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Page 1: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

STUDIEN ZUR GESCHICHTE UND KULTUR DES ALTERTUMS

Neue Folge

1. Reihe: Monographien

Im Auftrag der Görres�Geselischaft herausgegeben von HEINRICH CHANTRAINE (t), TONY HACKENS (tl,

RA BAN VON HAEHLlNG, VOLKER MICHAEL STROCKA, I-IANS JüRGEN TSCHIEDEL U. Orro ZWIERLEIN

23. Band

2004

Ferdinand Schöningh Padcrborn . München· Wien· Zürich

Page 2: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

LUTZ MECHLINSKY

Der modus proferendi in Augustins

sermones ad populum

2004

Ferdinand Schöningh Paderborn . München· Wien· Zürich

Page 3: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Tilelabbildung: Kirthenlchrer Augustinus. Heiligenkreuzer Handschrift. Codex 186 (um 1140)

Bibliografische Inrormalion der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek veneichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogralie: detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

bup:Udnb.ddb.de abrulbar.

Umschlaggestahung: Evelyn Zicgler. München

Gedruckt auf umweltfreundlichem. chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem Papiere ISO 9706

Q 2004 Ferdinand Schöningh. Paderborn (Verlag Fcrdinand Schöningh GmbH. Jühenplalz 1.0-33098 Paderborn)

Internet: www.schocningh.de

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrethtlich ge.�hützl. Jede Verwertung in anderen als den ge.�elZlich zugelassenen Fallen ist ohne

vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages nicht zulässig.

Printcd in Germany. Herstellung: Ferdinand Schöningh, Padcrborn

Beyeriacha Ste.hblbUothek

München

ISBN 3-506-71784-7

Page 4: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

uxori ac parentibus

Page 5: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Page 6: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT .................... __ ...... __ .•....... __ .. ------_. _ ...... .......... ........ . 9

A.

B.

EINLEITUNG . ... _ . . -.......... ............... ........... ........ ..... . .. .. . ...... . . 11

1. Augustin als Prediger .. ............ ... ......... ... ..... ........... .... ........ I I

2. Bestand der Sermones . .. ...... _._ ............... __ . __ .. ...... ..... � ........ .

15

3. Problemstellung der Arbt ........................................ ,......... 16

VIER THEMENPREDIGEN ... ....... ..... _ ....... ...... . .. .......

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l. SERMO 12 . . . _--••••••.••........•...............•.••.••• -_ ..•.... . .. ... . . __ ..

2.

a) Einflihrung · . . _--_ .......................... ............... . ...... , ..... . .. .

b) Text und Übersetzuq ............ ... . ..... _-_ ....... .. . . .............. .. .

c) Disposition ........................ __ ..................•....... _- .......... .

d) Detailkommentierun (selektiv) . .. . _ . . . ... . ... . ... . . . .. . . ... . . . . . .

e) Zum modus proferelli ...... . . . .. ...... ... . . ... ... ...... . . . . . . . . .. . ... . .

SERM0266 .. ....... . ........................ ................. ... ........... . .. .

a) Einfllhrung . ............................................. .. . ... .. ............

b) Text und Übersetzu� ......................... ....... ....... .............

c) Disposition ............................... .... ......... " .... .....

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d) Detailkommentiertll1 (selektiv) .............. " . . . ..... . . ........ .

e) Zum modus profereIli ............................ d'" ..... . ....... . . .

21

21

21

25

40

44

72

93

93

98

J I I

114

139

Page 7: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

8

c.

Inhaltsverzeichnis

3. SERMO 240 157 ----- - - - _ . .. . . . . .. • . . . . . . . . . . . . • .. . . . . . . . . . . •. _ - _ . . . . . . • ... .• .. . .. _ - _ . .

a) Einführung ................. . . . . . . . . . . . . ............ . . . . . . . . . . . ................. 157

b) Text und Übersetzung .. _- _ . . _- - -... .. . . . . . . . . . . . . _ - - --_ .. . . . . _ _ . _ _ . . . .. . .

c) Disposition ...... _ ... . . . . . . . .. .. . . .. . . . . . .. . . . -. -------_ . . . _ . . _ . .. . -_ . . --- - _ . .

.... . . . .. ... . . . . . __ .. . .. . .. _ - _ . . . . .. . d} Detailk\)rrun�ntieiUng (selek.1iv)

e) Zum modus projerend; ... . . . ... . . .. . . .... .... .. .. .. . . .. __ ...... .. __ ... . .

4. SERMO 181 . . . . . . . .. . ... . .. . .... .. . _ -. ....... . .. . .. . . . .. . . . . . . ...... . . ... _-_ . . . . .. .

167

173

176

200

218

a) Einführung ......... .. . . .. ... .... ....... .. .................. ... _ ..... . .......... 218

b) Text und Übersetzung . . . ... . .... .... . . ..... .. . . .. . . . ... .. . . . . . . . .. . . . .. . 220

c) Disposition .... .. ......... . . . . ... . _-_ . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . ... .. . ... . 231

d) Detailkommentierung (selektiv) . . . . . . . .. . . . ... . .. .. . . . . . . . . . . . .. . .. . 233

e) Zum modus projerendi .. . . _- _ ... ... . . . . . . .. . . .. . . . .. . . .. .. .... . . . . . ... . . 244

SCHLUSSBEMERKUNG . . . . . . . . . . . . . _ - _ .... . .. ... __ . . .. . ... .... . . . . . . .. . . . . . . 254

LITERATUR 261 . .. . . . . . ... . . . .. . . . . . . . . . . .. _--_ . . . _--..... -_ . . -- _ ... . . .. . . . - ---- _ .. ----_ .. . . .... . . .

INDICES . . __ ... _ -----_ ...... ... . .. ... . . . . . .. .... . . . .. . . . . ........... ...... ... .. .... .. . . .. _ _ . . ... .

1. Stellen index ... . . _--_ .. . .. . . . . . . . . . . . . __ . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. ... . . . . .. . .. . . . . . . . .

2. Wort- und Sachindex (in Auswahl) . . . . . . . . . . . . . .... ..... ..... . . . .. ...

275

275

288

Page 8: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

VORWORT

Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des Bochumer Graduiertenkol­legs 237 "Der Kommentar in Antike und Mittelalter". Sie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 2003 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms­Universität Bonn angenommen wurde.

Angeregt und betreut hat die Arbeit mein verehrter Lehrer und Doktorva­ter, Herr Professor Dr. Otto Zwierlein, dem ich rur viel faltigen Ratschlag und mancherlei Korrekturhinweise nicht zuletzt im Hinblick auf Augustins Rhythmustechnik zu größtem Dank verpflichtet bin. Sehr danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Wilhelm Geerlings, der freundlicherweise das Korreferat übernommen und mit kritischen Anregungen gleichfalls für die Verbesserung des Textes gesorgt hat.

Mein Dank gilt ferner den Herausgebern der "Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums" rur die Aufnahme meiner Arbeit in ihre Reihe sowie der Görres-Gesellschaft und ihrem Präsidenten, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Mikat, ftir die großzügige Übernahme der Druckkosten.

Schließlich danke ich all denjenigen, die das Zustandekommen der Arbeit zusätzlich begleitet und durch ihre Kritik verschiedentlich gefördert haben, so vornehmlich meinen Kommilitonen im Bonner Lateinischen Obersemi­nar und meinen Bochumer Kolleginnen, Frau Brigitte Domanski und Frau Melanie Kurek, die mir beim Satz bzw. der Registererstellung geholfen haben.

Für wertvolle philologische Hinweise bin ich insbesondere auch meinem Bonner Lehrer, Herrn Dr. Heinz-Lothar Barth, sehr verbunden.

Lutz Mechlinsky

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A. EINLEITUNG

1. Auguslin als Prediger

Ist von Augustin die Rede, so denkt man vielfach zunächst an den durch das umfangreiche Opus seiner Schriften wirkmächtigen Philosophen und Theologen.1 Daß der Autor der 'Bekenntnisse' oder des 'Gottesstaates' beinahe vierzig Jahre lang Seelsorger gewesen ist, tritt dagegen allzu leicht in den Hintergrund, obwohl es allermeisl dieser tagtägliche Dienst als Pres­byter und später als Bischof war, der ihn dazu veranlaßte, aus Sorge um seine Gemeinde und in Auseinandersetzung mit inner- und außerkirch­lichen Gegnern auch schriftstellerisch tätig zu werden.2

Ein Schwerpunkt seines priesterlichen Wirkens war für Augustin das Predigen), das in der christlichen Kirche spätestens seit dem 2. Jh. einen festen Bestandteil des Gottesdienstes darstellte4 und zunächst ausschließ­lich dem Bischof vorbehalten war. Eine Änderung dieser Praxis setzt im Westen nicht zufällig mit Augustin ein: Wie Possidius v. Calma. Freund

I Nach retr. 2, 67 (CCL 57, 142) bis zum Jahr 427 immerhin 93 Werke mit 232 Büchern. 1 Vgl. etwa A. KUNZElMANN. Augustins Prediguäligkeit. in: M. GRABMANN I J. MAUS·

BACH (Hgg.), Aurelius Augustinus. Die Festschrift der Görres-Gesellschaft zum 150. To­destage des Heiligen Augustinus. Köln 1930, 155. E. DASSMANN, Augustinus. Heiliger und Kirchenlehrer. Stuttgart 1993.25.

) Vgl. KUN'"t.E1->.tANN, a.a.O. Angesichts der FOlie der Augustinusliteratur kann zu diesem Thema hier keine vollständige Bibliographie geboten werden. Für die sermones ad popu­lum (siehe dazu auch weiter oben die Bemerkungen zum Bestand von Augustins Sermo­nes) liegt dazu seit wenigen Jahren vor: H. R. DROBNER, Augustinus von Hippo: Ser­mones ad populum. überlieferung und Bestand. Bibliographie. Indices. Leiden 2000 (SVigChr 49). Dennoch sollen zu Auguslins Wirken als Prediger an dieser Stelle einige einschlägige Darstellungen einfUhrenden Charakters genannt sein. die tur die hier vorge­legte Untersuchung u.a. von Wert waren (auf weitere Spezialliteratur wird im folgenden, insbesondere im Hauptteil, noch verwiesen): G. MAY, Augustin als Prediger. Seelsorger und Bischof. in: G. MA Y I G. HÖNSCHElD (Hgg.), Die Mainzer Augustinus-Predigten. Studien zu einem Jahrhundertfund. Mainz 2003 (VIEG 59). 95-105, F. VAN DER MEER,

Augustinus der Seelsorger. Leben und Wirken eines Kirchenvaters. Köln 21953. bes. 421-484, ehr. MOHR..\.iANN, Saint Augustine predicateur. in: �tudes sur le latin des chUtiens. Rom 11961, 391-402, E. MOIlLENBERG, Augustins Predigen, in: E. MOHLENBERG I 1. VAl"

OoRT (Hgg.), Predigt in der Alten Kirche. Kampen 1994,9-24, Cardinal M. PB' EGIHNO,

General Introduction: J. E. ROTE'" E (Ed.), The Work.s of Saint Augusrine. A translation for the 21 st Century. Pan 111/1: Sermons 1-19 on the Old Testament. New Vork. 1990. 13-137, K.·H. UTHEMANN, Augustins Predigten - eIße neue Sprache, eine kulturelle Wende. in: Neues Handbuch der Literaturwissenschaft. Bd. 4: Sp:1tantike, hrsg. v. L. J. ENGELS I

H. HOFMANN, 305-310, P.-P. VERBRAKEN. Saint Augustine's Sermons: Why and how to read them today: Augustinian Heritage 33 (1987),105-116 .

.. Vgl. W. SCHOTZ. Geschichte der christlichen Predigt. Berlin 1972.8.

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12 Einleitung

und Biograph Augustins berichtet, übertrug Valerius, der greise Bischof von Hippo Regius, dem Mißfallen mancher seiner Amtsbrüder zum Trotz, diesem schon als Presbyter die Aufgabe, in seiner Gegenwart zu predigen, da er um das besondere rednerische Vermögen Augustins wußte, der ihm in der Beherrschung des Lateinischen und wegen seiner rhetorischen Bildung überlegen war. Ein solcher Mann durfte sein Talent zum Nutzen der Kirche nicht unter den Scheffel stellen. So hielt Augustin am 8. Oktober 393 auf dem Konzil von Hippo die Eröffnungspredigt - später als Defide el symbo­/0 veröffentlicht (vg!. retr. I, 17 (CCL 57, 52f.)) -, was zur Folge hatte, daß jetzt auch andere Presbyter zu predigen begannen.5

Augustins Erfolg als Prediger rechtfertigte diese Entscheidung. Er war überaus beliebt, und seine Rednergabe wurde auch seitens seiner Gegner anerkannt.' In jeder Gemeinde, die Augustin besuchte, sollte er predigen. In retr. I, pro!. 2 verwahrt er sich dagegen, die Fülle seiner Werke und die Masse der Aufzeichnungen seiner gesprochenen - wiewohl nicht diktierten - Worte als multiloquium anzusehen, fUrchtet aber trotzdem, daß einzelne Stellen sich, wenn schon nicht als falsch, so doch als non necessaria erwei­scn könnten. Eingedenk der (aus der Weisheitsliteratur bekannten) Mah­nung, die Zunge im Zaum zu hahen, welche ihm in [ac I, 19 und 3, I f. begegnet, rechtfertigt Augustin dabei auch seine häufige Predigt: lantum­que mihi /ribu/um es/, ut ubicumque me praesen/e loqui opus esset ad po-

5 Vgl. Possid. vita Aug. 5, 2-5 soncllls vero VoJerius ordin% r eius. 11/ erot vir pius et deum timens. exsultobot et deo gratias agebol suos exaudi/os 0 domino luisse preces. quas se Irequenlissime ludisse norrobot. ul sibi divinitus homo concederelllr taUs. qui passet W!rbo dei el doctrina so/ubri ecclesiam domini aedificare, cu; rei se homo na/ura Graecus minusque Lolino linguo el litteris inslructus minus uli/ern pervidebot. eidern presbytero poleslatem dedit se corom in ecclesia evangelium proedicondi oc frequentis­sime lroctondi, contra usum quidem el consueludinern Alriconorum ecc/esiorurn: unde eliom nonnulli episcopi delrahebonl. sed ille vir venerabilis oe providus, in orientalibus ecclesiis id ex nlore fler; seiens el eerlus, et utilitati ecclesiae consulens. oblree/antillm non curabat linguos, dummodo loelitaretur a presbylero. quod a se episcopo inpleri mi· nime posse eernebat. unde adcenso el ordens levata super eondelabrum lucerna omnibus qui in domo eranl lucebol. et posteo curren/e el volante huiusmodi lama. bono proeee· dente exemplo, adcepta ob episeopis poleslaIe, presbyter; nonnulli coram episeopis popu­fis /raelare eoeperunl. Vgl. außerdem W. GEERUNGS, Augustinus. I. Leben: LAeL), 80. 6 Vg!. KUNZELMANN, Predigttätigkeit, 156, der dazu auf die Secundini Manichaei episl. ad Aug. 3 verweist, in welcher der maniehäische Auditor, der Augustin wieder für den Ma· nichäismus gewinnen will, ihn als summum oratorem et deum paene totius eJoquentiae bezeichnet. Was hier der captatio benevoJentiae dient, konnte anders gewendet freilich auch als Invektive genutzt werden. So wirft ihm etwa der Oonatist Cresconius vor, ein 'Oisputierkünstler' (dialecticus) zu sein (vgl. Cresc. I, 16 (CSEl 52, 339) und dazu F.

WEISSENGRUDER, Augustins Wertung von Grammatik und Rhetorik im Traktat Contra Cresconium: Hermes l OS (1977),106).

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Einleitung 13

pulum, rarissime tacere atque alios audire permitterer, el esse velox ad audiendum, lardus aulern ad loquendurn (CCL 57, 6)' Selbst im hohen Alter, so beklagt er sich einmal in dem nach 425 geschriebenen s. 94, woll­te man ihn, auch wenn jüngere Amtsbrüder anwesend waren, nicht von dieser Aufgabe entlasten' Solange es ihm möglich war, d.h. bis zu dem heftigen Fieber, an dem der Bischof im dritten Monat der Belagerung von Hippe durch die Vandalen erkrankte, ruhlte er sich der Gemeindepredigt besonders verpflichtet: verbum dei usque ad ipsam suam extremam aegrj­tudinem jnpraelermisse9, a/acriler et forliter, sana mente sanoque consilio in ecclesia praedieavil (possid. vita Aug. 31, 4).

Augustin predigte in Hippe Regius, aber auch in anderen Städten Nordaf­rilcas, besonders in Karthago auf Einladung seines Freundes Aurelius, der dort Bischof war. Gesetzt, daß Augustin nur jeden Samstag und Sonntag gepredigt hätte, müßte bereits mit mehr als 4000 Predigten gerechnet wer­den. Er predigte darüber hinaus aber oft auch während der Woche, vor al­lem in Festzeiten oder an Feiertagen, bisweilen sogar mehnnals täglich, so daß es nicht zu hochgegriffen erscheint, wenn annähernd die doppelte Zahl von Predigten zu veranschlagen ist.'O

Wie steht es bei einer solchen Arbeitsbelastung mit der Vorbereitung? Man darf wohl mit Recht vermuten, daß Augustin diese Predigten in der Regel nicht schriftlich konzipiert hat. Im Verhältnis zu seinen ausgearbeite­ten Büchern besaßen sie, wie Possidius zu verstehen gibt, improvisatori­schen Charakter, waren dabei aber ein nicht minder effektives Instrument seiner durch die kirchenpolitische Auseinandersetzung bestimmten Lehre und Verkündigung: el docebat et praedicabat i/le, privatim el publice, in dorno et in ecclesia, sa/utis verbum curn jiducia (rückhaltlos) adversus

7 Die vom Apostel mit Sir 14, I rur die Gemeindelehrer geforderte 'Vollkommenheit' (Iac 3, 2 si quis in verba non offendit, Me perfectus est vir), will Auguslin, wie er an dieser Stelle erklärt, nicht im jetzt hohen Alter und schon gar nicht rur sein Schreiben und Pre· digen in jungen Jahren beanspruchen; der greise Bischof sucht vielmehr durch das kriti­sche iudicium Ober seine Schriften einer mißbilligenden Beurteilung des 'einen Lehrers' zu entgehen (vgl. cbd.).

• Vgl. PL 38, 580 domini fratres et coepiscopi me; praesentia quidem sua nos v/sitare et uni/arare dignati SEml: sed nescio quare no/um me fess11m adiuvare. hoe ideo caritati vestrae dixi ipsis audientibus, ur quodam modo Qlldienria vesrra intercedar pro me aplld Was, ul qllando eos rogo faciant et ipsi sermonem. erogen' quod acceperunl, opera'; ma­gis quam excusare dignen/ur. a me autem latigato el vix /oquenre, pauco libenter accipi· te. Vgl. KUNZELMANN, Predigttätigkeit, 157 u. ders., Die zeitliche Festlegung der Sermo­nesdes HI. Augustinus. Würzburg 1928,79. 9 Gleich cl.xQQ<lAclXTtoe;, vgl. Soutcr 189 ad loe .

• 1 Vgl. PELLEGR1NO, General Introduction, 22, VERBRAKEN, Saint Augustine's Sermons, 106, sowie DRoBNER, Überlieferung, 5.

Page 13: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

14 Einleitung

Africanas haereses maximeque contra DonaJislas, Manichaeos er paganos. libris confectis et repentinis sermonibus. ineffabiliter admirantibus Christi­anis et conlaudantibus et hoc ipsum, ubi po/erant, non tacentibus el diffa­mantibus (Possid. vita Aug. 7, I).

Freilich ist nicht auszuschließen, daß gelegentlich auch mit einer schriftli­chen Vor- oder Nachbereitung von Predigten zu rechnen ist.11 Als Beleg damr galt lange der letzte Satz der Retractationes, wo Augustin darauf hinweist, daß die Veröffentlichung der Umarbeitung seiner Werke in zwei Büchern erfolgt sei, ohne daß er noch damit habe beginnen können, auch die Briefe und die teils diktierten, teils vorgetragenen Predigten wieder vorzunehmen: retr. 2, 67 atque ipsam eorum [sc. operum] relraclationem in liöris duobus edidi urgen/ibus [ra/ribus, antequam epistulas atque semw­nes ad populum, alias die/a/os alias a me die/os, re/raetare eoepissem (CCL 57, 142f.). In der von ihm besorgten Ausgabe des CSEL (Wien 1902) hat Knöll an dieser Stelle die von dem Codex Petropolitanus [saee. VIII] gebotene Lesart alias dictalas alias a me die/os aufgenommen, womit le­diglich den Briefen Schrirtlichkcit attestiert wäre.

Insbesondere Roy J. Deferrari, der seine Forschungen 1922 in dem Auf­satz' Augustine's Method of Composing and Delivering Sermons' zusam­mengefaßt hat'2, sah sich entgegen der bisher herrschenden Meinung durch Knölls Edition in seiner Auffassung bestätigt, daß Augustin seine Sermones zu keiner Zeit niedergeschrieben habe.13 Darüber hinaus glaubte er, aus dem nach seiner Beobachtung generell ungeordneten und unabgeschlosse­nen Charakter der von nolarii mitstenographierten und später transkribier­ten Predigten schließen zu können, sie seien nie auch nur irgendeiner Revi­sion unterzogen worden, schon gar nicht durch Augustin selbst.14

Daß die Sermones Augustins ebenso wie bei anderen berühmten Kanzel­rednern mitgeschrieben wurden, steht außer Zweifells, daß Augustin aber nie eine solche Fassung vor Augen gehabt haben soll, wäre, wie Christine

11 DoLBEAU vermutet jüngst sogar, Augustin habe in seinen Predigten zwar gelegentlich improvisiert, halte sich im allgemeinen aber an einen schriftlichen Entwurf. den er zuvor meditiert habe! Vgl. F. DoLBEAU, Die in Mainz wiederentdeckten Predigten Augustins, in: G. MAY I G. HÖNSCIIEID (Hgg.), Die Mainzer Augustinus-Prediten. Studien zu einem1 Jahrhundertfund. Mainz 2003 (VJEG 59), 2.

12 American Journal of Philology 43 (1922), 97-192; 193-219. U VgL ebd., 99-101. 14 Vgl. ebd., 219. IS VgL dazu Chr. MORHMANN, Die altchristliche Sondersprache in den Sermones des hl.

Augustin. I. Teil: Einfuhrung, Lexikologie, Wortbildung. Amsterdam 2 1965 (LCP 3), 23f. mit Hinweis besonders aufPossid. vita Aug. 7, 3; siehe auch PELLEGRINO, General lntro­duction, 16-18.

Page 14: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Einleitung 15

Mohrmann zu bedenken gibt, angesichts seiner akribischen Gewissenhaf­tigkeit eher unwahrscheinlich. Vennutlich hat er sich manche Mitschrift zeigen lassen und dann auch hier und da Korrekturen vorgenommen.16

Nach Pierre-Patrick Verbraken zeugt gerade die oben zitierte Bemerkung aus retr. 2, 67 damr, daß Augustin mehrere Sermones selbst ediert hat.!'

2. Bestand der Sennones

Wenn bisher von Augustins Predigten die Rede war, so waren damit be­sonders die sog. Sermones ad populum gemeint, also diejenigen. die Au­gustin allenneist im Rahmen der Liturgie gehalten hat, während andere seiner Predigten, wie etwa viele der 124 In lohannis evangelium tractatus oder manche der Enarrationes in Psalm OS, auch außerhalb der gottesdienst­lichen Versammlung vorgetragen oder überhaupt nur niedergeschrieben wurden. II

Die Forschung erkennt gegenwärtig 559 Sermones ad populum als echt ao.19 Ihre Numcrierung und Einteilung geht zurück auf die wissenschaftli­che Arbeit der französischen Benediktiner-Kongregation vom H1. Maurus. Im Rahmen ihrer Gesamtausgabe der Werke Augustins in 11 Bänden (Paris 1679-1700) schieden die Mauriner mit großer Zuverlässigkeit 396 echte von 317 pseudo-augustinischen Predigten. Die echten Sermones unterteil­ten sie in vier Gruppen:

(1) descripturis (Nr.I-183)

16 Vgl. MOHRMANN, a.a.O., 24.

n Vgl. P._P. VERBRAKEN, Eludes critiques sur les sermons aUlhenliques de saint Augustin. Sieenbrugge 1976 (IP 12), 197: ,,11 ne fait aucun doute que saint Augustin ait edite plu­sieurs dc ses sennons, ccux-Ia prcciscmcnt auxquels iI songcail a consaercr un dcrnicr li­vre dc Retractationes, qui ne vitjamais lejour." (mit Hinwcis aufCSEL 36, 202). !I Vgl. Dcrs., Saint Augustine's Sermons, 105.

19 Eine kurzc Darstcllung dcr Überlieferungsgesehichte der Sermones, angcfangen von dcn Sammlungen, die vennutlich schon Kopisten nach den in der Bibliothck von Hippo vor­handenen Handschriften (siehe dazu Operum S. Augustini elenchus a Possidio eiusdcm discipulo Calamensi episcopo digestus, ed. A. WtLMART, in: Miscellanea Agostiniana 11. Rom 1931, 191-207) oder auch die Slenographen selbst angefertigt haben, über die von

Cäsarius von Arles und im späteren Mittelaltcr kompilierten Homiliarien bis hin zu der crsten gedruckten Edition von 40 Predigten im 15. Jh. gibt PEUEGRINO, Gcneral lntro­duetion, lSr. Siehe dazu jüngst auch A. MERKT, Vom Mund zum Auge. Der Weg des Wortes vom antiken Prediger zum modemen Leser, in: G. MAY I G. HONSCHEID, Die Mainzer Augustinus-Predigten. Studien zu einem lahrhundertfund. Mainz 2003 (VIEG 59), 109-121, vgl. ferner VERBRAKEN, Saint Augustin' Sermons, 106-108, und ausfUhr­lieh zu den antiken und mittelalterlichen Sammlungen ders., Etudes critiques, 197-234. Über die Überlieferung der Sermones seit der Maurinerausgabe (s.o.) und ihren aktucllen Bestand infonniert DROBNER, Überlieferung, 3-40.

Page 15: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

16 Einleitung

(2) de lempore (Nr. 184-272) [geordnet nach den Festzeiten im Kir­chenjahr]

(3) de sanclis (Nr. 273-340) [geordnet nach den Heiligengedenkta-gen im Kirchenjahr]

(4) de diversis (Nr.341-392). Später gefundene Predigten, die sog. post Maurinos reperti, wurden in

dieses System mit den Buchstabenzusätzen A-Z je nach Zugehörigkeit . 'h 20 emgerel 1.

3. Problemstellung der Arbeit

Über solche vor dem Kirchenvolk gehaltenen Sennollcs Augustins schreibt Eduard Norden: "Wer diese Predigten gelesen hat, weiß, daß sie heute selbst den Gebildeten inhaltlich Schwierigkeiten machen und äußerlich durch ihre bei aller Einfachheit doch geradezu raffinierte Fonngebung überraschen ...

21 Demgegenüber findet sich in einschlägigen Darstellungen zur christlichen Predigt bei aller Wertschätzung des unpreziösen und auf Verständlichkeit angelegten Stils immer wieder auch der Vorwurf einer gewissen Unausgeglichenheit, die schon Deferrary festgestel1t hatte. So kommt etwa Johann Baptist Schneyer zu dem Urteil, Augustins Vorträge seien wohlausgedacht und genau überlegt, in der Ausführung aber lasse sich Augustin oft von der FOlie seiner Gedanken und Einf,iIIe treiben."

Wemer Schülz sieht in den Sennones keine Klauseltechnik, aber mancher· lei rhetorische Klang· und Stilfonnen verwendet. Zu den Schwächen der Predigten rechnet er es, wenn Augustin auf Gliederung und Thematik ver· zichte.21

Angesichts des oben kurz skizzierten Erfolgs, den Augstin als Prediger hatte, müssen derartige Urteile verwundern, entsteht doch der Eindruck, der erfahrene Rhetor habe auf die geordnete Gestaltung seiner Rede wenig Wert gelegt. Daß das Gegenteil die Regel war, bezeugt deutlich ein Ge­spräch, welches uns Possidius überliefert hat: Im Kreis der in Hippo mit

20 Vgl. cbd., 3.5. 21 E. NORDEN, Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. ehr. his in die Zeit der Re­

naissance. Bd. I. Stuttgan '1958, 537. II V gl. J. B. SCHNEYER, Geschichte dcr katholischen Predigt. Freiburg 1969, 80f. 2J Vgl. SCHÜTZ, Geschichte, 39f. In bezug auf die rhythmische Gestaltung der Sermones

ähnlich jetzt wieder UTHEM .... NN, Augustins Predigten, 3 1 0: "In seinen Predigten vermei­det er sie [sc. die Klauseln], in einer theoretischen Schrift wie jener "Über den Goues­staat" weiß er sie zu gebrauchen. Beherrschung rhythmisch klangvoller Prosa ist für ihn nicht an Klauseltechnik gebunden."

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Einleitung 17

ihm in klösterlicher Kommunität lebenden Kleriker" kommt Augustin beim gemeinsamen Mahl auf seine an diesem Tag gehaltene Predigt zu sprechen und gibt zu bedenken: Advertislis hodie in ecclesia meum sermo­nem eiusque ini/iurn e/ finem contra meum consue/udinem processisse, quoniam non earn rem terminatam explicaverim quam proposueram, sed pendentem relinquerim (Possid. vita Aug. 15, 2). Wäre dieses Abweichen vom angekündigten Thema, von dem Augustin glaubt, der Herr habe damit einen fehlgeleiteten Hörer auf den rechten Weg bringen wollen2S• keine ungewöhnliche Ausnahme gewesen, ließe sich schwerlich die Reaktion der Mitbrüder des Bischofs erklären: cui respondimus: "ita nos in tempore miralosfuisse scimus et recognovimus." (ebd., 15, 3).

Wie sehr Augustin an einem rhetorisch gelungenen Vortrag gelegen war, zeigen auch seine theoretischen Empfehlungen, die er dem christlichen Redner gibt. Neben der 400-405 entstandenen Schrift De cathecizandis rudibus, in welcher er darlegt, wie eine interessante Unterweisung derjeni­gen gelingen kann, die sich um die Aufnahme in das Katechumenat bewer­ben26, ist dazu vor allem das vierte Buch von De doctrina christiana heran­zuziehen. Augustin hatte in den Jahren 396/397 die ersten zwei Bücher und Buch drei bis zum 25. Kapitel fertiggestellt, die Arbeit dann aber unterbro­chen, vielleicht, weil er Zeit fiir die Abfassung der Confessiones gewinnen wollte. Erst bei den Retractationes stieß er 425/426 wieder auf die libros imperfectos, die er zunächst beendete, bevor er zu der Korrektur weiterer Schriften überging (vgl. relr. 2, 4, 2 (CCL 57, 92f.)).21 Allgemeines Thema von De doclrina christiana sind, wie Augustin zu Beginn des Prooemiums angibt, 'gewisse Vorschriften rur die Behandlung der HI. Schrift' (praecep­La quaedam tractandarum scripturarum), mit denen er sich an diejenigen wendet, die willens und fähig sind zu lernen (volentibus eL valentibus disce­re), so daß offenbar bewußt keiner ausgeschlossen werden soll, filr den das

24 Siehe dazu besonders VAN DER MEER, Augustinus, 215-222. 13 Vgl. ebd., 15, 3. Die nachfolgend berichtete Bekehrung eines manichäischen Kaufmanns

bestätigt dann diese Vennutung. 26 Vgl. C. MAYER, Cathecizandis rudibus (Oe-): All, Sp. 794. Bevor die Schri:\ dem leser

zwei Musterkatechesen an die Hand gibt (§§ 23-55), infonnien sie zunlchSi theoretisch über die rhetorisch-didaktischen Anforderungen, die mit diesem UnterTich: verbunden sind. Den Inhalt dieses ersten Hauptteils (§§ 5-22) faßt Augustin im Prooenium rur den unmittelbaren Adressaten Oeogratias folgendermaßen zusammen: itaque prus de modo narralionis quoo te velle cognovi. tum de praecipiendo atque cohortando. plStea de hac hilaritale (die der Katechet selbst haben muß, um suavis sein zu könnm) ({)mparanda, qulU deus suggesserit. disseremus (CCl46, 124).

27 Vgl. K. POLLMANN, Doctrina Christiana. Untersuchungen zu den Anfll.n18cnder christli­chen Hermeneutik unter besonderer Berücksichtigung von Augustinl)s, )e doctrina christiana. Freiburg I Schweiz 1996 (Paradosis 41), 66f.

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18 Einleitung

Werk von Gewinn bei der Schriftlektüre und ihrer Auslegung sein kann." Die Iraclalio scriplurarum stützt sich nach doctr. ehr. I, I (CCL 57, 6) auf zwei Methoden, mit denen zugleich die Disposition der Schrift angegeben ist:

(I) auf den modus illvelliendi quae intellegenda sunt (Buch 1-3) (2) auf den modus proferendi quae inlellecla sunl (Buch 4).

Das vierte Buch, welches rhetorisch gesprochen nach der inventio, d.h. hier dem Auffinden der deutungsbedürftigen Schriftstellen, die eloculio, mithin den sprachlichen Ausdruck dieser Einsichten vermitteln so1l29, wen­det sich wohl besonders an den christlichen Katecheten oder Prediger.lO Augustin will kein Handbuch der Redekunst schreiben, und sein orator ist nicht mehr der Politiker auf dem Forum, wie noch in der Republik, oder gar der typische Deklamator des sophistischen Schulbetriebs seiner Zeit. Den­noch geht es ihm erkennbar darum, daß auch der christliche Redner als Ausleger der Schrift und Verteidiger des Glaubens rur seine persuasive Aufgabe gerüstet ist." So enthält doctr. ehr. 4 zunächst eine kurze Einfllh­rung über den Nutzen des Erlemens der rhetorischen praecepta in jungen Jahren und eine Relativierung der Wichtigkeit dieser Bildung in fortge­schrittenem Alter, das zur Beredsamkeit auch durch die Nachahmung ge­eigneter Vorbilder gelangen kann (§§ 1-5). Darauf folgen, ganz allgemein gesprochen, eine Beschreibung christlicher eloquentia (§§ 6-26), die Prü­fung der von Cicero genannten officia oraloris in Anwendung auf die Schrift und die christliche Predigt (§§ 27-33) sowie die Untersuchung ihrer Verbindung mit den genera eloculionis (§§ 33-58), eine Behandlung des rhetorischen Ethos des christlichen Redners (§§ 59-63) und ein kurzer Epi­log (§ 64)."

21 Vgl. Augustine, Oe Doctrina Christiana, cd. and trans!. by R. P. H. GREEN. Oxford 1995, Introduction X.

29 V gl. NORDEN, Antike Kunslprosa I, 617. Gegen diese rhetorische Erklärung der Disposi­tion, die zugegeben schablonenhaft bleibt - die Theologen werden hier lieber von 'Her­meneutik' und 'Homiletik' oder 'Exegese' und 'Predigt' sprechen - kann man schwerlich einwenden, daß drei Arbeitsgänge des Redners nicht berOcksichtigt seien (nämlich dispo­sitio, memoria und Del;o - so etwa K. POUMANN im Nachwort ihrer Übersetzung zu doctr. ehr., S. 280f.); denn die gesamte oralio laßt sich nach rhetorischer Theorie mit ge­wissem Recht als zweiteilig auffassen, vgl. Lausberg § 454 mit Hinweis auf Quint. inst. g pr. 6 oraliQnem ( ... ) omnem conslare rebus et verbis: in rebus inluendam inventionem, in verbis eloculionem, in ulraque col/ocationem,

30 Vgl, POLLMANN, Doctrina Christiana, 73. 11 Vgl. M.L. CURKE. Rhetorie at Rome: a historical survey. Rev. and with a new introdue­

tion by D.H. BERRY. London )1996, 153 sowie G. A. KENNEDY, Classical rhetorie and ils christian and seeular tradition from ancient 10 modem times. London 1980, 159.

n Vgl. ebel., ISS.

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Einleitung 19

Daß Augustin als Prediger seinen eigenen Empfehlungen aus De doctrina christiana folgt, hat bereits George Wright Doyle für eine Auswahl aus den Traktaten zum Johannesevangelium gezeigfl sowie jüngst, bezogen auf cn. Ps. 69, Hildegund Müller durch den Nachweis einer rhetorischen Struktur, die bewußt zu einer emotionalen und intellektuellen Konversion zu bewe­gen suche4.

Die vorliegende Arbeit will nun auch die rednerische Praxis Augustins in ••

den sermones ad populum vor dem Hintergrund seiner theoretischen Auße-rungen in doctr. ehr. 4 untersuchen und fragen, ob sich die von Norden allgemein festgestellte .. raffinierte Formgebung" im Einzelfall wirklich belegen läßt. Zu diesem Zweck empfahl sich eine methodische Beschrän­kung auf Predigten, welche nicht den Charakter solcher 'Homilien' haben, die in ihrem Duktus lediglich eine Schriftstelle Vers für Vers auslegen. sondern vielmehr von einer bestimmten sententia ausgehen und im An­schluß an diese eine vom Prediger gewählte quaestio behandeln.3s Die Auswahl fiel nicht leicht. Um neben der Analyse des modus proJerendi zugleich einen Einblick in wichtige Anliegen der auguslinischen Verkündi­gung zu geben, wurden vier Themenpredigten aus der Vielzahl der Senno­nes herausgenommen, die sich in charakteristischer Weise mit den wich­tigsten Gegnern Augustins auseinandersetzen: s. 12 gegen die Manichäer, s. 266 gegen die Donalisten, s. 240 gegen die Heiden, s. 181 gegen die Pela-

13 Vgl. G. W. DovLE, St. Augustine's Tractates on the Gospel of John compared with the rhetorical lheory of O e doclrina christiana. Chapei Hili 1975.

l4 Vgl. H. MÜUER, Theory and praclice of preaching: Augustine, Enarrationes in psalmos and de doctrina christiana: StPatr 38 (2001), 233-237.

lS 'O�)Ja, im profangriechischen Gebrauch schon das Gespräch zwischen Lehrer und SchU. ler bezeichnend (vgl. LSJ 1222 s. Y. 3. mit Hinweis auf X. Mem.l, 2, 6. 15), wurde der christliche Begriff fUT die die Gemeinde belehrende, oft in freier Gedankenentwicklung vorgetragene Predigt über eine Schriftstelle (seit dem 4. Jh. im Westen auch latinisiert als homilia oder übersetzt mit traclalus [vgl. Augustin über seine eigenen Predigten in ep. 224,2 (eSEL 57, 453) el duo iam volumina absolveram retractatis omnibus Iibris meis, quorum numerum nesciebam eosque CCXXX et duos esse cognovi; res/abant epistulae. deinde tractatus populares, quas Graeci homilias vocant.] bzw. sermo). Zu der vornehm­lich exegetischen Homilie traten im 4. Jh. Predigtformen, die stärker thematisch ausge­richtet waren wie Fesnags-, Heiligen-, dogmatische Predigten, Trauerreden, Katechesen. Vgl. M. FIEDROWtCZ, Homilie: lACLJ, 340f., NORDEN, Antike Kunstprosa J, 537-545 sowie ehr. SCHAUBUN. Zum paganen Umfeld der christlichen Predigt, in: E. MÜHLEN.

BERG I 1. VAN OoRT (Hgg.), Predigt in der Alten Kirche. Kampen 1994, 43f., der ,,Ausle­gungs-Homilien" von den in Disposition und DurchfUhrung schwieriger zu beurteilenden

"Homilien" unterscheidet, die thematisch an ,,kleinere Textkomplexe" oder eine einzige ,.sententiola" angebunden sind.

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20 Einleitung

gianer. Zu keinem dieser Sennones liegt bisher eine ausftlhrliche Kommen­tierung vor; s. 240 und s. 266 wurden noch nicht ins Deutsche übersetzt.J6

16 S. 181 wurde zuletzt von C. HAAS ins Deutsche übcrsettt, vgl. Auguslinus-Postille: Eine Auswahl aus den Reden des heiligen Augustin auf das Kirchenjahr vertheilt und aus dem Lateinischen übersetzt flir Prediger und zur Privalcrbauung von C . HAAS. Tilbingen 1861, 6 13-622. Zu s. 12 ist jüngst eine mit kurzen Anmerkungen versehene Übersetzung greif. bar bei H. R. DROBNER. Augustinus von Hippo. Predigten zu den Büchern Exodus, Köni­gen und Job (Sermones 6-12). Einleitung, Text. Übersetzung und Anmerkungen. Frank­furt a. M. 2003 (Patrologia 10), 263-293.

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B. VIER THEMENPREDlGTEN

I. SERMO 12

a) Einflihrung

In seinem Indiculum, welches Possidius von den Schriften, Briefen und Predigten Augustins nach Maßgabe ihrer apologetischen Ausrichtung ange­legt hat, werden am Ende der vierten Gruppe, die die antimanichäischen Werke umfaßt, mit den Titeln 29-33 auch flinf Tractatus aufgeflihrt: 29. De: In principio feeit deus caelum el terram, et: In principio erat verbum. 30. Ex eo quod in Aggeo propheta scrip/um est: Meum est aurum cl meum est argentum, contra quas supra. 31, De die domini secundum Sophoniam pro­phelam contra quos supra. 32. De sacrificiis spiritalibus contra quas su­pra . 33. Ex eo quod in lob scriptum est: Venerunt angeh in conspectu dei cl diabolus in medio eorum, el ex evangelio: Beati mundo corde quia ipsi deum videbunt, contra quos supra)' Während die an 31. und 32. Stelle genannten Predigten bisher nicht aufgefunden wurden, lassen sich aus der Gruppe die ersten bei den sicher mit den ss. 1 und SO, die letzte mit s. 12 identifizieren.3B In jeder dieser drei Predigten antwortet Augustin auf eine Quaestio, die eine alttestamentliche Schriftstelle durch scheinbar gegentei­lige Aussagen des NT als unglaubwürdig erweisen will, eine Methode, welche sich schon Markion in seinen' Antithesen', später dann aber beson­ders der Manischüler Adimantus zunutze gemacht hatte)9, der in s. 12 aus­drücklich als Verfasser derartiger Verleumdungen genannt wird (s.u. Z. 23f.).

Man hat daher wohl zu Recht festgestellt, daß es sich hier um Sermones handelt, in denen Augustin nach eigenem Bekunden ebenso wie in seiner Schrift Contra Adimantum eine Reihe derjenigen Streitfragen des Adiman­tus gelöst hat, die anscheinend in Hippo Regius im Umlauf waren und ihm während seiner Zeit als Presbyter erstmals zugetragen wurden, vgl. retr. 1,

17 Possid. indic. p. 167. 11 Vgl. Sancti Aurelii Augustini sennones de Velere Testamento, rcc. C. LAM80T. Tumholt

\96\ (CCL4\), 2. 19 Er ist vennutlich identisch mit Addas, einem der drei ersten Apostel Manis, der die mani­

chäische Mission im 3. jh. bis nach Ägypten und Libyen brachte und durch sein gerade in gebildeteren christlichen Kreisen einnußreiches Werk zu einer Ausbreitung der Sekte in Afrika beitrug, vg\. F. DECRET, Aspccts du manicheisme dans I'Afrique romaine. Les controverses de Fortunatus, Faustus el Felix avec saint Augustin. Paris 1970, 13 u. Ders., Adimantus: AL I, Sp. 94f.

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22 Vier Themenpredigten

22, I (CCL 57, 63f.) eodem tempore [d.i. im Jahr 393/394)" venerunI ad manus meas quaedam disputationes Adimanti, qui luera! discipulus Manj· chef, quas conscripsit adversus legern el prophetas. velut eon/raria eis evangelica et apostolica scripta demonstrare conatus. hufe ego respondi verba eius ponens eisque reddens responsionem meam. quod opus uno volumine conc/usi, e/ in eo quibusdam quaestionibus non semel sed iterom respondi, quoniam quod prima responderam perieral et tune ;nven/um est, eum farn iterum respondissem. aliquas sane eanmdem quaestionum popu­laribus ecclesiaslicis sermonibus solvi. adhuc etiam quihusdam non respondi; aliquae remanserunl, quae rebus aliis magis urgentibus prae/er­m;ssae sunl cumulo quoque oblivionis adiunclo.41

Freilich deuten gerade Augustins Hinweise auf die von ihm produzierten Dubletten und den Aufschub mancher Quaestiones darauf hin, daß er sich mit ihnen nach der ersten Konzeption von c. Adim. weiter beschäftigt hat, vennutlich auch noch geraume Zeit, nachdem das Werk veröffentlicht war�2, dessen unabgeschlossenen Charakter er ebenso an anderer Stelle

40 Vgl. Ders., Adimantum Manichei discipulum (Contra-): AL I, Sp. 91. '1 LAMBQT nimmt cbenso wic F. CAVALLERA, Notes chronologiques et hagiographiqucs sur

quelques sennons de saint Augustin: BL 31 (1930), 21-23 an, daß die Reihe der ss. 1, 50, 12 in dic Zeit von Augustins Presbyteriat fällt, wobei er mit KUNzEl.MANN vermutet, daß s. I vor c. Adim., also in die Jahre 391-393, zu datieren sei, da Augustin andernfalls am Ende der Predigt auf dieses Werk hingewiesen hatte. Daß solche Bemerkungen schwer­lich eine Gewohnheit des Predigers waren, hat schon A. C. OE VEER, La date des sermons I, XII et L de saint Augustin: REAug 15 ( 1969), 24 5 festgestellt, der aufgrund der Zu­sammenstellung der Predigten im Indiculum sowie ihrer thematischen und mcthodischen Gemeinsamkeiten vellilutet, daß Augustin sie einschließlich der heiden verlorenen ss. in nicht allzu großem Abstand 394-395 gehalten habe, und zwar in der von Possidius ange­gebenen Reihenfolge (vgl. ebd. 244f). Von den Jahren vor 396 geht ebenso die Mehrzahl der übrigcn Datierungsvorschläge aus, vg!. P.-P. VERßRAKEN, Etudcs critiques, 53 (s. I meist 391 -393). 55. 65, in neuerer Zeit mitunter auch E. HILL, Sermons 1 (1-19) on the Old Testament: J. E. ROTELLE (Ed.), The Works ofSaint Augustine. A Translation for the 2 1 st Century. New York 1990, 1 39. 141, u. F. DEeRn, Contra Adimantum, Sp. 93. Note 4 . Dagegen hat jüngst H. R. DooNER. Augustinus von Hippe, Predigten zum Buch Gene­sis (Sermones 1 -5). Einleitung, Text, Übersetzungen und Anmerkungen. Frankfurt a. M. 2000 (Patrologia 7), 21-23 rur s. I eine grundsätzliche Undatierbarkeit, zumindest inner­halb von Augustins antimanichaischer Phase (bis spätestens 4 1 01411), behauptct (s. dazu weiter oben im Text), s. 12 datiert DROBNER wegen der Erwähnung des Adimantus "mit gewisser Wahrscheinlichkeit" auf die Jahre 394/395, 'Igl. Ders., Sermones 6-12, 264 u. 266.

42 Vgl. C. P. MAYER, Die antimaniehaischen Schriften Augustins. Entstehung, Absicht und kune Charakteristik der einzelnen Werke unter dem Aspekt der darin verwendeten Zei­chentennini: Aug 14 (1974), 295. Anm. 96.

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Senno 1 2 23

beklagt." Für manche der gegen Adimantus gerichteten Predigten dürfte

folglich kaum sicher auszuschließen sein, daß Augustin sie erst als Bischof gehalten hat, zumal auch die ersten Jahre seines Episkopats noch deutlich die Auseinandersetzung mit dem Manichäismus erkennen lassen.44

Von den 55, I , SO und 1 2 lassen aber immerhin die ersten heiden ein recht frühes Datum vermuten, da der Prediger es sich dort offenbar besonders zur Aufgabe macht, der Gemeinde erst einmal die manichäische Argumentati­onstechnik in ihrer methodischen Unredlichkeit vorzustel1en.�s Zum Zeit­punkt von s. 12, der im folgenden untersucht werden soll, haben die Hörer diesen ' Anfangsunterricht' offenbar schon genossen (vgL das Prooemium). Der Prediger will seinen Vortrag jetzt vielmehr dazu nutzen, die Gemeinde mit Blick auf eine aktuelle Quaestio zu selbständiger Apologie anzuleiten, weshalb der zweite Teil der Argumentatio auch besonders auf Ungereimt­heiten der manichäischen Lehre selbst eingeht, soweit sie in einer funktio­nalen Verbindung mit dem Thema stehen . S. 12 wird also nach s. 1 und 50 von Augustin gehalten worden sein, sollte aber ebenfalls seinen früheren

·U Vgl. c. adv. leg. 2, 42 (CCL 49, 1 3 1 ) contra hoc autem maligllum machinamentum (d.i. die Schriftkritik des Adimantus) iam olim seripsimus, ut paulo ante eommemoravi, el ipsum opusculum nos/rom habere \lOS credo. quamuis quaedom sint perpauea in fine ipsius operis Adimanli. qllibus non respondi, nescio quibus enim, utfier; solel, ineurren· tibus, quae magis videbanlur urgere, Wa interrupla sie remanserunl. Siehe dazu die Ein· leitung zu c. Adim. von M. JOURJON in: <Euvres de Saint Augustin: BA 17. Six Trailcs Anti.Manichccns. Paris 1961, 205 .

•• So zutreffend DROBNER, Sermones 1·5, 23, der zu bedenken gibt, daß Augustin zu Be­ginn dieser Zeit etwa noch das grundlegende Werk Contra epislulam Manichae; quam weant fundamenli verfaßt und sich später (397/398 womöglich sogar erst 403-405) in Gentra Fauslum Maniehaeum auch wieder der Verteidigung des AT gewidmet habe.

�s Vgl. etwa s. I , 1 (CCL 4 1 , 3) mem;ni mefuisse pollieitum caritati vestrae adversus Mani­eheorum slultas pern;c;osasque calumnias. qu;bus veleri leslamento insidianfur, respon­sionem per nos non defuturam, quantum dominus donare dignatur. ( . . . ) audent qutppe illi huiuscemodi dolos praelendere ineautis, ut dicanl adversari sibi seripruras novi el veteris

lestamenti, Ua ur una fide retiner; urromque non possil, s. 50, 1 (CCL 4 1 ,625) De Aggeo prohe/a Manichei ealumniantur ( ... ) e/ qllia evangelium veJeri leg; student pugnaciter comparare, ul stbi Iltraeque scripturae velut adversariae conlrariaeque videantur, ila proponunt quaestionem ( ... ), und in der Peroratio (ebd., 632f.) credo esse manifestum ca· ri/ati veSlrae Mallieheorom sectam non verifale sedfraude agere cum imperitis, Ul scrip­Juras 1I0n Iotas totis, novas veteribus praeferant, sed excerpendo sen/elltias, quas velul adversas sibi esse conantur oSlendere, ut decipianl imperilos. nulla es/ autem de ;pso '10-vo les/amenJo vel apostoli epistola vel ettam liber evangelii, de quo non posstnt istafieri, 101 quibusdam St1nientiis ipse unus fiber sibi videalur esse eontrarius, nisi eius tota conle­xtio diligenlissima leeloris inlenlione tractetur. Wenn KUNZELMANN, Festlegung, 1 6 z. SI. bemerkt, die Schlußworte Augustins setzten schon eine gewisse Vertrautheit der Hörer mit dem Manichäismus voraus, kann dies zumindest nicht rur die manichäische Methode der Schriftkritik gelten, die in der Predigt ja gerade erhellt werden sollte.

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24 Vier Themenpredigten

Predigten zugerechnet werden. Dies läßt insbesondere die gehobenere syn­tagmatische Gestaltung vennuten, die der Bischof später oftmals zugunsten eines volkstümlicheren Tons aufgibt, für welchen dann in ähnlichen und nicht weniger gut disponierten Themenpredigten) ein sehr viel ausgiebige­rer Einsatz von typischen Stilelementen wie Parallelismus, Antithese und Paronomasie kennzeichnend sind.

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Senno 12 25

b) Text und Übersetzung

s. 12 (nach CAG = CCL 4I, 165-174)

[1] in divinis ct sanctis veteribus libris fraudulentissima fallacia Maniche­os insidiari iam vestrae prudentiae. dilectissimi fratres, satis probatum esse confidimus. offerimus tarnen adhuc eorum dolos inspiciendos obtutibus cordis vestri, ut non solum cos quantum ad VQS pertinet evitetis, sed etiam

5 ut alias infirmos ct divinarum lectionum rudes, ut quisque vestrum potest, evitare atque contemnere doceatis. <<apud lob scriptum eSb), inquiunt, «(ecce venerunt angel i in conspectum dei, ct diabolus in medio eorum. cl deus ait diabolo: unde venis? qui respondens dixit: circuiens totum orbem adveni.> hic», inquiunt, «de-

10 monstratur diabolum non sol um vidisse deum, sed etiam locutum esse eurn eo. in evangelio autem dicit: <beati qui puro sunt corde, quia ipsi deum videbunu et iterum dieit: <ego sum ianua, nemo potest venire ad patrem, nisl per me.») deinde adiungunt ratiocinationem dicentes: «si igitur hi soli qui sunt puro corde vident deum, quonam modo sordidissimo et immundis-

1 5 simo corde diabolus potuÜ videre deum? aut qualiter per ianuarn, hoc est per Christum ingreditur? iterum apostolus» , inquiunt, «testatur et eonfinnat dicens, quod neque prindpes, neque potestates, neque virtutes deum eogno­verunt.»

[2] calumnia quidem illorum his omnino verbis huc usque proponitur, el 20 ce yera quaestio esl prudenti discutienda Christiano. sed earn calumniam

proponentium animus facit, ut similiter imperitos ad sibi credendum a salu­benima scripturarum auctoritate detorqueant. sed primo ab istis vellem quaerere, ubi Adimantus apud apostolum legerit - nam tahum calumniarum iste conscriptor est - vellem ergo diceret, ubi legerit testantem apostolum et

25 eonfinnantem, ut dicit, quod neque principes neque potestates neque virtu­tes deum cognoverunt, cum dominus etiam hominum in se credentium dicat angelos quotidie videre fadem patris. nisi forte iIlud quod Paulus apostolus ait: «sapientiam loquimur inter perfeetos, sapientiam autem non huius sae­culi, neque principum huius saeculi, qui evacuantur. sed loquimur dei S3-

30 pientiam in mysterio, quae abscondita est, quam praefinivit deus aote sae­cula in gloriam nostram, quam nemo principum huius saeculi cognovit. si enim eognovissent, ournquam dominum gloriae crucifixissent.» si istum locum Iste conscribere cogitabat, cur addidit «potestates» ct «virtutes» , quod non ibi dictum est, et detraxit «huius saeculi», quod dictum est? sed

35 utinam hoc errore potius quam malitia fecerit. verumtamen etiam si hoe modo dixisset apostolus, numquid propterea dia bolus vocem dei audire non

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26 Vier Themenpredigten

potuit? scriptum est enim quod in conspectum dei venerit; non scriptum est quod deum ipse conspexerit. principes enim huius saeculi aut superbi ho­mines intelleguntur et vana pampa iactationis elati aut ipse diabolus et an-

40 geH eius. nam principem vel magistratum huius saeculi eurn dominus aper­tissime appellat, quia saeculi huius nomine peccatores intelleguntur, quo­rum spes nulla est nisi in hoc saeculo. sicut enim dicitur mala domus, eum significantur habitatores eius, sie malum hoc saeculum dicimus, eurn eos significamus. qui corde hoc saeculum inhabitant, hoc est quorum converS3-

45 tio non est in caelis. <<Ilostra enim», dicit apostolus. «conversatio in caelis es\.» diabolo autem serviunt cuncta peccata, qui libero arbitrio princeps voluit esse peccati: propterea princeps huius saeeuli dicitur. quam regulam inlellegentia� mon�o eordibus infigatis. adiuvabit per hane dominus ad multa seripturarurn diseutienda atque solvenda, de quibus illi laqueos ines-

50 cant erroris sui. [3] eum ergo scriptum non sit quod diabolus viderit deum, sed tanturn

quod venerit eum angelis in eonspeetum domini voeemque eius audierit, cur isti miseri de visione dei calunmiari seripturis et imperitos pervertere student? quapropter haee eorum propositio brevissima responsione supera-

S5 tur. quantalibet enim loquacitate perquirant, quomodo viderit diabolus deum, respondemus: «non vidit diabolus deum.) dieent: «quomodo ergo cum eo locutus est?» hic vero non a nobis sed a caeeis hominibus convin­cenda est caecitas eordis ipsorum. hi enim qui eamalibus oculis caeci sunt, quotidie loqui possunt eum his quos videre non possunt. «quomodo ergo

60 venib), inquiunt, «in eonspeeturn eius?» quomodo eaeeus in conspectum videntis, quem ipse non conspicit. el istae quidem similitudines, dileetissi­mi fratres, ideo dietae sint, ut hominum eamalium refellatur improbitas, ut si fieri potest hoc modo repulsi ad diseendi mansuetudinem pia eorda eon­vertant. numquid enim deus eontinetur loeo, quem praesentem habet omnis

6S angeliea et humana conscientia, non solum bonorum sed etiam malorum? verum hoc interest, quod bonis eonscientiis adest ut pater, malis ut iudex, quoniam scriptum est: «dominus interrogat iustum ct impium,» item serip­turn est: «in eogitationibus impii interrogatio criU) nec vehementius in au­ribus corporis deus, quam in secreto eogitationis interrogat, ubi solus audit,

70 solus auditor, nonne etiam mali homines, si quando verum loquuntur el non eis creditur, iurant et dieunt <destis est deus» ct verissime dicunt? ubi, quaeso, testis est? in lingua an in corde? in sono vocis an in silentio con­scientiae? unde autem plerumque stomachantur quia sibi non creditur, eum verum se dicere noverint, nisi quia eor suum nobis aperire non possunt, ubi

75 testis est deus?

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Senno 12 27

[4] multi aulem modi sunl, quibus nobiscum loquitur deus. loquitur ali­quando per aliquod instrumentum, sicut per codicem divinarum scriptura­rum. loquitur per aliquod elementum mundi, sicut per stellam magis locutus est. quirl est enim locutio ni si significatio voluntatis? loquitur per sortern,

80 sicut de Mathia in locum ludae ordinando locutus est. loquitur per animam humanam, sicut per prophetam. loquitur per angel um, sicut patriarcharum et prophetarum el apostolorum quibusdam locutum esse accipimus. loquitur per aliquam vocalem sonantemque creaturam, sicut de caelo voces factas, eurn oculis nullus videretur, legimus et tenemus. ipsi denique homini, non

85 extrinsecus per aures eius aut oculos, sed intus in animo non uno modo deus loquitur, sed aut in sornnis, sicut Laban Syro oe Iacob seruum eius in aliquo laederet, et pharaoni de septern annis opulentis totidernque sterilibus dernonstratum est, aut spiritu hominis assumpto, quam Graeci extasin vo­cant, sicut oranti Petro vas plenum similitudinibus crediturarurn gentiurn

90 visum est sumrnissum esse de caelo. aut in ipsa mente, curn quisque rna­iestatern vel voluntatem intellegit, sicut ipse Petrus ex illa ipsa visione, quid se vellet agere dominus apud seipsum cogitando cognovit. non enim hoc quisquam potest nisi apud se intus sonante quodam tacito clamare veritatis agnoscere. loquitur etiam deus in bonorum malorurnque conscientia. nam et

95 approbare quod bene facit el improbare quod peccat nerno recte potest nisi abI eadem illa in silentio cordis vel laudante vel damnante2 voee veritatis. veritas autem deus est: quae eum tarn multis modis loquatur hominibus et bonis et malis - quamquam non omnes quibus tot modis loquitur possint eius substantiam naturamque conspieere - quis hominum potest coniciendo

100 aut cogitando colligere, quot et quibus modis eadem veritas loquatur ange­lis, sive honis, qui eius ineffabili speeie el pulchritudine per mirabilern eari­talern contemplando perfruuntur, sive malis, qui depravali per superbiam suam el ab ipsa veritate in inferioribus ordinati possunt quibusdam latenti­bus modis vocem eius audire, quamvis faciem videre non digni sint?

105 [5] quapropter, dileetissirni fratres, fideles dei el eatholicae matris germa-nissimi filii, nemo vos decipiat venenatis cibis, etiam si adhuc estis laete nutriendi. perseveranter nune ambulate per fidem veritatis, ut certo el opor­tune tempore ad spec.iem veritatis eiusdem venire possitis. sicut enim apostolus dieit: «hie manentes carpore peregrinamur a domino; per fidem

1 1 0 enim ambulamus, non per speeiern.» ad speeiem autem visionis patris fides ehristiana perducit. unde dominus dicit: <memo venit ad patrern nisi per me». sine causa ergo isti quaerunt, quomodo diabolus ad deum potuit veni­re per Christum. diabolus enim ad illam eontemplationis beatitudinem non

L ab More/: ad A Maurini Lambot: om. a b 2 damnante More/: clamante A Mallrini Lambot ('forte pro 'damnante' (cf a b damnanda)')

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28 Vier Themenpredigten

potest pervenire, qua cos qui puro sunt corde fides Christiana perducit. nec 1 1 S ideo tarnen diabolus vocem dei loquentis audire non potuit, si cut multi ho·

mines etiam qui non crediderunt Christo potucrunt vocem audire de caelo dicentis dei: «et clarificavi ct clarificabo» , eurn dominus dixisset: «pater clarifica filium tuum.»

[6] quod autem scriptum est diabolum venisse in conspectum dei, non 120 ideo scriptum est, quia quisquam potest aliquando conspectum dei fugere,

cuius oculis cuncta subiecta sunt, ct cui cordis cuiuslibet profunditas patet, sed quia in secreto crcaturae acta sunt quae scriptura narravit propterea scriptum est: ({et ecce venerunt angeh in conspectum dei», quamvis a con­spectu dei nurnquam recedant. quocurnque enim mittuntur, ibi quoque

125 praesto est conspectus dt!i. sed ille propne conspectus dei dicitur, quod humanus non potest penetrare conspeetus, si cut sunt secreta conseientiae. propterea eurn redarguimus mentientem, non eum dieimus in eonspeetu dei locutum, quia non hoc locutus est, quod in animo eius conspicit deus, quo conspectum dirigere non potest homo. quia ergo haec tarn latenter gesta

130 sunt, ut indicari hominibus per seripturas sanetas nisi saneta spiritu revelan­te non possent, in conspeetum dei ventum esse atque ibi gesta esse narran­tur.

