOtea, aloa) eine Grenze hat (vgl. ll. 1 6, 43 1 ff., Od. 3, 236-238) .'" Diese Vorstellung kommt in der späteren Dichtung dann in Epitheta zum Ausdruck wie n:ava(Tlo� "alles verursachend" (von Zeus A. Ag. 1486) oder :n:aYKQuT�<; "allmächtig" (von Zeus A. Th. 255, Eu. 9 1 8; E. Fr. 43 1 , 4 aber auch von anderen Göttern), und auch die philosophische Reflexion findet schon früh Formulierungen, die mit dem Göttlichen eine unbeschränkte Wirkmöglichkeit verbinden.lso
cogilate, quae vobis non praeterita narrantur nec fUlura praenuntiantur, sed praesentia demonstranlur (f. invis. 7 (CCL 46, 1 1» . lotl s. 242, 1 2 (PL 38, 1 1 43) apostoli Christum praesentem videbant, sed tOlO orbe terrarum diffllsam ecclesiam non videbant. "idebant caput et de corpore credebant. habemus "ices nostras, habemus gratiam dispensationis el distributionis nostrae; ad credendum certissimis documentis tempora nobis in Ilna fide sunt distribula. illi "idebant caput et credebant de corpore. nos videmus corpus; credamus de capite.
H9 Doch wird das (personifizierte) Geschick bei Homer auch mit dem göttlichen Willen identifiziert (z.B. 11. 19, 87 ZEiX; Kai MOi{>Q, Od. 3, 269 �oiQ<l 6t6:)\I), vgl. H. KLEIN· KNECHT, Oe6<;. A. Der griechische GOliesbegritT: ThWNT 111, 70.
l.sG Vgl. C. J. CLASSEN, Allmachtsfonneln: LA W I, Sp. 126, vgl. z.B. Arist. Ph. 203b7 (KRS 108 - DK 12 A 15) ( ... ) 1"00 oe lutdl}Ou O"ÜK (<nlV o.QX� ( . . . ) 0)..).: aÜ1"l1 T(i)v äAMuV dvw boKtt, Kai JttQlCXElV axavta Kai xavta KVJ}eQvdv, 6.>t; qKlOlv ÖOOl �ti Jt04.0ÜOl JtOQ(i TO äxelQOv IDJ .. ae; alnae; oLov voüv tl qx)jav' Kat TOUT' dvru TO ßetov· o.baVOTOV -yciQ Kai o.vWAeOl}Ov, OXm:EQ I.pllmv 6 'Ava�(�avbQ� Kat oi. XAEt<n04. t(i)v I.pUOl.oA6-ywv ( ... vom Unbegrenzten aber gibt es keinen Anfang .. , Vielmehr scheint dieses der Anfang von allem zu sein, alles zu umfassen und zu steuern, wie das all die sa-
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Im christlichen Sprachgebrauch wird das lat. omnipolens (als Attribut Jupiters seit Enn. anno 458, von allen Göttern gesagt bei Plaut. Poen. 275, vgl. ThLL IX Sp. 604f. s.v. I A I ) die bevorzugte Übersetzung von ltUVTOKI)(iTroe, womit die LXX den "Allmächtigen" (statt der hebr. Gottesnamen 'Zebaoth' und 'Schaddai') bezeichnet.'" Den gläubigen Hörern Augustins war diese Begriffsverwendung besonders deshalb vertraut, weil sie Aufnahme in den 1 . Artikel des Symbolums gefunden hatte3S2: credimus in deum patrem omnipotentem, universorum creatorem, regem saeculorum, immorlalem el invisibilem (s. 2 1 5, 2 (RB (1958), 19) 3S3 ln Z. 48 von s. 240 kann daher auch zum Zwecke der Theodizee die Einheit der göttlichen Attribute iustus und omnipotens behauptet werden.
Da die Omnipotenz Gottes im vorliegenden Dialektikon als eine auch ruf den Heiden unbestreitbare Tatsache festgestellt werden soll, um die Möglichkeit der Totenerweckung zu beweisen1S4, verzichtet Augustin auf jed-
gen, die neben dem Unbegrenzten keine andere Ursache wie etwa den Geist oder die Liebe ansetzen. Ferner sei dies das Gönliehe; denn es sei unsterblich und unzerstörbar, wie Anaximander sagt und die meisten der alten Naturphilosophen [Übers. der dt. Ausgabe v. KRSJ). Augustin attestiert in doetr. ehr. 1 , 7 (CCL 32, 10) auch dem heidnischen Polytheismus eine Vorstellung von göttlicher Vollkomenheit: nam cum ilfe Ulll�S cogitatur deorilm deus, ab his etiam. qui alios et suspicantur et vocanl e/ co/ufll deos sive in caefo sive ;11 terra. Uo cogitotur, ut aliquid. quo n;hil si! meNus olque sublimius. iIIo cogilatio conelllr attingere. ( ... ) itoque omnes hoc deum esse consen/iunt, quod celeris rebus omnibus anteponulI1.
}SI Vgl. H. HOMMEL, Schöpfer und Erhalter. Studien zum Problem Christentum und Antike. Berlin 1956, 96. Abgesehen von dieser Verwendung der LXX ist :n:QVTOICQO:TWQ dem frühen Christentum auch in dem besonders durch die stoische Theologie geprägten Sinne .. Allerhalter" vertraut (seit Kleanlhes' Zeushymnus, wo, wie HOMMEL zeigt, die Epiklese JtQYICQ<lTtle; (s.o.) in Anlehnung an das schon bei den Milesiern übliche KQaniv c. ace . .. erhalten" umgedeutet wird (SVF I, S. 1 2 1 [» , vgl. ebd. 93[ und bes. 107-122 (Der Pantokrator bei den christlichen Vätern). Freilich konnte sich die dementsprechend Übertragung omnitenens gegenüber dem biblischen omniporells nicht behaupten, so daß die Nuance .. Erhaltergon" mit der Zeit verblaßte (auch im Apostolicum, s.o. im Text), vgl. ebd. 1 1 4f. und Augustins Bemerkung in 10. ev. tr. 106, 5 (CeL 36, 6 1 I) ac per hoc sicut pater aeternus omnipotens. itafilius coaeternus omnipotens; el si omniporens, u/;que omnitenens. id enim por;us verbum e verbo interpretamur, si proprie volumus dicere, quod 0 Groecis dicitur xaVTOIepQTOOQ, quod nosrri non sic ;nrerpre/arenrur. ut omnipolens dicerent, cum sit ltaVTOlCQuTWQ omnitenens. nisi tantumdem valere sen/irenl.
lS2 Vgl. W. MICHAELlS, ltavroKQu.<OQ: ThWNT 111, 914, Anm. 12. m Zur Rekonstruktion des afrikanischen Sybolums (Karthago) nach s. 215 vgl. Symbole
der Alten Kirche, ausgewählt v. H. LIETZMANN. Berlin 5 1961 (Kleine Texte fur Vorlesungen und Übungen 17/18), 13.
3S. Die Omnipotenz Gottes verwendet schon lustin, apol. I , 1 8, 6 als Argument rur die Glaubwürdigkeit der leiblichen Auferstehung: 01e; Kliv 611ol<O<; Tj�d«; ti:rtobtl;aoßt oUX �"tTOV tKti"l.'OlV E>Etfl XlOTtOOvrw; aU.a j.ld).).ov. Ol Kat .a VEKQOU�Eva Kat El� r�v
1 88 Vier Themenpredigten
wede Problematisierung, die diese Praemissa (s.u. zum modus proferendi) in Frage stellen könnte.'" In s. 242, 7 (pL 38, 1 141) verwendet er das AIImachtsargument zur Widerlegung der physikalischen Lehre non polest esse terrenum corpus in caelo, stützt dies aber gegenüber dem paganus fictus noch mit Platons Timaios (eie. Tim. 40): nonne el tu. quicumque paganus, dicis omnipotentem deum? nonne in libro Platonis, quod hesterno die demOlls/ravi [so 241 , 8 (pL 38, 1 1 38)], legi/ur dixisse deus nonfac/us diis a se foc/is: quoniam estis orti, immortales quidem esse cl indissolubiles non potestis; non tarnen dissolvemini, neque ulla VQS mortis fata periment; nec erunt valentiora quam consilium Oleum, quod maius est vinculum ad perpetuitatem vestram, quam ilIa quibus estis colligati? fatum ad va[untatem suam redegi( deus, qui potest et quod impossibile est. nom quid est aliud non potestis esse imrnortales, sed ut non moriamini ego facio nisi et quod fieri non potest, ego facio?
Z. 40 mortuorum suscitatorem: Den ersten Beleg für suscitator "Erwecker" bietet Terl. adv. Prax. 28, 1 3 (CCL 2, 1202) in polemischer Darstellung patripassianistischer Lehre: certe. ne per omnia evagemur, qui suscitavit Christum, suscitaturus [est]J56 et mortalia corpora nostra [vgl. Rm 8, 1 1 ] tamquam alius erit suscitator quam pater morluus et pater suscita(us. si Christus qui est mortuus paler est (Sicherlich, um nicht alles ausschweifend zu behandeln, wird, wer Christus auferweckt hat und auch unsere sterblichen Leiber auferwecken wird, gleichsam ein anderer Erwecker sein als der gestorbene Vater und der auferweckte Vater, falls Christus in seinem Tod der Vater ist). Der Begriff begegnet dann erst wieder bei Augustin, doch nur in den Predigten357 und abgesehen von s. 240 und cn. Ps.
paAA6JlEVQ x6.Alv IixOAllWEoßm tUUT6:W oWJlUTU XQOObOKOJIlEV äbWaTOV ll11btv d\lO.l 0(.41 Atyovte<; (Nehmt unsere Lehre wenigstens gleichwie diese (sc. die Lehren der heidnischen Schriftste1\er über das Weiterlebcn der Seele nach dem Tod} an; denn nicht weniger, sondern mehr als jene glauben wir an GOII, die wir erwarten, daß auch dasjenige, was stirbt und in die Erde geworfen wird, seinen Leib zurückerhalten wird, behaupten wir doch, daß rur Got! nichts unmöglich ist).
m Wie etwa die Erörterung der mit der gönlichen Allmacht verbundenen, diese aber keineswegs beschränkenden UnrTlÖglichkeiten, vgl. z.B. civ. 5, 1 0 (CCL 47, 140) sicut nee potestas eius minuitur. cum dicitur mori fallique non posse. sie enim hoc non pOlest. 111 potius. si posset, minoris esset urique pOlestatis. recte quippc omnipotcns dicilur. qlli tamen mori ct falli non polest. dicitur enim omnipotens laciendo quod vult, non patiendo quod non vult; quod ei si accideret. nequaquam esset omnipotens. unde propterea quaedam non polest, quia omnipotens eSI., od. mit Bezug auf 11 Tim 2, 1 3 negare se ipsum non potest s. 214, 4 (RB 72 (1962), 16f.), symb. cat. 2 (CCL 46, 1 85f.). lS6 es' sec!. Kroymann.
m Vgl. MOHRMANN. Sondersprache, 209.
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70, 2, 3 (CCL 39, 962) als christologischer Titel: 10. ev. tr. 49, 7 (CCL 36, 422), s. 128, 14 (PL 38, 720), s. 207, I (pL 38, 1043) sowie e contrario in s. 67, 2 (pL 38, 434) nullus morluus esl sui ipsius suscilalor. iIle se POluil suscitare. qui mortua carne non morluus esl.
Z. 45 caro isla: Nachklassisch ersetzt isle häufig schlicht hic (vgl. Blaise, Handbook § 164), doch hier dUrfte das betont nachgestellte Pronomen durchaus pejorativ gemeint sein, zumal die caro in ihrer gegenwärtigen Beschaffenheit (= molo isla Z. 48) Folge des peccalum originale isr" (vgl. Z. 47ff.) . Obgleich die caro Augustin ursprUnglieh als bonwn gilt (110m el ipsa dei crealura esl (s. 156, 6 (PL 38, 853», bleibt der Begriff bei ihm auf die "Hinfalligkeit des Menschen" bezogen, solange nicht von der caro Chrisli oder dem Auferstehungsleib die Rede ist.'" Wie die Z. 43-57 zeigen, können (anders als OclQS und ow�a bei Paulus) caro und corpus synonym verwendet werden.
Z. 46 in uno peccavimus et omnes ad corruplionem nat; sumus: Vgl. Rm 5, 12 oUI TOÜTO tIIOltEQ Ol' tvo� o.VÖQroxou iI o.�aQna El� TOV K6o�ov tio�1..ßtv Kat 0", T�� 6.�aQtia� " ß6.mTo�, Kat OÜT"" tl� xaVTa� avöQroxo� I> ßclvaTO� Olij1..ßtV, tq>' q, Xo.VTt� ij�aQTov. Das Verständnis von V. 12d [tq>' q, = ill qua (sc. homilie)] geht auf den unter Damasus (366-384) entstandenen Pauluskommentar eines unbekannten Verfassers (sog. Ambrosiaster) zurück, der Augustin als Werk des Hilarius v. Poitiers bekannt war"o, vgl. c. ep. Pel. 4, 7 (eSEL 60, 528) nam sie el sanclus Hilarius intel/exil quod scripwm est: in quo omnes peccaverunt; ait enim: "in quo", id est Adam, "omnes peccaverunt", deinde addidit: manifestum in Adam omnes peccasse quasi in massa; ipse enim per peccatum corruptus161, omnes quos gcnuit nati sunt sub peccato. haec scribens Hilarius sine ambiguitate commonuit, quomodo i"tellegendum esset in quo omnes peccaverunt.162 Freilich findet sich der Gedanke, daß die Sünde aller in Adam quasi
m Pejoratives ista kann auch sonst auf die sündenmachtige earo hinweisen: ulil. ieiun. 3 (CCL 46. 234) numquid emim earo iSla, quae nune domalur, semper domabitllr?, peec. mer. 1 , 69 (CSEl 60, 70) neefuissel caro Christi in similitudine earnis peeeati. nisf earo esset ;sta peecati ( . . . ), s. 1 66, 4 (SPM 1 , 62) ( . . . ) caro isla mortalis quam ad/mc haheUs de Adam ( ... ) u.O. m Vgl. C. MAYER, Caro - spiritus: AL I , �p. 743f.; 749.
l60 Vgl. W. GEERUNGS, Auguslinus. Lehrer der Gnade, in: DERS. (Hg.), Theologen der christlichen Antike. Eine Einflihrung. Dannsladt 2002, 160. )61 Zum nominativus absolutus vgl. Blaise, Handbook §§ 67; 364.
)62 Augustin will die pelagi3nische Auffassung widerlegen, durch Adam sei lediglich der Tod, nicht aber die SOnde vererbt (was unler Hinweis auf Rm 5, 12 (Vg) auch vom Tri-
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in massa eine ererbte Schuld bedeutet, die zur völligen Verdammnis führt und nur durch die Gnade Gottes aufgehoben werden kann, noch nicht bei Ambrosiaster.163 Augustin vertritt solch eine "radikale Erbsündenlehreu364, welcher der Grund rur die Erwählung oder Verwerfung des einzelnen unbegreiflich wird, schon in Ad Simplicianum, d.h. zu Beginn seines Episko· pats (39617), lange vor der ersten antipelagianischen Schrift De peccalorulII meritiis et remissione (41 1/12),365
Z. 5 1 f. (00') el culpam soivii el poenam: Eine soteriologische Formel, vgl. s. 1 38, 6 (pL 38, 754) 0 domine lesu, passe pro nobis. non pro le, non habens cu/pam et sus/inens poenam, ut el cu/parn so/vas et poenam, s. 231, 2 (SC 1 16 ( 1966), 248) ( . . . ) dominus lesus Chrislus mari venil, peecare non venit. communicando nobiscum sine cu/pa poenam (indem er mit uns schuldlos die Strafe teilte) el cu/pam so/vii el poenam, s. Guelf. 3 1 , I (MA I , 558) venil ergo unus conlra unum [bezogen auf die Adam-ChristusTypologie in I Cor 15, 2 1 f.) ( .. . ) "eni! ergo, et inlleni! nos iaeentes in cu/pa el poena: suscepit ille solam poenam, el cu/parn solvit e/ poenam sowie c. lul. imp. 6, 36 (pL 45, 1 594), wo solvere einmal durch gleichbedeutendes vaCUGre "aufheben, beseitigen" ersetzt wird: so/us enim mediator dei et hominum, homo Christus lesus sine cu/pa pertulit poellam, ut flostram scilicel et cu/pam vacuarel el poenam.
dentinum verworfen wird, vgl. DH 1512). Er versucht deshalb in c. ep. Pe!. 4, 7 (CSEl 60, 527) zu zeigen, daß in quo nur auf homo (nicht aber peccatum oder mors) bezogen werden kann, und berücksichtigt dabei auch den gr. Text. Die rur Rrn 5, 12d wohl zuueffende konjunktionale Bedeutung von tq>' q, - txl '[OUTCP ön (ebenso 11 Cor 5, 4, Phil 3, 12, vgl. Blass-Debrunner §§ 235 Anm. 3; 294 Anm. 6, Schwyzer 1I 681, 9) zieht er jedoch nicht in Erwägung.
J61 Vgl. W. GEERUNGS, Ambrosiaster: LACl1, 18. J6.t FLASCH, Augustin, 203. J6� V gl. P. RIC<ER. Die "Erbsünde" - eine Bedeutungsstudie, in: C, ANDRESEN (Hg.), Zum
Augustin-Gespräch der Gegenwart IJ. Dannstadt 1981 (WdF 327), 342f., der auf den berühmten Text in Simpl. I, 2, 16 (CCl 44, 41 f.) hinweist, wo Augustin, veranlaßt durch seine Reflexion von Rrn 9, 13 lacob dile.xi, Esau autem odio habui und 9, 15 miserebor, cu; misertus ero, et misericordiam praestabo, cui m isericors luero, "Vorherbestimmung" und "durch Geburt übenninelte Schuld" in Zusanuncnhang bringt: sunt igUur omnes homines - quando quidem, ut apostolus ait, in Adam omnes moriunlur [I Cor 15, 22], a quo in universum genus humanum or/go ducitur offensionis dei · una quaedam massa peccaU supplicium debens divinae summaeque iustitiae, quod sive e.xigatur sive donetur, nulla es! iniquitas. a quibus autem e.xigendum et quibus donandum sil, superbe iudican! debitores, quemadmodum conducti ad Wam vineam iniuste indignati sunt, cum tantundem aliis donaretur, quantum Ulis redderetur.
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z. 53f. ( ... ) el ad rem perveniemus: d.h. zur wirklichen Erlösung des Lei· bes von der Vergänglichkeit. Mit der Oppositio von spes und res deutet Augustin in den Predigten sonst häufig Rm 8, 23ff. aus, so z.B. en. Ps. 50, 19 (CCL 38, 614) modo enim iam in ipsa salule sumus [vgl. Ps 50, 16). audi aposlo/um: spe enim salvi fach sumus. et vide quia de ipsa salute corparis dicebat: in nobismetipsis. inquit, ingemiscimus adoptionem exspectantes, redemtionem corpons nostri. spe enim salvi facti sumus. spes autem quae videtur, non est spes: quod enim videt quis, quid sperat? si autem quod non videmus speramus, per patientiam exspectamus. qut perseveraveri! usque in finem, ipsa esf ilIa palientja: hic salvus eri!, ipsa es! salus quam nondum habemus. sed habiluri sumus. nondum es/ res, sed certa spei66, vgl. auch s. 27, 5 (CCL 4 1 , 363), s. 105, 7 (PL 38, 621), 158, 8 (pL 38, 866), s. 255, 5 (PL 38, 1 188), s. 395, 1 (PL 39, 17 1 6),s. Denis 18, 1 ; 22, 1 (MA 1 , 9 1 . 1 34), s. Lambot 4 (PLS 2, 759).
Z. 54ff. caro resurget incorruplibilis: caro resurge! sine vitio, sine dejormitate, sine mortalitate, sine onere, sine pondere. quae nune tibi fadt tormentum, postea tibi erit ornamentum: Zu vitium (nicht moralisch, sondern .. Leiden, GebrechenU) vgl. s. 242, 3 (pL 38, 1 140) rursus dicunI: "resurgent vitia, quae erant in eorpore humano, eum quibus mori/ur homo? " respondemus: JJ non resurgent vitia. " el dieitur nobis: JJ quare ergo dominus eum suorom vulnerom ciealricibus resurrexit?"
Augustins Vorstellung einer im irdischen Leben durch den Körper belasteten Seele wird von ihm seit Gn. adv. Man. 2, 30 (pL 34, 2 1 1 ) immer wieder mit Sap 9, 1 5 belegt.'" Daß er an diese Schriftstelle gleichfalls bei der hier via negationis durchgefi1hrten Beschreibung des Auferstehungsleibes gedacht hat, darf mit Blick auf eine Fonnulierung aus s. 277 vennutet werden. in welchem er am Fest des hL Vinzenz das Thema des eorpus spi-
166 Ein reimbildendes paronomastisches Wortspiel ohne etymologischen Zusammenhang, das außer bei Augustin auch sonst in der lat. Literatur wiederholt auftritt, vg\. MOHRMANN, Wortspiel, 343f. Zu Augustins Rezeption von Rm 8, 24f. (vertiefende Deutung atl. Hoffnungsaussagen mittels paulinischer Auferstehungschristologie) vg\. M. FIEDRe
W1CZ. Psalmus vox torius Christi. Studien zu Augustins .. Enarrationes in Psalmes". Freiburg 1997, 389f., siehe dort (387) auch zur Verwendung der Oppositio "in spe - in re" bei der Psalmenausleguns: ,.zunächst kann Augustinus die von den Psalmen bezeugte Drangsal in re, die Freude hingegen nur ill spe fur die gegenwärtige Erfahrung realisiert sehen. Häufiger wird jedoch die Kategorie in re auf das - in Christi Erhöhung bereits verwirklichte - Eschaton bezogen, dessen Realität sich vorerst nur in spe vennittelt."
367 Vgl. MAYER. Caro, Sp. 749. In s. 241, 7 (PL 38, 1 137) als Konzession an Porphyrius, jedoch nicht ohne zu betonen, quomodo deo docelltejides ( ... ) [auda' corpus.
192 Vier Themenpredigten
rilale behandelt1611; quae sit autem futura in resurrectione gloria carn is huius, quis explicet verbis? nemo adhuc noslrum habendo expertus eSl. nune carnem onerosam portamus; quia indigam, quia infirmam, quia mortalern, quia corruptibilem. corpus enim quod conumpitur, aggravat animam [Sap 9, 15] . sed noli hoc in resurree/ione me/uere. oportet ut corruptibile hoc induat incorruptionem, ct mortale hoc induat imrnortahtatem [I Cor 15, 33]. quod nUlle es! anus, erit hanor. quod nune sarcina, tune levamen. non eil im habebit pondus, u/ corpus habere /e sen lias (s. 277, 4 (PL 38, 1259))36'. Der Prediger läßt auch dort nach einer affirmativen Aussage über die caro ein Asyndeton enumerativum folgen, um den Hörern in eindringlicher Form Merkmale der beh,upteten Qualität (or."osam, vgl. in s. 240 das prädikative incornJptibilis) aufzuzeigen. Er führt aber zum stärkeren Beleg und zur weiteren Belehrung noch die genannten Schriftstellen an, so daß die nachstehenden Oppositiones (quod nune est onus er;1 honor, quod nunc sarc;na Iunc levamen) eine exegetische Funktion bekommen. Auch in s. 240 nutzt Augustin ein antithetisches Wortspiel, um den Unterschied von gegenwärtiger und zukünftiger caro in eine bündige Fonnel zu bringen (quae nunc libi faeil lormentum (trS) postea tibi erit ornamenlum (tr'S): einprägsam durch rhythmische Parallelität der Kola (mit gezielt leichter Variation: tr'S klingt wie die 'Auflösung' der im voraufgehenden trS aufgebauten Spannung), Assonanz und Endreim), überbietet mit dem dabei verwendeten Bild das bisher Gesagte aber bewußt (das OIlUS (bzw. pOlldus) carnis ist als lormentum leichter im Kontext einer Märtyrerpredigt nach-
J6I Er geht dort auch der Frage nach, ob Gon für leibliche Augen sichtbar sei, vgl. KUN. ZELMANN, Festlegung, 77, der den Sermo daher auf den 22. Jan. 413 00. 414 datiert, Jah
re, in denen der Bischof zum gleichen Thema ep. 147 (Oe videndo deo fiber) an Paulina und ep. 148 an Fortunatianus verfaßt haI.
169 Vgl. mit Bezug auf Sap 9, 15 unter den Sermones bcs. s. 1 3 1 , 7 (PL 38, 732), s. 212, 1 (SC 1 1 6 ( 1966), 182), s. 221 , 3 (SC 1 16 ( 1966), 2 16), s. 299, 9 (PU8, 1374), s. 35 I , 3 (PL 39, 1538). Gegen ein 'platonisierendes' Mißverständnis der Stelle, das allein den Leib für alle Übel der Seele verantwortlich machen will, wendet sich Auguslin ausdrtlcklich in civ. 14, 3 (CCL 48, 417) tarnen aliter se hobel fides nostra. nam corruplio corporis. quae aggraval animam, non peccati primi es! causa. sed paella; nec caro cor
ruptibi!is allimam peccatricem, sed anima peccatrix [ecil esse corruptibilem carnem.
Vgl. O'OoNNELL, Confessions 11, 455C. (zu conf. 7, 23). Die mira levitas der leiblichen Existenz nach der Auferstehung behauptet Augustin im Gegensatz zur physikalischen Lehre de momentis ponderom et ordine efementorom (vgl. s. 242, 5- 1 1 (PL 38, 1 1 40-1 143), civ. 1 1 , 34; 13, 17. 18; 22, 4. 1 1 (CCL 48, 354. 398. 400( 809( 829-83 1 ), die selbstverständliches Gemeingut der meisten philosophischen Schulen seiner Zeit war, vgl. S. POQUE, Le langage symbolique dans la predicalion d'Augustin d'Hippone. Images herolque. Tome I . Paris 1984, 3 1 l f. mit Anm. 127 (Tome 11, 178).
Senno 240 193
vollziehbar)J70 und sichert sich so gesteigerte Aufmerksamkeit des Publikums vor der Schlußfolgerung des Abschnitts (Z. 56f. ergo si bonum esl habere corpus incorruplibile, quore hoc facturum deum volumus desperare). VgL Z. 103f. pos/ea vero recipiel corpus non ad tormen/um sed ad ornamentum.
Z. 58f. philosoph; saeculi huius, qui magni fuerunt et doct; et ceteris meliores, animam humanam immortalem esse senserunt: Vgl. Z. 85f. hoc dixerun' valde mag"; philosophi. ;sIO plus invenire nihil pOluenmt philosophi mund; huius ( . . . ). Aus der Sicht christlichen Lebens kann saeculum ebenso wie mundus "die gottentfremdete Welt"m bezeichnen (so schon Gal 1. 4 ut eximeret nos de praesenli saeculo maligno [V g nequam] Aug. c .
.HO Der Gleichklang von onus - honos ist schon in klassischer Zeit sprichwörtlich bekannte Etymologie (vgl. Varro \ing. 5, 73 honos ab onere: itaque honestum dicitur quod oneralum. et dictum: anus eSI honos qui sust;net rem publicam [com. pali. inc. 63]. Ov. episl. 9, 29-31 quam male inaequales lIeniullt ad arata iuvenci, 1 tom premitur magno coniuge nupta minor. I non honor es' sed anus species laesura [erent;s). Zu tormelltum - ornamentum vgl. vor Auguslin: Tert. cult. fern. 1 , 5, I (CCl I, 347) aurum et argentum. principes materiae cullus saecularis. ea sint necesse est. unde sllnl, terra sci/icet, plane gloriosior, quoniam in maledictarum metallorumferalibus officinis poenali opere deplorala nome" lerrae in igni reliquit alque ex;lIde de tOrlllent;s i" Qrnamenta. de supplieiis i/l delieias, de ;gnominiis in honores melalli re/uga mlltalur ( ... nachdem die Erde in den todbringenden Werkstätten der verfluchten Minen, getränkt von den Tränen der Zwangsarbeit, ihren Namen im Feuer zurückgelassen und sich seither auf ihrer Flucht aus der Mine vom Folterwerkzeug zum Schmuckstück, von der Qual zum Vergnügen, von der Schande zur Ehre gewandelt hat) und Ambr. virg. I , 6, 30 (cd. Cananiga) vas ..,ero. bealae ."irgines. quae talia lormenta pOlius quam Qrnamentp nese;/is (die ihr solcherlei Dinge (sc. ParfUm, Ohrringe u. Augenschminkel, welche vielmehr Qual als Schmuck sind, nicht kennt), quibus pudor sanctus verecullda suffusus ara et bona eastitas est deeori, non human;s addietae oculis aliello errore merita vestra pensalis. Augustin verwendet das Wortspiel nur noch in folgenden Sermones: be7..ogen auf die Qualen beim Martyrium in s. 328 (RB 51 ( 1939), 18) corpora ipsa sua habebunt magna ornamenta in qllibus passi sunt magna tormenta und s. 280, 5 (Pl 38, 1283) (am Fest der hll. Perpetua und Felicitas) in qua [sc. in resurgentium multiludinefidelium] gloriosiss;mi martyres praecipua sui hOlloris luee fu/gebIlITt. ipsaque COrpora i/l qllihllS indiglla lormenta perpessi sunt. eis digna in ornamellta vertenlur, und, um das Contrarium von Gesetz und Gnade zu betonen, in s. 33, I (CCl 41, 413) sub lege eSI ellim (der alte Mensch, der in Furcht lebt und, obgleich er den zehnsaitigen Psalter (d.h. den Dekalog) besitz!, dem Herrn kein neue:; Lied spielen kann) et implere non potest fegem. orgamlm ipsum portal. non Iraetal, et oneralllr Psalterio. n01l oma/llr [MOHRMANN, Wortspiel, 34:1 verweist z. St. auf Cie. Phil. 2, 25 qui me non solum meis lalldibus omaret, sed etia" onerarel aUenis) ql/; aulern sub gratia est, non sub lege. ;pse imple/ legem. qllia non estei pondus sed decus, nee tirnem; lormentum est sed amant; ornamelltum. 171 V[1. KOFFMANE, Geschichte, 46.
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Faust. 2 1 ,9 (CSEL 25,1 , 580), Rm 12, 2 no!ile cOliformari huic mundo [Vg saeculo] mor. 1 , 39 (CSEL 90, 44)) oder auch .. die Heiden" bzw . .. das Heidentum" (vgl. Rufin. Orig. in cant. 2 p.120 (Corp. Berol. 33) omnia elenim verba, quae mihi dicebantur ( . . . ), a doctoribus scilicet saeculi et philosophis, 1I0n erant vera, Tert. animo 46, 1 0 (CCL 2, 852) Iota saeculi litteratura). Die von Augustin hier gleichwohl ausgedrückte Hochschätzung der Platoniker ist ihm schon in Ciceros Hortensius begegnet: trin. 14, 26 (CCL 50A, 457f.) = Cic. Hort. Fr. 1 1 5 (Grilli) quae nobis, inquil [sc. Cicero in fine dialog; Hortensir1. dies noctesque considerantibus acuentibusque intellegentiam quae est menÜs acies caventibusque ne quando iIIa hebescat, id est in phitosophia viventihus, magna spe.s e�t. aut �i hor. quod sentimus cl sapimus morta\e ct caducum eSl, iucundum nobis perfunctis muneribus humanis occasum neque molestam extinctionem cl quasi quietem vitae fore; aut si u1 antiguis philosophis hisque maximis longegue clarissimis placuit aetemos animos ac divinos habemus sic existimandum est, quo magis hi fuerint semper in suo cursu, id est in ratione et investigandi cupiditale, el quo minus se admiscuerint atque implicaverint hominum vitiis et crroribus, hoc his faciliorcm ascensum ct reditum in caelum fore. deinde addens hanc ipsam clausulam repetendoque sermonemfiniens: quapropter, inqu;t, ut aliquando terminetur oratio, si aut exstingui tranqui1le volumus CliOl in his artibus vixerimus, aut si ex hac in aliam haud paulo meliorem domurn si ne mora demigrare, in his studiis nobis omnis opera cl cura ponenda est.
Z. 62f. ( . . . ) in comparatione peiorum, quia [uerunt philosophi, qui dielrent homini, cum mortuus [uerit, nullam vitam postea remanere: Gemeint ist besonders der Materialismus Epikurs und der Stoa. Vgl. z.B. ITllg. 4 1 (CCL 29, 199) ( . . . ) velul si quisqllam Epicureis credens el morealem a"imam putans eas rationes. quae de immortalitate eius a pr/ldmtioribllS IraCla/ae Slllil. eloqualur ( . . . ), s. 150, 6 (PL 38, 8 1 1 ) nam Epicire; et de corpore et de anima hoc idem sent;unt, quod utrumque mortale esl, Ac.ad. 3. 38 (CCL 29, 58) quam ob rem cum Zeno sua quadam de mund� el maxime de anima, propier quam vera philosophia372 v;gilat. sententia ddeclarelur dicens eam esse mortalem nec quicquam esse praeler hUllc
lT.' Zum Anspruch der Fonnel vera philosophia, in der Auguslin im Anschluß an lustin und die. Alexandriner die philosophische Liebe zur Weisheit mit der christlichen Liebe zu Gottl identifiziem kann. vgl. ausflihrIich L. HONNEFELDER, Christliche Theologie als .. wUlhre Philosophie", in: C. COLPE I L. HONNEFELDER I M. LlITZ·BACHMANN (Hgg.), Spältantike und Christentum. Beiträge zur Religions- und Geistesgeschichte der gr.-röm. J{untllr und Zivilisation der Kaiserzeit. Berlin 1 992, bes. 69-73.
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sensibilem mundum nihilque in eo agi nis; corpore ( . . . ). Freilich ist die Glut der Epikureer und Stoiker zur Zeit Augustins schon erloschen, "gI ep. 1 1 8, 1 2 (CSEl 34, 2, 676) [aus dem Jahr 410/ 1 1 an Dioscorus] ( ... ) iall ne ipsorum quidem multa recentiorum mul/umque loquacium Stoicorum aut Epicureorum cineres ca/eant.373
Z. 64ff. el in qUD erant illi meliores quamvis in multis a veritate devian· tes, ta"ten in qUD erant ist; superiores, veri/at; [uerant propinquafttes: Die Verbindung von quamvis c. part. kennt bereits die nachaugusteische Prosa (vgl. Kühner-Stegmann 11 445), doch in der übertragenen Bed. ,abweichen, abirren" findet sich deviare nicht vor dem 4. Jh. (vgl. ThLl V, I Sp. 864 S.V. 11. 1 . , c. praep. zuerst Aug. lib. arb. 1 , 2 (CSEl 74, 4), abs. Auson. 195, 37 (Souchay � XI, 5, 37 Green)). Auch propinquare wird statt appropinquare erst im Spätlatein häufig gebraucht (vorher meist nur dichterisch, in der Prosa c. dat. öfters bei Tac. (hist. 3, 82, 2; 4, 30, I )), vgl. Krebs-Schmalz I 405 s.v. Geht wie hier der Periphrase durch esse c. part. praes. noch ein Adj . voraus (meUores bzw. superiores), ist sie schon klassisch leichter möglich.374 Die christlichen Autoren lassen sich bei der Konstruktion vom biblischen Sprachgebrauch beeinflussen (vgl. die Belege bei Blaise, Handbook § 225, wie z.B. Vg lc 1 , 21 el eral plebs expeclalJs Zachariam. n Cor 2, 17 non enim sumus SiClit plurimi adlilterantes verbum dei).
Z. 7 1 f. et hic contriverunt ingenia sua: deutet mit abschätzigem Zungenschlag die Fruchtlosigkeit selbst des platonischen Philosophierens an. In civ. 8, 10 (CCl 47, 227) werden nur die anderen philosophischen Richtungen mit solcher Polemik bedacht: haec itaque causa esl cur istos [sc. Plalonicos] ceteris praeferarnus, quia, curn alii philosoph; ingenia sua srudi.aque contriverint in requirendis rerum causis ( . . . ), isti deo cognito reppererunt ubi esset et causa conslilulae u1ljversilalis el lux percipiendae yeTi/atis elJons bibendaeJelicilalis. Vgl. auch mus. 6, I (pl 32, 1 1 63) (bezogm auf die heidnische Bildung insgesamt) his enim haec scripla sun/, qui hlleris saecularibus dediti. magnis implicantur erroribus, et bona ingellia in nugis
.m Eine Zusammenstellung augustinischer Rezeption philosophischer Psychologie betet A. WARKOTSCU, Antike Philosophie im Urteil der Kirchenväter. Christlicher Glalbe lim Widerst.eil dei' Philosophien. München 1973, 468-476.
m Vgl. die Stellen bei KOhner-Stegmann I 159, wie z.8. Caes. Oall. 3, 19, 6 nan ul lad bella suseipienda Gal/orum alaeer ae promptus est animus, sie mollis ae mllfine Ire· sistells ad ealamitafes ferendas mens eorum eSf, Cie. Cato 26 sed videtis ul senteus mon modo languida atque iners non silo verum etiam sil operosa cl semper agens c.limidl et mQ/iens ( ... ).