[7] quod autem diabolus in medio angelorum fuit, si bonos angelos intel­legis, sie in medio eorum intellege diabolum si cut reus in medio apparito-

135 rum iudiei audiendus adsistit. non enim scriptura declarat quales illi angeli fuerint. si autem in medio angelorum malorum, quid mirum est principem ae dueem turba ministrorum suorum esse cireumdatum? si autem in con­spectum dei quod dictum est sie accipias, ut illi veniant in conspeetum dei, qui non solum eonspieiuntur ab co sed etiam conspiciunt eum, sic intelte-

140 gendum est in medio eorum fuisse diabolum, ut tarnen deum quem ipsi videbant itte non viderit, ut etiam per aliquem sanetorurn angelorum deus diabolo sit loeutus. nee tarnen in libro scriptum est nisi: «dixit deus.» sieut etiam in negotiis publicis, quarnquam pleraque per praeconem iudex loqua­tur, iudieis tarnen nomen, eum gesta seribuntur, non etiam praeeonis inseri -

145 tur. sieut autem aliquis homo visionc prophetica indignus potest tarnen in medio prophetarum stare, ut tantum audiat quod per cos dieit dominus, nee tarnen videat quod illi vident, sie potuit ct diabolus esse in medio saneto­rum angelorum deurn videntium, per quos audiret voeem dei, quem videre ipse non posset.

150 [8] ct maehinamenta quidem Manicheorurn, quantum ad hanc quaestio-nem pertinet, multis modis soluta esse perspieitis, ut non iam putetis, earis­si mi fratres, vere diabolum sie locutum esse eum deo, ut etiam facicm veri­tatis quam pura eorda eonspieiunt videre potuerit aut ad illam contemplati-

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Sermo 12 29

onem beatitudinis venerit, quo nemo nisi per dominum Iesum Christum ISS venire permittitur. sed tarnen multum admiror hominum istorum impuden­

tiam, qui de visione substantiae divinae calurnniari nobis volunt, ct id quod scriptum non est de scripturis nostTis mentiuntur, quod deum diabolus vide­rit, et tantam hinc invidiam conflare conantur, ut quisquis exhorruerit cl indignum esse iudicaverit ut dia bolus viderit deum, penitus a divinarum

160 scripturarum auctoritate suspiciosa ignorantia non intellegens quod scrip­turn est avertatur, eum ipsi dorninum nos trum Iesum Christum deum esse non negent ct si ne assumptione humani corpons eurn hominibus apparuisse confingant.

[9] quando ergo diabolus temptare ausus est dominum, eum eum videret, 165 quid videbat? si corpus eius videbat, habebat ergo dominus corpus, quod

nolunt perditi confiteri . si autem corpus non habebat, ipsa divina substantia diaboli oculis subiacebat. quam si non vident nisi qui puro sunt corde, sicut ex evangelio nobis ipsi cornmemorant, - 0 importuna caecitas haereti­corum! cur scripturas nostras, quod deum diabolus viderit, mendaciter argu-

170 is ct negando corpus Christi divinam eius substantiam diaboli oculis publi­care velle convinceris? an forte, sicut dicere solent, ita non habebat corpus human um, ut se tarnen quasi habere rnonstraret? quis ergo verius el rectius sentit, insani, qui credit deurn locutum esse curn diabolo, an qui credit deum non solum cum diabolo locuturn, sed etiarn diabolo esse mentitum?

175 quosdarn enim angelos humanis oculis apparuisse scriptura commemorat. sed utique pot.estati eorurn corpoream creaturam ita dominus subdidit, ut iIlis earn pro voluntate coaptaret. unde et illi, quamvis non nati ex femina, verum tarnen corpus habuerunt, quod ex qualibet specie in quamlibet spe­ciem pro sui ministerii atque officii ratione convertercnt, ex vera tarnen in

180 veram. non enim cl ipsc dominus cum aquam convertit in vinum, aut aquam falsam aut vinum falsum fuisse possumus dicere.

[10] omne itaque corpus, cuius est natura et ordo rnutabilis ad nutum om­nipotentissimi conditoris, in quascumque species fuent commutatum, a veritate tarnen in suo genere non recedit, quoniam quacumque varietate

185 mutetur, el corpus tarnen ct verum corpus esse non desinit. sed cum isti ornnem naturam corpoream non ab omnipotente conditore deo, sed a te­nebrarum gente nescio qua esse confingant, quaerimus ab eis, dominus noster Iesus Christus unde corpus assumpserit. si enim null um corpus eurn assumpsisse dicunt, quid erat illud quod humanis atque corporeis oculis

190 apparebat? aul enim mendacium fantasmatis erat, quod execrabile est cre­dere; aut si ipsam divinam substantiam suam nulla corpons assumptione humanis oculis eum demonstrasse contendunt et hanc etiam diabolus vidit, ubi est quod in ista quaestione calumniosa voce proclamant: «beati qui puro

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30 Vier Themenpredigten

sunt corde, quia ipsi deum videbunt.»? quod si forte dicunt divinam ct 195 propriam substantiam domini non talern esse apud patrern, qualern se in

terris voluit null0 assurnpto corpore ostendere, quid aliud etiam ni si locis cl temporibus esse mutabilem miseri crediderunt? non enim legere volunt aut intel1egere facile possunt quod per prophetam dicitur: «mutabis ea ct muta­buntur; tu autem idem ipse es, ct anni tui non deficient.» cl quod divinae in

200 sapientiae litteris de ipsa sapientia scriptum est: «in seipsa manens innovat •

omma.}) [11] secundum illorum autem scnsurn, si quis eis dicat: «quid ergo mira­

mini si cl deus mutavit speciem divinitatis suae, ut posset eum qui corde sordidissimo est diabolus iotueri, sieut de Christo deo vobis videtur?» quid

205 rcsponsuri sunt neseio. quia el numquam dieere ausi sunt patrem ct filium nisi unius esse substantiac. et si alterius esse substantiae filium dicerent, posset eis responderi: «unde igitur seitis, utrum eum patre an eum filio 10-cutum esse diabolum vetus illa scriptura eommemorat?» deinde quaerimus: «solern istum videt diabolus an non videt? si videt, quomodo ergo sol deus

210 est. quem diabolus vioct? si non videt, mali tarnen eum homines vident, quomodo ergo deus est quem vident qui non puro sunt corde? aut si ut vidcri posset etiam ipse mutatus est et non hoc est quod videtur, quid si crgo vos aliud ostenditis ct aliud estis, ut imitari etiam so­lern non tanturn adorare possitis?» et tarncn si eos interroges, utrum com-

215 mutabilis an incornmutabilis sit divina substantia, non possunt nisi incom­mutabilcm dicerc, non ratione docti sed pudore confusi. restat ergo, ut cogantur fateri dominum nostrum lesum Christum ali<c)unde) assumpsisse corpus, ut humanis oculis appareret. quod si faten­tur, quaero undc assumpscrit. si de hoc mundo dicunt, quaero ipsius mundi

220 unde sit corpus? continuo mihi: «de tenebrarum gente>� respondent. 0 mira dementia! eur ergo miseri in corpore salvatoris timetis uterum virginis el gentem daemonum non timetis?

[12] nos quidem univcrsam naturam corporis ab orrmipotente conditore deo esse profitcmur. ct propterea undecumque dominus noster assumeret

225 corpus, de sua creatura utique assumeret. sed ex femina maluit. ad huma­nam quippe creaturam liberandam venerat, quae per feminam lapsa est. unde utrurnque sexum volens in spem renovationis et reparationis adducere virilem in quo nasceretur, femineum per quem nasceretur, elegit. vos autem qui exhorrescitis casta virginis viscera, eligite. obsecro, unde dominus cor-

230 pus assumeret. dicitis omne corpus gentis tenebrarum esse substantiam. eligitc ergo, ut dixi, unde corpus filius dei deberet assumere. an perdidistis respondendi lucem, quia tenebrae vobis quocurnque oculos converteritis

3 alicunde scripsi: aliunde codd. Maurini Lambot

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Senno 12 31

occurrunt? «sed earo mortalis», inquiunt, «(Videtur immundior.)} recitate eis apostolum: «omnia munda mundis.» cl recitate in eos apostolum: «immun-

235 dis aulem el infidelibus nihil eSI mundum, sed pollula sunt eorum el mens cl conscientia,» si autem non dicunt «immundiom sed «infinnioo>. consen­limus plane. cl ideo Christus est nostra finnitas, quia eurn nostra non muta­vit infinnitas. hic agnosco prophetae iIlam vocem: <onutabis ca cl mutabun­tur; tu autem idem ipse es, cl anni tui non deficient.» non solum eoirn non

240 eurn mutavit in deterius infirmitas camis, sed ab co in melius ipsa mutat3 est. sol iste corporeus, quem corpus non esse arbitrantur - usque adeo nec quid sil corpus, inlellegunl, qui de spiritalibus disputalionibus se fallaciter i3Ctant - sol ergo iste corporeus, tanturn quia caeleste corpus est, illuminat terrarn nee ab ea ipse obscuratur; siccat aquam nee iode humectatur; solvit

245 glaciem nec inde frigescit; durat Iimum nec inde mollescit. et dominus noster Iesus Christus, verbum patris, per quod facta sunt omnia, virtus et sapientia dei, ubique praesens, ubique secretus, ubique totus, nusquam in­clusus, pertendens a fine usque in finem fortiter et disponens omnia suavi­ler, timent infeHces, ne non potuerit sic hominem assumere, ut vivificaret

250 mortalia nec ab eis mortificaretur, sanetificaret camem nec inde pollueretur, dissolveret mortem nec inde Iigaretur, mutaret in se hominem nec in homi­nem mutaretur?

aliud ex alio disputare, propter quorumdam titubationem et periculosam infinnitatem fidei compulsi sumus. quod autem attinet ad propositarn

255 quaestionem, quarnquarn illa scnptura, de qua insidiari quam iIIuminari maluerant, dtum a diabolo visum esse non probent, videant tarnen ipsi, quomodo gens tenebrarum divinam substantiam videre potuerit, quando ante pugnam, qua bonum et rnalum dicunt esse eommixtum, nullum adhuc corpus divina substantia, ut ab hoste suo videri posset, assumpserat. ex quo

260 cognoscant frustra se catholicae fidei firmamenta velle subvertere, eum suas fabulas ruinosas qualibuseumque responsionum destinis fulcire non possint.

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32 Vier Themenpredigten

[1] Daß die Manichäer uns mit nicht zu überbietender Tücke und Hinter­list bei den göttlichen und heiligen Büchern des Alten Testaments auflau­ern, ist, geliebte Brüder, eurer Klugheit, dessen bin ich sicher, schon zur Genüge bewiesen worden. Gleichwohl setze ich ihre Listen noch weiter den Blicken eures Herzens zur Prüfung aus, damit ihr ihnen nicht nur, soweit es euch betrifft, entgeht, sondern damit ihr auch die anderen, die schwach und in der Heiligen Schrift unkundig sind, nach Kräften lehrt, ihnen zu entge­hen und sie zu verachten.

"Bei Job steht geschrieben", sagen sie, ,,Da traten plötzlich Engel vor Got/es Angesicht und der Teufel in ihrer Mitte. Und Got/fragte den Teufel: ,Woher kommst du?' Dieser gab zur Antwort: ,Auf der ganzen Welt bin ich umhergezogen und nUll angekommen,' [lob I , 6-7] An dieser Stelle", be­haupten sie, "hat der Teufel nachweislich Gott nicht nur gesehen, sondern sogar mit ihm gesprochen. Im Evangelium aber heißt es: Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen [Mt 5, 8] Und wieder heißt es: feh bin die Tür; niemand kommt zum Vater außer durch mich." [10 10, 7; 14, 6] Alsdann fUgen sie ein logisches Schlußverfahren hinzu, indem sie fragen: "Wenn also allein diejenigen, die reinen Herzens sind, Gott schau­en, auf welche Weise hätte dann der Teufel mit seinem durch und durch schmutzigen und unreinen Herzen Gott sehen können? Oder wie könnte er durch die Türe, d.h. durch Christus, eintreten? Ferner", behaupten sie, "be­zeugt und bestätigt die Aussage des Apostels, daß weder Fürsten noch Ge­walten noch Mächte Gott erkannt haben."

[2] Ja ihre verleumderische Kritik wird bis heute mit genau diesen Worten vorgetragen, und in der Tat muß ein kluger Christ das Thema erörtern. Doch die Frechheit derer, die diese Verleumdung verbreiten, versteht sich darauf, die ebenso Unkundigen vom Vertrauen in die heilsame Autorität der Schrift abzubringen, damit sie ihnen Glauben schenken. Zuerst aber wünschte ich, ich könnte sie fragen, wo Adimantus beim Apostel gelesen hat - er ist nämlich der Verfasser derartiger Verleumdungen - ich wünschte also, er sagte, wo er das, wie er behauptet, bestätigende Zeugnis des Apos­tels gelesen hat, daß weder Fürsten noch Gewalten noch Mächte Gott er­kannt hätten, während doch nach dem Wort des Herrn sogar die Engel der Menschen, die an ihn glauben, täglich das Antlitz des Vaters schauen. Es müßte denn sein, er meinte folgenden Ausspruch des Apostels Paulus: Weisheit verkünden wir im Kreise der Vollkommenen, doch nicht die Weis­heit dieser Welt noch der Fürsten dieser Welt, die vernichtet werden, son­dern wir verkünden als Geheimnis die Weisheit Gottes, die verborgen ist, die Gott vor den Zeiten zu unserer Verherrlichung vorherbestimmt hat, die keiner der Fürsten dieser Welt erkannt hat. Hätten sie sie nämlich erkannt,

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niemals hätten sie den Herrn der Herrlichkeit ans Kreuz geschlagen [I Cor 2, 6-8]. Wenn er die Absicht hatte, diese Stelle aufzuschreiben, warum hat er Gewalten und Mächte hinzugeftlgt, was sich dort nicht erwähnt findet, dieser Welt aber weggelassen, was zum Text gehört? Hoffentlich aber tat er dies vielmehr aus Versehen als aus Arglist. Indessen selbst wenn der Apos­tel sich derartig geäußert hätte, wäre es deswegen dem Teufel etwa nicht möglich gewesen, Gottes Stimme zu hören? Es steht nämlich geschrieben, er sei vor Gottes Angesicht getreten; es steht nicht geschrieben, er selbst sei Gottes ansichtig geworden. Die Fürsten dieser Welt lassen sich ja entwe­der als die hochmütigen und durch den eitlen Prunk ihrer Prahlerei aufge­blasenen Menschen deuten oder als der Teufel selbst und seine Engel. Denn ganz offensichtlich hat ihn der Herr Fürst oder Magistrat dieser Welt ge­nannt, weil unter der Bezeichnung diese Welt die Sünder zu verstehen sind, deren Hoffnung sich nur auf diese Welt richtet. Wie man nämlich von ei­nem schlechten Haus spricht, wenn seine Bewohner gemeint sind, so spre­chen wir von dieser üblen Welt, wenn wir diejenigen meinen, die mit dem Herzen diese Welt bewohnen, d.h., deren Wandel nicht im Himmel ist. Delln IIl1ser Wandel, sagt der Apostel, ist im Himmel [Phil 3, 20]. Alle Sün­den aber dienen dem Teufel, der aus freiem Willen der Fürst der Sünde sein wollte; deswegen wird er der Fürst dieser Welt genannt. Diese Auslegungs­regel, rate ich euch, schließt fest ins Herz. Durch sie wird der Herr helfen, viele Schriftstellen zu erklären und zu enträtseln, die jene als Köder in den Fallen ihrer Täuschung auslegen.

[3J Wenn also nicht geschrieben steht, daß der Teufel Gott gesehen habe, sondern nur, daß er mit den Engeln vor Gottes Angesicht getreten sei und seine Stimme gehört habe, warum sind dann diese erbärmlichen Menschen darauf aus, der Schrift verleumderische Vorhaltungen über die Gottesschau zu machen und die Unkundigen zu verderben? Diese ihre These läßt sich daher auch mit einer ganz kurzen Antwort widerlegen. Mit wie großer Ge­schWätzigkeit nämlich sie auch immer nachfragen mögen, wie der Teufel Gott habe sehen können, wir antworten: "Der Teufel hat Gott nicht gese­hen." Sie entgegnen: "Wie hat er dann mit ihm gesprochen?" An dieser Ste!1e aber muß die Blindheit ihres Herzens nicht von mir bloßgestellt wer­den, sondern dies können Blinde besorgen. Denn diejenigen, welche mit den Augen des Leibes blind sind, vermögen täglich mit denen zu sprechen, die sie nicht sehen können. "Wie ist er dann", fragen sie, "vor sein Ange­sicht getreten?" Wie der Blinde vor das Ange."sicht des Sehenden, dessen er selbst nicht ansichtig wird; und gewiß soll dieser Vergleich, geliebte Brü­der, deshalb angestellt worden sein, damit die Frechheit derer, die dem Fleisch verhaftet sind, als falsch erwiesen wird, auf daß sie möglicherweise

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34 Vier Themenpredigten

nach solchem Rückschlag ihre Herzen fromm zu einer friedlichen Gesin­nung des Lernens bekehren. läßt sich Gott denn etwa auf einen Ort be­schränken, da von seiner Gegenwart doch jedes Engel- und Menschenge­wissen zeugt, nicht allein der Guten, sondern auch der Schlechten? Freilich macht es einen Unterschied, daß er dem guten Gewissen als Vater, dem schlechten als Richter innewohnt, da ja geschrieben steht: Der Herr verhört den Gerechten und den Frevler [Ps 10, 6]. Ebenso steht geschrieben: Die Gedanken des Frevlers werden einem Verhör unterliegen [Sap I , 9]; und Gott fuhrt das Verhör nicht eindringlicher in den Ohren des Leibes als in der Heimlichkeit des Denkens durch, wo er allein hört, er allein gehört wird. Schwören etwa nicht sogar die Bösen, wenn sie einmal die Wahrheit sagen, aber keinen Glauben findt:n, mit dt!n Worten: "Gott ist mein Zeuge" und machen gerade damit eine Aussage, die wahrer nicht sein könnte? Wo, frage ich, ist er Zeuge? Auf der Zunge oder im Herzen? Im Klang der Stimme oder im Stillschweigen des Gewissens? Weshalb aber ärgern sie sich gewöhnlich daJiiber, keinen Glauben zu finden, obgleich sie nach ei­genem Wissen die Wahrheit sagen, wenn nicht aus dem Grund, daß sie uns ihr Herz nicht öffnen können, wo Gott Zeuge ist?

[4] Es gibt aber eine vielfache Art und Weise, in der Gott mit uns spricht. Bisweilen spricht er durch ein Hilfsmittel, wie etwa ein Buch der Heiligen Schrift. Er spricht durch einen Bestandteil der Welt, so wie er durch den Stern zu den Weisen gesprochen hat. Denn was ist das Sprechen außer der Bezeichnung des Willens? Er spricht durch das Los, wie er z.B. über die Einsetzung des Mathias in das Amt des Judas gesprochen hat. Er spricht durch die menschliche Seele, wie etwa durch einen Propheten . Er spricht durch einen Engel, so wie wir ihn mit einigen Patriarchen, Propheten und Aposteln haben sprechen hören. Er spricht durch irgendein Klang- und Geräusehgebilde, so wie wir lesen und daran festhalten, daß vom Himmel her Stimmen ertönt sind, wenn auch mit den Augen niemand zu sehen war. Schließlich spricht Gott zum Menschen selbst, nicht äußerlich durch seine Ohren oder Augen, sondern innerlich im Geist nicht nur auf eine Weise, vielmehr entweder im Traum, so wie dem Syrer Laban bedeutet wurde, er solle seinen Sklaven Jakob nicht durch irgend etwas beleidigen, und dem Pharao, er habe sieben fette Jahre und ebensoviele magere zu erwarten; oder er spricht, nachdem er vom Bewußtsein des Menschen Besitz ergriffen hat, was die Griechen Ekstase nennen, so wie es dem betenden Petrus schien, ein Gefaß voll mit Gleichnissen flir den künftigen Glauben der Hei­den sei vom Himmel herabgelassen worden; oder im Verstand selbst, wenn irgend jemand Gottes Majestät oder Willen begreift, wie gerade Petrus aus eben jener Erscheinung, indem er sie bei sich selbst bedachte, erkannte,

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was er nach dem Willen des Herrn tun sollte. Dies kann einer nämlich nicht wirklich erkennen, solange bei ihm im Ionem nicht gleichsam der stille Ruf der Wahrheit ertönt. Gott spricht auch im Gewissen der Guten und Bösen. Denn seine guten Taten billigen und seine Sünden mißbilligen kann jemand in rechter Weise nur infolge eben jener in der Stille des Herzens lobenden oder verurteilenden Stimme der Wahrheit. Die Wahrheit aber ist Gott. Spricht diese nun schon auf so vielfache Art und Weise zu guten und schlechten Menschen - freilich können nicht alle, zu denen sie so vielfaltig spricht, ihrer Wesenheit und Natur ansichtig werden - welcher Mensch könnte da durch Mutmaßung oder Überlegung zusammenbringen, wieviel unterschiedlicher Redeweisen sich ebendieseIbe Wahrheit beim Gespräch mit den Engeln bedient, sei es mit den guten, welche die unaussprechliche Schönheit ihrer Schau vollständig genießen, indem sie sich mit wunderba­rer Liebe ihrer Betrachtung hingeben, sei es mit den bösen. die, verdorben durch ihren Hochmut und von der Wahrheit selbst mit einem niedrigeren Rang versehen, ihre Stimme auf ganz verborgene Weise hören können, obwohl sie nicht würdig sind, ihr Antlitz zu sehen?

[5] Daher, geliebte Brüder, Gläubige im Herrn und leibliche Kinder unse­rer katholischen Mutter, soll euch niemand mit vergifteter Speise täuschen, selbst wenn ihr noch mit Milch ernährt werden mUßt. Wandelt jetzt stand­haft im Glauben an die Wahrheit, damit ihr zur rechten und geeigneten Zeit zur Schau eben dieser Wahrheit gelangen könnt, so wie ja der Apostel sagt: Während wir hier im Körper weilen, leben wir fern vom Herrn als Fremd­linge; denn wir wandeln im Glauben, nicht im Schauen [0 Cor 5, 6-7]. Zur Schau aber der Erscheinung des Vaters fUhrt der christliche Glaube. Des­halb sagt der Herr: Niemand kommt zum Vater außer durch mich [10 14, 6]. Ohne Grund fragen diese also, wie der Teufel durch Christus zu Gott hätte kommen können. Denn der Teufel kann nicht zu jener Glückseligkeit der Betrachtung gelangen, wohin diejenigen, die reinen Herzens sind, der christliche Glaube fUhrt. Ungeachtet dessen konnte der Teufel aber gewiß die Stimme Gottes hören, als er sprach, so wie viele Menschen, selbst wenn sie Christus nicht glaubten, Gottes Stimme hören konnten, als er vom Himmel herab sagte: Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn verherrli­chen, nachdem der Herr gebeten hatte: Vater, verherrliche deine" Sohn [10 12, 28]!

[6] Wenn aber geschrieben steht, der Teufel sei vor Gottes Angesicht ge­treten, dann nicht deshalb, weil jemand irgendwann das Angesicht Gottes fliehen könnte, dessen Augen alles unterworfen ist und dem sich die Tiefe jedes beliebigen Herzens erschließt, sondern weil in der Abgeschiedenheit der Schöpfung geschehen ist, was die Schrift erzählt hat, daher steht ge-

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schrieben: Und da traten plötzlich Engel vor Gottes Angesicht [lob I , 6], obwohl sie sich niemals dem Angesicht Gottes entziehen. Denn wohin auch immer sie gesandt werden, dort ist auch das Angesicht Gottes gegenwärtig. Im eigentlichen Sinne jedoch heißt Angesicht Gottes dasjenige, was der menschliche Blick nicht durchdringen kann, wie die Geheimnisse des Ge­wissens. Daher sagen wir, wenn wir einen der Lüge überfUhren, er habe nicht im Angesicht Gottes gesprochen. weil er nicht das gesagt hat, was Gott in seinem Geist zu Gesicht bekommt, wohin ein Mensch seinen Blick nicht wenden kann. Weil sich dies also so verborgen zugetragen hat, daß es den Menschen durch die Heilige Schrift nur infolge einer Offenbarung des Heiligen Geistes zur Kenntnis gebracht werden konnte, wird erzählt, man sei vor das Angesicht Gottes getreten und es habe sich dort zugetragen.

[7] Was aber den Bericht angeht, der Teufel sei inmitten von Engeln ge­wesen, so muß man sich, wenn man von guten Engeln ausgeht, vorstellen, der Teufel habe sich derart in ihrer Mitte befunden, wie ein Angeklagter inmitten von Amtsdienern vor dem Richter steht, um angehört zu werden . Die Schrift erklärt ja nicht, von welcher Art jene Engel waren. Befand er sich aber inmitten böser Engel, was nimmt es wunder, daß ein Fürst und Anflihrer von der Schar seiner Diener umringt ist? Wenn man jedoch die Aussage "vor Gottes Angesicht" so auffaßt, daß jene vor das Angesicht Gottes treten, deren nicht er allein ansichtig wird, sondern die auch seiner ansichtig werden, dann muß man sich vorstellen, daß der Teufel zwar in ihrer Mitte war, jener aber dennoch Gott, den diese sahen, nicht gesehen hat, Gott aber auch durch irgendeinen seiner heiligen Engel zum Teufel gesprochen hat. Doch im Buch steht nur geschrieben: Gott sprach [lob I , 7]. Ebenso wird beispielsweise auch, wenn bei öffentlichen Verhandlungen die Protokolle geschrieben werden, obwohl der Richter das meiste durch den Gerichtsdiener verlauten läßt, dennoch der Name des Richters, nicht auch der des Gerichtsdieners eingesetzt. Gleichwie aber irgendein Mensch, der einer prophetischen Erscheinung unwürdig ist, dennoch inmitten von Propheten stehen kann, so daß er nur hört, was der Herr durch sie sagt, er jedoch nicht sieht, was jene sehen, so konnte sich auch der Teufel inmitten heiliger, Gott schauender Engel befinden, um durch sie die Stimme Gottes zu hören, ohne ihn selbst sehen zu können.

[8] Nun haben sich zwar, wie ihr seht, die Kunstgriffe der Manichäer in dieser Frage auf vielfältige Weise als unhaltbar erwiesen, und ihr, geliebte Brüder, glaubt folglich nicht mehr, der Teufel habe wirklich so mit Gott gesprochen, daß er auch das Antlitz der Wahrheit, dessen die reinen Herzen ansichtig werden, sehen konnte oder er gar zu jener glückseligen Betrach­tung gelangt ist, wohin der Zugang einem nur durch den Herrn Jesus Chris-

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tus gewährt wird. Aber ich muß mich dennoch über die Schamlosigkeit dieser Menschen sehr wundem, die uns verleumderische Vorhaltungen über die Schau der göttlichen Wesenheit machen wollen und unseren Schriften andichten, was sie nicht enthalten, daß nämlich der Teufel Gott gesehen habe, und die damit eine so große Mißgunst zu entfachen suchen, daß jeder, der sich darüber entsetzt hat und zu der Überzeugung gekommen ist, der Teufel verdiene es nicht, Gott gesehen zu haben, gegenüber der Glaubwür­digkeit der Heiligen Schrift völlig abgeneigt wird, wenn er in argwöhni­scher Unkenntnis ihren Wortlaut nicht versteht. Dabei betonen sie freilich selbst die Göttlichkeit unseres HctTTl Jesus Christus, reimen sich aber zu­sammen, er sei den Menschen erschienen, ohne einen menschlichen Leib angenommen zu haben.

[9] Als der Teufel es gewagt hat, den Herrn zu versuchen, was sah er also, als er ihn sah? Wenn er seinen Leib sah, besaß der Herr folglich einen Leib, was die Heillosen nicht eingestehen wollen. Besaß er aber keinen Leib, war die göttliche Wesenheit selbst den Blicken des Teufels unterworfen. Wenn diese jedoch nur diejenigen sehen, die reinen Herzens sind, wie sie es uns selbst aus dem Evangelium in Erinnerung bringen, - 0 du freche Blindheit der Häretiker! Warum bezichtigst du unsere Schriften lügenhaft einer Got­tesschau durch den Teufel und wirst doch, indem du die Leiblichkeit Chris­ti bestreitest, der Absicht Uberfilhrt, seine göttliche Wesenheit unverhüllt den Blicken des Teufels preiszugeben? Oder besaß er etwa, wie sie zu be­haupten pflegen, zwar keinen menschlichen Leib, trat aber dennoch so in Erscheinung, als besäße er einen? Wer also, ihr Narren, vertritt die vernünf­tigere und angemessenere Auffassung? - wer glaubt, Gott habe mit dem Teufel gesprochen, oder wer glaubt, Gott habe nicht allein mit dem Teufel gesprochen, sondern ihn sogar belogen? In der Tat erwähnt die Schrift, einige Engel seien ftir menschliche Augen sichtbar geworden. Gewiß aber hat der Herr das körperliche Geschaffensein so ihrer Kontrolle unterworfen, daß er es ihnen nach Wunsch angepaßt hat. Deshalb besaßen jene auch, obgleich nicht aus einer Frau geboren, dennoch einen wahren Leib, den sie je nach Art ihres Dienstes und ihrer Aufgabe von jeder beliebigen Gestalt in irgendeine andere verwandeln konnten, freilich immer nur von einer wahren in eine andere wahre. Denn als der Herr gleichfalls Wasser in Wein verwandelte, da können wir doch nicht sagen, entweder das Wasser oder der Wein sei nicht echt gewesen.

[10] Daher bleibt jeder Körper, dessen Beschaffenheit und Lage nach dem Willen des allmächtigen Schöpfers veränderlich ist, welche Gestalt auch immer er angenommen hat, dennoch in seiner Gattung der Wahrheit fest verbunden, da er ja, mag er sich so oft wandeln wie er will, gleichwohl

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nicht aufhört, ein Körper, und zwar ein wahrer Körper zu sein. Da diese sich aber zusammenreimen, daß jede körperliche Kreatur ihren Ursprung nicht in Gott, ihrem allmächtigen Schöpfer. sondern in einem mir unbe­

greiflichen Geschlecht der Finsternis habe, fragen wir sie, woher unser Herr Jesus Christus seinen Leib genommen hat. Wenn er nämlich, wie sie sagen, keinerlei Leib angenommen hat, was war dann der Grund dafür, daß er rur menschliche, und cl.h. köperliehe Augen sichtbar wurde? Denn entweder war es der Trug eines Phantoms, was fluchwürdig ist zu glauben. oder sie müssen behaupten, er habe ohne Annahme irgendeines Leibes seine göttli­che Wesenheit unmittelbar menschlichen Augen gezeigt, so daß diese selbst der Teufel gesehen hat. Warum liegen sie uns dann aber bei der ge­genwärtigen Untersuchung mit ihrem verleumderischen Ruf Selig, die rei­nen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen [Mt 5, 8] in den Ohren? Sollten sie aber etwa anfUhren, die dem Herrn eigene göttliche Wesenheit sei beim Vater nicht von der gleichen Beschaffenheit, wie er sie auf Erden ohne die Annahme eines jeglichen Leibes habe zeigen wollen, was glauben die Armen damit dann anderes, als daß sogar sie in Raum und Zeit verän­derlich sei? Denn sie wollen nicht lesen und können nur schwer begreifen, was durch den Propheten gesagt wird: Du wirst sie 'Verwandeln, und so werden sie sich wandeln; du aber bleibst ganz derselbe, und deine Jahre werden nicht dahinschwinden [ps 101, 27f.] und was im Buch der göttli­chen Weisheit über die Weisheit selbst geschrieben steht: Fest bleibend in sich selbst macht sie alles neu [Sap 7, 27].

[11] Falls sie aber jemand in Übereinstimmung mit ihrer Auffassung frag­te: "Warum also wundert ihr euch, wenn selbst Gott die Gestalt seiner Gött­lichkeit gewandelt hat, damit ihn der Teufel mit seinem ganz unreinen Her­zen anschauen konnte, so wie ihr es auch von Christus in seiner Gottheit glaubt?", weiß ich nicht, was sie antworten werden, haben sie doch immer nur zu lehren gewagt, der Vater und der Sohn seien von einer Wesenheit, und wenn sie lehrten, der Sohn sei von anderer Wesenheit, könnte man ihnen entgegnen: "Woher wollt ihr denn wissen, ob nach dem Bericht jener alttestamentlichen Schriftstelle der Teufel mit dem Vater oder mit dem Sohn gesprochen hat?" Ferner fragen wir: "Sieht der Teufel die Sonne dort, oder sieht er sie nicht? Falls ja, wie kann dann die Sonne Gott sein, da sie doch der Teufel sieht? Falls nein, bleibt sie dennoch ftir schlechte Men­schen sichtbar. Wie soll dann Gott der sein, den auch die sehen, die nicht reinen Herzens sind? Oder falls er sich, um in Erscheinung zu treten, sogar selbst gewandelt hat und daher nicht seinem Anschein entspricht, was, wenn auch ihr euch dann anders gebt, als ihr seid, damit ihr eure Sonne, anstatt sie bloß anzubeten, sogar nachahmen könnt?" Und doch sehen sie

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sich, sollte man sie fragen, ob die göttliche Wesenheit veränderlich oder unveränderlich ist, gezwungen, ihre Unveränderlichkeit einzuräumen, frei­lich nicht in folge vernünftiger Überlegung, sondern lediglich aus Scham. Es fehlt also nur noch, ihnen das Zugeständnis abzuverlangen, unser Herr Jesus Christus habe irgend woher einen Leib angenommen, um für mensch­liche Augen sichtbar zu werden. Geben sie dies zu, frage ich, woher er ihn genommen hat. Wenn sie sagen, aus dieser Welt, frage ich, aus welchem Teil der Welt der Leib genau stammt. Sogleich antworten sie mir: "Aus dem Geschlecht der Finsternis." 0 du seltsamer Unverstand! Warum fürch­tet ihr Armen im Hinblick auf den Leib des Erlösers den Mutterschoß der Jungfrau, nicht aber das Geschlecht der Dämonen?

[12] Wir aber bekennen offen, daß sich die Beschaffenheit eines Körpers gänzlich Gott, dem allmächtigen Schöpfer, verdankt. Und deshalb hätte unser Herr, welcher Quelle sein Leib auch entstammte, ihn jedenfalls (noch) seiner eigenen Schöpfung entnommen. Er zog es aber vor, ihn aus einer Frau anzunehmen. Denn er war gekommen, das menschliche Ge­schöpf zu befreien, welches durch eine Frau zu Fall kam. In der Absicht, in jedem der beiden Geschlechter die Hoffnung auf Erneuerung und Erlösung zu wecken, wählte er daher das männliche aus, damit er in ihm, das weibli­che, damit er aus ihm geboren werde. Orr aber, die ihr euch entsetzt vor dem reinen Leib der Jungfrau, wählt doch bitte aus, woher der Herr seinen Leib angenommen hat. Jeder Körper, sagt ihr, gehört wesentlich zum Ge­schlecht der Finsternis. Wählt also, wie gesagt, aus, woher der Sohn Gottes seinen Leib annehmen mußte. Oder habt ihr etwa das Licht, Antwort geben zu können, verloren, da euch Finsternis begegnet, wohin auch immer ihr euren Blick wendet? .. Aber das sterbliche Fleisch", sagen sie, "ist gewiß zu unrein." Lest ihnen daher den Apostel vor: Den Reinen ist al/es rein; und lest gegen sie den Apostel vor: Den Unreinen aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern ihr Denken und ihr Gewissen sind befleckt [Tit I , 15] . Sollten sie jedoch nicht sagen "zu unrein", sondern "zu schwach", stimmen wir völlig zu. Christus ist nämlich deshalb unsere Stärke, weil ihn unsere Schwäche nicht verwandeh hat. Hierin finde ich die Wahrheit jenes Pro­phetenwortes bestätigt: Du wirst sie verwandeln, und so werden sie sich wandeln; du aber bleibst ganz derselbe. und deine Jahre werden nicht da­hinschwinden [Ps 101 , 27f.]. Denn die Schwäche des Fleisches hat ihn nicht nur nicht zum Schlechteren verwandelt, sondern ist sogar von ihm zum Besseren verwandelt worden. Die körperliche Sonne dort, von der sie nicht glauben, daß sie ein Körper ist - so wenig verstehen die Bedeutung "Körper" diejenigen, die trügerisch mit geistreichen Erörterungen prahlen -die körperliche Sonne dort also spendet nur, weil sie ein Himmelskörper

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ist, der Erde Licht, wird aber selbst von ihr nicht verdunkelt; sie läßt Was­ser verdunsten, ohne von ihm benetzt zu werden, Eis schmelzen, ohne da­durch ZU erkalten, Schlamm hart werden, ohne seinetwegen aufzuweichen . Und unser Herr Jesus Christus, das Wort des Vaters, durch das alles ge­schaffen worden ist, die Kraft und die Weisheit Gottes, überall gegenwär­tig, überall verborgen, überall ganz. nirgends eingeschlossen. mächtig von einem Ende bis zum andern reichend und alles gütig ordnend, - fUrchten die Unglücklichen, er habe es nicht vennocht, sein Menschsein so anzu­nehmen, daß er das Sterbliche lebendig machen konnte, ohne von ihm getö­tet zu werden, das Fleisch heiligen konnte, ohne dadurch befleckt zu wer­den, den Tod auflösen konnte, ohne von ihm gebunden zu werden, den Menschen durch sich verwandeln konnte, ohne sich in einen Menschen zu verwandeln?

lnfolge der Unsicherheit und gefährlichen Glaubensschwäche einiger sind wir gezwungen gewesen, eins nach dem andem zu erörtern. Doch zurück zu unserer Ausgangsfrage: Sie können zwar durch jene Schriftstelle, mit deren Hilfe sie lieber ihre Falle hatten stellen wollen, als von ihr erleuchtet zu werden, nicht beweisen, daß Gott vom Teufel gesehen worden ist; sie mögen aber dennoch selbst zusehen, wie das Geschlecht der Finsternis die göttliche Wesenheit sehen konnte, als vor dem Kampf, in dem nach ihrer Aussage Gut und Böse vermischt worden sein sollen, die göttliche Wesen­heit noch keinerlei Leib angenommen hatte, durch den sie rur ihren Feind hätte sichtbar werden können. Daraus sollten sie erkennen, daß ihre Ab­sicht, die Festen des katholischen Glaubens umzustürzen, vergeblich ist, da sie doch ihre eigenen baufälligen Märchenerzählungen nicht mit irgend­weichen Antwortstützen vor dem Einsturz bewahren können.

c) Disposition

A. PROOEMIUM ( 1 -6) 1. Repraesentatio ( 1 -3): Die bekannte Hinterhältigkeit der manichäischen

Schriftkritik H. Intentio sermonis (3-6): Eine fortgesetzte Behandlung dieser Thematik

will weitere Anleitung zum Selbstschutz geben, besonders aber die Fähigkeit vermitteln, Glaubensschwache und Schriftunkundige apolo­getisch zu unterweisen.

B. PROPOSITIO QUAESTIONIS (7-18) 1. Capitulum VT (7-1 1 ): lob 1 , 6-7 11. Capitula NT ( 1 1-1 3): Mt 5 , 8, 10 10, 7; 14, 6

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lli.Ratiocinatio (13-16): Wenn nur diejenigen Gott sehen, die reinen Her­zens sind, und nur Christus einen Zugang zum Vater eröffnet, kann der Teufel Gott nicht gesehen haben. - Capitulum NT ( 16- 18)

C. ARGUMENTAT[O (19-252) 1. Widerlegung der manichäischen Widerspruchsthese ( 19-149)

I . Transitus (19-22): Die Aktualität der Quaestio und die Folgen der manichäischen Verleumdungsstrategie rur den Glauben der Un­kundigen

2. Das vermeintliche Zeugnis des Apostels (22-50) a) Der Widerspruch zu Mt 18, 10 b) Adimantus' Fälschung von [ Cor 2, 6-8 c) Fictio: Auch wenn das von Adimantus zitierte Capitulum

Paulus zuzuschreiben wäre, entstünde kein Widerspruch zu [ob 1 , 6-7.

d) Die Auslegungsregel fur princeps saeculi 3. Der Teufel kann mit Goll gesprochen haben ohne eine visia dei

(5 1 - 1 1 8) a) Interrogatio: Die Schrift bezeugt nur, der Teufel sei im Kreise

von Engeln vor Gott getreten und habe seine Stimme gehört. Warum suchen die Manichäer dennoch, die Schrift zu kriti­sieren und die in ihr Unkundigen zu verderben?

b) Affinnatio: Die Antwort auf die Quaestio der Manichäer Jau­tet schlicht: Der Teufel hat Gott nicht gesehen.

e) Dialektikon: Fragen der Manichäer: Wie hat er dann mit ihm gesprochen? I Wie ist er vor sein Angesicht getreten? - Ant­wort: Wie ein Blinder. - und Affinnatio der eigenen Argu­mentationsabsicht: Widerlegung und Bekehrung

d) Gottes Gegenwart im Gewissen c) Die vielfaltigen Fonnen göttlichen Sprechens

( I ) Zu den Menschen a: äußerlich b: innerlich

(2) Zu den Engeln a: zu den guten Engeln b: zu den bösen Engeln

f) Eindringliche Höreranrede und Adhortationes: Laßt euch nicht täuschen, selbst wenn ihr als Säuglinge der Kirche eine noch unvollkonunene Erkenntnis besitzt. Wandelt standhaft im Glauben an die Wahrheit, und ihr werdet sie zu rechter Zeit schauen. - Schriftbelege: II Cor 5, 6-7, [0 14, 6

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g) Conclusio: Die Quaestio der Manichäer im Anschluß an 10

14, 6 ist unberechtigt, da der Teufel nicht auf dem Weg des christlichen Glaubens zu einer beseligenden Gottesschau ge­langen kann. - und Einschränkung: Dennoch war es ihm möglich, Gottes Stimme zu hören: Schriftbeleg: 10 12, 28

4. Die Aussage der Schrift, der TeuJel sei vor Golles Angesichl ge­Irelen (119-132) a) Der Grund besteht nicht in einer Beschränkung des göttlichen

Gesichtskreises, sondern in der Unzugänglichkeit des Vor­gangs für menschliche Wahrnehmung

b) Die eigentliche Bedeutung von conspeclus dei

c.) Conclusio: Das. in conspectum dei wrdum esse ist Ausdruck biblischer Offenbarungsrede ruf ein geheimnisvolles Gesche­hen.

S. Die Aussage der Schrift, der Teufel habe sich inmitten VOll Engeln beJunden ( 133-149) a) Die Beschaffenheit der Engel b) Die Kommunikation zwischen Gott und Teufel, falls heilige,

gottschauende Engel gemeint sein sollten 11. Die Widerlegung des manichäischen Doketismus (150-252)

1 . Transitus ( 150-163): Die Kunstgriffe, mit denen die Manichäer aus dem Sprechen des Teufels mit Gott eine Gottesschau des Teu­fels folgern wollten, sind widerlegt. - und Einschränkung: Trotz­dem halten die Manichäer erstaunhcherweise an ihrer frechen Lüge fest, die Schrift berichte von einer Gottesschau des Teufels, und versuchen so, die biblische Autorität bei den Unkundigen zu untergraben. Dabei bekennen sie doch gleichfalls die Göttlichkeit Christi, bilden sich aber ein, er sei ohne einen menschlichen Leib erschienen.

2. Was sah der TeuJel bei der Vesuchungdes Herrn? (164-18 1) a) Der Teufel sah entweder seinen Leib oder seine göttliche We­

senheit b) Indigoalio und Anbindung an die ursprüngliche Themenfrage:

Die Leugoung der Leiblichkeit Christi heißt, seine Göttlich­keit dem Blick des Teufels auszusetzen, die Annahme einer nur vorgetäuschten Leiblichkeit aber, Gott nicht nur mit dem Teufel sprechen, sondern ihn sogar den Teufel belügen zu lassen.

c) Die Körperlichkeit der Engelerscheinungen 3. Der Grund der sichtbaren Erscheinung Christi (182-216)

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a) Verallgemeinernde Conc1usio: Jeder geschaffene Körper bleibt ein wahrer Körper.

b) Entgegensetzung: Die Manichäer aber glauben, alles Körper­liche habe seinen Ursprung in der gens lenehrarum . Sie müs­sen sich fragen lassen, woher Christus seinen Leib angenom­men hat.

c) Begründung: Denn wenn er angeblich keinen Leib besaß, muß es einen Grund seiner sichtbaren Erscheinung geben.

d) Die Unhaltbarkeit entsprechender Erklärungsversuche mani­chäischer Argumentation a: mendacium phantasmatis erat: glaubensunwürdig b: demonslravil divinam substantiam suam: Widerspruch zu Mt 5, 8 g: divina substantia domini non taUs est apud pairem qualis

in terris: Widerspruch zu Ps 10 I , 27 e) Dialektikon: Frage an die Manichäer: Wenn ihr schon die

Veränderlichkeit der göttlichen Wesenheit Christi annehmt, was wundert euch dann, daß Gott die Erscheinung seiner We­senheit verändert hat, um vom Teufel gesehen zu werden? -Die Manichäer müßten angesichts der auch von ihnen gelehr. ten Wesensgleichheit von Vater und Sohn die Antwort schul­dig bleiben. - Auf eine Behauptung der Wesensungleichheit folgt die Frage: Woher wollt ihr wissen, ob nach dem Schrift­zeugnis der Teufel mit dem Vater oder dem Sohn gesprochen hat?

f) Der Sonnenkult der Manichäer a: Enthymemata: Entweder sieht der Teufel die Sonne, dann

ist die Sonne nicht Gott. - Oder der Teufel sieht die Sonne nicht, dann sehen sie aber immer noch böse Menschen . Folglich kann sie auch in diesem Fall nicht Gott sein.

b: Indignatio: Ist aber Sonne nicht das, was sie scheint, was, wenn eure Verehrung ftir sie dann soweit geht, daß ihr ihre Unaufrichtigkeit nachahmt?

g) Einschränkung: Gleichwohl mUssen die Manichäer die Un­veränderlichkeit der göttlichen Wesenheit zugeben.

4. Christi Leiblichkeit aus dem Schoß der Jungfrau (217-252) a) Transitus: Es fehlt also nur noch das Zugeständnis der Leib­

lichkeit Christi. -und Dialelctikon: Auf dieses folgt die Frage: Woher stammt die Leiblichkeit? - Manichäer: Aus dieser Welt, d.h. aus der gens tenebrarum. - Indignatio: Die Torheit

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der Manichäer zeigt sich darin, daß sie den Leib des Heilands lieber von Dämonen als aus dem Schoß der Jungfrau genom­men lassen sein wollen.

b) Bekenntnis zum allmächtigen Schöpfer und zur Jungfrauen­geburt

c) Dialektikon: Wiederholte Aufforderung an die Manichäer, den Ursprung der Leiblichkeit Christi anzugeben. - Antwort: Eine leibliche Existenz wäre zu unrein. - Widerlegung mit Tit I , 1 5

d) Christliche Deutung von Ps 101, 27f. e) Die Qualität der caro Christi

D. PERORATIO (253-262) I. Transitus (253-254): Diese detaillierte Erörterung war notwendig,

um Unsicherheit und Glaubensschwäche zu wehren. ll. Recapitulatio und Indignatio (254-262): Die hinterhältige Schriftkri­

tik der Manichäer konnte keine Gottesschau des Teufels beweisen. Sie mögen selbst erklären, wie nach ihrem Mythos das Geschlecht der Finsternis die noch körperlose göttliche Substanz hat sehen kön­nen. Ihre Absicht, die Grundlagen des kath. Glaubens zu zerstören, scheitert bereits an der Unfahigkeit, das ruinöse Gebäude der eigenen Lehre zu stützen.

d) Detailkommentierung (selektiv)

Z. 1 ff. in divinis er sanctis veteribus Iibris fraudulentissima fallada Manichaeos insidiari ( . . . ): Da die Manichäer den Herrscher der Finsternis mit dem Gott des AT identifizierten46, verwarfen sie dies gänzlich und hielten Belege seiner positiven neutestamentlichen Rezeption wie 10 5, 46 Moyses de me scripsit et si crederetis Moysi, crederet;s el mihi oder Mt 5, 1 7 1I0n veni legern solvere sed adimplere rur Textfalschungen (vgL z.B. c. Faust. 16,1-8; 1 8, 1-3 (CSEL 25, 1 , 439-447. 490-492))." Auf den Literal-

46 Vgl. s. 26, 10 (CCl 4 1 , 355) et va/unt ita discernere duo testamenta, ul vetlls les/amen-114m dicant esse a nescio qua principe tenebranlm, flO\lllm autem leslamefllllm a domino deo patre domini noslri lesu Christi, ep. 236, 2 (eSEL 57, 524) patriarchas prophelasque blasphemanl. legem per famulum dei Moysen datam non a vero deo dicunt sed a principe lenebrarum.

41 Vgl. hacr. 1 , 46, 1 5 (Cel 46, 3 1 8) ipsiusque lestamenti nov; scripluras lamquam infalsa­las ita /egunt. ul quod va/uni inde accipiant. et quod no/uni reiciant. Zur 'Fälsehungslhe­se' des Fauslus (Die Widerspruche zur Lehre Manis in den Evangelien ruhren daher, daß diese nicht von den Aposteln, sondern von Judenchristen verfaßt wurden, die die Jesus­überlieferung verfälscht haben.) und der manichäischen Argumentalion gegen Mt 5, 1 7

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sinn beschränkt", fiel es ihnen leicht, dem AT Anthropomorphismen und moralische Unzulänglichkeiten vorzuwerfen, eine Kritik, von der sich auch der Student Augustin hatte täuschen lassen.49 Die zu Beginn von s. 12 durch die Amphficatiojraudulentissimafallacia und insidiari betonte Hin­terhältigkeit der Manichäer. die, wie der Prediger später sagen wird, die scheinbar absurden Schriftstellen gleichsam als Köder in den Fangschlin­gen ihrer falschen Lehre auslegen (vgl. Z. 49f.)'·, bezieht sich wohl beson­ders auf die den Hörern schon mehrfach vorgestellte Methode des Adiman­tus, qui tamquam sibi adversa alque eon/raria de u/roque testamento capi-111/0 obiecil (c. Adim. 1 5 (CSEL 25, I , 154)" , vgl. s. I , I . 5; s. 50, I . 13 (CCL 41 , 3. 5. 625. 632f.)). Augustin verwendet für den heimtückischen Anschlag eines Häretikers sonst auch die Metaphern des Vogelstellers. des lauernden Wolfes oder des hinterhältigen Räubers, vgl. z.B. util. credo 2 (CSEL 25, I , 5) [Die Manichäer vennitteln bei ausgedehnter Kritik an den Irrtümern der Ungebildeten ihre eigenen Lehren in gezielter Dosierung.] itaque "obis faciebant. quod insidiosi aucupes so/ent, qui viscatos surculos propier aquam defigunl, ul sitientes aves decipianl. obruunl enim el quoquo modo cooperiunl alias quae circa SUllt aquas. vel illde eliam jormidulosis moliliollibus deterrellt, ut in eorum dolos non electione, sed inopia deci­donl, s. 182, 3 (PL 38, 985) [bezogen auf den manichäischen Doketismus] hic video unde velit lupus obrepere; agnosco, el quantum valeo, devitan­dum esse demollstro ( . . . ). quia omnis spiritus qui negat Iesum Christum in carne vcnisse, ex deo non est [1 10 4, 3]; insidiatur Manichaeus in hoc ver­ba ( ... ). invellimus lupum: retia salubria tendamus, venemur, capiamus, copIUm Irllcidemlls, ep. 236, I (CSEL 57, 523f.) [Augustin warnt Deuterius vor dem Subdiakon Victorinus, der sich als Manichäer entpuppt hat] nihil melius me facere posse arbilratus sum, quam ut tuae sanctitati potissimum scriberem, ne per neglegentiam ;" vestra provincia domini nostri lesu

und 10 5, 46 vgl. A.HOFFMANN, Erst einsehen, dann glauben. Die nordafrikanisehen Ma­nichäer zwischen Erkenntnisanspruch, Glaubensforderung und Glaubenskrilik, in: J. VAN

DoRT I O. WERMEUNGER I G. WURST (Eds.), Augustine and Manichaeism in the Latin West. Leiden 2001 (NHMS 49), 92-98.

4' Vgl. Gn. adv. Man. 2, 8 (PL 34, 200) illi au/em inimici veterum librorum omnia carnaliter in(uent� el proplerea semper erranl� ( . . . ).

'9 Vgl. conf. 3, 12 (CCL 27, 33) nesciebam enim aliud. vere quod eSl. et quasi acutllie mo­vebar, ul sujJragarer s/uilis decep/oribus, cum a me quaererent, linde ma/llm el ldrum forma corporea deus ji"irelur et haberet capillos et ungues et utrum fusti existima/ldi es­sent qlli haberent !aores lllUltas simu/ el occiderent homines et sacrificarent de animali· bus.

� S. u. z. SI. Diesem Bild verdankt sieh hier vennutlieh aueh insidiari c. abI. Iod: Die Ma­nichäer lauem bei den all. BUchern aufChristenbeute (sc. nobis). SI Vgl. DECRET, Contra Adimantum, Sp. 93.

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Christi ovile \Jas/ei inimicus, qui non desinit insidiari, u/ perdat animas lam magno prelio comparalas, 10. ev. Ir. 47, 9 (CCL 36, 409) [gegen die Apol­linatisten, die Christus eine menschliche Seele absprechen wollten] ( .. . ) ut [ures el /alranes non in/rantes per osUum insidiari ovili non desinunt.S2

Solcherlei Vorwürfen stand die manichäische Polemik nicht nach, vgl. etwa das Prooem von Faustus' Capitula: c. Faust. 1, 2 (CSEL 25, I , 25 I f.) satis superque in tucern iam traductis erroribus ae Iudaicae superstitionis simul et semichristianorum abunde delecta fallacia a doctissimo seilfeet el solo nobis post beatum pa/rem nos/rum Manichaeum studendo Adimanto non ab re visum es!, fratres carissimi, haec quoque brevia vabis et concin­IIQ responsa prop/er callidas et as/u/as conferentium lIohiscum propositio­nes scribere. qua cum idem vas €X more parent{s sui serpefltis captiosis circumire quaestiunculis yoluerint, et ipsi ad respondendum Yigilanter eis

. . . . 53 sillS Inslructl.

S2 Vgl. 10 10, I amen, amen dico \'Obis: qui non intral peroslium in ovile ovium. sed ascell­dil aliunde, iIIe [ur eSI et latro. Bei der Vorstellung vom I rrlehrer als 'Wolf, der es auf die Gemeinde abgesehen hat, ist besonders an das Hcrrenwort aus Mt 7, 1 5 zu denken: allendile 0 [aiSis prophelis quf veniunt ad vos in vestimelltis ovium, intrinseclls OIl/em SIInt lupi rapaces (Vg); eine cnlsprcchende Polemik findet sich schon bei dcn 'apostoli­schen Vätern', vgl. G. DORNKAMM, AUKO<;: ThWNT IV, 3 1 3, J. GNILKA, Das Mallhäus­evangelium. I. Teil. Kommcntar zu Kap. 1 , 1 -13, 58. Freiburg 1986 (HThK 1), 273 mit Hinweis auf Ign. Philad. 2, 2; 2 Clem 5, 2fT.; lustin, apol. I , 16, 13, dial. 35, 3. 8 1 , 2; Did. 16, 3. Die laI. Tradition der antihäretischen Verwendung vom ' Wolf im Schafspelz' be­gründet Tert. praescr. 2, 4, vgl. I. OPELT, Die Polemik in der christlichen lateinischen Li­teratur von Tertullian bis Augustin. Heidelberg 1980 (BdKA, NF 2, 63), 3 l f. u. 1 2 1 . In Augustins Bildersprache sind lupus und lalro auch mit diabolischem Wirken verbunden (z.B. s. 137, 1 2 (PL 38, 761), s. 263. 2 (MA 1 , 508), ,no Ps. 125, 4 (CCL 40, 1 848), qu. ev. 2, 19 (CCL 44B, 62) [deutet in traditioneller Weise im 'Gleichnis vom barmherzigen Samariter' die lalrones als diabolus et angeli eius], vgl. S. POQUE, Le langage symbol i­que dans la predication d'Augustin d'Hippone. Images herolque. Tome L Paris 1984, 19 u. 28. In conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1) erinnert sich Augustin an 'Teufelsschlingen' (/aque; diaboli) und 'Vogelleim' (viscum) im Munde der Manichäer; vgl. zum Vorwurf teuni­scher Hinterlist auch s. I , I (CCL 4 1 , 3) advertile igilur et videte laqueos serpentinos. 01-que inde subtracta iugo Christi colla supponite.

53 "Obwohl die Imümer des jüdischen Aberglaubens i1bergenug ans Licht gebracht worden sind und zugleich die Täuschungsabsicht der Halbchristen mehr als hinreichend entdeckt worden ist, selbstverständlich von dem gelehrten und rur uns nach unserem seligen Vater Manichaeus allein maßgeblichen Adimantus, scheint es mir der Sache nicht abträglich, geliebte Brüder, euch auch die folgenden kurzen und treffenden Entgegnungen mit RUck­sicht auf die verschlagenen und hinterlistigen Darlegungen derjenigen zu schreiben, die mit uns diskutieren, damit ihr dadurch, wenn dieselben euch nach An ihres Vaters, der Schlange, mit verfanglichen Fragen betrügen wollen, gerOstet seid, ihnen wachsam Ant­wort zu erteilen."

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Z. 5 alios inflrmos et divinilrum lectionum rudes: Durch die manichäi­sehe Bibelkritik sind besonders diejenigen gefahrdet, deren Glaube schwach ist (injirmos)S4 und die keine ausreichende Kenntnis von Inhalt und Auslegungsmöglichkeiten der Hl. Schrift besitzen. Vgl. in s. 1 2 etwa Z. 20ff. sed eam calumniam propanen/iurn (sc. Manichaeorum) animus faeit, ulsS similiter imDeritos ad sth; credendum a saluberrima scripturarum , auclorilale delorquealll, Z. 1 56ff. ( . . . ) el id quod scriplum non esl de scripturis nostris mentiuntur, quod deum diabolus viderit, el tantam hinc invidiam confIare canon/ur, ut quisquis exhorruerit et indignwn esse iudi­caverit ut diabolus viderit deum, penitus a divinarum scripturarum auc­tori/ale suspiciosa ignorantia non intellegens guod scrip/um est avertatur, Z. 253f. aliud ex aUo dispulare progter quorumdam ['-tuba/fonem et periculosam infirmitatem fidei compulsi sumus. Von dieser Gruppe (alios im Sinne von TOU; äAJ .. O� (ceteros) häufiger erst seit Livius, vgl. Kühner­Stegmann I 650f.) setzt Augustin zum Zwecke der Captatio benevolentiae die Zuhörer ab, welche er metonymisch mit veslra prudentia anredet, einem Titel, der hier mehr als eine Höflichkeitsfonnels6 bedeutet.

$4 So bereits bei Paulus, z.B. Rm 14, 1 inJirmum ( ... ) inJide assumite, od. prägnant I Cor 8, 9 videle aUlem, neforle haee lieenlia veSlra offendicu/umJial inJirmis; 9, 22faelus sum in­Jirmis infimms. ul infirmos /uerifaeerem u.ö., vgl. ßlaise, Dictionnaire 442 s.v. infimllls 3., G. STAHUN, aath:vflC; ICTA.: ThWNT I, 490.

ss Animus meint hier wohl den frechen Mut, mit dem die Manichäer ihre Verleumdungen vortragen (vgl. Z. 61 f. el islae quidem simililudines ( ... ) ideo diclae sinl, ut hominum car­no/ium refeflalur improbilas, Z. I 55f. sed lamen mullum admiror hominum istorum im­pudemiam. qui de visione substamiae divinae �bm1.f!ifl}:( lIobis va/unI ( ... ), Z. 1 68f. 0 im­oortuna caecitas haerelicorum!J;facil ul ... detorqueant ist dann eine betonte Umschrei­bung des einfachen Verbs (klassisch häufig bei Cicero, vgl. Kühner-Stegmann 11 235, Anm. I). wobei sich nach proponentium der PI. leicht als Synesis erklärt. Die Möglich­keit von HILLS Übersetzung, nach der columniam proponentium animus faeit ut gleichbe­deutend mit ca/umniam proponenles in animo habent c. info o. ä. sein müßte (vgl. HII..L, Sennons 11111, 297f. : "But the intention ofthose who propound this criticism is 10 denect people as incompetent as themselves away from the salutary authority of the scriptures 10 believing the Manichees." - ebenso auch DRoBNER. Sennones 6-12, 271: "Aber die Ab­sicht derer, die diese Verleumdung vortragen, ist ( ... )."), finde ich durch keine Parallel­steIle belegt.

56 In dieser Verwendung diente das gr. rpe6VT}CJlC; zur Anrede der Bischöfe bei Basilius. Athanasius und Isidor, während prudenlia weiter verbreitet war, vgl. H. ZIWACUS. An­rcdeformcn: RAe. Suppl. I, 488. In Augustins Predigten wird vestra prudenlia verhält­nismäßig selten zur Horeranrede verwendet, vgl. noch en. Ps. 128, I (CeL 40, 1 88 1), s. I , 3 (CCL 41, 4), s. 88, 25 (RB 94 ( I �84), 100), s. 1JJ, 2 (PL 38, 738), s. Caillau 2, 1 1 , I (MA I , 256), dabei ist außer in der zuletzt genannten Stelle immer ein themenbezogener Appell an die intellegentia der Adressaten erkennbar. Vgl. zum kontextgerechten Einsatz der metonymischen Anredeformen bei Augustin auch DROßNER, Sermones \·5. 37. Anm. 15.

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48 Vier Themenpredigten

Der Prediger will der manichäischen calumnia nämlich eine christliche Tugend entgegensetzen. In der Schrift De moribus ecclesiae catholicae el de moribus Manichaeorum (begonnen in Rom 388, vollendet in Thagaste 389/90)S7 definiert Augustin diese prudentia als Liebe, die wohl zwischen dem der Verbindung mit Gott Förderlichen und Hinderlichen zu unter­scheiden weiß (vgl. mor. 1 , 25 (CSEl 90, 30» und dementsprechend mit den anderen Kardinaltugenden zum sittlich guten Leben (und d.h. zur Er­flillung des 1 . Gebotes) beiträgt, indem sie den Christen gegenüber der trügerischen List falscher Ethik und Lehre auf der Hut sein läßt: si enim deus es/ $ummum hominis bonum, quod negare 1I0n pOles/is, sequitur pro­fee/o. quoniam summ um bonum appetere est belle "ivere, ut nlhil sit aliud bem:! vivat:! quam lolo corde, tola anima, 1010 lIJ(tnle diligere deum, a qua existit, ul incorruptus in eo amor atque integer custodialur, quod est [em­perantiae, ul nullis frangatur incommodis, quod esl forlitudinis, "u/li alii serviat, quod esl iustitiae, vigilei in discernendis rebus, ne fallacia pau/a­lim dollisve subrepal, quod esl prudentiae (mor. 1 , 46 (ebd., 5 I». Vgl. auch s. I, 5 (CCL 41 , 5) non ideo conlrarium principio Geneseos, evangelii principium videri debuil prudenlibus. non enim videri nisi imprudenlibus pOfuit, s. 1 2, Z. 1 9f. calumnia quidem Worum his omnino verbis huc usque proponitur, el re vera quaestio esl prudenti disculienda Chrisliano.

Z. 7f. ecce venerunt angeli in eonspectllm dei et diaboills in medio eo­rum ( . . . ): folgt LXX lob 1 , 6 Kui <ix; tY€VETO � ��€gu uÜ1:�, Kai iool! �AßOV Ol iiYYEAOl TO(; ßEO(; J{agucrrijvm tv<iJJnov TO(; K\lQ'OlJ [v.1. ßE-0(;], Kui 6 OLCIßOAO<; �AßEV �ET' um6iv.

Z. I l f. in evangelio alltern dicit ... et iterurn dieit: Wie schon inquit in klassischer Zeit (vgl. Kühner-Stegmann I Sf.) kann spätlateinisch auch dicil unpersönlich gebraucht werden (vgl. ThLl V, I Sp. 967 s.v.)". Christliche Texte lassen, wie Löfstedt bemerkt, bisweilen an eine kontextbezogene Ergänzung (deus, scriplura sacra, propheta, aposfolus o.ä.) denken, doch schwebt dem Verfasser nicht immer ein bestimmtes Subjekt vor.59 ln der

$7 Vgl. W. GEERUNGS, Augustinus. 11. C. Antimanichäischc Schriften: LAeL), 86. SI Mit Hinweis auf Peregr. Aeth. 37, 5 (CCL 175, 8 1 ) episcopo autem ealhedra ponitur anle

Cmce, et de sexta usqfle ad nona aliud nichilfit nisi leguntflr lectiones sie: id est Ua legi­lur primum de psalmis, ubicumqlle de passione dixil ( ... ). Vgl. zum unpersönlichen Ge­brauch von dicil ausführlich E. LOFSTEDT, Vermischte Studien zur lateinischen Sprach. kunde und Syntax. Lund 1936, 130-136.

59 Vgl. ebd., 134f. mit Anm. 2, wo LOFSTEDT für diesen christlichen Gebrauch neben der genannten Stelle aus der Aelheria (so auch 43, 5) u.a. noch Rutin. Adamant. 2, 1 2 anrtlhrt (Corp. Bero!. 4, 83) legam de evange/jo: convoeans autcm lesus duodecim discipulos,

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Senno 1 2 49

von Augustin referierten Quaestio empfiehlt sich das unpersönliche Ver­ständnis besonders im Anschluß an apud lob scriptum est und hic de­monstratur. Dabei wird iterum im Sinne von rursus verwendet, um eine Reihe von gleichbedeutenden Schriftzeugnissen fortzusetzen (vgl. ThLL Vll, 2 Sp. 562 s.v. I C 2 a b). Vgl. Z. 16 ilerum aposlolus ( ... ) teslalur el confirmal ( .. . ).60

Z. 13ff. deinde adiungunt ratiocinationem dicentes : (Si ;gituT hi soli qui sunl puro corde vident deum, quonam modo sordidissimo et immun­dissimo corde diabolus potuit vldere deum ?,,: Die Schlußfolgerung der Manichäer hat die Fonn eines Syllogismus (ratioc;natio), wobei die Conclusio als rhetorische Frage erscheint, die nach der im Kondizionalsatz genannten Praemissa maior zugleich die Praemissa mioor enthält (ent­sprechend bei Auflösung der Periode: hi soli qui sunl puro corde videnl deum. diabolus autem sordidissimo el immundissimo corde esl. ergo diabo­lus deum videre non pOlesI.). Freilich wirkt der Schluß durch die Einschal­tung des amplifiziert fonnulierten abI. modi in die Interrogatio aufdringlich. Rhetorisch gefalliger wäre hier ein Enthymem mit Beschränkung auf die Praemissa maior und die mit dem Beweisziel identische Conclusio (si igitur . . . • quonam modo diabolus potuit videre deum?), doch das dialektische Vennögen der meisten Gegner Augustins, insbesondere der Manichäer und Donatisten, kann sich nicht mit dessen Disputationskunst messen, deren theoretische Grundlegung der Rhetor aus Aristoteles und stoischer Lehre geschöpft hat '!

dedil eil virtutcm super omnia daemonia cl languores curare, CI misit eos praedicare regnum dei et curare [Lc 9, 1-2). et post pauca iteTUm dicit: eurn aulern exissenl. egredie­bantur rer eivitates cl vieos, evangelizantes et eurantes ubique [Lc 9. 6] oder Didase. Apost. :28 (Hauler, 41) ( ... ) sicuti scriptu", est in Esaia: dicente eis, qui in vineulis erant: exite [Is 49, 9]. et iterum: educere de vinculis ligatos [Is 42, 7]. et in David dicit: CI in compedbus conligatos eius non sprevit [Ps 68, 34]. simililer el in evangelio dicil: venile ad me onnes, qui laboratis ( ... ) [Mt 1 1 , 28). Im Griechischen lassen sich ntl. 'Zitierfor­mein' vtrgleichen wie J..t:ytl (Rm 10, 8; 11 Cor 6, 2; Gal 3, 1 6), q>l1o(v (I Cor 6, 1 6; Hbr 8, 5), tlQ",EV (Hbr 4, 3), vgl. Blass-Debrunnec § 130, 3.

60 Im Spltatein hat iterum einen leicht adversativen Sinn (gr. bt) und steht in aufzählender od. eineilender Funktion typischerweise im W«hsel mit autem und vero; die Partikel kann arer auch eigenständigere Kola anknüpfen und ist deutlich in ihrer ursprilnglichen BedeutUlg abgeschwächt, wenn sie wiederholt gesetzt wird (ebenso das gr. :n:ciMv, vgl. Sauer, Vörte,buch Sp. 1227f. s.v. 3.), vgl. E. T1oNER, Sprachlicher KOlnll''lental zur lalei­nischenDidascalia Apostolorum. Stoekholm 1938, 2 1 .

61 Vgl. cmf. 4, 28 (CCL 27, 54), wo Augustin sich schmeichelt, AristOleles' Kategorien­schrift, von der sein Rhetoriklehrer in Karthago und andere Gelehrte mit aufgeblasenem Stolz sJTachen, autodidaktisch gelesen und verstanden zu haben. Daß er die Dialektik (im

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50 Vier Themenpredigten

Z. 16fT. «;terum aposlo/IIS», illqU;"II', {(testatur et conjirmat dictns,

quod "eque prillcipes IIeque potestlltes neque virtutes deli". cog"o� ver,,"L»: Die Paulusstelle läßt sich, mag sie hier direkt62 oder indirekt63 angeführt werden, nicht eindeutig identifizieren. Einen Anklang an Rm 8, 38f. 64 [certus sum enim quia neque mors neque vita neque angeli neque principatus neque praesentia neque futura neque virlus neque attitudo ne­que profundum neque aUa creatura po/eri! nos separare a caritate dei ( . . . ) vgl. s. Dolbeau 13 , I (RB 102 (1992), 288)] zieht Augustin nicht in Be­tracht, wohl aber, Adirnantus habe intümlich oder boshaft I Cor 2, 6-8 falsch zitiert (vgl. Z. 34f.). Das in Z. 26f. gegen die mänichäische Argu­mentation gerichtete Herrenwort aus Mt 18, 10 [(Vg) videte, ne contemna­lis unum ex his pusillis; dico enim vobis quia angeli eorum in caelis semper vident faciem Pa/ris mei, qui in caelis est] verwendet Augustin auch sonst entweder im Zusammenhang mit dem Problem der Gottesschau oder aber, um auf die Gemeinschaft von Engeln und Menschen in der civitas dei hin­zuweisen.6S Hier zeigt es, daß er die principes, potestates und virtutes als Mächte versteht, denen die einfachen Engel untergeordnet sind (ein Argu­mentum a minore ad maius: Wenn sogar (etiam) diese Gottes Antlitz sehen dürfen, dann erst recht jene).66 Eine genauere Differenzierung der himmli­schen Hierarchie, wie sie sich später am einflußreichsten in der Systematik

Sinne dialogischer disputatio) besonders mit den Stoikern verbindet, belegen Stellen wie Cresc. I , 16. 1 7 (CSEL 52, 339. 340), ep. 1 1 8, 15 (CSEl 34, 2, 680); auch in der unvoll­endet gebliebenen Frühschrift {Je dialeclica zeigt sieh Augustin von stoischer Spraehthe­orie beeinOußt, vgl. H.-1. MARROU, Augustin und das Ende der antiken Bildung. Pader­

bom 1 1995 ('"" Saint Augustin CI la fin de la culture antique. Paris ·1 958), 208f. (mit Anm. 24) u. 476f.

61 Dann wäre quod (sofern nicht zum Zitat selbst gehörig) gleich einem (Sn recitativum, vgl. BlaiSt, Handbook § 264. In diesem Sinne findet sich die FOilnel dicens quod bisweilen auch bei Augustin: div. qu. 64, 4 (CCl 44A, 1 4 1 ) hane enim recte intellegimus aquam vivam quod est donum dei, sicu/ ipse ai/: si scires donum dei (10 10, 4]; et sicu/ idem 10-hannes eWlngelisla testatur aUo Joco dicens guod stabat lesus et clamabat si quis Silit, venial et bibat. qui credit in mc, sicut dieit scriptura, numina de ventre eius fluent aquae

vivae [10 7, 37f.] u.ö., vgl. c. Faust. 14, 9 (CSEl 25, 1 , 409), ep. 148, 8 (eSEL 44, 339), 10. ev. Ir. 54, 1 (CeL 36, 458).

61 Seit der Mitte des 2. Jh. tritt nach den verba senliendi und dicendi für den aei immer

häufiger quod c. ind. cd. eoni. ein, vgl. Kühner-Stegmann 11 27.5, Blaise, Handbook § 261.

64 So etwa lAM80T, CCl 41, 165f., Hlu., Selillons 1II/ l , 306, Note 4. 65 Vgl. G. MADEC, Angelus: Al I , Sp. 3 1 1 mit Hinweis auf ep. 147, 13. 14. 22, en. Ps. 43,

16, eiv. 22, 20. Als loc. class. filr die Lehre vom 'Schutzengel' bleibt Mt \8, 10 dagegen bei Augustin unberücksichtigt, so wie dieses Thema in seiner Angelologie auch sonst nicht problematisiert wird, vgl. ebd.

66 Vg!. Hlu., a.a.O., 306, Note 7.

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Sermo 12 51

der '9 Engelchöre' bei Ps. Dionys (vgl. cael. hier. 6, 2, eccl. hier. I , 2 (Corp. Dionys. n, 26f. 64f.) und Gregor Magnus (vgl. in evang. 34, 7 (pL 76, 1249f.), moral. 32, 48 (CCL 143B, 1666» findet", versagt sich Augus­tin aber bescheiden, vgl. ench. 58 (CCL 46, 80f.) quomodo autem se habeat beatissima Wa e/ superna sode/as, quae ibi sinl differentiae praepositura­rum, ut cum omnes tamquam generali nomine angeli nuncupen/ur (. .. ), sint tarnen archangeli; et utrum idem archangeli appellentur virlutes ( ... ), et quid inter se dis/ent quattuor Wa vocabula, quibus universam ipsam cae­lestem socie/atem videtur apas/alus esse complexus dicendo sive sedes, sive dominationes, sive principatus. sive potestates [Col I , 16] dicant qui passu"t, si tarnen prohare quod dicunt; ego me ista ignorare confiteor.68

Z. 40f. nam principem veJ magistratum huius saeculi eum dominus apertissime appellat: bezieht sich auf die im NT so nur von Johannes (12, 3 1 ; 14, 30; 16, 1 1 ) bezeugte Bezeichnung des Teufels als 6 äQXOlV ToD K6o�ou TOtrrOU. 'Fürst dieser Welt' zu sein bedeutet für Augustin aber Herrschaft über das Reich der SUnde (vgl. Z. 46f.), und bereits in seiner im Jahr 403/04 entstandenen antidonatistischen Schrift Contra epistufarn Par­meniani.69 läßt er den Teufel in dieser Funktion als Staatslenker Babyions erscheinen, welches dem himmlischen Jerusalem und seinem Herrscher Christus entgegengesetzt ist. 70 Wenn er hier in s. 12 ftif ö-QXrov statt princeps auch magistratus sagt, will er womöglich den Hörern gegenüber andeuten, daß der Teufel seine Position nicht (wie nach manichäischer Leh­re) aus eigener Macht inne hat, vielmehr (vel konigierend im Sinne von vel potius?) als Beamter fungiert, der der sündhaften Welt wegen seiner eige­nen Verderbtheit vorgesetzt ist7\ dabei aber immer der gleichsam imperia­len Gewalt Gottes untersteht: Vgl. exp. Gal. 32 (CSEL 84, 100) nu/la in­quam crealura esl, quae non velit, nolit, divinae providentiae serviat, sed

61 Vgl. J. MICHEL, Engel IV (christlich): RAC V, Sp. 1 7 1 · 1 74. 6B vgl. MADEC, Angelus, Sp. 304. 306. 69 Zur Datierung von c. ep. Parm. vgL jUngst P .·M. HOMBERT. Nouvelles recherches de

chronologie augustinienne. Paris 2000 (EAug. Serie Antiquilc 1 63). 89·9 1 . 10 V gl. c. ep. Parm. 2, 9 (CSEL 5 1 , 54) aliquando ( . . . ) inlelleganl unum populi principem

dominum noslrum Jesum Christum. cuius minislri sunl boni. et ipsum reclorem civitatis iIIius Hierusalem. quae esl mater nostra aelerna in caelis. ( . . . ) esl et allerild mali populi diabolus princeps el reclor eius civitalis. quae myslice Babylonia dicitur. quoniam prin­cipes et reclores Ilmr!brarum haf"U1n id est pttccalorum ipsum el ange/Qs eius aposcoius Paulus appellat [vgl. Eph 6, 12]. 11 Vgl. s. dom. m. 2, 47 (CCL 35, 138) [bezogen aufM! 6, 24] ( ... ) qui servit mammonae, i/li ufique servit qui rebus iSlis terrenis merito suae perversitatis praeposilus magistratus huius saeculi a domino dicitur.

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52 Vier Themenpredigten

volens Jacil cum ea [sc. providenlia], quod bonum esl. de illa [sc. crealura] vero, quae hoc non vult, fit. quod ius/um es!. nam si eUa", ipsi praevarica­tores angeli curn principe SUD diabolo non recle dicerentur procuratores vet ac/ores divinae providentiae [vgl. Gal 4, 2], non dominus magis/ratum huius mund; diabolum diceret nee uferelur iIIo ad correplionem horninum ipsa potestas opas/alica eadem Paulo alibi dicente: quos tradidi satanae, ut discant non blasphemare [I Tim I, 20], el aUo loco ad salutern. ( . . . ) sed et magistratus sub slatuto imperatore non faci!, nisi quantum iIIi permittitur, el procuratores acloresque huius mundi nihil faeiunt, nisi quantum domi· nus sinit.72

Z. 4Sf. nostra enim, dicit apostolus, conversatio in caelis est: VgL Phi) 3, 20 ij�Ölv rag TO JtoMTEwa tv ougavoic; ""agXEl. Das gr. JtO).[TEWa, das bei Paulus hier wohl soviel wie "bürgerrechtliche Zugehörigkeit" (vgl. LSJ 1434 s.v. rn. ad loe. citizenship) heißt - die Philipper sollen sich im Unterschied zu den Feinden des Kreuzes Christi auf Erden gleichsam als Paröken und Fremdlinge (vgl. I Pt 2, 1 1) vorkommen", - wird in der Vetus Latina vom Texttyp X (Tert.) entsprechend als mUllicipatus wiedergege· ben", während schon K (Cypr.), wie später auch die Vulgata, die Übersel-

72 August;n betont gegenüber den Manichäem immer wieder, der Teufel sei ein von der Wahrheit abgefallener Engel, der ursprünglich keine schlechte Natur besessen habe, vg\. J. VAN OORT, Jerusalem and Babyion. A study inlO Augusline's City of God and thc sources of his doctrine of thc two eities. Leiden 1991 (SVigChr 14), 225, der in diesem Zusammenhang auf civ. 1 1 , 1 3 (CeL 48. 334f.) verweist huie senlentiae [daß der Teufel sich seit seiner Erschaffung gegen die Gerechtigkeit gesträubt habe) quisquis adquiescit, non cum iIlis haereticis sapil, id est Manichads, et si quae aUae pestes Ua sentiunl, quod sllam quandam propriam tamquam ex adverso quodam principio diabolus habeal naturam moli; qui tanto vonitote desipiunt, ut, cum verba ista evongelica in auctoritate nobiscum hobeant, non adtendanl non di:cisse dom;num: a veritale alienlls filiI: sed: in veritate non stetit (10 8, 44], ubi a veritate lopsum intellegi valuit, in qua utique si stetis­seI, eius parl icepsfactus beotus cum sonetjs angelis permaneret.

n Vgl. H. STR.ATI!MANN. lt6M� KTA.. C. 11. 4: ThWNT VI, 535. Das Motiv der peregrinalio huius vUae ist auch rur Augustins Lehre von den zwei civilales von großer Bedeutung (vgl. die bei VAN OORT, a.a.O., 1 3 1 -142, zusammengestellten Belege). Als Prediger, der seinen Hörer den Widerstreit beider Staaten vermitteln und sie als "lebendige Steine" in die civitas dei eingebaut sehen will, handelt er darüber häufig in den Enarrafiones in Psalmos, vgl. M. FIEDROWICZ, KOnnte ich dich je vergessen Jerusalem. Der Gottesstaat im Spiegel der Psalmendeutung Augustins. WOrzburg 1997 (Augustinus-heute 8), 30r. und bes. 63-70.

7-4 Ygl. z. B. Ten. adv. Mare. 3. 24, 3 (CCL 1 , 542) ( . . . ) et politeuma lIos/rum. id esl muniei­patu"" in caelis esse prolluntians [sc. apostolus] aUeui ulique caelesti eivitati eum depu­tat, coron. 13, 4 (CCL 2, 1061) sed lu peregrinus mund; huills et civis civUatis Hierusa-

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Senno 12 53

zuog conversatio bietet1S, welche das Pauluswort zu einer Aussage über den wahrhaft christlichen "lebenswandel"" werden läßt. Demgemäß kann Augustin etwa in seiner pastoraltheologischen Schrift De agone Christiano (verfaßt 396), die das Christenleben als Kampf mit Teufel und Sünde dar­stellt, gegenüber den Manichäem Eph 6, 12 mit einer allegorischen Ausle­gung von Phil 3, 20 erklären: (agon. 5 (CSEL 4 1 , 107f.)) quamvis iIle 10-eus, ubi ai!: spiritalia nequitiae in caelestibus, pOSSil el aUter intellegi, ut non ipsos praevaricatores angelos in caelestibus esse duert!, sed nos pot;· US, de quibus alio Ioco dicit: conversatio nostra in caelis est. ut nos in cae­lestibus constiluti, id est in spiritalibus praeceptis dei ambulantes dimice­mus adversus spiritalia nequitiae, quae nos inde canan!ur ahslrahere.

Z, 47f. quam regu/am intellegentiae ( •.. ) : meint die den Hörern zuvor rhetorisch und theologisch erklärte metonymische Auslegung von princeps saecilli als princeps peccati, In der übertragenen Bedeutung "Maßstab, Richtschnur, Regel" ist regula Augustin schon durch den Unterricht in den disciplinae sowie seine spätere eigene Lehrtätigkeit vertraut. Dementspre­chend verwendet er den Begriff relativ häufig in Schriften mit sprachtheo­retischer Thematik, insbesondere in De grammatica und De doctrina chris­tiana,17 Seine spezielle Anwendung von regula im Zusammenhang mit christlicher Exegese ist wohl von Tyconius' Liber Regularum beeinflußt78, dessen Henneneutik er in doctr. ehr. 3, 42-56 behandelt. In Verbindung mit intellege,llia im Sinne von "fayon de comprendre (un passage de I'&riture)" (Blaise, Dictionnaire 461 s.v. 2.) gebraucht Augustin regl/la außer in s. 12 noch an zwei weiteren Stellen, wo gleichfalls die sprachliche Erklärung nicht ohne eine theologisch begründete Deutungsregel aus­kommt: in ep. 147, 1 3f. (CSEl 44, 286) quo modo verum esl angeli eorum semper vident faciem patris mei [Mt 18, 10]. si deum nemo vidit umquam [10 I , 18; I 104, 12]? qua igitur regula intellegenliae ista veluti conlraria et repugnanlia non esse contraria 1Iec repugnare probabimus?79 und in en,

lem, - noster, inquil, minicipatus in caelis - hohes luOS census, luOS !aslos, nihi[ tjbi cum gaudiis saeculi, immo conlrorium debes.

" Vgl. Epistulae ad Philippcnses et ad Colossenses, hrsg. v. H. J. FREDE. Freiburg 1 966· 1971 (Vetus Latina 24, 2), 221 -224.

7to Vgl. ThLL IV Sp. 852 s.v. cOnversalio 2. n Vgl. C. P. MAYER, Herkunft und Nonnativität des Tenninus Regula bei Augustin: Aug(L)

40 (1990), 1 30f. u. 153f. 71 Vgl. POLLMANN, De Doctrina Christiana, 37. 79 Als regula intellegentiae wird Paulina später zunächst eine Erklärung der Grammatik von

deum nemo vidit umquam präsentien: ita dictum est. oc si diceretur: nemo hominum (ep. 147, 14 (CSEL 44, 287)}. Die sich anschließende Frage, wie dann nach dem Zeugnis der

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54 Vier Themenpredigten

Ps. 36, I, I (CCL 38, 337) dabis enim profeelo domino deo noslro, deo summa, deo vero magnam ignoranliam, quod utique sacrilegum esse jnte/� leges, si sie acceperis: tentat VQS dominus ut sciat [Dt 13 , 3], tamquam ipse de nostra tentatione concipiat seien/farn, in qua erat ante ignoranlia. sed quid es!: tentat vos, ut sciat? lento/ vas, ul seire vas [aciat. accipite ergo a contrario regulam in/ellegen/fae (Laßt nun die Auslegungsregel ftir das Gegenteil gelten!); et quemadmodum cum deum auditis dicere: cognovi [Gn 22, 12], inlellegi/is: eognoseere vos feei; sie el eum auditis de filio hominis, id esl de Chrislo dici quod illum diem nescial [vgl. Mc 13, 32]. intellegite dici quod nescire laciat. quid es! autem, nescire [aciat? oecuttet, ut nesciatur quod nobis prad; non pradesl.

Z. 49f. ( . . . ) de quibus iJli laqueos inescant erroris sui: Das von Lambot nach der Tradition der Handschriften a (Paris B.N. n. a. 1 . 1672 (s. X»" und b (Mont-Cassin XVI (s. XI) aufgenommene inescanl stellt eindeutig die lecrio difficilior gegenüber den Lesarten dar, die die Handschriften der Sammlung Alleluia zu bieten haben: neelunl A' (paris B.N. lat. 13376 (s. IX» , von den Maurinern übernommen; initiunt A 2 (Darmstadt LandesbibI. 1489 (s. IX», mit Buchstabenverwechslung statt iniciunl, welches A'" (Londres B.M. add. 1772 (s. XII), Charleville B. munic. 202, t. IX (s. XII)) überliefern.11 [m übertragenen Sinne wird inescare "anködern" seit Ter. Ad. 220 verwendet (numquam rem fades: abi, nescis inescare homines. Sannio), ein Bild, welches die antiken Kommentare zur Stelle dem Sachbe­reich des Angelns" oder des Vogel fangs" zuweisen (vgl. ThLL vn, I Sp. 1 3 1 7 s.v. inesco 1 b). Die Junktur laqueos inescare "die Schlingen bekö­dem" läßt sich, soweit ich sehe, vor Augustin nicht belegen. Doch kann er

Schrift Abraham, lsaak, Jakob und andere Gerechte des AT Gott sehen konnten, beant­wortet Auguslin aber (mit Hilfe von Ambr. in Lue. I , 24-27) ofTenbarungsthcologisch: discretum es' quippe, qua moJo dictum sil: deurn nemo vidit umqu3rn et quo modo dellt" iusti antiqui viderint, si iIIud propterea dictum est, quoniam deus natura est invisibilis, illi autem ideo viderunt, quicumque deum viderunt, quia, cui voluerit, sicut voluerit, apparet ea specie, quam voluntas elegerit, etiam latente natura (ep. 147, 19 (CSEL 44, 292».

10 Sigla nach lAMBOT, CCL 41 , 164. I' laqueum nectere hat schon Hor. episl. I , 19, 3 1 ; von den Kirchenschriftstellern gebraucht die Junktur im übertragenen Sinne zuerst Ambr. in psalm. 1 1 8 senn. 12, 3 1 , 22 (CSEl 62, 269); laqueos ;nicere ist den Christen besonders durch I Cor 7, 35 hoc autem ad wilj. totem vestram dico, non ut laqueum vobis iniciam (vgl. b. vid. 7 (CSEL 41 , 3 1 0), s. 86, 14 (Pl 38, 529». im Ohr. Augustin sagt dementsprechend in s. 361 , 6 (PL 39, 1602) neo mo ergo quaeral de medicina vulnus, et de scripturis conetur torquere vinculum, unde la­queum mortis [vgl. Ps 17, 6; Prv 21 , 6) jniiciat animae suae.

n Vgl. Schol. Ter. 152, I 3f. II Vgl. Don. Ter. Ad. 220, 4.

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die schon im AT geläufige Jagdmetapher toqueus (LXX ltUrt<;) - dort meist von den "Schlingen der Gottlosen" gesagt84 - bereits bei Arnbrosius so ge­braucht finden, daß mit Hilfe von esca und inescare die Falle auch in ihrer tückischen Konstruktion ausgemalt wird. V gl. Ambr. in psalm. 1 1 8 senn. 14, 37, I (CSEL 62, 323) quid tibi, homo, eum deliciis oe votuptotibus? non capit laqueus. nisi ante esca Je ceperit; dum praedam petis, laqueo ipse te nee/is. esca taquei avaritia eSf, esca diaboli luxuries es!, quibus nos vul/ inescare, non pascere.83 Augustin selbst verwendet inescare sonst nur noch in en. Ps. 124, 10 (CCL 40, 1843), wo er mit Rücksicht auf Ps 124, 5" vor Abkehr von Gott und Verstrickung in die sündige Welt warnt: sicut autem declinat [sc. iustus] a maiD. et facil bonum reClus corde, quia non zelat in peccatoribus, pacem peccatorum intuens [vgl. Ps 72, 3]. sie pravi cordis. qui scandalizatur in viis domini, declinat a deo, el Jacit malum, et inescalur dulcedine saeculi, et ea illaqueatus et captus amaras poenas luit. declinanti autem a deo, cuius disciplinam Jerre noluit, fit illi per iudicium dei verus laqueus falsa malorum felicitas.

Z. 62fT. ( . . . ) ut hominum carnalium refellatur improbitas, ut si fieri pOlest hoc modo repulsi ad discendi mansuetudinem pia corda conver­lanl: V gl. conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1 ), wo die Manichäer als "hochmütig al­bernes Zeug faselnd, allzusehr dem Fleisch verhaftet und geschwätzig" charakterisiert werden (homines superbe delirantes, cafnales nimis et 10-quaces). Vor dem Hintergrund der besonders durch Paulus vennittelten Trennung von ociQ� und :rrvf:ü�a bekommt carnalis in der lateinischen Christensprache eine pejorative Bedeutung87, in der es all das bezeichnen kann, was dem spirituellen Leben des Menschen und seiner damit verbun­denen himmlischen Ausrichtung abträglich ist. Die Manichäer erhalten das Attribut carnalis nicht zuletzt deshalb, weil ihre Lehren der äußeren, kör­perlichen Welt verhaftet bleiben und es nicht erlauben, mit Gott die Vor-

54 So etwa ler 5, 26 (Vg) quia illvenfi sunf in populo meo impii illsidiantes quasi aucupes laqueos ponel/fes et pedicas ad capiendos viros; 18, 22 quiaJoderuntJoveam ul caperenl me el laqueos absconderunt pediblls meis u.ö., bes. in den Ps, Prv und Sir, vgl. J. SCHNEIDER, :n:ayi�, xO:YlbtUw: ThWNT V, 594.

U In der christlichen LiteralUr bietet zuerst Ambrosius einen Beleg ftir inescare, freilich nur an dieser Stelle der Exposilio de Psalmo CXVIII (wohl aus dem Jahr 398/90, '1gl. C. MARKSCHIES, Ambrosius von Mailand: LACL1, 23). Das Bild wird aber auch deutlich, wenn zu laqueus nur esca tritt, wie bei Ambrosius bereits etwa in lsaac 4, 34; 7, 6 1 (CSEL 32, I , 663. 686), bon. mort. 6, 24 (CSEL 32, I , 725 ), Hel. 1 , 1; 8, 23 (CSEL32, 2,41 2.424) u.Ö.

16 Declinantes aulem in strangulalionem abducet dominus cum operanlibus iniuslitiam, ebd . ., Vgl. MORHMANN, Sondersprache, 88-90.

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stellung einer rein geistigen Substanz zu verbinden, die Augustin erst unter dem Einfluß des Platonismus entwickeln kann.BB

Der Begriff mansueludo, der hier der improbitas hominum carna/ium ent­gegensteht, zählt schon in Gal 5, 23 und 6, I zu den pneumatischen Gaben und wird von (ac I , 20 und 3, 17 als Haltung frommer Gelehrigkeit bzw. Weisheit ausgewiesen, die Zorn und bitterem Eifer wehrt.89 In De Genesi adversus Manichaeos, seinem 389/90 in Thagaste entstandenen ersten an­timanichäischen Kommentar zu Gn 1-3, von dem Augustin später sagt, er habe damit die Albernheiten der Manichäer widerlegen, sie aber auch dazu bewegen wollen, in den verhaßten Schriften des AT den christlichen Glau­ben des Evangeliums zu suchen90, ist mansuescere mit der Vorstellung einer Kultivi�rung des Menschen zum homo spiritualis verbunden. Denn nach Augustins allegorischer Deutung des sechsten Schöpfungstages als gegenwärtige aetas des Evangeliums. in welcher das Greisenalter des vetus homo zu Tage tritt und der nach dem Geiste lebende homo novus geboren wird, herrscht, wie der erste Mensch über die Tiere, Christus über diejeni­gen, die den Weg zu seiner Kirche finden, ut ab eo domarentur atque man­suescerelll homines, vel carnali concup;scenl;ae dedili s;cut pecora, vel tellebrosa curiositale obscurati quasi serpentes, vel elati superbia quasi aves (Gn. adv. Man. 1 , 40 (PL 34, 192)).

Z. 79 quid esl enim locutio nisi signijicatio voluntatis: V gl. mag. 2 (CCL 29, 158) qui ellim foquitur, suae voluntatis sigllum foras dat per arti­cufalum sonum. Die dort rur die artikulierte Rede festgestellte Intentionali­tät eignet, wie Augustin später in der Semiotik von De doclrina ChristiG11G ausführt, allen Zeichen, die nicht als signa naturalia, sondern als signa data

U Als Manichäer mußte Augustin noch glauben, GOII sei ein unermeßlicher, leuchtender Körper und er selbst ein Stückchen von jenem, so wie er sich Oberhaupt nicht vorzustel­len vermochtc, daß etwas Unkörperliches existiert. (vgl. conf. 4, 3 1 ; 5, 1 9 (eSEL 27, 55. 68». Auch konnte Gott schwerlich als Jux inccmmutabilis vor das Auge seiner Seele tre­ten noch als Grund allen Seins erschcinen (vgl. conf. 7, 16 u. 1 7 (ebd. 103f.», solange die manichäische Lehre gall, er sei dem Angriff einer mit ihm rivalisierenden Macht ausge­setzt. Vg!. S. MACOONALD, The divinc nature, in: E. STUMP I N. KRETZMANN (Eds.): The Cambridge Companion 10 Augustine. Cambridge 200 1 , 73 u. 75.

19 Vgl. F. HAUCK I S. ScHULZ, xpatx;, JtpaUTT)C; C. Neues Testament: ThWNT VI, 650. 9() Vgl. Gn. litt. 8, 2 (CSEl28, I , 232) nam ef ego contra Manichaeos, qui has litteras vele·

ris lestamenli non aliter quam oporlel accipiendo erranl, sed omnino non accipiendo el defesfando bJasphemant, duos conscripsi libros recenti tempore conversionis meae, cilo volens eorum vel confulare deliramenta vel erigere inlentionem ad quaerendam in litte· ris, quas odenmI, chrislianam el evangelicam fldem. Einen Hinweis auf dieses Zeugnis gibt MAYER, Die antimanichlischen Schriften Augustins, 286f.

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Senno 12 57

zu gelten haben", folglich auch der göttlichen Sprache, wenn sie anstelle von Worten lediglich sichtbare Zeichen wie den Stern des Messias verwen­det. Denn in ihrer gewollten Mitteilungsfunktion sind solche Zeichen ftir Augustin quasi quaedam verba visibilia (vgl. doctr. ehr. 2, 5 (CCL 32, 34» .

Z. 90f. aut in ipsa mente, cum quisque maiestatem vel voluntatem inlel­legit, sieul ipse Petrus ( ... ): [m Spätlatein werden die Indefinitpronomina völlig regellos verwendet. so daß quisque seit Amrnian auch ruf aliquis bzw. quis eintreten kann, vgl. KUhner-Stegmann I 650. Anm. 13, Blaise, Dictionnaire 693 s.v. quisque 2. Zu Augustins allegorischer Deutung und erkenntnistheoretischer Erklärung der Petrusvision in Joppe (Act 10, 9-20) s.u. den Kommentar zu s. 266, 6.

Z. 94ff. loquitur etiam deus in bonDrum ma/orumque conscientia. nam et approbare quod bene laeil et improbare quod peccat nemo recte potest nisi ab eadem illa in silentio cordis vel laudante vel damnante voee verita­I;S: Der hier abgedruckte Text nimmt mit ab und damnanIe zwei Emendati­onen Morels auf, die die Mauriner z. SI. anfUhren (vgl. PL 38, 1 02, Anm. (a)). Dagegen bieten die Handschtiften der Alleluiasammlung (A) überein­stimmend: ( . . . ) nisi ad eadem ilIa in silentio eordis lIel laudante lIel c/aman­te lIoee lIerilatis. Einen Hinweis auf ursprüngliches damnanIe gibt schon die von A unabhängige, beneventanische Tradition (a b)92: ( . . . ) flisi eadem Wa in silenlio cordis lIel laudmlda lIel damflanda lIoee earitatis, in der vermutlich die Präposition vor eadem infolge der Verschreibung der part. praes. in die syntaktisch hier schwerlich möglichen Gerundiva91 ausgefallen ist. Doch das neben laudante ungewöhnliche clamanle ist auch im Kontext der Aussage Augustins über das innerliche Sprechen Gottes zum Menschen

91 Vgl. doclr. chr. 2, 2f. (CCL 32, 32f.) sigl10rum igitur aUa $Ullr l1aturalia, aUa dara. natu­raUa SUfll, quae sine va/unrate atque ulla appetitu signijieandi praeter se aUquid aUud ex se eagllosei faeiul1l, sieuri esl {umus signijieans ignem. ( . . . ) data W!ra signa sunl, quae sibi quaeque vivenlia invieem dant ad demanslrandos, quantum possunt. malus animi sui ve/ sensa auf intelleeta - eine Differenzierung, welche die seil der Sophistik aufgekom­mene Frage berücksichtigt, ob Sprache sich von Natur aus (cpOOCI) oder durch Konventi­on (ßtOCI bzw. vOlJ.tV) entwickelt haI. Siehe dazu sowie zum voluntativcn Charakter der signa dara bei Augustin POLLMANN. Oe Doctrina Christiana, 179 u. B. MOJSISCH, Augus­tin, in: T. BORSGiE (Hg.), Klassiker der Sprachphilosophie: von Plalon bis Noam Chomsky. München 1996, 67f.

92 So aUch vorsichtig LAMBOT (CeL 4 1 , 168) z. SI.: clamante] ira A maur.Jarle pro 'dam­nante' (cf a b damnanda).

93 Ein Subjektwechsel zu eadem und vor allem die prädikativ gebrauchten Gerundiva im Sinne des einfachen Präsens Passiv nebst Ellipse von sunl und abi. auctoris bilden ein Konstrukt. das Augustin nicht zuzumuten ist.

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zu beanstanden. Denn obgleich ein 'schlechtes Gewissen' an sich gut als eonscientia clamans vorstellbar ist", wirkt das hier auf die Bedeutung von improbare festgelegte cJamare unpassend, nachdem Augustin zuvor dieje­nige Rede Gottes, die das Erkennen (agnoseere) im Verstand ermöglicht, mit clamor veritatis in positiver oder zumindest neutraler Weise bezeichnet hat.9S Da offenbar c/amore veri/atis dem späteren voce veritalis entspricht, kann zu letzterem kaum wieder clamante im genannten Sinne treten. Der Fehler läßt sich durch Perseveration im Anschluß an clamore erkJären. Liest man außerdem ab statt ad (eine Verwechslung von B und D ist leicht möglich), braucht die präpositionale Wendung nicht in ungelenker Weise mit den Partizipien verbunden zu werden96, vielmehr entsteht durch ab eadem Wa . . . voce veritatis97 ein überschaubares Hyperbaton, in welchem das von Wa verstärkte Determinativpronomen die Identität der Wahrheit betont, die vielfältig im Menschen spricht, aber immer mit Gott gleichzu­setzen ist (vgl. Z. 97 veritas autem deus est).

� Eine Zusammestellung der vielfachen Wendungen, mit denen Augustin das Schuldbe· wußtsein der conscientia molo ausdrücken kann, gibt C. MAYER, conscientia: AL I , Sp. I 225f. mit Anm. 61 unter besonderer Verwendung von J. STElZENBERGER, Conscientia bei Auguslinus. Studie zur Geschichte der Moraltheologie. Paderbom 1959, 134· 1 6 1 . Bei den von STELZENBERGER, 142·146, in diesem Zusammenhang aufgeführten Verben bleibt clamare ebenso wie damnare unberücksichtigt. Im Rahmen der Behandlung der eOlls· eientio bona wird von ihm später ( 1 56) die oben besprochene Stelle aus s. 12, 4 nach PL 38, 102 ohne textkritische Anmerkung paraphrasiert: "Gute Tat zu loben und Sünde zu mißbilligen vennag nur die Stinune der Wahrheit, die im Schweigen des Herzens lobt oder ruft."

93 Vgl. Z. 92fT. 110" enim hoc [sc. quid se vellet agere dominus] quisquam polest "isi apud

se intus SOllante quodom toeito cfomore veritatis ognoscere. Die semantische Korrelation von approbore Iloudore - improbare I damnare verwendet Augustin auch in den Con/es·

siones, wenn er gegen Ende seiner Unterscheidung von 'Verbrechen' und 'Schandtaten' (focinoro undjlagitia) (vgl. conf. 3, 15-17) die Wertmaßstäbe Gottes von denen der Men· schen absetzt: conf. 3, 17 (CCL 27, 36f.) mulla ilaque/octa, quae hominibus improbanda

viderentur, lestimonia tue apprabata sunt et mulla laudalO ab hominibus le teste damna,,·

tur, cum saepe se aUter habet species /aeli el oUter /oeientis animus atque articu/us oc­cu/li temporis (und der von dir im Verborgenen festgesetzte Zeitpunkt), vgl. ferner en. Ps. 70, I. 17 (CCL 39, 954) oudiant negotiotores, et mutent vitom; et sifuerunt, non sint: non

cognoscont quod /uerunt, obliviseontur: postremo, non opprobem, non loudent: impro·

bellt, damnent, muten/ur, si peeeo/um est negotiotio.

96 Hlu., Sermons HUI, 300. übersetzt ad final-konsekutiv: "For none ean rightly approve their good actions or disapprove their sins without that voiee of truth either praising or condamning to thc same effect in the silence ofthe heart."

91 Zu ursächlichem ab statt des gew. abI. (bei Dichtem, Livius und in späterer Prosa) vgl. Kühner-Stegmann I 49Sf.

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z. 1 OSff. quapropter, di!ect;ss;mi fratres, fideles dei et catholicae matris germanissimi filii, nemo vos decipiat venenatis cibis, eliam si adhuc eSlis lacte nutr;endi: V gl. I Cor 3, 1-2 ego, fratres, non potu; loqui vobis quasi spiritalibus sed quasi carnalibus. quasi parvulis in Christo lac vobis potum dedi, non escam; nandum enim po/eraNs, sed nec adhuc potestis (vg1. trin. 1, 3 (CCL 50, 30)) und Hbr 5, 12-14 cum iam deberelis tempore ipso esse doc/ores, i/erum doctrina indigelis. quae sint elementa sermonum dei, et facti estis opus haben/es lacte, non solido cibo. omnis enim qui lactatur, inexpertus est verbum iustitiae; infans es! enim. perfee/arum es! au/ern solidus cibus, eorum qui per habitum exercitatos habent sensus, ad sepa­randum bonum a malo (vgL [0. ev. Ir. 98, 4 (CCL 36, 578» . Augustins Anwendung der Metapher zeigt, daß er ebenfalls mit der Unreife seiner Hörer rechnet: Gleich Kindern, die noch gestillt werden müssen, sind sie auf die Glaubensmilch ihrer Mutter Kirche angewiesen, sollen aber schon das Gift in der Speise schmecken, die ihnen die Manichäer vorsetzen. Wäh­rend diese nämlich den Christen weismachen wollen, es sei nun an der Zeit, statt des Glaubens Erkenntnis und Wissen zu kosten98, bleibt, wie das Zitat aus [] Cor 5, 6f. bedeuten will, der vollkommene Genuß der species verita­fis erst dem Leben nach dem Tode vorbehalten, wird aber durch den Glau­ben an Christus schon auf den Weg gebracht.99

9!1 v gl. cn. Ps. 10, 6 (CCL 38, 79) omnes enim [sc. haereliei] quanlum in ipsis eSl. deslruxe­nmr laudem [vgl. Ps 10, 4], quam ex ore infantil/rn et laetentium perfeeit deus. dllnl quaestionibus vanis et serupulosis exagitanl parvulos, er eos nurririfidei laele non sinunt. Siehe zum Bildwort von der 'Glaubensmilch' auch c. ep. Man. 23 (CSEl 25, 1 , 220), c. Fm!. 12, 26. 42 (CSEL 25, I , ]]5. 370), c. 'p. Pa"". 2, 19 (CSEL 5 1 , 65), 'p. 93, 21 (CSEL 34, 2, 467), 10. ". t,. 98, 4-7 (CCL 36, 578-581), cn. Ps. 38, 3 (CCL 38, 405); 54, 24; 67, 22 (CCL 39, 674. 885); 1 1 7, 12; 1 19, 2 (CCL 40, 1 664. 1 778).

99 Vgl. Z. I \Of. ad speciem aulem visionis palris fides chrisliana perducil mit dem folgen­den Hinweis auf 10 14, 6 u. die Aussagen, die Auguslin im Zusammenhang mit I Cor 3, 1-2 am Anfang von De Irinitate (a.a.C., s.o.) macht: proinde substanriam dei sine ulla sui commutalione mUlabiliafacienlem, et sine ullo suo ren/porali molu lernporalia creanlern, inlueri el pfene nosse diffici/e esl. et ideo esl necessaria purgalio mentis nosrrae qua ilIud ineffabile ineffabiliter videri possit; qua nondum praediti fide nUlrimur. el per quaedam

tolerabiliora ut ad iIlud capiendum apti el habiles effieiamur i(inera ducimur. Verstanden als inlellektuel1es Erfassen der Wahrheit, diente die visio dei Augustin in den Frühschrif­tcn noch zur Sicherung der beatiludo seines kontemplativen Lebensideals. Für den Pries­ter und Bischof werden später statt der theoretischen Orientierung Glaube und Gnade ent. scheidende Voraussetzungen fur eine Gottesschau, von der nun gilt, daß sie im irdischen Leben nicht vollkommen zu erreichen ist (vgl. K. FLASCH, Augustin. Einfllhrung in sein Denken. Stuttgart 2 1994, 129f., H. K. KotlLENBERGER, Anschauung Gottes: HWPh I, Sp. 347). Augustin verdankt seinen eschatologischen Vorbehalt in dieser Frage wohl beson­ders einer vertieften und weniger vom platonischen Aufstiegsgedanken als der Spannung zwischen Geist und Fleisch bestimmten Paulusrezeption (vgl. P. BROWN, Augustine of

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60 Vier Themenpredigten

Z. 1 1 7f. et c1arifieavi et clarIneabo, cum dominus dixisset: pater, c1a­

rille. filium tuum: Statt "Vater, verherrliche deinen Namen", das in 10 1 2, 28 alle friihen und auch die meisten späteren Zeugen bieten 'OO, lesen die Codices Regius (L 019 [saec. VIII]) und Monacensis (X 033 [saec. X]), einige Minuskelhandschriften, sowie das Lektionar 253 (saec. XI) und Tei­le der griechischen Väterüberlieferung "Vater, verherrliche deinen Sohn" ["unQ, 06�ao6v oou TOV u6v (der Codex Vaticanus (B 03 [saee. IV]) �ou TO övo�a)]. Daß dieser Text, für den aus der lateinischen Tradition außer einzelnen Vulgatahandschriften nur noch Leo Magnus und Augustin zeugen101, eine sekundäre Angleichung an den Beginn des sog. 'hohe­priesterlichen Gebetes' Jesu in 10 17. 1 darstellt,02, zeigt deutlich der Zusatz in / 387 '(va Kai " uloe; OOU 60�6.on OE.;" Der Codex Bezae Cantabrigien­sis (D" 05 [saec. V]) erweitert dagegen 10 12, 28 durch einen Einschub aus 17, 5: "Vater, verherrliche deinen Namen, mit der Herrlichkeit, die ich bei dir besaß vor der Entstehung der Welt."'" Eine derartige Glosse erklärt sich vor dem Hintergrund johanneischer Theologie, "bei der das Verherrli­chen des Vaters durch den Sohn und das Verherrlichen des Sohnes durch den Vater ein innerer, unauflöslicher Zusammenhang sind."'os

Hippo. A biography. London 1967, 1 5 I r.). Hans EGER sieht den Wandel in Augustins Auffassung spätestens im Rahmen seiner Auslegung des Galaterbriefes (394/5) eindeutig bezeugt: vgl. z.B. C)(p. Gal. 28 (eSEL 84, 93) in qua fide nOll es/ dis/anNo ludaei neque Graeci. IIon servi IIeque Iiberi. non moseuli el/eminae. in quanlum enim omnes fideles sunl. omnes unum sunl in Chrislo lesu [vgl. Gal 3, 28]. et si hoc/aeil fides, per quam in hac vita jusle ambulatllr, quanto perfectius alqlle eumulalius id species ipsa Jaelura est, cllm videbimusJacie ad/aciem? oder exp. Gal. 36 (eSEL 84, 104) manifestum est enim, quamdiu per fidem ambulamus. non per speciem, nondum nos cognovisse deum sed ea fide purgari. ul oportuno (empore cognoseere valeamus. Vgl. H. EGER, Die Eschatologie Auguslins. Greifswald 1933 (Greifswalder Theologische Forschungen I), 1 3 f.

100 Als lai. Zeugen nennt das GNT' Z. SI.: mehrere Codices der Vetus Latina (a, aUf, b, C, C,

f, W, I, rl), die Vulgata (pater, clarifica nomen tuum (die Winembcrgensis: nomen meum, vgl. z. S1. NESTLE·ALAND, Novum Testamentum Latinel], sowie Tertullian, Am­brosius, Hieronymus, Augustin ( 1 Beleg, s. weiler oben im Text) und Ps. Vigil.

101 Vgl. NESTLE-ALAN027 und GNT' z. SI. 102 In der Übersetzung der Vulgata: haec locutus est lesus; el sublevatis oculis in eaelum

dixil: «paler, venil hora: clarifica filium tuum, ur filius /IIUS clarifieet le (, . . ).» 10) Vgl. B. M. METZGER, A Textual Corrunentary on the Grcek Ncw Testament. A Com­

panion Volume 10 Ihe United Bible Socielies' Greek New Testament (Fourth Revised Edition). Stuttgart 2 1994, 202.

104 XQ'tEQ, b�a06\! oou 'Co övoJ.1a tv 'CTl b�n Ti dxo\! 1r:aQQ. aoi ltQo 'CoO 'Cov lC60fJo\' YE\!eof)ru,

10' R. SCHNACKENBURG, Das Johannesevangelium. 11. Teil. Kommentar zu Kap. 5-12. Freiburg 4 1985 (HThK IV, 2), 486 mit Hinweis auf 10 1 3 , 3 1 f. ön; ow t!;f'JAih:v, AtYCl

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Senno 1 2 61

Unter dem Einfluß des 'westlichen Textes', vielleicht aber auch nur auf­grund eigener Assoziation, bezieht Augustin in c. Adim. 9 (CSEL 25, I , 133) ebenso das c1arificavi aus 10 1 2, 28 auf die präexistente Doxa des Sohnes: nam cum ipse dominus dixissel: pater, clarifica me ea claritate, qua fui apud te, priusquam mundus fieret, sonuit vax de caelo: el clarificavi et clarificabo.106 Die Lesart pater, c1arifica filium tuum bezeugt Augustin expressis verbis noch in trin. 2, 1 8 (CCL 50, 105); später, in 10. ev. Ir. 52, 3 (CeL 36, 446f.) '01, liest er zwar den Text der Vulgata'08, identifiziert aber

·1�ooÜC;· vUv tb�cio1h] 0 ul><; TO� av1lQ6Dtou Kai 0 fiEl><; tb�cioil� tv airr4\· Ei 0 6EOI; tb�6.aOTi tv almt>. Kai 6 ih:6I; b�ciou ainov tv QilT(�. Kai (.ußUt; b�aO(l Qin6\'. VgL auch die Glosse zu 10 12, 28 bei Tert. adv. Prax. 23, 2 (CCL 2, 1 1 9 1 f. ) sed et in conturbatione Qnimae: el quid dicam? pater, inquit, salvum me fac dc 1$18 hora. al· quin propter hoc veni in iSlam horam. vtrum, pater, glorifica nomen luum, in qUD era' fi· lius: ego, inquit, "eni in patris namine [10 5, 43].

106 Argumenr31ionstechnisch dient ihm die Schriftstelle wie in s. 1 2 als Beleg rur die Mög­lichkeit, daß die Ungläubigen und Sünder zumindest Gottes Stimme hören können und daß der Sohn sich, mag er und durch ihn der Vater unmittelbar auch nur rur die mundi­cordes sichtbar sein, wem immer er will, offenbaren kann. Folglich läßt sich kein Wi­derspruch konstruieren zwischen Gn 3 (loculus esl deus cum Adam el Eva el cum ser­

penle el cum Cain el celeris anliquis) und 10 I , 1 8 deum nemo vidit umquam nisi unicus filius, qui esl in sinu palris; iIIe adnunliavit nobis de eo bzw. 5, 37f. nec vocem illius 014-dislis nec/ociem eius vidislis nec verbum eius habelis in vobis manens, quia ei, quem il­le misit, non credidistis. Vgl. c. Adim. 9 (a.a.O., 1 3 1 - 134).

107 Die Datierung der 124 Traktate zum Johannesevangelium ist ein vieldiskutiertes Prob­lem. Mittlerweile scheint sich die Auffassung durchgesetzt zu haben, daß mit vier Ent­stehungsphasen zu rechenen ist: tr. 1 - 1 6 (zu 10 1-4) im Winter 406n, tr. 17-19 und 23-S4 (zu 10 5-12) im Sommer und Herbst 414, tT. 20-22 (zu 10 5, 19-30 wie Ir. 19 u. 23), die Augustins Kenntnis des Sermo Arianorum voraussetzen, erst 419 und die wahr­scheinlich nur diktierten tr. 5S-124 (zu 10 13-21) Ende 419 und später. Vgl. M.-F. BER­RQUARD, L 'exegese de saint Augustin predicateur du quatrieme Evangile. Le sens de I'unite des Ecritures: FZPhTh 34 (1987), 3 1 1-314, D. WVRWA, Augustins geistliche Au­slegung des Johannesevangeliums, in: 1. VAN OORT I U. WICKERT (Hgg.), Christliche Exegese zwischen Nicaea und Chalcedon. Kampen 1992, 1 86f. mit Anm. S. IOC Audi ergo quid inde subiungat, cum dixissel: nunc anima mea turbata est. et quid dicam? inquit pater, salvifica me ex hac hora. sed propterea veni in hanc horam (10 12, 27]. pa­ter, c1arifica nomen tuum. Daß Augustin in den 10. ev. tr. einen von ihm selbst bisweilen korrigierten Vulgatatext verwendet habe, nimmt WtLLEMS in der Pracfatio seiner Aus­gabe an (vgl. CeL 36, XI, Anm. 5) und beruft sich dabei auf D. OE BRUYNE, der davon ausgeht, dem Bischof sei die von ihm geschätzte EvangclienUbersetzung des Hierony­mus ab 403 bekannt gewesen (vgl. Saint Auguslin reviseur de la Bible, in: Miscellanea Agostiniana 11. Rom 193 1 , 594f. mit Hinweis auf ep. 7 1 , 6 proinde non parvas deo gra­tias agimus de opere Iuo, quod evangelium ex Graeco interpretalus es, quia el paene in omnibus nulla offensio est, cum scripturam Graecom conlulerimus; Augustins De con­sensu evangelistarum, wo nachweislich schon der Hieronymustext benutzt wird, datiert er erst auf das Jahr 405, vgl. ebd.) Freilich hat man angesichts der nunmehr fortgcschrit-

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weiterhin den "Namen des Vaters" mit dem "Sohn": quid est autem: clari­fica tuum nomen; nisi, in sua passione el resurrectione? quid est ergo ali­ud. nisi ul paler clarificet jilium, qui clarificat suum nomen etiam in simili­bus passionibus servorum suorum (ebd.)?

Außer clarificare treten als Christianismen für das griechische bo�a�€lv auch glorijicare oder honorificare ein.'09 Von diesen verdankt sich clarifi­care (wie auch clarijicalio) "dem Lichtbegriff, der dem biblischen b6�o. innewohnte und der in claritas seinen Ausdruck fand."IIO

z. 1 19ff. quod autem scrip/um es! diabolum venisse in conspeclum dei, non ideo scrip/um eSf, quia quisquam pOlest aliquando conspectum dei fugere ( . . . ), sed quia in secreto creaturac Ilcta sunl quae scriptura narrQ­vii ( . . . ): Zur Angabe eines nicht zutreffenden mutmaßlichen Grundes kann non quia poetisch und nachklassisch mit dem Indikativ verbunden werden (vgl. Kühner-Stegrnann n 386f., Blaise, Handbook § 276); in secrela erea­lurae will hier bedeuten, daß sich das Geschehen aus lob I , 6ff. in einer (zeitlichen und räumlichen) Abgeschiedenheit von der menschlichen Erfah­rungsweIt zugetragen hat. 1 1 1 Die Schrift kann daher nur ein Bild verwenden

lenen Erkenntnisse Ober die Vetus Latina Augustins Eigenanleil an den von der 'Vulga­ta' abweichenden Tcx.tfassungen (insbesondere auch des AT) vorsichtiger zu bewerten, so daß sich die These vom 'reviseur de la Bible'. so wie sie von OE BRUYNE vorgelragen wurde, schwerlich noch halten laßt. Siehe dazu P.-M. BOOAERT, La Bible d'Augustin. Etat des questions et application lUX. sermons Dolbcau, in: G. MADEC (ed.), Augustin predicateur (395-41 1). Actes du Colloque International de Chanlilly (5-7 septembre 1996). Paris 1998 (EAug., Serie Antiquite 159), 34 u. 42-46.

109 Vgl. C. s. Arrian. 29 (Pl 42, 704) [bezogen auf 10 17, 4) glorijieare aulem el honorifi­eare el clarificare. tria quidem verba, sed res una est. quod Graeee die;tur doc!z.ein: in­terpretum aulem varietate. aUter atque aU/er pos;lum est in Latino. 1 10 MOHRMANN, Sondersprache, 263. 1 1 1 Eine sprachliche Parallele bietet cat. rud. 46 (CCL 46, 169f.): [Augustin verteidigt in der ersten Musterkatechese diefides resurreClionis] ( ... ) ubi erat haee moles el haee slalura eorporis tui? nonne de occu1tis huius creaturae secre/l's, domino deo invisibiUler for­mante. proeessil in lucem. eertisque aetatum incrementis in islam magnitudinem for­mamque surrexit? numquid ergo difficile esl deo, qui etiam aggeres nubillm �--'!�f.�!!9. in momenlo eonlrahit, el conlegit eaelum in ietll lemporis, reddere islam quanlilalem eorporis tui sicut erat, qui eamlaeere potuit sie curn non erat? (vgl. cat. rud. 54 (a.a.O., 177». An dieser Stelle ist mit ereatura die geschaffene Weh (huius erea/urae .. huius mundi) gemeint, in der die Keimzellen filr alles, was irgendwann entsteht, schon von Beginn an latent vorhanden sind, vgl. z.B. trin. 3, 1 3 (CCl 50, 140), Gn. litt. 6, 10- 1 1 (CSEl 28, I , 182-1 85) u. zur Verbindung der Vorstellung einer 'Simultanschöpfung' mit der stoischen Lehre von den rationes semina/es S. KNUUTIu.A, Time and creation in Augusline, in: E. SruMP I N. KRETzMANN (Eds.), The Cambridge Companion to Augus­Hne. Cambridge 200 I , 104.

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und berichten, man sei vor das Angesicht Gottes getreten: Z. I 29ff. quia ergo haee tarn lalenter gesla sunl, ut '-ndicar; hominibus per scripturas sanetas nis; sanc/o spiritu revelanle non possent, in canspec/um dei ventum esse atque ibi gesta esse narran/ur.

Z. I 42ff. sieut etiam in "egol;;s publicis, quamquam pleraque per prae­conem iudex loquatur, iudicis lamen nomen, cum gesla scribuntu" non etiam praeconis inseritur: Der ' Ausrufer' (praeco) zählte schon zur Zeit der Republik zu den vom Staat besoldeten Gehilfen der Magistrate (appari­tores) und konnte u.a. als Gerichtsdiener fungieren. indem er beim Krimi­nalprozeß etwa die Parteien, Anwälte und Zeugen aufrief, den Schluß der Anklage- und Verteidigungsreden erklärte (duere) und die Geschworenen entließ (ilicel). 1 12

Augustin will mit dem Vergleich hier aufzeigen, daß das Schriftzeugnis dixit deus nicht notwendig ein umittelbares Sprechen Gottes belegt. I J) An anderen Stellen dient ihm die Unterscheidung des Herold- und Richter­amtes dazu, die Erhabenheit Gottes gegenüber subalternen Helfern zu beto­nen - ein Argument, das besonders in der Auseindandersetzung mit dem Donatismus seinen Platz hatte: Die Gültigkeit des Taufsakraments ist vom menschlichen Spender unabhängig; denn der Bischof spricht gleichsam als praeco die Tauffonnel, die der iudex Christus verordnet. ! ! "

Z. 150ff. et machinamenta quidem manichaeorum ( ... ): Die manichä­ische Argumentation hat rur Augustin keine wirklichen Beweise, sondern nur trOgerische Kunstgriffe (machinamenla) zu bieten. Vgl. conf. 5, 25 (CCL 27, 71) turn vero fortiter intendi anirnum, si quo modo possem certis

III Vgl. Th. MOMMSEN. Römisches Staatsrecht. I. Bd. TObingen 4 ' 952, 364f. , K. SCHNEI. DER., Proeco: RE XXII, I , Sp. 11 97.

l U Vg!. Irin. 3 , 23 (CCL 50, 152) [auf die Frage, warum in Ex 3, 14 di:cit dominus ad Moy· sen und nichl vielmehr duit angelus ad Moysen geschrieben stehe] quia cum verba iudi­eis praeeo pronuntial, non seribitur in gestis: iIIe praeeo duit. sed: iIIe iudu. sie etiam

loquente propheta sanelo elsi dieamus: propheta di:cit, nihil aliud quam dominum di:cis­

se intelleg; volumus. el si dieamus: dominus dixft, prophetam non sublrahimus. sed quis per eum duertt admonemus.

11. Vgl. z. B. 10. ev. Ir. 1 3, 1 6 (CCL 36, 1 39) el quando das [sc. baptismum], minister das, non possessor; praeeo clamas, non iudu. per praeconem loquitur iudu, et in aclis 10-men non scribitur: praeco dixit; sed: iudex di:cit. Vgl. zur Erklärung des Bildes auch PVQUE. lallgage symbolique i, 120 : ,,11 n'est pas de commune mesure entre le rang so­cial d'un proconsul, voire d'un simple praeses, el celui des officiers de sa suite; ainsi la saintete de Dieu plane-t-elle bien audessus des fideliles cl des infidelites de ses minis­tres." - mit zusätzlichen Beigen und Angaben zur weiteren Verwendung von praeeo im Rahmen der augustinischen Gerichtsmelaphorik (vgl. ebd. ! ! 9f. u. 11 , 89).

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aliquibus documenlis Manichaeos convincere fa/sila/is. quod si possern spiritalem substantiam cogitare, sla/im machinamen/a Wo omnia solve­rentur et abicerentur ex animo meo. - aut ad iIIam contemplationem beati­ludinis: .. oder gar zu jener glückseligen Betrachtung". Beeinflußt vom bib­lischen Sprachgebrauch, ve!Wendet das christliche Latein den gen. qualita­tis häufig statt eines adjektivischen Attributs. Vgl. Blaise, Handbook § 85.

Z. 158 et tanlam hinc invidiam conflare conantur: lautet der Text nach PL 38, 104. Vgl. Acad. 2, 12 (CCL 29, 24) hinc eis invidia magna canflala eSl, c. Faust. 2 1 , I (CSEL 25, 1 , 569) [Faustus duit] quapropter inepla haee et viribus sollS ejJeta argumentatio es/, ul quia de re mihi respondere non possis. de soHs nominibus confles invidiam. Das sprachlich unmögliche constare, das sich bei Lambot (CCL 41 , 170, Z. 196) abgedruckt findet, wird in der im CAG besorgten Edition des CCL-Textes korrigiert.

Z. 1 7 1 f. an forle, sieut dicere solent, Ua non habebat corpus humanum, ul se tamen quasi habere monstraret?: Nach klassischem Sprachgebrauch wird ein argumentierendes an "oder etwa" nicht durch/orte, sondern durch vera verstärkt (vgl. Kühner-Stegmann n 5 19).