196 Vier Themenpredigten
conlerunl, nescientes quid ibi deleclel, ep. 1 1 8, 32 (CSEL 34, 2, 695) (über das fehlgeleitete Interesse der Gebildeten an den Phantastereien der Atomisten) cum igitur tonlQ sit caecitas mentium per ingluviem peccatorum amoremque carnis, ul eliam ista sen/en/farum por/enla otia doctorum conlerere dispulando pOluerinl, dubilabis lu, Dioscore, ( ... ), ep. 130, 10 (CSEL 44, 50f.) ill qua quaestione [sc. quid sil ipsa beala vila] mulla phi/osophorum ingenia otiaque contrita sunl, qui lamen earn lanto minus invenire potuenm/, quanta minus eius fonlern honoraverunl eique gratias egerunl.
z. 79 ( ... ) el venire ilerum ad ista palienda: Vgl. Z. 47f. non enim sine causa homines 1traln isto pa/fun/ur, Z. 8}f. ad ista mola [aeere ruinam, s. 241 , 4 (PL 38, 1 1 35) sed, inquiunl, posl IOllga lempora/acla penilus ob/ivione veterum miseriarum incipiunt velle reverti in corpora. el deleclabit eas venire. et rursus veniunt ad ista patienda, ad ista toleranda. ad obliviscendum deum, ad blasphemandum deum, ad sequendas corporis voluptafes, ad pugnas contra libidines. veniunt ad isfas miserias, unde, et quo?
Z. 95f. caelum tonat, ranae taceant: 'Die Frösche schweigen heißen' war ein auch literarisch gern verwendetes Motiv.J7S Die sprichwörtlich anmutende Metaphorik dieses konsekutiven Asyndetons schließt hier aber etwas unvermittelt an, selbst wenn zuvor unter Verwendung von I Cor I , 20-24 der törichten Weltweisheit Christus als sapiellaa dei entgegengestellt wurde. Es scheint, daß Augustin den Zusammenhang vor Augen hat, den er im sermo de decem plagis Aegyptionun et decem praeceptis legis zwischen dem zweiten Gebot und der zweiten Plage herstellt. Indem er dort nämlich das non accipies nomen domini dei tui ;n valium (Ex 20, 7) als Warnung vor lärmendem Lügengeschwätz über Christus verstehtJ76, kann er zugleich
m Vgl. z.B. Suct. Aug. 94, 7 (Der kleine Augustus spricht auf dem Landgut seines Großvaters ein Machtwort) cum primum fari coepissel, ill avilo suburbano obslrepenlis forre ranas silere ;ussil, atque ex eo negantur ibi ranae coaxare. Siehe M. WEBER, Frosch: RAe VIII, Sp. 533 u. 536[ mit weiteren Belegen auch aus hagiographischer Literatur.
}76 Vgl. s. 8, 5 (CCL 4 1 , 83) /lomen domini dei nostri fesu Christi veritas est: ipse en;", dixit: ego sum veritas [10 14, 6}. veritas ergo mundat, vanitas inquinar. et quoniam qui loquilur veritalem de deo loquitur - qui eI/im loquilur mendacium de SliO loquitur [10 8, 44} - veritalem loqui est rationabililer loqui; va"ilalem aulem loqlli esl strepere potius quam foqui. merilo, quia secundum praeceptum esl dilectio veritatis, cui co1llraria est dilectio vanitatis. loqllitur autem veritas, perstrepit vanitas. V gl. en. Ps. 77, 27 (CCL 39, 1087) rana, est loquacissima vanitas. Augustin verweist ebd. ( 1 088) auf s. 8 (de quibus e contrario inter se comparandis, id est plagis el praeceptis, quoniam alibi diximus, upositionem Psalmi huius in his onerare non opus est), so daß fUr diesen das Jahr 415 als terminus ante quem gelten kann, in dem auch en. Ps. 67 und 71 entstanden sind [vgl. die
Senno 240 197
die Strafe einer allegorischl71 zu verstehenden ranarum abundantia damit verbirtden (5. 8, 5 (CCL 41 , 83) praeceplo secundo conlrariam videle secundalll plagam. quae es! ilIa secunda plaga? ranarum abundantia. hohes congnuenler significatam vanitatem, si attendas ranarum loquacitatem. )118
und die Frösche als diejenigen identifizieren, die der Wahrheit von Christi Tod, Blutvergießen und seines von Wundmalen gezeichneten Auferstehungsleibes widersprechen: qui autem illa omnia in Christo falsa esse et simula/a dicunt, ranae sunt clomontes in palude limosa (ebd .• 84),379 Bei caelum tonat denkt der Prediger etwa an Ps 45. So wie die Heidenvölker in Unruhe sind und ihre Reiche sich neigen müssen angesichts der göttlichen Donnerstimme, so werden auch die den Götzen Verfallenen, deren Quaken um so lärmender war, je tiefer sie in ihrem Sündenpfuhl saßen, von ihr, und d.h. von den Lehren und Wundem der apostolischen Verkündigung getroffen: dedit vocem suam altissimus, et mota est terra [Ps 45, 7]. arreptitii idolorum tamquam ranae de paludibus personabant, tanto tumultuosius, quanta sordidius de luto et caeno. et quid strepilus ranarum ad tonilrua nubium? inde enim dedit vocem suam altissiumus, et mota est terra: {onuit de nubibus suis. quae sunl llubes eius? apostoli eius, praedicatores eius, de
auf 4 15 zu datierende ep. 1 69, I (eSEL 44, 612)], so KUNZELMANN, Festlegung, 27 mit Anm. I .
m Zur allegorischen Verbindung des Dekalogs mit den zehn Plagen vgl. s. 8, 2 (ebd., 8 1 ) arbilror ergo omnes qui decem legis praecepla contemnunt et non observant spiritaliter pati ea quae Aegyptii corporaliter passi sunt.
171 Vgl. s. 8, 18 (ebd., 98) secundum praeceptum: ne accipias nomen domini dei tui in va· num [Ex 20, 7],pertinet, quantum arbitror, ad verbum dei, quod eSljilius dei: unus enim deus, et unus dominus noster lesus Christus, per quem omnia (I Cor 8, 6). contra verbum ranae. vide contra verbllm ranas, contra ralionem strepitum, contra veri/atem vanitalern. Siehe auch die folgende Fußn. 319 Als Bild der Sündhaftigkeit fassen die Kirchenväter den Frosch vielfach im Anschluß an Apc 16, \ 3 auf, wo die unreinen Geister, die aus dcm Munde Satans hervorgehen, mit Fröschen verglichen werden: Kai dbo\l b:: l"oi) <Tr6�al"OC; 'ToU bQ6.KOvtor; KUl tK 'Toi) (Jl"6�a'TOC; 'Toi) ßllQlOU Kat tK 'ToU 0'T6�a'TOC; l"OU Wtubo:n:QO(P";l"oU J(Vt�al"a 'TQla cllca.OClQl"a 6>1; jlO:l"QUlot. In der Tradition Philos bietet schon Origenes eine allegorische Deutung der 2. ägyptischen Plage, insofern er im Quaken der Frösche die aufgeblasen modulierten Trugmärchen der heidnischen Dichter angezeigt sieh!: (Rufin. Orig. in ex. 4, 6 p. 178 (Corp. Berol. 29» per secundam vero pfagam, in qua ranae producunlur, indicari jiguraliler arbitror carmina poetarum, qui inan; quadam et injlata modulatione velld ranamm sonis et cantibus mundo huic deceptionisfabulas intulerunt. ad nihil enim aliud animal illud utile est, nisi quod sonum voc.is improbis et importunis c/amoribus
reddit. Vgl. WEBER, Frosch, Sp. 531 u. 535f.
198 Vier Themenpredigten
quibus intonabat praeceptis, coruscabat miraculis (en. Ps. 45, 10 (CCL 38, 524)) .'80
Z. 97f. sed qui crediderit in mediatorem, qu; constitutus est medius inter deu", et homines ( ... ): Vg1. 1 Tim 2, 5 unus enim deus, unus et medialor dei et hominum, homo Christus Iesus. Im christlichen Latein ist mediator (im profanen Gebrauch seit Apul. met. 9, 36, vgl. ThLL vm 526 s.v. A I a) Lehnübersetzung des ntl. �toi�'1C;"', die aber erst mit Hilarius und dann besonders bei Augustin stärker in Gebrauch kommt und stets auf Christus als "Mittler zwischen Gott und den Menschen" bezogen wird382, wobei hier in s. 240 die Vor5t\!llung vom <medius homo iuslus' zum Tragen kommt: "Par S3 nature humaine le mediateur s 'insere dans notre condition, mais i1 la surpasse par S3 justice, qui est une qualite divine; voilä. pourquoi il occupe la place mediane ... 383
Im antipaganen Kontext richtet sich Augustins betonte Verwendung von mediator besonders gegen Philosophen, die Christus nicht als menschgewordenen Mittler anerkennen wollen (trin. 13 , 24 (CCL 50A, 4 16) iIIi autem praecipui gelltium philosoph i qui invisibilia dei per ea quae facta sunt intellecta conspicere potuerunt [Rm I , 20], tamen quia sine mediatore, id est sine homine Christo philosophati sunt, quem nec venturum prophetis nec venisse apostoUs crediderunt, veritatem detinuerunt sieut de illis dictum est in iniquitate [Rrn I , 1 8].). Die Forschung identifiziert diese meist
1I1l Vgl. en. Ps. 95, 1 1 (CCl 39, 1350) gegen die Donatisten und Circumcellionen: intonallf nubes eaelorom per fofum orbem terrarum aediJieari domum dei; el c1amanl ranae de palude: nos soli sumus Christiani. Die all. Vorstellung vom Donner als der Slirrune Gottes wurde von den Kirchenvätern auch auf das biblische Offenbarungswort übertragen; außerdem konnten Blitz und Donner die Verkündigung der Apostel und Evangelisten symbolisieren; so etwa auch Hieron. tract. in psalm. 76, 19 (CCl 78, 6 1 f.) inluxerunt coruscationcs tuae orbi terrae: apostolica praedicafio, Fulg. Rusp. c. Fab. fr. 3, 4 (CCl 91A, 768) [ebenfalls zu Ps 76, 19 vox tonitrui tui in rota] firmavit ergo deus tonitrum
firmans evangelicam praedieationem: creavil spiritum fadens spiritales evangelii praedicatores; ef annuntiavit in hominibus Christum suum. per dispensalionem seilicet testamenti novi. Siehe W. SPEVER, Gewitter. j. Bildersprache: RAC X, Sp. 1 1 69. J.I In der lXX nur lob 9, 33, wo sich lob einen "Schiedsmann" zwischen seinem und Gottes Rechtsanspruch wünscht: t'lßt �v 6 J.1tol1"l1� nJ.1cJJv Kat H.t:-yxrov Kai OlUKOUwV tim J.1toov a�.upo"(tQ<.Ov (die Velus latina übersetzt mit arbiler, vgl. Aug. adn. lob 9 (CSEl 28, 2, 530», im NT (ausschließlich im Corpus Paulinum und Hbr) ist die Bedeutung überwiegend auf den 'judengriechischen Gebrauch' zurückzuführen: "Velillinler, Unterhändler" vgl. A. OEPKE, �ta(l"�, �to."ttUw: ThWNT IV, 6 14 u. 622-624. Jl2 Siehe MOHRMANN, Sondersprache, 126f.
lU G. REMv, le Christ mediateur dans I'ceuvre de Saint Augustin. Torne I. Paris 1979, 442 z. St.
Senno 240 199
als Porphyrianer.J84 Siehe auch civ. 9, 15. 17 ; 10, 24 (CCl 47, 262f. 265f. 297).
Z. 1 0 1 : nobiscum iaceret: lacere IIdamiederliegen" dient als Metapher tur den heillosen Zustand nach dem ' Sündenfall'. V gl. Gn. adv. Man. 2, 25 (Pl 34, 209) [über Adam] iam lapsus et iacens in peccato suo, exp. prop. Rm. 1 3- 18 (CSEl 84, 7) in isto gradu [sc. sub lege (vgl. Rm 3, 20; 5, 20)] ostenditur nobis, quomodo iaceamus, et dum surgere volumus et cadimus, gravius ajJIigimur, civ. 10, 24 (CCl 47, 298) in illius [sc. Christi] autern incarnalione na/ura humana erat, sed iusta. non peccatrix eral. haec es! mediatiol8S, qua manus [apsis iacentibusque porrecta est.
Z. 103: exiet quidem de corpore et erit in requie: Obgleich requiescere bereits seit Ennius vom "Ausruhen im Grab" gesagt werden kann386, gewinnt requies "Erholung, Erheiterung" erst bei christlichen Autoren die Bedeutung ,,(ewige) Ruhe der Toten" (vgl. Krebs-Schmalz 11 506, Blaise, Dictionnaire 7 1 6 s. v. 3).
Augustin nimmt an, daß die Seelen nach dem Tode bis zur Auferstehung des Leibes zunächst in einen Lohn oder Strafe bedeutenden Zwischenzustand versetzt werden .387 Dessen Beschaffenheit beschreibt er oft mittels der Bildlichkeit der Lazarusparabel aus Lc 16, 19-3 1 : Während die Hochmütigen und Unbarmherzigen das Grab des Hades (sepultura inferni) verschlingt, werden die Annen in den sinus Abrahae aufgenommen, der als
lU Vgl. M. ALfECHE, Augustine's discussions with philosophers on thc resurrection of the body: Aug(L) 45 ( 1995), 98f., O'DoNNEU .. , Confessions 11, 461 (zu eonf. 7, 24), G. MADEC, Philosophie. 11. Patristik u. Minelalter. D. Augustinus: HWPh VII, Sp. 632f., O'MEARA, Porphyry's Philosophy, 160 (mit Anm. I)ff., M. PONTET, 1: exegese de S. Augustin predicateur (Theologie 7). Paris 1944, 532f.
'" D as nomen actionis Il€OLn:(u wird als I.t. rur die "Mittlerschaft Christi" schon von den apokryphen Andreasakten (2. Hälfte 2. Jh.) gebraucht. vg1. OEPKE, jJ.EOl"Tll<;, 628 mit Hinweis auf Acl. Andr. 2 (LIPSIUS I SONNET 1111, 38). laI. mediatio bietet erst Augustin, doch nur an wenigen Stellen und auch nicht ausschließlich im christologischen Sinne (so ausdrücklich nur noch civ. 9, 15 (CCl 47, 262» .
1116 Vgl. in Cic. Tusc. I , 107 die Kritik an Enn. trag. 3 1 1-3 12 neque sepulchrum, quo recipial, habear, porfum corporis I ubi remissa humana vila corpus requiescaJ maUs.
'" V 1 g . ench. 109 (CCL 46, 108) tempus autem quod inter hominis mortem et u/timam resurrectionem imerpositum est, animas abditis receptaculis continet, sicut unaquaeque
digna eSl vel requie vei aerumna pro eo quod sortita est in carne dUn! viveret. Die Seligkeit dieser unkörperlichen requies der Gerechten findet erst im 'Engelhimmel' ihre Vollendung: ita mullum interest inler lormenta vel gaudia morluorum el resurgentium
( ... ), quod alia esl animarum sine ullis corporibus requies, alia cum corporibus cae/esti· bus claritas el [elicitas ange/orum, quibus aequabitur resurgen/ium multitudo fldelium (5. 280, 5 (PL 38, 1 283)).
200 Vier Themenpredigten
secretum potris zu verstehen ist, uhi etiam ante resurrectionem iustorum animae vivunI cum deo (vgl. qu. ev. 2, 38, 1 u. 5 (CCL 44B, 89.92)). Da die Seelen das Endgericht aber noch zu erwarten haben, kann er ihren Zustand auch mit einer Untersuchungshaft vergleichen, die je nach Strafsache unterschiedlich ausfallt: (10. ev. tr. 49, 9 (CCL 36, 424f.)) el inleresl quali custodia quisque recipiatur, ad iudicem postea producendus388. nam el receptiones in cuslodia pro meritis causa rum adhibentur; alios iuben/ur cus/odire fic/ares. humanum el mite officium atque civile; alii traduntur optionibusJ89; alii mittunlur in carcerem; el in ipso carcere non omnes, sed pro merilis gravforum causarum in fma carceris contruduntur. siellt ergo diversae custodiae age.'1tium in off/eia, sie diversae cuslodiac morworum, et diversa merita resurgentium.J90
Z. 108: crastino ( ... ) exponere poterimus: Statt eras wird nachklassisch auch crastino adverbial gebraucht (ThLL IV Sp. 1 107 s.v.) und im Sinne von explanare, inlerprelari läßt sich exponere sagen (seit Tert., als t.t. der Schriftauslegung auch gleich €STlYEtOßat (s.o. Z. 1 8 expositiolle mea), vgl. ebd. V, 2 Sp. 1 764 s.v. J] B 2).
e) Zum modus proferendi
Das Prooemium
per IIos dies, sicut reeolit caritas vestra (0), solenmiter leglmlllr (trT) evangelicae lec/iones (T) ad resurrectionem (crT) domini pertinentes (T).
Augustins erster Satz verweist die Hörer in höflicher Anrede zunächst auf den zeitlichen Rahmen der österlichen Festzeit, welche rur die Auswahl der liturgischen Lesungen bestimmend ist und, so darf man erwarten, mit der
lU Zum Gerundiv im futurischen Sinne (= qui ad iudicem postea producetur) vgl. Blaise, Handbook § 349.
ll9 "den Geflingnisaufsehem" vgl. ThLL lX Sp. 823 S.v. optio 2 1 1 A I ad loc. Der optio (ein Unteroffiziersrang ZW. tesserarius u. signifer) konnte zu Sonderaufgaben abkommandiert werden, in der Kaiserzeit auch zur Gerangnisleitung, vgl. F. LAMMERT, Optio: RE XVIII , 1 Sp. 808. Siehe auch s. 256, I (PL 38, 1 19 1 ). Daß ein milit. Dienstgrad gemeint ist, zeigt Perp. 9, I deinde post dies pauCQS Pudens, mi/es optio, praeposilus carceris. 1I0S magniJicare coepit ( ... ).
190 Vgl. EGER, Eschatologie, 32-37, dort auch zu Stellen, an denen bei Augustin die populäre Vorstel lung von einem unmittelbaren Einzug der Seelen ins Paradies zum Ausdruck kommt (so bes. von den Märtyrern, die jetzt schon mit Christus herrschen, vgl. civ. 20, 9 (CCL 48, 7 1 7» .
Senno 240 201
resurrectio domini als ihrem zentralen Inhalt auch der folgenden Predigt das Thema vorgibt. Eine Erklärung rur den vielfachen Bezug der Schrift auf dieses Geschehen schließt unmittelbar an (Z. 2ff.):
omnes enim evangelistae qua/tuor (Ce) neque de passione (T) neque de resurrectione eius (erO) lacere potuerunt (02).
Der Prediger beginnt im genus submissum, doch ist die Sprachgestaltung durch Rhythmisierung und maßvollen Figureneinsatz (metonymische Anrede, Traiectio zur Betonung von ad resurreclionem domini, Litotes, um die notwendige Verkündigungsidentität der Evangelisten hervorzuheben) durchaus geeignet, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Der schlichte Ton wird den Hörern, die von ihrem Bischof gerade in sermones de tempore auch einen stärker affektbezogenen Predigtauftakt im genus grande kennenJ91, zugleich einen ersten Eindruck von dem vermitteln, quid exspeclare debeant (doetr. ehr. 4, 6), nämlich eine vorwiegend sachliche Themenbehandlung.
Augustin kommt es bei der Praeparatio des Publikums offenbar zunächst besonders darauf an, keinen Zweifel an der Wahrheit der neutestamentlichen Osterbotschaft zu lassen (Z. 4f.):
nam quia mulla fecit dominus lesus (S I), non omnes omnia cOflscripsenUll (S), sed alius ista (TI), alius ilIa (TI), summa tarnen cOllcordia veritatis (crT).
Die hier durch Sperrung und schlußstarke Klauselbildung betonte summa cOllcordia veritalis der Evangelisten wird zur wichtigen Voraussetzung rur die spätere Argumentation. Denn jede weitere Erörterung der resurrectio morluorum erübrigt sich, wenn bereits die biblischen Berichte widersprüchlich und unglaubwürdig sind. Daß aber die Überlieferung der Taten des Herrn (schon nach dem Zeugnis der Schrift selbst) unvollständig sein muß, erklärt der Prediger geschickt durch eine einprägsame Analogie:
391 Vgl. etwa unter den überlieferten Predigten der Osteroktav s. 238, 1 (PL 38, 1 1 25) sie saera perennisque evangelica leetio (HI) nobis demonstrat verum Christum (S) et veram eeclesiam (e",), ne in aliquo eorum erremus (trIS), out sancto spansa (S) aliam pro alia supponamus (S), out saneloe sponsae (5) non suum virum (H) sed olium imparlemus (trlS). ergo ne in aliquo eorum erremus (trIS), tanquam matrimoniales eorum evangelii ,abulas oudiamus (T) {zum Evangelium als 'Ehevertrag' (matrimoniales tabulae) zwischen Christus und seiner Kirche siehe noch s. 183, 1 1 (PL 38, 991), s. 268, 4 (PL 38, 1233)] oder s, 252, 1 (PL 38, 1 17 1 ) multis el variis modis (Cm1) [vgl. Hbr I , I } el altiludillem diviniiatis suae (C) el misericordiam humaniroris (crTJ. in serlpturis sanclis (S) dominus nasler (51) lesus Christus astendit (0), quemadmodum soleI (H), in mysteriis et sacramentis (crO) [in instrumentale mit folg. Amplificatio ;;: "mittels geheimnisvollen und symbolischen Tuns" wie der Aufforderung zum Fischen 3m See von Tiberias <la 2 1 , 6), vgl. ebd.); ut petentes aceipiant (crS) et quaerentes inveniant (mS3) et pulsanribus aperiatur (m2-rl).
202 Vier Themenpredigten
tantaJaeta sunt (H), quanta tunefieri debuerunt (crT), tanta seripta sunt (H), quanta nune legi debuerunt (crT).
Bei der reimbildenden Isokolie fällt in den Komparativsätzen besonders die bewußt angestrebte gleichförmige Klauselbildung auf, wobei inhaltlich das bei Augustin beliebte Deuteschema tune - nunc392 eine sotenologische Funktion erhält, stellt es doch die Verbindung her zwischen vergangenem Christusgeschehen und seiner gegenwärtigen Verkündigung. Die pointierte Form der Kola läßt die Hörer autborchen, so daß Augustin mit ihrer gesteigerten Aufmerksamkeit bei der anschließenden Praeteritio rechnen kann (Z. 8-1 1 ) :
ut afltem ostendan/ur evangelistce omncs (erD) J quattuor (CnJ391, in eo quod simul omnes dicun/ (S) el non praetermittunt (S). id est ve/ de passione (T) ve/ de resurrectione Christi (trT),
non inter se dixisse contraria (C), .alde operosus est labor (H).
Die steigende Periode wiederholt zunächst in einer für mündliche Rede typisch unbefangenen Weisel94 die bereits eingangs erklärte Überlieferungsparallelität der Osterberichte, um dann in der Aussage über die Schwierigkeit ihrer Hannonisierung zu gipfeln. Daß deren Möglichkeit aber nicht in Abrede gestellt werden darf, führt warnend das folgende Wortspiel durch ambiguum (Z. 1 1 f. eonlrarios - eGlllrarii s.o. die Detailkommentierung) vor Augen, während die weitere Erklärung der Z. 12- 1 3 den Hinweis auf den operosus labor wieder anklingen läßt (data est opera) und auch der Widerspruchslosigkeit der Evangelisten erneut Ausdruck gibt.
Warum Augustin die Mühsal einer Schriftauslegung in dem genannten Sinne so sehr betont, ist leicht begreiflich: Sie soll in der gegenwärtigen Redesituation unangemessen erscheinen (Z. 14-15):
sed sicut dixi si hoc vobis ostendam (S) et in populo velim ista tractare (0),
m Vgl. fIEDROWIcz. Psalmus, 383. m Statt der betonten Stellung omnes evangelislae qualtuor (Z. 2f.) läßt Augustin hier beide
Attribute nachfolgen, so daß rhythmisch auf die Optima evalfgdistt u omlfes (das erste der im Verhältnis der Einordnung stehenden Adjektive erhält so einen gewissen Nachdruck) ein kretischer Kolonschluß folgt, das zweite Longum der Optima zugleich aber auch als Auftakt zu einem 'schweren' Kretikus angesehen werden kann (evangelistae omlfes qutltluor), wobei freilich der Wonakzent von omnes aus dem Klausclrhythmus fällt. Zur Möglichkeit von sog. 'überlappenden Klauseln' vgl. für Cicero HUTCHINSON, Rhythm, 494fT. und !Ur Augustin ZWIERLETN, Klauselrhythmus, 63.
394 VgJ. S. DOpp, ,Mündlichkeit' und Augustinus' "Confessiones", in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MOndlichkeit in der römischen Lilcratur. TObingen 1990 (ScriptOralia 19),278.
Senno 240
multitudo audientium (crH) prius obruitur taedio (Co,), quam reveletur (0) seientia veritatis (T).
203
Auch dieses Contrarium, welches verspricht, der Langeweile wehren zu wollen, dient dem auditores attentos !acere39S, wobei wir freilich den erklärten Verzicht auf die Behandlung des consensus evangelistarum gerade wegen seiner rhetorischen Funktion nicht so zu werten haben, als ob damit eine programmatische Aussage für die gesamte Osteroktav gemacht wäre.396 Augustin will vielmehr zeigen. daß er auf das aptum der Predigt bedacht ist, wenn er bei der Themenwahl auf das Publikum Rücksicht nimmt. Diese Absicht wird, wie bereits angedeutet, dann auch in der abschließenden Bemerkung des Prooems über den geplanten Redeductus erkennbar (Z. 21 f.). Zuvor jedoch läßt der Prediger die Praeteritio vollends berechtigt erscheinen, indem er seiner Gewißheit Ausdruck gibt, daß die Hörer keinen Aufweis der biblischen Wahrheit nötig haben (Z. 15-18):
sed seiD lidern ves/ram (trO), id es! fidem huius ta/ius multitudinis (mH) • el eorum qui hodie hic non SUlZt (SI) et tarnen fideles sunt (trO). nDV; lidern eorum sie esse cerlam (mT) de veritate evange/istarum (0), ut expositione mea non indigeant (S3).
Eine derartige Captatio benevolentiae ab auditorum persona darf nicht übertrieben wirken und muß auf das Sachinteresse des Vortragenden abgestimmt sein.397 Daher findet das hier in Iterationes stark betonte Lob der Glaubensüberzeugung der Anwesenden und sogar der Fehlenden - so sicher scheint sich der Bischof zu sein -, welches Augustin nicht nur des Nachweises der veritas evangelistantm enthebt, sondern die Hörer auch rur die spätere schriftgestützte Argumentation (Z. 85ff.) empfänglich werden läßt, eine Beschränkung durch die Feststellung, daß sie nicht gleichermaßen über eine facultas defendendi fldem (Z. 1 9f.) verfUgen. Dies werden die Adressaten aber gerne einräumen, da ihnen doch die heilsame fldes ipsa bescheinigt wird, was zur Folge hat, daß sie sich bei dem anschließend gebotenen Bild (Z. 2 1 -26), welches den Apologeten einem guten Arzt gleichsetzt, der die vulnera dubitationis vel infldelitatis heilen kann, mit den sani identifizieren dürfen, die dessen medicamentum nicht nötig haben. Augustin verwendet diese Metaphorik, die den Hörern durch die neutesta·
19S Vgl. Lausberg § 269. 196 Vgl. s. 243, 1·2 (PL 38, 1 143f.) und oben die Einfuhrung zu dem angenommenen Zu·
sammenhang der ss. 240-243. 197 Vg1. Lausberg § 277 mit Hinweis u.a. auf Quint. inst. 4, I , 1 6 iudicem conciliabimus
nobis non lanlum laudando eum. quod etfieri cum modo debet, ( . . . ) sed si laudem eius ad u,ili,atem causae nostrae coniuruerimus. ut allegamus pro honestis dignita/em ilIi suam, pro humilibus iUSlitiam, pro infelicibus misericordiam, pro loesis severitatem et
similiter cetera.
204 Vier Themenpredigten
mentliche Vorstellung vom Christus medicus bekannt ist, hier aber, bezogen auf den christlichen Lehrer, in ihrem Symbolgehalt deutlicher ausgeflilut wird398, sicherlich auch delectationis causa und vermeidet so in der Praeparatio den Eindruck spröder Unterweisung.
Die Anrede haec tola multitudo, der Hinweis auf die ferngebliebenen Gläubigen und auch die situationsbezogene Äußerung si hoc vobis ostendam et in papula \leUm ista trac/are deuten darauf hin, daß sich die Reihe der 55. 240-243 nicht an einen erlesenen Hörerkreis wendet, sondern der Bischof hier in üblicher Weise zu seiner Gemeinde spricht, selbst wenn man mit Rücksicht auf die später folgende philosophische Themenbehandlung und die rur einen sermo ad populum ungewöhnlichen Zitate aus der klassischen Literatur lieber an das großstädtische Publikum in Karthago denken möchte, wo, wenn Augustin predigte, literarisch Gebildete und hohe Beamte vor den Stufen der Apsis standen.399 Daß der Prediger bei der Mehrzahl der Adressaten jedenfalls einen geringen Bildungsstand voraussetzt, zeigt besonders deutlich seine spätere Bemerkung über die Quelle ihrer Kenntnis der Katabasis aus Vergils Aeneis (s. 241 , 5 (PL 38, I l 3Sf.)):
exhorruit quidam auctor ipsorum, cui demonstrabatur, vel qui inducebat apud ill/eros demonslranlem palrem filia SUD. 1Iosl;S enim hoc prope omlles; alque utinam pauci nosse/is. sed Raue; nos/is in libris. multi in thea/ris, quia Aeneas descendit ad in/eros e/ aSlendi/ illi paler suus animas Romanom", magnorum venturas in corpora. expavil ipse Aeneas el ait:
o pater, anne aliquas ad caelum hinc ire putandum est sublimes animas iterumque ad tarda reverti corpora?
credendumne eSI. inquit, quod ean/ ad caelum et ilerum redeant? quae lucis miseris tarn dira cupido? [Aen. 6, 71 9-721]
198 Vgl. POQUE, langage symbolique I, 177: .. Dans le Nouveau Testament, on trouve au nombre des logia de Jesus: 'Ce ne sont pas les bien portants qui ont besoin du medccin, mais les malades' [Mt 9, 1 2 , Lc 5, 31], et le Christ es! presente dans le evangiles commc un prophcte gucrisseur. Tout ceci, cependant, n'est que dans une rapport assez lointain avcc le symbolisme du medeein ( . . . ). Dans la Jiltcrature philosophique grccque ou laline, au contraire, I'assimilation du philosophe a un medecin es! un theme tres frequent, particulierement chcz les stoTciens."
399 Vgl. VAN DER MEER, Augustinus, 150. HILL, Sennons HIn, 68. Note I denkt an ein
"rather more specialized. moderately weil educated audicnce." Gegen seine Überlegung .. Could he have preaehed to such an audience in the aftemoons, after the regular sermons al Mass 10 the people at large, after the exhausting roulines of Holy Weck and Easler?" (ebd.) dürften die oben angefllhrten Gründe sprechen.
Sermo 240 205
melius filius intelligebat, quam pater exponebat. reprehendit cupiditalern animarum rursus in corpora redire volentium. duit diram cupiditatem. dixit eas miseras; nec erubuit eas.400
Die Hörer verdanken ihr Vergilwissen meist also nur dem Theaterbesuch, und d.h. hier wohl pantomimischer Darstellung4o,• weshalb Augustin rur sie
.cO!) "Einen gewissen Autor von ihnen, dem die Seelenwanderungslehre dargelegt wurde und (vel "" etl der sie in der Unterwelt vom Vater seinem Sohn darlegen ließ, hat Schauder davor ergriffen. Ihr kennt dies ja beinahe alle; und ich wünschte, nur wenige hätten davon Kenntnis. Doch ihr wißt vereinzelt durch Lektüre, vielfach aber durch Theaterbesuch, daß Aeneas in die Unterwelt hinabgestiegen ist und ihm sein Valer die Seelen berühmlcr Römer gezeigt hat, die wieder Körper erhalten sollten. Da erschrak selbst Aeneas und sagte: 'Vater, darf man denn annehmen, irgendwelche Seelen steigen von hier aus hoch zum Himmel und kehren wieder zurück zu trägen Körpern?' Darf man denn glauben, fragt er, daß sie zum Himmel aufsteigen und wieder zurückkehren? 'Was verlangt es die Armen so entsettlich nach dem Licht?' Die Einsicht des Sohnes war besser als die Erklärung des Vaters. Er tadelte das Verlangen der Seelen, die wieder in Körper zurückkehren wollen. Er nannte das Verlangen entsetzlich, nannte sie arm; doch er schämte sich ihrer nicht." Kein Teil der Aeneis hat so großes Interesse Auguslins gefunden, wie die Verse, in denen Anehises den Sohn im Lethetal über die Metempsychose unterrichtet (6, 703-751), vgl. HAGENOAIIL, Augustine, Vol. 11, 402-408, P. COURCELLE, Lccteurs paYens ct lecleurs chrttiens dc l'Eneide. Vol. I, Paris 1 984, 487-493. Augustin bezieht sich auf Aen. 6, 7 19-721 noch in civ. 14, 5 und 21, 3 (CCL48, 420.761), um rnit Hinweis auf die dira cupido die Lehre der Manichäer und Platoniker zu widerlegen, daß einzig die caro Grund fur die quatluor perturbationes und damit den lasterhaften Zustand der Seele sei (zu dira cupidilas (in Verbindung mit Acn. 6, 753) s. noch civ. 22, 26 (CCL 48, 854». Der poeta doctissimus ist für Augustin, bei bleibender Hochschätzung seiner Eleganz und Latinit3S. wahrer Repräsentant römischen Geistes in den Bereichen Religion, Philosophie, Politik und Geschichte und wird insofern der Kritik bzw. christlicher Interpretation unterworfen (vgl. HAGENOAHL, a.a.O., 388). In s. 241, 5 lobt Augustin zwar, daß Vergil Aeneas an der Seelenwanderungslehre Anstoß nehmen läßt - "Ces
• paroies d'Enee semblent monlrer que Virgil lui-meme n'es! pas convaincu de la doc-trine." (COURCEUE, a.a.O., 490), kritisiert aber auch, daß die platonische Vorstellung (so wohl einem Kommentar zu Vergil folgend civ. 13, 1 9 (CCL 48, 402) quoll [sc. Aen. 6, 750f.} Vergilius P{atonico dogmate dixisse laudatur) am Ende akzeptiert wird: nec erubuit eas (vgl. HuL, Sermons mn, 77. Note 13) .
.t01 Der Pantomimus, der von Auguslus bis zur Spätantike die bühnenbeherrschende Dar· stellungsform wurde, beschränkte sich nicht nur auf die Inhalte der Tragödie, sondern setzte auch allerlei andere Stoffe des Mythos in Gebärdentanz um. Dabei war es nach Auskunft Augustins in Karthago frOher llblich, daß zunächst ein praeco dem Volk die Bedeutung des Tanzes darlegte; später verzichtete man auf diese Praenuntiatio, und der unkundige Zuschauer mußte sich bei seinem Nachbarn Ober die Handlung informieren (so doctr. ehr. 2, 38 (CCL 32, 60». Vgl. W. WEISMANN, Kirche und Schauspiele. Die Schauspiele im Urteil der lateinischen Kirchenväter unter besonderer Berücksichtigung von Augustin (Cassiciacum 27). Würzburg 1972, 42-46 u. 1 28 Anm. 32 zu s. 241 , 5.