Zum Doketismus der manichäischen Christologie vgl. haer. I, 46, 15 (CCL 46, 3 17f.) Christum aulem luisse ajJirmant, quem dicit noslra scrip­(ura serpentem, a quo ilIuminatos [sc. Adam et Evam] asserunt ut cognitio­"is oculos aperirent, el bonum malumque dignoscerent: eumque Christum novissimis lemporibus venisse ad animas, non ad corpora liberanda; /lec fuisse in carne vera, sed simu/atam speciem carnis /udificandis humanis sensibus praebuisse, ubi non so/um mortem, verom etiam resurrectionem simili/er mentirelur.1I5 Nach manichäischer Vorstellung steigt Jesus, der 'Glanz'. aus dem Reich des Lichtes herab, um in Adam die Erkenntnis des göttlichen Ursprungs seiner Seele und das Bewußtsein seiner wahren Be­stimmung (der Lösung aus der Vermischung mit der Finsternis der Materie) zu wecken. Neben dieser göttlichen Gestalt des Mythos, die sich als Noii<; den Aposteln mitteilt, kennt der Manichäisrnus den historischen Jesus Chri­stus, dem wie Buddha, Zarathustra oder auch Mani selbst die Rolle eines ReligionsgrOnders zufallt. Eine solche "Enthistorisierung des Gottes-

1 1$ "Sie versichern aber, die von unserer Schrift erwähnte Schlange sei Christus gewesen, von dem, wie sie behaupten, Adam und Eva erleuchtet worden seien, so daß sie ihre Au­gen zur Erkenntnis öffnen und Gut und Böse hätten unterscheiden können. Dieser Chris­tus sei in jüngster Zeit zur Befreiung der Seelen, nicht aber der Körper gekommen; und er habe keine wirkliche Leiblichkeit besessen, sondern den scheinbaren Anblick eines Leibes dargeboten, um die menschliche Wahrnehmung zu täuschen. Damit habe er nicht allein seinen Tod, sondern auf gleiche Art auch seine Auferstehung vorgespiegelt."

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sohnes" einerseits und "Entgötllichung des Religionsstifters" andererseits fand in christlichen Kreisen, die es zu gewinnen galt, wenig Beifall, wes­halb schließlich von Mani die Gottessohnschaft des historischen Jesus zu­gestanden wurde, freilich ohne das Dogma vom 'Gottmenschen' zu über­nehmen. 1 I 6 Denn sein Dualismus konnte die paulinische Formel vom 6flO(OlflU OUQICOS ufluQnas (Rm 8, 3) nicht im Sinne einer sündlosen Kör­perlichkeit interpretieren und mußte deshalb annehmen, daß Christus x,ooQiC; Oc.OIlUTOC; erschienen sei.l 17

Z. 1 75 quosdam enim ange/os humanis oculis apparuisse scriptura commemorat: Gegen das Argument, die Leiblichkeit Christi müsse schon der Wahrnehmbarkeit seines Wirkens wegen angenommen werden, führten die Manichäer das Exemplum der ungeborenen Engel ins Feld, die den Menschen dennoch erschienen seien und mit ihnen gesprochen hätten, V gJ. c. Faust. 29, 1 (eSEL 25, 1 , 744) [Faustus dixitJ llam iIlud quidem, quod saepe affirmare soletis neeessario eum esse natum, quia alias hominibus vider; aut loqui non passet, ridieu/um est, eum multotiens, ut iam probalwn a nostris est, angeli et visi hominibus et loeut; esse monstrenlur.

Z. 1 80f. non enim el ipse dominus cum aquam convertit in vinum, aul aquam fa/sam auf vinum falsum fuisse possumus dicere: Nicht seltener als lIeque eil im findet sich klassisch zu Beginn eines Satzes auch 1I0n enim (bei Cicero häufig in den rhetorischen Schriften), vornehmlich dann, wenn der Negation besonderer Nachdruck verliehen werden soll, vgl. Kühner­Stegmann n 44, Krebs-Schmalz n 1 57 (so auch Z. 157f. 1I0n en;m legere volum aut intellegere faeile posslmt quod per prophetam dicitur ( . . . ». Durch den Hinweis auf das Kanawunder (vgl. 10 2, 1 - 1 1 ) veranschaulicht Augustin den zuvor sehr abstrakt fonnulierten Gedanken, daß ein Wandel in der Fonn (species) nicht die Realität der Leiblichkeit (verum corpus) in Frage stelle. Die Begründung ist damit auch rur das Vorstellungsvermögen der weniger gebildeten Hörer leichter faßlich, und die betonte ldentiät des eOllvertere, welches die Engel vornehmen, mit dem Handeln des Herrn (ei ipse dominus in invertierter Stellung) läßt das bekannte biblische Gesch("-

1 16 Vgl. POLOTSKY, Manichäismus: RE. Suppl. VI, Sp. 256-259. 267f. 117 Vgl. ebd., Sp. 269f. mit Hinweis auf die elWa bei Augustin pecc. mcr. 2, 38 dokumcn­

tiene 'kirchliche Lehre' über dic Leiblichkeit Christi: vemmtamen ipsa participatio iIIi· u:,' in inferiora nOSlru. ut nOSlra esset in super/ora iliius. fenllit qllandam er in carnis lIa­tlvitale medielatem, IIt nos quidem nal/ essemus in carne peCCQli, ilIe autem in similitu­dine camis peccali [Rm 8, 3], nos non so/um ex carne el sanguine. vemm eliam ex \10-lunrale viri el vo/untate carnis. iIIe autem tanlum ex carne et sanguine. non ex volunrale viri neque ex voluntate carn;s. sed ex deo natus es'.

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hen zu einer glaubwürdigen Bestätigung nicht nur der unbewiesenen Erklä­rung fUr die Kötperlichkeit der EngellJl, sondern auch der folgenden ver­allgemeinernden Conclusio werden (vgl. Z. 1 82ff.).

Z. I 85ff. sed CII'" isti o",,,em IIl1111ram corpoream 11011 ab omnipotente deo, sed a tenebrarum gente nescio 9"11 esse COlfjillglJllt ( . • . ): Das 'Reich der Finsternis' besteht fUr die Manichäer aus fUnfbösen Elementen (Rauch, Finsternis, Feuer, Wasser, Wind), die ihre eigenen Herrscher haben und von besonderen Dämonen bewohnt werden. Gegen diese gens tenebrarum fUhrt der Urmensch, berufen vom Gott des Lichtreiches, fllnf gute Elemente in den Kampf, damit die Dämonen sie verschlingen und so später der Ge­walt des Lichtes unterliegen. Nach der Vemlischung muß dazu wiederum ein Prozeß der Erlösung der Lichtelemente stattfinden, bei dem Sonne und Mond die Funktion von 'Lichtschiffen' zugedacht ist. Vgl. zu diesem Teil des manichäischen Mythos die knappe Darstellung in haer. I , 46, 7 (CCL 46, 3 14) quinque enim elemenla quae genuerunt princ ipes proprios gent; tribuunt lenebrarum, eoque elemenla his nominibus nuncupanl: fumum, te"ebras, ignem, aquam, venlum. 1 19 in fumo nata animalia bipedia, unde

1 1 1 Im Rahmen der um wissenschaftliche Objcktivität bemühten Darstellung von De Irin;la· te räumt Augustin seine eigene Unsicherheit in dieser Frage ein, vgl. trin. 3, 5 (CCl 50, 1 3 t ) sed /ateor e.xcedere vires inlentionis meae utrum angeli manenle splritali sui cor· poris qualitote per hanc occultius operantes ossumanl e.x in/erioribus elemenlis corp"·

lentioribus quod sibi coap/atum quasi aliquom vestem mutent el vertant in quasfibc/

species corpora/es etiam ipsas \!eras sicul aquo vera in verum vinum conversa esl a

domino. an ipsa propria corpora sua Irans/orment in quod IIOluerint accommoda/e ad id quod agunl. Zu Augustins Vorstellung von der 'Körperlichkeit der Engel' siehe MADEC, Angelus, Sp. 3 1 2·314, der dort schließlich auch mit Blick auf die Ausruhrungen in s. 12, 9 bemerkt: "En definitive, Augustine a toujours cru, semble·t-il, que le anges ont un corps subtil: ((corpus, non caro» (s. 362, 17), lumineult el ethere (div. qu. 47; cf. relr. I , 26), dont ils peuvent se servir a leur gre." 119 In Manis 'Grundlagenbrief (epistula!undamenti), welcher den nordafrikanischen Mani­chäem dazu diente, neue Mitglieder ihrer Gemeinde in den Glauben einzuweihen, wird bei dcr Beschreibung der terra fenebrarum eine ganz bestimmte Stufenfolge ihrer Regi­onen angenonunen, deren innerste der dunkle 'Rauch' ist, in dem der König der Finster­nis seinen Sitz hat. vgl. Fr. 2, 8-9 (Stein): iuxla unam \!ero partem ac latus iffus/ris jfUIlS oe sanctae lerrae erat tenebrarum terra profunda el immensa magnitudine. in qua habi.

tanl ;gllea corpora, genera scilicct peslifera. (9) Me infinitae lenebrac e.x eadem manan­tes nalilra inaestimabiles cum propriis /etibus; ultra quas [mit Blickrichtung von außen nach innen, vgl. STElN Z. SI. (s.u.)] eranl aquae caenosae oe turbidae cum suis inhabita· loribus: quarum interius ventl horr/biles oe vehementes cum suo pr/ncipe el genitoribus; rusum regio ignea el eorruplibilis cum suis ducibus el nationibus; pari more inlrorsum gens calig/nls ac/umi plena. in qua moraba/ur immanis princeps omnium el dux habens

circa se innumerabiles principes, quorum omnium ipse erat mens atque origo. haeque

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homines ducere originem censent; in tenebris serpentia, in jgn; quadrupe­

dia, in aquis nata/Wa, in venIa vola/Wo. his quinque elementis maUs debel­landis aUa quinque elemen/a de regno et substantia dei missa esse, et in il/o pugna !uisse permixra fumo aerern, tenebris lucem, jgn; maiD ignem bon um, aquae maloe aquam bonam, venia maID ventum bon um. naves au­tem Was, id esl duo caeli luminaria, lla distinguunt ul lunam dicant lactam ex bona aqua, sofern vero ex ign; bono. esse autem in eis navibus sone/as virtutes, quae se in masculos trans figurant ut Wiciantfeminas gentis adver­soe, et rorsus !eminaeJ2O, ut j/liciant masculos eiusdem gentis adversae. et per hane iIlecebram commota eorum concupiscentia fugiat de iIlis lumen quod membris suis permixtum tenebant, et purgandum suscipiatur ab ange­lis luds, purgatumque in illis navibus imponatur ad regna propria repor­landum. 12\

Z. 1 88ff. si enim nullum corpus eum assumpsisse dicunt, quid erat iIlud quod humanis atque corporeis oculis apparebat?: Statt des üblichen Kon­junktivs betont hier der Indikativ in der rednerischen Frage die Tatsäch­lichkeit des Geschehens (vgl. KUhner-Stegmann [J 279 Anm. 5); so auch später in ubi esl quod in isla quaestione ca/umniosa voce proclamanl (Z. 193).

Z. 190 aut enim mendacium phantasmatis erat ( ... ): Mit Verwendung des Begri ffs phanlasma spielt Augustin auf die ntl. Szenen an, in denen die Jünger sich vor einem, wie es ihnen vorkommt, gespenstischen Aussehen des Herrn fUrchten, vgl. Mc 6, 49; Mt 14, 26 (Der Wandel auf dem See), Lc 24, 37 (Die Erscheinung des Auferstandenen in Jerusalem). Bei seiner Aus­legung der Stellen vergleicht der Prediger diesen falschen Eindruck gerne mit dem doketischen Unglauben der Häretiker, die sich gleich wie die Jün­ger eines Bessern belehren lassen sollten. Vgl. z.B. s. 75, 8 (PL 38, 477) [im Rahmen der Allegorese zu Mt 14, 22-33) sed aceedunt perieulis tem­pestatum etiam errores haerelieomm; et non desunt, qui sie tentellt animos eorum qui sunl in navi, ut dicant Christum non fuisse natum de virgine nee verum corpus habuisse, sed oculis visum esse quod non erat. el istae opini­ones haereticorum nune nalae sunt, quando iam nomen Christi per omnes

fuerunt nalurae quinque lerrae pestiferae. Auguslin konuncntiert diese Stelle in c. ep. Man. 28 (eSEL 25, I , 228f.). Siehe dazu sowie zur Erklärung weiterer Einzelheiten: Manichaica Latina. Bd. 2. Manichaei epistula fundamenti. Text, Übersetzung, Erläute· rungen v. M. STEIN. Paderbom 2002 (Papyrologica Coloniensia 2712), 85. 11(1 Man wird hier mit den Maurincm besser et rursus in feminas (vgl. PL 42, 35) lesen, was als Gegenglied zu in masculos notwendig ist. 121 Vgl. auch POLOTSKY, Manichäismus, Sp. 249-253.

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genIes clarificatur, tanquam Christo farn ambulante super mare. lentati discipuli dixerullt, quia phantasma est [Mt 14, 26]. sed iIle nos adversus tstas pestes sua voce confirmat dicens: fidite, ego surn; nolite timere [Mt 14, 27] ( . . . ). sed cum ille dicit: ego sum; quid aliud dicit, nisi non in se esse quod 1I0n es!? itaque si carnem osle"dit. caro erat; si ossa, assa erant; si dca/riees. cicatrices erant. non enim erat in iIlo "est" et "non", sed "est" in i110 erat [D Cor 1 , 19], sicut apostolus dicit"'; oder s. Mai 95, 3 (MA I , 342) putavernnt se spiritum videre [Lc 24, 37]. IIoc el Mallicllaei putant, spiritum fuisse Christum, carnern non [uisse. remane et tu in tali fide. si va/uit ibi Christus discipulos SUDS remanere. qui pu/os spiri/um fuisse Christum et apparuisse in phantasma, id es! quasi carnern non fuisse veram zr; Christo - hoc et discipuli pulo1venml: vuln�ra(us es c.um disdpuUs, .mnl.l­re cum ipsis. Siehe auch s. 237, 1 . 3 (SC 1 1 6 ( 1966), 280ff. 286ff.), s. 238, 2 (PL 38, 1 125f.), s. Morin 17, 1 (MA 1 , 659) U.ö.

Z. 209f. si videt, quomodo ergo sol deus est, quem diabolus videt?: In der Rückschau seiner Confessiones führt Augustin Sonne und Mond gleichsam als Speisen an, die ihm der manichäische Materialismus appetit­lich angerichtet auftischte, als ihn der Hunger nach der göttlichen Wahrheit quälte: conf. 3, 10 (CCL 27, 3 1) 0 veritas, veritas, quam intime etiam tum medullae animi mei suspirabant libi, cum le illi sonarenl mihifrequelller et multipliciter voce sola el libris multis el illgentibus! et Wa ermtlfercula, in quibus mihi esurienti te ;,zferebatur pro te sol et luna. pulchra opera tua, sed tamen opera tua, nOIl tu, nec ipsa prima. James J. O'Donnell verweist in seinem Kommentar z. St. 12l u.a. auf c. Faust. 22, 2, wo Faustus den Glauben der Manichäer an die göttliche Trinität bekennt, dabei jedoch den allmächtigen Vater so vom Sohn unterschieden wissen will, daß dieser nicht im unzugänglichen, sondern im sichtbaren Licht anzusiedeln ist und teils mit der Sonne, teils mit dem Mond identifiziert werden kann.'24

III Durch Augustins Deutung wird so in 11 Cor I , 1 9 eSl, die Übersetzung der griechischen Antwort 'Ja' [Christus ist für Paulus unstreitig das 'Ja' zu Gottes Verheißungen, vgl. V. 20 öoru yQe t::rta"fYe).,lru ßtOÜ, tv airrlY TO val1, zu einer Aussage über die Leibhaftig­keit des Auferstandenen.

1ll Vgl. J.J. O'DoNNELL, Augustine, Confessions 11. Commcntary on Books 1-7. Oxford 1992, 179.

124 Vgl. CSEl 25, I , 536: igitur nos palris quidem dei omnipotenlis el Christi filii eius et spirilus salleli unum idemque sub Iriplici appellatione eolimus lIumen: sed patrem quidem ipsum Illeem ineolere credimus summam ae prineipolem. quam PauillS alias in­aeeessibilem voeal [vgl. I Tim 6, 16], filium vero in hae seeunda ae visibili luee eQtlsis­tere. qlli qllonjam sit el ipse geminus. ul eum apas/olus novit ChriSlum dieell$ esse dei

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z. 2 17f. reslaI ergo, ul coganlur faleri, dominum noslrum [esum Chri­stum a!i(c}unde assumpsisse corpus, ut humanis oculis appareret: Statt des überlieferten aliunde sollte m. E. an dieser Stelle besser alicunde gele­sen werden,I2S Denn aliunde, zu welchem nach Augustins letzten Ausftih­rungen das Vergleichsglied quam de eius divina substantia o.ä. zu ergänzen wäre, bedeutete, daß die Manichäer die Leiblichkeit der Erscheinung des Henn im Grunde anerkannt und bisher lediglich eine falsche Erklärung für ihren Ursprung gegeben hätten. Ihr von Augustin hier immer wieder her­vorgehobener Irrtum ist aber gerade das negare dominum corpus as­sumpsisse. Nach der von ihm feingesponnenen Widerlegung dieses hartnä­eleigen Doketismusl26 muß der Prediger seinen Gegnern daher beim Über­gang zum letzten Teil der Argumentation (restat ergo ut) zunächst das Zu­geständnis abverlangen, der Herr habe, um ftir menschliche Augen sichtbar werden zu können, irgendwoher einen Leib angenommen. Im folgenden kann dann die aus Sicht manichäischer Mythologie einzig mögliche Ant­wort auf die weitere Frage nach dem konkreten 'Woher' - de tenebrarum gente - als absurd erwiesen werden.

Z. 221 f. cur ergo miseri in corpore salvatoris timetis uterum virginis ( . . . )?: Als Emanation des Vaters wurde für die Manichäer Jesus, der Sohn Gottes, den sie vom Sohn Mariens unterscheiden, niemals wirklich gebo­ren. und schon gar nicht von einer Jungfrau, von welcher sich, ohne in ge­nealogische Widerspruche zu geraten, noch nicht einmal die bei Mt bezeug­te 'Davidsohnschaft' Jesu ableiten lasse (vgl. c. Faust. 23, 3 (eSEL 25, 1 , 709) [Faustus dixit] quamquam nec ipse quidem iIle, quem Maria peperit, si ullus erat, recte David filius appelletur, nisi eum constet ex palre loseph seminatum. quod quia negatis, iIlud etiam faleamini necesse esl ne ipsum quidem esse David [zUum, quoniam quidem generatio ab Abraham usque

"irtulem et dei sopiemiam [vgl. I Cor I , 24}. v;rtutem quidem eiu$ in sole habitare

credimus, sapienliam vero in luna. 12$ Das C kann infolge von Haplographie versehentlich ausgefallen sein, oder ein Schreiber hai das ihm unbekannte alicunde (das CAG liefert 22 Belege, davon 5 aus den Predig­ten) durch das geläufige aliunde ersetzt (bei Augustin insgesamt 134 x, 45 x (ohne s. 12) in den Predigten). Zur Verwechslung beider Adverbia in der handschriftlichen Über­lieferung vgl. etwa auch Cic. Tusc. 1 , 53 und rep. 6, 27. 126 Diesen Eindruck muß man jedenfalls von der maniehäischen Christologie gewinnen, wenn man der Polemik Auguslins in s. 1 2 folgt. Daß die Jesuskonzeption der Manichäer sich in anderen Quellen möglicherweise differenzierter darstellt, sei hier unbenommen. Vgl. zur Kritik am gängigen Urteil des 'reinen Doketismus' jOngsl mit Blick aufkopti­sehe Manichaica S. G. RICHTER, Bemerkungen zu verschiedenen ,Jesus-Figurcn" im Maniehäismus, in: J. VAN OORT I O. WERMELINGER I G. WURST (Eds.), Augustine and Manichaeism in the Lalin West. Leiden 2001 (NHMS 49), 1 79f.

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ad David el a David Ioseph adusque deducilur ( . . . ). cum ergo ne ipse qui­dem, qui sit ex Maria genitus, David recte filius appellarelur, quia flon sit natus ex loseph, quanta magis filius dei!). 121

Augustin selbst lehrt, anders als etwa Origenes oder Tertullian. die im­merwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter auch in partu, was beson­ders seine Predigten zum Weihnachtsfest vielfach bezeugen, vgl. z.B. s. 186, 1 (PL 38, 999) concipiens virgo, pariens virgo, virgo gravida. virgo

jela, virgo perpelua, s. 188, 4 (pL 38, 1004) sanclae quippe malri omnipo­tens filius nullo modo virginitatem natus abstulit, quam nasciturus elegit, s. 1 89, 2 (MA 1, 210) quid mirabilius virginis parlU? concepit, el virgo esl;

. . 128 pani, et vlrgo es!.

Z. 224f. et propterea undecumque dominus noster assumeret corpus, de sua creatura utique assumerel: Hili übersetzt: "And therefore. wherever OUT Lord took his body from, he assuredly took it from his own crea­tion.,, 129 Diese indikativische Wiedergabe auch der Apodosis ergibt zwar rur sich genommen eine sinnvolle 'theologische' AussagelJO, läßt sich aber schwerlich mit dem von Augustin parataktisch angeschlossenen sed ex femina maluit (sc. corpus assumere) zusammenbringen . Versteht man da­gegen die zitierte Periode als Irrealis, kann der folgende adversative Haupt­satz als nachdriickliche Formulierung gewertet werden, die der Prediger im Sinne eines verneinten irrealen Bedingungssatzes verwendet. Der Gedanke wäre somit zu fassen als: et propterea undecumque dominus 110ster aS$U­merel corpus, de sua crealura ulique (sc. etiam) assumeret, fJisi ex femina maluisset (und deshalb hätte unser Herr, welcher Quelle sein Leib auch entstammte, ihn jedenfalls auch noch seiner eigenen Schöpfung entnom­men, wenn er es nicht vorgezogen hätte, ihn aus einer Frau anzunehmen). 131

Wenn Augustin dabei zum Ausdruck des Irrealis der Vergangenheit den

121 Zu Faustus' geschickter Antwort auf die Frage: accipis lesum de Maria natum? vgl. insgesamt c. Faust. 23, 1-4 (CSEl 25, I , 707-710) sowie S. N. C. ltEU, Manichaeism in the uter Roman Empire and Medie ... al China. Tübingen 21992 (WUNT 63), 163f., der die allein auf christliche Schriftzeugnisse gestUtzte Argumentation des Manichl1ers nach­zeichnet und erläutert.

121 Vgl. SI. Augustine, Sermons for Christmas and Epiphany, translated and annol31ed by Th. C. LAWLER. London 1952 (ACW 15), 205. Note g mit weiteren Belegen.

129 Sermons flUt, 303. 1)0 Vgl. z.B. 10. e .... tr. 22, 15 (CCl 36, 232) quod alllem habuit [sc. Christus) ut homo

appareret. de creatura assumsit quam ipseformavit. 131 Zu solcher Form rhetorischer Parataxe vgl. KOhner-Stegmann 11 166, so z.B. auch Cie. SeSI. 35 tanten his tantis maUs. tanto bonorum studio resti/issemus; sed me alii metus arque aliae curae suspicionesque moverunt (statt nisi ... movissent).

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conL impf. statt des conL plqpf. setzt, ist dies eine im Spät latein mögliche und gerade in seinen Sermones regelmäßig zu beobachtende Tempusver­schiebung.l32

Z. 249ff. timent infelices, ne non potuerit sie hominem assumere, ut ( ... ) mutaret in se hominem nec in hominem mutaretur: Das Reflexivum ist hier als abI. nach in instrumentale aufzufassen: .. ... daß er den Menschen durch sich verwandeln konnte, ohne sich in einen Menschen zu verwan­deln." V gl. en. Ps. 1 30, 10 (CCl 40, 1 906) sed non esl mulalum [sc. ver­bum] in hominem; homo in Wo mutatus es!. mulatus est homo in iIlo. ut melior fieret quam erat, non ut in ipsam substantiam verb; converteretur. per id ergo quod homo erat, mortuus esl deus; et per id quod deus erat, excitatus est homo, et surrexit, et adscendit in cae/um, siehe auch s. 1 82, 6 (Pl 38, 998), s. 264, 4 (Pl 38, 12 15), s. Mai post s. 174 (MA I , 386) und entsprechend in s. 12 die Begründung der christologischen Deutung von Ps 1 0 1 , 27f. (Z. 239ff.): non so/um enim non eum mutavit in deterius infirmi­las canris, sed ab eo in meNus ipsa mutata est.

Z. 256ff. ( ... ) videant tamen ipsi quomodo gens tenebrarum divinam substantiam videre potuerit, quando ante pugnam, qua bonum et ma/um dicunt esse commixtum, nullum adhuc corpus divina substantia, ut ab hoste suo videri posset, assumpserat: Die benachbarten Reiche der Fin­sternis und des Lichtes sind nach manichäischer Lehre in der ersten Periode der kosmischen Entwicklung zunächst noch deutlich voneinander getrennt. Doch der beständige Kampf und die Unruhe innerhalb der Finsternis läßt einige Dämonen an die Grenze zum Lichtreich vorstoßen und Einblick in die oberen Regionen gewinnen. Das Verlangen, des Lichtes habhaft zu werden, eint bald die gesamte Finsternis, die sich anschickt, das Lichtreich zu erobern.1l3

m Ygl. Hofmann-Szantyr 321 . 332f. sowie J. SOIRlJNEN I Chr. MOHRMANN, Studien zur Syntax der Briefe des hl. Cyprian. 11. Teil. Nijmegen 1937 (lCP 6), 42.

III Ygl. LIEU, Manichaeism, 13f. und Aug. mor. 2, 1 7 (CSEl 90, 103) quis enim tanlam perversi!atem ferat, qua dieitur in lellebrarum gente, cui nihil admixtum erat luminis, animaha bipedia tam firmam, tarn "egetam, lam denique incredibilem "im habuisse in ocu/orum aeie, ut et in tenebris suis "iderent et purissimam, quae a \!Obis commendatur, regnorum dei Jucem - siquidem iIIam eliam talibus fuisse "isibilem '\IU/lis - el aspicerefll el considerarenl et delectarenlur et appeterenl ( . . . ).

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e) Zum modus eroferendi

Das Prooemium und die Propositio quaestionis

In doctr. ehr. 4, 3 (CCL 32, 1 1 7) kommt Augustin, um aufzuzeigen, daß die Verteidiger der veritas ebenso wie ihre Gegner keine Scheu haben dürfen, sich mit Rhetorik zu wappnen, auch auf die persuasiven Funktionen eines Proöms zu sprechen: nam curn per artem rhetoricam el vera suaden/ur el falsa, quis audeat dicere, adversus mendacium in defensoribus suis iner­mem debere consistere veritatem. ur videlicet iIli, qui res fa/sas persuadere conal/tur, noverint auditorem vel benevolum vel inleu/um vel docilem pro­oemio facere, ist; autem flan noverint? So muß auch eier Prediger, bevor er seine Auslegung der Hl. Schrift vermine1n und im Kampf für den rechten Glauben das Gute lehren und vom Bösen abbringen will, zunächst sicher­stellen, daß die Hörer sich in einer Geisteshaltung und Gemütsstimmung befinden, die sie für die geplanten Ausführungen empfänglich sein lassen: debet igitur divinarum seripturarwn lraelator el doetor, defensor reelae fidei ae debellalor erroris, el bona doeere el mala dedoeere atque ill hoc opere sermoll;s eonciliare aversos, remissos erigere, neseientibus, quod agi/ur, quid exspee!are debeallt ;,,!imare. ubi autem benevolos, imemos, dociles aut invenerit aut ipse leeeril, eelera peragenda sunt, sieut postulat causa (doetr. ehr. 4, 6 (ebd., 1 1 9» .

An den von der Rhetorik traditionellerweise besonders dem Prooemium zugewiesenen Aufgaben auditorem benevolum, allentum, doeilem laeere\J4, welche hier konkreter gefaßt werden als Gewinnen der dem Prediger oder seiner Sache Abgeneigten, Aufwecken der geistig Abgespannten und Un­terrichten derjenigen, die keine themengerechte Erwartungshaltung haben, orientiert sich Augustin auch bei der Formulierung der ersten Sätze von s. 12:

in divinis el sanetis veleribus libris (OI )fraudulenlissimalallacia (crCe) Manieheos insidiari (mIS2) iam veslrae prodentiae (Cm), dileelissimi fratres (0), satis probatum esse confidimus (erC).

So soll bereits bei dieser anfänglichen Repraesentatio das von den ersten beiden Kola13S gebildete Contrarium aufmerken lassen. Der Prediger wählt

114 In einem 'normalen' exordium (rur das genus anceps, humile, obscunlm oder honeslllm), vgl. Lausberg §§ 265-266. So z. B. Cic. inv. 1 , 20 exordium esl oralio an;mum Qudilor;s idonee comparans ad reliquam diclionem, quod even;et si eum beni'olOlum, alIenI11m. docilem confecerit. 135 Bei der Untersuchung des modus proferendi verzichte ich hier und im folgenden darauf, zwischen Kola. und Kommata zu unterscheiden. Augustin bekundet in doctr. ehr. 4, 1 1 u. 13 (CCL 32, 123. 125f.) zwar, daß er diese begriffliche Differenzierung kennt, doch sei·

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ne analytische Verwendung von membrum (K&).OV) und caesum (K6Jlllu) zeigt schwer­lich eine konsequente Unterscheidung noch das ihr zugrunde liegende Kriterium. Vgl. z. SI. (4, 1 1) auch Augustine, Oe Doctrina Christiana. ed. and Iransi. by R. P. H. GREEN. Oxford 1995, 208, Note 21: "It is not clear how Augustine dislinguishes membra and caesa: it is nOI by rhythm, lenglh, or syntactical function," Daß er das Komma mögli­cherweise als kürzeres Kolon angesehen hat, mag seine Untersuchung zu 11 Cor 1 1 , 16-30 an der zuletzt genannten Stelle (4, 13) andeuten (z.8. caesum: si quis devoral, membrum: si quis in faciem 'lOS caedit). Außer der syntaktischen und gedanklichen Struktur ist rur die Kolometrie besonders (sofern vorhanden) der Klauselrhythmus zu berücksichtigen, da dieser durch die auf die Klauseln folgenden Sprechpausen rur die Hörer eine gleichsam .. akustische Interpunktion" entstehen läßt. Vgl. K. MÜLLER, Rhythmische Bemerkungen zu Minucius Felix: MusHel ... 49 (1992), 58. Die Frage nach Augustins Rhythmustechnik wurde ... on der Forschung bisher ... ielfach so beantwortet, daß er (wie unter den laI. Autoren beispielsweise schon Minucius Felix, Amobius oder Ammianus Marcellinus) neben quantitierenden Rhythmen auch reine Ak­zentklauseln (die später sog. cursus) ... erwendet bzw. die metrischen Klauseln bewußt im Hinblick auf das Zusammentreffen ... on Iktus und Akzent gewählt habe (sog. cursus mix­

IIIS). (Siehe etwa Sister M. J. BRENNAN, I. H. M., A Study of the Clausulae in the Ser­mons of SI. Augustine. Washington D. C. 1947 (PatSt 77), bcs. 57-92 u. 1 1 8-120 (wo BRENNAN ihre Beobachtungen rur den bei Augustin angenommenen "process of e ... oluti­on of the melrical to the accentual system" nochmals zusammenfaßI), B. AxELSON, Be­sprechung von H. Hagendahl, La prose metrique d'Amobe, in: Kleine Schriften, hrsg . .... A. ÖNNERFORS I C. ScIlAAR. Lund 1987, 167. A. PRlMMER, Rhythmus- und Textprob­leme in IVL. Aug. op. Imperf. 1-3: WSt 88 ( 1975), bes. 190 (Augustins Rhythmuspraxis im Vergleich mit Zeno und lulian), S. M. OßERUELMAN, Rhetoric and Homileties in fourth-century Christian Literalufe. Prose Rhythm, Oratorical Style. and Preaching in the works of Ambrose, Jerome, and Augustine. Atlanla 1991 (ACSt 26). 89-99 (Der cursus mulus sei durch ci ..... doctr. chr. 4 und haer. bezeugt, in allen anderen Werken ... erwende Augustin dagegen lediglich AkzentlcJauseln. Den 10. ev. tr. spricht OBERHEL­MAN ebenso wie den sermones (ausgenommen exc. urb.) und den nicht diktierten Teilen der en. Ps. einen Prosarhythmus ab).) Demgegenüber hat jüngst O. ZWIERLEtN gezeigt, daß bei Augustin durchgängig, also auch in den Predigten (!), alle wichtigen Kriterien erfullt sind, die eine rein mctrische Rhythmisierung der Sprache kennzeichnen und die Prosa des Kirchen ... aters "als Fortsetzung der quantitierenden Schreibweise Ciceros" (s.u., 48) erscheinen lassen (dazu zählen nach ZWIERLEIN bes. - ohne daß ein cursus mi:cflls anzunehmen wäre - in Übereinstimmung mit Cicero 'Koinzidenz und (auch zu­gelassener) Widerstreit zwischen Klauselrhythtmus und Wortakzent' , 'Natur- und Posi­tionslänge in der Schlußsilbc der freien kretischen Basis antispastischer KlauselwOrter' sowie die Verwendung ... on 'antekonsonantischem atque in rhythmischen Formeln'). Zudem belegt ZWIERLEIN, daß Augustin gleichfalls bei seinen Äußerungen zur Prosodie (deutlich in Theorie und Praxis von mus .• aber auch in den einschlägigen Stellen aus doctr. ehr.) ganz auf die quantitierende Metrik bezogen bleibt. Vgi. O. ZWIERLErN, Au­gustins quantitiucndcr Klausclrhytt.mus: ZPE 138 (2002), 43-70 [45f. eint: Zusammen­siellung wichtiger Lit. zum Klauselrhythmus]. Das dort ... on ZWIERLEIN in Anlehnung an MÜllER entwickelte System der Klauselbe­zeichnung wird im folgenden zur Analyse der rhythmischen Gestaltung ... erwendet. Da­nach bezeichnet (vgl ebd., 56f.) : 0 die 'optima' (die fur die Kaiserzeit "beste" Klausel):

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zu diesem Zweck jeweils deutlich amplifizierte Wendungen: Der über je­den Zweifel erhabenen Heiligkeit der atl. Schriften wird durch divinis el sanclis Nachdruck verliehen, und auch das vielsilbige fraudulentissima steht betont dem synonymen fallacia voran. um die frevelhafte Tücke der manichäischen Schriftkritik besonders hervorzuheben. Der Captatio hene­volentiae dienen das den Hörern ausgestellte Zeugnis der pnldentia sowie der insgesamt höfliche und im Rhythmus gefallige Ton. in dem die Anrede und die damit verbundene Konzession an den Kenntnisstand der Adressaten gehalten sind.

Auch die nachfolgende Einschränkung. welche die Themenwahl rechtfer­tigt und über die eigentliche Absicht des Senno informiert, ist noch beson· der. um das Wohlwollen der Gottesdiensthesucher bemüht (Z. 3-6):

ojJerimus tarnen adhuc eorum dolos inspiciendos (crS2) obtutibus cordis veslri (crS). ut non so/um eos quantum ad vas pertinel (CnJ evitetis (S), sed etiam ul alias infirmos (trlS) et divinarum (S) leclionum rudes (C) ut quisque vestrum polest (C) evilare atque contemnere (C) f doceatis (T')"'.

Die fortgesetzte Vermittlung von Einsicht in die Listen der Häretiker hat das ehrenwerte Motiv, die Hörer so zu unterweisen, daß sie die in Glauben und Schrift Ungebildeten gegen die Listen (dolos nimmt den Vorwurf der fallacia auf) der Häretiker verteidigen können. Mit Hinweis auf diesen Hauptzweck der Predigt, den Augustin am Ende der Periode rhythmisch durch Verwendung der auffälligen dikretischen Klauseln gegenüber den zuvor dominierenden S-Formen absetztll7, wird die Captatio benevolentiae

- v - - x; C die kretische Klausel: - v - - v x; T die troch:lische Klausel: - v - x; H

die hypodochmische Klausel: - v - v x; S die spondeische Klausel: - - - x. Kleine Buchstaben bezeichnen die mit der eigentlichen Kadenz ggr. verbundene Basis, hochge­stellte Ziffern aufgelöste Longa. So bedeutet etwa oben Manicheos illsidiari (mIS2) eine sog. clausula heroica (vgl. zu S2 bes. ZWIERLEIN, a.a.O., 62), der ein Molossus mit Auf­lösung der ersten Unge vorgeschaltet ist (wobei hier der Wortakzent der Basis nicht mit dem Klauselrhythmus zusamrnenfll.lIt, sondern in einem spannungsvollen Verhältnis zur eigentlichen Kadenz steht, vgl. dazu ebd., Anm. 1 7 u. 19). Cm zeigt die 'schwere' Ne­benronn des Dikretikus an ( - - - - v x), Ct den von ZWIERLEIN rur Augustin einge­ruhrten 'Dikretikus mit epitiritischer Basis' (- v - - - v x) [siehe ebd., S6 u. 58 'Abge­leitete Klauseltypen c)'J.

136 Der zweite Kretikus bildet zugleich den Auftakt tur die im Zusanunenhang mit dem Schlußverb entstehende T-Klausel. Zur Möglichkeit von sog. 'Uberlappenden Klauseln' bei Augustin siehe ebd., 63.

ll7 Besonderes Gewicht erhält die Aussage durch die Abundanz der Fonnel evi!are atque contemnere, die zum gehobenen Ton des Prooemiums beiträgt. Vgl. zum stilistischen Wert solcher mit antekonsonantischem atque gebildeten Wortpaare G. O. HUTCHINSON,

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nicht mehr nur ausgehend vom Publikum und den Gegnern, sondern auch von der Person des Redners selbst her betrieben. '" Der dabei deutlich zum Ausdruck gebrachte Appell an die Christenpflicht der Hörer - manch einer wird die Admonitio des Apostels inflrmum infide assumite (Rm 14, 1 ) im Ohr haben - sichert der Predigt im folgenden gelehrige Aufnahme.

1m Anschluß stellt Augustin die Quaestio der Manichäer und damit das Thema seiner späteren Argumentatio vor. Er bleibt dabei nun ganz sachlich und verzichtet bei seinem Referat der gegnerischen Fragestellung auch auf nähere (polemisierende) Angaben zur Argumentationstechnik der Mani­chäer. wie sie sich beispielsweise in Zusammenhang mit der Propositio quaestionis des s. 50 finden (CCL 41, 625):

de Aggeo propheta (T) manichei calumniantur (trT) invidiose accusan­tes (chS) quod duerit ex persona dei loquentis (trT): meum est aurum, et meum est argentum [Agg 2, 9], et aula evangelium veteri legi (ChSi) student pugnaciter comparare (crT), ur stb; ulraeque scrip/urae (0) ve­lur adversariae (ern!) contrariaeque videantur (trQ2), ita proponunt quaestionem (mT): " in Aggeo", inquiunl, "prophe/a scriptum est: meurn est aurum et meum est argentum; in evangelio autem salva/or nos/er mamrnona huiusmodi iniquitatis [Lc 16, 9] speciem appellavit, de cuius usu beatus apostolus ad Timotheum scribens: radix autem omnium malorum, ill­quil, est avaritia, quam quidam appetentes aversi sunt a fide ct inscrue­runt se doloribus multis [1 Tim 6, 10)." haec ipsornm est propositio quaestionis (crlT), vel po/ius velernm scrip­turarnm (chS), per quas evangelium praenuntia/um est (miT), ex jpso evangelio (S) quod per eas oraenuntiatum est accusatio (CrrJ. nam si , quaestionem proponerent (CnJ. forsitan quaererent (C) f. si autem quaereren/ (CnJ,/orsi/an ;nvenirent (T).

Derartige Erläuterungen, die hier besonders durch die zuletzt verwendete Correctio und ihre Begründung den manichäischen Ansatz in affektischer

Rhythm, Style, and Meaning in Cicero's Prose: CQ 45 (1995), 468-490 u. ZWIERLEIN,

a.a.O., 52f., wo gezeigt wird, daß die relative Häufigkeit von atque bzw. ae im Verhall­nis zu e/ bei Augustin der StilhOhe seiner einzelnen Schriftarten entspricht Die sermo­nes und en. Ps. haben, wie ZWIERLEIN bemerkt, a/que nur in verhältnismäßig geringer Zahl zu bieten. Man darf daher wohl den vorliegenden s. 12 schon wegen der ver­gleichsweise häufigen Verwendung von o/que (ac) zu den im Sprachniveau gehobeneren Predigten zählen [vgl. noch Z. 48f. ad mulla seriplurarum diseulienda a/que solvenda (0), Z. 1 3 1 f. venlum esse a/que ibi gesta esse narranlur (0), Z. 179 pro SIli minisler;; alque officU ra/ione (m1S1), Z. 189f. humonjs olque corporels (01) oculis oppareba/ (5), Z. 136f. principem ac ducem (H)]. 111 Vgl. Lausberg § 275 a.

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Weise139 als methodisch unzureichend disqualifizieren wollen, wären in s. 12 unpassend, nähme der Prediger doch dann sein eingangs erklärtes salis probatum esse nicht ernst. Statt dessen gibt er jetzt, wie der folgende Über­gang zum argumentativen Teil der Predigt zeigt, die grundsätzliche Berech­tigung der manichäischen Quaestio zu, mag auch an der damit verbundenen verleumderischen Absicht nach wie vor kein Zweifel bestehen (Z. 19f.):

Die Argumentatio

calumnia quidem Worum his omnino verbis (8) huc usque proponitur (C), et re vera quaestio est (C.,j prudenti discutienda Christiano (trT).

Diese zusätzliche Legitimation des Predigtthemas greift mit dem zweiten Satz auf die im Exordium angestrebte Captatio benevolentiae ab auditorurn persona zurück, wobei die generalisierende Formulierung der Traiectio andeutet, daß der Sermo sich nicht etwa nur an eine Auswahl besonders Gebildeter richtet, was mit Blick auf ut alias injirmos . . . doceatis (Z. Sf.) vielleicht zu vennuten wäre!40, sondern durchaus an jeden 'rechten' Chris­ten!4! und damit an die gesamte Gemeinde. Die Hörer haben eine sachliche Erörterung zu erwarten, ganz im Sinne der zu Beginn von Augustin bekun­deten Absicht, ihnen weitere Einsicht in die Listen der Manichäer zu geben, auf daß sie dann ihrerseits die Unkundigen belehren können.

ll9 Die mit Anadiplosis geschickt gebildete Gradatio des Schlußsatzes (vgl. Lausberg § 623), bei welcher der Prediger offenbar auch auf die gefällige Klangwirkung der Verbal­reime selzt, läßt vergessen, daß bisher weder der Unterschied von quaestio und aCCUSQ­tio geklärt ist, noch den Manichäem das ernst gemeinte quaestionem ponere erwiese­nennaßen abgesprochen werden konnte.

'40 Vgl. Hu.LS Überlegung z. St. (Sermons 111/1, 305, Note 2): "Does this imply that Augustine was preaching to a somewhat select audience of more devout and better edu­cated Christi ans. or that he was indulging in some harmless flattery of his ordinary Sun­day congregation? If one takes the reference to "popular sennons" in the Revisions [retT. I , 22, 1 (s.o. die Einleitung zu s. 1 2») strictly, then one would interpret the passage in the latter sense. 1 am inc1ined to think it i5 the more likely." FOr den Gemcindebezug dUrfte auch das von Auguslin in Z. 106f. verwendete paulinische Bildwort sprechen: die Hörer sind (soweit es den eibus Maniehaeorum betriffi) eben keine doc/i, sondern adhue laele jidci nutriendi (s.o. die DClailkommcntierung).

,., Vgl. etwa ep. 54, 2 (eSEL 34, 2, 160) totum hoc genus rerum [d.i. die regional unter­schiedliche Kult- und Fastenpraxis) liberos habet observationes nee disciplina ulla est in his melior gray; orudentique ehristianQ. nisi ut co modo agat, quo agere Yiderit eee/esi­am, ad quameumqueforte devenerit. quod enim neque eontrafidem neque contra bonos mores esse eonvineitur, indilJerenter habendum et pro eorum, inter quos vivitur, societa­te servandum est.

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Dieses Ziel, die Adressaten zu eigenständiger apologetischer Behandlung einer häretischen Quaestio zu befahigen, kann der Prediger nur erreichen, wenn er zunächst selbst vornehmlich das officium docendi erflillt; denn dem docere kommt die Aufgabe zu, offenzulegen, was sich dem Verständ­nis verschließt, und verwickelte Fragen zu lösen, nicht ohne dabei auch schon denjenigen vorzugreifen, die sich gegenüber der eigenen Position womöglich einstellen könnten: pertine/ ergo ad docendi euram non solum aperire clausa et nodosa solvere quaestionum, sed eliam dum hoc agitur, aliis quaestiollihus. quae for/assis ineiderint, ne id quod dicimus improbe­tur per illas aut refellatur, oecurrere; si tarnen [= si modo (vorausgesetzt nur daß)] et ipsa earum solutio pariter oecurrerit, ne moveamus, quod au­Jerre non possumus (doctr. ehr. 4, 39 (CCL 32, 146)).

Das argumentative Verfahren (ratiocinari), das Augustin hier in De doc­(rina christiana mit Blick auf eine zuvor als Beispiel ftir die dictio submis­sa angefUhrte Paulusstelle (Gal 3, 1 5-22)'" beschreibt, findet in s. 12 mehr­fache Anwendung, wobei die Occupationes häufig in hypothetische Sätze gekleidet sind, welche alle denkbaren Gegengründe vorfuhren wollen (vgl. bes. Z. 133ff., I 64 ff. , 188ff., 202ff.). Gemäß der fUr den schlichten Stil gleichsam gebotenen 'sorgfältigen Nachlässigkeit'l4J ist die Predigt in die-

In Vgl. ebd. (CCL 41 , 145f.) fratres, seeundum hominem dico, lamen hominis eonfinnatum

testamentum nemo inritum faeit aut supcrordinal. Abrahae dietae sunt promissiones et semini eius. non dieit: et seminibus, tamquam in multis, sed tamquam in uno. cl semini tuo, quod esl Christus. hoc autem dico, testamenturn confirmaturn a deo, quae post

quadringentos triginta annos facta est lex, non intinnat ad evacuandas promissiones. si enim ex lege hereditas, iam non ex promissione. Abrahae autem per promissionem donavit deus. el quia oecurrere poleral audienlis cogilalioni: ulquid ergo lex data est. si ex iIIo non esl heredilas? ipse sihi hoc obieeit olque oft ve/ut interragans: quid ergo lex'? deinde respondit: transgressionis gratia proposita est, donec veniret semen, cui promis­sum eSI dispositurn per angelos in manu mediatoris. mediator autem unius non est, deus vero unus est. et Me oeeurrebat, qllod sib; ipse proposuit: lex ergo adversus promissa dei'? el respondit: absit, reddiditque rationem dieens: si enim dala esset lex, quae posset vivificare, omnino ex lege esset iustitia. sed condusit scriptura omnia sub peccato, ut promissio ex tide lesu Christi daretur credentibus, er eetera. vel s; quid eiusmodi est.

'.l So doctr. ehr. 4, 24 (CCL 4 1 , 132) in Anlehnung an Cie. oral. 78: euius evidentiae [die das docere auszeichnet} diligens oppetitus aliquando neglegit verba euüiora nee eurot. qu;d bene sonel, sed quid bene indieet atque jntimel, quod ostendere in/endi/. unde ait quidam. cu", de genere taU eloeu/;onis agerel. esse in ea quondam diligcntcm neglegen­tiam. haee tomen sie detrahi/ omatum, ul sordes non contrahat. Während bei Cicero der schlichte Stil zwar im Hinblick auf Periodenbau und Worfilgung (circuitus eongilltinati­oque verborum) größere Freiheit besitzt, die übrigen CtQnal -Cf!<; At�E(oc; aber bis auf den gefälligen und reichen Schmuck nicht vernachlässigen darf (vgl. oral. 78f.), emp­fiehlt Augustin im folgenden sogar, die Latinitos aufzugeben, wenn nur so eine Unklar­heit des Ausdrucks vermieden werden kann. Grundsätzlich gilt: qui ergo doeet, vi/abit

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78 Vier Themenpredigten

sen Teilen weniger ausgeschmückt und der Rhythmus zurückgenommen, solange nicht ein stärkerer polemischer Ton angeschlagen wird. Der Gefahr einer fortschreitenden und das Gedächtnis überfordernden Digression von der Ausgangsfrage. die solch eine Ratiocinatio mit sich bringtl4\ weiß Au· gustin dadurch zu wehren, daß er nach einer längeren Erörterung das Er­gebnis der Diskussion in einer Conclusio zusamrnenfaßt (vg1. etwa zu den oben genannten Stellen Z. 1 50ff., 182ff., 2 1 7f. (wo nach der ausftihrlichen Widerlegung der manichäischen Antworten auf die Frage nach dem Grund ftir die sichtbare Erscheinung des Herrn, bei der Augustin zuletzt auch noch den Sonnenkult der Manichäer ad absurdum geftihrt hatte, den Gegnern schließlich das Eingeständnis der Leiblichkeit Christi abverlangt wird» .

J�denfall� darf sich dt!r chlistliche Redner nicht scheuen, einen möglichen Einwand sogleich zu widerlegen, damit die Hörer diesem nicht irgendwann hilflos gegenüberstehen oder ihn, falls sie während der Predigt darauf ge­kommen sind, er aber nicht behandelt wurde, anschließend weiter im Her­zen tragen: valde autem bonum es!, ut quicquid contradici polest, si occur­rerit, refutetur, ne ;bi occurrat, ubi non crit qui respondeal, aut praesenti quidem, sed lacenli occurraf el minus sanalus abscedal (doetr, ehr. 4, 39 (CCL 4 1 , 146)). Augustin ist in s. 12 bemüht, derartige Quaestiones so in die Argumentation einzubinden, daß sich diese als eine schlüssige Gedan­kenabfolge darstellt, die das Publikum in leicht 'faßlichen Einzelschritten' nachvollziehen kann.14S Als Beispiel sei hier nur der Beginn der Beweis­fUhrung in Erinnerung gerufen, mit welcher belegt werden soll, daß der

verba omnia quae non docenl. Das in diesem Zusammenhang von Augustin geäußerte Wort fiber die 'Ohren der Afrikaner, welche die Kürze oder Unge von Vokalen nicht zu beurteilen wissen' (Afrae auns de correplione vocalium vel produclione non iudicanl), bedeutet nicht, er hätte in seinen Predigten auf eine maßvolle Klauseltechnik verzichten mUssen und keinerlei Rhythmusempfinden beim Publikum erwarten dürfen, vg!. ZWIER· LEIN, Klauselrhythmus, 66fT.

144 Vg!. doctr. ehr. 4, 39 (CCL 4 1 , 146) fit autem. ut cum incidentes qllaeslioni aliae quaestiones et aliae rursus incidentibus inädentes perlraclantur atqlle solvuntur. in eam longiludillem ratiocinationis exlendatur intenlio. ut nisi memoria pillrimllm valeat alque vigeal, ad caput. unde agebatur. dispulator redire non possit.

14S Wie S. DOpp anhand ausgewählter Passagen der thematisch auf 'lautes Sprechen' ange­legten Confessiones gezeigt hat, ist die auf perspicuitas abzielende "Auftcilung des Ge­dankens in eine Reihe faßlicher Einzelschrine" ein Element, das ebenso wie "häufige KopfsteIlung des Verbs, unbefangene Wiederholung von Wörtern und Sätzen, ausgiebi­ge Verwendung von Fragen" und ,.nachdrückliche Konturierung einer Aussage mit Hilfe negiener Bestimmungen" fUr die Mündlichkeit einer Argumentation kennzeichnend ist. Es lasse sich durchweg auch an den augustinischen Sermones beobachten, vgl. S. DOpP. ,Mündlichkeit' und Augustinus' .. Confessiones", in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MUndlichkeit in der römischen Literatur. TUbingen 1990 (ScriptOralia 19), 271 -284.

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Sermo 12 79

Teufel mit Gott gesprochen haben kann, ohne ihn dabei zu sehen (Z. 5 1 -64). Augustin beginnt mit einer konklusiven Interrogatio:

cum ergo scrip/um non si! quod diabolus "ideri! deum (H), sed tanlum quod venerit curn angelis (C) in conspeclum domini (S3) vocemque eius audierit (0\ CUT ist; miseri (Sl) de visione dei calumniari scripturis (crS) el imperilos (T) perverlere sludent (H)'46.

Nachdem der adversative cum-Satz festgestellt hat, daß die Schrift in lob 1 , 6 eben nicht fllr eine Gottesschau des Teufels zeugt, kann die folgende rhetorische Frage in dieser Hinsicht (de visione dei) einen begründeten Vorwurf gegen die Manichäer formulieren. Damit nun aber möglichst alle Hörer die Schlagkraft des Arguments begreifen und selbst im antihäreti­schen Disput einsetzen können, wiederholt Augustin den Gedanken mit ausdrücklichem Bezug auf die apologetische Strategie:

quapropter haee eorum propositio (Cm) brevissima responsione (T) J superalur (0'). quantalibet enim loquacilale perquiranl (trQ), quomodo videril (e) dia­bolus deum (HI), respondemus (S): non vidit diabolus deum (HI).

Die Oppositio, die Augustin dabei satzübergreifend zwischen der erfolg­losen "Geschwätzigkeit" manichäischer Schriftkritik und der gerade durch ihre Kürze plausibel erscheinenden christlichen Widerlegung konstruiert -die entgegengesetzten Kola werden rhythmisch jeweils durch die Optima hervorgehoben - täuscht geschickt darüber hinweg, daß die GUltigkeit der zuletzt ausgegebenen 'Parole' non vidil diabolus deum (mit betonter Um­stellung des usuellen ordo verborum) noch in Frage steht. Denn bisher wurde keinerlei Beweis dafür erbracht, daß sich das in conspeclum dei ve­nire in lob I , 6 ausschließlich passivisch auffassen läßt, wie Augustin mit Hinweis auf den Wortlaut der Stelle suggeriert hatte, vgl. Z. 37f. scriptwn esl enim quod in conspectwn dei venerit; non scriptum esl quod deum ipse conspexeriJ. ).141 Um die antihäretische Instruktion seiner Adressaten sicher-

146 Es scheint freilich, daß (wie häufig auch in der Dichtung) st bei Augustin nicht notwen­dig Positionslänge erzeugt (vgl. etwa: beata v. 28 (CCL 29, 80) esset enim {sc. Sergius Ora/a] nonfortitudinis excubiis (crSI.l) sed menlis sopore securior (C) et altiore s/ultilia (man wird hier in Übereinstimmung mit dem Wortakzent lieber IrO) als crS) annehmen) denrersius miser (H); gr. cl pecc. or. 2, 26 (eSEL 42, 185) non ego quasi Qllctor alicllills dogmatis (trCml) definita hoc auctoritate statui (trT); s. 3 1 6, I (PL 38, 1432) qui nostis amare Stephanum er), in Christo anrate (T); so wohl auch in manchen mit alque gebil­deten Junkturen wie z.B.: acad. 3, 27 (CCL 29, S I ) tardo illi atque slllllo ('n, ord. 1 , 7 (eSEL 63, 125) colligi alque stipari (trO), an. Quant. 29 (CSEL 89, 166) industrios at­que Urenuos (crH), mus. 6, 1 5 (PL 32, 1 171) in arboribus atque slirpibus (tr'H) u.ö.). 1.' Die tunklur in conspeclum alicuius venire hat schwerlich immer nur passiven Sinn, vgl. etwa Caes. GaU. 4, 12, 2 rursus his resistentibus consueludine sua ad pedes desih,erunt

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80 Vier Themenpredigten

zusteHen, bringt ihnen der Prediger nach Art eines argumentativen Leitfa­dens diese rur die Widerlegung der Gegner zentrale Feststellung der un­möglichen und in lob angeblich nicht berichteten visio dei des Teufels auch im weiteren Verlauf der Beweisfuhrung immer wieder in Erinnerung.148

Läßt man die Behauptung, der Teufel habe Gott nicht gesehen, gelten, ist folgerichtig zu fragen: quomodo ergo cum eo locutus est? Augustin fingiert jetzt einen kurzen Dialog mit den Manichäem und sorgt auf diese Weise rur Abwechslung im modus proferendi, welche dem Publikum nach dem län· geren Lehrvortrag über die Schriftfalschung des Adimantus willkommen sein dilrfte.'49 Mit vermehrtem Interesse werden die Adressaten dabei auch

silbfossisque equis compluribusque nostris deiec/is reliquos in lugam coniecerunl atque

ita per/erri/os egenmt, 14/ non priusfuga desislerenl, quam in Conspectum agminis nostr; venissenl. HILL, Sermons 11111, 306, Note 14, bemerkt u.a. zu Augustins Aussage non

vidit diabolus deum: "

As exegesis of the obvious meaning of lob 1:6, Augustine's statement is simply wrong. The author c1early intended 10 depict a scene in which God is seated on his throne like a king holding court, with his counselors, the angels including Satan, the prosccutor, all arround hirn. He sees them and they see hirn. That is the pic­ture. But of course (we find it easy to say today), it is not meant as an accurate descrip­tion ofwhat actually happens in heaven; it is not teaching as doctrinal truth that the devil enjoys the beatific vision. So in that sense Augustine is right. And il is the erucial sense." Es ist außerdem fraglich, ob Augustin hier überhaupt eine erschöpfende Ausle­gung der lobstelle beabsichtigt. Der Kontext spricht eher dafilr, daß den Hörern ein möglichst einfaches Argument an die Hand gegeben werden soll, auf das sie leicht zu­rückgreifen können (s. weiter oben im Text).

"I Vgl. Z. 104 (GOIl kann auch mit den 'bösen Engeln' sprechen) qllomvisfociem (sc. eills) videre 1I0n digni sint, Z. 1 1 3f. diabolus enim ad ilIam conlemplationis beatitudinem nOIl

potest pervenire ( ... ), Z. 140f. (Der von Engeln umgebene Teufel muß in der lobstelle so vorgestellt werden) ut tarnen deum quem ipsi videbant ilIe non viderit, ebenso Z. I 47(f. ( ... ) sie potuit et diabolus esse in medio sanetorum angelorum deum videlltium, per quos

alldiret voeem dei, quem videre ipse non posset, Z. 1 56fT. ( . . . ) id quod scriplum flOfl est de scripluris nostris menliuntur, quod deum diabolus viderit, Z. 169f. eur scripwras nostras, quod deum diabolus \lideri!, mendaciter arguis? und in der Peroratio Z. 255f. ( . . . ) quamquam iIIa scriplura ( . . . ) deum a diabolo viSum esse nOIl probellI ( . . . ).

1'9 Ein solches 'Dialektikon' setzt Augustin in den Sermones gerne zur Schrifterklärung ein, weshalb es besonders häufig in den exegetischen Predigten anzutrefTen ist. vgl. die Frcquenzzahlen bei Sister M . Inviolata BARRY A.M., SI. Augustine, The Oralor. A Study of the Rhetorical Qualities of SI. Augustine's Sermones ad Populum. Washington O. C. 1924 (PalSt 6), 147f., die den rhetorischen Wert dieser Argumentationsfigur generell folgendennaßen bewertet .. Oialektikon fonns one ofthe lnost striking stylistic elements in the sennons of Augustine. No device could have bet:n more suilable for his purpose of driving home the great truth of religion, than the forceful question and answer.

Augustine's aim in using this figure was 10 make his hearers Ihink; to arousc their feel­ings and then offset thcir incorrect ideas by a definite explanation." (ebd., 145). Oftmals reiht der Prediger dabei mit intimem Gespür rur die Fragen seiner Gemeinde eine Folge von kurzen Fragen und Antworten aneindander, vg!. F. HEIM. Die Rede als Dialog mit

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Senno 12 8 1

die fortgesetzte Kritik an der unbelehrbaren Haltung der Häretiker aumeh­men, zu der der Prediger seine Rede stilisiert:

hic vero nOIl a nobis (S) sed a caecis hominibus (ern3) conv;ncenda est caecitas (CrJ cordis ipsorum (0). hi enim qui carnalibus oculis caeci sunl (S), quolidie Joqui possun! (trQ) curn his quas videre non possuni (trQ).

Zum Vergnügen der Hörer dient hier die Traductio des Adjektivs in das metaphorisch gebrauchte Substantiv einem Wortspiel, welches die gedank­liche Pointe enthält, daß der manichäische Anspruch auf wahre Einsicht in die Bedeutung der zur Diskussion stehenden Schriftstelle, dessen verstock­te Verblendung Augustin wohl auch in der harten Alliteration des c anklin­gen lassen will, ohne langen Nachweis bereits durch das Beispiel der kör­perlich Blinden widerlegt werden kann. Damit aber jedem die erforderliche Responsio deutlich wird, formuliert der Prediger sie nochmals im Zusam­menhang mit der gegnerischen Quaestio. wobei erneut eine Adnominatio zum Einsatz kommt:

. . quomodo ergo venil (trT)", inquiunl, " in cOllspeclum eius (S)?" quo­modo caecus in conspeclum videlllis (mT), quem ipse non conspicit (C).

Indem Augustin die Ratiocinatio in solcher Weise gestaltet und ihr durch Rhythmisierung und Figureneinsatz die virtutes des iucundum und aculum verleihtiSO, ohne dabei die in einem sermo ad populum gebotene Durchsich­tigkeit der argumentativen Schrittfolge zu vernachlässigen, ist er offenbar der von ihm selbst in doctr. ehr. 4, 56 rur das genus submissum empfohle­nen kombinierten Wirkungsabsicht verpflichtet. So soll der christliche Red­ner, der entgegen der antiken Tradition in jedem genus dicendi alle ojJicia oratoris beachten und nach Kräften erfüllen mußlS1• auch bei der einsichti-

dem Publikum - Beispiele aus dem politischen und religiösen Bereich, in: L. BENZ (Hg.), ScriptOralia Romana. Die römische Literatur zwischen Mündliehkeit und Schrift· lichkeit. Tübingen 2001 (ScriptOralia 1 1 8), 263f., der beispielsweise aufep. 10. tr. 9, 10 (PL 35, 2052) hinweist: audi: qui enim non diligit frattem suum quem videt, deum quem non uidet, quomodo potest diligere? [1 104, 20] quid ergo? qui di!igit !ratrem. diligil el deum? necesse esl ul diligal deum, necesse est ut diligat ipsam dileclionem. numquid po­lest diligere!ratrem, et non diligere dilectionem? neeesse est ut diligat dileetionem. quid ergo, qui diligit dilectionem, ideo di[jgit deum? utique ideo. diligendo dileelionem deum diligil. an oblitus es quod paulo ante dixisti. deus dilectio est ? [1 104, 16] ( . . . ).