206 Vier Themenpredigten
auch den zitierten Wortlaut der Verse zum besseren Verständnis in vereinfachter Fonn paraphrasiert.
Die geschickte Disposition des Prooems von s. 240, das ja zugleich eine EinfUhrung in die gesamte Predigtreihe darstellt, läßt vermuten, daß der Bischof mit Bedacht zu Werke gegangen ist. Dabei weist freilich die Sprache des Abschnitts eher auf eine nur mündliche Vorbereitung hin, welche die konkrete Formulierung der geplanten Teile der eigenen Improvisationskunst überläßt. So kommt es zu einer vorwiegend parataktischen Syntax mit meist kurzen, zum Teil asyndetisch gesetzten Kola, antithetischer Zuspitzung, Reimbildung und Wiederholungen von wichtigen theologischen oder lber der Hörergew:nnur.g dienenden Aussagen. Die Mür.dlichkeit wird besonders deutlich, wenn man zum Vergleich das Prooem heranzieht, welches die bei den Sennones 361 und 362402 einleitet. Betrachten wir zunächst Höreranrede und Themenangabe (s. 361, 1 (PL 39, 1599» :
animadver/imus, cum apas/oU epislola legere/ur (trT\
laudabilem mo/um (O)jidei earilalisque vestrae (crT), quemadmodum exhorroerilis homines (m2T2),40J
qui puta1lles halle solam esse vi/am (T). m��m . (,:J! In .p.f.(,:grA 1J.l;J,�. !!� P.f.tn.� .(:gmm l;J, �.f#!!! . (S),
post mortem autem jiniri (mS) 'Q'HnLm�Qd.�.�.I..b.Q.��/,(f),(� (01) nec esse spem ullam vUae alterius melioris (crS2) pruritum malaruIII auriuIII (C) corrumpe1lles (S) diculI1:
manducemus el bibamus; eras enim morimur [I Cor 15 , 32].404
..02 S.o. die Einleitung zu s. 240. 0101 Langes i im Plural des coni. perf. und ful. ex. beobachtet MÜUER, Rhythmische Bemer
kungen, 63, in Ciceros Reden und bei Minucius Felix. Für Augustins Sermones scheint dies ebenso zu gelten; siehe etwa auch (um nur einige wenige Beisp. fur die 2. Pers. PI. aus rhythmisierten Kola aufzugreifen) s. 4, 8 (Cel 4 1 , 24) quia si tale aliquid cogilaveritis (IrT) el laie aliquid dilexeritis (miT), s. 10, 2 (CeL 4 1 , 154) sie stuft; eSlis. ul cu", prius habuerilis (TI) spiritale opus vivum (trO), hoc amisso poslea morluum accipialis alienum (02), s. 49, 7 (CCL 4 1 , 620) hoc si lenueritis (TI) el hone illslitiamfeeeritis (T), s. 152, 1 1 (Pl 38, 825) feliees eritis. si inlelleelum dilexeritis (mn el ad dileclum per
venerilis (mn . ..0. "Wir haben, als der Brief des Apostels gelesen wurde, die löbliche Unruhe eures Glau
bens und eurer Liebe bemerkt, wie ihr euch vor den Menschen enlsetzt habt, die in der Überzeugung, daß unser leben allein dies hier sei, welches wir mil dem Vieh gemein haben, daß aber nach dem Tode alles, was den Menschen ausmacht, ein Ende habe und es keinerlei Hoffnung auf ein anderes besseres Leben gebe, sagen, wobei sie den Juckreiz. ihrer verdorbenen Ohren noch verschlimmem: 'laßt uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot.
, ..
Senno 240 207
Der Prediger beginnt auffällig mit dem Prädikat40S, um nach einem ersten, aber noch unbestimmten Hinweis auf den thematischen Rahmen bei seinem Publ'kum sogleich die Gemütsregung zweier der drei 'christlichen Tugenden' festzustellen (in gefalligem Rhythmus und mit einer Gradatio in der gewählten Junktur fidei caritalisque). Im Verhältnis zu dieser proleptischen Anrede der Hörer nimmt sich der folgende indirekte Fragesatz wie eine Epex.egese aus, wobei der untergeordnete Attributsatz auf eine contemptio adversariomm406 zielt: Die niedrige, viehische Auffassung derjenigen, die nur diesseitsorientiert leben, steht im Gegensatz zur Natur des Menschen (die Circumscriptio fatum quod esl hominis läßt an die profanantike Anthropologie des animal rationale und ihre christliche Deutung als imago dei (Gn 1 , 26) denken), welcher die spes vitae alterius melioris entspricht. Schließlich entlarvt das Bildwort über den pruritus malarum aurium (vgl. 1I Tim 4, 3) vollends die Lasterhaftigkeit solcher Lebensmaxime, die Auguslin im Pauluszitat wiedergibt und ausdrücklich als Dreh- und Angelpunkt der Predigt ausweist (ebd.):
.. ,
hinc ergo sumatur (0) nostrae disputationis exordium (trC), er hie si! noslri veJut cardo sermonis (crO),
Auch Cicero beginnt bisweilen das Proocmium mit betonter Spitzenstellung des Prädi-kats, vgl. z.B. parad. I , I (der Hinweis auf Catos Redegewohnheit dient der ThemeneinfUhrung und als adiunctum Bruti dem henevalum parare) animadverti, Brute, saepe Catonem, avuneulum luum, cum in senatu sentenliam dieeret, locos graves ex
philosophia Iraelare abhorrenles ab hoc um forensi el publico, sed dicendo eonsequi
lamen, ul iIIa etiam papula probabilia viderentur, oder von den Reden S. Rose. I credo ego \lOS, iudiees, mirari quid sil quod, Olm 101 summi oralores hominesque nobilissimi sedeant, ego potiss;mum su"exerim, is qui neque aelate neque ingenio neque aueloritale sim eum his qui sedeant eomparandus (der Beginn will nicht auf einen Redegegenstand des genus admirabile vorbereiten, sondern ist durch den Topos "Entschuldigung rur die eigene Jugend" zunächst auf das Wohlwollen der Richter aus, vgJ. STROli, Taxis und Taktik, 68. Anm. 52), Cluen!. 1 animum adverti, iudiees, omnem accusatoris orationem in duos divisam esse parlis, quorum al/era miM nili el magno opere eonfidere videbatur ;nvidia iam inveterata iudiei Junian;, allera Ionium modo consueludinis causa timide el diffidenler aUingere rationem vene fici eriminum, qua de re lege esl haee quaestio conslitula (Cicero verweist auf die Disposition dcr Anklagerede, um Vertrauen in seine sachgerechte Verteidigung zu wccken: ilaque milli cerium est hane eandem diSlributionem invidiae el eriminum sic in defensione servare ur
omnes inlel/egant nihil me nec subterfugere voluisse retieendo nec obscurare dieendo, vgJ. STROH, a.a.O., 194), Catil. 4, 1 (will ähnlich wie Augustin (s.o.) vermitteln, daß der Redner engen Kontakt zu den Zuhörern halt) video, patres conscripti, in me omnium ws/rum oro alque oculos esse conversos, video vos non solum de veslro ac rei publieae wrum etiam, si id depulsum Sil, de meo periculo esse sollieitos.
'06 Vgl. Lausberg § 276: iudicem benevolum parare ab adversariorum persona.
208 Vier Themenpredigten
qua ce/era quae dominus suggerere dignatus (01) fueri( re[eranlur (trS').407
Nach einer sprachlich gehobenen, durch pulchritudo elocutionis408 ausgezeichneten Erklärung über den Zusammenhang der resurreclio morluorum mit christlicher spes.jides und caritas4{J9 wird den Hörern dann die Disposition der Erörterung vorgestellt (s. 361, 2 (PL 39, 1 599)):
itoque sie proponendum es! (cr1S): si non resurgent mortui (C,), nulla spes nobis (0) est Juturae vitae (trS), si autem resurgent mortui (Ce), eri! quidem vita futura (crS2), sed secunda quaestio est (trH) J, qualis erit (0). prima i:aqu€ disputatio i!S1 (H), u/rom futura sit (H) resurreciio mortuorum (crT), secunda vero disputatio es! (H), qualis futura esf (T) in resurrectione (crT) vita sanctorum (0),410
400 Wenn foerit gemessen wird, ergibt sich zum Abschluß der Periode in Verbindung mit referantur ein Dispondeus mil Auflösung der zweiten Länge (sog. clausula heroica) und trochäischem Auftakt (zu trS2 als 'einheitlicher Klausel' bei Auguslin siehe ZWIERLEIN,
Klauselrhythmus, 62). Die voraufgehende Optima suggerere dignillus hebt dagegen die Gebetsformel rhythmisch hervor. Daß solche Formeln nicht als Beleg fur .. Stehgreifpre· diglen" zu verwenden sind, zeigt MOHLENBERG, Augustins Predigen, 1 2· 1 5: I. Warom muß Gott beim Predigen mithelfen?
.tOll Vgl. doclr. ehr. 4, 42 (CCL 32, 148): Das genus grande erreicht stilistische Schönheit kraft des Gehalts (vi rerom), nicht aber durch besorgte Mühe um den Schmuck der Rede (eura deeoris).
'09 s. 361, 2 (PL 39, 1 599) spes enim nOSfra est (0) resllrrec/io morluorom,jides nostra est (erT f 0) resurrectio mortuorom (erT}, carilas eliam nostra esl (crS '), quam praedicatio renlm (IrQ) quae nondum videntur inflammat (0) et aceendit desiderio (mS}), cuius magniludine (H) jiant corda noslra capacia (Ce') beatitudinis (H) qU(le ventura promittitur (C), quamdiu creditur (C) quod nondum videlur (T). caritas ergo etiam ipsa nostra (T) nee circa temporalia haee et visibilia debet occupari (trT), ut tale aliquid nOS habiruros in resurrectione speremus (trO), quale modo si contenmimus (e..,), me/hiS vivimus melioresque (crS') sumus, carna/es videUcef (H) voluptates atque delicias (Ol). Die anschließende Folgerung, welche die Bedeutung des Auferstehungsglaubcns ftir die christliche Lehre und Gesinnung hervorhebt, ist in Stil und Rhythmus wieder schlichter gehalten und will nur durch die reimbildenden Partizipien der abI. abs. auffallen: sublata itaquejide resurrectionis mortllonml (TI) omnis intercidit (C) doctrina christiana (nT).
fimdata vero jide (C..,) resurrecliOnis lIIortuorom (TT) non continuo securitas esl (T) de animo chrisliano (T), nisi distinguatur (S) vita iIIa quae filtura est (trT) ab isla quae transit (S).
'10 Bewußt gewählt sind gewiß die guten Klauseln in der eigen lichen Partitio; doch selbst rur die Kadenzen der vorangestellten Propositiones dilrrte sich eine rhythmische Gestal· tungsabsicht nicht ausschließen lassen (der Chiasmus futurae vitae - vita futura trägt durch Variation der S·Klausel dazu bei, daß sich die Apodoseis nach den parallel gestal· teten Vordersätzen, nun auch im Klang voneinander absetzen. Bei dem adversativen
Senno 240 209
Es fällt schwer zu glauben, daß diese schulmäßige Partitio, besonders aber die oben aufgezeigte kunstvolle Hypotaxe des ersten Satzes von Au· gustin nicht schriftlich vorbereitet worden oder zumindest in folge späterer Überarbeitung entstanden sind.411
Die Narratio
Eine Art Partitio findet sich auch in s. 240, wenn der Prediger zu Beginn der Narratio zwischen einer gläubigen und ungläubigen Erörterung der resurreClio unterscheidet. Denn man kann dem fideliter disputare mit gewissem Recht die Sorge der Christen um die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes zurechnen (Z. 43ff.), dem infideliter disputuare hingegen die philosophischen Lehren über die Unsterblichkeit der Seele (Z. 58ff.). Bevor Augustin jedoch diese Aspekte der Auferstehungsthematik nacheinander in der Narratio vorstellt, gibt er selbst ein Beispiel, wie den Ungläubigen durch Hinweis auf die göttliche Allmacht beizukommen ist (Z. 32ff.). Die Einschaltung dieses Dialektikons greift der Beweisftihrung vor, vermengt also Narratio und Argumentatio, um den Hörern die christliche Überzeugung Von der Möglichkeit der Auferstehung von Anfang an plausibel erscheinen zu lassen. Auf diese Weise werden sie dem Prediger bereitwilliger folgen, wenn er in den nachfolgenden Sermones die paganen Einwände im einzelnen zu entkräften sucht:t12 Doch auch Augustins AusfUhrungen zum
Schlußkolon wäre unter Einbeziehung des indirekten Fragesatzes abweichend vom Wortakzent IrSJ zu messen. 411 Eine vollständige schriftliche Ausarbeitung der Predigten war rur Augustin aus Zeit· mangel vennutlich selten möglich und erschien ihm auch aus rhetorischen Gründen eher unzweckmäßig (doctr. chr. 4, 25 (CCL 32, 133) versandum est, quod agitur, multimoda varielale dicendi; quod in pOleslaie non habeni. qui praeparala el ad verbum memoriter relenta pronunliant). Dennoch wird man nicht ausschließen können. daß gerade wichti· ge Teile wie Prooimium und Peroratio gelegentlich schriftlich vorkonzipiert wurden, was durchaus den Gepflogenheiten antiker Redepraxis entspricht und sich auch bei Ci. cero beobachten läßt, vgl. J. Bu..NSDORF, Cicero aur dem Forum und im Senat - Zur MUndlichkeit der Reden Ciceros, in: L. BENZ (Hg.), ScriptOralia Romana. Die römische Literatur zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Tübingen 2001 (ScriptOralia 1 1 8), 210. FOr die Schriftlichkeit des Prooimiums der ss. 361 ·362 spricht auch die anspruchs· volle Weise, in der Augustin die Rechtrertigung seiner prima disputalio (s.o.) s. 36 J , 3-4 gestaltet (Diese Erörterung scheint eigentlich doch nur die Heiden (adversus eos est qui loris sunt), nicht aber das christliche Publikum zu betreffen. Vgl. PL 39, 1 6(0).
m Zur narratio probabilis und ihrer Aufgabe, die spätere Beweisftlhrung zu erleichtern, vgl. Lausberg § 324. Das Argument der Omnipotenz Gones verwendet Augustin später wieder in s. 242, I (PL 38, 1 1 39) - im Hinblick auf die Möglichkeit der körperlichen Er· schtinung des Auferstandenen: quare miramur? quare non eredimus? deus esl qui leeil.
210 Vier Themenpredigten
Verhältnis von caro ista und earo resurreeta in der gegenwärtigen Predigt werden schon vorbereitet (vgl. Z. 48). Hinzu kommt, daß nach dem längeren Monolog des Exordiums das Gespräch des Predigers mit einem injidelis jictus dem Publikum willkommene Abwechslung bietet.
Die rhetorische Gestaltung des Dialektikons lenkt gekonnt davon ab, daß die Omnipotenz Gottes eine unbewiesene Voraussetzung der Argumentation bleibt. Augustin überspielt die Schwäche mit Hilfe einer Art Correctio, in der er betont, ftir die Gültigkeit dieser Prämisse einen gänzlich 'unverdächtigen' Gewährsmann anfuhren zu können:
non dico: " da mihi Christianum (crT), da mihi Judaeum (trS). ", sed: "da mihi paganum (hoS), idulorum cu/tvrem (�rS), daemlmum servum (0), qui non dicat deum esse omnipotentem (crS\ "
Trotz seiner ihm hier amplifiziert vorgehaltenen atheistischen Idolatrie kann der Heide nicht umhin, die göttliche Allmacht zu bekennen. Die Hörer sollen dies - bei glaubwürdiger Beschränkung auf den deus pater omnipotens -. als eine objektive Tatsache werten: negare Christum palest, negare omnipotentem deum non potest. Jetzt ist es rur den Prediger leicht, aus der zugegebenen Omnipotenz auf die Möglichkeit der Totenerweckung zu schließen, wobei er rur die geistig weniger Regsamen nochmals auf die fingierte Gesprächssituation verweist (Z. 38-40):
quem tu ergo credis (T) - quasi pagano loquor (ernl ) - quem tu credis deum omnipotentem (trS2), ipsum ego dico (0) mortuarwn (T) suscitatorem (0).
Als • Schlußforrn' verwendet Augustin mit Absicht ein Enthymem, d.h. einen verkürzten Syllogismus, der vollständig mit Praemissa maior41) lauten könnte: qui omnipotens es!, etiam mortuos resuscitare potest. atqui tu credis deum omnipotentem. ergo deum ego dico mortuorum suscitatorem. Während aber ein ausgeführter Syllogismus in der Rhetorik als pedantisch gilt, hat das Enthymem, welches hier im Terminus maior der Conclusio auch rhythmisch durch die Optima auffallen will, den Vorzug, breve und credibiJe zu sein.414
Nach dieser Beweisflihrung befindet sich der paganus in jedem Falle im Unrecht, wie die folgende Entgegensetzung souverän aufzeigt:
si dixeri .. : "non potest jieri (C). ". derogas omnipotenti (crS').
censidera auelorem eI /olle dubila/ionem, und in s. 242, 7 (ebd., 1 141) gegen die Behauptung non potest esse terrenum corpus in eaelo.
m Ais Proposilio (den Praemissae vorangestelltes Beweisziel) läßt sich deus est qui faeit
(Z. 35) hinzunehmen, doch ein Syllogismus ist schon dann vollständig, wenn der Hauptgedanke neben den beiden Prämissen nur einmal in der Conclusio erscheint, vgl. Lausberg, Elemente § 371 .
414 Ygl. Lausberg § 371 .
Sermo 240 2 1 1
si au/ern credis iIIum omnipotentem (crS2), me quare respuis (CnJ ista dieenlelll (O)?'I'
Die reimbildenden Partizipien und die Optima, die auch hier wieder den Satzschluß markiert, deuten auf eine gesuchte und die Aufmerksamkeit steigernde Klangwirkung'l' vor Beginn des nächsten Abschnitts hin (Z. 43-57).
••
Augustin stellt den Hörern nun kurz die Uberlegungen vor, die sich aus der den Christen häufig gestellten und auch unter ihnen selbst diskutierten Frage ergeben, utrum corruptio ista corporis {.,,)futura si! in resurreclione morluorum (vgl. s. 242, 2 (PL 38, 1 1 39)). Die Narratio zielt in diesem Teil weiterhin deutlich auf das persuadere, was schon dadurch ersichtlich wird, daß der Prediger das Dialektikon zunächst fortzusetzen scheint (si diceremus carnern resurrecturam, ul esuriat, ut sitiat ( .. . ), merilo credere non deberes), diese Fonn dann jedoch aufgibt zugunsten eines Lehrvortrags christlicher Soteriologie, dessen argumentativer Charakter u.a. in den Konnektoren (enim, el hoc ullde, non enim sine causa, sed, ergo) zum Ausdruck kommt. Die Sätze sind bewußt kurz gehalten und von Augustin zu einer durchrhythmisierten dogmatischen Fonnelsprache verdichtet worden.411 Dabei wird offenbar der wesentliche Gehalt eines jeden Gedankens abschließend in einem Dikolon zusammengefaßt, welches durch Reimbildung und rhythmische Parallelität der Kadenz sehr gut geeignet ist, den Hörern in Erinnerung zu bleiben. So bündelt gleichermaßen:
nullo modo isla paleremur (02), si non mereremur (0) die ErbsUndenlehre, eu/pam :m(�U peeeala donando (0), poenam $.9.lY..i.� a morluis resurgendo (trO) die Christologie, quae nune .a/J..([acil lormenlum (trS), poslea fiki erit ornamen/um (tr'S) die Eschatologie.
'LS Obgleich von Augustin schwerlich beabsichtigt, lassen Sattkoordinierung und abschließende Inlerrogario unwillkürlich an die überlegene Zurechtweisung denken, mit welcher der Herr auf die Ohrfeige des Hannasknechtes reagiert: 10 18, 23 (Vg) si male locutus sum, testimonium perhibe de malo, si autem bene, quid me caedis? Vgl. dazu 10. ev. Ir. 1 13, 4 (CCl 36, 639) quid isfa responsione verius, mansuelius, iustius? '16 Als klangvolle Verbalreime sind bei Augustin besonders beliebt: Formen des Pan. Präs .•
Gerundium und Gerundiv, lange Reihen des Impf. und im Perfektstamm Formen auf -
erunt sowie solche mit Zischlauten, vgl. SCHUCHTER, Predigtstil, 122f. '17 So schon bei der 'ErbsOndenlehre' (Z. 45ff.): causa peccatum est (0). in uno peccavi
mus (C,J et omnes ad corruptionem lIali sumus (trC,J. malorum omnium lIostrorum causa peccatum esl (O). non enim sjne causa homines malo isto potiuntur (02), iustus est deus (H), omnipotens est deus (Ca).
2 1 2 Vier Themenpredigten
Besonders das zuletzt zitierte Dikolon erfüllt, ganz abgesehen von der mit allen verbundenen suavitas418, nicht nur das für die Narratio zentrale officium docendi419, sondern will die Adressaten auch zu einem Lebenswandel in christlicher Hoffnung bewegen. Diese Wirkungsabsicht des movere ist ebenso den Wortspielen perseveremus et ad rem perveniemus (Z. 53f.) und s;ne deformitate, sine morlalitale, sine onere, s;ne pondere (Z. 54f.) eigen (jeweils mit Alliteration bzw. Anapher, Assonanz und Reim).
Daß Augustin schon an dieser Stelle der Predigt in solcher Weise um gesteigertes Pathos bemüht sein kann, nimmt nicht wunder; denn die Fragen, über die ein christlicher Redner handelt, haben im Unterschied zu den pagancn causae forenses letztlich alle eine erhabene Bedeutung, insofern sie auf das ewige Heil zu beziehen sind: (doctr. ehr. 4, 35 (CCL 32, 142)) in istis autem Ilostris [sc. in ecclesiasticis quaestionibus] , quandoquidem omnia, maxime quae de /oco superiore popul is dicimus42o, ad horninum sa/ulern nec ternporariam, sed aelernam referre debemus, ubi eliarn cavendus est aeternus inleritus, omnia slint magna, quae dicimus ( . . . ). Außerdem muß, wenn die Belehrung wie im Falle der hier vorgestellten Eschatologie zu einem bestimmten Handeln anregen will, gerade die affektive Zustimmung der Hörer erreicht werden, ohne daß dabei die pars orationis eine Rolle spielte: (doctr. ehr. 4, 29 (ebd., I 36f.)) oportet igitur eloquentem eccIesiasticum, quando suadel aliquid, quod agendum es/, 1Ion so/um dacere, ut inslrual, et de/eclare, ul teneat, verum etiamfleClere, ul vineal.
lm Rahmen einer narralio (probabilis) hat schon die klassische Rhetorik gegenüber dem doeere die beiden anderen hier genannten Funktionen der Beredsamkeit nicht ausgeschlossen·m, das erlaubte Maß an Pathos aber selbst bei einer res maior im Vergleich zur Peroratio beschränkt, soll doch deren Leidenschaft nicht schon erreicht, sondern nur vorbereitet werden.422
Augustin folgt gleichsam dieser Empfehlung, wenn er am Ende von s. 240 zur Widerlegung der Plausibilität der philosophischen Seelenwande-
411 Diese tritt den necessariae virtutes narrationis zur Seite: Cie. part. 3 1 C. quid. in narratione quae tandem observanda sunt? P. quoniam narratio est rerum explicatio el quoedom quasi sedes et fundamentum constituendae fidel. ea sunl in ea obserwJnda maxime, quae etiam in reliquis fere dicendi partibus; quae partim sunt necessaria. partim adsumpla ad ornandum. nam ut dilucüle probabiliterque narremus necessarium esl. sed adsumimus eriam suavitatem (vgl. Lausberg § 293).
m Vgl. doctr. ehr. 4, 6 (CCl 32, 1 19) si docendi sunt, qui alldiunt. narrariollefaciendum esl.
420 GREEN. Augustine: Oe Ooctrina Christiana, 241, übersetzt: .. ( ... ) especially whal we say 10 congregations from our posilion of authority ( . . . )." 421 Vgl. Lausberg § 293.
m Vgl. ebd. § 332 mit Hinweis auf Quint. inst. 4, 2, 1 12.
Senno 240 2 \ 3
rungslehre den Hörern einen endgültigen Zustand postmortalen Heils in Aussicht stellt, dabei aber das in der Narratio verwendete Wortspiel um ein reimbildendes Kolon erweitert, das den Gläubigen ewiges Leben bei Gott verspricht (Z. 102-105):
qui ergo credideril in mediatorem el fideliter ae bene vixerit, exiet quidem de corpore et erit in requie; postea veTO recipiet corpus (01) non ad formen/um (S), sed ad ornamelltum (S), el vivet curn deo in aeternY.!1l (mSI). non esl quod eum delectet ul redeat (03). quia secum habel corpus (0).
Im zweiten Hauptteil der Narratio (Z. 58-84) erfüllt die Predigt die Aufgabe, auf welche Augustin sich in der Recapitulatio bezieht: proposui vobis hodie quid dicont etiam philosophi mund; hujus. Dementsprechend über· wiegt die Darstellungsfunktion der Sprache, der appellative Ton nimmt ab, besonders in der längeren oratio obliqua, die weitgehend um Sachlichkeit bemüht zu sein scheint. Gleichwohl ist die Absicht, auch jetzt die Sache des Christentums zu vertreten, unverkennbar. Dies zeigt sich bereits in der wiederholten Unterscheidung der philosoph i peiores und meliores und dem zugrunde gelegten Kriterium, der Überzeugung von der Unsterblichkeit der Seele. Der Prediger stellt fest, daß die 'besseren Philosophen' sich trotz vieler lrrtümer damit der Wahrheit seines eigenen Standpunktes annähern, welcher so nur an Glaubwürdigkeit gewinnen kann (Z. 64-66):
et in quo erallt il/i (0) f meliores (S2) quamvis in multis (S) a Y.�r.a�{� deviantes (TI), tarnen ill quo eralll isti (0) superiores (TI), .l!�ä.t.q!i (T) luerant propinquantes (trQ).
Der Endreim und die in das Contrarium eingebaute Traductio machen den Reiz dieses Wortspiels aus, mit dem zugleich die Bewertung der beiden Philosophengruppen endet. Man kann fragen, warum Augustin keine philosophischen Schulen und deren Vertreter benannt hat. Da im weiteren Verlauf der Predigtreihe dem Publikum durchaus die Namen einzelner Philosophen präsentiert werden423, dürfte rur den Verzicht auf solcherlei Genauig-
m Vgl. etwa s. 241, 6 (PL 38. 1 136), wo mit betonter Gleichgültigkeit ein Gegner tur den philosophischen Schlagabtausch ausgwählt wird: hic sapiens, Me philosophe. hoc eSl in terra - verbi graria Pythagoras, PlalO, Parphyrius el nescio quis alius ipsorum - quare philosopllaris? Wenig später wird die Lehre des Porphyrius von der seiner Vorgänger abgesetzt: magnus eorom philosophus posterius Porphyrius, fidei Chrisrianae accerri· mus inimicus, qui iam Chrislianis lemporibus fuil, sed tamen ab ipsis deliramentis eru· bescendo a Christianis ex aliqua parte correptus dult, scripsi(: corpus est omne fugiendum (Ein bedeutender Philosoph unter ihnen war später Porphyrius, ein erbitterter Feind des christlichen Glaubens, der bereits in christlicher Zeit gelebt, aber dennoch. da er sich vor ihren Albernheiten schä.mte (d.i. vor der Metempsychose, vgl. civ. 10, 30 (CCL 47,
214 Vier Themenpredigten
keit hier weniger der zumeist geringe Bildungsstand der multitudo audienlium verantwortlich sein, als vielmehr eine dispositionelle Entscheidung des Vortragenden: Die Narratio 5011 nicht allzu ausfllhrlich geraten und übersichtlich bleiben.424
Augustins Vorbehalt selbst gegenüber den platonischen Denkern äußert sich deutlich darin, daß er ihnen, wie der weltlichen Philosophie insgesamt, nur ein beschränktes, d.h. menschliches Erkenntnisvermögen zubiJIigt (vgl. Z. 67ff. . .. quaesieront causas, quantum homines potuerunt, e/ dixerunt. sieut pOluerunl . . . el hic conlriverun/ ingenia sua et laboraverunt, quantum
dd h · ·b .
) '" potuerunt, re ere amin' us ratJOnem , .. . Damit die einfachen Hörer den Unterschied, den die philosophische Lehre
zwischen dem Ergehen der Seelen der Sünder und der Gerechten macht, auch sicher erfassen, bietet Augustin am Ende seines Referats der Seelenwanderungslehre eine wiederholende Zusanunenfassung des soeben Gesagten (vgl. Z. 79ff. hoc ergo interesse voluerunt inter animas peccatoru11I et animas iuslorom ( . . . » . Auch hier läßt sich wieder die Mündlichkeit des Vortrags erahnen (s.o. zum Prooemium). Dabei mündet diese Wiederholung in eine Formulierung, die den Hörern jetzt noch deutlicher absurd erscheinen muß (vgl. Z. 82ff.): Den Seelen der Gerechten sei zwar nach Aussage der Philosophen ein Ort der Ruhe beschieden, doch nicht rur immer,
sed rursus delectari corporibus et de summis caelis post tarilam iustitiam ad iSla mala facere nlinam,,26
3D7!.)] , dabei aber teilweise der Kritik der Christen nachgegeben haue, gesagt und ge· schrieben hat: ,,Jeder Körper ist zu niehen. ")
424 Augustins Feststellung sunl Ubri, leguntur (Z. 61) bezieht sich Ubrigens nicht spe"l:icll auf die Lektüre seiner Hörer, sondern will ganz allgemein sagen, daß das Gedankengut der Philosophen immer noch Verbreitung findet. Folglich muß man sich damit ausei· nanderselzen und kann dies auch, da die Schrifllichkeit ausreichend Anhalt und Angriffsfläche bietet. Vgl. in bezug auf die Schriften der Manichäer en. Ps. 140, 10 (CCl 40, 2033) ipsi falenlur quia duae subslanliae sunt; una illa, el una ista. /ibri eorum hoc habenI; el si neganl, leguntur, et convincuntur.
m Er greift darauf innerhalb der eigentlichen Argumenlatio wieder zurück: s. 242, 5 (Pl 38, 1 140) sed inquis, quomodo erit terrenum corpus in caelo? philosophi enim gentium. iIli vafde magni. quorum vobis iam vef insanas vef cerle hllmanas sententias intima vi -quaesierunt quippe ista non spiritu dei, sed conieciura cordis human; - hinc maxime Jaefunl quaestiol1em ( ... ) . • 16 Eine Rhythmisierung scheint hier im ganzen nicht angestrebt zu sein. Am Satzschluß wäre in Übereinstimmung mit dem Wortakzent C�SI.2 zu messen. Eine reine Akzentklausel fUrfacere ruinam als cutSuS ttispondaicus (-'- - - -'-) anzusetzen, hilft wenig, vielmehr müßte dann der betonIe und inhaltlich wichtige Auftakt ad istll mll/II (in Oppositio zu de summis caelis) rhythmisch unberücksichtigt bleiben.
Senno 240 215
Die Reprobalio
1m letzten größeren Teil von s. 240 ist es Augustin nicht darum zu tun, die dargebotenen Auffassungen der Philosophen detailliert zu widerlegen. Dies bleibt den späteren Sennones überlassen. Die aktuelle Predigt soll statt dessen jetzt die heidnische Weisheit als eine von Gott verworfene erwei-
417 sen. Zu diesem Zweck zitiert Augustin die von Paulus verwendeten Oxymora
s/ulramfecit deus sapientiam huius mundi bzw. sapientia mundi stultita est apud deum (I Cor I , 20; 3, 19), Schriftstellen, welche neben Col 2, 8428 die negative Einschätzung der Philosophie bei den lateinischen Vätern besonders bestimmt haben.429 Die Akzeptanz seiner abschätzigen Bewertung der Metempsychose durch die Hörer sucht er dabei durch eine Amplificatio der paulinischen Aussage zu erreichen:
si sapientia rnundi stultitia est apud deum, vera sluititia mundi (T') quam longe esl a deo (C..,)?"o
Während also die wahrhaft törichte Lehre der Philosophen (vgl. Z. 107) nicht zu Gott führt, ist dieser Zugang nur durch die vermeintliche Torheit der christlichen Verkündigung gesichert (Z. 89):
est tamen quaedam stultitia mundi huius (01), quae pervenit ad deum (Cm').
Den Beleg liefert abermals ein Argumentum ex auctoritate scripturae: quoniam in sapientia dei non cognovit mundus per sapientiam deum, placuit deo per stultitiam praedicationis salvos facere credentes. et dieit: quoniam Iudaei signa petunt, et Graeei sapientiam quaerunt, nos autem praedicamus Christum crucifixum, Iudaeis quidem scandalum, gentibus stultitiam, ipsis autem vocatis Iudaeis et Graecis Christum dei virtutem et dei sapientiam (I Cor I , 21 -24).
427 Vgl. Z. 107f. ( ... ) quorum deliS sapienliam tamquam veram sluititiam reprobavil ( ... ), vgl. I Cor 1 , 19 perdam sapienliam sapientium [Is 29, 14] et prudentiam prudentium re· orobabo. Das lat. reprobare übersetzt hier 6.0nETv "außer Kraft setzen, fur ungültig erklären", welches Paulus an dieser Stelle unter dem Einfluß von LXX Ps. 32, 1 0 (6.0tut öt. AOyt0J.10\x; Aa&v Kai uOnd ßoUA� uQx.6vroov) verwendet. Demgemäß meint die fUT diesen Predigueil von s. 240 vorgeschlagene Überschrift 'Reprobatio' nicht im engeren Sinne einen rhet. t. t., wie er bei lul. Ruf. rhet. 12, p. 42 verstanden wird: 6:lI:OöioX;l�, reiectio vel reprobatio quarundarum rerum, quasi in quaestionem non venire dignarum, neque oportuisse aut ab adversariis poni aut a nobis quaeri out a iudice postulari.
m (Vg) videte, ne quis vos decipiat per philosophiam et inanemfallaciam secundum traditi. onem hominum, secundum elementa mundi et non secundum Christum.
'29 Vgl. A. WLOSOK, Philosophie. 11. C. Lateinische Patristik: HWPh VII, Sp. 627. 410 Ein argumentum a minore ud maius vgl. Lausberg § 397.
216 Vier Themenpredigten
Augustin konnte gewiß sein, daß die leidenschaftliche Antithetik dieser paulinischen Perioden den gewünschten Eindruck auf sein Publikum nicht verfehlen würde, entsprach doch die Umwertung des Kreuzestodes Christi und die dabei aufgezeigte Heilsperspektive rur die berufenen Gläubigen dem neuen christlichen Selbstverständnis in einer immer noch weitgehend heidnisch geprägten Umwelt.431
Die asyndetischen Kola, die anschließend das Pauluszitat kommentieren, sind ebenso kurz wie einleuchtend und lassen in ihrer raschen Folge den Hörern keinerlei Möglichkeit mehr, die behauptete Identifizierung von Christus und sapientia in Frage zu stellen (Z. 95-97):
yen;t dominus Christus sapientia dei. caelum tonal, ranae taceant. quod dixit veri/as hoc est verum. quod dixit in malo quidem esse genus humaIlum causa peccati, mamfestum esl.