I'" Vgl. Lausberg § 540 u. Elemente §§ 166,6; 274 . • ,. Vgl. doctr. ehr. 4, 56 (CCl 32, 161) iIIa itaque lria, quae supra posuimus. eum qui

supienter dicil, si etiam eloquenter vult dicere, Id agere debere, ut intellegenter. ut fj. benler, ut oboedienter audialur, non sie accipienda srmt lamquam singula illis Iribus di­cendi generibus ita tribuanlur, ut ad submissum intellegenter. ad temperatum libenter, ad grande pertineat oboedienter audiri, sed sie potius. ut haee trio semper intendat et quantum potest agat, etiam cum in il/orunr singufo quoque versa/ur. Die Verbindung der

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gen Belehrung der Zuhörer, der es zuletzt um gehorsame Aufuahrne der dabei verwendeten Schriftzeugnisse, also die Glaubensvelillittlung geht, darauf achten, daß man seinen Ausfilhrungen gerne folgt: nolumus enim [astidiri etiam quod submisse dicimus, ae per hoc volumus non so/um intel­legenter, verum etiam libenter audiri. quid autem agimus divinis lestimo­niis docendo quod dicimus, nisi ut aboedienter audiamur, id est u/ creda/ur eis opitulanle Wo, cu; dictum esf: testimonia tua credita facta sunt valde [ps 92, 5]? quid etiam quaerit nisi credi, qui aliquid, lieet submisso eloquio, discentibus narrat? et quis eum \lelit audire, nisi auditorem nonnulla e/iam suavitate delineat? (ebd., CCL 32, 161f.). Den Beifall des Publikums ge­winnt die schlichte Redeweise aber meistens schon dadurch, daß sie eine erhellende und überraschend scharfsinnige Beweisführung zum Sieg gegen die scheinbar unschlagbaren Argumente des Gegners fUhrt und zusätzliche Mittel der delectalio nicht gesucht, sondern gleichsam als natürliche Quali­tät ihrer Darstellung erscheinen läßt: pleromque autem dietio ipsa submis­sa, dum so/vii diffieil/imas quaestiones el inopinala manifes/atione de­monstrat, dum senten/ias aeutissimas de neseio quibus quasi cavernis, unde non sperabatur, eruit el oSlenditlS2, dum adversarii convincil errorem et

Stilhöhen mit den Aufgaben des Redners zeigt Augustin in doctr. ehr. 4, 34 (a.a.O., 141) auf, wozu er Cie. oral. 69 und 101 kombiniert, vgl. M. l'ESTARD, Saint Auguslin et Cice­ron. 11. Repertoire des textes. Paris 1958, 29. Im Unterschied zu der schon von Cicero bisweilen für erforderlich gehaltenen Abwechslung der genera dieendi innerhalb einer Rede (orat. 103 al haec inlerdum temperanda et varlanda sunt), welche in doclr. ehr. 4, S I (a.aO., 157) auch den viri ecc/esiastici als regelrechte rhetorische Technik empfoh­len wird (nam quando pro/ixa est (sc. die/io) in uno genere. minus detine/ auditorem), geht das in doctr. chr. 4, 56-58 rur jede Stilhöhe verlangte Zusammenwirken des docere, de/ectare und movere über die antike Tradition hinaus. Es scheint, daß Augustin damit den Mißständen der rednerischen Praxis sciner Zeit wehren will, vgL POUMANN, Doctrina Christiana, 240: "Dadurch, daß Augustin jedem Stil die drei Wirkungsweisen zuordnet, kommt es zu einer Durchmischung von deren Funktionalität, die letztlich zu einer Vernichtung bzw. neuen Auffilllung der (in der Spätantike am meisten praktizier­ten) Delectatio-Intention der Rhetorik fUhrt." Solch ein relerre ad a/terumfinem ist be­greiflicherweise besonders rur die Anwendung des traditionell dem deJectare verpflich­teten genus lemperalum zu fordern, vgl. doctr. ehr. 4, 55 u. 57 (a.a.O., 160f. 162f.). Sie­he zur 'Sonderstellung des mittle.ell Stils' bei Augustin auch P. PRESTEL, Die Rezeption der ciceronischen Rhetorik durch Augustinus in Oe doctrina Christiana. Frankfurt a. M. t 992 (Studien zur klassisschen Philologie 69), 251 f. lSl GREEN, Oe Doctrina Christiana, 274 verweist z. SI. auf Cic. oral. 79, wo der Vortrag scharfsinniger und tiefgeschürfter Gedanken als vorherrschendes Merkmal des orator

summissus genannt wird: acutae crebraeque sententiae ponentur el nescio ullde ex abdi-10 erutae. idque in hoc oratore dominabitur. POLLMANN erinnert darüber hinaus an Au­gustins Beschreibung der memoria in conf. 10, 26 (CCL 27, 168) ecce in memoriae meae camp is el anlris el cavernis innumerabilibus atque innumerabiliter plenis innu-

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docet falsum esse, quod ab illo dici videbatur invicium, maxime quando ades! eius quoddam decus non appeli/um, sed quodammodo na/urate el nonnulla non iactanticula. sed quasi necessaria atque, ut Ua dicam, ipsis rebus ex/arla numerositas clausularum, lanlas acclQma/iones excital, ut vix intel/egatur esse submissa (ebd., CCL 32, 162).

Man wird daher wohl auch die oben zitierten paronomastischen Wortspie­le, insofern der Prediger sie ja sachbezogen bei der Lösung der manichäi­sehen Quaestio verwendet, nicht schon als eindeutiges Indiz fur einen Wechsel der Stilhöhe zu werten haben, selbst wenn sie sich sonst eher rur das genus temperatum eignen (vgl. Cic. orat. 84). Daß der geschickt ge­wählte Vergleich zwischen dem Teufel und den Blinden freilich nicht allein der Belehrung und Unterhaltung dienen soll, sondern auch das wichtigste ojJicium oratoris. das oboedienter audiri, erftlllen will, dokumentiert Au­gustin, indem er den Hörern das eigentliche Ziel seines Arguments offen­legt und sich dadurch zugleich in glaubwürdige Opposition zur verderbli­chen Redeabsicht der Manichäer zu bringen sucht (Z. 6 1-64):

et istae qllidem similitudines (crH!), dilectissimifratres (0), ideo dictae sint (S), ut hominum carnalium (Cm!) refel/atur improbitas (0'), ut si fieri potest (H) hoc modo repulsi (trT) ad discendi mansuetudinem (C",)!5) pia corda cOllvertant (0).

Der schlichte Stil wird in s. 12 deutlich dann aufgegeben, wenn der Pre­diger seine anti häretische Polemik mit hörbar größerer Erregung vorträgt und die Invektive innerhalb der Argumentation mehr Raum einnimmt.ls4 Als Beispiel sei der Beginn des zweiten Hauptteils der Argumentatio ange­filhrt, wo Augustin die Frage erörtert, was der Teufel bei der Versuchung Jesu gesehen hat. Nach dem Aufweis, daß bei angenommener Sichtbarkeit des Herrn entweder zu folgern ist, er habe einen Leib besessen, oder aber, er sei in seiner göttlichen Wesenheit in Erscheinung getreten, fUhrt Augus-

merabifium rerum generibus sive per imagines, sicut omnium corporum, s;ve per prae­sentiam, sicut art;um, sive per nescio quas notiones vel noJationes, sieut affeclionum animi - quas et cum animus non patitur, memoria JeneI, cum in animo sit quidquid esl in memoria - per haec omnja discurro et YOlilo hac iIIac, penelro eliam, quantum possum, el finis nusquam: tanta vis eSI memoriae, tanta vitae vis est in homine vivente mortaliterl Vgl. Augustinus. Die christliche Bildung (Oe doctrina Chrisliana), Übersetzung, An­merkungen u, Nachwort v. K. POllMANN. Stuttgart 2002, 255, Anm. 157. m Falls bei mansuetudinem nicht vokalisches u anzunehmen ist. 1St Eine miniere Slilhöhe ist besonders beim Ausdruck von Lob oder Tadel geboten, sofern die Adressaten dabei nicht vornehmlich zu einer bestimmten Handlung motiviert werden sollen (was die Wahl des genus grande erforderlich machte): doctr. chr. 4, 52 (CeL 32, 158) ( ... ) laudandum aliquid vel viluperandum, ubi nec damnatio cuiusquarn nec libera­tio nec ad aCliottern quamfibet adsensio requiretur, in quocumque alio genere occurre­rU, genus adhibendum et interponendum est temperalum.

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tin zur Widerlegung des letzteren den von den Manichäern sonst immer verwendeten Schriftbeleg Mt S, 8 an, überläßt die eigentliche Conclusio jedoch durch Aposiopese dem Publikum, damit dieses um so bereitwilliger seiner Exclamatio zuspricht, die den Gedanken beschließt und den bekann­ten Vorwurf der Verblendung wiederholt (Z. 167-169):

quam (sc. divinam substantiam) si non viden! "isi qui puro sunl corde. sicut ex evangelio nobis ipsi commemorant - 0 importunQ caecilas hae­relicorum (crS2)!

In der folgenden Prosopopöie, die nun auch im Rhythmus gefalliger for­muliert ist, redet Augustin die abstrakte caecitas umittelbar an und fUhrt den Hörern den Grund rur die Empörung des Predigers lebendig vor Au­gen'" (2. 169-17 1 ):

cur scripturas nos/ras (S), quod deum diabolus viderit (Cl), mendaciter arguis (Cm2) et negando corpus Christi (trS) IS6 divinam eius substan­/iam (C,.) diaboli oculis (TI.') publicare (T) velle convinceris (C)?

Doch nicht genug damit, daß die Gegner nachweislich mit dem Teufel im Bunde sind. Mit ihrer Lösung der oben genannten Quaestio, die Augustin nun in argumentierender Frage aufgreift, stempeln sie offenbar Gott selbst zum Lilgner (Z. 1 7 1 - 1 74):

an/orte, sieut dicere soleIlt, Ua non habebat corpus human um (0), ut se tamen quasi habere monstraret (O)? quis ergo verius el reclius (C,,J J senli/ (0), J insani (0),

qui credil deum locu/um esse (0) J cum diabolo (C'), an qui eredit deum (CnJ non solum cum diabolo loelltum (tr1T), sed etiam diabolo esse men/itum (trIO)?

In der zuletzt zitierten Interrogatio sorgen rur die dietia temperata beson­ders die Amplificatio der Adverbia. die erneute invektive Anrede und die Figuration der disjunktiven Relativsätze. von denen der zweite in den Kola der abhängigen Aussagen als reimbildendes IsokolonlS7 mit jeweils 'aufge­löst-trochäischem' Klauseleinsatz gestaltet ist und schließlich in der fre-

m Im lebendigen Slil der Diatribe und mil Rücksicht auf den volkstilmlichen Geschmack seines Publikums läßt der Pre<hger Augustin personifizierte Abstrakta bisweilen sogar selbst in einem 'Dialektikon ' zu Worte kommen, vgl. dazu O. ZWIERLErN, Der Fall Roms im Spiegel der Kirchenväter: ZPE 32 (1978), 77, Anm. 92 mit Hinweis auf ehr. MOHRMANN, Der Schriftsteller Augustin, in: C. ANDRESEN (Hg.), Zum Augustin­Gespräch der Gegenwart. Dannstadt 1962 (WdF 5), 1 \3 , wo etwa auf den 'komischen Dialog' zwischen avariria und luxuria in s. 86, 6 (PL 38, 526) verwiesen wird. 1S6 Zur Endsilbenkünung des abI. gerundii bei Augustin siehe BRENNAN, Clausulae, 105.

131 Bzw. Parison (prope aequotum), vgl. E. SCHUCKTER, Zum Predigtstil des hl. Auguslinus: WS, 52 ( 1934), 1 27f.

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ehen Blasphemie des (deum) diabolo esse menti/um gipfelt, die durch die Optima besonders ins Ohr fallen soll.

Nicht mehr nur verhalten, sondern gehoben ist dagegen wohl die Stilisie­rung derjenigen Teile der Argumentation zu nennen, in welchen Augustin ein leidenschaftliches Zeugnis für die Wahrheit des christlichen Glaubens ablegt. Für die Stilhöhe scheint dabei weniger eine gegenüber dem genus temperalum gesteigerte Ausschmückung verantwortlich zu sein, als viel­mehr die heftige emotionale Beteiligung des Redners, der die Schönheit des Ausdrucks, auch ohne auf die Verzierung der Rede zu achten, schon kraft ihrer Inhalte gewinnen kann. ISS

Das erste deutliche Beispiel rur die Anwendung des genus grande bieten in s. 12 die Z. 97ff. Nach der langen Reihe biblischer Exempla, die er in geradezu nüchterner Systematik flir das viel faltige Sprechen Gottes zu den Menschen aufgezählt hat, will der Prediger an dieser Stelle offenbar die rur die Widerlegung der Manichäer entscheidende Frage nach der Kommuni­kation zwischen Gon und Engeln durch 'stilistische Reliefgebung

, I59 her­vorheben. Mit erkennbarem rhetorischen Nachdruck ist bereits der letzte Beleg für das loquitur deus intus in animo hominis gestaltet: die Identifizie­rung des menschlichen Gewissens mit der göttlichen vox veritatis (vgl. Z. 94ff.). In einer erhabenen Diktion präsentiert Augustin dann aber das nach­folgende Argumentum a minore ad maius, welches als kunstvolle Periode stilisiert ist und im Zusammenhang mit dem Nachweis, daß die guten Engel Gott schauen, die gefallenen aber noch seine Stimme hören können, den Hörern in prächtiger Wortfülle einen Ausblick auf den Genuß (bzw. Ver­lust) der höchsten himmlischen Glückseligkeit gibt (Z. 97-104):

veritas autem deus esl (crSl) quae cum tarn multis modis loquatur (trT) hominibus et bonis el maUs (C),

quamquam 11011 omnes (S), quibus lot modis loquitur (0\

possint eius substantiam naturamque (crS) J conspicere (Ol), quis hominum potest (HI) coniciendo aut cogilando (miT) J colligere (0'),

quol et quibus modis eadem veritas (Cch) loquatur angelis (H),

L-" Ygl. doetr. ehr. 4, 42 (CCL 32, 148f.) grande aulem dicendi genus hoc maxime dislOt ab iSlo genere lemperalO. quod non lam verborum ornatibus complum esl. quam violenlum animi affeclibus. nam capil eliam illa ornamenla paene omnia. sed ea si non habueril. non requiril. !ertur quippe impelu suo el elocutionis pulchritudinem, si occurreril. vi re­rum rapil. non cura decoris adsumit. salis enim eSI ei propter quod agitur. ut verba congruenlia. non oris eligantur industria, sed pecloris sequanlur ardorem.

Lsg Ygl. KURSAWE, doeere, deleetarc, movere, 43 zu doetr. ehr. 4, 5 1-52.

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86 Vier Themenpredigten

sive bonis qui eius ineIJabili speeie (0') el pulehriludine (H) per mi­rabilern earilalem (crT) eonlemplando pet/ruunlur (trT), sive maUs qui depravati (8) per superbiam suam (trH) el ab ipsa ve­rilale (T) f in injerioriblls (C;)160 ordinali (T) possunI quibusdam lalenlibus modis (!rH) voeem eius audire (0), quamvisfaciem videre non digni (trO) sint? 161

In feierlichem Ton ist auch die anschließende Höreranrede gehalten, die Augustin mit eindringlichen Adhortationes verbindet, welche sich folge­richtig aus der soeben festgestellten Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnisvennögens (quis IlOminum polesI ... eoUigere) ergeben (Z. 105-108):

quapropIer, dileelissirnijralres (O),fideles dei el calholicae malris (0) germanissimi fiUi (C), "emD vos decipiat (S3) f venenatis cibis (Ce), et­iam si adlzuc estis laele lIutriendi (trT). perseveranler nune ambulate (mT) per fidem veritatis (crT), ul cerlo el oporlilno lempore (Cm) ad speciem veritatis eiusdem (trQ) venire possilis (0).

Sicherlich soll hier die Gememde zum Schutz gegen häretische EinflUsse zu einem gläubigen Lebenswandel angehalten werden.'62 Gleichzeitig dient die affektive Zustimmung, die der Prediger mit seinen identitätsstiftenden Worten und der in Aussicht gestellten himmlischen Belohnung erheischt, der weiteren Argumentation. Denn damit die spätere Auslegung von lob 1 ,6f. überzeugend vermitteln werden kann, muß zunächst zweifelsfrei fest­stehen, daß die manichäische Quaestio im Anschluß an 10 14, 6 absurd, das Gespräch zwischen Gott und Teufel dagegen glaubhaft möglich ist. Nach seinen bewegenden Worten werden die Zuhörer Augustin in diesem Punkt schwerlich die Gefolgschaft versagen, weshalb er dann auch sogleich die entsprechende Conclusio vornimmt (vgl. Z. 1 12ff.).

Rednerischem KalkOll verdankt sich gleichfalls der erhabene Ton, in wel­chem Augustin den zweiten Hauptteil der Argumentatio beschließt. Unmit-

1100 Zu dieser bei Augustin verhllltnismäßig seltenen Auflösungsform der C�-Klausel, vgl. ZWIERLEIN. Klauselrhythmus. 58 [' Abgeleitete K lauseltypcn d)' 1. 161 Wenn die Kopula hier (wie auch sonst gelegentlich, vgl. ZWIERLElN, a.a.O., 63 mit Anm 53) unberücksichtigt bleiben darf, schließt die lange Periode betont mit der Optima.

162 Im germs grande besteht das Ziel der Persuasio darin, 111 aganlur. quae agenda esse iam sciunfur nee agunfur (doelr. ehr. 4, 55 (CCL 32, 161», und die Änderung der Lebens­weise seiner Adressaten gehört rur den Prediger Augustin zu den Erfahrungen, die ihm den Erfolg eines erhabenen und weise verwendeten Redestils anzeigen: sunt et aUa mul­ta experimenla (außer der 418 dureh seine Predigt bcendeten tödlichen Gruppcnfchde in Caesarea Mauretania), quiblls didicimus homines, qllid in eis feeerit sapientis granditas dictionis, non c1amore polius quam gemitu, aliquando etiam laerimis, poslremo vitae mlllaliotle monstrasse (doctr. ehr. 4, 53 (a.8.0., 160» .

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Senno 12 87

telbar vor Beginn der kurzen Peroratio der Predigt stellt er zur endgültigen Widerlegung des manichäischen Doketismus dem Publikum die unbe­fleckte Reinheit der caro mortalis Christi plausibel vor Augen, nachdem er zuvor das analoge Beispiel der Sonne angeflihrt hat (Z.245-252):

el dominus noster Iesus Christus verbum patris, per quod facta sunl om­nia (vgl. 10 I , 1-3), virlu, el .apienlia dei (vgl. I Cor I , 24), ubique praesensl63, ubique secretus, ubique totus, nusquam inclusus, perten­dens afine usque in finemfortiter et disponens omnia suaviter (vgl. Sap 8, 1), timen I inJelices (S),

ne non potueril sie hominem assumere (crICch), ut viviflcaret morla/ja (CrJ nee ab eis mortificaretur (Si), sanctificaret carnern (S) nee inde pollueretur (trS2), disso/veret mortem (0) nee inde ligaretur (Si), mutaret in se hgm!t!?m. (03) nee in hQRÜQ.(}m mularetur (crIS)?

Der Prediger beginnt mit einer Exhomologese. die, gespeist aus bekann­ten biblischen Formeln, dem Gedanken nicht nur besondere Würde und Autorität verleiht, sondern auch stärker als bei dem zuvor über die Mani­chäer ausgegossenen lehrhaften Spott (vgl. Z. 23 1 ff.) an die christliche Überzeugung derjenigen appelliert, die sich trotz alledem von ihrer Lehre haben beeindrucken lassen. Darüber hinaus sorgt diese anakoluthische Pro­lepse des im späteren Objektsatz vorgestellten Subjekts damr, daß bereits das übergeordnete timent nicht vernünftig erscheinen kann, geschweige denn die häretische Leugnung der paradoxen Wahrheit, welche sich als

161 Vgl. en. Ps. 75, 17 (CCL 39, 1056) si deum patrem cogites. ubi non est qui ubique prae­sens es!? si [tlium cogites secundum formam divinitatis. et ipse eum patre ubique est; quia ipse est sapientia dei. de qua dictum est: adtingit autem ubique propter suam mun­ditiam {Sap. 7, 24}. Sein Bekenntnis der göttlichen Allgegenwan stilisiert Augustin auch an anderen Stellen als Expolitio, freilich nicht immer mit gleicher Quantität und Intensi­tät: Simpl. 2, 6 (CeL 44, 90) nam quomado deus haee agat ubique proesens et ubique totus oe semper praesens ( . . . ), civ. 1 , 29 (CCL 47, 30) deus meus ubique praesens, ubi­que totus, nusquam inclusus. qui possit adesse seeretus, abesse non motus, vgl. außer­dem ep. 140, 6; 155, 13; 187, 35 u. 38 (CSEL 44, 159. 443; 57, 1 13. 1 16), cn. Ps. 99, 5 (CeL 39, 1396) u.ö. Bei der Fonnel ubique totus, die ebenso wie nusquam jnclusus be­sonders geeignet ist, dem Partikularismus der manichäischen Gouesvorstellung zu wi­dersprechen, hat man an neuplatonischen Einfluß gedacht, vg!. O'OoNNELL, Confessi­ons 11, 22 (zu conf. I , 3 an ubique totus el res nulla le totum copit?), der an Man. Cap. 7, 73 I ubique totum (von der Monade gesagt) und Macrob. somn. Scip. I , 17, 1 I ubjque Iota, ubique perfeeta (auf die Weltseele bezogen) erinnen, zugleich aber vennutet, daß Augustin unmittelbar auf Ambr. fid. 1 , 16, 106 zurückgreift: ccmplens omnja, nusquam ipse eonfusus. penetrans omnja, nusquam ipse penetrandus. ubique lolllS eadem tempore vel in caelo, vel in terris. vel in novissimo maris praesens.

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Konsequenz aus der Menschwerdung des Wortes Gottes ergibt. Augustin legt diese konsekutiven Kola wie schon das eingangs formulierte Bekennt­nis als leidenschaftliche Expolitio an, verzichtet jetzt aber darauf, den Grundgedanken um zusätzliche Aspekte zu erweitern (= de eadern re diee­re) I64, sondern bildet eine Reihe von jeweils nur durch commutatio verbo­rum variierten Antithesen (= eandem rem dicere)16S, welche das Erlö­sungswerk des Gottmenschen nachhaltig vermitteln wollen.l66 Neben den Wortspielen, von denen das zweite das Satzgefllge besonders einprägsam abschließt, sorgt auch die Dissolutio für eine attraktive Lebendigkeit der Rede, die den Hörern keine Zeit läßt, auf den Gedanken zu kommen, ihnen werde bloß Altbekanntes präsentiert. Auf die rhythmische Gestaltung hat der Prediger dabei wohl, wie die häufigen Formen des Dispondeus vermu­ten lassen, weniger Wert gelegt. Vielleicht schien ihm hier aber auch ge­zieltes Maßhalten geboten, um dem Eindruck ZU entgehen, er habe nach dem erhabenen Beginn der Periode nun vornehmlich die delectatio audito­rum im Sinn und beraube damit das gesamte Argument seiner GlaubwOr­digkeit.167

Die Stilisierung der Rede zeigt jedenfalls ein weiteres Mal, daß Augustin in s. 12 den Wechsel des genus dicendi nicht weniger überlegt anstrebt als die inhaltliche Anordnung seiner Argumente, die ganz im Einklang mit den Vorschriften der Rhetorik und der Praxis berühmter Redner, allen voran Demosthenes und Cicero, dem sog. ordo Homericus folgt, d. h., Teile mit

••

starker Uberzeugungskraft an den Anfang und das Ende, schwächere dage-gen in die Mitte der Rede stellt.168

164 Vgl. Lausberg § 842. 16$ Vgl. ebd. § 835 166 Die theologische Leistung der rhetorischen Antithese bei den Predigern der Alten Kirche

wird an mehreren Beispielen aufgezeigt von K. BERGER, Antike Rhetorik und christliche Homiletik, in: C. COLPE, L. HONNEFELDER, M. Lurt-BACHMAN"N (Hgg.), Spätantike und Christentum. Beilräge zur Religions- und Geistesgeschichte der griechisch-römischen Kultur und Zivilisation der Kaiserzeit. Beflin 1992, bes. 177-182.

167 Zur moderatiQ in Augustins Rhythmustechnik vgl. ZWIERLEIN, Klauselrhythmus, 70. Rhetorische Zurückhaltung ist rur Augustin besonders dann am Platze, wenn der christ­liche Redner die HJ. Schrift selbst zu Wort kommen läßt. Er warnt in doctr. ehr. 4, 41 (CCL 32, 148) daher auch die lateinischen BibelObersetzer: sed covendum est, ne divinis gravibusque sementiis. dum additur numerus, pondus detrahetur. 168 Loc. dass. ist 11. 4, 297-300 (Nestor stellt die Seinen zum Kampf auf) tXJt:fju<; J.Itv xQ&m aVv ÜO'c:OlOlV Kal ÖXl:Ocpt I XE�OUe; b' t�6:rnßE at"OEV :n:oAta<; TE Kai toß)..oU!; I �QKO<; CJ.lEV xoAtJ.lOlO· KUKOUe; b' tc; Iltooov CAUOOEV. I ö<pQ<l KUl OÜK tßtArov n<; Üvtt"YKWn :n:oAqli�Ol (An die Spitze stellte er die Reisigen samt Rossen und Wagen, ans Ende das tapfere Fußvolk in großer Zahl, damit es als Schutzwall diene in der Schlacht. In die Mitte aber trieb er die Feiglinge, auf daß auch der Unwillige zum Kampf genötigl

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So beginnt der Prediger die Widerlegung der manichäischen Quaestio mit dem schlagenden Argument, daß Adimantus einen Paulustext verwendet, den es in der von ihm zitierten Fassung gar nicht gibt. 169 Daß Adimantus dabei mit Hilfe einer begründenden Parenthese als eigentlicher Autor der Verleumdung identifiziert wird ("am latium calumniarom iste conscriptor est), und Augustin im Anschluß an diese ftir die meisten Hörer anscheinend notwendige Erläuterung seinen Wunsch nach einer Belegstelle in betonter Weise wiederaufgreift (sed primo ab istis vellem quaerere. ubi Adimantus apud apostolum legerit ( ... ) vellem ergo dieeret ubi legerit ( ... )) zeugt von der rednerischen Lebendigkeit des Textes und mag als ein Hinweis auf seine ursprüngliche Mündlichkeit gewertet werden, zumal im folgenden mit Rücksicht auf das Publikum auch das venneintliche Pauluszitat noch ein­mal angeftihrt wird (vgl. Z. 35ff.).

Betrachtet man die argumentatorische Disposition, so erweist Augustin sich hier ganz als geschulter Gramrnaticus, welcher nach der lectio der ihm präsentierten Bibelstellen zuerst die Aufgabe der emendatio erfüllt, die im Rahmen der Textkritik auch die Frage nach der Authentizität zu stellen hatte. Obgleich dieser Arbeitsgang belegt, daß Adimantus sich, falls er I Cor 2, 6·8 anfUhren wollte (und ein anderer Text ist dem Wortlaut nach anscheinend ausgeschlossen), der Athetese und lnterpolation schuldig ge­macht hat, kommt Augustin dem Manichäer entgegen (Z. 35ff.):

verumtamen eliam si hoc modo dixissel aposlOlus (Cm2), numquid prop­lerea diabolus (Cc:h3) \loeern dei Qlldire non pOlllit (cr03)?

werde.) - siehe auch Caes. GaU. 3. 21 prima luce productis omnibus copiis duplici acie instrucla auxiliis in mediam aeiem coniectis quid hostes consilii caperent exspectabal (worauf G. S. KJRK in seinem Kommentar z. St hinweist). Das Dispositionsprinzip .. Schwaches in die Mitte" gilt Cicero rur die Einzelrede ebenso wie rur den Fall, daß mehrere Redner zugunsten derselben Sache auftreten: de orat 2, 3 1 4 ergo ul in oratore optimus quisque, sie in oratione firmissimum quodque sit primum; dum Wud tarnen in utroque teneatur, ul ea, quae excellenl, serventur eliam ad perorandum; si quae erunl mediocria, nam vitiosis nusquam esse oportet locum, in mediam turbam alque in gregem coniciantur. Vgl. zum Ganzen W. STROH, Taxis und Taktik. Die advokat ische Dispositi­onskunst in Ciceros Gerichtsreden. Stullgart 1975,36 Anm. 2 1 u 102f. Anm. 67.

169 Vgl. c. Adim. 12 (eSEL 25, I, 138). Der Quaestio der Manichäer, quomodo, si sanguis esl anima (vgl. Dt 12, 28), flon possit hominis inter/eclor nocere animae (vgl. Mt 10, 28), cum /antam in eius sanguinem habeal potesfalem, die sie noch mit dem Pauluswort caro et sanguis regnum dei non possidebunt (I Cor 15, 50) ZU untermauern suchen, hält AuguSlin zunächst eine sinnentstellende Textusurpation vor: cui columnfae prima ila respo"dendum es', ul ipsi coga"tur oSfendere, ubi 5criptum sit in /ibris veferis legis, quod anima humana sanguis sit. nusquam enim hoc invenient in ilIa scriptura, quam la­cerare miseri quamdill conanlur, nullo modo infel/egere permi/tuntur.

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90 Vier Themenpredigten

Diese Fictio ennöglicht es ihm dann auch, seine Überlegenheit in der Texterklärung (enarratio) unter Beweis zu stellen und dabei durch eine lexikalische und tropologische Analyse nachzuweisen, daß die principes in der genannten Paulusstelle keine himmlischen Mächte bezeichnen können, eine Bedeutung, die er offenbar bei der manichäischen Quaestio voraussetzt (vgl. Z. 24-27).'70

Ihre größte Schwäche offenbart Augustins Argumentation dagegen in der Tat im Zentrum der Predigt. Um der manichäischen Kritik eine positive Auslegung von lob I , 6 entgegenzusetzen, wird hier rur den conspeclus dei nun mit Hilfe eines zumindest umständlichen Analogiebeweises ein sensus proprius erschlossen, der die Begegnung von Gott und Teufel plötzlich nicht mehr als Beschreibung eines buchstäblich nachvollziehbaren Gesche­hens erscheinen läßt, sondern als einen Vorgang, der sich in secreto creatu­roe abspielt und das menschliche Vorstellungs- und Ausdrucksvennögen übersteigt. Aus welchem Grund, so könnte ein kritischer Hörer fragen, be­müht sich der Prediger dann nach wie vor darum, die Plausibilität der Szene aufzuzeigen (vgl. Z. 133ff.)? Doch die geschickten Erklärungen, die an­schließend ftir die Engeleskorte des Teufels und die Aussage dixil deus gegeben werden, dUrften der Masse der Hörer kaum Gelegenheit geben, diese Inkonsequenz zu beanstanden.

So sollte dann auch die spätere, auf die Themenfrage bezogene Feststel­lung machinamenta manichaeorum multis modis soluta esse perspicitis (vgl. Z. 1 50f.) auf Zustimmung stoßen, und Augustin kann nun im zweiten Hauptteil der Argumentation wieder leichter überzeugen. Es zeigt sich, daß die Manichäer. da sie den neutestamentlichen Bericht von der Versuchung Jesu nicht in Frage stellen, ihre eigene Schriftkritik untergraben. Denn der bloße Anschein einer Leiblichkeit des Henn. mit der die Häretiker argu­mentieren. deckt erst recht die innere Widersprüchlichkeit ihrer Lehre auf, die Augustin als ihr intimer Kenner leicht vorfUhren kann. Die Argumente werden in dichter und konsequenter Abfolge dargeboten; einzig der Über­gang zum Sonnenkult der Manichäer nimmt sich ein wenig unvermittelt

170 Zur Orienlierung der augustinsehen Exegese an den offieia grammaticorum, die seit Varro in der klassischen Stufenfolge lectio, emendatio, enarratio und iudicium erschei­nen (letzteres meint die ästhetische oder auch moralische Beurteilung des Textes, bei welcher sich der divinarum scripturarum studiosus freilich in demütiger Zurückhaltung üben muß, vgl. doctr. ehr. 2, 62 (CCL 32, 75f.) , siehe MARROU. Auguslinus und das Ende der antiken Bildung, 17-23 u. 355-380 sowie Chr. SCHAUBLIN, Zur paganen Prä­gung der christlichen Ex.egese, in: J. VAN OoRT I U. WtCKERT (Hgg.), Christliche Ex.ege­se zwischen Nicaea und Chalcedon. Kampen 1992, bes. 160-168 u. 170-172.

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aus,l7I H ieT kann die Predigt ihre Mündlichkeit nicht verleugnen. Man darf vielleicht annehmen, daß Augustin erst während des Vortrags darauf ge­kommen ist, daß sich dieser Aspekt im Zusanunenhang mit der Kritik an der inkonsequenten manichäischen Theologie verwerten läßt, und deshalb ein kleines apologetisches Lehrstück eingeschoben hat.

Wenn wir am Ende der langen Argumentatio die Jungfrauengeburt des Gottmenschen und die vom ihm gewirkte Erlösung des Fleisches verteidigt finden, scheint auch dies der oben angedeuteten Taktik zu entsprechen. Denn die manichäischen Vorbehalte gegen den uterus virginis und die caro Christi bieten, da sie sich mit leicht faßlichen Argumenten widerlegen las­sen, für den Prediger eine besonders geeignete Angriffsfläche, zumal er damit rechnen darf, daß sich die Gemeinde von seiner Apologie dieser un­entbehrlichen Inhalte des christlichen Symbolums auch geflihlsmäßig stark ansprechen läßt.

Die Perora/;o

Am Ende der Predigt entschuldigt Augustin zunächst die Ausflihrlichkeit der vorangegangenen Erörterung, wobei er wie schon im Exordium auf seine seelsorgerische Motivation hinweist, um sich das Wohlwollen der Hörer zu sichern (Z. 253f.). Die folgende Erinnerung an die ursprünglich vorgestellte Quaestio und ihre gelungene Widerlegung verbindet er - ganz im Sinne der Aufgaben, die nach rhetorischer Theorie in der Peroratio zu erfUllen sind - mit einer Indignatiol12 (Z. 254-259):

quod autem attElle/ ad propositam quaes/ionem (T), quamquam illa scrip/ura (S), de qua insidiari quam iIluminari ma­luerant (crS\ deum a diabolo visum esse non proben/ (H),

videant tarnen ipsi (S2), quomodo gens tenebrarum (crO) divillam subs/anliam (ern) videre poluerit (H'l. quando ame pugnam (T), qua bonum et ma/um (H) dicunI esse commix/um (0), nullum adhuc corpus (0) divina sub­stantia (C), ul ab hoste suo videri possei (trS), f assumpseral (C).

Zwar ist bereits das Wortspiel insidiari quam iIluminari (mit Alliteration und Reim) geeignet, das Publikum nochmals gegen die Schriftkritik der Manichäer aufzubringen, mehr als jedes der voraufgegangenen Argumente sorgt aber die ironische Pennissio des Predigers für gesteigerte Entrüstung.

171 V gl. Z. 206fT. et si alterius esse substantiae filium dicerent, posset eis responderi: .. unde igitur scitis, utrum cum patre an cum fi/io locutum esse diabofum Yetus Wa scriptura commemorat?" deinde quaerimus: .. sofern islum videt diabolus an non videt? ( ... ). "

172 Zur duplex ratio perorationis vgl. Lausberg §§ 432-439.

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92 Vier Themenpredigten

Denn wie verlogen und lächerlich muß erst der Versuch der Gegner er­scheinen, dem AT eine Gottesschau des Teufels vorwerfen zu wollen, wenn ganz offensichtlich schon ihr eigener Mythos eine solche Vorstellung vor­aussetzt, ohne daß sie daran irgend einen Anstoß nähmen?

So kann Augustin folgerichtig mit einem rhythmisch und rhetorisch ein­prägsam fonnulierten Bild schließen, das an die stärksten Argumente seiner Predigt denken läßt und die Hörer meisterhaft gegen eine weitere manichäi­sehe Mission wappnet:

ex qua cognoscanl (S) [ruslra se calholicae fidei (01 .3) firmamenla (S) velle subverlere (C), cum suas [abulas ruinosas (trO) qualibuscumque (0) responsionum deslinis (C,)[ulcire non possinl (0).

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2. SERMO 266

a) Einführung

Nach Zählung und Einteilung der Mauriner gehört s. 266 (pL 38, 1225-1 229) zu denjenigen Predigten, die Augustin zu den Festzeiten des Kirchenjahres gehalten hat (classis de tempore). Innerhalb dieser Gruppe läßt er sich zusammen mit den ss. 267-272 dem Pfingstfest zuordnen"', speziell der Feier der Pfingstvigil, die Augustin hier zum Anlaß nimmt, die donatistische Auslegung von Ps 140, 5 zu widerlegen.174

Eventuell ist s. 266 die erste von zwei Predigten, die heide im Verlauf derselben Vigil vorgetragen wurden. Für eine solche Möglichkeit spricht zunächst, daß der Wortgottesdienst nach s. 266 vielleicht noch nicht abge­schlossen war. Dies nämlich könnte die Fassung der Predigt belegen, die das Augustinhomiliar der Mainzer Kartäuser (Mainz, Stadtbibliothek I 9 = M) enthält"', in dem Franyois Dolbeau 1990 die Entdeckung von 26 noch nicht oder nur zum Teil edierten Sennones Augustins gemacht hat. Nach der Überlieferung von M 20, die, wie Dolbeau zeigen konnte, im Vergleich zu der Pariser Editio princeps aus dem Jahr 1586 (s. 266 = coll. carth. 5)176,

m Vgl. DROßNER, Überlieferung, 4f. 17. In vigiliis Penlecosles. De versI' Psalm; CXL, 5. Emendabit me illstus. eie. Contra Do·

nalistas • so die Überschrift der Mauriner unter Berufung auf das Indiculum des Possidi. us, vg!. PL 46, 1 8 und in Wilmarts Ausgabe cap. X', Nr. 107 (p. 200) Ilem de die pente­eosten. de versu psalmi eenlensimi quadragensimi: emendabit me iustus in misericordia (per vigilias) (Den Zusatz per vigilias bietet einzig der Hauptzeuge, Codex Veronensis, saee. VI.). Der Pfingstvigil werden außerdem s. 29 (vgl. Possid. indie. p. 200, Nr. 108 Ilem de eoliem die, de versll psalmi eenlensimi septim i decimi: eonfitemini domino quo­niam bonus est) sowie 29A ("" Denis 9), 29B (:: Dolbeau 8) zugeordnet. Einen textim­manenten Hinweis auf diese Festzeit liefen s. 266 in Z. 10r. eerte enim solemnitatem modo eelebramus advelltllS spiritus saneti. nam die penteeostes, gui dies iam eoeoit, erant uno in loeo eentllm viginli animae ( ... ); denn die nächtliche Vigilien feier galt schon als der Beginn des Festtages, \lgl. Augustins BegrOndung im Rahmen der Feier der Ostervigil s. 221, 4 (SC 1 16, 21 8) [Bei Schöpfungsbeginn reichte der Tag von einem Sonnenaufgang bis zum nächsten] sed postea quam creatus homo a luce justjtiae in pec­caU lenebras declinavit a quibus eum Christi gratia fiberavil, faclum est. ul nunc dies a noelihus ccmpulemus, quia non a luce ad tenebras sed a tenebris ad lucem venire co­namur et domino adiuvanle speramus.

175 Zur Beschreibung der aus der 2. Hälfte des 15. Jh. stammenden Hs I 9 (s. 266 = f. 81"'-1S3'� vgl. G. LIST ' G. POWITZ, Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz. Bd. I. Hs 1 1 - Hs 1 150. Wiesbaden 1990, 3 1 -37.

'" D . . Aurehi Augustini Hipponensis episcopi operum tomus X continentes sermones ad

populum el c1erum Parisiis 1586, 755-775: Homiliae undecim, nune primum in lucem editae. Hae e Bibliotheca Carthusianae maioris desumptae sunt. Den Maurinem lag die-

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94 Vier Themenpredigten

von der die Mauriner abhängig sind, an einigen Stellen den besseren Text bietet, endet der Serrno vor dem Schlußgebet (conversi ad dominum) mit der Aufforderung: ergo deinceps leetiones atlen/ius audiamus. Demnach müßte also der Prediger bereits zwischen den Lesungen das Wort ergriffen haben '77 Berücksichtigt man außerdem, daß im Rahmen der Pfingstvigil wohl üblicherweise nach Ps 140 noch Ps 1 1 7 gesungen wurde''', könnte die Verbindung, die im Indiculurn des Possidius zwischen den Sennones X6 107-108 hergestellt wird, daraufhindeuten, daß Augustin nach s. 266 später noch eine Homilie zum zweiten Psalm vorgetragen hat. Dolbeau will diese nicht mehr mit s. 29 oder 29A, sondern mit M 21 (= s. Dolbeau 8) identifi­ziert wissen.l79 Einen argumentativen Zusammenhang mit s. 266 läßt frei­lich keine dieser Predigten erkennen. und auch die Behandlung von Ps 140, 5 gibt keinen Hinweis auf eine beabsichtigte Fortsetzung des Themas.

Die Auseinandersetzung mit den Donatisten, welche nach den Erfahrun­gen mit den Traditores Heiliger Schriften zur Zeit diokletianischer Verfol­gung die Gültigkeit der Sakramente an die persönliche Heiligkeit des Spen­ders binden wollten und sich in Nordafrika als von Todsündern freie und deshalb wahre Kirche Christi der Catholica entgegensetzten, beschäftigt Augustin drei Jahrzehnte von seinem ersten Wirken als Presbyter bis hin zur Reaktion auf die Briefe des Donatistenbischofs Gaudentius von Tha­mugadi (420). Da während dieser Zeit kein Jahr ohne eine antidonatistische Schri ft oder Predigt vergeht'80 und s. 266 eindeutige Bezüge auf historische Ereignisse nicht zu bieten hat. ist eine genaue Datierung schwierig.

se Ausgabe als Nachdruck aus dem Jahr 16 14 vor, vgl. F. DOl.BEAu, Le sennonnairc au­gustiniene de Mayence (Mainz, Stadtbibliothek I 9): analyse el histoire: RBen 106 (1996), 1 1 . Anm. 27.

m Vgl. ebd., 23. DOL.BEAU hat an dieser Stelle lediglich die größeren Zusätze und Varian­ten publiziert, die M gegenüber PL 38, 1225-1229 zu bieten hat. Der unten abgedruckte

lateinische Text velluerkt, wo er M folgt, und verzeichnet abgesehen von orthographi­schen Quisquilien auch die Ubrigen Abweichungen der Handschrift vom Text der Mau-

• nner.

171 Vgl. s. 29, 3 (CCL 41, 374) [so 29 konunentiert ebenso wie die ss. 29A und 29B Ps 1 17, 1 conjitemini domino quoniam bonus est] sed quod vt'nlm esl, est etiam salubris confes­sio peccalorum. unde audivimus in Psalmo qui prima Jecrus est: pone domine custodiam ori meo el ostium continentiae circum labia mea, ut non declines cor meum in verba ma­ligna ad excusandum excusationes in peccatis [Ps 140, 3f.].

179 Vgl. DoLBEAU, a.a.O., 23f. sowie ders., Augustin d'Hippone, Vingt-six sermons au

peuple d'Afrique. Retrouves a Mayence. Paris 1996 (EAug. Serie Antiquite 147), 1 72f., zustinunend auch HOMBERT, Nouvelles recherches, 301. 180 Vgl. W. H. C. FREND, The Donatist Church. A Movement of Protest in Roman North Africa. Oxford 1952, 228.

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Sermo 266 95

In der 406-407 entstandenen Abhandlung Ad Cresconium Grammaticum partis Danatil81 erklärt der Bischof im Hinblick auf das Psalmwort oleum peccatoris non impinguel capul meum, welches die Donatisten gerne als Schriftbeleg daflir anflihrten, daß nur der im Geistbesitz befindliche, makel­lose Priester taufen dürfe: opponis mihi verba scripturarum tOliens de­monstrata quam vos nihil adiuvent (Cresc. 2, 28 (CSEL 52, 387)). Viel­leicht darf man daran denken, auch s. 266 zu diesen früheren Widerlegun­gen zu rechnen, welche sich eindeutig in Augustins antidonatistischen Schriften'" Contra litteras Petiliani (400-405) und Contra epistulam Par­meniani (403-404) findenllll, mithin schon einer Phase angehören. in der er bereit ist, zum Heil der Häretiker auch Maßnahmen staatlicher Disziplinie­rung zuzulassen?!'" Jedenfalls ist es bemerkenswert, daß Augustin sich seiner allegorischen Auslegung von Ps 140, 5, mit der er s. 266 beschließt ­oleum peccatoris non impinguet capul meum verhält sich zu emendabit me ius/us in misericordia el arguet me ebenso wie cavebo blandimentum adu-

111 Die Chronologie der frühen antidonalistischen Schriften Augustins hier nach HOMBERT, Nouvelles recherehes, 8ff. 111 Vor ihm in bezug auf Ps 140, 5 gegenUber dem Donatistenbisehof Parmenian v. Kartha­go schon Optatus von Mileve, vgl. Opiat. 4, 7 (CSEL 26, I 12-1 14).

III Vg!. c. litt. Pet. 2, 150. 236. 237; 3, 38. 40 (eSEL 52, 98f. 1 50f. 193f.), c. ep. Parm. 2, 20. 22; 3, 4 (CSEL S I , 66. 7 1 . 104). HOMBERT, a.a.O., 293, stellt fest, daß sich die anlidonatistische VelWendung von Ps 140, 5 bei Augustin zum ersten Mal im Jahr 401, im zweiten Buch von Contra lirteras Petiliani, finde. Zur früheren Verwendung des Psalmwortes (als Zitat oder Anspielung) in ep. 27, 6; 28, 6, div. qu. 59, 3 (394-395), en. Ps. 69, 5. 6 (395-405) und ep. 33, 3 (396) bemerkt er (ebd., 292): "Les premiers emplois du Ps 140, 5 relevent d'une interpretation morale assez simple, basee sur une expression populaire el le symbolisme de J'huile ( . . . ). L'huile du peeheur n'est aulre que la flatterie, et iI n'est pas question de I'onction sacramentelle." Freilich wird die IXutung des oleum peccaloris als adulafio gerade deshalb leicht nachvollziehbar gewesen sein, weil sie als katholisches Verständnis aus der langen Kontroverse mit den Donatisten um das Psalm· wort hinlänglich bekannt war, vgl. G. N. KNAUER, Psalmenzitate in Augustins Konfessi­onen. Göttingen 1955, 170f.

lU Vgl. FREND, Donatist Church, 241 mit Hinweis 8ufc. ep. Pann. I , 1 6 (CSEL S I . 37) iIIud quaero, cum manifesfa enumerel aposlolus opera carnis - quae sunt, inquit. fomi­cationes, iummundiliae, luxuria. idolorum servitus. veneficia. inimicitiae, contentiones. aemulationes, animositates, dissens;ones, haereses, invidiae, ebrietates, comisationes, et his similia - , quid iSfis [sc. Donatislis] videatur, ut crimen idolatriae pute,,, iusle ab ;m­peratoribus vindicari, out si nec hoc va/unI, cur in veneficos vigorem legum exerceri [SO ist wohl mit den Codices EFGHI und der Editio Maurina zu lesen, während das von PETSCHEN1G aufgenommene exer; hier den EindruCK einer Haplographie macht] iustefa­leanlur, in haereticos autem afque impias dissensiones nolint faleri, cum in eisdem in;· quitalis fruclibus auctor;late apostoUca numerentur? oder c. litt. Pet. 2, 189 (eSEL 52, 1 1 7) quisquis igitur in ecclesia non invenitur, iam non interrogetur, sed aut correctus convertafur, aut correptus non conqueratur.

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la/orfs zu amabo veridicum obiurgatorem - gleichfalls bedient, wenn er in jenen Jahren eine Bestrafung (correplio) der Donatisten begründet, die dann durch das Edikt des Honorius vom 12. Febr. 405 Gesetz wurde.'" So antwortet er beispielsweise in c. litt. Pet. 2, 150 (eSEL 52, 98) auf Petilians Behauptung, die Katholiken könnten nicht das beat; misericordes aus Mt 5, 7 flir sich in Anspruch nehmen, solange sie die Gerechten bestraften: nec vos jus/os probatis lIee nos paenas ingerere vel iniustis, et tarnen, sicut est plerumque crudelis fallax adulatio, sie semper misericors iusta correptio. lIam tnde esl illud quod non inlellegitis: emendabit me iustus in misericor­dia et arguet me. hoc enim curn de asperilale misericordis correptionis dixissel, continuo subiunxil de lenitate perniciosae adulationis et ait: oleum autern peccator is non impinguabir caput meum

Bevor der Bischof jedoch in s. 266 den flir ihn einsichtigeren Sinn des Psalmverses darlegen kann, muß er zunächst aufzeigen, daß die donatisti­sehe Interpretation fehlgeht. Zu diesem Zweck bietet die Predigt keine schlichte, allein die gewählte sententia im einzelnen ausdeutende Erklä­rung, sondern eine klar gegliederte, rhetorisch gestaltete TIlemen­behandlung, die freilich, um die göttliche Urheberschaft der Geistmittei­Jung und damit auch die dem Menschen entzogene Wirkung bapti smaler Salbung beweisen zu können, immer wieder auf Zeugnisse der Schrift Be­zug nimmt und insofern homiletisch bleib!. Nicht anders als s. 12 läßt die bewußte Disposition eine Fonn des in rhetorischer Theorie sog. ordo natu­ralis (= prooemium, narratio, argumelllatio, peroratio) erkennen, wobei Augustin seinen Vortrag auch hier so zu ordnen versteht, daß in der Argu­mentation einem sehr überzeugenden Teil zunächst ein schwächerer folgt, der noch Einwände zuzulassen scheint, am Ende aber der gewichtigste steht, der die donatistische Position ad absurdum fUhrt. Denn wie der Spiri­tus Sanctus zweifellos zum ersten Mal ohne menschliche Vermittlung am

IU Vgl. FREND, Donalisl Church, 263. Mit Rücksicht auf eine möglichc chronologischc Anordnung der Predigten Nr. 101- 13 1 in Possid. indic. p. 200-202 schließt C. LAMBOT, Un .. ieiunium quinquagesimae" en Afrique au IVe siecle et date de quelques sermons de S. Augustin: RBen 47 (1935), 11 8f., daß Augustin s. 266 am 23. Mai 397 in Karthago gehalten hat, KUNZELMANN, Festlegung, 25, auf den 28. Mai 410, da s. 266, ] graliam non noverat (mit M 20 ist hier wohl agnoverat zu lesen s.u.]. nam si gratiam agnosceret,

gratis haberet die antipclagianische Lehre von der gratia gratis data voraussetze. Die Verbindung von gratis und gratia findet sich aber schon in Rm 3, 24: iustiflcati gratis per gratiam ipsius per redemptionem, quae eSl in Christo lesu. HOMBERT, Nouvelles rc­cherchcs, 289-299, denkt wegen der Parallelen, die cr bei Augustin zu Ps 140 .. 5, Hand­auflegung und Geistvennittlung, der Petrusvision in Joppe, der Person des Cornelius, der Frage der Philippusidentiät sowie der Verwendung von 10 3, 1 8 findet, an den, Zeitraum der Jahrc 403-408. Zu weiteren Datierungsvorschlägen vgl. VERBRAKEN, Etwdes criti­ques, 123.

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Senno 266 97

Pfingsttag zur Gruppe der Hundertzwanzig gekommen ist, so empfangen ihn nach dem Bericht der Schrift Comelius und die anderen in seinem Haus versammelten Heiden offensichtlich, noch während Petrus predigt, ohne vorherige Taufe oder Handauflegung. Gegenüber der Eindeutigkeit dieser Exempla gibt das Geschehen im Zusammenhang mit der Taufe des Eunu­chen der Kandake einem mutwilligen Häretiker immerhin noch die Mög­lichkeit, an der Identität des Philippus oder dem tatsächlichen Fehlen der Handauflegung zu zweifeln. Diese Anordnung der Redeteile gemäß ihrer Überzeugungskraft betrifft aber nicht nur die Argumentatio, sondern auch die Peroratio, die der Prediger darauf anlegt, stärker als zuvor Emotionen gegen den donatistischen Anspruch auf Geistbesitz zu erregen sowie mit der abschließenden eigenen Interpretation von Ps 140, 5 einen bleibenden Eindruck bei den Hörern zu hinterlassen.

Gleichwohl stellt s. 266 ein deutliches Beispiel einer frei gehaltenen Pre­digt dar, in der, wie die spätere Analyse zeigen wird, Augustin bemüht ist, Kontakt zum Publikum zu halten, was mitunter zu auffalligen Redundanzen im Vortrag fUhrt.

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Münchln

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b) Text und Übersetzung

s. 266 (nach CAG (= PL 38, 1225-1229) und M 20)

[1] inter aha divina eloquia, quae eurn psalmus· cantaretu� audivimus, placet adiuvante domino istam potissimum discutere Cl peillactare3 senten­tiam, qua dictum est, «cmendabit4 me iustus in misericordia et arguet me; oleum autem peccatoris non impinguet caput meutTm. nonnulli enim credi-

5 deruot oleum peccatoris oleum esse hominis, quia «omnis homo mendax». oleum autem Christi, quiaS nullum habuit omnino peccatum, etsi per pecca­torem ministretur, non est oleum peccatoris. curn tres6 considerandi animo oCCUITant, a quo datur, I.:lJi datur, per quem datur, non timeamus oleum peccatoris, quia non intercipit medius minister beneficium largitoris.

10 [2] certe7 enim solemnitatemB modo celebramus adventus9 spiritus sancti. "am die pentecostes, qui dies iam10 coepit, erant uno in loco centum viginti animae, in quibus apostoli et mater domini et alii utriusque sexus orantes cl exspectantes promissum Christi, hoc est adventum spiritus sancti. non erat inanis spes exspectantis, quia non erat fallax pollicitatio promittentis. quod

I S exspectabatur advenit cl vasa munda, a quibus susciperetur, mvenit. «visae sunt illis linguae divisae velut ignis, qui et insedit11 super unumquemquc eOTUm; cl coepcrunt loqui Iinguis si cut spiritus dabat eis pronuntiarc)). unusquisque homo linguis omnibus loquebatur, quia futura ecclesia in om­nibus linguis praenuntiabatur. unus homo signum erat unitatis: omnes !in-

20 guae in uno homine, ornnes gentes in unitate. qui pleni erant loquebantur, el qui inanes erant mirabantur Cl, quod est reprehensibilius, mirabantur et calumniabantur. dicebant enim: «hi ebrii sunt el musto plenü). quam stulta cl calumniosa reprehensio! homo ebrius non alienam linguam discit, sed suam perdil. verumtamen per ignorantes el calumniantes12 veritas loqueba-

25 tur. iam quippe illi pleni erant vino novo, quia facti erant utres novi. sed

1 psalmus Maurini: psalmis M 1 cantarclur Maurini: canlarc M

J pertraclare Maurini: lraclarc M

4 cmendabit Maurini: cmendavit M passim j quia Maurini: qui M 6 tres considerandi animo occumnl Maurini: enim Ires considerentur in animo el occurral M

1 ccrtc Maurini: ccrtum M • solemnilalcm Maurini: solcmniler M 9 advcntus Maurini: advcntum M 10 modo praem. M 1 1 insedit Maurini: sedit M 12 ignorantes cl calumnianles Maurini: commlltantur in M

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Sermo 266 99

utres novos utres veteres mirabantur cl calumniando nec innovabantur nec implebantur. sed repressa tandem calumnia. mox ubi sermocinantibus rati­onemque reddentibus et Christi gratiam13 praedicantibus aures apostolis praebuerunt, audiendo compuncti sunt, compunctione mutati sunt, mutati

30 crediderunt, credentes hoc quod in aliis mirabantur accipere meruerunt. [3] deinde coepit spiritus sanctus dari per ministerium apostolorum. illi

manus imponebant, ct ille veniebat. sed hoc non erat hominum. non sibi arrogetl4 minister plus quam quod ut minister. alius est donator, alius mi­nistrator. hoc quippe testatus est spiritus. oe homines sibi arrogarent quod

35 dei erat's. hinc enim voluit Simon inflari, qui existimans hoc hominibus esse tribuendum pecuniam promisit apostolis, ut et ad ipsius manus imposi-. . . . .

16 · . tlOnem vemret SPlTltus sanctus. grattam non agnoverat . nam SI grattam agnosceret, gratis haberet. ideo quia voluit emere spiritum, non meruit redimi abs spiritu. quid es, homo, quod te inflare vis? suffieiat17 tibi ut

40 implearis, non ut infleris. qui impletur dives est, qui inflatur inanis est. «sed per homines» , inquiunt, «dabatur.» numquid ideo erat hominum quod daba­tur? «sed non poterat dari», inquiunt, <misi per homines sanetos.» numquid in ipsos per homines venerat? apostoli manus imponebant, et spiritus sanc­tus veniebat. quando ad ipsos venit, ipsis quis manus imposuit?

45 [4] accipite et tenete divina exempla: sedl8 eloquia dei sunt, scripturae auctoritas, fides verborum, veritas exemplorum. totum legimus, totum cre­damus! per manus impositionem apostolorum datus est multis spiritus sanc­tus. scd per quos dabatur acceperant. quando acceperant? quando in uno conclavi centum viginti homines erant. unusquisque eorum orabat, nullus

50 manum imponebat; orantibus supervenit, orantes implevit, impletos mi­nistros fecit et per ipsos suum dedit. adhuc audite! Philippus evangelista, qui praedicavit evangelium in Samaria, unus erat de septem diaconibus. nam inl9 ministerii neeessitate duodecim apostolis septem diaeones additi erant; ex quibus erat unus, ut dixi, Philippus, qui propter promptum

55 praedicationis eloquium evangelista proprie meruit appel1ari, quamvis omnes hoc agcrent; iste, ut dixi, in Samaria evangelium praedicavit: crediderunt multi in Samaria, credentes baptizati sunt. ut autem manus20

II gratiam M: gratia Maurini I( arroget minister plus quam quod ut minister Maurini: minister plus quam quod minister

arroget M a erat Maurini: eSI M " t M M " " agnovera : noverat aurznl " m " M m " M " " su IClat : su lei! Qurznl 11 sed Maurini: sunt M 19 0m. M

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in Samaria, credentes baptizati sunt. ut autem manus20 imponeret Philippus et eis manus imponendo impetraret spiritum sanctum, plus erat a diaconii ministerio. proinde consequens erat, ut fides Samariae apostolis nuntiaretur.

60 nuntiata est: venerunt, baptizatis manus imposuerunt, benedictione sua super illos spiritum invitaverunt. venit ad manus impositionem apostolorum spiritus sanctus super iBos, sed voluntarius, non coactus. tune Siman ille admiratus tantam gratiam apostolorum pecuniam daTe voluit. quasi ilIud quod invocabatur venale proponeretur. sed repulsus est ct tanta gratia in-

65 dignus inventus est. acceperunt ergo illi spiritum sanctum per manus apostolorum. tune ergo quia Siman ille hominum esse putaverat donum dei, ne apud infirmos haec suspicio finnaretur, postea eunuchus quidam Canda­cae reginae veniebat de lerusalem, quo ierat, ut oraret, et sedens in curru legebat Isaiam prophetam. tune spiritus sanctus ait Philippo ut accederet ad

70 currum. ille quiZI in Samaria praedicaverat, qui in Sarnaria baptizaverat et nemini manum irnposuerat et apostolis nuntiaverat, ut per illorum adven­turn et manus impositionem ab eo baptizati spiritum sanctum accipere me­rerentur, aceedit ad eurrum, intelTogat eunuehurn utrum intelligeret quod legebat. respondet ille posse se intelligere, si habeat expositorem. rogat

75 Philippum ut eurrum aseenderet; aseendit. sedit eum illo, invenit eum le­gentem in Jsaia propheta quod de Christo fuerat praenuntiatum, «sieut ovis ad immolandum ductus eSb), et eetera. quae sunt eiusdem eircumstantiaZ2 lectionis. tune interrogans utrum de23 se ipso propheta dieeret an de aHo aperta24 ianua oeeasionis evangelizavit Christum ianuam salutis. «cum haee

80 in itinere aguntur2S• ventum est ad aquam. et ait eunuchus Philippo: <ecce aqua, quis me prohibet baptizari?> ait Philippus: <si credis, fieri potest>. el ille: <credo filium dei esse lesum>. deseenderunt in aquam, baptizavit eum Philippus. posteaquam ascenderunt ab aqua, venit super eunuchum spiritus sanctus.» ecce Philippus ibi erat, qui in Samaria baptizaverat et ad eos bap-

85 tizatos apostolos duxerat; baptizavit nec manus26 imposuit. sed ut ostende­ret spiritus non verum suspicatum27 esse Si monem, quod hominum28 do-

20 manus imponerci ... Simon iIIc admiralUS M: audicrunl aposloli, miserunt ad cos Petrum el

loannem, ul baplizatis manus imponcrent, CI eis maliUS imponcndo, impetrarcnt spiritum

sanClum invocanles. Simon admiratus Mourini 21 " S ' . -" .� qUI In amana pra .. -ulcaverat om. lYIaurini n circumstantia Maurini: circumfercntia M 21 dc sc ipso propheta Mallrini: prophela de se ipso M 2� apena ianua occasionis M: apena occasionis ianua Maurini " t M . . M agun ur Ollr"lI: agercntur " '1 · .

M manus ,. oUr/m: manum

27 suspicatum essc Simoncm Mallrini; esse Simoncm suspicatum M

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oum esset spiritus dei, in hominem venit liberaliter ct Iiberum feeit. venit ut deus et implevit, venie9 ut dominus eeo redemit.

[5] forte aliquis dicat de contentiosis, quia Philippus non erat diaconus, 90 qui baptizaverat in Samaria, sed apostolus erat, quia eel inter apostatos

Philippus nominatur. legane2 texturn lectionis ct videant eundem Philippum nominari, quill proprie evangelista appellatus est unus de diaconibus sep­terno sed suspicentur quod volunt! eito salvo quaestionern. apostolus fuerit anJ4 diaconus, quod leche tacuit, sitlS hoc incertum. mud tarnen scriptum

95 est, quia mox ut ascenderet de aqua, venit spiritus sanctus super spadonem. nemo ibi commemorat manus impositionem. forte ct hoc parum est. dicit enim ille16: «aliquis prorsus imposuit illi manumJ7, sed hoc tacuit scriptu­ra.»