Vornehmlich das polemische Bildwort über die gegen die Heiden donnernde Stimme der göttlichen Offenbarung (s.o. die Detailkommentierung) zeigt, wie sehr der Prediger hier auf emotionale Zustimmung setzt. Rheto-
"li Vgl. s. 361 , 4 (PL 39, 1600) ad hone ergo disputationem ( ... ) iam iamque transirem, nisi me in i/Ia quaestione, ubi quaeritur, utrum omnino resurgant mortu;, aliquantulum immorari cogeret Sollicjludo quaedam de nimis carnalibus Jratribus nostris et prope paganis ( . . . ). pagani \lf!ra el irrisores resurreclionis quotidie In auribus Christianorum immurmurare non cessant: manducemus et bibamus; cras enim morimur. Zur Bedeutung der Antithese rur die christliche Predigt vgl. K. BERGER, Antike Rhetorik und christliche Homiletik, in: COLfE, HONNEFELDER, Lurz-BACHMANN (Hgg.), Spätantikc und Christentum. Berlin 1992, 1 8 \ f., zu den Antithcsen bei Paulus bes. NORDEN, Antikc Kunstprosa I, 507f., der in diesem Zusammenhang auch auf dic berühmte Stelle aus civ. 1 1 , 1 8 über die rerum eloquentia hinweist, welche deutlich 7..eigt. wie bcwußt sich Augustin der Wirkung des antithctischen Stils Pauli war (CeL 48, 337): neque enim deus ul/um, non dico ange/orum, sed vel hominum crearet, quem malum futurum esse praescisset, nlsi pariter nosset quibus eos bonorum usibus commodarel alque Ila ordinem saeculorum tamquam pulcherrimum carmen eliam ex quibusdam quasi anlilhelis hOfleslarel. antilheta enim quae appellanlur in ornamenlis elaculionis sunt decentissima. quae Latine ul appellenlur opposila, vel. quad expressius dicitur. contraposila, non est aplld IIOS huills vocabuli consuetudo. cum tarnen eisdem omamentls loculionis eliam sermo Latinus ulatur, immo linguae omnium gentium. his antilhetis et Paulus apostolus in secunda ad Corinthios epislula iIIum locu.m suaviler explicat. ubi dicU: per arma iuslitiae dextra et sinistra: per gloriam et ignobilitatcm, per infamiam el bonam famam; ut soouclores el vcraccs, ut qui ignoramur el cognoscimur; quasi moricntes, cl ecce vivimus, ut coherciti el non mortifieati; ut tristes, semper aulem gaudentcs, sicut egcni, mullos autem ditantes, tamquam nihil habentes cl omnia possidentes [11 Cor 6, 7-10]. sieul ergo isla contraria contrariis opposita sermonis pulchritudinem reddunt: Ua quadom non ve,borum. sed rerum eloquenlia conlrariorum oppositione saeculi pulchriludo componitur. apertissime hoc posilum est in libro Ecclesiaslico isto modo: contra malum bonum est cl contra mOflern vila; sie contra pium peccatof. el sie intuere in omnia opera altissimi, bina bina, unum contra unum (Sir 33, 15].
Senno 240 217
risch auffallig gestaltet ist durch die Traductio auch das nachfolgende Kolon, das jeden Zweifel am christlichen Wahrheitsanspruch ausräumen wi1l432. Mit der Rede vom Übelzustand des Menschengeschlechts bereitet Augustin schließlich die Aflinnatio über den erlösenden Glauben an Christus mediator vor, in welche er eine Expolitio einbaut (vgl. Z. 97-102)4)), um bei Hörern hoffnungs frohe Einsicht in den einzigartigen Charakter dieser Mittelstellung zu wecken"', die ablehnende Haltung der Philosophen aber unbegründet erscheinen zu lassen.
Mit der Aussicht auf eine leibhaftige Auferstehung und das vivere cum deo in aelernum beendet Augustin die Reprobatio der heidnischen Philosophie und erreicht, daß deren Lehre, obgleich wie gesagt ihre argumentative Widerlegung im einzelnen noch aussteht, dennoch am Ende seiner Predigt nicht unwidersprochen bleibt. Auf diese Weise läßt der Bischof auch diejenigen, welche die filr den nächsten Tag angekündigte Fortsetzung nicht mehr hören werden, keinesfalls im Zweifel über die 'Torheit' weltlicher Weisheit, die andern aber macht er schon geneigt, sich bei der folgenden Auseinandersetzung um die resurreclio auf die Seite der propria fides Christianorum zu schlagen.
m Die kurzen Kola machen eher einen unrhythmischen Eindruck. Selbst bei den d�r:h Tropus- bzw. Figurengebrauch hervorgehobenen Fonnulierungen eaelum lanal, ranae laetalll (crS}) quod djx;t veritas hoc esl verom (crS) ist offenbar keine gUle Klausel angestrebt.
m Vgl. Rhet. Her. 4, 54 expolitio esl, cum ;n eodem loco manemus et alilld alque aliud dieere videmur. zitiert nach Lausberg § 330.
4}4 Die El.politio zählt zu den augendis affeetibus aeeommodataefigurae vgl. ebd. § 808.
4. SERMO 1 8 1
a) Einftihrung
Senno 1 8 1 wird von den Maurinern zu denjenigen exegetischen Predigten Augustins gezählt, die sich gegen die Pelagianer richten''', mit denen sich der Bischof wohl erst ernsthaft auseinanderzusetzen begann, nachdem er von der Verurteilung des Caelestius in Karthago (41 1) gehört hatte und das Fortwirken der pelagianischen Lehre in Nordafrika fUrchten mußte.436
Da er dabei nach eigenem Bekunden den Namen der Häretiker zunächst unerwähnt ließ, um sie dadurch eventuell leichter bekehren zu können437, deutet bereits der Umstand, daß die Gegner in s. 1 8 1 eindeutig identifiziert werden (vgl. Z. 2 l f. haeretici autem sunt Pelagiani Udemque Caelestiani, qui hoc dicunt; Z. 122f. uhi es ergo, haeretice Pelagiane vel Caelestiane?) auf eine spätere Zeit hin. Kunzelmann, der Pelagius als Häresiarchen zum ersten Mal in Augustins ep. 179 (geschrieben an Johanncs v. Jerusalem nach der Synode von Diospolis (Ende 415)) und dann noch in den ep. 175-177 (an Papst Innozenz nach den Synoden von Karthago und Mileve (41 6)'''), erwähnt findet, will rur die Predigt ein Datum nach 4 1 6 ansetzen '" De Plinval denkt daran, daß s. 18 1 ebenso wie die ss. 1 63, 165 und 1 83 Teil der rhetorischen Kampagne war, mit der Augustin nach der päpstlichen Bestätigung der synodalen Beschlüsse von Karthago und Mileve im Jahr 417 einem sich abzeichnenden Widerstand gegen die in Rom ausgesprochene Exkommunikation des Pelagius und Caelestius habe begegnen wollen.440 Brown sieht Augustin in der Predigt den Triumph auskosten, der
m Vgl. die Überschrift in PL 38, 979: De verbis Epislolae I loannis. cap. 1, 8, 9. Si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, ct veritas in nobis non cst. Contra Pelagianos.
4.16 V gl. G. BONNER, PelagiusfPelagianischer Streit TRE XXVI, 177f. m Vgl. etwa dic Bemerkungen, die Augustin in retT. 2, 33 (CCL 57, 1 1 7) dazu im Zusam
menhang mit der Revision seiner ersten anlipelagianischen Schrift aus dem Jahr 41 1/412 macht venit eliam necessitas quae me cogeret adyersus noyam Pelagianam haeresim scribere. contra quam prius. cum opus erar. non scriptis sed sermonibus et COllloculionibus agebamus. ul quisque noslrum polerat auf debebat. missis ergo milli a Carthagine quaeslionibus eorum quas rescribendo dissolverem. sCrlpsi primum tres libros. quorum titulus esl: de peccalorum meritis et remissione. ( ... ) in his autem libris tacenda adhuc arbilralus sum nomina eorum sic eos facilius posse corrigi sperans ( ... ).
4)1 Wo nach dem Freispruch in Diospolis Pelagius und Caelestius verurteilt wurden. 419 Vgl. KUNZElMANN, Festlegung, 36 u. 57. 4.40 Vgl. G. DE PUNVAL, pelage. Ses ecrits, sa vie ct sa reforme. Etude d'histoire litteraire CI
rc\igieuse. Lausanne 1943, 3 1 1 f. mit Hinweis auf die bekannte Stel1e aus s. B I , 10 (PL 38, 734) ubi lales inveneritis. occultare nolite. non sit in vobis perversa misericordia:
Senno 1 8 1 2 1 9
für ihn seit dem Inkrafttrctcn der staatlichen Häretikergesetze des Kaisers Honorius und der endgültigen kirchlichen Verurteilung der Pelagianer durch die Epistula tractoria des Papstes Zosimus (418) feststand.441
Inhaltlich ist s. 1 8 1 jedenfalls um die Widerlegung eines exklusiven Kirchenverständnisses bemüht, das Pelagius im Hinb1ick auf Eph 5, 27 schon in Diospolis vorgeworfen worden war (s.u. die Detailkommentierung). Augustin faßt diesen Aspekt der pelagianischen Lehre, den er gleichennaßen bei den Donatisten hatte bekämpfen müssen, in haer. I , 88, 5 (CCL 46, 34 1 ) wie folgt zusammen: in id etiam progrediuntur, ut dicant vitam ius/orum in hoc saeculo nuJ/um omnino habere peccatum el ex his ecclesiam Christi in hac mortaU/ale perfid, ut si! omnino sine macula et ruga, quasi non sit Christi ecclesia, quae toto terrarum arbe damat ad deum: dimitte nobis debita noslra [Mt 6, 12]. Die Zurückweisung der falschen Auslegung von 1 10 I , 8f. (vom Apostel angeblich nur aus Demut gesagt) und Mt 6, 1 2 (scheinbar nur gültig flir die Sünder) rückt s. 1 8 1 in die Nähe der Synode von Karthago aus dem Jahr 4 1 8, wo in den can. 6-8 genau diese Irrtümer der Pelagianer verurteilt wurden (vgl. DH 228-230).44'
Rhetorisch ist die Predigt von Interesse, weil sie wie die bisher untersuchten Beispiele die geschickte Durchftihrung einer offenbar gründlich geplanten (wenn auch nicht erkennbar schriftlich vorbereiteten) Themenbehandlung zeigt, bei welcher es zu Augustins Taktik gehört, die Gegner zunächst mit Hilfe eines dialektischen Disputationsverfahrens unglaubwürdig erscheinen zu lassen, um sie anschließend ihrer mangelhaften kirchlichliturgischen Praxis zu überfUhren.
prorsus Ilbi lales inveneri/is, oeculrare noUte. redarguite conrradicentes, el resistentes ad nos perdllcite. iam enim de hac causa duo concilia missa sunl ad sedem apostolicam: indt etiam rescripla venenmt. eausa finita esl: utinam aliquando finiatur error.
441 V gl. BROWN, Augustine, 363 unter Bezug auf s. 1 8 1 , 1 u. 3 . .. , V I g . A.- M. LA BONNARDIERE, Les commentaires simultanes de Mal. 6, 12 el de 1 Jo. I,
8 dans I'ccuvre dc saint Augustin: REAug I (1955), 129f LA BONNARDIERf hält die genannten Canones fUr eine Zusammenfassung augustinischer Lehre, die sie in seinem Werk von 4 1 1 an nachweist; s. 1 8 1 datiert sie auf die Jahre 416-417 ("gI. ebd. 130f).
220 Vier Themenpredigten
b) Text und Übersetzung
s. 1 8 1 (nach CAG = PL 38, 979-984)
[1] beatissimus Ioannes apostolus salubriter ct veraciter scribens inter cctera ait: «si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, ct veritas in nobis non est. si autem confessi fuerirnus peccata nostra, fidelis est et iustus. qui dimittat nobis peccata ct mundet nos ab omni iniquitate.»
S his verbis docuit beatus Ioannes, imo ipse dominus Iesus non se tacens per loannem. neminem in ista carne, in isto corruptibiJi carpore, in ista terra, in isto maligno saeculo, in ista vita tentationibus plena, neminem hic vivere sine peccato. absoluta sententia est nec expositore indiget: «si dixerimus quia peccatum non habemus.» quis est enim qui non habet peccatum? sicut
10 scriptura dicit, <mec infans cuius est vita diei unius super terram». talis parvulus peccatum non fecit, sed de parentibus traxit. ergo nullo modo quisquam potest dicere non se habuisse peccatum. sed accessit per fidem ad lavacrum regenerationis homo fidelis, el omnia dimissa sunt ei; iam sub gratia vivit, in fide vivit, membrum Christi factus est, templum dei factus
1 5 est ; el tarnen sie quomodo membrum Christi et templum dei factus est, si dixerit se non habere peccatum, seipsum seducit, et veritas in eo non est; prorsus mentitur, si dicat: «iustus sum.»
[2] sunt autem quidam inOali utres, spiritu elationis pleni, non ma&'11itudine ingentes, sed superbiae morbo tumentes, ut dicere audeant inveniri
20 homines absque peccato. dicunt ergo iustos prorsus in hac vita nullum habere peecatum. haeretici autem sunt Pelagiani iidernque Caelestiani, qui hoc dicunt. el curn responsum illis fuerit: «quid est quod dicitis? ergo vivit hic homo sine peccato et non habet omnino ullum peecatum nec facto ncc verbo nee cogitatione?», respondent de illo superbiae vento, quo pleni sunt
2S - quem ventum utinam finirent, reflarentur et tacerent, id est, humiles fierent, non elati - respondent, inquam: «prorsus isti homines saneti, fideles dei, nec facto nec verbo nee cogitatione possunt ullum habere peccatum.» et eurn eis dicitur: «qui sunt isti iusti, qui sine peccato sunt?» , respondent el dicunt: <<tola ecclesia.» mirari potuissem, si invenirern unurn, duos, tres,
30 decem, quot quaerebat Abraham. Abraham enim a quinquaginta usque ad decem descendit; tu, hacretice, respondes et dicis mihi totam eccJcsiarn. unde hoc probas? <<probo», inquis. proba, rogo te. rnagnum enim mihi gaudium affers, si docere potueris totam prorsus ecclesiam in singulis quibusque fidelibus suis nullum habere peccatum. <<probo», inquis. die, unde.
3S «apostolus loquitur.)) quid Ioquitur apostolus? «ChristuS)), inquit, «dilexit ecclesiarn.)) audio et apostoli verba esse cognosco. «nmndans eam Iavacro
Senno \8\ 22\
aquae in verbo, ut exhiberet si bi gloriosam ecclesiam non habentern macu
lam aut rugam aut aliquid huiusmodi.» audivimus de nube magna tonitrua. nuhes enim dei apostolus. verba ista sonuerunt et tremere nos feeerunt.
40 [3] sed dicite nobis, antequam quaeramus, quomodo ista verba apostolus dixerit, dicite, inquam, nobis, utrum vas iusti estis an non. respondent: (dusti sumus.» ergo non habetis peccatum? per orrmes dies, per omnes noetes nihil mali facitis, nihil mali dicitis, nihil mali cogitatis? non audent dicere (mihib), sed quid respondent? «nos quidem peccatores sumus, sed de sane-
45 tis loquimur, non de nobis.» hoc VQS interrogo: christiani estis? non dico: iusti estis? christiani estis? non audent negare. «christiani», inquiunt, «sumus.» fideles ergo estis? baptizati estis? «baptizati», inquiunt, «sumus.» dimissa sunt vobis cuncta peccata? «dimissa» , inquiunt. quomodo ergo estis peccatores? sufficit mihi unde vos repellam. vos christiani estis, bapti-
50 zati estis, fideles estis, membra ecclesiae estis, et habetis maculas et rugas? quomodo ergo est ecclesia isto tempore sine macula et ruga, cum vos sitis ruga eius et macula? aut si non vultis esse ecclesiam nisi eam quae sine macula et ruga est, cum rugis vestris et maculis praecidite vos a membris eius, praecidite vos a corpore eius! sed quid adhuc dicam ut se ab ecclesia
5S segregent, cum hoc iam fecerint? haeretici enim sunt, iam fons sunt; cum tota rnunditia sua foris remanserunt. redite et audite; audite et credite!
[4] forte dicturi estis in corde vestro turnido el inOato: <murnquid potuimus dicere quia iusti sumus? necesse utique erat propter humilitatem, ut diceremus nos peeeatores esse.» propter humilitatem ergo mentiris?
60 iustus es, si ne peecato es, sed propter humilitatem dieis te peceatorem. quomodo te accipiam tanquam christianum in alterum testern, quem contra te ipsum leneo falsum testern? iustus es, sine peccato es, et dicis te habere peccatum. lestis ergo falsus es contra te. non aceipit deus mendacem humilitatem tuam. inspice vitam tuam, vide conscientiam tuam. ergo iustus
65 es, sed non potes ni si dicere te peccatorem? audi Ioannem; ipse tibi repetit quod etiam superius veraciter dixit: «si dixerimus», inquit, «quia peccatum non habe mus, nos ipsos seducimus, et veritas in nobis non eSD). tu non habes peecatum, et dicis te habere peccatum; veritas in te non est, quia non dixit Ioannes: «si dixerimus quia peceatum non habemus, humilitas in
70 nobis non est.», sed dixit: <mos ipsos seducimus, el veritas in nobis non est.» ergo mentimur, si dixerimus nos non habere peccatum. si mendacium timuit loannes, tu mendacium non times, ut eum sis iustus, dicas te esse peecatorem? quomodo ergo te accipiam ad alienam eausam testern, qui in causa tua mentiris? sanctos reos constituis, dum contra te falsum testi-
75 monium dicis. quid facturus es alteri, qui te infamas? quomodo alter tuam calumniam devitabit, quando te tuae linguae mendacio reum facis?
222 Vier Themenpredigten
[51 iterum te interrogo alio modo: iustus es aut peccator? respondes,
«peccatoo>. mentiris, quia non quod te esse corde credis, hoc ore dicis. ergo cl si non eras peccator, esse incipies dum mentiris. dicis enim: «humilitatis
sc causa nos dicimus peccatores esse; nam deus videt quia iusti sumus.» eum ergo hurnilitatis causa mentiris, si non eras peccator antequam mentireris, mentiendo efficeris quod evitaveras. veritas in te non est, nisi te ita dixeris peccatorem, ut etiam esse cognoscas. veritas aulem ipsa est, ut quod es dieas. nam quomodo est humilitas, ubi regnat falsitas?
8:5 [6] postremo omittamus loannis verba! ecce in corpore ecclesiae. quam dicis non habere maculam aut rugam aut aliquid eiusmodi el esse sine peceato, ecce veniet hora orationis, oratura est tota ecclesia, cl tu quidem fons es; veni ad orationem dominicam, veni ad trutinam, veni, die: «pater noster, qui es in caelis.» sequere: «sanctificetur nomen tuum, veniat regnum tuum,
9�O fiat voluntas tua, sicut in eaelo et in terra! panem nostrum quotidianum da nobis hodieb) sequere et die: «dimitte nobis debita nostra!» responde, haeretice, quae sunt debita tua? an forte pecuniam mutuam a deo aecepisti? «non», inquit. non te ego amplius interrogabo de hoc; ipse enim dominus expositurus est, quae sint debita quae nobis petimus relaxari. dicamus ergo
9)5 sequentia: « sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.» exponat hoc dominus: «si enim dimiseritis hominibus peecata,» - ergo debita vestra peecata sunt - «dimittet vobis et pater vester peceata vestra.» redi ergo, hacretice, ad orationem, si obsurduisti contra veram fidei rationem! «dimitte nobis debita nostra», dieis, an non dicis? si non dicis, etsi praesens fueris corpore,
100 fons tarnen es ab ecclesia. ccclesiae enim oratio eSl, vox est de magisterio domini veniens. ipse dixit: «sic orate»; discipulis dixit: «sic orate»; discipulis dixit. apostolis dixit, et nobis qualescurnque agniculi sumus dixit; arietibus gregis dixit: «sic orate». videte quis dixerit ct quibus dixerit: veritas discipulis, pastor pastorum arietibus: «sic orate: dimitte nobis debita nostra,
1015 sicut et nos dimittimus debitoribus nostris», rex militibus, dominus servis, Christus apostolis; veritas hominibus loquebatur, sublimitas humilibus 10-quebatur: «seio quid in vobis agatur; ego vos appendo, ego de trutina mea renuntio, prorsus dico quid in vobis agitur. hoc enim ego plus quam vos seio. dicite: <dimiue nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus
1 1 0 nostris!») [7] interrogo te, homo iuste, sancte, homo sine macula et ruga, interrogo
te, inquam: oratio ista ecclesiae est, fidelium est an catechumenorum? certe utique regeneratorurn est, id est baptizatorum; postremo, quod totum superat, filiorum est. nam si non est filiorum, qua fronte dicitur: <<pater noster,
1 1 5 qui es in caelis»? ubi ergo estis, 0 iusti et sancti? in membris ecclesiae huius estis, an non estis? ibi eratis, sed iam non estis ibi. et utinam iam
Senno 18 1 223
praecisi accepta ratione audiant cl credant. ergo si tota ecclesia dicit: «dimitte nobis debita nostra», reprobus est qui hoc non dicit. cl nos quidem eurn dicimus: «debita nostra», quousque id quod petimus accipiamus, re-
\20 probi sumus, quia peccatores sumus. sed quod VQS non facitis, nos facien
da, id est peccata nostra confitendo, mundamur, si tarnen faciamus quod
dicimus: «si cut cl nos dimittimus debitoribus nostris» . ubi es ergo, haeretiee Pelagiane vel Caelestiane? ecce tota ecclesia dicit: « dimitte nobis debita nostra» . habel ergo maculas cl rugas. sed confessione ruga extenditur,
125 confessione macula abluitur. stat ecclesia in oratione, ut mundetur confessione, cl quamdiu hic vivitur, sie stat; cl eurn de eorpore exierit unusquisque, dimittuntur ei omnia, quae talia habebat ut dimitterentur debita, quia el quotidianis precibus dimittuntur; et tune exit mundatus, et thesaunzatur ecclesia in thesauros domini aurum purum; ac per hoc in thesauros domini
130 ecclesia est sine macula et ruga. et si ibi sine macula et ruga est, hic quid orandum est? ut venia percipiatur. qui dat veniam, maculam extergit; qui ignoscit, rugam extendit. el ubi extenditur ruga nostra? tanquam in tendicula magni fullonis, in cruce Christi. in ipsa enim cruce, id est in ipsa tendicula, pro nobis sanguinem fudit. et nostis fideles quale testimonium perhibea-
135 tis sanguini quem accepistis. certe enim dicitis: «amen». nosris qui sit sanguis qui pro multis effusus est in remissionem peccatorum. ecce quomodo fit ecclesia si ne macula et roga, tanquam bene mundata in tendicula crucis extenditur. sed hic omnino potest id agi. exhibet sibi ecclesiam gloriosam dominus non habentern maculam aut rugam. agit hoc et hic, exhibet ibi. hoc
\40 enim agit, ut non habeamus maculam aut rogam. magnus est qui agit. bene curat, doctissimus artifex est. extendit in ligno et facit nos sine ruga, quos abluendo fecerat sine macula. ipse qui venit sine macula et sine ruga, extensus est in tendicula, sed propter nos, non propter se, ut nos faceret sine macula el ruga. rogemus ergo eum ut faciat, et postquam fecent, ad horrea
145 nos ducat ibique nos reponat, ubi pressorium non erit. [8] tu ergo qui loquebaris, sine macula el roga es? quid hic facis in eccle
sia, quae dicit: «dimitte nobis debita nostra»? debita se habere confitetur, quae relaxentur. qui non confitentur, non ideo non habent, sed ideo eis non relaxabuntur. confessio nos sanat el vita cauta, vita humilis, oratio cum
ISO tide, contritio cordis, lacrymae non fictae de vena cordis profluentes, ut dimittantur nobis peccata, sine quibus esse non possumus. confessio, inquam, nos sanat, dicente apostolo loanne: ((si confiteamur peccata nostro:!., fidelis est el iustus, ut dimittat nobis peccata et mundet nos ab omni iniquitate.» non autem, quia dico quod non possumus hic esse sine peccato, ho-
ISS micidia facere debemus aut adultena uel cetera mortifera peccata, quae uno ictu perimunt. taha non facit bonae fidei et bonae spei christianus, sed illa
224 Vier Themenpredigten
501a, quae quotidiana orationis penicillo tergantur. humiles cl devoti dieamus quotidie: «dimitte nobis debita nostra»), sed si faciamus quod sequitur: «sicut cl nos dimittimus debitoribus nostris.)) sponsia haec eum deo vera
160 sponsia cl fixa candicia est. tu homo es ct habes debilorem cl debitor etiam tu es. accedis ad deum, qui habet debitores ct debitor non est, ut postules tibi debit. rel.xari. sed hoc tibi dicit: «ego debit. non habeo, tu habes debita; debes enim mihi. sed etiam frater tuus debet tibi. debitor mcus es, habes cl tu debitorem. debitor mcus es, quia peccasti in me; habes debitorem fra-
165 trem, quia peccavit in tc. quod feeeris eum debilore tuo, faeio cl ego eum mea, id est, si dimittis, dimitto, si tenes, leneo. tu contra te lenes, qui alteri non dimittis.
nemo ergo dicat se esse sine peccato! sed non tarnen ideo debemus amare peccatum. oderimus ea, fratres; etsi non sumus sine peccatis, oderimus
170 tarnen ea et maxime a criminibus nos abstineamus; abstineamus, quantum possumus, a levibus peccatis! «ego», ait nescio quis, <<non habeo peccata.» se ipsum decipit. et veritas in eo non est. prorsus oremus, ut deus dimittal; sed faciamus quod dicitur, dimittarnus el nos debitoribus nostris! cum dimittimus, et dimittitur nobis. quotidie dicimus hoc el quotidie facimus el
175 quotidie fit in nobis. non hic sumus sine peccato, sed exibimus hinc sine peccato.
Sermo 181 225
[1] Der hochheilige Apostel loh.nnes schreibt in rettungverheißender und wahrredender Weise u.a.: Wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben, bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab. und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, so daß er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt [I 10 I , 8-9]. Mit diesen Worten h.t der heilige loh.nnes, nein vielmehr der Herr lesus selbst, der gewiß durch lohannes spricht, gelehrt, daß niemand in diesem Fleisch, in diesem vergänglichen Leib, auf dieser Erde, in dieser bösen Welt, in diesem Leben voller Versuchungen, daß niemand hier leben kann ohne SUnde. Der Vers ist deutlich und hat keinen Ausleger nötig: Wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben. Denn wer könnte ohne Sünde sein? Wie die Schrift sagt, nicht einmal der Säugling, dessen irdisches Leben nur einen Tag währt [lob 14, 4f.]. Ein so kleines Kind hat keine Sünde begangen, sondern sie sich von den Eltern zugezogen. Folglich kann niemand in irgendeiner Weise behaupten, er sei ohne Sünde gewesen. Der Gläubige aber hat durch den Glauben Zugang zum Bad der Wiedergeburt bekommen, und alles ist ihm vergeben worden. Schon lebt er unter der Gnade, lebt im Glauben, ist zum Glied Christi, zum Tempel Gottes geworden; und doch sollte er, da er Glied Christi und Tempel Gottes geworden ist, behaupten, keine Sünde zu haben, verfUhrt er sich selbst, und die Wahrheit ist nicht ihm; mit einem Wort, er lügt, wenn er sagt: "Ich bin gerecht."
[2] Es gibt aber einige aufgeblasene Windbeutel, die, erfUllt vom Geist ihrer Überheblichkeit, nicht durch Größe imponierend, sondern von krankhaftem Hochmut strotzend, zu behaupten wagen, man könne Menschen ohne Sünde finden. Sie sagen nämlich, daß die Gerechten in diesem Leben durchaus keinerlei Sünde hätten. Es sind aber die häretischen Pelagianer und ebenso die Caelestianer, die dies behaupten. Und wenn man ihnen antwortet: "Was sagt ihr da? Der Mensch lebt also hier sündlos, will heißen, er soll in diesem Leben überhaupt keine Sünde haben weder in seinem Tun, noch Sagen, noch Denken?", entgegnen sie, veranlaßt durch jene hochmütige Aufgeblasenheit, von der sie erruHt sind - wenn sie doch dieser Aufgeblasenheit ein Ende machten, Luft abließen und den Mund hielten, d.h. demütig würden, nicht überheblich - sie entgegnen wie gesagt dann: .. Diese heiligen Menschen, die Gottgläubigen, können weder in ihrem Tun, noch Sagen, noch Denken irgendeine SUnde haben." Und auf die Frage: "Wer sind diese Gerechten, die ohne Sünde sind?", antworten sie mit der Behauptung: "Die ganze Kirche." Ich könnte mich wundem, fände ich einen, zwei, drei, zehn, soviele wie Abraham suchte. Abraham nämlich ist von ftinfzig bis auf zehn heruntergegangen; aber du, Häretiker, nennst mir in deiner
226 Vier Themenpredigten
Antwort die ganze Kirche. Womit kannst du das beweisen? "Ich kann es beweisen", sagst du. Bitte, dann beweise es! Du bereitetest mir nämlich eine große Freude, wenn du zeigen könntest, daß durchaus die ganze Kirche in keinem einzelnen ihrer Gläubigen irgendeine Sünde hat. "Ich kann es beweisen", sagst du. Sage womit! "Der Apostel sagt es." Was sagt der Apostel? "Christus", sagt er, "hat seine Kirche geliebt [Eph 5, 25]." Ich höre, und ich erkenne, es sind die Worte des Apostels: sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, um sich selbst eine glänzende Kirche zu schaffen ohne Fleck oder Runzel oder sonst dergleichen [Eph 5, 26f.]. Wir haben einen mächtigen Donner aus der Wolke vernommen. Der Apostel ist ganz gewiß die Wolke Gottes. Diese Worte sind ertönt, und sie haben uns erzittern lassen.
[3] Doch sagt uns, bevor wir fragen, wie der Apostel diese Worte gemeint hat, sagt uns, wiederhole ich, ob ihr gerecht seid oder nicht. Sie antworten: "Wir sind gerecht." Ihr habt also keine Sünde? Den ganzen Tag und die ganze Nacht über tut ihr nichts Schlechtes, sagt ihr nichts Schlechtes, denkt ihr nichts Schlechtes? Sie wagen nicht "Ja" zu sagen; doch was antworten sie? "Wir freilich sind Sünder; aber wir sprechen ja von Heiligen, nicht von uns." Ich frage euch folgendes: Seid ihr Christen? Ich frage nicht: Seid ihr gerecht? Seid ihr Christen? Sie wagen es nicht zu leugnen: "Ja, wir sind Christen.", sagen sie. Ihr seid also gläubig? Ihr seid getauft? "Ja, wir sind getauft.", sagen sie. Euch sind alle Sünden erlassen worden? "Ja", sagen sie. Wie könnt ihr dann Silndcr sein? Dies genügt mir, euch zu widerlegen. Ihr seid Christen, ihr seid getauft, ihr seid gläubig, ihr seid Glieder der Kirche, und da wollt ihr noch Flecken und Runzeln haben? Wie soll denn die Kirche gegenwärtig ohne Fleck und Runzel sein, während ihr doch ihre Runzel und ihr Fleck seid? Andernfalls, wenn es fllr euch nur eine Kirche ohne Fleck und Runzel geben kann, schneidet euch mit euren Runzeln und Flecken von ihren Gliedern ab, schneidet euch ab von ihrem Leib! Doch wozu soll ich sie noch auffordern, sich von der Kirche abzusondern, wenn sie dies doch schon getan haben? Sie sind ja Häretiker, sie sind schon draußen; mit ihrer ganzen Reinheit sind sie draußen geblieben. Kommt zurUck und hört; hört und glaubt!
[4] Vielleicht werdet ihr in eurem geschwollenen und aufgeblasenen Herzen sagen: "Hätten wir etwa sagen können, daß wir gerecht sind? Aus Gründen der Demut mußten wir natürlich erklären, wir seien Sünder. Aus Gründen der Demut lügst du also? Du bist gerecht, du bist ohne Sünde, aber aus Demut behauptest du, ein Sünder zu sein. Wie kann ich gegen einen anderen dein Zeugnis als das eines Christen gelten lassen, da ich dich doch schon dabei ertappe, daß du gegen dich selbst ein falsches Zeugnis
Senno 1 8 1 227
ablegst? Du bist gerecht, bist ohne Sünde, und behauptest dennoch, Sünde zu haben. Folglich legst du gegen dich ein falsches Zeugnis ab. Gott läßt deine lügnerische Demut nicht gelten. Betrachte dein Leben, prüfe dein Gewissen! Du bist also gerecht, aber du mußt behaupten, du seist ein Sünder? Höre auf Johannes! Er selbst wiederholt fUr dich, was er schon früher wahrredend gesagt hat: Wenn wir behaupten, sagt er, keine Sünde zu haben, bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab. und die Wahrheit ist nicht in UIIS. Du hast keine Sünde, behauptest aber, du habest Sünde. Daher ist die Wahrheit nicht in dir. Denn Johannes hat nicht gesagt: Weil 11 wir behaupten, keine Sünde zu haben, ist in uns keine Demut, sondern er hat gesagt: bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wir lügen also, wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben. Wenngleich Johannes die Lüge ge fUrchtet hat, fUrchtest du die Lüge nicht, so daß du behauptest, ein Sünder zu sein, obwohl du gerecht bist? Wie also soll ich dein Zeugnis in einem anderen Fall gelten lassen, da du doch schon in deinem Fall lügst? Du stellst die Heiligen als Angeklagte hin, solange du gegen dich ein falsches Zeugnis ablegst. Was wirst du erst einem andem tun, da du dich schon selbst in Verruf bringst? Wie wird ein anderer deiner Verleumdung entgehen, wenn du dich mit eigener Zunge lügnerisch anklagst?
[5] Ich frage dich noch einmal anders: Bist du gerecht oder ein Sünder? Du antwortest: "Ein Sünder," Du lügst, weil dein Mund nicht das von dir sagt, was du nach der Überzeugung deines Herzens bist. Also auch wenn du kein Sünder warst, wirst du anfangen, einer zu sein, indem du lügst. Denn du sagst: "Aus Demut erklären wir uns rur Sünder. Gott sieht ja, daß wir gerecht sind," Wenn du also aus Demut lügst, wirst du, solltest du, bevor du gelogen hast, kein Sünder gewesen sein, durch dein Lügen zu dem, was du vermieden hattest. Demnach ist die Wahrheit nicht in dir, wenn du dich nicht in der Weise rur einen Sünder erklärst, daß du auch deinen sündigen Zustand erkennst. Die Wahrheit besteht nämlich gerade darin, daß du sagst, was du bist. Ferner, wie kann es Demut geben, wo Unwahrheit herrscht?
[6] Lassen wir schließlich die Worte des Johannes einmal beiseite: Siehe, im Leib der Kirche, die, wie du sagst, keinen Fleck noch eine Runzel oder sonst dergleichen hat, sondern ohne Sünde ist, siehe, es wird die Zeit des Gebetes kommen, die ganze Kirche ist im Begriff zu belen, aber du für deinen Teil bist draußen; komm zum Gebet des Henm, komm zur Waage, komm und sprich: Vater unser, der du bist im Himmel. Fahre fort: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, so wie im Himmel auch auf Erden! Unser tägliches Brot gib uns heute! Fahre fort und
228 Vier Themenpredigten
sprich: Vergib uns unsere Schulden! Antworte, Häretiker, was mußt du bezahlen? Oder hast du von Gott etwa Kredit bekommen? "Nein", sagt er. Nun, ich werde dich nicht weiter darüber befragen; denn der Herr selbst will erklären, was die Schulden sind, deren Nachlaß wir erbitten. laß uns also die Worte sprechen, die dann folgen: So wie auch wir vergeben unseren Schuldnern . Dies soll der Herr erklären : Wenn ihr nämlich den Menschen die Sünden vergebt, - eure Schulden sind demnach Sünden - wird euch auch euer Valer eure Sünden vergeben. Kehre also, Häretiker, zurück zum Gebet, wenn du taub geworden bist gegenüber der wahren Lehre des Glaubens. Vergib uns unsere Schulden, sagst du es oder nicht? Falls nicht, befindest du dich auch bei körperlicher Anwesenheit dennoch außerhalb der Kirche. Es ist nämlich das Gebet der Kirche, es die Stimme, die die Unterweisung durch den Herrn hören läßt. Er hat gesagt: So sollt ihr beten [Mt 6, 9-14]. Zu den Jüngern hat er gesagt: So sollt ihr beten. Er hat es zu den Jüngern gesagt, hat es zu den Aposteln gesagt, und er hat es zu uns gesagt, welcherlei Lämmchen wir auch immer sein mögen. Zu den Widdern der Herde hat er gesagt: So sollt ihr beten. Seht, wer es gesagt hat und wem er es gesagt hat. Die Wahrheit zu den Jüngern, der Oberhirte zu den Widdern: So sollt ihr beten: Vergib uns unsere Schulden. so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern . Der König hat es zu den Soldaten gesagt, der Herr zu den Sklaven, mit einem Wort: Christus zu den Aposteln; die Wahrheit sprach zu den Menschen, die Erhabenheit sprach zu den Geringen: "Ich weiß, was in euch vorgeht; ich wäge eure Schuld ab, ich lese sie ab von der Skala meiner Waage. Ich kann durchaus sagen, was in euch vorgeht. Ich weiß dies nämlich besser als ihr. Sprecht also: Vergib uns unsere Schulden, so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."
[7] Ich frage dich, gerechter, heiliger Mann, Mann ohne Fleck und Runzel; ich frage dich wie gesagt: Ist dies das Gebet der Kirche, ist es das Gebet der Gläubigen oder der Taufschüler? Ganz sicher ist es das Gebet der Wiedergeborenen, d.h. der Getauften. Schließlich ist es, was alles übertrifft, das Gebet von Kindern. Denn wenn es kein Gebet von Kindern ist, wie kann man dann die Stirn haben zu sagen: Vater unser, der du bist im Himmen Wo seid ihr also, 0 ihr Gerechten und Heiligen? Gehört ihr zu den Gliedern dieser Kirche oder nicht? llir wart dort, seid aber jetzt nicht dort. Wenn sie doch jetzt, da sie sich abgeschnitten haben, vernünftiger Belehrung zugänglich wären und hören und glauben wollten! Spricht die ganze Kirche: Vergib uns unsere Schulden, verdient es folglich verworfen zu werden, wer dies nicht sagt. Wenn wir unsere Schulden sagen, verdienen, bis wir empfangen, was wir erbitten, zwar auch wir es verworfen zu werden, weil wir Sünder sind� doch indem wir tun, was ihr unterlaßt. d.h., in-
Senno 1 8 1 229
dem wir unsere Sünden bekennen, werden wir gereinigt, sofern wir wirk
lich tun, was wir sagen: So wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Wo bist du also, du häretischer Pelagianer oder Caelestianer? Siehe, die
ganze Kirche spricht: Vergib uns unsere Schulden. Sie hat folglich Flecken
und Runzeln. Doch durch das Bekenntnis wird die Runzel geglättet, durch das Bekenntnis wird der Fleck abgewaschen. Die Kirche hält fest am Gebet, um durch ihr Bekenntnis gereinigt zu werden, und solange ihr irdisches Leben währt, bleibt sie dieser Haltung treu; und wenn einer den Körper verläßt, sind ihm alle Schulden vergeben, die ihm ihrer Schwere nach ver
geben werden konnten; denn sie werden schon beim täglichen Gebet vergeben. So geht er dann gereinigt aus dem Leben, und die Kirche wird als reines Gold in der Schatzkammer des Herrn eingelagert. Auf diese Weise also kommt die Kirche ohne Makel und Runzel in die Schatzkammer des Herrn. Wenn sie dort aber ohne Fleck und Runzel ist, um was muß dann hier gebetet werden? Daß Verzeihung erlangt wird. Der, der Verzeihung gewährt, wischt den Fleck ab. Der, der vergibt, glättet die Runzel. Und wo wird unsere Runzel geglättet? Gleichsam auf dem Streckholz des großen Walkers, am Kreuz Christi. Ist es doch das Kreuz, d.h. gerade das Streckholz, an dem er rur uns sein Blut vergossen hat. Ihr Gläubigen aber wißt, welches Zeugnis ihr dem Blut geben müßt, das ihr empfangen habt. Denn ihr sagt zweifellos "Amen". Ihr wißt, was rur ein Blut es ist, das rur viele vergossen worden ist zur Vergebung der Sünden. Gib acht, wie die Kirche ohne Fleck und Runzel entsteht: Sie wird gleichsam nach gründlicher Reinigung auf dem Streckholz des Kreuzes ausgespannt. Doch dies kann durchaus hier geschehen. Der Herr schafft sich eine glänzende Kirche ohne Fleck oder Runzel. Er tut dies anfanglieh schon hier, er schafft sie sich endgültig dort. Denn er ist darauf aus, daß wir keinen Fleck und keine Runzel haben. Mächtig ist der, der da zu Werke geht, er trägt gut Sorge, er ist der Meister seines Fachs. Er spannt uns aus auf seinem Holz und macht unsere Runzeln schwinden, nachdem er uns durch seine Reinigung unbe· fleckt hat werden lassen. Der, der ohne Fleck und ohne Runzel kam, wurde auf dem Streckholz ausgespannt, doch unseret·, nicht seinetwegen, um uns unbefleckt und runzellos zu machen. Wir wollen ihn also bitten, dies zu tun und uns, nachdem er es getan, zu seinen Speichern zu bringen und uns dort aufzubewahren, wo keine Presse drucken wird.
[8] Du, der gesprochen hat, willst also ohne Fleck und Runzel sein? Was hast du dann hier in der Kirche verloren, die sagt: Vergib uns unsere Schul· den? Sie bekennt, daß sie Schulden hat, damit sie ihr erlassen werden. Wer nicht bekennt, ist deshalb nicht schuldlos, sondern ihm wird deshalb nicht vergeben werden. Das Bekenntnis heilt uns und ein Leben, das auf der Hut
230 Vier Themenpredigten
ist, ein Leben in Demut, gläubiges Gebet, ein zerknirschtes Herz und Trä
nen, die ungelogen aus tiefstem Herzen kommen, auf daß uns unsere Sün
den vergeben werden, von denen wir uns nicht freimachen können. Das Bekenntnis, ich wiederhole es, heilt uns, wie es der Apostel Johannes sagt: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, so daß er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt [I 10 I , 9]. Wir dürfen aber, weil ich sage, daß wir hier nicht ohne Sünde sein können, keinen Mord begehen und keinen Ehebruch oder die anderen Todsünden, die mit einem Schlag das Verderben bringen. So etwas tut ein tiefgläubiger
und hoffnungsfroher Christ nicht, sondern bloß das, was der Pinselstrich des täglichen Gebetes ausbessern kann. In ergebener Demut wollen wir täglich sagen: Vergib uns unsere Schulden, vorausgesetzt freilich, wir tun, was darauf folgt: so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern . Diese Abmachung mit Gott ist eine wirkliche Abmachung und eine feste Bedingung. Du bist ein Mensch, und du hast einen Schuldner, und auch du bist ein Schuldner. Du wendest dich an Gott, der Schuldner hat, aber kein Schuldner ist, mit der Forderung, daß dir die Schulden erlassen werden. Doch er sagt dir folgendes: Ich habe keine Schulden, du aber hast Schulden. Denn du stehst bei mir in der Schuld. Dein Bruder aber schuldet auch dir etwas. Du bist also mein Schuldner, hast aber auch selbst einen Schuldner. Mein Schuldner bist du, weil du gegen mich gesündigt hast; so wie du deinen Bruder als Schuldner hast, weil er gegen dich gesündigt hat. Was du mit deinem Schuldner tust, das tu ich mit meinem, d.h., vergibst du, vergebe auch ich, bist du unnachgiebig, bin ich es auch. Du bist daher unnachgiebig gegen dich selbst, wenn du einem anderen nicht vergibst.
Niemand also soll behaupten, er sei ohne Sünde! Aber wir dürfen deshalb die Sünde noch lange nicht lieben. Wir wollen sie vielmehr hassen, Brüder; auch wenn wir nicht ohne Sünde sind, wollen wir sie dennoch hassen und vor allem von den schweren Vergehen Abstand nehmen; laßt uns aber, soweit möglich, auch von den leichten Sünden Abstand nehmen. "Ich", behauptet irgendwer, "habe keine Sünden." Er täuscht sich selbst, und die Wahrheit ist nicht in ihm. Wir wollen inständig bitten, daß Gott uns vergibt; doch laßt uns tun, was gesagt wird, vergeben auch wir unseren Schuldigem! Wenn wir vergeben, wird auch uns vergeben. Wir sollen dies täglich sagen, wir sollen dies täglich tun, dann geschieht es auch täglich mit uns. So sind wir hier zwar nicht ohne Sünde, aber wir werden von hier ohne Sünde fortgehen.
Sermo 1 8 1
c) Disposition
A. PROOEMJUM ( 1 - 17) I. Sententia Ioannis ( 1 -4): 1 10 1 , 8-9 u. Interpretatio (5-8): Niemand kann auf Erden ohne Sünde leben. ill. Affirmatio (8-17): Die einsichtige Wahrheit der Lehre des lohan
neswortes ( 1 ) in Übereinstimmung mit der Schrift: lob 14, 4f. (2) trotz der im Bad der Taufe empfangenen Sündenvergebung
B. NARRATIO (1 8-39)
23 1
I. Transitus ( 18-20): Es gibt aber die hochmütige Behauptung menschlicher Sündlosigkeit
u. Die peIagianisch-caeIestianische Lehre von der Sündlosigkeit der Kirche (20-39) 1 . Explikation (20-22): Behauptet wird eine Sündlosigkeit der Ge
rechten - Identifizierung der Gegner 2. Dialektikon (22-39): Interrogatio: Kann der Mensch denn in jeder
Beziehung sündlos sein? - Affirmatio der Häretiker: Die Heiligen können dies. - Frage nach deren Identität - hochmütige Antwort: Die ganze Kirche - Indignatio: Selbst Abraham konnte nur hoffen. zehn Gerechte zu finden. - Frage nach dem Beweis für die häretische Lehre - Antwort: Eph 5, 25-27 - Simulatio: Diese Worte des Apostels haben uns erzittern lassen.
C. ARGUMENTA TIO (40-167) I. Die 'dialektische' Widerlegung der häretischen Lehre (40-84)
I . Die WiderspTÜchlichkeil des gegnerischen Selbstverständnisses im Hinblick auf Taufe und Kirche (40-56) a) Ankündigung der späteren Auslegung von Eph 5, 25-27 b) Dialektikon: Frage nach der Gerechtigkeit der Häretiker -
Eingeständnis ihrer Sündhaftigkeit - Bekenntnisfragen (Christentum, Taufe, Vergebung der Sünden) werden positiv beantwortet - Interrogationes: Wie könnt ihr dann als Glieder der Kirche Sünder sein? Wie kann die Kirche dann mit euch makellos sein? - Aufforderung zur Abspaltung - und Correctio: Die Häretiker haben die Kirche schon verlassen. - Aufforderung zur Rückkehr und zum gläubigen Hören
2. Die WiderspTÜchlichkeit einer vorgetäuschten Demut (57-84) a) Occupatio: Die Erklärung der eigenen Gerechtigkeit wäre eine
Mißachtung gebotener Demut - Conclusio und Interrogatio:
232 Vier Themenpredigten
Wie soll bei solch falschem Zeugnis in eigener Sache nicht auch ein falsches Zeugnis in fremder Sache erwartet werden?
b) Eine vorgetäuschte Demut findet bei Gott kein Gefallen. c) Aufforderung zur Gewissenserforschung und zum Hören des
Johanneswortes d) Conclusio: Die Leugnung eigener Sündhaftigkeit ist Lüge. -
Interrogationes: Wie kann man diese angesichts des Johanneswortes nicht fUrchten? - und weitere als Expolitio zu a)
e) Rückgriff auf die Ausgangsfrage - und Dialektikon (unter der Voraussetzung der zweiten möglichen Antwort): Das lügnerische peccator (sum) bedeutet, daß sich die Aussage jetzt, auch wenn sie bisher nicht zutraf, bewahrheitet. - Explikation des Wahrheitsbegriffs und abschließende Begründung als !nterrogaho: Wie kann es Demut geben, wo Lüge herrscht?
ll. Die 'praktische' Widerlegung der gegnerischen Lehre (85- 167) 1 . Transitus (85): Wir wollen schließlich von den Worten des Jo
hannes absehen! 2. Die oralio dominica als Gebel der irdischen Kirche (85-145)
a) Das Mitbeten der oralio dominica als Kriterium fIlr die Zugehörigkeit zur Kirche
b) Die oralio dominica als Beleg rur die Sündhaftigkeit der irdischen und als Voraussetzung rur die Sündlosigkcit der himmlischen Kirche
c) Die Auslegung von Eph 5, 25-27 3 . Der wahrhaft chrislliche Lebenswandel ( 146-1 67)
a) Die Folgen ftir den fiktiven Gegner und alle Unbußfertigen b) Die Notwendigkeit eines bußfertigen Lebens - Rückgriff auf I
10 I , 9 c) Das rechte Verständnis der Unvermeidbarkeit der Sünde und
die Warnung vor den Todsünden d) Die ftinfte 'Vaterunserbitte' als sponsio cum deo
D. PERORATIO (168-176) I. Conclusio und Adhortationes ( 168-17 1 ): Niemand soll sagen, er sei
ohne Sünde! - Dennoch sind die Sünden, und besonders die schweren, zu meiden!
ll. kurze Recapitulatio ( 1 7 1 - 1 75) der Lehren von: ( I) 1 10 1 , 8 (2) Mt 6, 1 2
ill. Affirmatio der postmortalen Sündlosigkeit (175-176)
Senno 18 1 233
d) Detailkommentierung (selektiv)
z. I beatissimus [oannes apostolus: Das Adj . beatus, das im philosophischen Sprachgebrauch Ciceros den Inbegriff eines ungetrübten, durch äußere und innere Güter befriedigten Glücks bedeutet (vgl. Tusc. 5, 29 lIeque ulJa alia huic verbo, curn bea/um dicimus, subiecta no/ia esf nis; secretis maUs omnibus cumulala bonorum complexio )443 und auch den seligen Zustand der Verstorbenen (gr. �UiK(lgEC;) zum Ausdruck bringen kann (vgl. OLD 227 s.v. 2), wird in der Sprache der Christen oft als lobendes Attribut verwendet. Abgesehen von Gott selbst bzw. der Dreifaltigkeit, von Märtyrern und kirchlichen Würdenträgern tritt der Begriff auch zum Namen oder Appellativum der heiligen Gestalten des Alten und Neuen Testaments (vgl. Blaise, Dictionnaire 1 12 s.v. 3). Nicht anders als in klassischer Sprache steht das Attribut in solchen Fällen in der Regel im Superlativ'''; Augustin setzt in den Sermones häufig aber auch den als Ehrenbezeugung weniger abgegriffenen Positiv (vgl. rur Ioannes (apostolus) [abgesehen von s. 18 1 Z. 5 docuit beatus Joannes - mit gezielter (rhythmischer) Variation, s.u.] noch s. 1 62, 3 . 4 (pL 38, 887. 889), s. 183, 1 (PL 38, 988), s. 273, 8 (PL 38, 125 1 ), s. 304, I (PL 38, \395)). Auf diese Weise kann der Superlativ wieder leichter ins Ohr fallen, wie etwa im Auftakt der vorliegenden Predigt.
Z. 2ff. si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, et veritas in nobis non est. si autem confessi juerimus peccata noslra, jidelis est et iustus, qui dimittat nobis peccala et mundet nos ab omn; iniquitate: Die hier gebotene Fassung von 1 10 1, 8-9 gehört zur Vetus Latina und kann zum größten Teil dem alten, besonders durch Cyprian bezeugten Texttyp K zugeordnet werden.445 Der Übergang zu einer jüngeren Textfonn (T) deutet sich vornehmlich durch die Auslassung von dominus nach fidelis es! el iustus sowie die Verwendung von seducimlls an, welches statt decipimus (vgl. in Z. 172 se ipsum decipit) als Übersetzung von J(A(lvöi�EV nicht vor 400 im Gebrauch iSt.446 Darauf, daß Augustin beim Zitieren des I. Johannesbriefes im Wechsel mit älteren Zeugnissen auch die stärker von 'europäischem' Wortschatz geprägten Texte der T-Tradition gelten läßt, die zu seiner Zeit in Afrika neben die Überlieferung Cyprians und der Dona-
-----_ .
• 4) Vgl. Krebs-Schmalz 1 234. 444 Vgl. KOFFMANE, Geschichte, 1 1 8-1 20. 44S Vgl. Epistulae Catholicae, hrsg. v. W. 1'HlELE. Freiburg 1 956-1969 (Vetus Latina 26/1),
253-258. 446 Vgl. W. 1'HlELE, Wortschatzuntersuchungen zu den lateinischen Tex;ten der Johannes
briefe (Vetus Latina 2). Freiburg 1 958, 40.
234 Vier Themenpredigten
tisten treten"', weist in s. 1 8 1 später auch der erneut angefUhrie Vers 1 , 9 hin: si confiteamur peccata nos/ra, fidelis est et iustus, ut dimittat nobis peccata (= T) ( ... ).'" Vulgatavarianten zu 1 10 begegnen Augustin, wie Thiele beobachtet, bei Caelestius und Julian v. Eclanum, deren Lesarten er bisweilen in seinen Gegenschriften aufgreift.-449
1 10 1 , 8 ist (nach 1 10 3, 2) die von Augustin am häufigsten kommentierte Stelle des I. Johannesbriefes. Denn wie kein anderer Schriftbeleg ist dieser Vers geeignet, gegen die häretische Lehre von der impeccanlia aus dem Sündenbekenntnis des Lieblingsjüngers Jesu, der dem Geheimnis seiner Göttlichkeit am nächsten gekommen ist und im Höhenflug seiner Erkenntnis das Wort bei Gott selbst geschaut hat (vgl. cons. ev. 1 , 7 (CSEL 43, 6f.), abzuleiten, daß selbst die heiligen, nach Pfingsten schon geistbegabten Apostel nicht ohne Sünde sind, von den 'gewöhnlichen' Christen ganz zu schweigen.450 Auch s. 1 8 1 baut wesentlich auf die Autorität des johannei-
m Vgl. THIELE, Vetus Latina 26/1 , 8 1 " u. 84-, ••• Vgl. ebd" 257f. 4049 V g\. ebd., 8 1 ·f . • � Vgl. LA BONNARD1ERE, commentaires simultanes, 132, Anm. 6. Unter den von LA BON.
NARDIERE angegebenen Stellen zeigt sich dieses argumentum a majore ad minus besonders deutlich in s. 135, 7-8 (vennutlieh aus dem Jahr 4 17 mit zunächst (siehe s. 135, 2) antiarianischer Sloßrichtung, vgl. KUNZf.LMANN, Festlegung 48f. u. 55(.). Dort begegnet Augustin, nachdem er den Schriftbeweis fur die Sündhaftigkeit der saeerdo/es ve/eris popilli (Lv 16, 6; Hbr 7, 27) aber auch der aposlo/i saneli (Mt 6, 12) gefuhrt hat, dem Einwand, die Apostel seien, als der Herr sie beten gelehrt habe, noch nicht spirituales gewesen, auf folgende Weise (PL 38, 750): ergo pOSleaquam surrexiI, lune eos eonfir. mavil, fune faeti sunf spiritlla/es. iam ergo non habebant peccatum? spirituales aposfoU seribebanf spirituales epislolas, eeclesiis miltebant: non habebant peeearum, hoc dicis. non Nbi credo, ipsos interrogo. dieite, saneti apostoU, pOSleaquam surrexiI dominus er conjjrmavit vos spiritu sanCIO missa de eae/o, cessastis habere pecealum? dieite nobis, obseero. audiamus, ne desperenl peeealores, ne desinant rogare deum, quia nOIl sunt si· ne peecoro. dicite lIobis. ait unus ipsorum. el quis? quem dominus amplius diligebat ef qui super peetus domini diseumbebat el regni eae/orum quod ruc/uarel seeretum bibe· bat. ipse eum inlerrogo: habetis peeeatum, an non? respondet et dicit: si dixerimus quia peccalum non habemus, nos ipsos decipimus, CI veritas in nobis non esl. loannes autem ille es', qui dixil: in principio eral verbum, et verbum erat apud deum, el deus erat ver· bum [10 I > 1 ] . videte quanta Iranscenderat, ul perveniret ad verbum. taUs ae tan/us, qUl volavit sieu! aquila super nubes, qui mentis serenilaie cernebat, in principio erat ver· burn. ipse dixit: si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos decipimus, el veri· las in nobis non esl. si aulem confessi fuerimus peccala noslra, fidelis et iustus est, UI dimittat nobis peccata nostra el mundet nos ab omni iniquitate ( . . . ). Vgl. auch civ. 20, 17 (CCl 48, 729), c. ep. Pel. 4, 27 (CSEl 60. 557) (s.o. den Hinweis zu lob 14, 4), cont. 25 (CSEl 41 , 1 73), ep. 167. 10 (CSEl 44, 59), 10. ev. Ir. 4 1 . 9 (CCL 36. 362). ep. 10. Ir. 5, I (PL 35, 2012) (in Harmonisierung von 1 10 1 , 8 und 3, 9 (qui nalus est ex deo, non peccat), wozu Augustin das non peccat als dielUm seclllldum quid auf den Verstoß gegen
Senno 18 1 235
schen Zeugnisses; der Prediger macht sich hier jedoch im ersten Hauptteil der Argumentatio nicht so sehr diesen loeus a comparationeJ,SI zunutze, sondern folgert aus I 10 I , 8 das sündige mendacium der Gegner, das im Widerspruch zu ihrer venneintlichen humilitas steht (vgl. c. ep. Pel. 4, 17 (CSEL 60, 540f.) oder en. Ps. 1 1 8, 2, I (CCL 40, 1668f.)).4S2
Z. 8 ( ... ) nec exposi/ore indige/: Eine Umschreibung der Aussage durch Verbalabstracta auf -tor ist im christlichen Latein keine Seltenheit (vgl. Blaise, Handbook § 20). Augustin versteht es, seiner Rede damit größere Nachdrücklichkeit zu geben; diese Absicht wird bei der Fonnulierung der Praeteritio einer bestimmten Versauslegung besonders dann deutlich, wenn anstelle einer ausschließlich verbalen Formulierung (wie etwa non opus esl ut exponatur [sc. Ps 29, 4] (en. Ps. 29, 2, 1 3 (CCL 38, 1 38), hoc quid opus est diu expolli (en. Ps. 33, 2, 1 3 (CCL 38, 291), lIumquid enim ista exponenda sunl s. 32, 25 (CCL 41 , 409)) die Periphrase als Adiunctio erscheint (hier in s. 1 8 1 als semantische Steigerung von absolula senlenlia esl), die gelegentlich auch in adversative Fonneln der Correctio gekleidet wird (vgl. z.B. cetera plano sunl: non quaeront expositorem. sedfaClorem (5. Frangip. (MA I , 21 8)) oder noch betonter manifesie eil im duil, nec exposilorem habent ista necessarium, sedfaclorem (s. 42, I (CCL 41 , 504)).
Z. 10 (. , ,) nee in/ans cuius est vita die; unius super terram: nach LXX lob 14, 4f. n<; y<ig Kaßago<; (mOl CutO (>""ou; an' oußtt<;, t<iv Kat Illa lillEga 6 ßlO<; airroii tlIt ,\1<; y\1<;. Die Zusammenstellung von 1 10 I , 8 mit lob 14, 4f. bzw. der Vergebungsbitte aus Mt 6, 12, auf welche sich der zweite Hauptteil der BeweisfUhrung von s. 18 1 vornehmlich stützt, konnte Augustin schon in den katechetischen Schriften Cyprians finden. So beruft er sich u.a. auf die von Cyprian in domin. orat. 22 und testim. 3, 54 gebotene Schriftauslegung, als er im 4. Buch der 420/2 1 verfaßten Schrift Conlra duas epistulas Peiagianorum4Sl die von Julian v. Eclanum vorgetragene laus sanelorum (d.i. die Überzeugung, daß die Christen durch die Taufe zu einer Gemeinschaft von Heiligen werden - s.u. zu Z. 1 5f.) bekämpft, eine von runf Lehren, mit welchen die Pelagianer angeblich helfen wollen, den
'das neue Gebot Christi ' (vgl. 10 13, 34) beschränkt, vgl. ebd. 5, 2f. (PL 35, 201 3f.)), s. 1 1 4, 4 (RB 73 (1963), 25), s. Dolbeau 26, 55 (RechAug 26 (1 992), 134) .
• ,. Vgl. Lausberg § 396. m Zur Anwendung beider Iod (a comparalione und a contrario) vgl. Z. 7 1ff. si mendad·
um timuit loannes, tu mendacium non limes, ut cum sis iustus, dicas te esse peccalorem7 4Sl Vgl. GEERUNGS, Augustinus. 11. E. Antipelagianische Schriften 2., 88f.
236 Vier Themenpredigten
Fallstricken des Manichäismus zu entgehen, den sie Augustin vorwerfen4S., vgl. c. ep. Pel. 4, 27 (CSEL 60, 556f.): nlrSIiS in eadem [sc. epis/lIla de oratione dominica], cum exponeret quod dicimus: "dimitte "obis debita nostra": quam necessarie autem, inquil, quam providenter el salubriter ammonemur, quod peccatores sumus, qui pro peccatis rogaTe conpellimur, ul, dum indulgentia de deo petitur, conscientiae suae animus recordetur. oe quis sibi quasi innocens placeat et se extollendo plus pereat, instruitur et docetur peccare se cotidie, dum cotidie pro peccatis iubetur orare. sie denique cl Iohannes in epistula sua manet dicens: "si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos decipimus et veritas in "obis non est; si autem confessi fuerimus peccata "astra, fidelis et iustus est qui nobis peccata dimittat." merito et ad Quirinum de hac re absolutissimam sententiam suam proposuit, cui testimonia divina subiungeret neminem si ne sorde et sine peccato esse. ubi eliam Wa testimonia posuit, quibus conjirmatur originale peccatum, quae conantur isti in nescio quos alios novas sensus pravosque canvertere, sive quod ait sanctus lob neminem esse sine sarde nec cuius sit vita diei unius super terram, sive quod in Psalmo legitur: in facinore conceptus sum et in peccatis me mater mea in utero aluit [Ps 50, 7). quibus testimoniis propter eos etiam qui iam in aetate maiore swlI sancti, quia "ec ipsi sunt sille sarde alque peccato. adiunxit etiam Wud beatissimi lohannis, quod multis et aliis loeis saepe commemorat: si dixerimus quia peccatum non habemus el cetera eiusdem senlenriae, quae ab omnibus ca/halids non lacentur adversus istas, qui se ipsos deeipiunl et in eis veritas non est. Der Einsatz vom 1 10 1 , 8 und Mt 6, 1 2 im Rahmen antihäretischer Polemik dUrfte Augustin zudem aus Optat. 2, 20 (CSEL 26, 55-57) bekannt sein, wo die Schriftstellen in Verbindung mit dem Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner (Lc 18, 9-14) dazu dienen, den exklusiven Heiligkcitsanspruch der Donatisten als Hochmut zu entlarven."ss Das lobzeugnis weiß Augustin besonders von Hieronymus bei seiner Invektive gegen Iovinian verwen-
4s.t Vgl. c. ep. Pel. 4, 1 .2 (eSEL 60, 520. 522) sowie die instruktive Zusammenstellung der runf pelagianischen laudes und ihrer Gefahren in 4, 1 9 (ebd., 542) ( ... ) desinant Pelagiani quinque istamm rerum insidiosissimis laudibus, id est Jaude ereaturae, lallde 'lIIpliarum, laude Jegis, Jaude fiberi orbitrii, loude sanetorum, quasi 0 Manieheorum ten
dieulis fingere se homines velle eruere, ut possint eos suis retibus impficare, id est UI negent originale peceatum et parvulis invideant Christi medici auxiUum et ut dieam gra· tiam dei secundum merita nostra dori ae sie grolia iom non sit gra/ia et ut dieont salle· tos in hoe vito non hobuisse peccatum oe sie evaeuetur oralio quam sonelis trodidit qui 1I0n habebat peeeotum et per quem sonet is oranlibus dimittitur omne peccotum. ad hoec trio mala homines incautos et ineruditos quinque iIIorum bonorum froudulen/a laude seducunt.
m Vgl. LA BONNARDIERE. commentaires simultanes, 137f.
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det " · Die auch hier in s. 18 1 mit lob 14, 4f. belegte Erbsilndenlehre (vgl. Z. 10-12 talis parvulus peeeatum non Jecil, sed de parentibus Iraxil. ergo nullo modo quisquam pOlesi dieere non se habuisse peeealum) lehnt der Pelagianismus ab'''; Caelestius sieht nach Augustins Bekunden daher bei einer solchen Inanspruchnahme des Verses die Zerstörer des freien Willens am Werk und verweist im Gegenzug auf LXX lob 12, 4 ius/us enim "ir el sine querella [aclus sum und 13, 8 ecce ego proximus sum iudicio meo el seio quia iuslus inveniar (vgl. perf. ius!. 23f. (CSEL 42, 23f.» ."·
Z. l5f. et lamen sie quomodo membrum Christi et lemplum dei Jaclus est, si dixerit se non habere peccatum, seipsum seducit, el veritas in eo non esl: Mit dem durch sie quomodo (= sieul) eingeleiteten Kolon wird der Zustand angegeben, der bei si dixerit . . . vorausgesetzt ist� vgl. zur Konstruktion s. 297 , 8 (PL 38, 1 363) eerle vita isla laboribus plena esl, aerumlIis, tentationibus, miseriis, doloribus. limorihlls plena esf ista vita: cerle manifestum est quia his omnibus maUs plenQ esl. el tarnen sie quomodo omnibus maUs plena es/, si quis Warn nobis darel ae/ernam sie, talern qualis es,. quall/as gratias ageremus, ut semper miserE essemus? flan talem promittit, nOIl quicumque homo, sed deus verllS. vera veritas promitlit vitam, 1Ion solum aeternam, sed etiam beatam (siehe auch s. 3 1 1 , 14 (PL 38, 1419), s. Dolbeau 2 1 , 1 3 (REAug 37 ( 1991)), 283).
Obgleich die Taufe nach christlichem Verständnis ein lavacrllm regenerationis (vgl. Tit 3, 5) darstellt, ist, wie Augustin hier betonen will, die damit verbundene vollständige Sündenvergebung nicht mit Silndlosigkeit gleichzusetzen. Für Pelagius, der durch die Taufe nicht nur jede begangene Schuld erlassen, sondern auch die sündige cOflsuetudo des Menschen entkräftet sieht4S9, wird das Bild vom corpus Christi zum Deutungsmittel der paulinischen Vorstellung der Taufe als Teilhabe an Tod und Auferstehung Christi (vgl. Rm 6, 3-1 1 ).'60 Dieser 'leibhaftigen ' Verbundenheit der Getauften mit Christus und dem Wirken des Hl. Geistes verdankt die Kirche ihre Heiligkeit"\ die Pelagius besonders durch Eph 5, 27 belegt wissen
'56 Vgl. pecc. mer. J, 1 3 (CSEL 60, 140), cp. 166, 6. 21 (CSEL 44, 555. 577). m Vgl. z.B haer. I , 88, 6 (CCl 46, 34 1 ) parvulos eliam negant secundtun Adam earualiter
'Ialos cO'llagiultl ",orl;s atltiquae prima nativita!e eontrahere. sie enim eos s;ne ullo peccali originafis vincufo asserunt nasci. ut prorslLf non sit quod eis oporteat secunda nativitate dimilli . • sa Den Hinweis auf diese Stelle gibt O'OoNNELL. Confessions 11, 43f. (zu conf. I , 1 1 ).
U9 Vgl. S. 1'H1ER, Kirche bei Pelagius. Berlin 1999 (PTS SO), 88f. 46(1 Vgl. ebd. 98- 1 0 1 . "61 Vgl. ebd. 105-1 10.
238 Vier Themenpredigten
will (vgl. in s. 1 8 1 Z. 29_3 1 ).462 Als ihm auf der Synode von Diospolis (415) seine Interpretation dieses Verses (ecclesiam hic esse sine macula e/ roga) vorgeworfen wird<463, entgegnet er: die/um esl a nobis, sed i/a, quan· iarn lavacro ab omn; macula et roga purgatur ecclesia. quam velit ita dominus permanere (gest. Pel. 28 (CSEL 42, 8 1 » . Augustin zeigt in seinem Kommentar der Synodenprotokolle, wie Pelagius hier seinen katholischen Richtern entgegenkommt. In wachsamer Umsicht spricht er von der unbestreitbaren Taufwirkung sowie der dem Herrn (und damit natürlich auch den Bischöfen) geflilligen Vollendung einer makellosen Kirche im Reich Gottes, während die (Hir die Beurteilung seiner Lehre entscheidende) Zeit zwischen lavacrum und regnum, welche fur Augustin durch die Bitte um Nachlaß der Sünden bestimmt ist (tempus ora/ionis), nicht behandelt wird (vgl. ebd.); siehe auch c. ep. Pel. I , 27 (CSEL 60, 446), s. 56, 12 (RB 68 (1958), 33, s. 57, 9 (Homo sp. (1 987), 42 1) u. in s. 1 8 1 bes. die Z. 125f.).
Z. 1 8 sunt autem quidam inflati ulres: ist ein sprichwörtlich bekanntes Bild, vgl. Petron. 42, 4 Ulres inflali ambulamus (d.h . .. Wir Menschen sind nichts weiter als aufgeblasene Schläuche, wir sind hinflillig und im Innern hohl.""'), von aufgeblasener Eitelkeit auch bei Hor. sat. 2, 5 , 96-98'" (Gefragt, wie das (durch die Freier und den Schiffbruch) verlorene Vermögen zu ersetzen sei, weiht Teiresias Odysseus in die Erbschleicherei ein und mahnt U,3.) importunus amat laudari; donec .. olze jam" I ad cae/um manibus sub/atis dixerit, urge eI l crescen/em tumidis infla sermollibus utrem.
z. 21 f. hll.eretici Ilutem sunt PelDgiDni iidemque Cileiestian;, qu; hoc dicunt: Anders als das schon früh aus dem Griechischen übernommene haeresis, das im profanen Sinne noch .. philosophische Schule I Sekte" bedeutet (vgl. OLD 784 s.v.), wird haere/icus erst von christlichen Schriftstellern verwendet, wobei neben dem häufigeren substantivischen Gebrauch von Anfang an auch das Adjektiv zum Einsatz kommt (vgl. Ti! 3, 10 haereticum hominem).466
�l Vgl. cbd. 102 u. 277 . • " Vgl. gest. Pel. 27 (eSEL 42, 80) . .t6C A. Orro, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer. Leipzig 1 890,
Nr. 1841. �s Vg!. ebd. '66 Vgl. MOHRMANN, Sondersprache, 1 1 6. Die heute geläufige Unterscheidung von 'Häre
sie' als "Verlust der Glaubenseinheit" vom 'Schisma' als "Verlust der Kircheneinheit" (vgl. H. WALDENFELS, Kontextuelle Fundamentaltheologie. Paderbom 2 1988, 48) war auch schon zu Augustins Zeiten bekannt, wenngleich die Begriffe nicht inuner scharf getrennt wurden. "Grundtenor der patristischen Äußerungen ist, daß das Schisma auf die
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Wenn neben Pelagiani auch Caelesliani als Appellativum im Gebrauch war, so zeigt dies, daß der prominente Schüler, der sich als ,,Propagandist" und .. Organisator" der pelagianischen Sache besonders ausgezeichnet hat und fiir den Beginn des Streits mit der nordafrikanischen Catholica verantwortlich zeichnet467, in der öffentlichen Wahrnehmung nicht hinter dem Lehrer zurückstand, vgl. Aug. haer. I, 88, I (CCL 46, 340) Pelagianorum es! haeresis hoc tempore omnium recentissima a Pe/agio monacho exorta. quem magistrum Cae/estius sie secutus est, ut sectatores eorum Caelestiani etiam nuncupentur.
Z. 25 reflarentur: Zu diesem, wie es scheint, vor Augustin nicht belegten metaphorischen Gebrauch des Verbs, den er hier selbst glossiert (id esl humilesfieren/), vgl. noch en. Ps. 73, 8 (CCL 39, 1 0 1 1 ) ( . . . ) quomodo dicil
Dauer zwingend zur Häresie wird und Häresie ipso facto immer schon Schisma ist." (N. BROX, Häresie: RAC XIII, Sp. 276). In seiner Reaktion auf den Grammatiker Cresconi· us, der als Donatist daran intcressicI1 ist, nicht unter die staatliche Häretikergesetzge· bung zu fallen (vgl. ebd.), und ihm daher vorwirft, die donatistische Spaltung unzutreffend haeresis und nicht schisma genannt zu haben, siquidem haeresis est diversa sequentium secla, schisma \/ero idem sequenlium separatio (Crese. 2, 4 (eSEL 52, 363}), läßl Auguslin erkennen, daß er zwischen den Begriffen lieber graduell als sachlich differenzieren will: proinde quamvis inter schisma et haeresim magis eam disti/Jclionem adprobem, qua dicilur schisma esse recens congregationis e.x. aliqua senlentiarum diversilate dissensio - neque enim et schismaJieri potest, nisi diversum aliquid sequanlur qui faciunl -, haeresis aulem schisma inveleratum, lamen quid hinc opus esf ul laborem, cum me tafftum adiuvent deJinilioffes tuae, uf, si mihi et per alios ves/ros concederetur,
schismatieos vos libentius quom haeretieos dieerem [wäre doch dann angesichts der Einheit in der GOHesverehrung, Sakramentenlehre und Kultausübung, die nach Cresconius im Schisma erhalten bleiben soll, die donatistische Praxis der Wiedertaufe besonders verwerflich] (Cresc. 2, 9 (ebd., 267» . In einer Reihe mit haeresis oder schisma kann Augustin auch praecisio oder andere Begriffe der Abspaltung verwenden, vgl. s. 4,
33 (Cel 4 1 , 44), s. 1 64, 1 0 (PL 38, 900) sowie DROBNER, Predigten zum Buch Genesis, 159f. Anm. 156, der in diesem Zusammenhang an die .. Symbolik des ungeteilten Rockes Christi (Joh 19, 23) als Bild der einen Kirche" denkt, die er in en. Ps. 145, 1 6 und 10. ev. Ir. 13, 1 3 findet. Bei den verbalen Formulierungen, die der Prediger in s. 1 8 \ in den Z. 53ff. zum Ausdruck des häretischen Tuns wählt, hat er die 'eine Kirche' offenbar als corpus Christi vor Augen.