[6) ergo quid dicis, quisquis38 hoc dicis? «hoc)), inquit, «dico, quia in pri-\00 mos iIlos centum viginti revera, quia tunc primum veniebat spiritus sanctus,

sine impositione manus advenit; ex illo autem iam in neminem venit, nisi CUi39 fuisset manus imposita.) oblitus es Comelium centurionem: lege dili­genter, intellige prudenter, disce40 patienter. Comelius centurio, sicut in eodem libro actuum apostolorum legitur, ubi etiam adventus spiritus sancti

105 praedicatur - ad centurionem Comelium angelus missus est, nuntiavit il1i acceptas eleemosynas eius, exauditas"l orationes. proinde eum debere mit­tere ad Petrum, qui habitaret in lappe in domo Simonis coriarii, eumque accersendum et"2 quod praeciperet faciendum. tunc autem magna quaestio inter ludaeos et gentes versabatur, id est, interO eos qui de ludaeis, et eos

1 1 0 qui de gentibus crediderant, utrum evangelium ministrandum esset incir-

U hominum donum esset spiritus dei in hominem venil Maurini (cf supra 54 el s. 99, 1 1 (PL 38, 60 I »): esset spiritus dei in hominum potestale vcnit M

29 venil ut M: UI venit Maurini '" t M . . M e aurlnl: UI II Qm. M ll lcgant ... nominari M: om. Maurini 1l qui M: el qui Mourini � an diaconus Mourini: om. M )} sit Maurini: si M 360m. M 31 �L " M manum mOUrl/lI: manus 31 quisquis hoc dicis M (c::(. s. 145. 3 (PL 38, 792), s. Morin 17, 2 (MA I , 659»: om Mourini " M . . om. aUr/nI � disce patienter M: om. Maurini. qui pOSI diligenler add. el 41 ct praem. M 41 cl ... faciendum M: om. Maurini 4) om. M

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cumcisis. erat inde44 magna cunctatio. eurn mittit Comelius, interim admo­netur Petrus: agitur negotium regni caelorum, el hic el ibi, ab iIlo qui ubi­que est. cum4S enim haec apud Comelium aguntur, interim el Petrus in loppe esurivit, ascendit orare. eum ci refectio pararetur, orantis mens alie-

1 1 5 nata est, sed ab infimis ad supema; non ut deviaret, sed ut videret. venit illi discus de caelo submissus46, quasi esurienti caeleste ferculum. erat autem discus iste quatuor Iineis al1igatus habens ornnia animalium47 genera, mun­da et immunda. et voce superna pulsatus est48 esuriens: «Petre, surge; macta et manduca!» attendit ille, vidit in disco immunda animalia, quae non sole-

120 bat49 tangere, el responditSO vaci: «absit a me, domine! nunquam commune et immundum intravitS' in os meum.n et vox ad illum: «quae deus mun­davit, tu immunda ne dixeris\) non Petro carnalis cibus offerebatur, sed mundatus Cornelius nuntiabatur. hocS2 autem factum est ter, et recepturn est vas in caelum. evidensS3 mysterium: discus est orbis terrarum; quatuor li-

125 neae discum continentes, quatuor orbis cardiness", quos scriptura comrne­morat dicens: «ab oriente et occidente etSS ab aquilone et marü); animalia, omnes gentes; ter submissus discus, commendatio trinitatis; Petrus, eccle­sia; esuriens Petrus, ecclesia desiderans fidem gentium; vox caelestis, sanc­turn evangelium; «mac la el manduca», occide quod sunt, fac quod es. Petro

130 disceptanteS6 de visu subito nuntiatum est, quod quidam militesH missi a Cornelio vellent eum videre. et spiritus sanctus Petro: Hvade cum eis; ego eos misi». pergit Petrus iam de visione non cunctabundus, sed certus; el sicur' legitur, nuntiatur Cornelio, occurrit humiliter, prostemitur humili­te�9, levatur humilius. pervenitur domum, inveniuntur multi alii congregati .

.... inde Maurini: ibidem M 4$ curn enim haec apud Comeliurn agunlur Maurini: turn haec aguntur apud Comelium M � submissus Maurini: missus M H animalium genera M (cf c. Faust. 12, 15 (CSEl 25, 1 , 345), trin. 4, 2 1 (CCl 50, 1 88), ep.

102, 4 (CSEl 34, 2, 547) el saep.): genera animalium Maurini .. pulsatus est Maurini: pulsalur M 49 solebai Maurini: soleI M so respondil Maurini: respondeI M SI intravit Maurini: intrabil M S2 hoc autem factum est ter Maurini: hoc factum est per ler M 51 evidens Maurini: cl vide M s.t cardines Maurini: ordincs M '$ om. M 56 disceptante de visu M (cf Gen. litt. 12, 1 1 (CSEl 28, I , 394)): discrepanle de iussu Mau-

rini " quidam milites Maurini: commulantur in M 'I sicut Maurini: sicuti M 59 humililcr levatur humilius Mauri"j: humilius levatur humilissime M

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135 narratur Petro. quae causa fuerit mittendi ad eum, cl gratiae aguntur, quod venerit Petrus. ergo aperto ore SUD evangelizare coepit gentibus incircum­eisis. unde illa magna quaestio versabatur. gratiam domini Iesu Christi. erant quidam eum Petro, qui ex ludaeis crediderant, qui possent moveri, si baptizarentur incircumcisi. ibi plane Petrus ait: <<vos seitis, fratres, quem-

\40 admodum abominandum sit Iudaeo accedere vel coniungi gentili60; sed mihi deus ostendit neminem communem aut imrnundum hominem dicerc», quando61 ostendit? ubi ostendit? eum ille esuriens respexit ad discum.

[7] ubi sunt qui dicebant - propterea enim latum narravi, propter quod vo-10 dicere: ubi sunt qui dicebant per62 hominis potestatem dari spiritum sanc-

145 turn? evangelizante Pctro Cornelius cl onmes qui curn illo erant gens63, hoc est gentiles, crediderunt; et subito, antequam baptizarentur, impleti sunt spiritu sancto. quid hic respondet humana praesumptio? non solum ante im­positas rnanus, sed ante ipsum baptismum venit spiritus sanctus; de potes­tale, non de necessitate. venit ante baptismi ablutionem, ut auferret contro-

150 versiam circurncisionis. posset enim a calumniantibus vel non intelligenti­bus dici Petro: <anale fecisti incircumcisis64 tradere baptismum.» numquid passet dici deo: «male fecisti dare spiritum sanctum.» ?

ecce impletum est, ecce demonstratum est quod dominus ait: «spiritus ubi vult inspirat». eeee impletum est, eeee monstratur6S quam verurn dominus

155 dixerit: «spiritus ubi vult inspirat» . et tarnen arrogantiae spiritum nondum haeretjeus superbus exspirat. adhue dieit: <aneurn est; noli ab iIlo aeeipere, sed a me.» respondes: «quaero66 quod dei est.» ilIe: «non legisti: (oleum autem peeeatoris non impinguet eaput meum>?» ergo oleum tuum est? si tuum est, nolo. si tuum est, malum est. si autem dei est, et per te rnalum

160 bonum est. caenum non inquinat solis radium, et tu inquinas dei oleum? Ideo autern malo tuo habes, quia quod bonum est malus habes; quod dei est malus67 aceepisti, quia separatus non collegisti, sed sparsisti. qui mandu­eat68 indigne, iudicium sibi manducat. qui mandueat indigne, non manducat indignum. buccellam Christus Iudae dedit el ille hanc ad iudicium aceepit.

165 nurnquid a male aecepit? nurnquid malum accepit? sed ideo reus est, quia a

60 gentili Maurini: gentibus M " d M U · ·

quan 0 ... eurn : om. tvlaunnl " .

M quasi praem. 6l gens Maurini: gentes M W incircurncisis ... fecisti M: om. Maurini

M monstratur Maurini: dernonslratur M 66 quaero Maurini: quaere M 67 malus Maurini: male M

61 manducat . . . indignurn M: manducanl indigne, iudieium si bi manducant cl bibunt ; quia rnanducant indignc, non manducant7 Maurini

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104 Vier Themenpredigten

bonD bonum malus accepit. non est ergo oleum peccatoris oleum salutaris69. bene accipiatur el bonum est. etsi male accipiatur, bonum est. vae homi­nibus bonum male accipientibus!

[8] vide tarnen scripturae sensum, oe [orte aliquid admoneat, quod intelli-170 gentiae pateat meliori. «emendabit me», inquit, «iustus in misericordia» :

etsi caedit, amat; diligit obiurgator, decipit adulator. ille miseretur, ille cir­cumvenit. dura est virga caedentis, molle est oleum blandientis. etenim amnes adulatores caput ungunt, non viscera sanant. ama obiurgatorem, cave adulatorem. si enim amas veridicum obiurgatorem ct caves fallacem

1 75 adulatorem, potes dicere quod cantatum est: «cmendabit me70 iustus in misericordia et arguet met oleum autem peccatoris)), hoc est blandimentum adulatOlis, «non impingutt caput meurtl». Pingue caput grande caput est, grande caput superbum caput est. mehus est cor sanum quam grande caput. sed cor san um facit virga obiurgantis; grande caput facit oleum peccatoris,

180 hoc est assentatio adulatoris. si caput71 grande fecisti, cave pondus capitis, ne in praecipitium perducaris! haec, quantum existimo, pro tempore de hac una Psalmi sententia sufficienter loeuti sumus domino adiuvante et eorda vestra in72 seereto aedifieante. ergo7) deinceps lectiones attentius audiamus!

64 salutaris Maurini: salutare M 10 0m. M

71 caput grande fccisti cave Maurini: grande capul facis time M 12 melius praem. M " e d· M M . . rgo ... au lamus : om. aUrlnl

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[1] Unter den anderen göttlichen Aussagen, die wir, als der Psalm gesun­gen wurde, gehört haben, will ich mit Hilfe des Herrn vornehmlich den Vers untersuchen und auslegen, in dem gesagt ist: Züchtigen wird mich der Gerechte aus Barmherzigkeit und mich zurechtweisen, das 6/ des Sünders aber soll mein Haupt nicht salben [Ps 140, 5]. Einige nämlich haben ge­glaubt, das Öl des Sünders sei das Öl des Menschen, weil jeder Mensch ein Lügner ist [Ps 1 1 5, 2]. Da das Öl Christi aber gar keine Sünde an sich hat, ist es, auch wenn es durch einen Sünder gespendet werden sollte, nicht das Öl des Sünders. Weil uns drei Personen einfallen, die wir zu bedenken ha­ben, nämlich der Spender, der Empfanger und der Vermittler, wollen wir das Öl des Sünders nicht fürchten, kann doch ein vermittelnder Diener die Wohltat des Spenders nicht aufheben.

[2] In der Tat feiern wir ja jetzt das alljährliche Fest der Ankunft des Hei­ligen Geistes. Denn am Pfingsttag, der schon begonnen hat, befanden sich einhundertzwanzig Seelen an einem Ort, unter ihnen die Apostel, die Mut­ter des Herrn sowie andere beiderlei Geschlechts, betend und in Erwartung der verheißenen Gabe Christi, d.h. der Ankunft des Heiligen Geistes. Wer wartete, dessen Hoffnung blieb nicht unerflillt, da der, welcher die Verhei­ßung gab, keinen Trug kannte. Was erwartet wurde, kam und fand reine GeHiße, von denen es aufgenommen werden konnte. Ihnen erschienen zer­teilte Zungell wie VOll Feuer, und dies ließ sich auf jedem eillzeillen von ihnen nieder; und sie begannen, ill Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen auszusprechen eillgab [Act 2, 3-4]. Jeder einzelne Mensch redete in allen Sprachen, weil schon die Kirche angekündigt wurde, die künftig in allen Sprachen existieren sollte. Der einzelne Mensch war ein Zeichen der Ein­heit; denn alle Sprachen waren in einem Menschen versammelt, d.h. alle Völlker in Einheit. Die, die erftillt waren, redeten, und die, die leer waren, wunderten sich, und, was größeren Tadel verdient, sie spotteten in un­gerechter Weise. Sie sagten nämlich: Sie sind betnmken und voll von sü­ßem Wein [Act 2, 15 . 13]. Welch ein dummer und verleumderischer Vor­wurfl Ein Betrunkener lernt keine fremde Sprache, sondern verliert die eigene. Indessen sprach die Wahrheit durch die Unwissenden und Spötter. Denn jene waren schon voll von neuern Wein, da sie neue Schläuche ge­worden waren. Doch über die neuen Schläuche mußten sich die alten wun­dem, und sie wurden wegen ihrer böswilligen Spöttelei weder erneuert noch erfiillt. Endlich aber unterdrückten sie ihren Spott und begannen, so­bald sie den Aposteln, die predigten, Rechenschaft gaben und die Gnade Christi verkündigten, ihr Ohr geliehen hatten, durch das Hören Reue zu empfinden; durch die Reue fingen sie an, verwandelt zu werden; verwan-

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delt kamen sie zum Glauben, und indem sie glaubten, verdienten sie dasje­nige zu empfangen, worüber sie sich bei den anderen wunderten.

[3] Darauf wurde der Heilige Geist durch den Dienst der Apostel vennit­telt. Sie legten ihre Hände auf, und er kam. Doch war dies kein Menschen­werk: Der Diener soll nicht mehr ftir sich beanspruchen als das, was ihm als Diener zukommt. Der Spender ist eine Person, der auftragende Diener eine andere. Dies hat der Geist ja bezeugt, damit die Menschen nicht unge­rechterweise das Eigentum Gottes in Anspruch nähmen. Dadurch wollte sich nämlich Simon aufblasen, der in der Überzeugung, daß dies den Men­schen zugrechnet werden müsse, den Aposteln Geld geboten hat, damit der Heilige Geist auf seine Handauflegung hin komme. Er erkannte die Gnade nicht an. Denn wenn er die Gnade anerkannt hätte, hätte er sie unentgeltlich bekommen können. Deshalb, weil er den Geist kaufen wol1te, verdiente er es nicht, vom Geist erlöst zu werden. Wer bist du Mensch, daß du dich aufblasen willst? Es soll dir genügen, erfüllt, nicht aufgeblasen zu werden. Wer erfiillt wird, ist reich, wer aufgeblasen wird, leer. "Doch er wurde", sagen sie, "durch Menschen vermittelt." War er etwa deshalb im Besitz der Menschen, weil er vermittelt wurde? ,.Doch er konnte", sagen sie, "nur durch heilige Menschen vermittelt werden." War er denn in sie durch Men· sehen gekommen? Die Apostel legten ihre Hände auf, und der Heilige Geist kam. Als er zu ihnen gekommen ist, wer hat ihnen da die Hände aufgelegt?

[4] Vernehmt und behaltet die göttlichen Beispiele; handelt es sich doch um von Gott stammende Aussagen, Gewähr der Schrift, Glaubwtlrdigkeit der Worte, Wahrheit der Beispiele. Das Ganze können wir lesen, das Ganze wollen wir glauben. Durch Handauflegung der Apostel ist vielen der Heili­ge Geist vermittelt worden. Doch die Vermittler waren Empfänger. Wann hatten sie empfangen? Als hundertzwanzig Menschen in einem Raum wa· ren. Jeder einzelne von ihnen betete, keiner legte seine Hand auf. Die Be­tenden überkam er, die Betenden erfiillte er, erfuHt machte er sie zu seinen Dienern und spendete durch sie sein Eigentum. Hört noch weiter! Der Evangelist Philippus, der das Evangelium in Samarien verkündigt hat, war einer der sieben Diakone. Denn der Dienst der zwölf Apostel hatte die Notwendigkeit mit sich gebracht, ihnen Diakone zuzugesellen. Von diesen war einer, wie gesagt, Philippus, der es infolge seines zungenfertigen Pre· digtstils vorzugsweise verdiente, Evangelist genannt zu werden, obschon alle diese Tätigkeit versahen. Er verkündigte, wie gesagt, in Samarien das Evangelium; daher fanden in Samarien viele zum Glauben und ließen sich als Gläubige taufen. Daß Philippus aber die Hände aufgelegt und ihnen durch die Handauflegung den Heiligen Geist erwirkt hätte, wäre mehr als

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der Dienst des Diakonats gewesen. Es war daher folgerichtig, daß der Glaube Samariens den Aposteln gemeldet wurde. Er wurde gemeldet, und sie kamen, legten den Getauften die Hände auf und luden mit ihrem Segen, den sie ihnen erteilten, den Geist ein. Auf die Handauflegung der Apostel hin karn der Heilige Geist über sie, jedoch freiwillig, nicht gezwungen. Damals bewunderte jener berüchtigte Siman bei den Aposteln eine so gro­ße Gnade und wollte Geld geben, als ob das, was angerufen wurde, feilge­boten worden wäre. Aber man wies ilm ab und befand ihn einer so großen Gnade ftir unwürdig. Jene haben also den Heiligen Geist durch die Hände der Apostel empfangen. Weil infolgedessen damals jener berüchtigte Si­mon geglaubt hatte, Gottes Gabe gehöre den Menschen, kam, damit diese Vermutung bei den Glaubensschwachen nicht Fuß fasse, später ein gewis­ser Eunuch der Königin Kandake von Jerusalem herab, wohin er zum Ge­bet gefahren war, und las, während er auf seinem Wagen saß, den Prophe­ten Jesaja. Da sagte der Heilige Geist dem Philippus, er solle an den Wagen herantreten. Derjenige, der in Samarien gepredigt hatte, der in Samarien getauft hatte und doch keinem seine Hand aufgelegt, sondern den Aposteln gemeldet hatte, daß die von ihm Getauften die Gnade erlangen sollten, durch ihre Ankunft und Handauflegung den Heiligen Geist zu empfangen, trat an den Wagen heran und fragte den Eunuchen, ob er verstehe, was er lese. Jener antwortete, er könne es verstehen, wenn er jemanden habe, der es ihm auslege. Er bat Philippus, den Wagen zu besteigen. Der stieg hinauf, setzte sich zu ihm und fand ihn im Propheten Jesaja das lesen, was über Christus vorhergesagt worden war: Wie ein Lamm wurde er zum Schlachten gefohrt [Is 53, 7] und das übrige, was zum Kontext ebendieser Stelle ge­hört. Nachdem der Eunuch gefragt hatte, ob der Prophet über sich selbst oder über einen anderen spreche, und damit die Tür zu einer Missionsgele­genheit aufgetan worden war, verkündigte er dann Christus, die Tür des Heils. Während dies unterwegs geschah, kam man zu einem Wasser, und der Eunuch sagte zu Philippus: Siehe, da ist Wasser! Wer hindert mich, getauft zu werden? Philippus antwortete: Wenn du glaubst, /ronn es ge­schehen. Und jener: Ich glaube, daß Jesus der Sohn Gottes ist. Sie stiegen in das Wasser hinab, und Philippus taufte ihn. Nachdem sie aus dem Was­ser hinaufgestiegen waren, kam über den Eunuchen der Heilige Geist [Act 8, 36-39]. Siehe, dort war Philippus, der in Samarien getauft und zu den Getauften die Apostel gefUhrt hatte; er hat getauft, aber nicht seine Hände aufgelegt. Doch um zu zeigen, daß die Vermutung des Simon, der Geistes Gottes sei eine Gabe der Menschen, falsch war, ist der Geist in freier Weise auf den Menschen gekommen und hat ihn frei gemacht. Gekommen ist er als Gott und hat ihn erfUllt, gekommen ist er als Herr und hat ihn erlöst.

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(5) Vielleicht könnte irgendein Streitsüchtiger sagen, es habe sich bei Phi­lippus nicht um den Diakon, der in Samanen getauft hatte, sondern um den Apostel gehandelt, da Philippus auch unter den Aposteln genannt wird. Sie sollen den Text der Stelle lesen und sehen, daß ebenderselbe Philippus genannt wird, der als einer der sieben Diakone vorzugsweise den Titel Evangelist bekommen hat. Laßt sie aber vennuten, was sie wollen! Ich kann das Problem schnell lösen. Ob es der Apostel oder der Diakon gewesen ist, was die Schriftstelle verschwiegen hat, das mag unsicher sein. Es steht jedoch geschrieben, daß der Heilige Geist über den Eunuchen gekommen ist, sobald er aus dem Wasser hinaufgestiegen war. Niemand erwähnt dort eine Handauflegung. Vielleicht genUgt auch das nicht; jener sagt nämlich: "Ihm hat durchaus jemand die H3nd aufgeleg:, aber die Schrift hat dies verschwiegen,"

(6) Was also sagst du, wer auch immer du das behauptest? "Ich gebe", antwortet er, .. dies zu, daß der Heilige Geist, weil er damals zum ersten Mal kam, zu jenen ersten Hundertzwanzig in der Tat ohne Handauflegung gekommen ist. Seitdem aber ist er auf niemanden mehr gekommen, wenn ihm nicht die Hand aufgelegt worden ist." Du hast den Zenturio Comelius vergessen: Lies sorgfliltig, verstehe klug und lerne geduldig! Der Zenturio Cornelius, wie man in demselben Buch der Apostelgeschichte liest, in dem auch die Ankunft des Heiligen Geistes verkilndigt wird - zu dem Zenturio Cornelius wurde ein Engel gesandt; er meldete ihm, seine Almosen seien angenommen, seine Gebete erhört. Er solle daher nach Petrus schicken, der sich in Joppe im Haus des Gerbers Simon aufhalte, ihn herholen lassen und tun, was er bestimme. Damals aber wurde zwischen Juden und Heiden, d.h. zwischen denjenigen, die seitens der Juden, und denjenigen, die seitens der Heiden zum Glauben gefunden hatten, die bedeutende Frage erörtert. ob das Evangelium den Unbeschnittenen vennittelt werden sollte. Folglich herrschte großes Zaudern. Als Cornelius nach ihm schickte, erhielt in­zwischen Petrus einen Wink. Das Geschäft des Himmelreiches wurde be­trieben, hier und dort, von dem, der allgegenwärtig ist. Während dies näm­lich bei Comelius geschah, wurde inzwischen auch Petrus in Joppe hung­rig; er stieg hinauf, um zu beten. Als man ihm seine Mahlzeit bereitete, wurde beim Gebet sein Geist entrückt; freilich von der tiefsten Erde zum Himmel; nicht um abzuirren, sondern um zu sehen. Thm näherte sich ein vom Himmel herabgelassener Teller, fIlr den Hungrigen gleichsam ein himmlisches Speisebrett. Dieser Teller aber war an vier Schnüren befestigt und enthielt Tiere aller Art, reine und unreine, und eine Stimme aus dem Himmel durchfuhr den Hungrigen: Petrus, steh auf; schlachte und iß [Act 10, 13]! Jener gab acht, sah auf dem Teller die unreinen Tiere, die er nicht

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zu berühren pflegte, und antwortete der Stimme: Es sei mir fern, Herr! Niemals ist Gemeines und Unreines in meinen Mund gekommen. Da sagte die Stimme zu ihm: Was Gott gereinigt hat, nenne du nicht unrein [Act 10, 14-15]1 Dem Petrus wurde keine fleischliche Speise angeboten, sondern der gereinigte Cornelius verkündigt. Dies aber geschah dreimal, und das Gefliß wurde in den Himmel hinaufgezogen. Ein einleuchtendes Zeichen: Der Teller ist der Erdkreis; die vier Schnüre, die den Teller halten, sind die vier Himmelsrichtungen, welche die Schrift erwähnt, wenn sie sagt: Vom Auf­gang der Sonne und vom Untergang, vom Norden und vom Meer [ps 106, 2]; die Tiere sind alle Völker; der dreimal herabgelassene Teller ist ein Hinweis auf die Deieinigkeit; Pctrus bedeutet die Kirche; der hungrige Petrus die Kirche, die nach dem Glauben der Heiden verlangt; die Stimme aus dem Himmel das heilige Evangelium; schlachte und iß. töte, was sie sind, und mach sie zu dem, was du bist. Während Petrus die Erscheinung noch bedachte, wurde plötzlich gemeldet, daß ihn einige, von Cornelius geschickte Soldaten zu sehen wünschten. Da sagte der Heilige Geist zu Petrus: Geh mit ihnen; ich habe sie geschickt [Act 10, 20]. Nicht länger im Zweifel über die Vision, sondern sicher, brach Petrus auf. Und er wurde, wie zu lesen ist, Cornelius gemeldet; der lief ihm demütig entgegen, warf sich demütig zu Boden und wurde mit noch größerer Demut aufgerichtet. Man erreichte das Haus, wo sich viele andere versammelt fanden. Petrus wurde berichtet, aus welchem Grund nach ihm geschickt worden war, und man sagte ihm Dank für sein Kommen. So tat denn Petrus seinen Mund auf und verkündigte die Gnade des Herrn Jesus Christus den unbeschnittenen Heiden, was die Erörterung jener bedeutenden Frage zur Folge hatte. Denn in der Begleitung des Petrus waren einige Judenchristen, die sich hätten erregen können, sollten Unbeschnittene getauft werden. In dieser Situation sagte Petrus ausdrücklich: Ihr wißt, Brüder, wie verabscheuenswert es for einen Juden ist, zu einem Heiden zu kommen oder mit ihm eine Verbindung einzugehen; doch mir hat Gott gezeigt, keinen Menschen gemein oder un­rein zu heißen [Act 10, 28]. Wann hat er es gezeigt? Wo hat er es gezeigt? Als jener hungrig auf den Teller geschaut hat.

[7] Wo sind die, die behauptet haben - deshalb nämlich habe ich das Ganze erzählt, weil ich fragen will: Wo sind die, die behauptet haben, der Heilige Geist werde durch die Macht des Menschen gespendet? Als Petrus das Evangelium verkündigte, kamen Cornelius und die ganze Hausgenos­senschaft, die bei ihm war, d,h. die Heiden, zum Glauben; und bevor sie getauft werden konnten, wurden sie plötzlich vom Heiligen Geist erfüllt. Was antwortet hier die menschliche Vennessenheit? Nicht allein vor dem Auflegen der Hände, sondern sogar vor der Taufe kam der Heilige Geist;

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aus eigener Macht, nicht aus Notwendigkeit. Er kam vor der Reinigung der Taufe, um den Streit über die Beschneidung aus der Welt zu schaffen. Denn böswillige Kritiker oder Uneinsichtige hätten Petrus vorwerfen kön­nen: "Du hast schlecht daran getan, den Unbeschnittenen die Taufe zu ver­mitteln." Hätten sie aber Gott vorwerfen können: "Du hast schlecht daran getan, den Heiligen Geist zu spenden."?

Siehe, es hat sich erflillt, siehe, es ist nachgewiesen, was der Herr gesagt hat: Der Geist weht hin, wo er will [10 3, 8]. Siehe, es hat sich emllt, sie­he, es erweist sich. wie wahr der Herr gesagt hat: Der Geist weht hin, wo er will. Und dennoch haucht der hochmütige Häretiker noch nicht den Geist seiner Anmaßung aus. Immer noch sagt er: liEs gehört mir; empfange es nicht von il'un, sondern von mir!" Du antwortest: "Ich suche zu gewinnen, was Gott gehört." Er: "Hast du nicht gelesen: Das 61 des Sünders aber soll mein Hal/pt nicht salben [Ps 140, 5)?" Es ist also dein Öl? Wenn es dir gehört, will ich es nicht. Wenn es dir gehört, ist es schlecht. Wenn es aber Gott gehört, ist es sogar, vermittelt durch dich Schlechten, gut. Kot be­schmutzt nicht den Strahl der Sonne, da sollst du das Öl Gottes heschmut­zen können? Du hast es aber deshalb zu deinem Schaden, weil du, während du schlecht bist, besitzt, was gut ist. Was Gott gehört, hast du schlecht empfangen, weil du nach deiner Abspaltung nicht gesammelt, sondern zer· streut hast. Wer unwürdig ißt, ißt sich sein Strafgericht. Wer unwürdig ißt, ißt nicht etwas Unwürdiges, Christus gab Judas einen kleinen Bissen, und er empfing diesen zum Strafgericht. Empfing er ihn etwa von einem Schlechten? War etwa schlecht, was er empfing? Seine Schuld besteht vielmehr darin, daß er von einem Guten etwas Gutes schlecht empfangen hat. Folglich ist das Öl des Sünders nicht das Öl des Erlösers. Es soll gut empfangen werden, und es ist gut. Auch wenn es schlecht empfangen wird, bleibt es gut. Wehe den Menschen, die Gutes schlecht empfangen!

[8) Betrachte dennoch den Sinn der Schrift, ob er nicht vielleicht etwas bedeutet, das einem besseren Verständnis offen steht! Züchtigen wird mich, heißt es, der Gerechte aus Barmherzigkeit: Auch wenn er schlägt, liebt er; der Tadler liebt, der Schmeichler täuscht. Jener ist barmherzig, dieser hin­terlistig, Hart ist die Rute dessen, der schlägt, weich das Öl dessen, der liebkost. Denn alle Schmeichler salben das Haupt, heilen aber nicht das Herz. Liebe den Tadler, hüte dich vor dem Schmeichler! Wenn du nämlich den wahrredenden Tadler liebst und dich vor dem betrügerischen Schmeichler hütest, kannst du sagen, was gesungen worden ist: Züchtigen wird mich der Gerechte aus Barmherzigkeit und mich zurechtweisen, das 61 des Sünders aber, d.h. die Liebkosung des Schmeichlers, soll mein Haupt nicht salben [Ps 140, 5). Ein gesalbtes Haupt ist ein hohes Haupt, ein

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hohes Haupt ein hochmotiges Haupt. Besser als ein hohes Haupt ist ein gesundes Herz. Doch fur ein gesundes Herz sorgt die Rute des Tadelnden, fur ein hohes Haupt das Öl des Sünders, d.h. die unablässige Zustimmung des Schmeichlers. Wenn du dein Haupt erhöht hast, hüte dich vor seinem Gewicht, daß du nicht jäh in den Abgrund gestürzt wirst. Damit habe ich, soweit ich es beurteilen kann, ftir den Augenblick hinläng­lich über diesen einen Psalmvers gesprochen, wobei Gott geholfen und und eure Herzen heimlich erbaut hat. Laßt uns also die folgenden Lesungen aufmerksam hören !

c) Disposition

A. PROOEMIUM (1-7) I.Thema (1-5) und Gebetsformel (adiuvante domino):

1 . Gegenstand: Untersuchung und Auslegung des Psalmwortes emen­dabit me iustus in misericordia, et arguet me; oleum autem pecca­loris non impinguel caput meum

2. Begründung: Manche haben geglaubt, das Öl des Sünders sei das Öl des Menschen

11. These [quaestio] (6-7): Das Öl Christi ist nicht das Öl des Sanders B. PROPOSITIO (7-9)'"

I. Partitio: Weil der Spender, EmpHinger und Vermittler der Salbung zu bedenken sind,

11. Adhortatio: wollen wir das Öl des Sünders nicht furchten, da kein Vennittler die Wohltat des Spenders zunichte machen kann

C. NARRA TIO (10-30) I. Transitus (10-13): Die gegenwärtige Feier der Ankunft des HI. Geis­

tes und ihre Begründung im dies pentecostes 11. Die Ankunft des HI. Geistes nach der Apostelgeschichte ( 13-30)

I . Geistausgießung und Sprachenwunder (1 3-20) a) Hinweis auf die erfolgte Erftillung der Verheißung Christi b) Schriftbeleg: Act 2, 3-4 c) Allegorese zu Act 2, 4: omnes linguae verhalten sich zu unus

homo ebenso wie omnes gentes zu ecclesia futura

116 Der Narratio ist eine Propositio als kurze Zusammenfassung des Beweisziels vorange. stellt (vgl. Lausberg §§ 289; 346), die mi t cum lres considerandi animo occurrant, a quo da/ur. cui dalur, per quem da/ur zwar keine Partiü� im eintlichen Sinne bietet, gleich· wohl aber das Schema nennt, auf dem die Argumentation gegen das donatistische 5ak· ramentsverständnis beruht. So wird auf diesen Teil der Propositio dann auch gleich zu Beginn der Argumentatio durch Hinweis auf den Unterschied von donalor und miniSlra· tor (Z. 33f.) zurückgegriffen.

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1 1 2 Vier Themenpredigten

2. Die Reaktion der Spötter und ihre Bekehrung durch die Apostelpredigt (20-30)

a) Entgegensetzung: qui pleni erant, loquebantur : qui inanes erant, mirabantur et calumniabantur

b) Schrifibeleg: Act 2, 13 c) Bewertung in Form einer Exclamatio: Welch dummer und wahr­

heitsverdrehender Tadel! - und Begründung: In Trunkenheit wird keine fremde Sprache erlernt

d) Einräumung: Die Wahrheit spricht vermittelst der ignorantes el calumniantes - und Erklärung: Die plen; sind gleichsam utres novi, gefüllt mit vinum novum

e) Die miran/es sind utres veteres und mit der neuen Gabe unver­einbar, doch sie verwandeln sich schließlich durch die Apostel. predigt in credentes und verdienen damit den Geistempfang

D. ARGUMENTATIO (3 1-152) I . Die weitere Vermittlung des Hl. Geistes nach dem Pfingstereignis

(31 -44) I . Vermittlung durch den Dienst der Apostel = Handauflegung

(31 -32) 2. Menschen- und Gotteswerk bei dieser Vermittlung (32-44) a) Rückgriff auf die Propositio: Es ist zu unterscheiden zwischen

donator und ministrator b) Begründung: Der Geist selbst bezeugt dies, indem er Siman den

Magier aufbläht und zu einem abschreckenden Beispiel Hir die Anmaßung werden läßt, die Gabe der Geistvermittlung könne vom Menschen mit Geld erkauft werden

c) Beurteilung: das Verkennen der Gnade führt zum Verlust der Er­lösung - Unterscheidung von impleri und inflari

d) Occupatio: Zwei Einwände o. Der Geist wird durch einen Menschen gegeben - lnterro­

gatio: Ist die Gabe deshalb etwa menschlicher Besitz? ß. Nur heilige Menschen konnten Hir die Vermittlung sorgen

- Interrogationes: War der Geist denn in sie durch Men­schen gekommen? Wer hat ihnen die Hände aufgelegt?

11. Beispiele aus der Schrift für das Kommen des HI. Geistes ohne menschliche Vermittlung (45-152) I . Transitus (45-47): Aufforderung zum Vernehmen und Behalten

von divina exempla - und Erläuterung der Bedeutung ftir den ar­gumentativen Zusammenhang: Gott ist als ihr Urheber zugleich

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auch Begründer von Autorität, Glaubwürdigkeit und Wahrheit -Aufforderung zum Glauben

2. Der Geistempfang der Hundertzwanzig am Pfingsttag (47 -5 1) 3 . Der Evangelist Philippus (5 1-98) a) Funktion und Predigttätigkeit in Samarien b) Die Apostel kommen zur Handauflegung und Geistspendung

nach Samarien c) Die Abweisung des Simon magus d) Philippus tauft den Eunuchen der Königin Kandake, und der

Geist kommt von selbst auf diesen herab e) Hinweis auf Absicht, göttliche Souveränität und Erlösungshan­

dein des Geistes

I) Occupatio hinsichtlich des Zweifelns an der Identität des Philip­pus und der nicht erfolgten Handauflegung

4. Der Zenturio Comelius und Petrus (99-152) a) Dialektikon: Stellungnahme des content;osus fictus: der HI. Geist

ist in der Tat einmalig am Pfingsttag ohne Handauflegung ge­kommen, seither aber nur noch vennittelst dieser, Antwort; Die­se Position läßt die Comeliusperikope außer acht - Aufforderung zur gelehrigen Lektüre

b) Identifizierung des Comelius als Zenturio nach der Apostelge­schichte und Hinweis auf die im gleichen Buch erfolgte Verkün­digung der Ankunft des HI. Geistes

c) Die Botschaft des Engels an Comclius vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um die Heidenmission

d) Die allegorische Bedeutung der Vision des Petrus in Joppe im Zusammenhang mit seiner Predigt im Haus des Comelius

e) Abschluß der BeweisfUhrung: Interrogatio: Wer wagt es immer noch zu behaupten, der H1. Geist werde durch menschliche Macht vermittelt? - und Widerlegung dieser Position durch

u. Schriftbeleg: Act 10, 44 ß. Auswertung der Schrifistelle: Der Geist kam vor der

Handauflegung und sogar vor der Taufe y. Erklärung der damit verbundenen Absicht: Beendigung

des Streits um die Heidentaufe E. PERORATIO (153-183)

I. Conclusio: Die Beispiele aus der HI. Schrift haben die Wahrheit des Herrc:nwortes spiritus ubi vu/I inspiral (10 3, 8) erwiesen (1 53-155)

Il lndignatio: Die häretische Auslegung von Ps 140, 5 ( 1 55-168)

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1 14 Vier Themenpredigten

Dialektikon: Der Häretiker widersetzt sich überheblich dieser Wahr­heit und verweist, um zu belegen, daß der Geistempfang von ihm ab­hängt, auf Ps 140, 5 - Antwort: Das oleum als menschlicher Besitz wäre im Falle des Häretikers ma/um, Gott aber als der wahre Eigen­tümer läßt es bonum sein, auch wenn es von einem Schlechten ver­mittelt wird - der Besitz des Guten gereicht dem Schlechten (und damit auch dem Schismatiker) zum Übel: Schriftbelege: 1 Cor 1 1 , 29; 10 13, 26 Conclusio: non es! ergo oleum peccatoris oleum salutaris - Auffor­derung und Warnung: Das Gute muß gut empfangen werden

IlI. Eine sinnvollere Auslegung von Ps 140, 5 (169-183) I . Ama obiurgalorem, cave adulatorem 2. Die Wirkungen von obiurgatio und adulatio: cor sanum und grande caput Schlußsatz und Gebetsformel (domino adiuvante et corda vcstra in secreto aedificante) -Adhortatio zum aufmerksamen Hören der noch folgenden Lesungen

d) Detailkommentierung (selektiv)

Z. I divina eloquia: Im Sinne von verba dei. So bezeichnet Augustin häufig die liturgisch verwendeten Schriftstellen, auf die sich seine Predigt entweder ganz oder teilweise bezieht: s. 28, I (CCL 41 , 368) ex omnibus divinis eloquiis hinc potius adiuvante domino disseramus, quod ultimum audivimus ( ... ); s. 65, I (PL 38, 426) admonenl nos eloquia divina, quae lecta SUflt, ( . .. ) . [In weiterer Bedeutung kann divina eloquia sonst auch gleich scripturae sacrae sein: s. 350, 2 (PL 39, 1534) totam magnitudinem el latitudinem divinorum eloquiorum secura possidel caritas, qua deum proximumque diligimus, vgl. auch ThLL V, 2 Sp. 416 s.v. eloquium 11]. Das Attribut deutet in der Junktur auf die göttliche Urheberschaft (auclori­las divina) des Textes hin (vgl. Z. 45f.), der deshalb an sich irrtumslos ist, gleichwohl aber richtig ausgelegt werden muß.181

J87 Vgl. s. 23, 3 (CeL 4 1 , 3 1 0): scriprurae sanc/ae sunl. veraces sunt, inculpalae $UnI. omnis scriptura divinitus inspirata utilis est ad docendum, ad arguendum, ad exhortatio­nem, ad doctrinam (11 Tim 3, 16). nihil est ergo quod scripluram accusemus, si nos/or­te, iIIa non intellec/a, in aliquo deviemus. Daß die HI. Schrift Träger göttlicher Autorität ist, wird von Augustin aber nicht nur miuels der Inspirationslehre sondern auch durch Aufzeigen der Traditionsreihe .. Gott - Jesus - Apostel" glaubhaft gemacht, vgl. K.-H. LÜTCKE, Auctoritas: AL I , Sp. 507 mit Hinweis auf c. Faust. 17, 3; 28, 2; 33, 9.

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Z. 2 discutere el pertractare: Eine Amplificatio, die durch die Verbin­dung der weitgehend synonymen Begriffe die Gründlichkeit der Behand­lung des Themas anzeigen will [discutere seit dem 2. Jh. in übertragener Bedeutung von "erörtern, untersuchen" (vgl. ThLL V, I Sp. 1375 s.v. Il. B. 2. Von den dort tur Augustin genannten Stellen ist besonders deutlich auf die Schriftexegese bezogen: en. Ps. 126, 1 1 (CCL 40, 1 865) nisi prophelia involuta accedente diligentia discuterelur. numquid operta exirent ad nos?),perlractare, im Sinne von "gründlich behandeln. untersuchen" schon klassisch (vgl. OLD 1361 s.v. 2), bedeutet bei Augustin (wie das verbum simplex) ebenfalls häufig die Bibelauslegung in schriftlicher oder mündli­cher Fonn (vgl. die Belege bei Blaise, Dictionnaire 619 s. v. 2, wie z.B. s. 36, I (CCL 41 , 434) sancla scriplura ( . .. ) adrnonuil nos. irnrno per iIIarn dominus ( .. . ) quaerere vobiscum et pertrae/are quid sit et quid sib; velit quod I,clwn esl, oder auch darüber hinaus s. 72A (= s. Denis 25,1 (MA I , 155», s. 176, I (PL 38 , 950) u.ö.)]."·

Z. 3f. emendabit me iustus in misericordiu, et arguet Me; oleum au/em peccatoris non impinguet caput meum: folgt LXX "I' 1 40, 5 JtmOEooEl J,lE ö(KULO, tv tHEl Kui tHY�El �E, EÄ.mov OE cl�UQTOl)"oii �Tt )"lJtUVclTOl '(11" KEtpaATtv �OU. Dementsprechend bedeutet hier emendare ,,(zur sittli-

, .. In den Sermones ist laut Frequenzanuige des CAG die relative Häufigkeit von pertrac­tore ( 12 von insgesamt 1 5 1 Belegen) deutlich geringer als erwartet. Gleiches gilt zwar auch filr tractare (78 von 699 Belegen), doch die zusätzlichen Frequenzzahlen fur en. Ps. und 10. ev. tJ. (1 16 u. 61 gegenüber 12 u. 14) deuten darauf hin, daß Augustin in den Predigten vorzugsweise das Simplex verwendet hat, welches auch M im vorliegenden Fall überliefert. Von den FundsteJlen, die bei entsprechender Lemmasuche im CAG eine Verbindung bzw. aufeinanderfolgende Verwendung von discutere und pertractare bie­ten (div. qu. 64, 1 (CeL 44 A, 1 37), c. Faust. 1 1 , 8; 16, 14; 19, 15 (eSEL 25, 1 , 328. 454. 5 12), Gn. Iilt. I , 21 (CSEL 28, I , 3 1), gr. cl peee. or. 1 , 45 (CSEL 42, 158), an. cl or. 3. 2 1 (CSEL 60, 376), adult eoniug. 1 . 32 (CSEL 41, 379), cn. Ps. 30, 2. 2, 9 (CCL 38. 209)], zeigt en. Ps. 30. 2, 2, 9, daß die gemeinte Untersuchung auf die Enthüllung ei­nes verborgenen Schriftsinns (hier spez. eines atl. MOl; " figura) abzielen kann: quaere quid Sil (das Isaakopfer): figura eSl Christi invo/uta sacramenlis. denique ut videatur diseutitur, Ul videatur pertractalur, ut quoll involutum est eva/vatur. In c. Faust. 19, 1 5 unterscheidet Augustin die gründliche Erörterung einer (dogmatischen) Fragestellung noch einmal von der gesic.herten Definition des dabei Gefundenen: sed nune islam quaeslionem (ob der Glaube an zukOnftiges Leid und Auferstehung Christi, den die Ge­rechten des AT womöglich schon durch Offenbarung und Prophetie hatten, rur diese heilswirksam war) vel pertraclando discutere vel aliquid in ea repertum etiam conJir­mo"do definire el longum esl el huie oper; non neeessarium.

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1 1 6 Vier Themenpredigten

ehen Besserung) strafen, züchtigen", arguere "tadeln, zurechtweisen" (die Vulgata übersetzt mit corripiet bzw. increpabit), IS9

Den zweiten Teil des Psalmwortes führen nicht erst die Donatisten gegen die Gültigkeit der von Sündern vollzogenen Taufe ins Feld.'90 Schon im Ketzertaufstreit des 3. Jh. zwischen Rom und Karthago spielt für die Afri­kaner (bes. Cyprian in Auseinandersetzung mit Stephan 1.), denen die rö­misch-alexandrinische Praxis einer Rekonziliation von unorthodox getauf­ten Häretikern durch Handauflegung des Bischofs nicht ausreichte und die daher die Wiederholung der Taufe forderten, die Frage der Heiligkeit von Ritus und Spender eine entscheidende Rolle. '91 Dementsprechend argumen­tiert Cyprian, epis!. 70, 2 (CCL 3c, 507): ungi quoque necesse est eum qui baptizatus est ut accepto chrismate id esl une/ione esse unctus dei et hobere in se gratiam Christi pOSSil. porro autem eucharistia est unde baptizat; unguntur oleum in altan' sanetifiealum. 192 salletifieare autem flan po/uit olei ereaturam qur nee altare habuit nec ecclesiam. unde nee unetio spirila­lis apud haereticos pOlest esse, quando constet oleum sanclificari et eucha­ristiam fieri apud Wos omnino non posse. scire autem et meminisse debe­mus scrip/um esse: oleum peccatoris non unguat caput meum. Im Rahmen der Taufzeremonie bezeichnet bei Augustin oleum das Öl, mit welchem der Täufling nach (katechetischer) Vorbereitung, Skrutinien, Exorzismen, Er­klärung von Glaubensbekenntnis, Vaterunser und Eucharistie sowie eigener Teufelsentsagung (abremmtiatio) und Bekenntnis (retlditio lymboli) im Anschluß an das Wasserbad vom Priester gesalbt wurde, um in Verbindung mit der Handauflegung (s.u. zu Z. 26) den Hl. Geist zu empfangen. Vgl. s. 227, I (SC 1 16, 236) [an die in der Osternacht Neugetauften über das me/l­

sae dominicae sacramentum] sie (im Sinne von I Cor 10, 17 unus panis, unum corpus mulli sumus) et vos an/e ieiunii humiliatione el exorcismi saeramento quasi molebamini. accessit baptismum et aqua quasi conspersi

119 Vgl. ThLL V, 2 Sp. 465 s.v. emendo 11 C I ad loc. LXX drückt mit lUllbtUEl\l und tHn.tlv die Vorstellung einer Erziehung des Menschen durch Gott als Vater und Rich­ter aus, vgl. F. BOcHSEL. Utnro: ThWNT 11, 471.

190 Zur "Geschichte" des Ps 140, 5 im Rahmen der Auseinandersctzung um die Taufe vgl. KNAUER, Psalmenzitate, 169f.

191 VgL J. Ffl','KENZFII FR, Ketzertaufe: L ThK2 VI, Sp. 13 1 -133, F. CouRm, Die Sakramen­te. Ein Lehrbuch tur Studium und Praxis der Theologie. Freiburg 1995, 94[

192 "Ferner ist das auf dem Altar geheiligte 01, mit dem die Getauften gesalbt werden, eine geweihte Gabe." Zu eueharistia im Sinne von "consecratcd ofTering" vgl. Souter 130 s. v. Z. SI. sowie Aug. s. Denis 3, 3 (= MA I , 19) hoc (die Einsetzungsworte aus 1 Cor 1 I , 24 und Mt 26, 28) in evangelio vel legebatis vel audiebatis, sed hane eueharistiam esse

filium nesciebatis. Wohl wegen des Dankgebetes (eueharistia) bei der Ölweihe bezeich­net die Traditio Apostolica das Öl der 2. und 3. Taufsalbung als oleum grotiarnm aetio­nis (s. die folgende Fußn. und von der dort genannten Lit. bes. GeeRUNGS, 194).

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Senno 266 1 1 7

estis ur ad formam panis veniretis. sed nondum es! panis sine igne. quid ergo significat jgnis, hoc est chrisma olei? etenim ignis nutritar spiritus sanei; esl sacramen/um. ( ... ) accedit ergo spiritus sanctus post aquam jgnis et efficimini panis quod est corpus Chrisli. 193

Z, 5 omnis homo mendax: Diese Wendung aus Ps 1 15, 1 1 setzt Paulus, Rm 3, 4 in Opposition zum Wahrreden Gottes: es! autem Deus verax, om­n is Gutem homo mendax.

Z. 6 oleum Christi: Mit dem oleum Christi verbindet Augustin in en. Ps. 103, 3, 1 3 (CCL 40, 1 5 1 2) den Glanz (nitor), der von der gratia Dei her­rührt, welche diejenigen empfangen, die zu Christus als dem excellenter unetus kommen. Demgemäß tauft eigentlich Christus mit occulta potentia, occulta gratia in spiritu sancto (c, litt, Pet. 3, 59 (CSEL 52, 21 1), vgl. bapt, 4, 17 (CSEL 5 1 , 242)), so daß selbst die von einem Häretiker Getauften nicht das signum deserloris, sed imperatoris i. e. Christi als beständiges Kennzeichen (character) aufgeprägt bekommen (s, Caes, eccl. 2 (CSEL 53, 169f.)), die Heilswirkung des Sakraments, d, i. der Empfang des Geistes, freilich erst bei tätiger Liebe in der Einheit und Wahrheit der Catholica geschehen kann (vgl. bapt. 5, 9 (CSEL 5 1 , 270) und bes, deutlich s, 269, 2 (PL 38, 1235) unter Berufung auf die sog, "gestreckte Initiation"'" der Apostelgeschichte, bei welcher gültige Taufe und Geistvennittlung vonein­ander getrennt sind),

Z, 10 solemnilatem: Gemäß christlichem Sprachgebrauch "das jährliche Fest" (vgl. Blaise, Dictionnaire 765 S,v, 1 , bei Augustin gelegentlich aueh mit zusätzlichem anniversaria (s, 185, 1 (PL 38, 997), s, 284, 4 (pL 38, 1 160) u,ö,), das der recordatio verpflichtet ist. Vgl. das Spiel Augustins mit

19) Vgl. auch s. 272 (PL 38, 1247). Während in der westlichen Kirche sonst nur eine Sal· bung im Anschluß an das Taufbad üblich war (in Syrien vorher), belegt die Traditio Apostolica (TA 21) zu Beginn des 3. Jh. rur Rom einen ausgeprägten Ritus mit dreirna· liger Salbung: I . durch den Presbyter vor der Taufe mit dem Exorzismusöl 2. nach der Taufe (evtl. als Ganzkörpersalbung) mit dem Öl der Danksagung (oleum grotiorum oe­lionis) zunächst durch den Presbyter zum Ausdruck der Christusbeziehung des Taufge­schehens und anschließend in der Kirche durch den Bischof als Stimsalbung, um die Geislmineilung zu bezeichnen. Vgl. E. FERGUSON, Baplism: EECh I, 160f., Traditio Aposto!ica. Apostolische l..'bcrlieferung, übers. u. cingel. \'. W. GcERI.INGS. Freiburg 11992 (FC I), 187-189; 263, Anm. 70. Siehe zur oben kurz skizzienen Taufpraxis in Af­rika ausfUhrlicher V. GROSSI, Baptismus. 5. Taufliturgie. C) Die Taufriten: AL 1 , 587-589,

194 COURTH, Sakramente, 126.

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1 1 8 Vier Themenpredigten

der Etymologie in s. 267, I (pL 38, 1229f.) [In die Pentecostes] hodierni die; so{emnitas. domini dei magni el magnae graliae, quae super/usa esl super nos, recordationem [aeit. ideo enim solemnitas celebratur, ne quod semelfactum es/, de memoria deleatur. solemnitas enim ab eo quod solet in anno, nomen accepit. 19S Im vorliegenden s. 266 verwendet der Prediger den Begriff beim Übergang zur Narralio mit beinahe schlichter Sachlichkeit. Vg1. im Gegensatz dazu den Ton gewählter Feierlichkeit im Exordium von s. 270 (pL 38, 1237): quoniam sanctam sofemnitatem cefebramus diei tarn sane/ae, ul hodie venerit ipse spiritus sanctus, admonet nos tarn festiva el grala solemnitas, de ipso dono dei, gra/ia dei, el abundantia misericordiae eius in nos, id es/ de ipso Spiritu sanc/o aliquid loqui.

Z. 1 8f. unusquisque homo Iinguis omnibus loquebatur, quia futura ecclesia in omnibus linguis praenuntiabatur: Wenn Augustin dieser Be­gründung der in Act 2, 4 berichteten Xenolalie. welche sich ähnlich in bei­nahe allen Pfingstpredigten findet (s. 267, 3-4 (PL 38, 1230f.), s. 268, I (PL 38, 1232), s. 269, I (pL 38, I 234f.), s. 270, 6 (pL 38, 1243), s. 271 (pL 38, 1245f.», die explikativen Asyndeta unus homo signum erat Ilnilatis: omnes linguae in uno homnine, omnes gentes ill unilale (mit einprägsamer Ellip­se, vgl. s. 268, I ) folgen IIlßt, dann fallt mit signum ein Schlüsselbegriff seiner Hermeneutik, der hier nicht nur dazu dient, auf die allegorischel96

19$ Vgl. zur antiken Etymologie von sollemnUas R. M .... LTBY. A Lcxicon of Aneient Latin Elymologies. Leeds 1991. 573 s.v.: Isid. orig. 6. 18, I soflemnUas a sacris dicitur. Ua suscepta ul mutari ob religionem non debeat, ab sollo, id eSlfirmo atque solido nomina­tao vel ex eo quod soleat fieri ;/1 anno.

196 Zur Schriftallegorese, die Augustin bekanntlich in beeindruckender Weise in den Predigten des Ambrosius begegnet ist (siehe conf. 5, 24; 6, 6 (Cel 27, 7 1 . 73», vgl. ihre Definition im Rahmen der Darstellung der vier exegetischen Methoden, welche in Reak­tion auf die manichäische Verwerfung des AT und ihrer Kritik am NT zuerst in De uri/i­tote credendi (entstanden 391/392) aus nicht näher zu bestimmenden griechischen Quel­len zusammengestelh werden, (vgl. Augustinus, Oe utilitate credendL Über den Nutzen des Glaubens, übers. u. einge!. V. A. HOFFMANN. Freiburg 1992 (FC 9), 30f.): util. credo S (eSEL 25, I , 8) secundum historiam ergo troditur. Cllm docetur, quid scriplum allf quid gestum sil. qu;d non gestum. sed tanlumodo scrip/um quasi gestum Silo secu/1dum aitiologiom, cum ostenditur, quid qua de causo vel faclum vel dictum sit, secundum ana­fogiam, cum demonstralur non s;bi adversari duo testamenta. vetus el novum, secundllm allegoriam, cum docelur non ad fitteram esse occipienda quaedam, quae scripta sllnt, sed figurate in/ellegenda. Daß freilich auch die unterschiedlichen Auslegungsformen nebeneinander Anwendung finden können, zeigt rur Gn I , I später Gn. litt. inp. 3 (eSEL 28, 1 , 461) (entstanden 393/394, der Hinweis auf diese Stelle bei HOFFMANN, a.a.O., 3 1 ) hoc ergo qllOd scrip/um est: in principio feeit deus caelum el lerram, quaeri polest utrum tontummodo secundum histor;am accipiendum sit an etiam figurale aliquid signijiccl ef qllodmodo congrual evangelio el qua causa sic fiber iste inchoalUS sit. In util. credo 8

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Senno 266 1 19

Bedeutung des Sprachen wunders im Sinne einer Prophezeiung kirchlicher Katholizltät aufmerksam zu machen, sondern auch den Beweischarakterl97 der so ausgelegten Bibelstelle gegenüber dem separatistischen Kirchenver· ständnis des Donatismus zu betonen.

Z. 22 calumniabantur: Augustin deutet hier irridentes aus Act 2, 13, das er an anderen Stellen aufnimmt (vgl. außer c. ep. Man. 9 (CSEl 25, I , 205), cath. fr. 29 (CSEl 52, 266) s. 267, 2 (Pl 38, 1230) expaverunt qui aderant, alii admirantes alii irridentes, in s. Ouelf. 23, 3 (MA I , 5 1 8) ali­qui quasi deridentes). Calumniari, womit schon klassisch als lUT. t.t. die ungerechte Anklage und allgemeiner jede mutwillig falsche Beschuldigung ausgedrückt wird (vgl. ThLl m Sp. 191 s.v. I u. 2), bezeichnet in der christlichen Literatur besonders die Verleumdung der Glaubenswahrheit (vgl. Blaise, Dictionnaire 125 s.v. I - dementsprechend zeigt die Frequenz­anzeige im CAG, daß die relative Häufigkeit des Verbs in den antihäreti­schen Schriften (bes. c. Adim., c. Faust., c. litt. Pet., c. adv. leg., c. lul.) am größten ist). Nach en. Ps. 1 1 8, 26, 4 (CCl 40, 1754) ist rur jedwede calum­nia, die sich bei Juden, Heiden, Häretikern, Schismatikern und dem Teufel

(eSEL 25, I , 10f.) wird sigl/um neben allegoria als ntl. ßegriffiiehkeit präsentiert und damit auch lexikalisch der Nachweis erbracht, daß sich schon Christus und Paulus der allegorischen Auslegung bedient haben. Zu Beginn des (401-414 entstandenen) Kom· mentars Oe Genesi ad litteram (Gen. litt. I , I (CSEl 28, 1 , 3» beschränkt sich Augustin wie meist auch sonst auf die Unterscheidung von wörtlicher und figuraler, d.h. allegori· scher Auslegung (vgl. C. MAYER, Allegoria: Al I , Sp. 236). Die systematisch entwi· ekelte Hermeneutik von De dOClrina christiana fonnuliert in bezug auf die Stellen der Hl. Schrift, welche signa trans/ata enthalten. das Sehema signum - res signijicans - res (vgl. doctr. ehr. 2, 15 (CCl 32, 41», so daß das Schriftwort zwar als Zeichen zunächst eine wörtlich zu verstehende res zum Ausdruck bringt, diese dann aber noch einen spiri·

tueHen Vcrweisungszusammenhang eröffnet [übertragen auf s. 266: signum (verbum): homo - res signijicans: homo (proprie) - res: unitas (translate)], vgl. G. WENN1NG, Ocr Einnuß des Manichäismus und des Ambrosius auf die Hermeneutik Augustins: REAug 36 (1990), 87f., POLlMANN, Doctrina Christiana, 155. In der donatislischen Exegese, die in der Tradition von Cyprian und Tertullian den literalsinn und die typologische Ausle· gung VOrtog, spielte die Allegorese kaum eine Rolle (vgl. ebel., 8).

191 Zum Verständnis von signum als • .Beweisminel", das eine "gewisse: Erkenntnissicher· heit" ausdrückt. verweist POu.MANN, 8.a.0., 173, rUf Augustin auf mor. 2. 43 (CSEl 90, 127), Gn. adv. Man. I , 14 (Pl 34, 180), util. credo 25 (CSEl 25, 1 , 32) und doctr. chr. 2, 5 (CCL 32, 34), wo man außer ita (i. e. per litteras) WJCes oculis ostenduntur roOf! pe ... se ipsas. sed per signa quaedom suo auch noch gut den folgenden Sehriftbeleg (Gn 1 1 , 1 ·9) anfuhren kann, welcher eben signum rur das den herrschsüchtigen Völkern gemeinsame peccatum dissensionis humanae ist: cuius superbiae signum est errecto iIIa turris in cae· lum. ubi homines Impii non so/um onimos. sed ellam lIOCes dissonos hobere meruerunt.

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120 Vier Themenpredigten

selbst finde, die Haltung der superbja kennzeichnend, welche die humilitas christiana verachtet.

Z. 25 iam quippe illi plen; erant vino novo, quia facti eranl ulres novi: Das aus Mt 9, 17 entnommene Bild, welches unter Augustins Predigten am weitesten s. 272B (siehe s. Mai 158, 1 u. 7 (MA 1, 380f. 385)) ausfUhrt''', erklärt, warum paradoxerweiser die Rede der Spötter Wahrheit enthält, wenn sie allegorisch verstanden wird. Auf die Frage, wie denn die Erneue­rung (wres IlOV; fler;) der Jünger geschehen ist, welche ja Voraussetzung rur den Empfang des Geistes (vinum novum) ist und nicht mit diesem gleichgesetzt werden darf, antwortet indirekt das folgende calumniando nec imlOvabantur. So wie nämlich die ungläubig falsche Auslegung des linguir omnibus loqui eine Erneuerung verhindert. darf das Gegenteil für die fromme Haltung der Hundertzwanzig in bezug auf das promissum Christi (vgl. Act 1, 5) angenommen werden (daher Z. 14f. quod exspectabatur, adyenit et vusa munda. a quibus susciperetur, inyenit). Augustin fUhrt dies selbst aus in qu. ev. 2, 18 (de ieiunio flliorom sponsi) (CCL 44B, 61): erant [sc. discipuli] autem iam rlfres noyi, cum post ascensum domini desiderio consolationis eius orando et sperando innoyabantur. tUlie enim aeeeperunt spiritum sanetwn, quo impfeti, ClOn omnium qui de diversis gelZlibus ade­rant linguis foquerelltur, dieti SUflt mllsto pfeni. noyum enim vinum jam novis utribus venerat.

Z. 27 mox ubi: "sobald als" ist spätlateinisch, ebenso mox ut (Z. 77), vgl. Kühner-Stegmann 11 365 A. 2, B1aise, Handbook § 315 .

Z. 28 et Christi gratiam praedieantibus: Der Text der Mauriner bietet hier Christ; gratia, so daß praedieare absolut gebraucht und im Unter­scheid zu sermocinari "predigen"l99 vielleicht spezieller als "die frohe Bot­schaft verkünden" zu verstehen wäre. Die Vorstellung einer übernatürli­chen Inspiration, welche sich oft mit praedieare verbindet, hätte dabei in Christi gratia "kraft der Gnade Christi" (d.h. erfUUt vom Hl. Geist) deut1i-

191 Vgl. M. J. HOONDERT, Lcs sermons d'Augustin pour le jour de la Pentecotc: Aug(L) 46 ( 1996), 302, Anm. 45.

199 Außer der geläufigen Bedeutung "ein Gespräch fUhren, sich unterhalten" kann sermoci. lIari zur Zeit Augustins auch "predigen" heißen. Vgl. z.B. en. Ps. 1 1 8, prooem (CCL 40, 1665) Psolmos omnes eeteros, quos codicem Psalmorum novimus eontinere. quod eeclesiae consue/udine Psalterium nuncupatur. parlim sermocinando in populis. partim die/Qlldo exposlli ( ... ).