461 Vgl. eh. PIETRl, Die Schwierigkeiten des neuen Systems (395-43 1). Die fUhrende Häresie des Westens: Pelagius: Geh H, 533f. In gr. et peCC. or. 2, 1 3 (CSEL 42, 175) erklärt Augustin, daß Lehrer und SchUler in der Ablehnung der ErbsUndenlehre übereinkommen und sich lediglich in ihrem Charakter unterscheiden: proinde si ostendero eriam ipsum [sc. Pelagium) nihil aliud senIire de parvulis nisi quod siffe ulla cltiusquam villi contagione nascunlur, quid inter istum el Caelestium in hac quaestione dislobit, nisi quod iIIe [sc. Caelestius] apertior, isle occultior fuit, iIle perlinador, iste mendador vel cerle iIIe liberior, Mc astutior? Vgl. G. BONNER, Caelestius: Al l , Sp. 694.
240 Vier Themenpredigten
[sc. Gabrief] Daniel: a principio orationis tuae egressus est sermo [Dn 9,
23). hoc el dominus ipsi Pi/alo inflanti se. el ponenti signa sua, signa, el non eognoseenti [vgl. Ps 73, 4f.], el dieenli ad Chrislum: mihi non respondes? nescis quia potestatem habeo occidendi te, et potestatem habeo dimittendi te [10 19, 10]?») et dominus ad inflatum, tamquam vesicam refIandam pungens: non haberes, inquil, in me potcstatem, nisi data tibi esset desuper [10 19, 1 1 ] .
Z. 29f. mirari pOluissem, si invenirem unum ( . . . ): Der Konj . Plqpf. tritt in der hier vorangestellten Apodosis des hypothetischen Satzes flir den Konj . Impf. (Irrealis der Gegenwart) ein, vgl. zur Möglichkeit dieser Tempusverschiebung Hofmann-Szantyr 321 . - quol quaerebal Abraham: vgl. Gn 18, 24-32.
Z. 33 f. in singulis quibusque jidelibus suis: steht pleonastisch flir in singulisfidelibus suls, vgl. Blaise, Dictionnaire 762 s.v. singuli.
Z. 39 el Iremere nos feeerunl: Kausatives Jaeere mit folgendem aci kommt in der Prosa der klassischen Zeit nur vereinzelt vor (wie etwa bei eie. Brut. 142, wo von der actio der Konzinnität wegen gesagt wird: nulla res magis penelrOt in animos eosque fingil format fleeti! lalesque ara/ores videri Jaeil. quales ipsi se videri volunl). Im Spätlatein findet sich die Konstruktion (seit der Vetus Latina und Tertullian) vergleichsweise häufig, insbesondere in .. volkstümlichen Texten", vgl. Hofmann-Szantyr 354f. (Zusatz), Kühner-Stegmann I 694.
Z. 49 suJJicit mihi unde vos repellam: Zu der bei christlichen Autoren freieren konjunktionalen Verwendung von unde vgl. Blaise, Handbook § 1 9 1 , 2; die Junktur sufficil unde hat Augustin, soweit ich sehe, nur noch in s. 177, 1 1 (SPM I , 73) sulficil unde vivam; doch das Adverb tritt auch an anderen Stellen gelegentlich ftir ul (insbesondere in final-instrumentalem Sinne) ein, vgl. etwa ep. 217, 13 (CSEL 57, 413) proplerea deus, ul omnia
futura opera sua in praedeslinatione praesciverit, sie iIlo disposuit, ur quosdam non credenles ad fidem suam orationes credentium pro eis exoudiendo converlal. unde [= qua od. ul eo] re/uten/ur el, si file es! eis propitiUS, corrigantllr, qui putant gratiam dei esse naturam fiber; arbitrii ( . . . ), ebenso c. Faust. 5, 6 (CSEL 25, 1 , 278) neque enim Chrislus vobis praeee-
Sermo 1 8 1 241
pi!, ut herbam non evellatis, ne homicidium perpe/relis468, qui discipulos SUDS per segetem Iranseuntes et esurientes vellere spicas sabbato non proIribuit [vgl. Mt 12, 1-8], unde convincerel el praesenles ludaeos el/ulurOS Manichaeos.
z. 77 ius/us es au/ pecca/or?: In der klassischen Sprache wird die Gegensätzlichkeit der direkten disjunktiven Frage durch an zum Ausdruck gebracht (wobei das erste Kolon bei Cicero meist nur dann partikellos steht, wenn der Gegensatz von der Negation gebildet wird: 'Typus: maneamus an n01l' , vgl. Hofmann-Szantyr 465); alll verbindet dagegen gleichartige Begriffe in einfachen Fragen, vgl. Kühner-Stegmann n 529f., Krebs-Schmalz 1 227.
Z. 83f. veritas au/em ipsa eSl, u/ quod es dicas ( •.. ): Nach der voraufgegangenen Periode, die die notwendige Bedingung innerer Wahrheit angegeben hat - das wahre Sündenbekenntnis setzt eine entsprechende Selbsterkenntnis voraus -, folgt zur weiteren Begründung (autem = enim - spätI. nicht selten, vgl. Hofmann-Szantyr 490) eine Explikation des dabei zugrunde gelegten 'aristotelischen' Wahrheitsbegriffs: Wahrheit besteht (aussagenlogisch betrachtet) darin, daß gesagt wird, was der Fall ist (vgl. Arist. Metaph. 10 1 1 b 26-28 "{(l �EV yaQ AEytlV TO öv �" dVIll ij 1:0 �" OV dvm Ij>EUOo�, 1:0 OE 1:0 OV dVIll Kai 1:0 �" OV �" dVOl aATJßt�, i.xHE Kai 6 AEY(j)V dVIll ij �" <lATJßEOOEl ij Ij>EOOE1:Ill).
Z. 87 ecce veniet hora orationis, oratura es! tota ecclesia: ist in Erwartung der oralio dominica gesagt, die gegen Ende des 4. Jh. in der afrikanischen Liturgie vom Priester als Kommuniongebet nach der [rac/io panis laut gesprochen wurde, während die Gläubigen still mitbeteten (vgl. ep. 149, 1 6 (CSEL 44, 362), s. 58, 12 (EcOr 1 ( 1984), 1 3 1 ) .'69 Da das 'Vaterunser' unter die Arkandisziplin fiel und den Taufbewerbem erst unmittelbar vor der Taufe anvel traut wurde41O, nennt Augustin es im folgenden eine oratiojidelillm, i.e. baptizalorum (vgl. Z. 1 13).
461 Mehr noch als die übrigen Lebewesen waren fUr die Manichäer die Pflanzen vom göttli. chen Licht beseelt, und sie durften daher von den Elecli nicht geerntet werden, vgl. z.B. mor. 2, 60 (eSEL 90, 142).
469 Siehe VAN DER MEER, Augustinus, 4 1 7 mit Anm. 55 u. 59; J.A. JUNGMANN, Vaterunser. n. In der Liturgie: L ThK2 X, Sp. 628.
·470 Vgl. ebd., Sp. 627.
242 Vier Themenpredigten
Z. 88 velli ad Irutillam : Wie schon in der profanen Literatur und dann besonders auch in der LXX zu finden, steht die 'Waage' in Augustins Predigten sinnbildlich filr eine Entscheidung über das Schicksal oder den Wert des Menschen.'" Dabei erfolgt die 'Psychostasie' entweder bereits jetzt durch das menschliche Gewissen (und damit Gott als inlerior inspeetor en. Ps. 85, 3 (CCL 39, 1 1 78), siehe auch s. 330, 3 (PL 38, 1457), s. 302, 5 (SPM 1 , 303) si aliqua statera aequitatis invenitur in arca cordis sui u.ö.) oder am Jüngsten Tag durch die göttliche Gerechtigkeit (en. Ps. 72, 23 (CCL 39, 998) totum hoe quod voea/ur humanum genus, omnis ista massa mortaUtatis ventura es! ad examen, ven/ura esl ad libram; appendentur ibi opera hominum).472 In s. 1 8 1 wird die ara/ia dominica gleichsam zum Instrument, mit dem sich die wahrhaftige Demut, und d.h. die Zugehörigkeit zur Kirche abwägen läßt; doch auch hier ist letztlich Christus als derjenige vorgestellt, der die Skala der Waage genau ablesen kann, vgl. Z. 107ff. seio quid in vobis aga/ur; ego vas appendo, ego de trutina mea renuntio, prorsus dico quid in vobis agitur. hoc enim plus quam vos seio.
Z. 1 19 quousque id quod pelimus accipiamus: Spätlateinisch kann quousque rur dum oder quoad = "solange alsu bzw, "solange bis" eintreten, vgl. Hofmann-Szantyr 655.
Z. 129f. ( ... ) IIC per hoc ill Iheslluros domilli ecelesill esl sille macula el ruga: Zu esse c. ace. in Vertretung eines Verbs der Bewegung - schon altlateinisch, bei Cicero etwa in der amtssprachlichen Wendung in potes/atem esse (= in palestatem venire eaque esse) vgl. Manil. 33; Verr. 2, 5, 98, im Spätlatein häufig und freier - vgl. Hofmann-Szantyr 276f., KühnerStegmann I 593f. Bereits im Judentum ist das 'Schatzhaus des Lebens' als ein Ort vorgestellt, an dem die Gerechten nach dem Tode von Gott aufbewahrt werden, und auch im NT findet sich der Gedanke, daß Gott im Sterben der Geist übergeben wird (Lc 23, 46) oder daß die Seelen der Märtyrer am Fuße des himmlischen Altares Gottes aufgehoben sind (Apc 6, 9)'''
471 Vg!. etwa 11. 22, 2 1 , wo Zeus die Todeslose von AchilI und Hektar wägt, ein Bild, das Augustin sicher nicht zuletzt aus der Übertragung Vergils auf Aeneas und Turnus kennt: Aen. 12, 725·727 /uppiler ipse duos aequato examine Jances I suslinel et fata imponit diversa duorum, I quem damnet labor el quo vergat pondere Jetum. Die bekannteste alt!. Stelle, welche die 'Waage' als Metapher rur das (End)gericht Ober einen einzelnen ver· wendet, ist wohl On 5, 27 wo Belsazar vom Propheten das 'tekel' aus der Geisterschrift gedeutet bekOlidlit (nach LXX 0': t<T"\O� [sc. � IlaOl).E!a oou] tv �UY41 .ai EtiQtO� ixnEQolloa), vgl. G. BERTRAM, �uy�. A. in LXX: ThWNT 11, 899.
471 Siehe dazu auch P�UE, langage symbolique I, 144f. m Vg!. F. HAUCK, ß'loaVQ6<;. tn,oa\JQi.�(IJ: ThWNT 111, 137.
Senno 1 8 1 243
(siehe auch die folgenden Erläuterungen zu Z. 132f.) Wenn Augustin im Zusammenhang von s. 181 davon spricht, die Kirche werde nach ihrem irdischen Dasein in der Schatzkammer des Herrn als reines Gold eingelagert, hat er darüber hinaus vielleicht das Bild der fomax aurificis vor Augen, welches er sonst häufiger rur die gottgewollte Prüfung und Reinigung der Gerechten durch die Iribulatio mundi verwendet: vgl. s. Denis 24, I I (MA I , 1 52) mU1ldus lanquam fomax esl aurificis [vgl. Prv 27, 2 1 , Sir 27, 6], iusti tanquam aurum, impii tanquam pa/ea, tribulatio sieut ignis. numquid aurum purgaretur, nisi pa/ea urere/ur? fit quod impf; ad cineres redigun/ur; cum enim blasphemant, el murmurant contra deum, dnls ejJiciuntur. ibi aurum purgatum - fusti, qui tolerabiliter ferunt omnes molestias huius mundi, et in suls tribulationibus deum [audanl - aurum purgatum redigi/ur in thesauros dei; habel enim deus /hesauros, qua mittat aurum purgatum; habel eliam [oca sordida, qua mittat cinerem paleae. de isto mundo lolum exil (vgl. auch s. 15, 4 (CCL 41, 195f.), s. 62, 12 (PL 38, 420), s. 301, 6 (pL 38, 1383), s. 354, 3 (pL 39, 1 564) u.ö.).
Z. 1 32f. tanquam in lendicula magni [ullonis, in cruce Christi: Der 'Walker' ([ullo), dessen Handwerk die Tuchherstellung und -reinigung war, nahm als letzten Arbeitsgang die "Appretur", dj. "das BUrsten, Scheren und Pressen"'" des Gewebes vor, nachdem die Tücher zunächst mit Wasser besprengt und dazu mit Hilfe von lendiculae ausgespannt worden waren, vgl. Sen. nat. 1 , 3, 2 idem [daß Wassertropfen das Bild eines Regenbogens bieten] videbis accidere, si quando volueris observare [ullonem; eum os aqua implevit et vestimenta tendieulis didueta leviter aspergit, apparet varios edi colores in Ulo aere asperso, quales [ulgere in areu solent. BlUmner erkennt an dieser Stelle, aber auch in s. 1 8 1 , in den lendiculae "Stricke", auf welche die Stoffe gehängt wurden.'" Mit Blick auf Augustins metaphorische Verwendung will man sich freilich lieber "Hölzer" vorstellen, die dem gleichen Zweck gedient haben mögen'76 (vgl. auch en. Ps. 1 32, 9 (CCL 40, 1932f.) mundalur [sc. ecclesia], ul non habeal maculam; exlenditur, UI non habeat rugam. ubi earn extendit [ullo, nisi in ligno? videmus quolidie a fullonibus lunicas quodammodo crucifigi: crucifigunlur, ul rugam non habeanI.) Jedenfalls wurden die Tücher nach dem Ausspannen zuletzt gepresst, und es läßt sich daher vennuten, daß Augustin noch an das Walken denkt, wenn er zum Abschluß seiner Auslegung von Eph 5, 27
41� Ygl. H. BLÜMNER, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern. Bd. 1. Leipzig 1 912, 1 8 l . m V g1. ebd. 182f. z. Sr. und auch zu s. 1 8 1 .
�76 Ygl. Blaise, Dictionnaire 81 1 s.v. lendicuJa I ad loc.
244 Vier Themenpredigten
pressorium als Tropus fiir die irdische Drangsal verwendet, welche die himmlische Kirche nicht mehr zu fUrchten hafi77: rogemus ergo eum ul Jaeiat, et postquam feeerit, ad horrea nos ducat ibique nos reponat, ubi pressorium non erit. Fraglich ist, ob dabei auch die horrea im Bild bleiben (im Sinne von Kleiderspeicher I Tuchlager?). Da sich der Gebrauch von horreum im Sinne des Ortes, den Gott seinen Erwählten bereitet hat, besonders Mt 3, 12 (Vg) verdankt (congregabit triticum suum in horreum)''', muß hier viel1eicht eher mit einer Kontamination zweier Metaphern gerechnet werden. Aufs Ganze gesehen darf Augustin, so wie er das Bild ausfUhrt, zweifellos Originalität fUr sich beanspruchen. selbst wenn fiir ihn der Vergleich Christus -fullo schon bei Ambr. in Luc. 7, 13f.'79 zu finden war [im Rahmen der Allegorese zu Lc 9, 29 (Verklärung Jesu)]: vestimenta eius aUa deorsum sunt, aUa sursum. el/ortasse vestimenta verb; sermones sunt scripturarum el quaedam intel/eetus indumenta divini {, . . ). fiunt ;gUur verba divini sieut nu, vestimenta verb; candida nimis, qualia ful10 super terram racere non potest [Me 9, 2]. quaeramus hune fullonem, quaeramus hane lJivem. legimus ad viI/am fullonis ascendisse Esaiam [vgl. Is 7, 3]. quis est istefullo nisiforte i/le qui delieta nostra lavare consuevit? denique ipse dixit: si fuerint delieta vestra sicut phoenicium, ut nivem dealbabo [Is I , 1 8]. quis est iste fullo nisi qui indumenta nostr; intellectus indumenta virtutum ablutis maculis corporalibus soli solet offerre divino? (CCL 14, 2 1 9).
e) Zum modus pro(erendi
Das Prooemium
Augustin beginnt seine Predigt mit einem Johanneswort, dem er, um die Aufmerksamkeit und Zustimmung der Hörer zu gewinnen, eine klangvolle laus aucloris vorschaltet:
beatissimus loannes (tTS) f aposlolus (H) salubriter el veraeiler scribens (0) inter cetera ait ( . .. ).
Im Anschluß an das Zitat legt der Prediger dann sogleich dessen Gehalt dar (Z. 5-8):
4n Zu pressorium im Sinne von "Kleiderpresse" vgl. auch ThLL X, 2 Sp. 1 196 s.v. ad Joc. m Vgl. ThLL VI, 3 Sp. 2988 s.v. 11 B 1 . 479 Nach ADRJAEN, Cel 14, Praefatio VII, hat Ambrosius die Sermones de evangelio se
cundum Lucam 377/378 in Mailand gehalten und sie dann nach Überarbeitung schon 389 veröffentlicht.
Senno 18 1 245
his verbis doeuit beatus loannes (crS), imo ipse dominus Iesus (trS') non se lacens per loannem (crS), neminem ;n ista carne (S), in isto corruptibili eorpore (C'h), in ista terra (S), in isto maligno saeeulo (C,), in ista vita (S) tentatianibus plena (trO), neminelll hie vivere (C) sine peeeata (S' ).
Dabei wird die Glaubwürdigkeit des johanneischen Zeugnisses durch den Einsatz der Correctio, die in betonter Weise (Litotes) Christus als den eigentlichen aue/ar identifiziert, noch gesteigert. Dem gleichen Zweck dient auch die leidenschaftliche Expolitio der Vorstellung, daß die Bedingungen ihrer irdischen Existenz die Christen fUr die Sünde besonders anfallig werden lassen. Augustin fUhrt hier zunächst zwei Aspekte - die verderbliche Körperlichkeit und das Leben in einer bösen Welt - in paarigen Kola aus, wobei mit gefälliger Variatio von Lexis und Rhythmus jeweils das zweite Kolon die Interpretation des ersten leistet. Das folgende in ista vita tentatianibus plena kleidet den Gedanken dann gleichsam summativ in die Form, welche die am Satzschluß gebotene Zusammenfassung der johanneischen Lehre besonders einsichtig erscheinen läßt.
Als ein typisches Zeichen rur die Oralität der Predigt ist zu werten, daß Augustin neminem wiederholt, damit die Hörer nach Einschub des sechsgliedrigen Adverbiale das Objekt seiner Aussage vollständig erfassen . Wenn im Anschluß an eine Zwischenbemerkung solch eine Wiederaufnahme des Satzfadens mit besonderem rhetorischen Nachdruck erfolgen soll, schiebt er an anderen Stellen zusätzlich ein inquam ein. Auch dieses in s. 1 8 1 auffallig häufig zu beobachtende Element zeugt von einer lebhaften Ausdrucksweise'so und deutet auf die ursprüngliche Mündlichkeit der Predigt hin.481
Obgleich Augustin in den Z. 5-8 unmerklich schon eine Deutung der Johannesverse gegeben hat, erklärt er eine eigentliche Exegese in diesem Fall ftir überflüssig. Das si dixerimus quia peccatlim non habemlls spricht, wie er betont, fUr sich selbst. Eine Problematisierung dieser Aussage, etwa im Sinne der pelagianischen Auffassung, dies habe der in Wahrheit sündlose Apostel nur aus Demut gesagt (vgl. die Einleitung), wäre im Prooemium
410 Zu dem Einsatz von inquam in lebhafter Rede, insbesondere bei 'rhetorischer Gemination' vgl. Krebs-Schmalz 1 750 s.v. mit Hinweis etwa aufCie. Sesl. 1 46 mullo mihi. mul-10. inquam. iudices, praesial oder Mi\. 67 sed luas, Cn. Pompei. Je enim appello el ea l'Oce, 1II me exaudire possis, luas, inquam. suspiciones. 4'1 Vgl. Z. 24fT. respondenl de iIIo superbiae venlo qllO pie,,; sunl ( ... ) respolldenl, i�'[email protected]. ( ... ), Z. 40f. sed dicite nobis, anteq"am quaeramus, quomodo ista �erba apostoills duerit, dicite. iM.lIfI.'!!. nobis ( . .. ), Z. 1 1 1 f. jnterrogo !L homo iuste, sancte, homo sine macula el ruga, interrogo � i.11Q.IlP..'Jl ( ... ), Z. 149fT. confessio 1IOS sanat et �ita cauta ( ... ). con&5S;O, !I}.QW.}!I}., nos sanat (h'»'
246 Vier Themenpredigten
fehl am Platze. Der Prediger muß die Hörer zunächst auf die Gültigkeit seines eigenen Verständnisses einschwören: Wenn Johannes über die menschliche Sündhaftigkeit schreibt, tut er dies in aufrichtiger Weise (veraeiter). Die Wahrheit seiner Worte erweist sich nicht zuletzt dadurch, daß sie im Einklang mit anderen Aussagen der Schrift steht. Als Beleg wählt Augustin lob 14, 4f. und kann nach Auslegung dieser Stelle im Sinne der Erbsündenlehre folgern (Z. 1 1 f.):
ergo nullo modo quisquam potest dicere (C) non se habuisse peccatum (0).
Das peccatum habere versteht sich somit als Konstante des menschlichen Daseins. Dennoch kann und will Augustin die sündenvergebende Wirkung der Taufe in diesem Zusammenhang nicht leugnen, und um zu zeigen. wie ernst es ihm damit ist, amplifiziert er die Vorstellung des erneuerten Lebens, welches der Christ durch sie gewinnt (Z. 13ff.). Daß damit aber die Disposition des Menschen auf das peccare hin immer noch nicht beseitigt ist, muß sich für den Hörer zwangsläufig ergeben, wenn er die soeben aufgezeigte Lehre aus I 10 I , 8f. angenommen hat. Der Prediger kann sich also darauf beschränken, auch die postbaptismale SOndhaftigkeit mit den Wortcn des Johannes festzustellen, deren Bedeutung er mittels einer Adiectio noch schärfer hervorhebt: ( ... ) prorsus melllitur, si dicat: .. iustus sumo ..
Die Methode, in der s. 18 1 ausgehend von dem lohanneszitat eingeleitet wird, läßt in gewisser Weise an die Abhandlung einer 'ehrie', d.h. einer bekannten personen bezogenen Sentenz (oder Tat), denken, welche zu Augustins Zeit jeder Rhetorikschüler im Rahmen der obligatorischen xQoyu�vao�aTa zu leisten hatte, bevor ihm der Lehrer eine kunstgerechte Deklamation aufgab.482 Solch eine Übung, die ein flüssiges Ausdrucksvermögen vennitteln sollte, war in schlichter Fonn lediglich als declinatio der 'Chrie' angelegt, um den Gebrauch der einzelnen Kasus zu demonstrieren.48) Darüber hinaus kamen rur den gewählten Ausspruch aber auch noch andere modi tractandi in Betracht, wie etwa eine breitere Interpretation (CutaHe)..[a), eine Qualifizierung als 'wahr', 'schön' und 'nützlich' (Il",q>WVTJOl<;) oder eine Argumentation flir oder gegen die darin enthaltene Lehre (avaOKtui} Kai KQ"CQOKEUf))48", wobei durchaus alle Übungsformen in ein und derselben Darstellung Anwendung finden konnten''', so daß
412 Vgl. MARROU, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, 46f. <4'l V gl. CLARKE, Rhetoric at Rome. l 5f. <4" Vgl. Lausberg § 1 1 19 unter Verwendung von Theon Prog. 5, 3. m Vgl. ebd. § 1 120, wo in diesem Zusammenhang u.a. auf die in Prise. rheL 3 (= Hermog.
Prog. 3) vorgeschlagene Reihenfolge der Abhandlung als I ) prooemium (=Iaus auclO' ris], 2) latius eum [sc. usum} interpretari, 3) a causa, 4) a contrario, 5) a comparatio"e.
Senno 1 8 1 247
diese bisweilen schon den Charakter einer zusammenhängenden Rede annahm.486
Gleichwohl wird man die gesamte Predigt nicht nur als die mehr oder weniger schematische Behandlung eines eingangs zitierten Satzes verstehen wollen; denn Augustin sieht von den Worten des Johannes im zweiten Hauptteil der Argumentation ausdrücklich ab und konzentriert sich statt dessen auf die Vergebungsbitte aus Mt 6, 1 2 und seine eigene Auslegung von Eph 5, 25-27. Der aufgezeigte Beginn läßt sich daher eher als geschickter Vorgriff auf den ersten Teil der Argumentation begreifen, in dem der Prediger die ' logische' Unmöglichkeit der pelagianischen Behauptung der impeccantia ecclesiae erweisen will. Nach der Praeparatio der Hörer mit Hilfe von Johannes muß ihnen diese Lehre von Anfang absurd vorkommen.
Die Narratio
1m nächsten Teil der Predigt präsentiert Augustin die gegnerische Auffassung bzw. die strittige Quaestio, die behandelt werden soll (an lusti in hac vita nullum habeant peeeatum - vgl. Z. 20f.). Es darf daher wohl im weiteren Sinne von einer Narratio gesprochen werden481, die hier sehr deutlich auf das deleetare und movere der Hörer abzielt, während die Absicht, zum Zwecke der persuasio durch eine entsprechende Belehrung an den Intellekt zu appellieren - traditionell erweise die zentrale Aufgabe dieses Redeteils'" - schwerlich zu bemerken ist. Augustin kennt sein Publikum und weiß, daß nach dem Prooemium eine heftige Polemik gegen diejenigen, die der soeben fonnulierten Wahrheit zu widersprechen wagen, gerechtfertigt erscheinen muß (Z. 1 8-20):
sunt autem quidam inflati ulres (C...), spiritu elationis pleni (trS), non magnitudine ingenles (0), sed superbiae morbo (0) f tumentes (T),
ut dieere audeant (H) inveniri homines (0') absque peeealo (0). Zur Freude der Hörer fUhrt der Prediger den bekannten Tropus der Auf
geblasenheit (s.o. die Detailkommentierung) breit aus und verstärkt die
6) ab exemplo. 7) a iudicio, 8) exhortatio. quod oportet parere i/li qui dixit autfecit hingewiesen wird.
'&6 Vgl. ebd. § 1 106. Die Nähe von derartig'!n Reden über 'Chrien' od�r 'Gnomen' 7U 'Homilien', in denen gleichfalls ein zugrunde gelegter Text erläutert, paraphrasiert, gelobt und paränetisch genutzt werde, betont SCHAUBUN. Zum paganen Umfeld, 47.
m Vgl. Quint. inst. 4, 2, 3 1 narratio est rei/aclae aut ut /actae uti!is ad persuadendum expositio, vel - ut Apollodorus finit - oratio docens auditorem quid in controversia sit. V gl. Lausberg § 289.
'" Vgl. ebd. § 293.
248 Vier Themenpredigten
moralische Disqualifizierung gekonnt dadurch, daß er in dem durch Reim und Rhythmus gefalligen Contrarium des zweiten und dritten Kolons die Metapher des morbus superbiae verwendet. Die Gegner sind folglich von einem tumor befallen, der das initium omnis peccati darstellt (vgl. Sir 10, 1 5) und deshalb zugleich als das caput omnium morborum nos/rorum geIten muß, welches allein Christus, das caput ecc/esiae, beseitigen kann.489
Die dreiste Behauptung, es gebe unter den Menschen solche ohne Sünde, stellt Augustin in wohlklingender Kadenz betont an das Ende der Periode.
Nach dieser Invektive sollte den Hörern auch die anschließende Explikation des erklärten Widerspruchs zu Johanoes (dicunI ergo (= enim)'''' iuSIOS prorsus in hac vita nullum habere peccatum (trO» nicht weniger verwerflich vorkommen, selbst wenn sie rur sich genommen eine 'These' fonnuliert, welche sicher manch einem gefallen konnte, der sich von dem pelagianischen Streben nach individueller perfeclio und dem Glanz strenger Askese49\ angezogen flihlte.
Auch bei dem folgenden Dialektikon, das den Häretikern gleichsam die Möglichkeit einräumt, ihren Standpunkt selbst darzulegen, ist Augustins Ziel einer Captatio benevolcntiae ab adversariorurn persona unverkennbar. Dies zeigt nicht allein die ausdrückliche Wiederholung des Vorwurfs der superbia, der nun durch die eingeschobene Exklamation noch anschaulicher und eindringlicher ins Bild gesetzt wird (vgl. Z. 25f.), sondern der gesamte Duktus des Gesprächs: Die Gegner besitzen in der Tat die Frechheit, auf die lnterrogatio der Z. 22-24 mit einem selbstbewußten ,ja" zu antworten. und sie setzen ihre in jeder Hinsicht sündlosen Heiligen auch noch mit der gesamten Kirche gleich, wo doch selbst Abraham nur zehn Gerechte hatte finden wollen. Was Wunder, daß sie aufgefordert werden, dies zu beweisen. Die Häretiker können Eph 5, 25-27 anfUhren, ein Argument, das immerhin Beachtung verdient. Dessen Widerlegung will Augustin aber mit größerem Gewinn rur den gesamten Redeerfolg erst gegen Ende seiner Argumentation unternehmen. Er begnügt sich daher zunächst mit einer ironische Bemerkung über den gewaltigen Eindruck, den dieses Zitat auf ihn mache (Z. 38f.):
audivimus de nube magIla lonitrua (trH2). nubes enim dei aposlo/uS (C!). verba iSla sonuerum (0') el Iremere nos fecenml (tr' S).'92
'" Vgl. s. Dolbeau 2 1 , 1 1 . 13 (REAug 37 (1991), 28 1 . 283). 490 Vgl. zur Möglichkeit dieser Verwendung von ergo im christlichen Latein KOFFMANE,
Geschichte, 135. 491 Zur peifectio-Lehre des Pelagius, die ein monastisch-asketisches Lebensideal vertritt,
vgl. THIER, Kirche, 158- 1 62; siehe auch VAN DER MEER, Augustinus, 142. 492 Die Verbalreimc auf -erunl gehören wegen ihres Klangeffektes zu den von Augustin
besonders gesuchten Fonncn (vgl. SClfUCI-ITER, Prcdigtstil, 1 22f.). Zum Bild des Apo-
Senno 18 1 249
Aufs Ganze gesehen läßt bereits die Narratio die im vorliegenden Sermo besonders deutliche Kombination von Invektiv- und Diatribenstil erkennen. Dabei kann der Prediger durch das einfache Mittel von Rede und Gegenrede des fiktiven Dialogs wichtige Begriffe seiner antihäretischen Polemik nicht nur in einprägsamer Weise wiederholen (vgl. Z. 22ff. vivil hic homo sine pecca/o et 1).(m.lJ.lJ.Q.ft! omnino H{{Hmp�_t;ffW��I. nee facto nee verba
nee cogitatione, Z. 27 nee facto nee verba nee cogilatione posSWlt H({Hm.!z.fl./J.t;!r.�P.t;!��/J.(lj.m) sondern auch rur das Verständnis seiner einfachen Hörer näher entfalten, so in Z. 3 1 ff., wo Augustin gleichsam aus der Gruppe der Häretiker einen einzelnen herausnimmt und anredet, damit dieser die gegebene Antwort 1010 ecclesia schrittweise mit Hilfe von Eph 5, 25 begründen und der Prediger selbst die Stelle identifizieren und noch weiter ausfUhren kann.493
Die Argumenlatio
Wie schon erwähnt, nimmt Augustin die Widerlegung der pelagianischen impeccQntia-Lehre im vorliegenden Sermo in zwei Teilen vor. In der sprachlichen Gestaltung und der dispositionellen Taktik weisen diese erkennbare Unterschiede auf, auch wenn die syntagmatische Struktur durchgängig von leicht verständlicher Parataxe bestimmt bleibt und an keiner Stelle die gedankliche Komplexität erreicht, wie sie sich bisweilen in der ersten der hier von uns untersuchten Predigten gezeigt hat. Im folgenden soll nun nicht die gesamte Argumentation noch einmal im einzelnen nach-
Siels als nubes, aus der gewisscnnaßen der Donner der gönlichen Offenbarung tönt, s.o. die Fußn. 380 zu s. 240. Daß hier Ironie vorliegt, erhellt auch aus dem gleich folgenden Hinwcis auf die spätere Deutung dieser Schriftstelle (vgl. Z. 33), der erkenncn läßt, daß Augustin von diescm Argument keincswegs wirklich erschültert ist; er schlägt in s. 1 8 1 ofTenbar auch an anderen Stellen einen ironischen Ton an: vgl. schon Z. 32fT. magnum
enim miM galldium affers. si ( ... ) oder das oben schon zitierte interrogo te, homo iuste, saneIe, homo sine macula el ruga ( ... ) (Z. 1 1 1), und entsprechend Z. 1 1 S ubi estis, 0 irlSli
el sone/i, siehe dazu BARRY, St. Augustine, the orator, 1 26f., die freilich die oben genannte Stelle nicht anfUhrt.
"9) Zu diesem diatribenhaften Element des augustinischen Prcdigtstils, bei dem der Redner durch geziehe Apostrophe tur eine präzisierende Wiederaufnahme des Gedankens sorgt, siehe ZWIERLEIN, Der Fa!! Roms, 78f., 'NO diese Technik arn Beispiel von s. 296, 6. 7 und 9 (MA I , 404f. 407) vorgefilhn und mit doctr. ehr. 4, 2S in Zusammenhang gebracht wird; Augustin empfiehlt don dem Prediger, in Kontakt mit dem schweigenden Publikum darauf zu achten, ob er verstanden wird, und seine Rede dementsprcchend zu variieren (soleI enim mo/u SilO signijicare. ulrum intellexerit, cognoscendi avida mU/litudo: quod donec signijicel versandum eSl, quod agitur, mu/timodo varielote dfcendi (CCL 32, 1 33)).
250 Vier Themenpredigten
vollzogen, sondelll lediglich auf Grundzüge und besonders bemerkenswerte
Stilelemente hingewiesen werden. So ist im ersten Hauptteil (Z. 40-84), der mit sed dieite nohis (Z. 40) an
die Narratio anknüpft, ganz deutlich eine dialektische Technik zu beobachten, die an ein eristisches Frageverfahren erinnert.494 Augustin übernimmt in dem fingierten Dialog die alleinige Führung. Ziel ist es, die Häretiker in die Aporie zu fUhren. Augustin fragt sie zu diesem Zweck zunächst: iusti estis an non? Anschließend werden beide AntwOI tmöglichkeiten als falsch erweisen, wobei den Gegnern nach ihrer Affirmation A: iust; sumus erst
einmal die Konzession B: nos quidem peccatores sumus mittels einer Suggestivfrage abgetrotzt wird (mit Rückgriff auf die Narratio: per omnes dies, per omnes noetes nihil moli faeitis (0'), nihil moli dieitis (C), nihil mali cogitatis (crT)?). Dieser Aussage kann Augustin dann leicht ihren Widerspruch zu dem mit Eph 5, 25-27 begründeten pelagianischen Kirchenverständnis nachweisen.