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ehen Ausdruck gefunden 'oo Da jedoch die Kolometrie des Temporalsatzes erkennbar als Gradatio gestaltet ist, die den Inhalt der Apostelpredigt zu­nehmend konkreter werden läßt, sollte gerade im letzten Kolon (s.u. die Analyse des modus proJerendi) das Fehlen eines Akkusativobjekts verwun­dem.'OJ (Neben dem absoluten Gebrauch findet sich im christlichen Latein von Anfang an auch praedicare c. ace., um den Gegenstand der Verkündi· gung anzugeben.'02 Vgl. schon Z. 5 1 f. Philippus ( ... ), qui praedicavit evangelium in Samaria ( ... » . Den entscheidenden Hinweis darur, daß mit M Christi gratiam praedicantibus zu lesen ist, liefern in s. 266 aber die Zeilen 136f., wo Augustin die Petruspredigt im Hause des Comelius folgenderma­ßen zusammen faßt: ergo aperlo ore SUD evangelizare coepil gentibus incir­cumcisis ( .. . ) gratiam domini lesu Christi. Als Objekt von evangelizare (transitiv gleichbedeutend mit praedicare .. verkünden", vgl. ThLL V, 2 Sp.l000 s.v. 2 b) meint gra/fam Christi dort die mit dem Erlösungswerk Christi verbundene Gnade und Befreiung von Sünde und Tod, welche all denjenigen zuteil werden, die an seinen Namen glauben. Vgl. besonders Act 10, 39b-43 und auch s. 26, 12 (CCL 4 1 , 356) ista gratia praedicetur. ista es! gralia Christianorum per hominum mediatarem, per passum et resuscitatum, qui ascendit in caelum et captivavit captivitatem et dedit do­na homi"ibus. Da Petrus nach dem Bericht von Act am ersten Pfingsttag im

200 In den ersten christlichen Jahrhundenen enlspricht der absolute Gebrauch von praedica­

re dem biblischen K'lQOOOEtV, welches im NT bezogen auf die apostolische Predigt be­sonders die Verkündigung des mit Christus verbundenen Heils bedeutet und EOOYYE­)J.�EOßQl gleichkommt. Dabei hat praedicare häufig einen deutlich sprituellen Sinn an­genommen, der auch noch im 4. und 5. Jh. zu erkennen ist, wenn etwa die Väter den von ihnen viel bewundenen und geliebten mystischen Chrakter des 4. Evangeliums heraus­stellen; praedicare heißt dann beinahe soviel wie (e)rucl(u)are, das im Christen latein auf geisterfüllte Äußerungen von Propheten und Evangelisten angewendet wird: Aug. s. 1 19, 1.2 (PL 38, 673f.) hoc enim principium evangelii sanctus Johannes nlctuavit, quia de peclore domini bibil. ( ... ) in prineipio erat verbum, et verbum erat apud deum, et deus erat verbum. 0 praedicare! 0 saginam dominici pecloris erucluare! Vg!. Chr. MOHR­MANN, praedicare - tractare - sermo, in: Etudes sur le latin des chretiens lJ. Rom 1961, 64-67, zum Gebrauch von praedicare staU eWJngelium praedicare auch G. KOFFMANE,

Geschichte des Kirchenlateins. Entstehung und Entwicklung des Kirchenlateins bis auf Augustinus-Hieronymus. Brcslau 1 879, 81 sowie Blaise, Dictionnaire 645 s.v. 6.

201 Nach ratianemque reddenlibus hält bei praedicantibus ein Objekt auch E. HIl . .L für erfor­derlich, vg!. Sermons lIIn (230-272B) on the Liturgieal Seasons: J. E. ROTELLE (Ed.), The Works of Saint Augustinc. A Translation for thc 2 1 st Cenlury. Ncw York 1 993, 273, Note 7. 202 Entsprechend K'lQOOOELV c. ace. Der griechische Einfluß fUhne auch dazu, daß transiti­ves praedicare die schon klassisch geläufige Bedeutung "ruhmen, preisen" zunächst verloren hatte und erst bei den Autoren des 4J5. Jh. wieder so verwendel werden konnte. Vgl. MOHRMANN, a.a.O., 65.

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122 Vier Themenpredigten

Anschluß an die Rechtfertigung der Xenolalie (Act 2, 15-2 1 ) ebenfalls Christi Tod, Auferweckung, Erhöhung und zusätzlich seine Geistsendung verkündet (Act 2, 22-36), dürfen wir annehmen, daß Augustin den Inhalt dieser Predigt, die er in Z. 28ff. allen Aposteln zuschreibt, auf eine ähnliche Formel gebracht hat wie in Z. 1 36f.

Z. 29 compuncti sunl: Das Verb campuIIg; wird in der Kirche zum Aus­druck rur "Reue empfinden, Gewissensbisse haben""'. Vgl. in Act 2, 37 (V g) die Junktur compuncti sunt corde "sie begannen, im Herzen Reue zu empfinden" [das Perf. ist aOlistisch (ingressiv) wie auch im folgenden bei mutati sunl, crediderunl, vgl. dazu Blaise, Handbook § 230 Anm. 29] wor­aus compune/ur als paenitens, humilis, demisslis entstanden ist (vgl. ThLL UJ Sp. 2 1 74 s. v. compungo 1I).

Z. 3 1 deinde coepit spiritus sanctus dar; per ministerium tlpostolorum: Das vielfach in Umschreibung eines ingressiven Aorists verwendete coepi c. inf. (in Verbindung mit einem wirklichen info pass. begegnet das Aktiv häufiger erst seit Livius) ist oft in seiner Bedeutung abgeschwächt und wird volkssprachlich zu einem reinen Pleonasmus; im Deutschen kann dann auf die Periphrase verzichtet werden (vgl. Kühner-Stegmann TI 569f., Blaise, Handbook § 223); siehe auch Z. 1 36f. ergo aperlo ore suo evangelizare coepi/ genlibus incircumcisis ( . .. ).

Z. 30f. illi manus imponebanl: Diese Geste, deren christlicher Vollzug vorwiegend alttestamentliche Wurzeln har04, erscheint im NT als einfache Segnung (Mc 10,16), bei Heilungen (Me 5, 23; 6, 5; Act 28, 8), bei der Berufung zu einem kirchlichen Amt (Act 6, 6) und schließlich nach dem besonderen Verständnis der Apostelgeschichte zur Vermittlung des Hl. Geistes als Ergänzung der Taufe (Act 8, 17-19; 9, 12 . 17 ; 19, 6).'" In der nachapostolischen und apologetischen Literatur des 2. Jh. (wie etwa Dida­ehe, Pastor Hermae, Justin, Clemens v. Alexandrien) wird die Handaufle­gung bei der Taufe zur Geistvermittlung nicht erwähnt, sie ist aber schon

201 Vgl. KOFFMANE, a.a.O., 74.

2CW So wird in LXX txt'rlOTl� l� Xt� (bzw. n)v XtTQCl) txl l�V n<paAl'\v verwendet, wenn Gott Opfertiere geweiht werden (Ex 29, 10.15; Lv 1 , 4), zur AmtseinfUhrung der Leviten (Nm 8, 10), wobei ausdrücklich von Segnung und Geistvcrleihung die Rede sein kann (Dt 34, 9 Kai 'lllOOßc; (Josua) u&; Nautl EvtJ'CAftoOTl :rrvdll.laTOC; ovvtOt�, betOlllCtv ydQ MO)\XJ"l1� "Tcl� xttQW; amo\! tJt' am6v), auch zum Fluch (Lv 24, 14) und einmal bei einer Krankenheilung (IV Rg 5, 1 1 ), vgl. Ch. MAURER, Enti'Dtl�, txtt)tOl.�: ThWNT VIII, 1 6 1 . lOS Vgl. ebd., 162 und E. FERGUSON, Laying On of Hands: EECh 11, 669f.

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Senno 266 1 23

üblich im 3. Jh. nach dem Zeugnis von Hippolyts Traditio Apostolica (vgl. Fußn. 192) und Tertullian, bapt. 8, 1 (CCL I , 283): dehinc [sc. post baptis­mum] manus imponitur per benediclionem advocans el invitans spriritum sanctum. Im Rahmen des eigenständigen Sakraments der Firmung (confir­mafio) findet sich der Ritus in der westlichen Kirche jedoch nicht vor dem 1 1 . Jh.206

Da ftir Augustin die Handauflegung ein wiederholbarer Gebetsakt ist201 und zum Zwecke der Sündenvergebung nur in der Catholica stattfinden kann, folglich bei der Rekonziliaton von Schismatikern wiederholt werden muß (s.o. zu Z. 3f.), trennt er sie von dem einmaligen Vollzug des Taufsak­raments (vgl. bapt. 3, 21 (CSEL 5 1 , 2 12f.)).20·

Z. 35 Simon: Der Magier Simon, der nach Act 8, 9-24 in Samaria die Bewohner durch seine Zauberei und den Anspruch eLvcd nva tamov �tyav (V. 9) zu dem Bekenntnis verleitet, er sei die "große Kraft", d.h. die Inkarnation des höchsten Gottes selbst (om6c; '<mv iJ oUva�lC; TOU ßEOU iJ Ka),.ou�tvT] �Ey<i),.T] V. 10)20', sich nach dem Missionserfolg des Philippus von diesem taufen läßt und später von Petrus verflucht wird, weil er sich die Fähigkeit der Geistrnitteilung durch Handauflegung erkaufen will, galt den Kirchenvätern als Erzketzer und erster Gnostiker?IO Von der folgenden Darstellung, die Augustin in haer. I , I (CCL 46, 290) gibt, scheinen außer dem Wirken in Samaria auf jeden Fall auch das in Rom sowie die Verbin­dung zu Helena historisch zu sein2 1 1 : Simo"ia"i a Simone Mago, qu; bapti-

206 VgL ebd. 670, E. HAENCHEN, Die Apostelgeschichte. Göttingen 71977 (KEK 3 '6), 294, COURTH, Sakramente, 128-132. Einen Überblick ober den Bezug der Kirchenväter auf Act 8, 14-17 gibt R. PESCH, Die Apostelgeschichte. I . Teilband (Apg 1 - 12). Zürich 1986 (EKK 5), 280[, der allerdings bei Augustin einem Irrtum unterliegt, wenn er unter Beru­fung auf s. 266, 3-6 zu dem Schluß kommt "Augustinus erklärte, daß die "impositio manum [sic!]" notwendig sei; auf niemand komme der Heilige Geist herab, wenn ihm nicht die Hände aufgelegt würden." (ebd., 280). Dies ist vielmehr die Auffassung des CQntentiosus fictus (vgL Z. 99ff.), der daran festhalten möchte, daß die Geislverleihung per hominis postestatem erfolgt, von Augustin aber endgültig mit der Comeliuspcrikope widerlegt wird.

207 Als solcher hat der Ritus auch schon während der Taufvorbereitung seinen Platz bei der Aufnahme in den Kreis der Taufbewerber (auditores) und in dcn der dann schließlich zur Taufc Zugelassenen (competentes). Vgl. GROSSI, Baptismus, Sp. 587f., C. VOOEL,

HandauOegung I (liturgisch): RAC XIII, Sp. 486. 201 Vgl. A. SCHlNDL:!R, Baptismo (Oe -): AL I , 5S0.

209 Vgl. HAENCHEN, a.a.O. 293, W. GRUNDMANN, �t'ya<;. B. im NT. 6. 1i �qaAT\ bUvaIJ.l<;, Apg 8, 10, ThWNT IV, 546f.

210 Vgl. H. R. DROBNER, Lehrbuch der Patrologie. Freiburg 1994, 87. 2 I t Vgl. H. LJETZMANN, Simon Magus: RE 111 A, 1 , Sp. 1 8 1 . 183.

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124 Vier Themenpredigten

zatus a Philippo diacono, sieut in aclibus aposl% rum [egitur, pecunia voluil a sonetis apos/olis emere, ul eliam per impositionem manus eius darelur spritus sanctus. hie magids [al/acUs decepera/ mullOS. docebat autem detestandam turpitudinem indifferenter utendi Jeminis. nec deum mundum [eeisse dicebat. negabal eliam camis resurreclionem. el asserebat se Christum; itemque lovern se credi va/ebal Minervam vero mere/ricern quandam He/enam, quam sih; sodam see/erum fecerat. imaginesque er suam et eiusdem meretricis discipulis suis praebeba/ adorandas. quas et Romae tamquam deorum simulacra QuCloritate publica cansli/ueral. in qua urbe aposlulus Petrus eurn vera vir/ute dei omnipo/entis exstinxit.212

z. 38f. non meruil redimi abs spiritu: mereo(r) c. info ist iJ! den Predig­ten häufig, utfinale beim Aktiv nur ausnahmsweise (s. 174, 2 (PL 38, 941), gelegentlich aber beim Deponens (s. 163, 9 (PL 38, 893), s. Dolbeau 1 8 (AB 1 10 ( 1992), 299), 10. ev. Ir. 74, 2 (CCL 36, 5 13) zu finden. Die Junk­tur redimi abs spirilu mag zunächst verwundern, da Erlösung zumindest im

212 Zur gÖlllichen Verehrung von Simon und Helena in Rom (unter Claudius) vgl. lustin, apol. I, 26, 2-3 l111rovo (sc. XQOtjl6)..)..OVTO oi oaiIJOVCC;) �tv TIW I.o.�llQta, Tav WtO KWlJl1C; )..CYOlltVTlC; rni)G)v, Oe; Ex .. K>..ttOOi.ou KaioaQ<>(; oUl TG)V tvcpyoUvrwv oru1l6V<Ov TtX.Vl1C; buvcilJClC; XOI.l\OOC; lJ<lytICUC; tv Tfi X6A.Cl "IJ-G)v ßaOlAiÖl ·pwlJ-n i)E� tvof,dottll lCat aVOQttivn xaQ· UIJG)V <i>c; ttEOc; lEn�l1TUl, öc; avbQtnc; avcyfl'YcQlUl (V T@ TlPEQt JtOlOIJ.@ lJE1:ol;u TG)V 000 YEqn)QGlv, t'x.rov tX1n�oq)l'1V ProlJatlCf!v TamIlv' SIMONI DEO SANCTO. Kai ox.cböv JtUVtt:C; IJtv WIJUQEiC;, 6)'1:yOl. bt KaI. tv äAA.OU; lOvcOtv, <ix; T6v XQ&TOV ttEOv tlCElvov 6jJ.o).oyoOvuc; XQOOK\IVOÜCJt· Kai. ·EAtV11V TI­va. TI;V l'tEQl VOOTl\oaoov aml{) KaT' tlCdvo TaO ICCllPOU, l'tQ6TEQOV txi TtyOU; OTa­ßEtoov, Tilv Ux' Qmo'Ü lvotav l'tQWTrIV YEVOIJCvl1V ).tyOlJOl (Einen gewissen Simon (brachten die Dämonen hervor), einen Samaritaner aus dem Darr Gitthon, der unter Kai­ser Claudius durch die Kunst der in ihm wirkenden Dämonen Zauberkräfte unter Beweis gestellt hatte und daher in eurer königlichen Stadt Rom rur einen Gott gchallen wurde und als Gott mit einer Statue von euch geehrt worden ist, die im Tiber zwischen den beiden Brücken errichtet worden ist mit der rolgenden römischen Inschrift: SIMONI DEO SANCTO. Und beinahe alle Samaritaner und auch wenige in den anderen Provin· zen beten jenen an, wobei sie ihn als den ersten Galt bekennen. Und eine gewisse Hele· na, die mit ihm zu jener Zeit umhergereist ist, rrtlher freilich in einem Bordell gelebt hat· te, nennen sie den ersten von ihm erzeugten Gedanken.). Daß lustin dabei die 1574 ge· fundene Inschrift zu Ehren des sabinischen GoUes Semo Sancus (\/gl. CIL VI, I , NT. 567, p. 108) mißgedeutet hai (so LI�IZMANN, Si mon Magus, 1 8 1), erscheint nicht zwin· gend (vgl. S. Justin, Apologies. lnuoduction, texte critique, traduclion, commcntaire et index par A. WARTEu.E. Paris 1987, 264f.). Die Auseinandersetzung Simons mit Petrus in Jerusalem und Rom wird in den apokryphen Petrusakten, spez. den ACllls Vercellen. ses bzw. Actus Pcfri cum Simone (Lipsius) (entstanden 180-190) erzählt, als deren Hö­hepunkt Simon bei der Zurschaustellung seiner Flugkünste Ober Rom \/on Pelrus durch ein Gebet zum Herrn zu Fall gebracht wird und sich ein Bein bricht, vgl. Act. Petr. c. Sim. 32 (lIPSIUS I Bol\'NET I, 83).

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Sermo 266 125

NT speziell von Christus ausgesagt wird und der Geist nicht der eigentliche Erlöser iseu. Doch redirn; wird hier offenbar als gratiam habere verstan­den und meint als Vollendung und Bestätigung der Erlösungstat Christi das erneuerte Leben im Geis!,l" das die Apostel schon fUhren und das bei ih­nen ganz besonders in der Vollmacht der Geistvennittlung zum Ausdruck kommt, vgl. Z. 62-65: lune Simon ille admiralus lanlam gratiam [vgl. V g Acl 8, 19 date et mihi hane potestatem] pecuniam dare volui/ ( . . . ) et tanla gralia indignus inventus es/.

Daß man in diesem Zusammenhang in dem ersten Wortspiel gratiam non agnoveral. nam si gra/iam agnosceret, gratis haberet einen eindeutigen Hinweis auf die antipelagianische Lehre von der gra/ia gratis data sehen muß (s.o. die 'Einfilhrung'), scheint mir fraglich. Denn es geht hier nicht um eine Verhältnisbestimmung von Willensfreiheit und Gnade, sondern um Verwerfung der hochmütigen Vorstellung, der Geist sei eine käufliche Ga· be, der menschlichen Verfügungsgewalt anheimgegeben. Hätte Simon die Unverfügbarkeit der Geistmitteilung (das gratia esse) anerkannt, hätte er diese auch unentgeltlich, d.h. aus freier Gnade des Geistes selbst (vgl. Z. 85fT.) bekommen können'u Das Wortspiel beruht dabei zwar auf Parono­masie und etymologischer Verwandtschaft, doch es gewinnt seinen überra­schenden Effekt eigentlich erst durch die Oppositio von peculliam (Z. 36) und gratis, so wie auch das folgende Spiel mit wörtlich verstandenem Sim· plex (emere) und übertragener Bedeutung des Kompositums (redimi)216

m Vgl. CouRTIi, Sakramente, 127. Gleich wie redemptio Oblicherweise das durch Christus (als Lösegeld, vgl. Mt 20, 28, Mc 10, 45, bei Augustin 1.B. trin. 1 3, 1 9 (CCl 50A, 408) in hoc redemplione (vgl. Col I , 14) lomquam prelium pro nobis dolus esl sanguis Chris­ti) erworbene Heil bedeutet (vgl. B1aise, Vocabulaire § 226), so gilt dies entsprechend der nll. Verwendung (vgl. Tit I , 14 (gr. AUTQO\Ja""OCU), Ga1 4, 5 (gr. t�ay�clv» auch rur den Gebrauch von redimere bei christi. Autoren (seit Tertullian), vgl. ebd. § 227 u. Dictionnaire 704 s.v. 2.

114 Durch das Geschenk des HI. Geistes lehrt Gott. daß die durch Christus erkaufte Annah· me an Kindes Statt (adoplio jiliorum) auch den Heiden gilt, so Augustins Auslegung zu Gal 4, 5 in exp. Ga!. 3 1 (eSEL 84, 98). Den sakramentalen Nachlaß der SUnden durch den Geist bekennt die liturgische Tradition der Kirche. vgl. etwa in der Postcommunio zum Pfingstdienstag im Missale Romanum von 1 962: menles nostras. quoesumllS, 00-mine, Spiritus Sanclus divinis reporet socromenlis: quio ipse es, remissio omnium pec­ca/orum (weitere Belege bei Blaise, Vocabulaire § 2 1 9).

m Der coni. impf. steht hier in beiden Kola der hypothetischen Periode als Potentialis der Vergangenheit, vgl. KOhner-Stcgmann 11 396f.

216 Vgl. zu den auf Paronomasie beruher.den Wortsp!eler. in Fonn von Simplex und Kom· positum bzw. etymologisch verwandten Wörtern verschiedener Struktur (letztere Form ist in den Sennones wegen des häufig geringen Überraschungseffekts selten) ehr. MOHRM .... NN. Das Wortspiel in den augustinischen Sennones, in: Etudes sur le latin des chrttiens I. Rom 1961 , 388. 341.

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126 Vier Themenpredigten

deshalb beeindruckt, weil von der versuchten Simonie kurz zuvor die Rede war.

Z. 39f. suflicial tibi ul implearis, non ul injleris: Unpersönliches sujJicit (statt salis est) mit folgendem ut conseculivum ist nachklassisch (vgl. Küh­ner-Stegmann II 242). Implere, das hier zum Ausdruck göttlicher Geistmit­teilung der menschlichen Geltungssucht entgegengesetzt ist (vgl. plenitudo - injlatio in s. 36, 1 1 (CCL 41 , 443» , gehört bei Augustin zur soteriologi­sehen Begrifflichkeit, ist doch damit das Gnadengeschenk der Erlösung verbunden (vgl. Z. 39 redimi abs spiritu). Dementsprechend heißt es in civ. 22, 30 (CCL 48, 864) von der civitas dei, die das endgültige Heil ewiger Sabbatruhe erreicht hat, sie werde ab omni malo liherata el impleta I)f'tni bonD sein.

Z. 5 1 Phi/ippus evangelisla: Vgl. Act 2 1 , 8. Das in profaner Literatur nur selten verwendete Eoo.YYEA.t.O({1�217 hat im NT (außer Act 2 1 , 8 nur noch zweimal: Eph 4, 1 1 ; II Tim 4, 5) die Bedeutung "Verkünder der frohen Botschaft" und meint .. mehr eine Tätigkeit als ein Amt,,218. So versteht auch Augustin den Titel, wenn er ihn !Ur Philippus auf die zungenfertige Redeweise seiner Predigt (vgl. zu ihrem Erfolg Act 8, 12) zurückfUhrt: Z. 54f. Philippus, qui propter promptum praedicationis eloquium evangelisla proprie meruit appe//ari.

Zu eloquium als ratio loquendi nennt ThLL V, 2 Sp. 4 14 s.v. I B rur Au­guslin civ. 9, 4 GeWus vir eleganlissimi eloquii; 18, 28 eloquii prophetici sapor -promptus heißt in Verbindung mit der Rede "zungenfertig, flüssig" (vgl. OLD 1487 s.v. 4 cl. Bei Augustin finden sich dafllr deutliche Belege in s. 273, 8 (PL 38, 1251) in actibus apostolorum cum magnum miraculum fecisset apostolus Paulus in Lycaollia [vgl. Act 14, 6ff.], cives eiusdem regiollis sive provinciae putaverunt deos descendisse ad homines, et credi­derunt esse Barnabam lovem, Paulum autem Mercurium, quia ipse erat in

111 LSJ 705 s. v. 11 fUhren als Beleg fUr die nichtchrist liehe Bedeutung "proclaimer of oracu­lar messages" nur eine Inschrift aus Rhodos an (IG 1 2 ( 1 ), 675).

111 G. FRIEDRlCH, tooyytA.lotitt;: ThWNT 11, 735. Friedrich stellt fest, daß die mit der Gemeinde- und Missionspredigt (Timotheus zusltzlich mit der Gemeindeleitung 11 Tim 4, 5) betrauten Evangelisten den Aposteln untergeordnet waren. Denn auch jeder Apos­lei war in dem oben genannten Sinne Evangelist, aber nicht umgekehrt, da die Apostel der Auferstandene berufen hatte. Die Bedeutung "Verfasser von evangelischen Schrif­ten" ist im Griechischen ab dem 3. Jh. geläufig, weshalb evangelisto so verstanden zwar schon bei Tertullian vorkommt, doch erst seit Ambrosius. Hieronymus und Augustin üb­lich wird. Dagegen gehört evangelizore ,.das Evangelium verkünden" schon seit der Ve­tus Latina zur lateinischen Christensprache vgl. MOHRMANN, Sondersprache, 1 1 2.

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sermone promptissimus und bezogen auf die gleiche Schriftstelle s. 198 augm. (= s. Dolbeau 26, 13 (RechAug 26 (l992), 1 00» appellaverunt ( ... ) Paulum autem Mercurium, quod erat promptior in loquendo.

Freilich erweist sich Augustin in den Z. 54f. selbst als promptus (s. u. die Analyse des modus pro/erelldi z. St.).

Z. 57-59 ut aulem manus imponeret Philippus et eis manus imponendo impetraret spirilum sane/um, plus erat a dillconii ministerio ( • • • ) : Dieser für die Hörer zum Verständnis der 'gestreckten Initiation' notwendige Kommentar zeigt deutlich, daß Augustin den zuvor im Hinblick auf Act 6, 1-6 verwendeten Titel diacones im technischen Sinne einer kirchlichen Amtsbezeichnung verstanden wissen wi11219: Weil die Geistvermittlung im Anschluß an die Taufe eine Vollmacht voraussetzte, die dem Diakonat nicht zukam (plus erat a diaconii ministerio)220. mußte der Missionserfolg des Philippus erst den Aposteln (in Jerusalem) gemeldet werden, damit diese die Christianisierung Samariens in legitimer Weise vollenden konn­ten. Ganz dem lukanischen Bericht gemäß verbindet Augustin also das Kommen des Geistes mit dem zugehörigen Amt und Ritus''', läßt aber durch die Wortwahl seiner Narratio (spiritum invitayerullt - vgL die oben im Zusammenhang mit iIIi manus imponebant bereits zitierte Stelle aus Tert. bapt. 8, 1) und das Contrarium sed voluntarius. non coaclus keinen Zweifel daran, daß der Geist eine dem Menschen ungeschuldete göttliche Gabe bleibt.

Gegenüber dem Zeugnis von M bietet, wie Dolbeau gezeigt hat, die Mau­rinerausgabe hier mit ul autem audierunt apostoli, miserunt ad eO$ Pe/rum et [oannem, ut baplizatis manU$ imponerent e/ eis manU$ imponendo im­pelrarenl spirilum sanctum inyoCanles einen Text, der auf der Grundlage von Act 8, 14-17 die verdorbene Überlieferung zu konigieren sucht, die

219 Um den Amtsträ.ger zu bezeichnen, verwendet auch die Vulgata das Frem:twort in Phil I , 1 und 1 Tim 3, 8. 12; in weniger spezifischer Bedeutung wird &6.1(0\10<; dagegen mit minister übersetzt, vgl. MOHRMANN. Sondersprache, 103 sowie W. BEYER, btaKovtw KTA: ThWNT 11, 89. Obgleich die nach dem Bericht von Act 6, 1-6 gewählten sieben Gemeindepneger nicht ausdrücklich &6.1(0\101. genannt werden, galt der Text schon seit Irenäus (vgl. haer. I , 26, 3) als "Grundungsurkunde des Diakonats", siehe E. DASS­

MANN, Kirehengeschichte I. Ausbreitung, Leben und Lehre der Kirche in den ersten drei Jahrhundenen. Köln 1991, 1 7 1 ; FOr diaconium als Funktionsbezeiehnung verweist Blai­se, Dictionnaire 268 s.v. zuerst aufCypr. epist. 52, I .

220 Die Kirchenschriftsteller ersetzen den abI. comparationis häufig durch ab c. abi. oder eine andere präpositionale Wendung, vgl. KOhner-Stegmann 1 496, Blaise, Handbook § 12). m Vgl. PESCH, Apostelgeschichte, 275.

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sich an dieser Stelle noch in der Editio princeps abgedruckt findet: ut autem manU$ imponerel Philippus et eis manus imponendo impe/raret spiritum sanctum tinvocanlemt Simon admiratus tantam gratiam.222

Z. 66ff. tune ergo quia Simon ille hominum esse putaverat donum dei, ne apud infirmos haee suspicio jirmaretur, postea eunuchus quidam Candacae reginae veniebal de lerusalem ( ... ): Das Geschehen bei der Tau· fe des Äthiopiers durch Philippus dient flir Augustin offenbar besonders zur Widerlegung des Simon (vg1. Z. 85ff. sed ut ostenderet spiritus non verum suspiciatum esse Simonem, quod hominum donum esset spiritus dei, in hominem venit UberaUler el Iiberum feei/.) Folgt man dagegen der Inter­punktion der Mauriner (tune ergo quia ( . . . ), ne ap"d infirmos IU'fec stlspicio firmaretur; postea ( . . . » , muß eine Brachylogie angenommen werden (tune ergo quia sc. aecipiebant spiritum sanelum per manus apaslalorom ( ... » . So verstanden hätte bereits die Simongeschichte den Zweck, einer falschen Bewertung der von den Aposteln zum Abschluß gebrachten Initiation vor· zubeugen. Der argumentative Duktus von s. 266 spricht aber eher für die oben vorgeschlagene Syntax: Erst diejenigen biblischen Exempla, die keine Handauncgung (Philippus und der äthiopische Kämmerer) oder Taufe (pet­rus und Comelius) voraussetzen, erweisen auch für die Glaubensschwachen die Unhaltbarkeit der sllspicio Simonis.

Z. 70 iIIe qui in Samaria praedicaverat: Der Ausfall dieses von M 20 Uberlicferten Kolons im Text der Mauriner erklärt sich leicht durch Augen­sprung. Angesichts der vielen Redundanzen und Wiederholungen, die der Sermo aufweist, wird man das stilistisch ungeHiliige Tetrakolon wohl zu­lassen mUssen, zumal auch in den voraufgegangenen Zeilen die Schrittfolge von praedieare, baplizare, neminem manllm impanere und apastoUs nunti­are mit dem Wirken des Philippus in Samaria verbunden wird (vgl. Z. 56-59).

z. 78f. inlerrogans: Ein nominativus absolutus als Partizip (vgl. Blaise, Handbook §§ 67. 364), welcher als Element einer "freieren Umgangsspra­che" in den Sermones mehrfach vorkommt und in seinen Funktionen dem abI. abs. gleichwertig i5t.223 Augustin gibt mit tune inlerragans (als part. perf. aufzufassen, daher der folgende cooi. imperf. als Konjunktiv der

122 Vgl. DoLßEAU, sermonnaire augustinien, 24. m Vgl. ehr. MOHRMANN, Die psychologischen Bedingungen der konstruktionslosen No­

minativi in den Sermones des hl. Augustin, in: Etudes sur le latin des chretiens I. Rom 1 96 1 . 3 19.

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Senno 266 129

Gleichzeitigkeit"') utrum de se ipso propheta diceret an de alio die Frage des Eunuchen wieder, welche sich in Act 8, 34 (V g) folgendennaßen aus­gedrückt findet: respondens autem eunuchus Philippo dixit: «obsecro te, de quo propheta dielt hoc? de se an de aUa aliquo?»22S

Z. 79 aperta ianua occasionis evangelizavit Christum ianuam salutis: Statt der von den Maurinem gebotenen geschlossenen Wortstellung aperta occasionis ianua wird man an dieser Stelle wegen der besseren Klausel und der syntaktischen Parallelität zu ianuam salulis lieber die Lesart von M 20 aufnehmen: aperta ianua occasionis (crT statt Ce). Mit der Traductio von ianua - ianuam liegt zugleich ein "Wortspiel durch ambiguum . . 226 vor. Augustin verwendet dabei ianua zunächst in einer übertragenen Bedeutung, die er dem "missionarischen Sprachgebrauch" des NT entnehmen kann: Gott eröffnet dem Prediger die Möglichkeit erfolgreichen Wirkens [vgl. I Cor 16, 8f. permanebo aUiem Ephesi usque ad Pelllecosten; ostium enim mihi apertum est magnum et evidens ( . . . ); 11 Cor 2, 12f. cum venissem au­lem Troadem proprer evangelium Christi et ostium miM apertum esset in Domino, non habui requiem spiritui meo ( . . . ); Col 4, 2f. orationi instate vigilantes in ea in gra/farum actione orantes simul et pro nobis, ut Deus aperiat nobis oslium sermonis ad loquendum mysterium Chrisli ( . . . )] und den Adressaten der Predigt den Zugang zum Glauben [vgl. Act 14, 27 cum Gutem venisselll el congregasselll ecclesiam , rellulerunt quanta !ecisset Deus cum illis el l/uia aperuissel gentibus ostiwlI jidei.].227 Dem Bild von

n. Vgl. Blaisc, Handbook § 361 . m HILL, der die Möglichkeit eines nom. abs. hier nicht in Betracht zieht und interrogans

rür ein auf Philippus bezogenes part. eoniunctum häh, merkt z. St. an (Sermons IHn,

273, Note 1 1 ): .. Augustine appears (from the grammar of the sentence) to suppose that Philip asked thc eunuch whom thc prophet was talking aoout - as a kind of teachers's opening gambit; though the tex.t clearly says the eunuch asked Philip." Er übersetzt da­her (269): ,.And then asking hirn whether the prophet was saying this about himself or about somcone else, taking Ihis chance of a door being opcned to hirn, he gave him the good news of Christ, the door of salvation." Wenn HILL mit seiner Erklärung recht häne und Philippus seine eigene fraus pacdagogica zum Anlaß rur das evongelizare Christum nähme, wäre ein passivisches Verständnis von aperta ianua occasionis aber kaum nahe­liegend. Statt dessen müßte dann doch wohl eher übersetzt werden: .. nachdem er sich die Tür zu dieser Gelegenheit (mit seiner Frage) aufgestoßen hatte." Dies scheitert aber an der Bedeutung der ntl. VorbildsteIlen rur aperta ianua, in denen stets Gott der Han­dehldc: ist (s.o. 2.U Z. 79). 216 Vgl. MOHRMANN, Wortspiel, 3 3 1 .

m Vg!. Bauer, Wörterbuch Sp. 744 s.v. "ÖilQO. 2. c. und zur Verwendung des Bildwortes in der Missionspredigt J. JEREMIAS, ßUQ<.t: ThWNT 111, 174, welcher rur den profanen Gebrauch auf die bei Epiktet häufige Junktur li ßUQu nVOllCl"W im Sinne von "ich bin

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130 Vier Themenpredigten

der 'offenen Tür' im Sinne einer günstigen (Missions)gelegenheit wird dann ein betont sotenologisches aus den Selbstprädikationen Jesu hinzuge­setzt, welches ihn mit ianuam salulis als einzigen Heilsweg ausweist. Vgl. 10 10, 9 EYro Ei�l li Ö1JQa' bl' ,�oü ,<lv n<; Eiot)"ßn oroßlio€'{(lt Kai EiOt­),,[oo€'{(lt Kai t�EAEOOET(lt Kai vo�itv EUQ';OEI. Dadurch, daß Augustin das Wortspiel statt einer weniger auffälligen Formulierung wählt - die Vulgata berichtet als Reaktion des Philippus auf die Bitte des Eunuchen nach Auslegung von Is 53, 7f. aperiens autem Philippus os suum et inci­piens ab scriplura isla evangelizavit ilIi [esum (Act 8, 35) -, darf er bei den Hörern auf gesteigerte Aufmerksamkeit hoffen, welche bei den folgenden Ausfiihrungen besonders wichtig ist, da diese den ersten Beleg ftir das Kommen des Geistes ohn. Handaufleg'�ng nach dem Pfir.gstgeschehen enthalten.

Z. 8 1 f. ait Philippus: «s; credis, fiert potest,), et ille: «credo jilium dei esse lesum,, : Der von Augustin hier aus dem Gedächtnis zitierte Vers Act 8, 37 gehört zur westlichen TextOberlieferung des NT und wird als griechi­scher Texr21 schon im 2. Jh. durch Iren. haer. 3, 1 2, 8 sowie später vom Codex Laudianus (E 08 [saec. VI]) vielen Minuskelhandschriften, einigen Lektionaren sowie einer Handschrift nach Beda bezeugt?29 Neben anderen

•• • Ubersetzungen verweist das Greek New Testament fur den Vers auch auf eine Vielzahl von Handschriften der Vetus Latina. die Clementina (vgC1: dixit autem Philippus: si credis ex 1010 corde, Iicel. et respolIdelIs air: credo Filium Dei esse lesum Christum) und Zeugnisse bei weiteren lat. Vätern neben Augustin (Cyprian, Ambrosiaster, Pacian, Chromatius). Man muß rur das NT hier wohl mit einem Zusatz rechnen. Denn abgesehen von der besseren äußeren Bezeugung der Auslasslmg wäre flir diese bei Ursprüng­lichkeit von V. 37 höchstens ein Lesefehler denkbar, wohingegen der Ein­schub sehr gut dadurch motiviert ist, daß erstens eine Antwort auf die Frage quis (Vg außer Sixtina und Clementina) prohibe/ me baplizari? gegeben und zweitens ein Hinweis auf den Glauben als notwendige Tautbedingung

frei, überall hinzugehen" verweist (vgl. ebd., Anm. 10 mit weiteren Belegen aus der Kaiserzeit).

m dXEV bt airt4> (6 1t)lA.wt�)· Ei (tav) Xl.C'TEUEle; tl; (5).11e; ("f1e;) KaQblae; 00\), t!;,Ecm." (O(i)ßftoEI). WtoKQlßdC; bt dXEV' XlC'TEUco lOV ui.Ov lOU ßEoil dvw. '11100W XQl0l6v (Eie; "ov XQtC'TOV "0" uiov lOU ßEOU). Den eingeklammerten Text bielen: E itC Greek tnS"" '08cdc

ln Vgl. z. SI. GN-r u. METZGER, Commentary, 3 1 5.

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Senno 266 1 3 1

(vgl. Act 8, 12-13) - hier in nichttrinitarischer Bekenntnisfonn - nachge­. d 23. tragen WIr .

Z. 83f. posteaquam ascenderunt, venit super eunuchum spiritus sanc­/us: Wie die Mauriner z. SI. anmerken (PL 38, 1227), gibt Augustin damit abweichend von der Vulgata eine Textfassung von Act 8, 39 wieder, tUr welche sie auf die Übereinstimmung mit einigen griechischen Zeugen und Hieronymus c. Lucif. 9 (PL 23, 1773)'31 hinweisen. Das Greek New Tes­tament4 nennt dementsprechend, bezogen auf den griechischen Text2J2, außer Minuskelhandschriften und dem Lektionar 1 1 78 [saec. XI] (alle auch Zeugen ftir V. 37) den vOn erster Hand korrigierten Codex Alexandrinus (A 02 [saee. V)), sowie für die lateinische Übersetzung neben Hieronymus und der Vulgataüberlieferung auch die Codices ar (saec. IX), I (saec. VU), p (saec. XII) und (mit geringen Abweichungen) w (saec. XIVfXV) der Vetus Latina. Freilich spricht auch hier die gute äußere griechische Bezeugung für den kürzeren Text. Andererseits erscheint im Gegensatz zu V. 37 eine Aus­lassung aus dogmatischen Gründen nachvollziehbar, da in V. 39 ein Wider­spruch zur der zuvor berichteten lnitiation durch apostolische Handaufle­gung gesehen worden sein mag.2n

Z. 102 oblitus es Cornelium centurionem: Der acc. pers. bei oblivisci findet sich klassisch nur in der Dichtung (vgl. Kühner-Stegmann 1 471). Zu der folgenden sog. Comeliusgeschichte vgl. Act 10,1 - 1 1 ,1 8. Auf dieses lange zusammenhängende Textstilck wird in der patristischen Literatur außerhalb von eigentlichen Kommentaren zur Apostelgeschichte (Augustin hat einen solchen nicht verfaßt) insgesamt selten Bezug genommen.234 Im

2JO Vgl. ebd. G. SCHNEIDER, Die Apostelgeschichte. I. Teil. Einleitung. Kommentar zu Kap. I , I - 8, 40. Freiburg 1980 (HThK 5), 507 identifiziert Act 8, 37 als .. Taufgespräch", das er auf die dahinterstehende Gemeindepraxis zurilckflihn. III Er descendenm/ ambo in aquam; e/ baptizavit eum Philippus. et Cllm abscederenl ab aqua: spiritus sanctus venit in eunuch um.

lJ2 Siall ön bt a.vfßTloD.v tK "TOÜ OOD."TO;, :J(VCÜ�D. K\.IQlo\J iiQltD.oCV "(ov c!>iMDOv K"tA wird gelesen ön bt avtpTJoav tx: "(0\1 ooa"TOC;, xvt.(j�a ii"'floV txtxtocv txi "TOV t.ÜVOüxov, ünüoc; bt KUQto\J ii�xaat.v "TOV $iAtJOtov JClA..

m Vgl. METZGER, Commentary., 3 1 6. E. SCHWEIZER, XVC\I�a, JtVE\J�am(6r;. E. 11 . 4: ThWNT VI, 406f. weist darauf hin, daß der Geist im NT sonst nie eine Entrilckung vor· nimmt, und zieht außer einer dogmatischen Korrektur auch die Möglichkeit in Betracht, die Auslassung kön!le durch mcehanisches Abirren ven xvEü�a zu �o\J entstanden

• sem.

ll4 So noch Cyrill v. Jerusalem catech. 17, 27 (PG 33, 997-1 000), Ambrosius spir. 2, 10, 103-107 (CSEL 79, 1 26-1 28), Hieronymus cpist. 1 1 2, 7-8 (CSEl 55, 373-376) und bei Augustin außerdem cn. Ps. 96, 13 (Cel 39, 1 365f.). Im allgemeinen beziehen sich die

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1 32 Vier Themenpredigten

Kontext von s. 266 soll damit nicht nur der entscheidende Nachweis rur das freie Wirken des Geistes erbracht werden, sondern die ausftihrliche Erzäh­lung und Kommentierung dienen Augustin gleichzeitig dazu, die petrini­sehe Heidenmission als ersten gottgelenkten und daher völlig legitimen Schritt auf die Catholica hin vor Augen zu stellen.

Z. 108 ( . .. ) et quod praeciperet jaciendum: In Act 10, 6 wird, nachdem der Engel Cornelius den Gastgeber des Petrus und dessen Behausung am Meer genannt hat, omo<; AUAi}OEl OOl Ti OE beI ltOlEIV nur von 691T'18 (saee. XV) und wenigen anderen griechischen Handschriften geboten. Für diese wohl in Anlehnung an Act 1 1 , 14 vorgenommene Ergänzung (ö<; AaA�aEL

QtlllllT.O :rtQOC; OE EV oIe; oroßiton mJ xai n:d<; 6 OiK6� aou)2JS zcagen nach Nestle-Aland" außerdem der Codex p (saec. XII) der Vetus Latina, sowie die Clementina (vg" : hic dicet tibi quid te oporteat jacere). V gl. bei Augus­tin besonders noch ep. 189, 4 (CSEL 57, 133f.) in his [die in gottgeralliger Weise Kriegsdienst leisten] era! et We Cornelius. ad quem missus angelus dixit: Comeli, acceptae sunt elemosynae tuae et exauditae sunt orationes tuac [Act 10, 4. 3 1 ] ; ubi eum admonuil, u! ad beatum PetrwlI aposfolum mitteret ef ab illo audirel, quaefacere deberet.

Z. 1 1 I f. cum millit Cornelius, interim admonetur Petrus: Diese Syntax empfiehlt sich gegenüber der von den Maurinem vorgeschlagenen (erat ;nde magIla cUlIctatio, clIIn mittil Cornelius. interim admonetur Pe/rus, ( ... ». Denn an die Korrelation cum - interim, die in Z. 1 1 3 wiederholt wird, schließt gut die Einteilung et hic et ibi (Z. 1 1 2) an, während eine zeitliche Verbindung der aus der Kontroverse um die Heidenmission entstandenen magna cunclatio mit der Botensendung des Cornelius zumindest miß­verständlich sein könnte, da dieser selbst keinerlei Bedenken hatte, den Auftrag des Engels auszufUhren (vgl. Vg Act 10, 7f. und besonders 10, 33 confestim igitur misi ad /e).

Väter, wenn sie mehr als einen Vers der Comeliusgeschichte anflihren, nur auf eine Sze­ne des Textes, vgl. F. BOVON, Oe Vocatione Gentium. Histoire de finterpretalion d'Act. 10, I - 1 1 , 1 8 dans les six premiers siccles. Tübingen 1967 (BGBE 8), 24r., der daher folgendermaßen gliedert: I'apparition de range a Comeille (Ac! 10, 1-8) [vgl. s. 266, Z. 105-108], la vision de PierTe (Ac! 10, 9-16) [vgl. s. 266, Z. 1 13-129], le depan dc I'apö­Ire sous rimpulsion de rEspri! (Act 10, 1 7-23a) [vgl. s. 266, Z. 105-1 07], la visile dc PierTe a Comeille (AcI 10, 23b-33) [vgl. s. 266, Z. 129-132], le discours de rap6tre (Ac! 10, 34-43) [vgl. s. 266, Z. 136f. 145f.], I'cfTusion de l'Esprit sur Comeille (Aci 10, 44-48) [vgl. s. 266, Z. I 46f.], 1a dispute a Jerusalcm (Aci 1 1 , J - 1 8) [vgl. S. 266, Z. 149-152].

m So auch verschiede griechische Minuskeln im Anschluß an V. 10, 6, vgL z. SI. NESTLE­ALANOl1 U. MErZ.GER, Conunentary, 325.

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Senno 266 133

Z. 1 12f. agilur negotium regni caelorum, et hic et ibi, ab iIlo qui ubique est: Das Bild vom nego/iatar regni cae/orum (vgl. Rutin. Orig. in cant. 2, p. 167 (Corp. Bero!. 33)) geht zurück auf Mt 13, 45f. (Vg) iterum simile est regnum cae/orum hom;n; nego/ia/or; quaerenti hanas margaritas. in venia autem una pretiosa margarita abii! et vendidit omnia, quae habuit, et emit eam. In s. 37, 3 (CCL 41 , 451) redet Augustin die Hörer als negotiatores regni cae/orum an; im vorliegenden Sermo, in dem der Nachweis der Sou­veränitat des göttlichen Wirkens das zentrale Anliegen der Argumentation ist, wird durch die auffallige Antonomasie qui ubique est236 Gott als derje­nige vorgestellt, der das 'Geschäft des Himmelreiches' betreibt.231 Man darf im Zusammenhang unserer Stelle vielleicht zusätzlich an das Herren­wort aus Mt 16, 19 tibi dabo claves regni caelorum denken, zumal Augus­tin in Z. 104 Petrus allegorisch als ecclesia deutet.23! Gott selbst erschließt dann insofern das Himmelreich, als er seine Kirche (Petrus) zu den Heiden (Comelius) sendet, und diese gleichzeitig nach ihr schicken läßt. In bapt. 4, 28 (CSEL 5 1 , 256) wird mit Blick auf 10 3, 5 (nisi quis renalus Juerit ex aqlla et spiritu, non intrabil in regnum caelorum) und Mt 5, 20 (nisi abun­daverit iustitia vestra plus quam scribarum el pharisaeorum, non intrabitis in regnum caelorum) Comelius bescheinigt, daß seine außerkirchliche iusti­lia zwar anerkannt worden sei (Act 10, 3 1), offenbar aber (warum sonst das ad Pelrum miuere) nicht ad capessend11m regnum caelorum ausreiche.

Z. 1 14f. oranlis mens alienata est; sed ab injimis ad superna; non ul deviaret, sed ut videret: Die Vision des Petrus in Joppe wird im Corpus Augustinianum unter verschiedenen Aspekten behandelt.239 Was oranlis

B6 Augustin schreibt von den Vätern die erste 'Monographie' über die göttliche Allgegen­wart, den Uher de praesenlia dei ad Dardanum (= ep. 187), vgl. K. RAHNER, Allgegen­wart. IV. Väter: L ThK2 I , Sp. 351 .

U7 Geläufiger ist das Bild im Zusammenhang mit Christus, der als negotiator caeleslis gleichsam das Heil erkauft, so bei Augustin z.B. in en. Ps. 30, 2, I , 3 (CCL 38, 192), o­der 10. ev. tr. 62, 4 (CCl 36, 485) agebat negotium ( ... ) nostrae redemptionis, vgl. schon Ambr. in psalm. 45, 7, 3 (CSEl 64, 334) pius animarum nostrarum negotiator.

2J8 Vgl. in bezug auf Mt 16, 1 9 auch s. 295, 2 (Pl 38, 1349) has enim claves non homo unus, sed unitas accepit ecclesiae. hinc ergo Pelri excellentia praedicatur, quia ipsius universitatis et unitatis ecclesiae figuram gessit, quando ei dictum est, tibi trado, quod omnibus lraditum est.

lJ9 So z.B.: ( 1 ) im Rahmen erkenntnistheoretischer Erklärung einer Vision bzw. Ekstase (vor allem in Gn. litt. 12, 2. 1 1 . 34 (CSEl 28, 1 , 38 1 . 394f. 432» , (2) als Wortfeldunter­suchung (speziell zu Act 10, 1 3 occide el manduca, s.o. zu Z. 1 1 8f.), (3) im Zusammen­hang der Erzählung der Comeliusgeschichte (außer s. 266 und en. Ps. 96, 13 (s.o.) noch cath. fr. 30 (CSEl 52, 269» und schließlich (4) als ausdrückliches Predigtthema in s.

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134 Vier Themenpredigten

mens alienata es! (vgl. Vg menUs excessus) meint, erk1ärt Augustin in en. Ps. 103, 3, 2 (CCL 40, 1499): il/o igitur orante [acta est mentis alienatio, quam Graeci ees/osin dieunt; id est, aversa esf mens eius a consueludine corporali ad visum quemdam contemplandum, aUenata a praesentibus. Solch eine ekstatische Vision ist also keine Wahrnehmung mit den Sinnen des Körpers (visio corporalis), sondern sie findet nur im Vorstel1ungs­vermögen statt (visio spiritualis), und zwar ab in firnis ad superna, d.h. als Entrückung nicht in das caelum primum tiber den Wolken oder das caelum tertium, wo die göttliche Substanz selbst geschaut wird, sondern in den Bereich der Imagination, in das caelum secundum, quod spiritu cernitur (vgl. Gn. litt. 12, 34 (eSEL 28, 1 , 432)). Damit ist zwar im Verhältnis zur consuetudc corporalis des Geistes ein fortgc3cluittenes Sehen erreicht (vgJ. das Wortspiel (mit Assonanz) non ut deviaret, sed ut videret), doch werden die signa der visio spiritualis von Petrus nicht verstanden, bis noch eine visio corporalis - die Ankunft der von Comelius geschickten Soldaten und die Auskunft des HI. Geistes (vgl. Z. 1 30ff.) - hinzutritt und die adiuta divinitus mens durch den Bezug der ersten beiden l'isiolles aufeinander schließlich eine visio intelleClualis hat. 240

Z. 1 18f. «Petre, surge; macta et manduca.»: macta (statt occide) liest in Act 10, 13 die Vulgata nur in der Editio Wittembergensis (1529). Der wohl zur Vetus Latina gehörige Text (Augustin zitiert so auch Faustus v. Mileve (c. Faust. 3 1 , 3 (CSEL 25, I , 758)), der durch Alliteration und Homoiote­leuton einprägsam ist, wird allegorisch gedeutet in Z. 129 occide quod SUnI, tac quod es, womit Augustin, wenn man die Allegorie zum Visionär selbst hinzunimmt (Z. 128 esuriens Petrus, ecclesia desiderans fidem gentium), zeigen will, daß die Kirche die Heiden in ihrem sündhaften Leben schlach­ten und sie sich zu einem besseren Leben einverleiben soll [co Faust. 12, 22 (CSEL 25, I , 350) legt in diesem Sinne auch den Bund mit Noah aus, des­sen Nachkommen alle Tiere zur Speise gegeben werden, vgl. Gn 9, 3]. Francrois Bovon weist daraufhin, daß diese augustinische Deutung der Jop­pevision Originalität filr sich in Anspruch nehmen darf. DemgegenUber waren die folgenden Allegorisierungen schon der exegetischen Tradition vor Augustin bekannt: discus [statt dessen bei Augustin auch vas oder /in-

149, 1 - 10 (PL 38, 800-803), \lgl. BoVON, Oe Yoealione Gentium, 166, der freilich en. Ps. 103, 3, 2 eher zu ( I ) als zu (3) rechnen müßte (siehe den Text oben).

240 Ygl. zur Unterscheidung der drei Arten der v;s;o in bezug auf die Joppevision bes. c. Adim. 28 (eSEL 25, I , 188f.) und Gn. lin. 12, 1 1 (eSEL 28, I , 394f.). Die zugrundelie­gende erkenntnistheoretische Konzeption ist wohl neuplatonisch und verdankt sich der Pneuma-Spekulation des Porphyrius, \lgl. W. WIEI..A.ND, Offenbarung bei Augustinus. Mainz 1978 (IIS 12), 43f.

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Senno 266 135

teurn, vgl. V g Act 10, 1 1 ] = orbis terra rum; qua/uor lineae = qua/uor par­tes orbis [errarum bzw. qua/uor orbis cardines; animalia = gentes; ter submissus discus = commendatio trinitatis bzw. der trinitarischen Tauffor­mel aus Mt 28, 19"\ quae deus mundavit (Act 10, 15) = (genies) quae eh · d .

d . ·b · . d lfi I "') 24) rEsto a vemente onalls Sl I peccatls mun ae sun ae ae .

Z. 126 (<.ab oriente et occidente, et ab aquilone et marj» : Bei dieser Schriftstelle, die Augustin zur Deutung des an vier Schnüren befestigten Tellers heranzieht, denkt er - wie mari (vgl. Vg, LXX ("'0 ßaMOOTl'; rur das hebr .jam) zeigt - wohl zunächst an Ps 106, 2f., wo von der Sammlung der vom Herrn Erlösten aus allen vier Himmelsgegenden die Rede iSt.244 Freilich gehört hierher auch der Vers Lc 13, 29 (Vg et venient ab oriente et occidenle el aquilone et aus/ra et accumbent in regno Dei), welcher die Heidenvölkerwallfahrt im Kontext der Gerichtsandrohung gegen die Juden nennt24S, doch Augustin verwendet beim Anfuhren dieser Stelle für den 'Süden' immer ausler (vgI.Vg) oder meridies.'46 In en. Ps. 85, 1 4 (CCL 39, 1 1 88) wird die weltweite Wandlung der omnes gentes zur una gens dei als Großtat Gottes in deutlicher Polemik dem Größenwahn des Donatus gegenübergestellt: quare una gens? quia unafides, quia una spes, quia una caritas, quia una exspectatio. postremo quare non una gens, si una patria? patria caelestis est, patria lemsalem est; quisquis inde civis non est, ad islam gentem non pertinet; quisquis autem inde civis est, in una gen te dei esl. et haec gens ab oriente in occidentem, ab aquilone et mari distenditur per qualluor partes totius orbis. hoc deus dicit: ab oriente et occidente, ab aquilone el mari date gloriam deo. hoc praedixit, hoc implevit, qui solus est magnus. desinat ergo hoc dicere contra so/um magnum, qui noLuit esse parvus, quia non possunt esse duo magni, deus el Donatus.

241 Siehe en. Ps. 103, 3, 2 (CSEL 40, 1500). zu So ausdrücklich in s. 149, 6 (Pl 38, 802). 24l Vgl. BOYON, Oe Vocatione Gentium, 178.180. W Vgl. das Zitat in s. Mai 98, 4 (MA 1 , 350) qui redempti sunt a domino. de regionibus

congregavit eos, ab oriente el occidenle, el aquilone el mari. In Nachahmung hebrä· ischer Idiomatik wird in der Schrift rur gewöhnlich mit mare nicht der 'SOden', sondern der 'Westen' bezeichnet, vgl. Aug. loc. 6, 9 (CCl 33, 455) consuetudinis est autem scripturarum, ut occidentalem partem a mari appellet vel ad mare ( . . . ), vgl. Thll VIII Sp. 386 s.v. I B 8, SauteT 243 s.v.

m Vgl. H. MERKLEIN, Die Jesusgeschichte - synoptisch gelesen. SlUugart 1994 (SBS 1 56), 1 61.

Z46 Vgl. c. Faust 33, 2 (CSEl 25, 1 , 788), c. mend. 24 (CSEl 4 1 , 502), cath. Fr. 37 (CSEl 52,280), s. 203, 3 (PL 38, 1036), s. 270, 3 (PL 38, 1 240).

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Z. 1 32ff. et sieut legitur, nuntiatur Cornelio, occurrit humiliter, pro­sternitur humiliter, levatur humilius: ln Augustins rhetorisch verdichteter Zusammenfassung des lnhalts von Act 10, 25-26 deutet nuntiatur Cornelio darauf hin, daß er in Vers 10, 25 einen Text liest, welcher das sonst überlie­ferte 6><; OE tytVETO TOÜ EiOdßElv TOV rlETQOV, owuvnioae; airrq; 0 KOQV1\Moe; ltEOWV tlti TOUe; ltooae; ltQOOEKINllOEV (vgl. Vg elfaclum eSI cum introissel PeJrus, obvius venit e; Carne/ius et proeidens ad pedes eius adoravil) erweitert: ltQOOEni1;OVTOe; OE TOÜ rltTQOU Eie; TtlV KmouQEluv ltQooQu�wv EIe; Töiv ooiJ/"rov OtEOIlq>T]OEV ltaQayqovEvm oirr6v. " OE KOQV1\Moe; tKltT]oljoue; Kai owuVTljoae; uirrq; ltEOWV ltQoe; TOUe; ltOOUe; 1tQOOEK'UvTJOeV (Als sich Pctrus Cäsarea näherte, lief einer der Diener voraus lind meldete, d�f.\ er cmgekoITL'llen sei. Corneli:.ls sprang auf, ging ihm entgegen, warf sich ihm zu Füßen und huldigte ihm.)''', nach Nestle­Aland" so geboten vom Codex Bezae Cantabrigiensis (0" 05 [saec. V]) und (mit geringen Abweichungen) auch von der spätesten altlateinischen Handschrift des NT, dem Codex Gigas (gig [saec. XlII])"', sowie einer Marginallesart der syrischen Harklensis (sy� und einer mittelägyptischen Übersetzung (mae)).

Z. 143f. ubi sunt qui dicebant - propterea enim totum narravi, propter quod volo dicere ( ... ): In Erinnerung an die gegnerische These verwendet Augustin dicebafll hier konstatierend (eine bei den Verben des Sagens häu� figer zu beobachtende Tempusfunktion des Imperfekts, vgl. Hofmann­Szantyr 3 17). Mit dem abundierenden propterea ... propter quod "deshalb . . . weil" übernimmt er biblischen Sprachgebrauch, wie er ihn etwa in [s 53, 12 vorfindet: proplerea ipse hereditabit comp/ures el lortium partie/ur spolia. propter quod Iradita est ad mortem anima eius et inter iniquos

l'1 HAENCHEN, Apostelgeschichte, 337, Anm. 3, erklärt die Textfassung so, daß E:ytvc'to Toli dOEki)civ "[ov nt'tQOv "als Petrus im Begriff war, (ins Haus) einzufreten" [das ab· undierende (final·konsekutive) toü beim ad nach Vorbild der LXX, vgl. BI..·Debr. § 400, 7 z. St.] auf PeIn Einlritt in die Stadt bezogen und deshalb entsprechend erweiten wurde. Vgl. auch METZGER, Commentary, 329: "The expansion in the Western text of this verse appears to have arisen from reflccting upon the difficulty involved in the ordi· nary text, that Comelius could not have known exaetly when to go out to meet Peter and to summon his kinsmen and elost fricnds 10 his horne.

"

HI Der "altlateinische Charakter" ist bei gig nur in Act und Apc erhalten; der übrige Text folgt der Vulgata, vgl. K. u. B. ALAND, Der Text des Neuen Testaments. EinfLihrung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modemen Textkritik. Stuttgart 21989, 193. METZGER, a.a.O., 329, verweist zur Stütze von Oe. noch auf andere lat. Zeugen, so wie teilweise itP (sacc. XII).

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aeslima�a esl ( .. . ). Vgl. cons. ev. 1 , 47 (CSEL 43, 50), pecc. mer. I , 54 (CSEL 60, 53), civ. 18, 29 (CCL 48, 620).

Z. 145f. evangelizante Petro Cornelius et omnes, qu; cum illo erant gens, id est gentiles, crediderunt: Zur Konstruktion des Relativsatzes be­merken die Mauriner (pL 38, 1228, Anm. I): forte eranl audienles. In dem von ihnen gebotenen Text - M überliefert hier statt dessen die wohl sekun­däre Numerusangleichung gentes - läßt sich erant als verbum substantivum auffassen (wie auch in en. Ps. 96, 1 3 (CCL 39, 1365) ipse Comelius el i/li qui cum i/lo eranl, s. 99, 12 (pL 38, 601) coepit [sc. Pelrus] praedicare Christum lesum et illi et eis, qui curn Wo erant u.Ö. Augustin nimmt damit eine seinen Hörern ganz geläufige Fonnel auf: z.B. (Vg) n Macc 8, I ludas vero Maccabeus et qui cum Wo erant introibant, Me 1 , 36 et persecutus es! ewn Simon el qui cwn Ulo erant, Lc 5, 9 stupor enim circumdederat eurn et Ol1l11es qui cUn! iIIo erant in cap/ura piscium quam eeperan!); gens, das Augustin offenbar mit Blick auf Act 10, 24 Cornelius vero exspeclabat iIIos convocatis cognatis suis et necessariis amicis im weiteren Sinne als 'familia' (vgl. ThLL VI, 2 Sp. 1 845 s.v I A l b) verwendet (vgl. s. 269, 2 (PL 38, 1236) [advel/il spirilus sanclus] super ( . . . ) Cornelium el domesti­cos eius), wird dann als Beziehungswort in den Relativsatz hineingezogen, wobei die kollektive Bedeutung des Begriffs die Synesis beim Prädikat und Pronomen erklären könnte (statt omnis, quae Cllm iIIo erat gens).249 Das Ambiguum, das nach christlichem Verständnis in gens liegt, soll den Hö­rern durch die folgende Erklärung id esl genliles "d.h. die Heiden" deutlich werden250, was zugleich ein Wortspiel mit etymologischer Paronomasie entstehten läßt.2SI Man wird daher trotz der stilistischen Härte, die hier der Constructio ad sensum eignet, gens lesen.

z. 162 ( ... ) quia separatus non collegisti, sed sparsisti: Vgl. Mt 12, 30 (=

Lc 1 1 , 23) (V g) qui IIon est mecum, contra me est; et qui non congregat mecum, spargit. Augustin verwendet die Maxime dieses zweigliedrigen Herrenwortes (und auch das scheinbare Gegenteil aus Mc 9, 39 (= Lc 9, 50) (Vg) qui enim 1I0n est adversum vos, pro vobis es/) häufig im Kontext anti­donatistischer Argumentation (vgl. z.B. bap!. I , I I (CSEL 5 1 , 1 57) ilaque

249 Zur Genus- und Numerussynesis, die in klassischer Prosa nur selten, seit Livius aber häufig anz.utreff:n i5t. vgl. E. LöFSTEDT, Syntaetica. Studien und Bt:itttge zur histori­schen Syntax des Lateins. 11. Teil. Lund 1933, 136f. sowie, bezogen auf gens, Hofmann­Szantyr 436f.