Um das Gespräch lebendiger wirken zu lassen, aber natürlich auch, weil dies ein bekanntes Argument der Pelagianer war, legt Augustin seinem
.9<1 Siehe dazu besonders M. ERLER, Augustinus' Gesprächsstr3tegie in seinen antimanichäischen Disputationen, in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MOndlichkeit in der rOmischen Literatur. TObingen 1 990 (ScriptOralia 19), 285-3 1 1 . ERLER weist nach, daß Augustin im Unterschied zu den literarischen Frühdialogen, die oft genug ein 'sokratisches Verhalten' zeigen, in seinen öffentlichen Streitgesprächen mit den Mänichäem Fortunatus (27./ 28. August 392, vgl. retr. I , 16) und Felix (7.112. Dezember 404), vgl. retr. 2, 8), die zunächst mitstenographic:rt und anschließend publiziert wurden, ein durchaus eristisches Gesprächsverfahren angestrebt hat, bei dem der Befragte allein die Aufgabe hat. dem Fragenden mOglichst strikt zu folgen. Gegenfragen oder Ergänzungen, die in der lebendigen Rede oft genug vorkommen, ruhren zu Tadel oder Blockade. In Acad. 3. 9 (CCL 29, 39f.) bezeichnet Augustin solcherlei Ausflüchte als ein unzulässiges "Etruskisches Wortgezllnk" (hoc esf, inquam, Tuscum iurgium, quoll dici solei, cum quaestioni inlemplalae non eius solutio, sed alterius obiectio \lidelur mederi.), tur weiches er dann das Beispiel der vertT'leintlichen Kritik Vergils an diesem Verhalten anruhrt, die er in ec1. 3, 104-107 - dem Rätselwenstreit zwischen den Hirten Damoelas und Menalcas - ausgedruckt findet (quoll eliam poeta noster ( ... ) decenter in bucolico carmine
hoc rusticanum el plane pastor/cium esse ludicavit, cum alter alterum interrogal. ubi caeli spatium non amplius quam Ires ulnas pateat, ilfe autem quibus in terris inscripti nomina regum nascantur flores, vgl. dazu jüngst G. A. MOI.LER, Formen und Funktionen der Vergilzitate und -anspielungen bei Augustin von Hippo. Paderborn 2003 (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums 18), SO-52). Auch diese Äußerung darf man mit ERLER wohl als Hinweis dalauf werten, daß Augustin in seiner Dialektik mit Blick auf den Redeerfolg bisweilen den "Grundregeln der Eristik" folgt (vgl. PI. Euthd. 296A, wo Euthydem Sokrates das XQOOaXOKQlVEoßW ,.oi� tQCJ>,.ro�tvot(; vorwirft). Es geht ihm dann nicht um die gemeinsame Wahrheitssuche, die ggf. Ober Umwege und Digressionen zum Ziel konunt, sondern lediglich um eine rasche Entscheidung im Kampf um Sieg oder Niederlage (vgl. ERLER, a.a.O., 308(.).
Senno 1 8 1 251
Gegenüber dann aber doch den Einwand in den Mund, das Sündenbekenntnis sei nur aus Gründen der Demut erfolgt (Z. 57ff.). Freilich arbeitet er auch damit nur seiner eigenen Beweisführung zu; denn durch das von ihm geschickt eingesetzte Motiv des ' falschen Zeugnisses ' - er hat hier sicher neben dem ' Achten Gebot' auch die Erfahrungen seiner eigenen audienlia episcopalis vor Augen - steht der Gesprächspartner am Ende nicht nur als Häretiker sondern auch als Lügner da. Auf die konklusiven Fragen Augustins weiß er schließlich keine Antwort mehr zu geben, was zusäztlich von dem eristischen Charakter des Gesprächs zeugt.'" Beide Vorwürfe werden ftir die Hörer zum Abschluß des jeweiligen Gedankengangs in einprägsamer Weise zusammengefaßt. So in Z. 55f.:
haereliei enirn sunl (T'), iarn Joris sunl (T); eurn lola rnundilia sua (Crn') Joris rernanserunl (0). redile el audile (0), audite el eredite (C..)!
und zum Abschluß des ersten Hauptteils in dem Wortspiel nam quomodo eSI humi/ilas (C'), ubi regnalJalsilas (C..)?
Wie schon in der Narr.ho ist auch in dem auf Beweisftihrung angelegten Teil der orale Charakter der Predigt unverkennbar. Damit möglichst alle Gottesdienstbesucher ihm folgen können, knüpft Augustin einen unüberhörbaren Faden der Argumentation, indem er im Dialog den die Häretiker überftihrenden Widerspruch zwischen venneintlicher Sündlosigkeit und demütigem Sündenbekenntnis (bei leichter sprachlicher und rhythmischer Variation) ständig wiederholt: Z. 60 iH�!.u�.�, �i'1�.R��c!!!.Q . . e� (crS'), sed propIer ' ", m i/ilalem (trT') dieis le peecalorern (S), Z. 62f. iHs!.U�.�s,
$.itl..�P.�r:..9l!lq _ _ � (crSl), et dicis te habere peccatum (trO), Z. 64f. ergo l�_.s:fH$. �s, sed non pOles nisi dieere le peeealorern (chS), Z. 67f. !M. '1!m.ht;l.be�.Pe.c,. cMH�t (trS), el dieis le habere peeealulII (trO), Z. 72f. ul eurn siÜHs!Y� (S), dieas le esse peeealorem (trS), Z. 79f. h u mililalis causa (trIS) nos dicimus peccatores esse (crSt96; IJam deus \lide! quia justi sumus (trS2).
Auch im zweiten Teil der Argumentatio setzt Augustin das Dialektikon ein, doch geht es ihm hier nicht um eine logisch-diskursive Widerlegung. Er will die Hörer vielmehr geftihlsmäßig und vor allem als im Gottesdienst versammelte Gemeinde ansprechen, um sie gegen die häretische Propaganda zu wappnen: ecce veniet hora orationis (T), oratura est tota ecclesia (C..) ( . . . ) - sollen die Pelagianer doch das 'Vaterunser' mitbeten und so ihre
.95 Vgl. elJd. 289f . • 96 Bei rhythmischer Vernachlässigung der Kopula gemessen - entsprechend auch nachfol.
gend trS2 staU IrC�h' Die Häufigkeit der S-Formen in den zitierten Beispielen, läßt ver· muten, daß Augustin beim Wiederaufgreifen seines Vorwurfs auf die Rhythmisierung keinen großen Wert gelegt, ja sie im Hinblick auf die den Hörern zu vermittelnde Sachlichkeit der logisch-diskursiven Argumentation womöglich bewußt zurückgenommen hat.
252 Vier Themenpredigten
Zugehörigkeit zur Kirche bekunden! Diese Argumentation wird auch denjenigen überzeugen, der mit dem vorausgegangenen Streit um BegrifTe weniger anzufangen wußte. su!fici! mihi unde vos repellam, konnte Augustin zu Beginn der Argumentatio versichern, nachdem er das peccatores sumU$ der Gegner gegen ihr Bekenntnis zur Sündenvergebung in der Taufe ausgespielt hatte; fUr eine wirkungsvollere Indigoatio sorgt jetzt der Nachweis, daß sie sich von der Bitte in Mt 6, 12 ausnehmen wollen, die der Herr selbst allen, auch den Aposteln und ihren Nachfolgern, aufgetragen hat.
Während man im ersten Argumentationsteil neben der genannten Anspielung auf die Epheserbriefstelle nur einen einzigen Schriftbezug findet (den Rückgriff auf 1 10 I , 8), fUhrt der Prediger als Leitfaden seiner Beweisftihrung nun unablässig das dimitte nobis debita nos/ra oder sine macula el roga im Mund. Der Ton wird insgesamt appellativer, die Sprache reicher an Metaphern. Augustin spricht von der trutina der ara/ia dominica, und er gebraucht gleich mehrere Bilder, um in diesem Zusammenhang die autoritative Gültigkeit des sic orale deutlich zu machen, vgl. Z. 103ff.:
videle quis dixeril el quibus dixeri/. verilas discipulis, pastor pas/omm arietibus: sic orale ( . . . ). rex mililibus, dominus servis, Chrislus aposloIiS;497 veritas I)gmjni!m�. (Cl) J loquebatur (0), sublimilas !u!!nilihu$. (C') J loquebalur (0).
Besonders überzeugend dOrfte auf die Vorstellungkraft der Hörer der Vergleich von Christus mit einem Walker gewirkt haben. Augustin fUhrt das aus dem Alltagsleben gewonnene Bild (von dem oben im einzelnen schon die Rede war) breit aus, bietet es doch ftir den, der es gelten läßt, eine überraschend stimmige Anschauung vom Erlösungshandeln Christi und der Bedeutung von Eph 5, 25-27, der die Pelagianer nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben. Um die Plausibilität seiner Auslegung zu erhöhen, setzt Augustin damit aber nicht unvermittelt ein, sondern er bereitet die Hörer auf den Gedanken vor und bedient sich dabei auch wieder der von uns schon oft beobachteten Stil- und Klangelernente:
ecce lola ecclesia dici/: "dimitte nobis debila nostra ". habel ergo maclIlas e/ rugas. sed confessione ruga exlendilur, confessione macula ablui/ur. sial ecclesia in oratiolle (T), ul munde/ur confessione (mT) (Z. 123fT.) oder
m Die Mauriner setzen an dieser Stelle ein Komma, so daß der Eindruck entsteht, rex mililibus ( ... ) sei mit loquebalur zu verbinden; in diesem Falte wäre Christus aposlolis
m.E. eine unzulässige Unterbrechung einer Reihe von Metaphern. Wenn das Kolon hier zu Recht stehen soll, kann es nur eine komplexive oder expHkalive Bedeutung haben, wobei das voraufgegangene dixerit noch nachwirkt. Für die Selbständigkeit der folgenden beiden Kola sprechen überdies der Reim und der parallele Rhythmus. Bei den vorangegangenen Kola dürfte eine beabsichtigte Rhythmisierung weniger sicher zu sein.
Senno 1 8 1 253
qui dal veniam, maculam exlergil (S I); qui ignoscil, rugam exlendil (S) (Z. 1 3 1 f.) .
Der letzte Teil der Argumentatio hat stark paränetischen Charakter. Augustin verbindet die Invektive gegen den haereticus fictus nun mit einem Appell an die Gemeinde, die er zu bußfertigem christlichen Leben aufruft, das die schweren Sünden meidet und sich tagtäglich der Vergebung der kleinen versichert. Die Deutung der fünften Vaterunserbitte als sponsio cun! deo mutet vor dem Hintergrund der augustinischen Gnadentheologie befremdlich an; der Bischof ist hier aber offenbar ganz Seelsorger und will den Hörern ein Schema an die Hand geben, das eine unkomplizierte Begründung ftir die Notwendigkeit gegenseitigen Vergebens bietet: si dimillis, dimitto, si tenes, teneo. tu contra le tenes, qui aller; nOIl dimittis.
Die Peroratio
Am Ende der Predigt zieht Augustin nun den wichtigsten Schluß aus der antipelagianischen Beweisführung und der moralischen Paränese:
"emD ergo dica! se esse sine peccato (trSI). sed non tarnen ideo debemus amare peccatum (0).
Die folgenden Ennahnungen wiederholen diese Warnung in leidenschaftlicher Fonn, bevor der Prediger dann noch einmal die beiden wichtigen Schriftstellen, denen die vorangegangen Ausftihrungen gewidmet waren, anklingen läßt: I 10 1 , 8, mit einer letzten Invektive gegen seinen häretischen Widerpart, und Mt 6, 1 2, um abennals auf den Tun-Ergehen-Zusammenhang hinzuweisen, den sich die Gemeinde beim Gebet vor Augen halten soll.
Der Schlußsatz, der den Bogen zurückschlägt zu der im Proocmium präsentierten Auslegung des Johannesverses (neminem hic vivere sine pecca-10), bündelt das Ganze in einer rur Augustin typischen Fonnel, die die Hörer sicher instruiert sein läßt und ihnen einen frohen Ausblick auf auf das Leben gibt, das die wahre christliche Hoffnung ausmacht:
non hic sumus sine peccato (crS\ sed exibimus hinc sine peccalo (chS').
C. SCHLUSSBEMERKUNG
Die vorliegende Arbeit hat Augustins rednerische Praxis in vier gegen seine wichtigsten kirchenpolitischen Gegner gerichteten Sermones untersucht. Um die Vortragskunst des Predigers zu zeigen, beschränkte sich die Darstellung auf solche vor dem Kirchenvolk gehaltenen Sermones, die eine eindeutige Quaestio besitzen und demzufolge einen auf die Themenbehandlung ausgerichteten modus pro/erendi erwarten ließen. Obwohl das interesse schwerpunktllläßig dem Rhetor Augustin galt, konnten besonders mit Hilfe der einzelnen Dispositionsanalysen und der selektiven Detailkommentierung der Predigten auch wichtige Elemente seines theologischphilosophischen Denkens aufgezeigt werden, die sich in ihren Grundzügen nicht anders in den Schriftwerken der entsprechenden Schaffensperioden des Priesters bzw. Bischofs finden, in den Sermones freilich, gattungsspezifisch bedingt, vom Prediger mit Rücksicht auf die Gemeinde in möglichst leicht laßlicher Form dargeboten werden.
Zunächst wurde s. 12 als Beispiel einer frühen antimanichäischen Predigt behandelt, die vielleicht noch in die Zeit von Augustins Presbyteriat fallt. Es konnte gezeigt werden, daß Augustin in diesem Sermo, der die gleiche Stoßrichtung wie die Schrift Contra Adiman/um verfolgt, den Hörern nicht mehr nur die methodische Unredlichkeit und Hinterlist der Gegner glaubhaft zu machen sucht, sondern sie darüber hinaus zu selbständiger Apologie im Hinblick auf die Widerlegung einer derart zu bewertenden häretischen Quaestio befähigen will. Thematisch und in der argumentativen Struktur grundsätzlich in einer Reihe mit den ss. I und 50 stehend, erwies sich die Predigt daher dennoch als fortgeschrittene und wohl nach den genannten Sermones zu datierende Instruktion der Gemeinde.
So konnte die Untersuchung der Disposition von s. 12 feststellen, daß die Predigt nach einer Repraesentatio der den Hörern schon früher vermittelten Schriftkritik der Manichäer sowie einer Propositio quaestionis in der eigentlichen Argumentatio zwei Hauptteile zu bieten hat; von diesen unternimmt offenbar der erste die Widerlegung der manichäischen These eines Widerspruchs von AT und NT, während der zweite Teil die Hörer auch mit anderen Ungereimtheiten der manichäischen Lehre, insbesondere ihrem christologischen Doketismus, gründlicher vertraut macht. So sollen sie, entsprechend der im Prooemium erklärten Intentio sermonis, auch in dieser Hinsicht fähig werden, Glaubensschwache und Schriftunkundige wirksam vor den tückischen Missionierungsversuchen der Häretiker zu bewahren.
In der Detailkommentierung wurde ersichtlich, wie vertraut Augustin im einzelnen mit dem manichäischen Mythos ist und daß er bei seiner antihä-
Schlußbemerkung 255
retischen Polemik auf eine aus der Schrift und der patristischen Tradition gewonnene Metaphorik zurückgreift. Auch sonst wird in der Argumentation mehrfach typisch christensprachliche Begrifflichkeit verwendet, so etwa zur Disqualifizierung des manichäischen Materialismus. Die in s. 1 2 enthaltene Auseinandersetzung mit der Quaestio des Adimantus und den weiteren themenbezogenen Auffassungen der Manichäer bot zudem Anlaß, Augustins eigene, im Vergleich zu späterer Systematisierung auffallige Zurückhaltung in Fragen der Angelologie zu bedenken, kurz die Entwicklung in seinen eschatologischen Vorstellungen (bezogen auf die Möglichkeit einer visio DeI) darzulegen und auf seine dezidierte mariologische Lehre von der virgo perpe/ua hinzuweisen. Die Ausfiihrungen des Predigers zu den vielfaltigen Formen der an die Menschen gerichteten Rede Gottes konnten mit den zugrunde liegenden sprachtheoretischen Vorstellungen und der besonders in De doc/rina christiana entwickelten Zeichenlehre in Zusammenhang gebracht werden.
Die Analyse des modus proferendi erwies Augustin gerade im ersten Teil der Beweisfilhrung als geschulten Grammaticus, der, bezogen auf die von der manichäischen Argumentation aufgebotenen Schriftbelege, die Aufgaben der lectio, emendatio und enarratio erfil1lt und Adimantus bei der von ihm in Anspruch genommenen Paulusstelle der Athetese und Interpolation überfilhren konnte. Es wurde herausgearbeitet, wie der mit den disciplillae und Tyconius' Liber regularum vertraute Prediger seinen Hörern zum Zwecke der Apologie eine rhetorisch und theologisch erklärte Auslegungsregel filr die umstrittene Begrifflichkeit des von den Gegnern usurpierten Textes an die Hand gibt und sie dabei durch eigene Überlegenheit in der lexikalen und tropologischen Analyse zu beeindrucken sucht.
Durch den gefalligen Wechsel der jeweils sachgerecht gewählten Stilhöhe und die dabei mit Bedacht geleistete Erftillung der ojJicia oratoris zeigte sich Augustin in s. 12 ganz im Einklang mit seinen theoretischen Empfehlungen aus dem vierten Buch von De doctrina chris/iana. Besonders gut ließ sich in der zu weiten Teilen als dictio submissa angelegten Argumentatio das Bestreben des Predigers beobachten, sein Beweisverfahren (ratiocinari) als eine filr das Publikum leicht durchschaubare Schrittfolge anzulegen und unter Beachtung einer aus Cicero gewonnenen rhetorischen Programmatik der ' sorgfaltigen Nachlässigkeit' Redeschmuck und Rhythmus an diesen Stellen bewußt zurückzunehmen. Aufgegeben wurde der schlichte Stil von Augustin aber auch in solchen Passagen erkennbar dann, wenn er in merklich stärkerer Erregung der anti häretischen Invektive größeren Raum gab.
256 Schlußbemerkung
Betrachtet man das Ganze der Beweisführung, so folgt Augustin bei der inhaltlichen Anordnung seiner Argumente nicht weniger als beim Wechsel
des genus dieendi den Vorschriften der Rhetorik, da er als Dispositionsprinzip anscheinend den sog. ordo Homericus wählt, also nach einem sehr überzeugenden Anfangsteil (ZitatHilschung durch Adimantus), das schwächste Argument der Predigt (den vermeintlichen sensus proprius flir den conspeclUs Dei) in der Mitte positioniert, um dann mit starken Argumenten gegen die manichäische Christologie und Kosmologie (besonders im Hinblick auf Leiblichkeit Christi und Jungfrauengeburt) zu schließen.
Eine ähnlich geschickte Gewichtung der Argumentation ließ sich allc� in s. 266 beobachten, der hier in einer nach der mit der Handschrift Mainz Stadtbibliothek I 9 kollationierten Fassung gelesen wurde. Augustin hat in dieser vermutlich um das Jahr 405 gegen die Donatisten gehaltenen Festtagspredigt den Psalmvers 140, 5 behandelt, den seine häretischen Gegner mit Vorliebe als Beleg flir ihre Auffassung verwendeten, daß nur ein sündloser Priester das Taufsakrament spenden dürfe.
Die Untersuchung der Disposition der Predigt ergab, daß Augustin den Hörern hier keinesfalls nur eine, die von ihm ausgesuchte biblische sentenliola ausdeutende 'Homilie' bietet, sondern eine erkennbar nach dem sog. ordo na/uralis in prooemium, narratio, argumentatio und peroralio gegliederte Themenbehandlung, die unter Verwendung von eindeutigen Stellen der HI. Schrift zu beweisen beabsichtigt, daß das oleum Christi in seiner baptismalen Wirkung der menschlichen Verftigungsgewalt entzogen ist. Dabei hat auch hier das gewichtigste Argument der eigentlichen BeweisfUhrung des Predigers (das von der Apostelgeschichte berichtete Geschehen im Haus des heidnischen Hauptmanns Comelius) seinen Platz am Ende. Gemäß dieser Taktik weist aber auch die PeTOratio der Predigt, die in deutlicher Weise um eine gegen die Donatisten gerichtete Affektsteigerung der Hörer bemüht ist, noch argumentative Züge auf, jetzt freilich in engerem Bezug zu Psalm 140, 5, dessen plausiblere Auslegung der Prediger am Schluß bereithält.
Die detaillierte Kommentierung ausgewählter Stellen hat u.a. gezeigt, wie Augustin selbst bei der 'Nacherzählung' der von ihm verwendeten Schriftstellen nicht auf eine im Sinne seiner theologischen Absicht wirkungsvolle Stilisierung verzichtet, so daß er etwa bei der Darstellung der von der Apostelgeschichte beim Pfingstgeschehen berichteten Xenolalie oder bei seiner Erzählung und Deutung der Petrusvision in Joppe dem separatistischen Kirchenverständnis der Donatisten entgegenwirken kann.
Deutlicher als in dem syntagnnatisch gehobeneren s. 12 ist Augustin in s. 266 als 'volkstümlicher' Prediger in Erscheinung getreten. Die in diesem
Schlußbemerkung 257
Zusammenhang besonders typischen rhetorischen Mittel wie Parallelismus, Antithese und Paronomasie setzte er hier überaus häufig ein, wobei ihm ftir die gefallige Instruktion und Motivation der Hörer ganz besonders kurze Dikola dienlich waren, die er mit solcherlei Klang- und Stilelementen zu schmücken verstand. Im Vergleich zu s. 1 2 war in s. 266 auch leichter erkennbar, daß Augustin in der auf uns gekommenen Fassung der Predigt wirklich einen frei gehaltenen und auf das Publikum aktuell Rücksicht nehmenden Vortrag darbietet. Denn nur so erklären sich die auffalligen Redundanzen, die der Sermo vornehmlich in bezug auf die Schilderung und Bewertung der Predigttätigkeit des Philippus und der Frage nach seiner Identiät aufweist.
In s. 240 begegnete uns eine Predigt, die offenbar als Auftakt einer Predigtreihe konzipiert war, mit welcher der Bischof seine Hörer gegen die heidnische Kritik am christlichen Auferstehungsglauben wappnen wollte. Als weitere Predigten dieser Reihe konnten entgegen der in der Forschung bisher häufig vertretenen Auffassung nicht nur die ss. 241 und 242, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch der s. 243 identifiziert werden. Ausschlaggebend ftir diese Zuordnung war dabei weniger die bekannte Zusammenstellung der ss. 240-243, die das Homiliar Fleury und die antike Sammlung Alleluia vornehmen, oder die anscheinend auf s, 240 zurückgreifende Repraesentatio der österlichen Leseordnung zu Beginn von s. 243; vielmehr konnten rhetorisch-<lispositionelle GTÜnde angefUhrt werden, die das Ganze der Predigtreihe betreffen: so der fUr den Abschluß der Reihe rhetorisch höchst wirksame Ausblick auf die vita aelerna 3m Ende von s. 243 und der Umstand, daß die ss. 240-243 die beiden Themenbereiche 'Die Qualität des Auferstehungsleibes' und 'Die Auffassungen der Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele' entfalten, die in s. 240 vorgestellt werden, so daß diese Predigt im Verhältnis zu den folgenden in gewisser Weise die rhetorische Funktion einer Narratio erftil1t.
Als Datierung der gesamten Reihe wurde wegen der rur die Sennones auffalligen Zitate aus der profanen Literatur und der damit verbundenen Parallelität zu De civilale dei im Anschluß an Hagendahl eine Zeit nach 415 angenommen.
Die Detailanalyse von s. 240 hat u.a. darauf hingewiesen, welche Prinzipien einer evangelienharomonisierenden Exegese (eigene Erinnerung, indi,'iduelle Ernhlordnung und Stoffauswahl der Evangelisten, Insprira:ionslehre) rur Augustin Geltung haben, wenn er in der Praeparatio auf das Thema der Predigtreihe von der WiderspTÜchlichkeit der neutestamentlichen Passions- und Auferstehungsberichte spricht. Es konnte gezeigt werden, daß der Prediger in der Frage der ' Auferstehung' nach einer Antwort
258 Schlußbemerkung
sucht, die in Abwehr stoischer und epikureischer Lehren von den philosophischen Traditionen der platonischen zwar den Vorzug gibt, gegen diese aber die Vorstellung einer postmortalen Leiblichkeit behauptet und sich insbesondere auch durch das betonte Bekenntnis zum Christus mediator von seinen paganen Gegenern, d.h. vornehmlich wohl von den Porphyrianem, absetzt.
Trotz des philosophisch anspruchsvolleren Themas deutete auch bei s. 240, und ebenso bei den ss. 241 -243, nichts darauf hin, daß Augustin hier vor einem ausgesuchten Kreis besonders gebildeter Hörer gesprochen hätte. Die Mündlichkeit der Predigt zeigte sich, bezogen auf da> I'rooemi'Jm, besonders im Unterschied zu dem themengleichen s. 361, der wegen seines zu Beginn kunstvollen hypotaktischen Stils und der schulmäßigen Partitio bei der Themenangabe zumindest ftir diesen Teil eine schriftliche Vorbereitung oder spätere Überarbeitung vermuten ließ.
Auch in der weiteren Ausftihrung von s. 240 konnten wir wieder typische ZUge der Improvisationskunst des augustinischen Sermonenstils beobachten, wie Parataxe, kurze, oft asyndetische Kolometrie, konträre FUgung der Gedanken, Reimbildung, Iteration wichtiger Inhalte, und das den Vortag besonders belebende Element des Dialektikons. Es zeigte sich freilich auch hier, daß Augustin solcherlei Stilelemente ganz bewußt dosiert und gerade an entscheidenden, größere Aufmerksamkeit verdienenden Stellen der Predigt bevorzugt einsetzt, ja sie bisweilen zu einer durchrhythmisierten dogmatischen Formelsprache verdichtet, die die Aufgabe hat, bestimmte Lehrinhalte, die der Prediger zuvor argumentativ dargelegt hat, ftir die Hörer bündig zusammenzufassen.
Vergleicht man s. 240 in seiner argumentativen Disposition mit den anderen rur die vorliegende Arbeit ausgewählten Predigten, so verdiente er deshalb besonderes Interresse, weil uns hier ein anschauliches Beispiel daftir geliefert wird, wie Augustin in gedanklicher Konzeption und rhetorischer Detailgestaltung die nicht leichte Aufgahe bewältigen konnte, einerseits diejenigen Hörer, die auch die folgenden Predigten hören wollten, lediglich in das Thema einzuführen, andererseits aber denen, die am nächsten Tag viel1eicht fehlen sollten, schon eine ausreichende Refutatio der paganen Polemik zu bieten und damit zugleich, ohne der späteren Argumentatio vorzugreifen, eine für sich genommen durchaus vollständige Behandlung der gesamten von ihm aufgeworfenen Problematik vorzunehmen.
Der auf die Widerlegung der pelagianischen impeccontia-Lehre angelegte und wahrscheinlich erst nach 416 gehaltene s. 1 8 1 war wohl unter allen Proben, die wir hier vom modus proferendi Augustins gegeben haben, diejenige, welche von der auf die Niederlage seiner Gegner zielenden dialekt i-
Schlußbemerkung 259
sehen Disputationskunst des Predigers den nachhaltigsten Eindruck vermitteln konnte. Der Bischof, der im Unterschied zu seiner früheren, von Hoffnung auf um so leichtere Bekehrung der Gegner getragenen Rücksichtnahme zu dieser Zeit bereits einen deutlich schärferen Ton anschlägt, tritt in dieser Predigt dem gleichen exklusiven Kirchenverständnis entgegen, das er schon bei den Donatisten hatte bekämpfen müssen.
In einem enstisch anmutenden Verfahren sorgte Augustin hier zunächst ftir eine logisch-diskursive Invektive seines im Diatribenstil als haereticus fictlls vorgefUhrten Gegners, um ihn dann durch einen an das Selbstverständnis seiner Hörer appellierenden, stark emotional gefarbten Teil der praktischen Ausgeschlossenheit aus der kirchlichen Kultgemeinschaft zu überfUhren.
Die Analyse des modus proJerendi konnte aufzeigen, daß Augustin nach der Explikation der von ihm als Einstieg gewählten sententia loannis (I 10 I , 8-9) in auffalliger Weise bereits in der Narratio stark auf das deleclare und movere der Hörer abzielt. In Kenntnis der Vorliebe seiner Adressaten konnte er so schon frühzeitig eine in ihrer Heftigkeit glaubwürdige Polemik vortragen, um das Publikum dadurch auf die nachfolgende BeweisfUhrung einzustimmen und dabei insbesondere dem Hauptargument der Gegner, nämlich ihrer Berufung auf Eph 5, 25-27, schon frühzeitig seine Kraft zu nehmen. Bei der dialektischen wie auch der praktischen Widerlegung der pelagianischen Lehre, bei der Augustin im zweiten Teil auch geschickt die situative Einbindung der Predigt in den Gottesdienst, d.i. die noch bevorstehende oratio dominica, ausnutzen konnte, waren deutliche Zeichen der Oralität zu bemerken. Denn durch ständige Begriffswiederholungen verstand es der Prediger, seinen Hörern sozusagen 'rote Fäden' der Argumentation zu knüpfen. Im zweiten, stärker appellativen Teil der Argumentalio ließ sich besonders gut der auch der Vorstellungswelt des einfachen Hörers zugängliche Gebrauch von aus der Alltagswelt gewonnenen Metaphern herausarbeiten, mit dessen Hilfe Augustin nicht zuletzt eine originelle Widerlegung der pelagianischen Auslegung von Eph 5, 25-27 vornimmt.
In ihrer je unterschiedlichen argumentativen Ausrichtung und Konzeption ließen also aUe von uns untersuchten Sennones den WiI1en zu einer gezielten rhetorischen Fonngebung erkennen, einschließlich einer ansprechenden Rhythmisierung der ftir die persuasio besonders bedeutenden Stellen. Eine Unausgeglichenheit der Gedankenftihrung war nur im Einzelfall zu bemerken. Obwohl alle vier Predigten unUberhörbare Merkmale der Mündlichkeit aufweisen und anscheinend nicht schriftlich vorbereitet wurden, scheint in jedem Fall eine geplante Disposition konsequent umgesetzt zu werden, wobei Augustin durch seine abwechslungsreiche Stilisierung von prooemi-
260 Schlußbemerkung
um, narratio, argumentatio und peroratio durchaus dem Ideal des christlichen Redners entspricht, das er selbst in dochr. ehr. 4 nach beinahe 40 Jahren pastoraler Praxis entworfen hat.
Wir dürfen daher die untersuchten Predigten sicher zu denjenigen sermones ad popu/um rechnen, denen Augustin seinen glänzenden Ruf als Prediger zu verdanken hat.
LITERATUR
Hilfsmittel:
Abgesehen von den gängigen Kürzeln für bekannte philologische Handbücher und Lexika verweisen auf die jeweils nachstehenden Ausgaben:
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Blaise, Handbook: A. BLAISE, A Handbook of Christian Latin: Style, Morphology, and Syntax. Translated by G. C. RoTl. Tumholt 1994.
Blaise, Vocabulaire: A. BLAISE, Le vocabulaire latin des principaux themes liturgiques. Tumholt 1966.
Krebs-Sclunalz: Antibarbarus der lateinischen Sprache nebst einem kurzen Abriss der Geschichte der lateinischen Sprache und Vorbemerkungen über reine Latinität v. J. Ph. KREBS, 7. genau durchges. u. vielfach überarb. Aufl. v. J. H. SCHMALZ. Bde I u. lI. Basel. 1905. 1 907.
Lausberg: H. LAUSBERG, Handbook of Literary Rhetoric. A Foundation for Literary Study. Foreword by G. A. KENNEDY. Transl. by M. T. Buss I A. JANSEN I D. E. ORTON. Ed. by D. E. ORTON I R. D. ANDERSON. Leiden 1998 (� H. LAUS
BERG, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. München 2 1973).
Lausberg, Elemente: H. LAUSBERG, Elemente der literarischen Rhetorik. Eine Einfiihrung fiir Studierende der klassischen, romanischen, englischen und deutschen Philologie. München '1963.
Souter: A Glossary of Later Lalin to 600 A.D. Compiled by A. SOUTER. Oxford 1949.
Textausgaben:
a) Augustin
Corpus Augustinianum Gissense (CAG), ed. C. MA VER. Basel 1 996. CETEDOC library of Christian Latin texts: CLCL T -3. Universitas Catholica La
vanensis Lovanii Novi. l e Cd. Sous Windows. Tumholt 1 996.
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b) andere
Acta aRastolaTUm apocrypha. Pars prior, cd. R. A. LIPSIUS I M. BONNET. Leipzig 1 89 1 .
Acta aoostolorum apocrypha. Partis alterius volumen prillst cd. R. A. LIPSIUS I M. ßONNET. Leipzig 1898.
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a) TextsteIlen
AISCHYLOS
Ag. 1486 186 Eu. 9 1 8 1 86 Th. 255 186
AMBRQSIUS VON
MAILAND
bon. morl. 6,24 55
fid. 1 , 16, 106 87 Hel. I , I 55 8,23 55 in Luc. 1 , 24-27 54 7, I 3 f 244 in psalm. 45,7,3 133 in psalm. I J 8 serm.
1 2 , 3 1 , 22 54 14,37, 1 55 Isaac
4,34 55 7,61 55
• sp,r. 2, 10, 103-107
1 3 1 .
vlrg. 1 , 6,30 193
INDICES
1 . STELLEN INDEX
ANDREASAKTEN
Ac!. Andr. 2 199
ApULEIUS
met 9,36 198
ARISTOTELES
Melaph. 101 1b26-28 241 Pli. 203b7 1 86f
AUGUSTINUS
Acad. 2, 1 2 64 3,9 250 3,38 194f c. Mim. 22 1 19 9 61 1 2 89 15 45 28 134 adn. lob 9 198 c. adv. leg. 1 19 2,42 23 adult. coniug. 1 , 32 1 1 5 agon. 5 53 an. el or. 3,21 1 1 5 an. quant. 29 79
bapl. 1 , 1 1 137f 4, 17 1 17 4,28 133 5,9 1 1 7 beata Y. 28 79 b. vid. 7 54 cat. rod. 5 148f 46 62 54 62 call1 .fr. 2 1 85 29 1 19 30 133 37 135 eiv. 1 , 29 5, 10 8, 10 8, 1 2 9,4 9, 15 9, 17 9,23 10,9 10,23 10,24 10,29 10,30 1 1 , 1 3 1 1 , 1 8 1 1 ,34 1 2, 27
73 87 188 195 163
1 26 199 199 165 164
164 164 199 l64f 164 2 1 3 52 2 1 6 192 1 64
276
13, 17 157 164 192
13, 1 8 192 13, 19 205 14,3 192 14, 5 205 14, 5-9 165 14, 7 177 18,28 126 18,29 137 20,9 200 20, 17 234 2 1 , 3 205 22, 1 161 22,4 158 192 22, 1 1 192 22, 1 2 158 22, 1 8 185 22,20 50 22,26 164 205 22,26-28 164 22,30 126 161 con! 1 , 3 88 1 , 1 1 237 2,5 148 2 ,8 183 185 3, 10 46 55 68
1 80 3, 1 2 46 180 3, 1 5-17 58 3, 17 58 4, 1 1 83 185 4,28 49 4,30f 183 1 84 4, 31 56 5,3 180 5, 13 180 5, 19 56 5,24 1 1 8 5,25 63f 6,4 1 8 1 6,6 1 1 8 7, 1 3 1 64
Indices
7, 1 6 56 7, 17 56 7,23 192 7,24 200 8,3 163 10, 8-27 162 1 O,37 f 162 10,26 82f cons. ev.
1 , 3 178 1 ,4 177f 1 , 6 178 1 , 7 234 1 , 47 137 1 , 54 179 2,27 177 3 , 8 165 cont. 25 234 Cresc. 1 , 1 6 12 1 , 1 6, 1 7 50 2,4 239 2,9 239 2,28 95 div. qll. 47 66 59,3 95 64, 1 1 1 5 64,4 50 doctr. ehr. I 177 I , I 18 1 , 7 187 2, 2 f 57 2, 5 57 1 1 9 2, 15 1 19 2,38 205 2,44 148 2,57 183 2,62 90 3,42-56 53 4 1 8 f 73 260 4,3 72
4,6 72 143 201 2 1 2 4, 1 1 72 1 4 f 4, 1 2 144f 4, 1 3 72f 146
150 4, 1 6 145 4 , 2 1 1 83 4,24 77 4,25 1 84 209
249 4,26 182 4,28 1 82 4,29 182 212 4 ,31 145 4,33 185 4,34 82 4,35 2 1 2 4,39 77f 4,40 145f 4,41 88 4,42 85 208 4,51 82 4, 5 1 f 85 4,52 83 4,53 86 4,55 82 86 146 4,56 81- 83 4,56-58 82 4,57 82 en. Ps. 73 1 15 3,6 1 84 3 ,9 1 85 10,6 59 1 8, 26,4 1 1 9 2 1 , 2, 3 1 138 29,2, 13 235 30, 2 , 1 , 3 133 30,2,2,9 1 15 33,2, 1 3 235 36, 1 , 1 54 38,3 59 43, 1 6 50 45, 10 197f
49,5 186 50, 1 9 192 54,24 59 67 196 67,22 59 69 1 9 69,4 1 8 5 69,5 95 69,6 95 70, 1 , 1 7 58 70,2,3 1 89 7 1 196 7 1 , 2 152 72,23 242 73,8 239f 75, 1 7 87 77,27 196 78, 10 184 85,3 242 85, 14 135 95, 1 1 198 96, 13 1 3 1 133
137 99,5 87 101 ,2,7 157 103,3,2 134
135 103,3, 13 1 1 7 1 1 7, 1 2 59 1 1 8, prooem.
120 1 1 8,2, 1 235 1 1 8,26,4 1 1 9f 1 1 8,29,3 1 65 1 19,2 59 120,6 157 124, 10 55 125,4 46 126, 1 1 1 1 5 128, 1 47 130, 10 71 132, 1 1 83 132,9 243 138,8 1 57
Indices
140, 10 2 1 4 143, 1 177 145, 1 6 239 ench.
58 5 1 109 199 ep. 27,6 95 28,6 95 33,3 95 156 54,2 76 55,3 185 7 1 , 6 6 1 88,22 162 93,21 59 95,7 160 102,4 102 102,8 162 102,28 163 102,30 163 1 1 8, 1 2 195 1 1 8, 15 50 1 1 8,32 196 130, 10 196 140,6 87 147 192 147, 13 50 147, 13f 53 147, 1 4 50 53 147, 19 54 147,22 50 148 193 148,8 50 149,2 160 149, 16 241 155, 13 87 166,6 237 166,21 237 167, 10 234 1 69, 1 197 175-177 2 1 8 179 2 1 8 187,35 87 1 87,38 87
189,4 132 2 17 , 13 240 224,2 19 236, I 45f 236,2 44 ep. 10. tr. I pro!. 159 5, I 234 5,2f 235 9, 10 81 c. ep. Man. 9 1 19 23 59 28 67 c. ep. Parm. 1 , 1 6 95 2,9 51 2, 19 59 2,20 95 2,22 95 3,4 95 c. ep. Pel. 1 , 27 238 3 , 19 1 8 1 4, I 236 4,2 236 4,7 189f 4, 1 7 235 4, 1 9 236
277
4,27 234 2 3 6 exc. urb. 73 "'p. Ga/. 28 60 3 1 125 32 5 1 f 36 60 exp. prop. Rm. 13-18 199 c. Faust. 1 1 9 1 , 2 46 5,6 240f 1 1 , 8 1 1 5 12, 15 102 12,22 135
278
12,26 59 12,42 59 14,9 50 16, 1-8 44
16, 1 4 1 1 5
16,29 157
17,3 178 18, 1-3 44 19, 15 1 1 5 2 1 , 1 64 2 1 , 9 191f 22,2 68f 23,1-4 70 23,3 69f 29, 1 65 29,4 1 6 1
3 1 , 3 134 33,2 135 33,6 180 f et op. 47 1 8 1 f el symb. 1 3 158
1 4 158 f invis. 7 185f gest. Pel. 27 238 28 238 Gn. litt. 1 , 1 1 19 1 , 2 1 1 1 5 6, 1 O f 62 8, 2 56 12,2 133 12, 1 1 102 133 12,34 133 On. litt. inp. 3 1 1 8 On. adv. Man. 1 , 14 1 19 1 , 40 56 2,25 199 2, 8 45
Indices
2,30 1 9 1
gr. et pecc. or.
1,44 1 8 1
1,45 1 1 5
2, 1 3 239
2,26 79
haer. 73 1 , 1 123f 1,46,7 66f 1 ,46, 15 44 64 1 , 88, 1 239 1 , 88,5 2 1 9 1 , 88,6 237
10. ev. Ir. 61 73 1 15
7,24 184 13, 1 3 239
13, 1 6 63 17-19 6 1 17,9 182f 2()"'22 6 1 22, 15 70 23-54 6 1 4 1 , 9 234 46,8 184 47,9 46
48, 1 177 49,7 189 49,9 200 52,3 6 1 f 54, I 50 55-124 6 1 58, 1 177 62,4 133 74,2 125
98,4 59
98,4-7 59
106,5 187 1 1 3,4 2 1 1
122, 1 178 c. lul. 1 19
c. lu/. imp. 6,36 190
/ib. arb. 1 , 2 195
c. /il/. Pel. 1 1 9 2, 1 50 95f
2, 1 89 95
2,236 95 2,237 95 3,6 138 3,38 95 3,40 95 3,59 1 1 7 loe. 6,9 135 1 84 mag. 2 56 4 1 194 45 144 c. mend. 24 135 mor. 1 , 2 180 1 , 25 48 1 , 39 194 1 , 46 48 1 , 5 1 48 2, 1 7 7 1 2,43 1 1 9 2,60 241 mus. 6, I 195 6, 15 79 nupl. el conc. 2,45 163 2,47 163 ord. 1 , 3 184 1 , 7 79 1 , 9 184 1 , 24 184 pecc. mer. 1 , 54 137 1 , 59 154 1 , 69 189 2,38 65
3, 1 3 237 3,20 163 per! iusl. 23 f 237 qu. 7,49 1 84 7,56 1 84 qu. ev. 2, 1 8 120 2, 1 9 46 2,38, I 200 2,38,5 200 relr. I , prol. 2 12f 1 ,4 ,3 164 1 , 6 1 84 1 , 1 7 1 2 158 1 , 22, 1 2 1 f 76 1 , 26 66 2,4,2 1 7 2, 8 250 2, 3 1 163 2,33 2 1 8 2,67 1 1 1 4 f s. 73 I 21-23 254 1 , 1 23 45f 176 1 , 3 47 1 , 5 45 48 4 ,8 206 4,33 239 8 196f 8,2 197 8 ,5 196f 8,8 142 8, 1 8 197 8,84 198 9, 1 6 142 10,2 206 1 2 9f 21-92 96
254f 258 12,4 58 12,9 66 15,4 243
Indices
18, 1 177 23,3 1 1 4 26, 1 144 26, 10 44 26, 1 2 1 2 1 27,5 191 28, 1 1 14 29 93f 29A 93f 29B 93f 29,3 94 32,25 235 33, 1 193 35 179 36, 1 1 1 5 36, 1 1 126 37,3 133 138 42, I 235 45, 1 140 47 179 49,7 206 50 2 1-23 75
254 50, 1 23 45 50, 1 3 45 5 1 179 53, 13 144 56, 1 2 238 56, 13 162 57,9 238 58,6 162 58, 1 2 241 62, 1 2 243 65, I 1 14 67,2 189 67, 10 139 68, 1 182 7 1 179 7 1 , 1 3 178 7 1 , 4 138 72A 1 15 75,8 67f 8 1 , 9 165 82 179
86,6 85 86, 1 4 54 88,25 47 90,8 177 94 1 3 98,3 178 99, 1 1 101 99, 1 2 137 105,7 191 105, 1 0 165 1 14,4 235 1 1 9 161 1 19, 1 1 2 1 1 1 9, 2 1 2 1 128, 14 189 13 1 ,7 192 1 3 1 , 1 0 2 1 8f 133 179 133,2 47 135,2 234 135, 7 f 234 137, 12 46 138 138 138,5 138 138,6 190 138, 10 138 145 179 145,3 101 147 1 6 1 148 162 149 179
279
149,1-10 I33f 149,6 135 150,6 194 152, 1 1 206 156,6 189 157, 3 185 158,8 1 9 1 162,2 182 162,3 233 162,4 233 163 2 1 8 1 63,9 125 1 64, 10 239
280
165 2 1 8 166,4 189 169, 1 1 82 174,2 125 176, 1 1 1 5 177, 1 1 240 1 8 1 1 9 f
218--253 258f
1 8 1 , 1 2 1 9 1 8 1 , 3 2 1 9 182,3 45 182,6 71 183 2 1 8 1 83 , 1 233 183, 1 1 201 185, 1 1 1 7 186, 1 70 188,4 70 189,2 70 198 .ugm. 127 199,2 144 203,3 1 3 5 207, 1 1 89 2 12, 1 192 214,4 1 88 2 1 5 187 2 15,2 187 2 1 5 , 6 157 2 2 1 , 3 192 2 2 1 , 4 93 227, 1 1 1 6f 231 , 1 1 5 9 f 2 3 1 , 2 190 232, 1 159 233, 1 157 234, 1 160 178 234,3 157 235 179 235, 1 160 236, 1 142 237, 1 68 237,3 68 238, 1 201
Indices
238,2 68 239, 1 159 184 240 1 9 f
157-217 249 257f
240-242 158 240-243 157
1 6 1 f 164 203 f 257f
240, 1 158 160 240,3 163 240,5 158f 162
166 241 1 6 1 1 65
186 257f 24 1 , 1 157 159
185 24 1 , 2 162 24 1 , 4 159 196 24 1 , 4-7 166 24 1 , 5 165
204-206 24 1 , 6 2 1 3 24 1 , 6 f 162 24 1 , 7 l 64 f 193 24 1 , 8 159
164-166 188
242, 1 185 209 242,2 2 1 1 242,2- 1 1 166 242,3 1 9 1 242,5 1 5 9 214 242, 5-1 1 192 242,7 159f 165
188 2 1 0 242, 1 2 1 86 243 160-162
179 257 243, 1 160 243, 1 f 203 243,3 160 243, 3-7 166 243,8 160
244 1 79 245 1 79 245, 1 160 246 179 246, 1 160 178 246,4 176f 2 5 1 1 6 1 252, 1 201 255,5 191 256, I 200 255,2 157 260 162 263,2 46 264,4 7 1 266 1 9 f 93-156
256f 266,3 96 266,3-6 123 266,6 57 267-272 93 267, 1 1 1 8 267,2 1 1 9 267, 3 f 1 1 8 268, 1 1 1 8 268,4 201 269, 1 1 1 8 269,2 1 1 7 137 270 1 1 8 270,3 135 270,6 1 1 8 273,8 126f 27 1 1 1 8 272 1 1 7 272B 120 277 1 9 1 277,4 192 279, 1 2 184 280, 5 193 199 284,4 1 1 7 295,2 1 3 3 296,6 249 296,7 249 296,9 249 297, 8 237
299,9 192 301 , 6 243 302,5 242 304, I 233 3 1 1 , 1 4 237 3 1 6, 1 79 328 193 330,3 242 350,2 1 1 4 35 1 , 3 192 354,3 243 361 206 209
258 361-362 1 6 1 361 , 1 206 361 ,2 208 361 , 3 f 209 361,4 2 1 6 36 1 , 6 54 362 206 209 362, I 1 3 9 362,6 158 362, 1 7 66 362, 3 1 139 161 395, 1 1 9 1 s. Caillau 2, 1 1 , 1 47 s. Dellis 2, 5 139 3,3 1 1 6 8 ,3 138 1 2 , 3 144 18, 1 191 22, 1 192 24, 1 157 24, 1 1 243 25, I 140 s. Dalbeau 2 , 5 177 1 8 125 2 1 , 1 1 248 2 1 , 1 3 237 248 22, 19 185 26,55 235
Indices
28, 1 1 139
s. Frangip. 235 s. Guelf 1 , 5 186 15, 1 1 5 9 23,3 1 19 3 1 , 1 190 32, 1 1 144 s. Lambol 4 1 9 1 s. Mai 95,3 68 98,4 135 s. Mai post s. 174 7 1 s. Marin 17, 1 68 17,2 101 s. lVi/rn. 12, 1 140 c. s. Arrian. 29 62 s. Caes. ecc/. 2 1 1 7 s. dom. m. 2, 1 5 162 2,35 162 2,47 51 Simpl. 1 , 2, 1 6 190 2,6 87 symb. cat. 2 188 Irin. 1 , 3 59 2, 1 8 61 2, 1 9 1 5 1 2,29 157 3 , 5 66 3, 1 3 62 3,23 63 4,21 102 4,24 165 7 , 5 185
1 3 , 1 9 125 1 3 , 24 198 14,26 194 15 ,36 1 5 1 15,38 154 uti!. credo 2 45 5 1 1 8 8 1 1 8f 25 1 19 ulil. ieiun. 3 189 4 177
AUSONIUS Auson. 195,37 195
CAESAR Gall. 3, 19,6 195 3,21 89 4, 12, 2 79f
CICERO Arch. 1 7 1 5 5 Brul. 142 240 Cali!. 4, 1 207 Cala 26 195 Cluent. 1 207 episl. 5, 12,3 183 Hort· fr. 1 1 5 194 • mv. 1 , 20 72 ManiI. 33 242
281
282
Mi!. 67 245 oral. 37 f 144 69 82 78 77 78 f 77 79 82 84 83 1 0 1 82 103 82 de oral. 1 , 70 1 83 1 , 146 1 83 2, 3 1 4 89 2,65 f 142 parad. 1 , 1 207 part. 3 1 2 1 2 Phil. 2,25 193 rep. 3,40 158 6,27 69 Sesl. 35 70 146 245 S. Rose. I 207 27,75 147 Tim. 8 165 40 165 1 88 Tusc. 1 , 53 69 1 , 107 199 5,29 233 Verr. 1 , 10 183 2,5,98 242
PS.-CLEMENS 2 Clern 5 , 2 ff 46
Indices
CYPRIAN ad Donat. I 145 dom in. oral. 22 235
epist. 52, 1 127 70,2 1 16
teslim. 3,54 235
CVRlli. VON JERUSALEM
catech. 17,27 I 3 1
DIDACHE Did. 16,3 46
DIDASKAUE Didasc. AposI. 28 49
PS.-DIONYS eael. hier. 6,2 5 1 eccl. hier. 1 , 2 51
DONAT Ter. M. 220,4 54
ENNIUS anno 458 187 trag. 3 1 1-3 1 2 199
EURIPIDES Ir. 4 3 1 , 4 186
FULGENTIUS RUSPENSIS
c. Fab. fr. 3,4 198
GREGOR MAGNUS • In evang. 34,7 5 1 moral. 32,48 5 1
HIERONYMUS c. Lucil 9 I 3 1 epist. 1 1 2 , 7 f I 3 1 tracl. in psalm. 76, 1 9 198
HOMER 11. 4, 297-300 88r 16,431 ff 186 19,87 186 22, 2 1 242 Od. 3,236-238 186 3 , 2 6 9 1 8 6 4 , 2 3 6 1 8 6 10,307 1 86
HORAZ episl. 1 , 1 9, 3 1 54 sol. 2,5, 96-98 238
IGNA TrUS VON ANTIOCHIEN
Phi/ad. 2 , 2 46
1RENAEUS haer. 1 , 26,3 127
3, 1 2 , 8 130
ISIDOR VON SEVILLA arig. 6, 18, 1 1 1 8
IULlUS RUFINIANUS rheL. 12, p. 42 2 1 5
lUSTlN DER MÄRTYRER
apol. 1 , 16, 1 3 46 1, 1 8 , 6 1 87f 1 , 26, 2 f 124 dia!. 35,3 46 8 1 , 2 46
LIVIUS U\), 2,32 186
MACROBIUS samn. Scip. 1 , 17, 1 1 88
MARTIANUS CAPELLA
Mart. Cap. 7,731 87
OPTATUS VON MILEVE
Optat. ',7 95 2,20 236
OVID epist. 9, 29-3 1 193
Indices
PASSIO PERPETUAE ETFELICITATIS
Perp. 9, I 200
PEREGRINA TlO AETHERIAE
Peregr. Aeth. 37,5 48 43,5 49
PEIRON Perron. 42,4 238
PETRUSAKTEN ACI. Petr. c. Sim. 32 124
PLATON EU/hd. 296A 250
PLAurus Poen. 275 187
PORPHYRlUS ehr. fr. 1 5 179f 93 158
POSSIDIUS indie. 167 2 1 200 93 200-202 96 244 f 22 "iia Aug. 5, 2-5 1 2 7,1 1 3 f 15,2 1 7 15,3 1 7 3 1,4 1 3
PRiSCIAN rhel. 3 246f
QUINTlLlAN inst. 4, 1, 1 6 203 4,2, 3 1 247 4,2, 1 1 2 2 1 2 8 pr 6 1 8
RHETORICA AD HERENNIUM
Rhet. Her. 4,54 2 1 7
RUFINUS VON AQUILEIA
Adamanl. 2, 1 2 48f
283
Orig. in cant. 2 p. 120 194 2 p. 167 1 3 3 Orig. in ex. 4, 6 p. 178 197
SALLUST Cati!. 6, 1 165
SCHOLlA IN TERENTIUM
Schol. Ter. 152, 1 3 f 54
SECUNDINUS MANICHAEUS
ep. ad Aug. 3 1 2
SENECA elem. 1 , 5, 1 1 85 2, 2, 1 185
284
epist. 92,30 1 85 not. 1 ,3 ,2 243
SUETON Aug. 94,7 196
TACITUS hist. 3,82,2 195 4,30, 1 195
TERENZ Ad. 220 54
TERTULLlAN •
amm. 46, 10 194 bapt. 3,21 123 8, 1 123 1 27 coron. 13,4 52f adv. Mare. 3,24,3 52 adv. Prax. 23,2 61 28, 1 3 188 cut/· fem. 1 ,5, 1 193 praescr. 2,4 46
THEON Prog. 5,3 246
VARRO Iing. 5,73 193
Indices
VERGIL Aen. 1 , 67 f 165 1,278f 165 6,703-751 205 6,719-721 165
204f 6,750f 205 6,753 205 9, 19f 165 12,725-717 242 ec/. 3, 104-107 250
XENOPHON Mem. 1 , 2, 6 19 1 ,2, 15 19
b) Bibelstellen
ALTES TESTAMENT
Go 1-3 56 1 , 1 1 1 8 1 , 26 207 3 61 9,3 134 1 1 , 1-9 1 19 18,24-32 240 22, 12 54
Ex
3,14 63 20,7 196f 29, 10 1 22 29, 15 122
Lv
1 ,4 122
16,6 234 24, 14 122
Nm
8, 10 122
Dt 12 ,28 89 13,3 54 34,9 122
IV Rg 5, 1 1 1 22
lob 1 , 6 36 79f 91 1 , 6 f 32 40f 87 1 , 6 ff 62 1 , 7 36
9,33 198 12,4 237 13,8 237 14,4 234 14,4f 225 231
Ps 55
235 237 246
10,4 59 10,6 34 13, 1 1 77 17,6 54 180 29,4 235 32, 10 2 15 34, 1 8 145 45,7 197 50,7 236 50, 1 6 1 9 1 68,34 49 72,3 55 73, 4f 240 76, 19 198 83,5 160 16 1
92,5 83 1 0 1 , 27 43 1 0 1 , 2 7 f 38f 44
71 106,2 109 106, 2 f 135 1 15 , 2 105 1 1 5, 1 1 1 1 7 1 1 7 94 1 1 7, 1 94 1 1 7,24 159 124,5 55 133, I 160 140 94 140, 3 f 94 140,5 93-97 105
I I 0 f 1 1 3f 1 1 5 1 4 1 1 55 256
Prv 55 2 1 , 6 54 180 27, 2 1 243
CI 1 , 6 138
Is 1 , 1 8 244 7,3 244 29, 14 2 1 5 42,7 49 49,9 49 53,7 107 53, 7 f 130 53, 1 2 1 36f
ler
5,26 55 1 8,22 55
Dn 9,23 240 5,27 242
Indices
Agg 2,9 75
1 1 Mace 8, I 137
Sap
1 , 9 34 7,24 87 7,27 38 8, I 87 9, 1 5 1 9 1 f
Sir 55 10, 1 5 248 14, I 1 3 27,6 243 33, 1 5 216
NEUES TESTAMENT
MI 178 3, 12 244 5,7 96 5,8 32 38 40 43
84 5, 1 7 5,20 6,9-14 6, 1 2
6, 1 2 f 6,24 7, 1 5 9, 12 9, 1 7
44 133
227f 162 2 1 9 233 f 235f 247 252 253 162
52 46 170 174 204
10,28 1 1 ,28 49 12, 1-8 12,30 13,45 f
120 89
241 137
133
14, 22-33 67 14,26 67f 14,27 68 16, 19 133
285
18, 10 4 1 50 53 20,28 125 26,28 1 1 6 28 1 5 9 28, 1 9 1 3 5
Me 178 1 , 36 137 5,33 1 2 2 6, 5 122 6,49 67 9, 2 244 9,39 137 10, 1 6 122 10,45 125 13,32 54 16, 1-16 159
Le 178 1 , 2 1 195 5, 9 137 5, 3 1 204 9, I f 49 9, 6 49 9,29 244 9,50 138 1 1 ,23 137 1 3 , 29 1 3 5 16,9 76 16, 19-3 1 199 18,9-14 236 23,46 242 24, 1 2-35 1 5 9 24, 1 3-31 159 24, 36-53 159 24,37 67f
10 178 1-4 61 I , I 235
286
I 1-3 , 87
1 , 1 8 53 61
2, 1-1 1 65
3, 5 1 33
3,8 1 1 0 1 1 3 1 54
3, 1 8 96
5-12 6 1
5, 1 9-50 6 1
5,37 f 6 1
5,43 6 1
5,46 44f
7, 37f 50
8,44 52 196
10, 1 46
10,4 50
10,7 32 40
10,9 130
10, 1 1 138
10, 14 138
12,27 61
12,28 35 42 60f
12, 3 1 5 1 13-21 61 13,26 1 14 155
13 , 3 1 f 60f
13,34 235
14,6 32 35 40-42
59 86 1 96
14,30 5 1
1 6, 1 1 5 1
17 , 1 60
17,4 62
17,5 60
18,23 2 1 1
1 9, 10 240
1 9, 1 1 240
20, 1-18 159
20, 1 1 -18 159
20, 19-23 159
20,30 1 78
20,30f 178
2 1 , 1-14 159
2 1 , 6 201
2 1 , 26 178f
Indices
Act
I 159
1 ,5 120
2, 3 f 105 1 12
2,4 1 1 2
2, 1 3 105 1 12 1 1 9
2, 1 5 105
2, 15-21 122
2,22-36 122
2,37 1 22
5,4ff 162
6, 1-.Q 127
6,6 122
8,5-39 1 5 1
8, 9-24 123
8, 12 1 26
8, I 2 f 1 3 1
8, 14-17 123 128
8, 17-19 122
8, 1 9 125
8,30 144
8,34 129
8,35 1 30 152
8,36--39 107
8,37 130f
8,38f 152
8,39 1 3 1
9, 1 2 122
9, 17 122
10,1-8 132
10, 1 - 1 1 , 1 8 13 1
10,4 132
10,6 132
IO, 7 f 1 32
10,9-16 1 32
10, 9-20 57
10, 1 1 135
10, 13 108 133
1 O, I4 f 109
10, 15 135
1O,1 7-23a 132
10,20 109
10,23 153
10,231>--33 132
10,24 1 37
10,25 f 1 36
10,28 109 153f
10, 3 1 1 33
10,33 1 32
10,34 43 132 153
10,391>--43 121
10,44 1 13 154
10,44 48 132 153
1 1 , 1 - 1 8 132
1 1 , 2 154
1 1 , 14 1 32
14,6ff 126
14,27 1 29
1 7 , 32 1 57
19 ,6 122
2 1 , 8 1 26
28,8 122
Rm 1 , 1 8 1 98
1 ,20 1 98
3,20 1 99
3,24 96
3,4 1 1 7
5, 3-5 147f
5, 1 2 1 63 189f
5,20 199
6,3- 1 1 237
8,3 65
8, 1 1 188
8,23 ff 191
8 ,24 f 1 9 1
8,38 f 50
9 , 13 190
9, 1 5 190
9, 1 9 1 9 1
10,8 49
10,9 1 57
10, 1 7 148
1 2 146
12,2 1 94
14, 1 47 75
I Cor
1 , 19 2 1 5 1 , 20 172 176 215 1 ,2�24 196 1 , 2 1 -23 173 1 , 2 1 -24 176 215
1 , 24 69 87 2, 6-8 32f 4 1 50
90 3, I f 59 3, 1 9 172 2 1 5 6, 1 6 7,35 8,6
49 54
197 47 8, 9
9,22 10, 17 1 1 , 24 1 1, 29 1 5 , 2 1 f 1 5 , 22 1 5 , 32 1 5 , 33 15,50
47 1 1 6 1 1 6 1 1 4 156
190 190 206 192 89
1 6, 8 f 129
n Cor
1 , 19 68 2, I 2 f 129 2, 1 7 195 3 , 1 7 1 5 1 5,4 190 5,6f 35 41 59 6,2 49 6,7-10 216 1 1 , 1 6-30 73 146
150
1 1 , 3 2 f 150
Gal
1 , 4 193 3, 1 5-22 77 3, 16 49 3,28 60 4,2 52
Indices
4,5 125 5,23 56
6, 1 56 6,2 \38
Eph
1 , 22 f 185 4, 1 1 126 4, 15 185 5,23 185 5,25 226 249
5, 25-27 23 1 f 247f 250 252 259
5,26f 226 5,27 2 1 9 237 243 6, 1 2 51 53
Phll
I , I 127 3, 8 1 8 1 3, 12 190 3,20 33 52 f
Col 1 , 1 6 51 1 , 1 8 185 2, 8 2 1 5 4, 2 f 129
I Tim 185 1 , 20 52 2,5 176 198 3,7 180 3,8 127 3, 1 2 127
6, 10 76 6, 16 68
II Tim 185 2,13 188 2, 1 5 1 8 1 2,26 180 3,16 1 14 4, 2 184
4,3 207 4, 5 126
Tlt 184
1 , 9 184
1 , 1 4 125 I, 1 5 39 3,5 237 3,10 238
Hbr 1 , 1 201 4,3 49 5, 1 2-14 59 7,27 234
8,5 49
lac 1 , 19 1 2 1 , 20 56 3, I f 1 2 3,2 13 3, 17 56
I Pt
2, 1 1 52
1 10
287
1 ,8 233-235 236 252 253
1 , 8 f 219 225 231 233 246 259
1 , 9 230 232 234 3,2 234 3,9 234 4, 3 45 4, 1 2 53 4, ! 6 8 1 4,20 81 5,2 f 235
Apc 6,9 242 16, \ 3 197
2. WORT- UND SACHINDEX (iN AUSWAHL)
Adiunctio 235 Admonitio 75 Akzent 73 f 79 202 209 2 1 4 Akzenlklauseln 73 2 1 4 Alliteration 8 1 9 1 134 142f 150
2 1 2 Allw.acht: si-el!e omnjpclen� Ambiguum 129 137 180 202 Amplificatio 45 49 74 84 1 1 5
1 5 1 f 176 201 210 2 1 5 246 (Hörer-)Anrede 41 47 f 74 84
86 145 192 176f 200f 204 206f 2 1 6
Antithese 24 4 1 72 79 83f 88 1 1 7 125 127 145 154 1 8 1 f 191-193 201 203 206f 213f 2 1 6 248 257
Antonomasie 1 33 Apologie 2 1 23 40 77 79 91
122 140 148 178 183 203 254f
Aposiopese 84 Apostrophe 249 optum 156 184 203 IlQ"ai T�� M�E� 77 artes liberales, s. auch doctrina
183 Asyndeton 88 1 1 8 147 1 5 1 192
196 206 2 1 6 258 atque (antekonsonantisch) 73-75 audilorem beneve/um, attentum,
docilem facere 72 203 207
beatitudo 27 29 59 64 80 157
1 6 1 208 Bildlichkeit 45f 53-55 59 62f
76 8 1 92 1 1 0 130 133 138
153 156f 1 8 1 185 192 196f 199 203 207 2 1 6 237f 239 242-244 248 252 255 259
Bildung(sstand) der Adressaten!
Hörer 66 194 204 2 1 4 258
Captatio ber.evolenliae
74-76 179 203 248 Chiasmus 150 208 Chrie 246f
12 37
ChristenspracheJChristianismus, s. auch Sprachgebrauch 55 62 126 233
Circurnscriptio 148 207 Conclusio 42 f 49 66 78 84 86
1 1 3f 1 55 174 176 2 1 0 231 f conscientia (bona/mala)
3 1 57f 1 8 1 221 236 Contrarium: s. Antithese
26-28
CorreClio 75 2 1 0 231 235 245 cursus mixtus 73
delectatio. s. auch officio oratoris 82 88 146 150 1 82 204
diaconillm 100 127 Dialektik 49 141 250
Dialektikon 41 43 f 80f 84 1 1 3 f 154 157 187 2 1 1 2 3 1 f 251
Dialog: s. Dialektikon
DiatribeIDiatribenstil 84 249 259 Dikolon 143 1 5 1 155 2 1 1 f 2 5 7 Dissolutio: s, Asyndeton
dactri"a 12 59 167 181 183f
208 Doketismus 42 45 64 67 69 87
254
Don.tisten, donatistisch 1 2 1 9 49
5 1 93f 97 1 1 1 1 1 6 1 19 137f
1 4 1 149 150 152 155 198 219 236 239 256 259
eloquentia 1 2 1 8 145f 148 182 2 1 6
Engel 32-37 41-43 50-52 65 f 80 85 90 108 1 13 1 3 2 199
Enthymem 43 49 210
ErbsÜßdelErbsündenlehre 163 190 2 1 1 237 239 246
Eristik 250 f 259
Indices
Eschatologie 59 174 200 2 1 1 f 255
Evangelienpluralität 177 evangelistalevangelizare 50 62
99-100 103 1 2 1 f 126 129f 150 1 52 159f 1 6 7 177-179 201-203
Exclamatio 84 1 12
Exemplum 1 2 65 85 97 99 1 1 2 128 149f 155 160 164f 167 185 247
Expolitio 87 f 149 176 2 1 7 232 245
Fictio 4 1 90
genera elocutionis / dicendi 1 8 24 75 78 8 1 f 83 85 88 143 146 208 249 255f genus submissum 77f 81-83 142f 149 201 208 255 genus temperatum 82 f 84f 143 145f genus grande 24 82 85 f 143 146 201 208
gorgianische Stilmittel 144 f Gradatio 76 121 147 f 162 207
hoeresis 2 1 8 238 f Heiden, heidnisch 19 34 97 108f
1 1 3 1 1 9 125 132f 135 137
289
144 153 1 57 160 162 1 7 1 174 183 187f 194f 197 209 2 1 5f 2 1 7 256f
Homilie (homilio) 19 94 159 247
256 Hyperbaton: s.Traiectio
Iktus 73 (konstatierendes) Imperfekt 136 Indermitpronomina 57
Indignatio 42-44 9 1 1 1 3 154 2 3 1 252
inflore 99 1 1 2 126 143 197 220f 238 240 247
inspirare 103 1 1 3 f 1 54 f 178 InspirationlInspirationslehre 1 14
120 178
[nterrogatio 26 4 1 49 79 84
1 1 2 f 153 175 2 1 1 23 l f 248 InvektivelInvektivstil 1 2 83 f
248 f 253 255 259 Ironie 91 248 f
Isokolon 84 143-145 147 202 !teratio 78 97 128 142 145
150-152 154 179 203 206 214 248 257-259
Jungfräulichkeit 70
Klauseltechnik, s. auch Rhythmus· technik 1 6 78
Uhr; Platonici 163 f
Litotes 201 245 loeus (a comparatione I a contrario)
154 235 246
Manichäer, manichäisch 12 1 7 19 21-23 32 36 40-49 5 1-53 55 f 59 63-71 74-81 83-92
1 18 f 1 6 1 180 205 214 236 241 250 254-256
Materialismus 68 194 255 membrum und caesum 73
290 Indices
Metapher: s. Bildlichkeit Metempsychose 164-166 205
2 1 3-215 217 modera/ia (in der Rhythmustechnik)
88
Mündlichkeit 78 81 89 91 1 5 1 202 206 209 214 245 247 251 258f
(sorgfaltige) Nachlässigkeit 77
255 lIominativus absolulus 128 f 189
notar;; 14f
Occupatio 77 1 1 2 f 149 152 231 officia grammaticorum 90 olftcia oraloris 1 8 81-83 146 182
255 doce,.e 1 3 72 77f 82f 143
146 149 152 182 212 220 247
delectare 81- 83 88 145f 148 152 182 204 2 1 2 247 259
movere 82 86 143 146 148 152 212 247 259
omnipolens 29f 66 68 124 167f 18&-188 209-21 1
Oppositio: s. Antithese Oralität: s. Mündlichkeit aralio dominiea 1 1 6 222 232 236
241 f 252 259 ordo Homericus 88 256 ordo naturaUs 96 256 Oxymoron 2 1 5
Pantomimus 205 Paränese 144 148 247 253 Parallelismus 24 129 143-146
152 192 21 1 257 Parechese: s. Paronomasie Parison 84 145 Paronomasie 24 83 125 137 150
191 257
partes orationis 97 143 prooemiumlexordium 17 f 23 40
46 72 74 76 9 1 96 1 1 1 1 1 8 139f 142 155 160 165 173 178 1 8 5 200 203 206f
210 214 231 244-247 253f 256 258f
na"atio 17 96 1 1 1 1 1 8 127 142f 145 148 f 166 169 174 1 85 209 2 1 1-214 231 247 249-Z5 1 256 f 259f
propositio 26 40 46 72 75f 79 l l l f 142 208 2 1 0 254
partitio 1 1 1 208f 258 argumentatio 23 4 1 64 69
75f 78 83 85f 90f 96 f 1 1 1 f 133 142f 149f 152 201 203 209f 2 1 4 231 235 247-256 258-260 261-263
peroratio 23 44 80 87 9 1 96f 1 1 3 142 144 154 160 185 209 212 232 253 256 260
Pelagianer, pelagianisch 20 96 125 1 62 f 189f 2 1 8-220 225 229 231 233 235-239 245 247-253
(aoristisches) Perfekt 122 Perikopenordnung 139 1 59 Pennissio 9 1 persuasio 86 162 247 259 (Neu-)Platonismus, (-)platonisch, s.
auch /ibr; Platonici 56 59 87 134 1 57 164 192 194f 205 2 1 4 258
Polemik 46 69 75 78 83 135 141 157 164 178f 1 8 8 195 2 1 6 236 247 249 255 258
praedicatio/praedicare 12f 49 99-101 120f 126 128 133 137 146f 1 5 0 1 6 0 164 169 184 198 208 2 1 5
Praeparatio 173 201 204 247 257
Pr.eteritio 139 174 202f 235 Prolepse 87 207
Quaestio 1 9 2 1-23 40-42 48f 75-78 8 1 - 8 4 8 6 89-91 1 1 1 141f 207 2 1 5 247 254f
quod-Satz statt aci 50
ratiocinari 77 143 149 255 Rec.pitul.tio 44 166 176 2 1 3
232 redemptio/redimi 96 99 124 f
133 1 5 1 reguta 26 53 f Reim 76 84 9 1 141-143 179
1 9 1 f 202 206 208 2 1 1-213 248 252 258
Redundanz: s. Iteratio Repraesentatio 40 72 160 173
176 254 257 Reprob.tio 175 2 1 5 2 1 7 revelatiolrevelare 2 8 63 1 8 1 f Rhetorik, rhetorisch 1 2 16-19 49
Indices
53 65 7 1 f 80 82 85 88 f 9 1 f 96 136 140f 143-145 148 1 50 152 154 160f 182f 203 209-2 1 2 218f 245f 255-259 258-261
Rhythmustechnik, s. auch Klausel· technik 73f 88 144
schisma. Schismatiker 1 14 1 1 9 123 138 238f
Schriftlichkeit 13f 209 214 219 258f
Schriftallegorese 1 18 sermocinari 99 120 146f Sprache/Sprachgebrauch 57 64 73
128 181 1 83 206 2 1 1 2 1 3 233 241 252 258
291
biblisch 64 129 136 144 177 195
christlich 19 48f 54f 64 1 17 1 19 1 2 1 126f 137 144f 176 181 1 87 193 198f 235 238 240
nachklassischlspätlateinisch 48 62 120 126 138 179 189 200 242
signum I signa (data I naturaIia) 56f 1 17-119 134
status 141 Stilhöhe: s. genera elocutionis superbia 27 56 86 1 19 f 154 220
245 247f Syllogismus 49 2 1 0 Synesis 47 137
laedium 167 182 203 Tempusverschiebung 7 1 240 tractatusltractare 19 1 1 5 167
204 Traductio 8 1 129 147 150 154
2 1 3 217 Traiectio 58 76 1 40f 147 150
201
Vetus Latina 52 f 60 62 126 130-132 134 198 233 f 240
visio (Dei) 26 29 4 1 59 79 f 255
Vulgata 52 60-62 1 16 1 27 130f 134 136 234
Wiederholung: s. Iteratio Wortspiel 8 1 83 88 9 1 125 129f
134 137 143 f 154 191-193 202 2 1 2 f 251