250 Vgl. KOFFMANE. Geschichte, 23. 251 Zum Ambiguum, das in eine Paronomasie Ubergeht, vgl. MOHRMANN, Wortspiel, 332.

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in sacrament; sani/ale, quia contra nos non sunl, pro nobis sunl. in schis­matis autem vulnere quidquid cum Christo non colligunt spargunt, c. litt. Pet. 3, 6 (CSEL 52, 168) sujJeramus ergo invicem in dilectione [vgl. Ga1 6, 2] satis agentes servare unitatem spiritus in vinculo pacis, extra quam qui. squis colligit non cum Christo colligil, quisquis autem nOn cum Christo colligit spargit.). Unter den antidonatistischen Predigten setzt für den Ge­gensatz 'sammeln - zerstreuen' besonders deutlich s. 138 (aus dem Jahr 4 1 1/412)'" das naheliegnde Bild vom pastor bonus voraus, vgl. s. 1 38, 5 (PL 38, 765) [in Deutung von 10 10, 1 1 . 14] ego sum, unus sum, mecum omnes in unilate unum sunl. qui extra me paseit, contra me pasei!. qui me­cum non colligit, spargit und s. 138, 10 (ebd., 769) [die ecclesia transmari­na spricht in Ct I, 6 g!eichsam ihren Bräutigam Christu:; an, der in Afrika seine Herde hOtet] 0 quem dilexit anima mea, annuntia mihi, doce me. au­dia enim in meridie, id eSf, in Africa. duas esse partes, imo mullas conei· siones. annuntia ergo mihi ubi pascis. quae oves ad te pertinent, quod ovile Wie me iubes amare, cui me debeo sodare. ne forte fiam velut operta. iIIu­dunt enim quasi latenti, illsultanl quasi perdilae. quasi nusquam alibi exi­slenti. ne ergo quasi operta, quasi lalens fiam super greges, id est, super eongregationes haerelieorum, sodalium tuorum, Donatistarum, Maximia­nistarum, Rogatistarum, eelerarumque pestium extra eolligenlium; el ideo spargelltium; ( . . . ). Siehe auch s. 37, 3 (CCL 4 1 , 450), s. 7 1 , 4 (RB 75 (1965), 68f.), s. Denis 8, 3 (MA I , 37) und cn. Ps. 2 1 , 2, 3 1 (CCL 38, 1 33).

Z. 169 vide til",en scripturae sensu"" ne/orte aliquid ad",oneal ( . . . ): Nichtenklitisches ne kann im Spätlatein direkte und indirekte Fragen einlei­ten, vgl. Kühner-Stegmann ß 505, B1aise, Handbook § 272b.

Z. 17 1 etsi caedil, a",al; di/igil obiurgalor, decipit adulator: Die Inter­punktion folgt hier M; die Mauriner lesen: elsi eaedil ama/, diligil obiurga­lor; decipit adulator.

Z. 1 7 1 f. ille miseretur, ille circumvenil: iIIe . . . iIIe ist nachklassisch (statt hic circumvenit, ilIe misere/ur), vgl. Kühner-Stegmann II 70.

m Vgl. VERBRAKEN, Etudes cri1iques, 87.

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e) Zum modus pro(erendi

Das Prooemium

Predigte Augustin in Hippo oder auch in anderen Gemeinden während des Gottesdienstes, bezog er sich mit Vorliebe auf die Schriftlesungen, welche er als Zelebrant an vielen Tagen des Jahres frei wählen konnte.2Sl Zumin­dest aber während der Festzeiten und an den Gedenktagen flir die Heiligen folgten die Lesungen zu Beginn des 5. Jh. in Afrika vennutlich schon einer den Gläubigen velbauten Perikopenordnung, die freilich je nach lokaler Gepflogenheit in den einzelnen Diözesen Unterschiede aufwies?S4 Augus­tin hat auf solcherlei liturgische Vorgaben in der Regel Rücksicht genom­men, war aber keineswegs verpflichtet, auf alle Lesungen einschließlich des (antiphonalen) Psaimgesangs2SS einzugehen, reichte doch häufig die Zeit nicht einmal dazu, auch nur eine der vorgetragenen Perikopen erschöpfend auszulegen. Biswei1en verweist Augustin zu Beginn der Predigt mit einer entsprechenden Praeteritio auf die Beschränkungen, die ihm die Redesitua-

m Vgl. M. SCHRAMA, Prima leclio quae recilala esl. The liturgical pericope in the light of Saint Augustine 's sermons: Aug(L) 45 (1995), 150f. mit Hinweis auf s. 362, 1 (PL 39, 1 6 1 1 ) in memoria reti"e"tes poflicitationem "ostram congroas etiam ex evangelio el apostolo fedmus redtari lectiones.

254 Vgl. ebd. sowie M. KuiCKENER, Die Bedeutung der neu entdeckten Augustinus­Predigten (Sermones Dolbeau) rur die liturgiegeschichtliche Forschung, in: G. MADEC (M.), Augustin predicateur (395-41 1) . Actes du Colloque International de Chantilly (5-7 septembre 1996). Paris 1998 (EAug., Serie Antiquite 1 59), 137-139.

m Zum Aufbau des bei Augustin Ublichen 'Wortgouesdienstes' vgl. ebd., 1 5 8f.: "Nach einer knappen Eröffnung folgen, je nach Tag oder Fest, zwei oder drei Schriftlesungen sowie vor dem Evangelium der Psalm. Anlaßbedingt kann sich an das Evangelium der Vortrag von Märtyrerakten oder Wunderberichten anschließen. Es folgt die Predigt des Bischofs, die dieser mit der Monilion «Conversi ad dominutl\)) und einem damit verbun­denen Predigtschlußgebet über die Gemeinde beendel. Darauf werden die Katechume­nen und eventuelle andere Zuhörer mit der Monition (<Missa fianb) entlassen. Der Bi­schof feiert mit den Getauften die Eucharistie, die normalerweise mit der 'Oratio fideli­um', dem 'Gebet der Gläubigen' (fürbitten), eröffnet wird." Vgl. auch die anschauliche Darstellung bei VAN DER MEER, Augustinus, 404-41 8 (Ein Sonntag in Hippo). Das durch conversi ad dominum eingeleitete Schlußgebct, bei dem die Gläubigen vermutlich auch eine körperliche Kehrtwendung (nach Osten) vollzogen (vgl. KLOcKENER, a.a.O., 153f.), wird nicht immer Ubcrliefert, vgl. rur eine voilständige Fassuug z.B. s. 67, 1 0 (PL 38, 437), s. 362, 31 (PL 39, 1634), s. Denis 2, 5 (MA 1 , 17), s. Dolbeau 28, 1 1 (REAug 40 (1 994), 298). Bei den biblischen Lesungen ging zur Zeit Augustins in Afrika nicht an­ders als in Rom die Tendenz bereits dahin, die alttestamentliche Perikope vor der Epistel auszulassen, vgl. SCHRAM"', Prima lectio, 1 49f.

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tion auferlegt2S6, und kann dadurch seine maleria dem Publikum um so glaubwürdiger vennitteln 'S7 Auch s. 266, auf den später ja vielleicht noch ein weiterer folgen sollte (vgl. die Einleitung), muß sich nach Inhalt und Länge angemessen in den vorgegebenen Rahmen der Vigil feier einfügen. Neben der notwendigen Redeökonomie ist dabei besonders Augustins apo­logetisches Interesse dafür verantwortlich, daß er aus den liturgischen Tex­ten des Festtages eine senten/ia als Thema wählf58, welches er den Hörern im Prooemium rhetorisch geschickt empfiehlt:

inler alia divina eloquia (crISl), quae curn psalmus cantaretur audivi­mus (C), placet adiuvante Domino (trT2) islam potissimum (H) disculere el periraclare (chS) J senlentiam (C), qua diclum esl ( . .. ).

So !st der ers!e Satz offc:1bar bemüht, Spannang im Hinblick auf den ei­gentlichen Gegenstand der Predigt aufzubauen. Nach der allgemeinen Kon­textangabe gehörter Schriftworte und ihrer Einschränkung auf den Psalm­gesang folgen zunächst eine Gebetsfonnel und der immer noch unbestimm­te Hinweis auf einen Vers, von welchem angekündigt wird, daß er gründ­lich ausgelegt werden soll; erst dann erfahren die Hörer, worum es sich dabei handelt. Daß diese bewußte Retardierung ihren Höhepunkt vor der Zitation des Psalmwortes erreicht, zeigt die Gestaltung des vorherigen Ko­lons: das Demonstrativum steht durch Einschub des Adverbs und der bei­den die Methode der Themenbehandlung bezeichnenden Verba in deutli­cher Sperrung zu senlentiam, welches in Verbindung mit perlractare eine dikretische Klausel ergibt, die get1ilJig das Ende des Hauptsatzes markiert und so endlich die konkrete Themenangabe erwarten läßt. Nach dem zitier­ten Ps 140, 5 begründet der nächste Satz seine Wahl als Predigtgegenstand:

'"

nonnulli enim crediderunt (crT) oleum peccatoriJ..(S) J oleum esse homi­n!§. (trSI.J).

V gl. z.B. s. Denis 25, 1 (MA I , 155) ea quae de saneto evangelio reeitata sunt.jrarres mei. si omllia perlraetare cupiamus. vix tempus suffieit singulis: quanto magis /Ion SIIß/­eil omnibus, s. Wilm. 12. I (RB 79 (1969), 180) quoniam voluit dominus me hinc " on diseedere debitorem. reddendi quod promisi tempus agnosCQ. er propterea ipsum eva/l­gelii eapitulum iussimus et hodie reeitari. quod recitatum esl quando exeusavi. ut quod tune neeessitale subtraximus. nune earitate reddamus. el ad eonsideranda quidem oml/ia verba eiusdem eapituli atque traetanda nee tempus suppetit. nee nostrae ad hoe vfres suffleiunt. quod lamen maxime necessarium est jnde 141 dicamus. el donante domino. ur possumus dicimus, oder auch s. 45, 1 (CCL 4 1 , 5 1 5f.), wo der Prediger sich auf das En­de bzw. den Anfang der ersten beiden Lesungen beschränkt, dies aber nicht nur vortragstechnisch, sondern auch theologisch mit der von Gott vorgesehenen Einheit der leetio propllelae el aposloli begründet. Einen Hinweis auf diese Stellen gibt PELLEGRJNO, General lntroduction, 36f.

m Vgi. Lausberg, Elemente §§ 410; 435. m Vgl. PEu.EGRlNO, Introduction, 37.

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Die Hörer werden darauf vorbereitet, daß sie einen theologischen Disput zu erwarten haben, in dessen Zentrum der Begriff des oleum peccatoris steht, welchen nicht wenige - da die donatistische Position in Verbindung mit dem Psalmwort "in aller Munde war .. 2S9, ist hier wohl keine nähere Er· läuterung nötig - als Sehriftbeleg damr verwenden, daß das Salböl (in sei­ner sakTamentalen Wirkung) Besitz des Menschen sei, quia omnis homo mendax. Bereits diese Erwähnung der gegnerischen Auffassung, die durch Anapher und Reim ins Ohr fallen will, besonders aber ihre folgende Ableh­nung darf auch dem Versuch zugerechnet werden, benevolentia zu erlan­gen, und zwar a causa2fIJ (Z. 6f.):

oleum autem Christi (S), quia nullum habuit omnino261 peccatum (0), eIs; per pecca/orem (S) J ministretur (0), n01l esl oleum peccatoris (ehS).

Es kann nur absurd sein, das oleum Christi irgendwie mit Sündhaftigkeit zu identifizieren, mag der Begriff der Sünde - so möchte man mit Blick auf die zitierten Traiectiones beinahe sagen - auch noch so oft damit ungerech­terweise in Verbindung gebracht werden. Anfang und Ende der kleinen Periode bilden gleichsam die Quaestio, den Satz, der in der Predigt zur Debatte steht.

Wollte man eine weitergehende Kategorisierung der Predigt nach rhetori­schen genera und status versuchen, so wäre an das genus iudiciale zu den­ken, da den Hörern eine Entscheidung über ein/actum abverlangt wird. Der Streitstand wäre dann ein status conieclllrae, und zwar in Form einer quaestio infinita (= an sir oleum Christi oleum peccatoris). Solche abstrak­ten quaestiones waren im Grunde das Geschäft der Philosophie, fanden aber (auch als Propädeutikum zur späteren Erörterung individuell-prak­tischer Fragen) Eingang in das Feld der Rhetorik.262

m Vgl. KNAUER, Psalmenzitate, 170, der zu oleum peccatoris noch anmerkt: "Vennutlich hat sich schließlich die Bedeutung, die der Vers durch die Donatisten gewonnen hatte, auch dort durchgesetzt, wo nicht unmittelbar gegen sie polemisiert wird - das ,oleum peccatoris' wird zum Ausdruck fllr Häretiker überhaupt." (mit Belegen, ebd. Anm. 3). 260 Ygl. Lausberg § 278.

261 Zur Endsilbenkürzung von -0 bei omnino und anderen Adv. vgl. BRENNAN. Clausulae, 106.

262 Vgl. Lausberg § 70 und spe""Liell zur Möglichkeit der Behandlung philosophischer quaestiones infinitae de re im Rahmen des stark dialektisch ausgerichteten genus iudici­ale § 152. M. FUHRMANN, Die Antike Rhetorik. Eine Einfllhrung. Zürich '1995, l oof. weist in diesem Zusammenhang auf die Polemik hin, die Cic�ro in de oral. 2, 65-66 An­tonius gegen die dem Redner unzumutbaren quaestjones jnfinitae fonnulieren läßt: ( ... ) si enint est oraroris, quaecumque res infinile posita sit, de ea posse dicere. dicendum erit ei, quanta sir solis magniludo. quaeforma terrae; de malhentaticis. de musicis rebus non poteril quin dical hoc onere suscepto recusare; denique ei. qui profite/ur esse SUUnt non

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Die für den Redeerfolg wichtige Begründung seiner These, auf die Au­gustin später in der Peroratio zurückgreifen wird (vgl. Z. 166), setzt sich rhythmisch durch die O-Kadenzen besonders deutlich von den rahmenden S-Fonnen ab. Am Ende des Prooemiums faßt der Prediger zusammen, was er im Hinblick auf die Wirkung der Ölsalbung beweisen will (Z. 7-9):

curn tres cOllsiderandi animo occurrant (crS'), a quo datur, cu; datur, per quem datur (crCe), non timeamus oleYln peccatoris (S), quia non in­tercipit (ern') medius minister (T) beneficiHm largi/aris (S).

Diese Propositio gibt mit a qua datur, cu; datur, per quem datur zwar keine genaue Abfolge der späteren Beweisftlhrung an, nennt aber, indem sie von dem EmpHinger der Handlung ihren Urheber und ihren Vermittler unt'!rscheidet. die für die Argumentatio!1 bedeutsamen Gesichtspunkte ('tOJtOl), die den Hörern durch die nachhaltige, rhythmisch untermalte For­mulierung der drei kurzen Kola besser im Gedächtnis bleiben können.263

Aufmerksamkeit möchte auch die sprachliche Gestaltung der Adhortatio und ihrer Begründung wecken: Sachgerecht tritt der durch die Alliteration in seiner MittelsteIlung betonte medius minister zwischen die reimbilden· den Kola oleum peccatoris und beneficium largitoris. die Augustin jeweils in einer spondeischen Kadenz enden läßt. Dabei bildet beneficium largito· ris den Satzschluß, um so die vom Menschen unaufhebbare Wirkung des gottgespendeten Sakraments besonders hervorzuheben.

Die Narratio

Nach dem sachlich fonnuliertcn Übergang zur Narratio (Z. 10) beginnt auch diese in einem schlichten Predigtstil. der für die Nacherzählung von Schriftstellen und ihre mögliche Zweifel beim Publikum beseitigende Deu-

solum de eis controversiis. quae temporibus el personis notatae sunt. hoc eSI, de o"",i·

bus forensibus, sed etiam de generum injinitis quaestionibus dicere. nullum potest esse genus orationis, quod sit exceplum.

26.3 Zu dem dreifachen datur siehe ScIIUCHTER, Predigtslil, 124f., wo solch eine (der au· gustinschen Reimtechnik besonders eigentümliche) Wiederholung von ein· oder zwei­silbigen Wönern am Kolonende, wenn sie nicht tontragend sind (dies sind hier die Rela­tiva), nicht als Epipher, sondern als .. ruhrender" oder ,,reicher Reim" bezeichnet wird (vgl. die dort angegebenen Belege wie z.B. in eius traditione deliclum sonal, in eius re­surreclione iustitia sonat (s. 236, 1 (pL 38, 1 1 20» und häufiger noch bei Hilfsverben oder Pronomina homo au/em ideo semper moveri polesi, quio et frenore mOfum pofest (s. 8, 8 (CCL 41 . 86», silocis quod audis, concordosti cum eo, si autem nonfacis. rua­ris cum eo (s. 9, 16 (CCL 4I, 141».

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tung (raliocinari) typisch ist."· Gleichwohl bleibt schon jetzt die Verwen­dung rhetorisch gestalteter Satzfigurationen und der Reimeinsatz, welche grundsätzlich eher rur das genus temperatum oder rur das genus grande (besonders in Fonn erhabener Diktion und kunstvoller Periodisierung) kennzeichnend sind26S• nicht aus. Augustin setzt diese Kunstmittel vielmehr bewußt ein, um entsprechend seiner Forderung nach abwechslungsreichem Stil das Interesse der Gottesdienstbesucher wachzuhalten. Auffallig sind in dieser Hinsicht besonders kurze Dikola, die mit Hilfe von Parallelismus und diversen Reimformen der Erinnerung - gerade bei der Formulierung orthodoxer Lehre gegenüber dem Donatismus - dienen, so etwa (Z. 19f.) :

omnes linguae in uno homjn� (0\ omnes gentes in unitate (trT). wo neben den Iterationes omnes und in die Alliteration un- und die reimen­de Kasusendung -e die Al1egorisierung des Sprachenwunders (mit chiasti­scher Stellung der abstrakten und konkreten Begriffe) zu einem Merk­spruch werden lassen. In der Argumentatio wird später die wichtige Unter­scheidung von Vermittler und Spender des Geistes mit Hilfe der bei Augus­tin beliebten Reimbildung auf _10';66 einprägsam formuliert:

aNus esl donator (trIS), aNus minislrator (0). Der Prediger verwendet derartige Kola gerne, weil sie in ihrer prägnanten

Darstellungsart auch geeignet sind, den appellativen Charakter bestimmter Redeteile hervortreten zu lassen. Schon bei den gerade zitierten Beispielen sind Mahnung zur Einheit und Vertrauen in die Gültigkeit der Sakrament­spendung wichtige Anliegen. Ähnlich will nach den Wortspielen der Z. 37-39 (s.o. die Detailkommentierung) qui impfelur dives esl (C.J, qui injlalur i"anis esl (Cm2)267 vor dem abschreckenden Beispiel des Simon warnen.

264 Vg1. doctr. ehr. 4, 6 (CCL 32, 1 1 9) Wenn der (christliche) Redner die Aufgaben des Proöms erflillt sieht, muß er das folgende so behandeln, wie es die Sache und der kom­munikative Zusammenhang erfordern: si doeendi sunl, qui audiunl, narratione faeie,,­dum eSl, sI' lamen (wenn wirklich " si modol indigeat, 111 res, de qua agitur in"Oleseal. ul autem, quae dubia sunl, eertajianl, documentis adhibilis ratiodnandum est. si vero, qui audiunl, movendi sunl, pOI;US quam docendi, ul in eo, quod iam seiunt, agenda "on tor­peant el rebus adsensum, quas veras esse/alen/ur, aceomodenl, maioribus dieendi viri­bus opus eSI, Mil der narratio erfLIlit der Redner ebenso wie mit dem ratioeinarj (hier wie auch movere verstanden als gleichberechtigte Möglichkeiten, nicht als einander nachgeordnete partes oralionis, vgl. PRESTEl, Rezeption, 156) die Aufgabe des doeere, welches im genus submissum erfolgt. 165 Vgl. ScHUCliT'ER, Predigtslil, 146f.

266 Vgl. ebd., 1 20, U7 Obgleich der zweite Satz um eine Silbe länger ist, darf noch von einem Isokolon gespro­

chen werden. SClruCHTER, a.a.O., 127, bemerkt zum Einsatz dieser Figuration in Augus­tins Sermones u.a.: "Aug. kennt diesen strengen Typ von Isokolon, in dem die Silben­zahl dieselbe iSI, al1enfal1s um ein, zwei Silben differiert, ein Gleichmaß, das er selbst-

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Freilich kann die appellative Funktion durch Imperative oder adhortative Konjunktive noch eindeutiger zum Ausdruck kommen, wie besonders in der abschließenden Paränese der Peroratio oder in solchen Fonneln, die den Hörern eine gläubige und verständige Aufnahme der Schriftworte ans Herz legen, vgl. Z. 46f.

totum legimus (S'). totum credamus (S)I sowie in Z. 102f. das Trikolon lege diligenter (T), intellige prudenter (S '), disce patienter (0').'"

Die beim Kirchenvolk beliebten sog. 'gorgianischen' Stilmittel (io6Ko>AO. avt(Öna, ÖIlOLOTEAEUta), die nach rhetorischer Lehre rur das Y€VOc; ,btL­

OtlKnKOV typisch sind269, haben die christlichen Autoren gerne in ihren pastoralen Schriften verwendet270, im Westen anscheinend noch häufiger

verständlich nicht denumeralione erzielte, sondern durch das rhythmische Gefühl. Dcr durchschnittliche Typus des Isokolons in den Predigten ist kurz, er reicht bis zu ca. 12 Silben," Den syntaktischen Parallelismus unterstreicht der Prediger in dem oben zitier­ten Beispiel rhythmisch durch die gefällig variierten Cm-Klauseln, bei denen es sich um Standartfonnen in Augustins Rhythmustechnik handelt, vgl. ZWtERLEIN, Klauselrhyth­mus, 56f.

261 Glauben und Verstehen des gehönen Wortes unterscheidet die Christen von den Heiden und Häretikern. Augustin wendet sich daher ganz häufig mit entsprechenden Formeln an das Publikum, vgl. etwa noch ecce lene quod legisli el quod credidisli (s. 53, 1 3 (RB 104 ( 1994), 30). legamus, inlellegamus {so Guelf. 32, 1 1 (MA 1 , 574) - vg!. zu diesem ho­monymen Wonspiel mit Simplex und Kompositum Act 8, 30 (Vg) pulasne inJclligis, quae legis? in Nachahmung von uQQ YE YIV<ixJKtu; a U\lQYLV6XJKtu;;), lege el ifllellege, mens haere/ica (s. Denis 12, 3 (MA 1 , 52)); nicht selten verwendet er dabei auch konsta­tierende Wendungen: ita legimus et ita credidimus {so 26. I (CCL 41 , 348), qllod legitllr. creditllr (s. Guelf. 32, 1 1 (MA I , 573), quirl /egisti. qui nihi/ inlel/exist;? (s. 53, 1 3 (RB 104 (1 994), 30» , ludaei civitatem nascentis legebant. tempus venientis non intelligebafll (s. 199, 2 (PL 38, 1027» U.ö. Zum "Einklang von Ohr und Herz" als wichtigem liturgi­schen Anliegen Augustins vg!. besonders KLÖCKENER, Bedeutung, I 35f. Die oben zitier­te, nur von M überlieferte Erweiterung der Monition durch disce palien/er empfiehlt sich rhythmisch durch die gute Kadenz und scheint auch sachlich angemessen, da sie zum Ausdruck bringt, daß erst der Fortschritt vom äußeren Vernehmen zum innerlichen Ver­stehen einen Lemvorgang bedeutet (vgl. dazu etwa mag. 45 (CCL 29, 202», der ange­sichts der Unkenntnis des haereliClIS Jictus (vg\. Z. 83f. oblitus es Cornelium cenillrio­nem) besonders geboten ist. 269 Vgl. Cic_ orat. 37(. (Diese Gattung ist gleichsam die Amme des vollkommenen Redners) ab hoc [sc. nutriee] el wroorum copia alilur et eorum conSlructio el numerus liberiore quadom jruilur licentia. datllr etiam venia concinnitali senlenliarum el arguli cerliqlle et circumscripti veroorum ambitus, de industriaque nOI/ ex insidiis sed aperte ae palam elahoratur. ut verba verbis quasi demensa el paria respondeant, 111 crebro conlerantur pugnantia comparen/urque contraria el ut pariter exlrema lerminefllur ellndemque re­

jeranl in cadendo sonllm. 270 Vg!. MORJlMANN, Der Schriftsteller Augustin, 101 f. Die Vorliebe fllr eine solche Stili·

sierung erklärt sich nicht zuletzt dadurch, daß in ihr unüberhörbar die Sprache der Bibel anklingt (vgl. etwa die Proben, die Augustin von Paulus und Amos in doctr. ehr. 4, 1 2;

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als im Osteo.271 Augustins Praxis zeugt in vorbildlicher Weise davon, wie die christliche Predigt dabei eine adressatengerechte Fonn wahren kann und bei aller Ausschmückung mit solchen "auf die Sinne am stärksten wir­kenden zierlichen Redefiguren" (Norden) nicht in den unverständlichen Schwulst verfallt, von dem die spätantike Prosaliteratur gerade in Nordafri­ka häufig beladen ist 27l

Von verhaltener Stilisierung zeugt die Narratio in s, 266 auch dann wie-der, wenn der Prediger Lob oder Tadel ausspricht, wie etwa in Z. 20ff.:

qui pleni eranl loquebanlur (trO) el qui inanes eranl (C) mirabanlur (S) el quod est reprehensibilius (Cch3) mirabantur (8) el calumniabantur (trO).

Hier fallen zunächst zwei Kola auf, deren Subjektsätze und Prädikate Oppositiones bilden.27J Doch der Prediger entscheidet sich an dieser Stelle nicht rur strenge Isokolie, sondern erweitert das zweite Glied, um eine af­fektsteigemde Wirkung zu erzielen.274 Dabei ist das wertende Adjektiv reprehensibilius. das zwar keine gute Klausel ergibt, sich aber durch seine Vielsilbigkeit deutlich vom Vorangegangenen absetzt, auf das Verhalten bezogen, welches zu dem für sich genommen schon tadelnswerten und hier durch die Iteratio betonten mirabantur verschlimmernd hinzutritt: calumni­abantur. So klingt die Periode in einer Verbforrn aus, die den hier entschei­denden Vorwurf formuliert und rhythmisch die clausula optima bildet.

4, 16 und 4, 40 gibt) und die christliche Botschaft insbesondere im Contrarium ein ge­eignetes Ausdrucksmiltel findet , vgl. ebel. 103.

21. Vgl. NORDEN, Antike Kunstprosa J, 616f., der zur Theorie des Stils der lat. Predigt u.a. bemerkt: .. Die Signatur des Stils der christlichen Predigt in lateinischer Sprache ist der antithetische Satzparallelismus mit Homoioteleuton."

m Vgl. ebd, 624f. und MARROU, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, 444, der u.a. auf doctr. ehr. 4, 3 1 hinweist, wo Augustin keinen Zweifel daran läßt, daß er eine manierierte Ausschmückung der (christlichen) Rede als unseriöse Geschmacklosigkeit empfindet: in papula autem gravi, de qua dictum est domino: in populo gravi laudabo te [Ps 34, 18), nec iIIa suavitas delectabi/is est, qua non quidem iniqua dicuntur, sed ex;­gua er fragilia bana spumeo verborum ambitu ornantur, quali nec magna et stabilia de­

center et graviter ornarentur (CCL 32, 137f.). Wenn sich derartiges selbst bei Cyprian einmal findet (vgl. ad Donat. ) , kann Augustin darin nur die Absicht erkennen, den le­sern angesichts der späteren eloquentia gravior modestiorque des vir sanctus die heil­same Beschränkung vorzufUhren, die dieser seinem Stil unter dem Einfluß christlicher Bildung aus freiem Entschluß auferlegt hat, vgl. ebd.

27J Vgl. SCHUCHTER, Predigtsti!, 127, mÜ ßeztig auf E. NORDEN, Lcogos und Rhythmus. Berlin 1928, 8, der Isokola entweder in inhaltlicher Variation oder Ergänzung gestaltet sieht oder aber in FOOll einer Oppositio.

274 Von rhetorischer Theorie auch als Parison (prope aequatum) bezeichnet, vgl. Lausberg § 722, SCHUCKTER, a.a.O., 1 27f.

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Eine bis in kleinere Einheiten hinein abwechslungsreiche Satzgestallung macht nach Augustin rur den Kenner den Reiz einer Rede, gleichsam ihr Antlitz aus und kann selbst die Ungebildeten erfreuen und zum Handeln bewegen: doch". ehr. 4, 1 3 (CCL 32, 125) [in bezug auf II Cor 1 1 , 16-30] porro autem qui novit, agnoscil, quod ea caesa, quae K6�l.IaTa Graee; vocant, et membra et circuitus, de quibus pau/o ante disserui, cum deleclis­sima varietate interponerentur, ta/am islam speciem dictionis, et quasi eius vultum, qua e/iam indacI; deleclan/ur moventurque, !ecerunt.27S Dabei ist delectare das officium ara/oris, welches besonders im genus /emperatum, movere dasjenige, welches im genus grande el flillt wird. Gleichwohl weist die enge Verbindung durch -que auch an dieser Stelle daraufhin, daß beide Pflichten zusammen veI"\Yirklicht werden.276 Besondere Schönh�it und Ar,­mut kann der Prediger seiner Rede bereits durch Verwendung des Satzpar­allelismus geben.2n Treten noch weitere Stilmittel hinzu, ist seine Absicht, einen gehobeneren Ton anzuschlagen, nicht mehr zu verkennen, wie etwa in der folgenden Periode, die kunstvoll den Wandel der calumnia zum cre­dere nachzeichnet, welcher sich bei den inanes vollzieht (Z. 25-30):

sed repressa (T) tandem calumnia (H), mox ubisermocillantibus (H)

ratiollemque reddenlibus (C) et Christi gratiam (Cm) praedicalllibus (H) �mtM apostoUs p.�p.�:

!I!'�-:r!m (crT), m�di��I.4.Q. compullcli sunl (trO), compunclione sunl (trO), mutali c r e d i d e r u n t (mT),

m Der Hinweis auf diese Stelle auch bei ScHUCHTER, a.a.O., 130. 176 Bloße delectatio durch Anwendung des genus lemperatum ist nach augustinisehem

Verständnis nie eine um ihrer selbst willen anzustrebende Stil wirkung. Selbst wenn der konununikative Zusammenhang zwischen Redner und Publikum so beschaffen ist, daß die Aufgaben der anderen genera elocutionis schon erfillit sind, die Hörer also keine sie belehrende oder bewegende Redeweise mehr nötig haben, besteht das Ziel der minIeren Stilart noch darin, infolge der deleclaljo ihre Zustinvnung zu dem in nUtzlicher Weise und ehrenvoller Absicht Vorgetragenen beträchtlich bereitwilliger und beständiger wer­den zu lassen: doctr. ehr. 4, SS (CCL 32, 160) iIIud vero, quod agilur genere lemperalo, id es! 111 eloquentia ipsa delectel, non est propier se ipsum usurpandum, sed ul rebus, quae uliliter honesteque dicuntur, si nec docenle indigent eloquio nec movenle, quia et scienles el/aventes auc/flores habenI, aliquanlo promptius ex delectoliorre Ipsa elOCUlio­nis, accedal vellenacius adhoerescal adsensus. 217 Vgl. doctr. ehr. 4, 40 (CCL 32, 146) über die die/jo temperata in Rm 12: et tOlus!ere ipsius exhorlatiorris locus temperalum habel elocutiorris genus : ubj iIIa pu/chriora sunl, irr quibus propria propriis tamquam debila reddita decenter excurrunl ( . . . ).

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e r e d e n t e s hoc quod in aliis (mH2) mirabantur (S) accipere merue­runt (01.2).

Nach dem durch betontes tandem gesperrten abI. abs. ftlhrt der folgende Temporalsatz aus, wie denn die Überwindung der Spottrede möglich wur­de. Seine Trikolie läßt wachsende Glieder und zugleich eine inhaltliche Gradatio erkennen: sermocinantibus bedeutet zunächst nur, daß die Apostel predigten, rationem reddentibus die Rechtfertigung der Xenolalie, Christi gratiam praedicantibus schließlich die Verkündigung des gnadenhaft heil­bringenden Erlösungswerkes Christi (s.o. die Detailkommentierung z. St.). Dabei flillt das zuletzt genannte Kolon nicht nur durch die größte Konkreti­sierung und Verwendung des eigentlichen t.t. ftlr die auf die Fülle der christlichen Lehre bezogene apostolische Predigt218 auf, sondern auch des­halb, weil praedieantibus apostolis in Sperrung steht. Auf diese Weise kann zugleich das gewählt klingende aures praebuerunt stärker hervortre­ten, mit dem Augustin das Publikum auf die entscheidende Voraussetzung rur die Bekehrung der Spötter aufmerksam machen will. Rhythmisch ge­winnt der Prediger durch diese Wortstellung am Ende des Nebensatzes die gefallige Verbindung einer trochäischen Klausel mit voraufgehendem Kre­tikus.279

Das die Periode abschließende asyndetische Tetrakolon beschreibt den Erfolg der Apostelpredigt bei den ealumniantes. Dabei steht das deutlich erweiterte Schlußkolon in auffälliger Asymetrie zu den ersten drei Aussa­gen, die flir sich genommen ein Isokolon trimembre bilden. Der Zusam· menhang zwischen den einzelnen Gliedern ergibt sich in folge der Traducti· ones compwlcti sunl - compunctione, mutati sunt - mutati und crediderunt - eredentes, durch deren chiastische Stellung der Prediger erreicht, daß in jedem Satz Ursache und Wirkung angeben werden und auch die Kola un· tereinander in diesem Verhältnis stehen. Insgesamt entsteht so, wenn man aures praebuerunt - audiendo auch noch hinzunimmt, eine Gradatio der Fonn v/v' ... w/w' ... xix' . . . y/y' . .. Z.'80 Dabei läßt das vorletzte Kolon im

m Vgl. MOHRMANN. praedicarc - tractare - senne, 63 u. 67. 279 Eine auch bei Cicero häufige Kombination, vgl. ZWIEIU.EIN, Klauselrbythmus, 56 mit

Anm. 32. 210 Vgl. Lausberg § 623. BARRY, St. Augustine, The Orator, 60, fUhrt fUr diese Figur mögli­

che VorbildsteIlen aus Ciceros Reden an (wie etwa S. Rose. 27, 75 in urbe luxuries creatur; ex luxuria exsistat avaritia necesse eSI, ex aWlr/tia erumpal audada, inde om­nia see/era ae ma/eJida gignunlur.) Augustin dürften aber ebenso biblische Beispiele, insbesondere paulinische, vor Augen gewesen sein. So zitiert er in doctr. ehr. 4, 1 1 (Cel32, 1 23) ausdrücklich als Beispiel fUr eine Klimax Rm 5, 3-5 gloriamur in tribula­tionibus seientes. quia tribulatio patientiam opera/ur, patientia aulem probalionem, probalio vero spem, spes autem non eonfundit [kausativ wie das gr. KUTwaXUvEl"'" nicht

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Zusammenhang mit audiendo an das Paulinische fides ex auditu (Rm 10, 17) denken: Der Glaube entsteht aus der Verkündigung. Im letzten Kolon, welches durch die Optima den Satzschluß anzeigt, wird das eredere als not­wendige Bedingung fiir den Empfang des Geistes ausgewiesen. Wenn Au­gustin fiir diesen bewußt die Circumscriptio hoc quod in aNis mirabanlur wählt, ist abschließend noch einmal an den heillosen Zustand des inanes esse erinnert (vgl. Z. 21), an dessen Stelle jetzt die verdiente Erflillung getreten ist.

Wir können somit bereits in der Narratio den persuasiven Gestaltungs­willen des Predigers erkennen. Augustin geht es offenbar nicht darum, nlichtem die Ereignisse des ersten Pfingsttages zu berichten, sondern er möchte in sprachlich reizvoller Erzählung daflir we.ben, daß auch die Ad­ressaten seiner Rede jedwede calumnia in bezug auf die freie Wirkungs­möglichkeit des HI. Geistes aufgeben und, um selbst zum Glauben zu kommen, bereitwillig die Predigt des Bischofs auf sich wirken lassen.28J

zuschanden werden läßt). quia caritas dei difJusa esl in cordibus nostris per spirilum sanctum, qui dalus esl nobis, um zu zeigen, daß Paulus zwar keine Rhetorikvorschriften beachtet hat, seiner Weisheit aber eine ihr zukommende Beredsamkeit gefolgt ist (sieut ergo apostolum praeeepla eloque1lliae secutumJuisse non dieimus, Ua quod eius sapten­tiam secu/a sit eloquentia, non negamus.) O. MICHEL, Der Brief an die Römer. Göttin­gen 41 966 (KEK 4 u), IJ I , weist darauf hin, daß solch eine Gradatio nach Art eines "Kettenschlusses" häufig in exegetisch-paränetischen Redeformen vorkommt und von Rabbinat und Weisheitslehre gesch!1Z1 wurde. Vgl. in s. 266 auch noch Z. 50f. orantibll.f supervenit (IrS1). oranles implevit (S), imple/os ministras fecil (trS) et per ipsos SUllrn dedit (crH).

m Zu delec/are und rnovere im Rahmen der Narratio vgl. Lausberg § 330. Der mit dem Begriff der Narratio gemeinte Erzählvorgang gewinnt bei Augustin aueh in anderer An­wendung und Zielrichtung persuasive Bedeutung: geschichtstheologisch-apologelisch, insofern sich eine narratio historica immer auf den ordo temporum zu beziehen hat, de­ren Schöpfer und Lenker Gott ist (vgl. doctr. ehr. 2, 44 (CCL 32, 63), autobiographisch­konfessorisch besonders deutlich in den Confessiones als Lebenserzählung (vg!. z.B. conf. 2, 5 (CCL 27, 19f.) cui narro haec? neque enirn tibi, deus meus, sed apud te narro haec generi meo, generi numano, quantulacumque ex parlicula ineidere poles/ in istas meas IiUeras. et u/ quid (u/ quid = '(va TI ist spät!. häufig, vg!. KOhner-Stegmann I 786] hoc? ut videlicet ego et quisquis haec legit eogitemus, de quam profundo clamandum sit ad te. e/ quid propius auribus tuis, si cor eonfilens et vita ex flde est?) oder auch ihm Rahmen katechetischer Unterweisung. Vg!. E. REIL, Aurelius Augustinus Oe cateehi­zandis rudibus. Ein religionsdidaktisches Konzept. St. Ottilien 1989 (SPT 33), Kap. 3. 4 Augustins Verständnis von narratio, 1 13- 126. Die Gründlichkeit seiner rhetorischen Überlegungen im Hinblick auf die in der Katechese erforderliche vollständige flarratio der Heilsgeschichte läßt Augustin in ca!. rud. 5 (CCL 46, 1 24[.) erkennen.' non tarnen propterea debemus ( . . . ) omflia ( . . . ) narrando evolvere et explican: quod nec tempus capit. nec ulla neeessitas postulat: sed cufleta summatim generatimque comp/eeti, ita w eliganlur quaedam mirabiliora. quae suavius audiuntur atque in ipsis articulis eonstitll-

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Die Argumelltatio

Mit Beginn der Argumentatio dominiert aber nun wieder das genus submis­sum, welches auch dann vorliegt, wenn Augustin in Z. 40-44 zur Argumen­

tationsfigur der Occupatio greift und die vorweggenommenen donatisti­sehen Einwände gegen eine menschenunabhängige Geistspendung mit rhe­torischen Fragen widerlegt. Denn mag auch die Argumentation dadurch an Lebendigkeit gewinnen, so bleibt sie hier doch auf das ratiocinari hin ange­legt, um möglichen Zweifeln der Hörer zu begegnen, die durch die folgen­den Schriftbeispiele endgültig ausgeräumt werden sollen. Den Übergang zu diesem zweiten Hauptteil der Argumentation gestaltet der Prediger als ge­dankliche Expolitio (Z. 45f.):

accipile eI leneIe divina exempla (crS): sed eloquia dei sunl (trT'), scripturae auctoritas (CnJ. fides verborum (S), veritas exemplorum (crS).

1m Anschluß an die Aufforderungen des ersten Kolons, welches auf den Stellenwert der späteren Beispiele hinweist, fUhrt das folgende Tetrakolon das dabei entscheidende Attribut divina weiter aus: "Handelt es sich doch282

um von Gott stammende Aussagen, Gewähr der Schrift, Glaubwürdigkeit der Worte, Wahrheit der Beispiele." Die einzelnen Kola bilden selbst eine Kausalkette: Der göttliche Ursprung begründet die Autorität der Bibel, diese die Glaubwürdigkeit des in ihr Gesagten, welche schließlich an der Wahrheit der daraus gewonnenen Exernpla keinen Zweifel mehr aufkom­men läßt. Da das Überzeugtsein der Hörer von der Wahrheit der Schrift­belege flir den Erfolg der Beweisflihrung ausschlaggebend ist, stellt der Prediger veritas exemplorom (als betont lange rhythmische Einheit) an den Satzschluß.

10 sunt, el ea tamquam in involucris ostendere statimque a conspeclu abripere non opor­tel, sed aliquot/lum immorando quasi resolvere alque expandere, el inspiciellda alque miranda offerTe animis Qllditorum: celera verQ celeri percursione inserendo conlexere. ita el iIIo quae maxime commendari volumus aUorum submissione magis eminent; nec ad ea fatigatus pervenil quem narrando volumus excitare, nec illius memoria confundi­tur quem docendo debemus instruere. Wichtige Kriterien rur erfolgreiche didaktische Reduktion (submissio) der narratio sind hier demnach: Auswahl der Schriftstellen nach inhaltlicher Attraktivität (eligere mirabiliora, quae suavius auditmtur). Anschaulichkeil (inspicienda) und Stellenwert (quae in ipsis articulis constituta sunt), ohne dabei den Erzählzusammenhang außer acht zu lassen (cetera ... contexere).

212 Mit sed wird hier keine Beschrllnkung, sondern eine Explikation angeschlossen (= rCtQ), vgl. Blaise, Dictionnaire 748 s.v.

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150 Vier Themenpredigten

Zur Analyse des Vortrags der fUr die Argumentatio wesentlichen Ex­emplaanwendung2ll will ich nun lediglich auf besondere Auffalligkeiten hinweisen. Grundsätzlich ist auch hier ein gefälliger Wechsel von wohltö­nender Kolafolge und eher nüchterner Erzählung zu beobachten, wie ihn Augustin in doctr. chr. 4, 13 (CCL 32, 126) selbst empfiehlt '"

Wir sehen dies schon, wenn auf die Di- und Tetrakolie der Z. 49-5 1 , bei denen sich die rhetorische Gestaltung dem Umstand verdankt, daß der In­halt des Pfingstberichts nicht einfach wiederholt, sondern das Handeln des Geistes im antidonatistischen Sinne ausgelegt werden 501l28S, der Bericht vom Wirken des Philippus in Samaria folgt. Freilich kann der Prediger auch hier seine Kunst nicht völlig zurückhalten und erweist sich bei der Erzahlung von der Eloquenz des Phihppus durch Verwendung von Allitera­tion, Parechese, Hyperbaton schon wieder selbst als redegewandt, vgl. Z. 54f.:

( ... ) Phi/ippus, qui liLoll.!er liLompAum (S) liLaedicalionis eloquium (trO') evangelisla (T) liLoliLie meruil appellari (tr'S), ( . .. ).

Die wiederholte Erwähnung der Simongeschichte (Z. 62ff.) sollte nicht verwundern, zumal sie jetzt, da Augustin den Zusammenhang von Act 8, 5-39 wiedergibt, eigentlich am Platz ist. Hinzu kommt, daß nach Augustins Deutung die gottgewollte Widerlegung der suspicio Simonis (vgl. Z. 34ff.) auch das weitere Geschehen um die Taufe und den Geistempfang des Äthi­opiers nach sich zieht (vgl. Z. 66ff.). Zum Abschluß des Arguments, wei­ches ihm das Wirken des Philippus bietet, stellt er daher diesen ftlr die ge­samte Beweisftlhrung wichtigen Aspekt nochmals heraus, wobei er die Verwerfung der Simonie jetzt in eine stilisierte Doxologie des Geistes münden läßt (Z. 85-88):

sed ut ostenderet spiritus (C) non verum suspicatum esse Simollem (crS2), quod hominum donum esset (S) spiritus dei (H). in homillem ve­ni! (S ') Iiberaliler (H) el Iiberum feeil (0). vellil 111 deus el implevi! (H JO'), veni! ut dominus (0') el redernil (T).

Der Prediger verwendet zunächst eine steigende Periode, an deren Ende der Chiasmus auffällt, den die Hauptsatzprädikate in Verbindung mit der Traductio ihrer Ergänzungen bilden, um das freie Wirken und die zugleich

lU Zur Verwendung von Exempla innerhalb der Argumentatio vgl. Lausberg §§ 41 0-426. 2 .. quod vero post hunc impelum (sc. 1 1 Cor 1 1 , 16-30] imerpos{ta narratiuncula (durch

Einschub einer kurzen Erzählung [sc. 1 1 Cor 1 1 , 32f.]) quodammodo requiescit er re· quiescere auditoremfacit, quid decoris et delecralionis habeal. salis dici non polest.

115 Daß die Väter ohnehin nicht strikt zwischen der Kommentierung und dem bloßen An­führen eines Schriftzeugnisses unterschieden haben, betont BOVON, Oe Vocatione Gen· ti um, 23, und verweist rur Augustin auf G. STRAUSS, Schriftgebrauch, Schriftauslegung und Schriftbeweis bei Auguslin. Tübingen 1959, 149-153.

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befreiende Wirkung des Geistes zu betonen. Die folgenden zwei Dikola

amplifizieren diesen Gedanken, wobei die sprachliche Variation der Wie· derholungen mit einer Steigerung einhergeht (implevit tritt ein für in horn;­nern venit - redemit für /iberum feei/ - ul deus bzw. ut dominus für liberali· ter).

Statt venil ul dominus lesen die Mauriner ut venit dominus, wodurch ein Vergleich ensteht, bei dem man dominus, wenn der erforderliche Bezug auf spiritus sanctus gewahrt bleiben 5011286, prädikativ zu fassen hätte: "Ge­kommen ist er als Gott und hat (ihn) erfullt, wie er gekommen ist als Herr und (ihn) erlöst hat." Diese Konstruktion bietet zwar einen noch nachvoll­ziehbaren Gedanken (tertium comparationis ist das durch die Prädikatsat­tribute als souveränes Handeln ausgezeichnete venit), steht aber der Ein­dringlichkeit und Klarheit des Asyndetons deutlich nach. Für die Umstel­lung von venit ut, das in M bezeugt ist, zu ut venit mag eine Verschreibung verantwortlich sein, vielleicht aber auch eine gezielte Textänderung, um dominus in Verbindung mit redemit als Christus verstehen zu können.

Während jedoch der mehrfache Rückgriff auf den die humana praesump­tio (vgl. Z. 147) verkörpernden Simon magus dazu beiträgt, den argumenta­tiven Zusammenhang der Predigt begreiflich zu machen, ist solch eine Funktion bei den Redundanzen, die der Text im Hinblick auf das berichtete Wirken des Philippus in Samarien aufweist (vgl. Z. 54; 56.; 70-73; 84f.), schwerlich zu erkennen. Augustin scheint mit diesen Iterationes, die auf die improvisierte Mündlichkeit der Predigt hindeuten, vor allem sicherstellen

216 Z. 38f. non meruif redimi abs spiritu (s.o. die Detailkonunentierung) deutet darauf hin, daß mit dominus hier in der Tat der HI. Geist und nicht Christus gemeint ist, ein Bezug, den HILL nicht berücksichtigt, wenn er einräumt, daß man venU ut dominus erwarten sollte, dann aber sein Textverständnis ("He earne as God, and mied hirn; as the Lord had come and redeemed hirn.") mit dem Hinweis rechtfertigt "But wc don't usually attribute redemtion to the Holy Spirit, and neither did Augustine.

" (Sermons 1 1117, 269. 273, Note

13). Daß der spiritus sanctus wahrhaft Gott ist und sich eigentlich selbst zur Gabe macht, betont Augustin in trin. 15 , 36 (CCL 50 A, 5 1 3) apud se aufem deus eSf ets; ne­mini derur quia deus erat patr; et flUo coaerernus antequam euiquam daretur. nee quia illi dan(. ipse datur, ideo minor est iIIis. da enim datur sieut dei donum ul etiam se ipsum det sicur deus. Im Zusanunenhang mit dem befreienden Wirken des Geistes mag Augus­tin aueh an 11 Cor 3, 1 7 gedacht haben, eine Stelle, die er in trin. 2, 1 9 (CCL 50, 105) so verstanden wissen will, daß der HI. Geist ebenso "Herr" genannt werden kann, wie die beiden anderen göttlichen Personen. Eine Aussage über die Seinsweise des Sohnes als Geistsubstanz liege nicht vor: [Gott Vater und der Sohn können als "Herr" bezeichnet werden] cum eriam spiritus sanctus dominus dictus inveniatur ubi apostolus aU: domi­nus autem spiritus est, er ne quisquam arbdraretur filium signijicatllm et ideo dictum spiritum proprer ineorpoream substantiam, secutus contexllit ["he went on to ad", Sou­ter 375 s.v. sequor ad loc.]: ubi autem spiritus domini, ibi libcrtas; spiritum autem domi­ni spirdum sanetum esse nemo dubitaverit.

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zu wollen, daß seine Belehrungen über die Identität und das Amt des Phi­Iippus - der rednerisch-didaktische Stil zeigt sich besonders in dem zwei­fach eingeschobenen ul dixi (Z. 54; 56)287 - keinem Hörer entgehen. In den Z. 84f. verbindet er mit der Wiederholung zudem die deutliche Absicht einer affektiven Wirkung; denn nach dem erneuten und jetzt noch stärker betonten (ecce) Hinweis auf die beschränkte Vollmacht des Philippus müs­sen die Hörer um so mehr über das in eindrucksvoller Amplificatio (s.o.) ausgeftihrte Kommen des Geistes staunen.zu

Im Grunde sollte an dieser Stelle der Argumentation flir jedermann die donatistische Auffassung klar durch das Zeugnis der Schrift widerlegt sein. Doch der Prediger will die Streitsucht der Gegner suggerieren und geht deshalb \'orbeugend auf den Zweife! ein, den einer allen voraufgegangent!Tl Erklärungen und der besonders von Act 8, 35 bezeugten Predigttätigkeit'" zum Trotz hinsichtlich der Person des Philippus noch hegen mag (vgl. Z. 89ff. - wäre der Apostel Philippus gemeint, könnte der Geistempfang wie­der von der besonderen Stellung und Qualität des Spenders abhängig sein). Gleichzeitig dient die Occupatio Augustin dazu, die überlegene Sachlich­keit der eigenen Beweisführung herauszustellen: sed suspicentur quod vo­tunt, dio so/vo quaesliollem. Da die Handauflegung in Act 8, 38f. nicht

m Vgl. Krebs-Schmalz I 439. In seinen Predigten verwendet Auguslin rur "wie gesagt" meist ut (oder sicut) dixi, was die Person des Redenden deutlicher hervortreten läßt als der 'kommunikative Plural' oder eine unpersönliche Verbindung - Ausdrucksweisen, welche besonders dem stärker auf einen objektiven Ton bedachten historischen Stil eig. nen (vgl. ebd. 438f.); gleichwohl findet man auch in den gewöhnlichen Sennones bis­weilen zum Hinweis auf das zuvor Gesagte: ut duimus ( 14x); sicul dictum est (9x) und jeweils einmal ut dictum est; ut iam dictum est; ut saepe dictum est; quemadmodum dic­tum est.

lU Daß Augustin ebenso wie die traditionelle Rhetorik mit einer Wiederholung die Wir­kung des offectum movere verbinden kann, zeigt KURSAWE, docere, delectarc, movere 92f. mit Hinweis auf cn. Ps. 7 1 , 2, wo die rur den biblischen Stil typische Parallelisic· rung synonymer Wörter und Wendungen folgendermaßen bewertet wird: istae autem repetitiones multum eloquia divina commendant, sive eodem verba, siue aliis verbis eo­dem sententia repetatur; el maxime reper;untur in Psalmis, et in eo genere sermon;s quo animi est movendus afJeetus (CCL 39, 972).

m Die Er.t.ählung von der Bekehrung des Kämmerers läßt Philippus "als einen christlichen Prediger sichtbar werden, der überzeugend den Schriftbeweis fUhrt" (HAENCHEN, Apo· stelgeschichte, 306). Auf diese im Kontext der Stelle besonders durch evangelizavit hin· gewiesene Amtsausübung scheint die von M überlieferte Adhortatio bezogen zu sein: leganl textum leetionis el videant eundem Phi/ippum nominari, qui proprie evangelisla appellatus est unus de diaeonibus septem. Wenn Augustin im folgenden einräumt, die Schrift identifiziere Philippus hier nicht eindeutig durch die Angabe seines Titels (apo· siolusfueril an diaconus, quoll lee/io tacuil, sil hoc ineerlum), bedeutet dies keinen Wi· derspruch.

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erwähnt wird, spielt der Status des Philippus keine Rolle. Hier ein Fehlen entsprechender Überlieferung anzunehmen (vgl. Z. 96-98), erweist den Zweifler vollends als mutwillig und unglaubwürdig.

Nachdem Augustin durch Einftihrung des contentiosus für gesteigerte Aufmerksamkeit bei den Zuhörern gesorgt hat, hält er ihr Interesse am Fortgang der Auseinandersetzung wach, indem er mit seinem fingierten Gegner in einen Dialog eintritt. Da dieser sich von der bisherigen Argu­mentation wenig beeindruckt zeigt und auf seiner Position beharrt, kann der Vortragende endlich den beweiskräftigsten und daher zuletzt angemhrten Schriftbeleg der Comeliusgeschichte liefern.

Von der sachlichen Bedeutung gerade der Joppevision für den argumenta­tiven Zusammenhang der Predigt war im einzelnen schon die Rede. Beson­dere Beachtung soll hier noch der Anmerkung geschenkt werden, die die Mauriner im Anschluß an den von Augustin zitierten Vers Act 10, 28 ma­chen: Praeterivit amanuensis sequentia verba Scripturae, quae maxime ad remJaciebant. (PL 38, 1228. Anm. (a)). Daß die dem Maurinertext zugrun­de liegende Überlieferung in der Tat unvollständig ist, zeigt der Vergleich mit M, wo das Bild aus der Allegorisierung der Joppevision (ille esuriens respexir ad discum), welches in PL 38, 1228 allzu unvennittelt folgt, durch zwei lnterrogationes und eine brachylogisch formulierte Antwort an das Zitat angeschlossen wird (Z. 139-142): ibi plalle Petrus ait: vos scitis, frat­res, qucmadmodum abominandum sit Iudaeo accedere vel coniungi gentili; sed mihi deus ostendit neminem communem aut imrnundum hominem di­ecre. quando ostendi'? ubi astendit? cum iIIe esuriens respexit ad discum. Liest man diesen Text, deutet nichts auf eine Auslassung hin. Vor dem Hin­tergrund der ekklesiologischen Differenzen mit dem Donatismus scheint es vielmehr überaus angebracht, daß Augustin nach Hinweis auf die von Gott geoffenbarte Legitimität der Heidenmission den Hörern Pctrus an dieser Stelle nochmals als die nach dem Glauben der "Welt" hungernde Kirche vor Augen stellt. Mit den Maurinem hier die der Argumentation besonders dienlichen Schriftverse zu vennissen - mithin Act 10, 44-48, wo der uner­wartete Geistempfang der Heiden im Haus des Comelius und ihre erst an­schließende Taufe erzählt werden (Act 10, 44-48) - hieße die rednerische Taktik des Predigers zu verkennen. Schon ein Blick auf die Disposition der Z. 132-142 zeigt, daß Augustin das Geschehen in Cäsarea ohnehin nicht in der gleichen Reihenfolge oder Gewichtung wie Act wiedergibt: Die aus­ftihrliche Permspredigt (Act 10, 34-43) wird in einen kurzen Satz gebannt (Z. 136f.), und von der erwähnten Rechtfertigung Petri aus Act 10, 28, als deren Adressaten Augustin offenbar besonders die judenchristlichen Be­gleiter des Apostels aus Joppe (vgl. Act 10, 23) identifiziert (Hier ist noch

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nicht an die Judenchristen in Jerusalem gedacht; vgl. Act 1 1 , 2), berichtet er erst nach dem Hinweis auf die Predigt. Sollte angesichts dessen nicht auch damit zu rechnen sein, daß der Rhetor den Bericht über den erstaunlichen Geistempfang zunächst bewußt unerwähnt läßt, um ihn nach geschickter Vorbereitung der Hörer (vgl. die pathetische Iteratio in Z. 143f. ubi sunt qui dicebant ( .. . ) ubi sunt qui dicebant ( ... )) um so wirkungsvoller nachtragen zu können?

Die Peroratio

Sowie Augustin Act 10, 44 angeführt, argumentativ ausgewertet und die damit verbundene kirohengeschichtliche Bedeutung offengelegt hat, kann er jetzt in bezug auf das Wirken des Hl. Geistes den angemessenen Schluß mit 10 3, 8 ziehen, den er rhetorisch stark stilisiert (vgl. in Z. 153-155: Kli­max, Iteratio, Traductio und leidenschaftliche Variatio des Subjektsatzes). Dabei wird sogar der Bibelvers in einem der Tauftheologie Augustins ent­sprechenden Sinne verändert: spiritus ubi vult wpira?90, d.h., der Geist weht nicht nur (irgendwo), wo er will, sondern er erftillt auch jeden Men­schen, den er fllr würdig befindet.

et tamen arrogantiae spirH�.m (trC) nandum haereticus superbus (T) J U1Rim.1 (0).

Mit diesem Satz beginnt eindeutig die Indignatio291 der Predigt. Die Hörer sollen nunmehr endgültig die Geduld mit der frechen Überheblichkeit der häretischen Position verlieren und ftlr Augustins Auffassung Partei ergrei­fen. Oie dazu notwendige Steigerung des Affekts will schon der zitierte Satz anbahnen: Das mit einer Figura etymologica operierende Wortspiel, welches in seinem attributiven Genitiv zusammen mit dem Attribut des haereticus einen Pleonasmus bildet, steht in deutlicher Oppositio zu dem vorangegangenen spiritus inspirat .

Das nachfolgende Dialektikon (Z. I 56ff.) läßt die superbia konkreter und noch empörender erscheinen; denn noli ab iIIo accipere, sed a me ist als Aussage des haereticus fictus ungeheuerlich, zeigt sie doch, daß er gleich­sam die Ursünde begeht, wie Gott sein zu wollen. Die weitere Ausführung des Dialogs ist insofern bemerkenswert, als jetzt auch der Zusammenhang mit der ThemensteIlung der Predigt zutage tritt. Der Häretiker versucht

290 Unverandert zitien Auguslin den Vers dagegen z.B. in trin. 15, 38 (Cel SO, 5 1 3), pecc. mer. I , 59 (eSEL 60, 58) U.Ö.

29L Zur Indignatio als Teil der Peroratio vgl. Lausberg § 438. Der loeus argumentorum (in diesem Fall - Such formel tUr die nachzuweisende Anstößigkeit) wäre fUr s. 266 wohl besonders a persona (quid aJJectet quisque), vgl. ebd. § 376, auszumachen.

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Sermo 266 I S S

zuletzt noch, sich auf Ps 140, 5 zu berufen, wird allerdings von Augustin durch geschickte Unterscheidung von Eigentümer und Besitzer bzw. ur­sprünglicher Gabe und späterer Verwendung zu Fall gebracht. Die Wider­legung erschließt sich den Hörern durch leicht begreifliche Antithetik (vgl. Z. 1 58ff.) oder Analogie (vgl. das Argumentum ex contrariis292 in Z. 160 caenum non inquinat solis radium (crS) , et tu inquinas dei oleum (trT2)?) und greift, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, auch auf biblische For­mulierungen zurück: So folgt in Z. 161 f. auf quod dei est, malus aeeepisti (S) die Begründung quia separatus (T) non eollegisti (S), sed sparsisti (S)), und das Exemplum aus 10 13 , 26 (Z. 1 64) belegt die Gültigkeit der parado­xen Epiphrase qui mandueat indigne (0), non mandueat indignum (0), mit welcher der Prediger die zuvor zitierte paulinische Gerichtsandrohung aus I Cor 1 1 , 29 verdeutlicht. Die eingangs aufgestellte These ist damit bewie­sen:

non est ergo oleum peccatoris (S) oleum salutaris (0), und so bleibt am Ende nur noch der gleichfalls einprägsam formulierte Weheruf, bei dem der verderbliche Widerspruch, den ein schlechter Besitz der unverändert guten (sakramentalen) Gabe bedeutet, besonders durch die Juxtaposition der qualifizierenden Begriffe hörbar wird, die durch eine überlappende Klausel auch rhythmisch verbunden sind (Z. 167f.):

vae hominihus bonum (C2) f male accipientibus (Ce 2). Augustin läßt es dabei jedoch nicht bewenden, sollen doch die Hörer,

obgleich hoffentlich von der Conclusio überzeugt, den Gottesdienst nicht mit der Frage verlassen, was es mit dem Psalm 140, 5 denn nun eigentlich auf sich habe. Er fordert sie daher auf, den Vers mit ihm noch auf einen plausibleren Sinn hin zu untersuchen (Z. 169f.):

vide tarnen scripturae sensum (S), ne forte aliquid admoneat (01 .3), quod intelligentiae (H) pateat me/ion· (S2).

Der Prediger löst damit zugleich das im Exordium angekündigte discutere et pertractare sententiam ein; denn durch die bisherigen Ausführungen wurde lediglich die Unhaltbarkeit der donatistischen Auslegung, nicht je­doch die wahre Bedeutung der Schriftstelle aufgezeigt, was hier in dem durch Sperrrung betonten meliori anklingen soll. Es folgt die bekannte in­terpretation (s.o. die Einleitung zu s. 266), bei welcher Augustin eine derar­tige Fülle kurzer Dikola verwendet, daß man beinahe fragen möchte, ob sie

292 In Form einer Gegenüberstellung zweier Sätze, bei denen sich die Gültigkeit des zweiten aus der Gültigkeit des ersten ergibt. V gl. etwa Cic. Arch. 17 ergo iIIe corporis mo(u (an­turn amorem sibi concjliaral a nobis omnibus: nos animorum incredibiles molus celeri­lalemque ingeniorum neglegemus?

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156 Vier Themenpredigten

sich in ihrer Wirkung nicht schon wieder gegenseitig aufheben. Fast jeder Satz wird zum Merkvers wie z.B.:

rliligil obiurgalor (S), 4ecipil adulalor (0') oder dura esl virga caedenlis (0), molle esl oleum blandienlis (T).

Das gilt ebenso rur den zweiten Teil der Allegorisierung, welcher vor dem grande caput als Folge des oleum peccaloris wamt.291 Der Prediger horn aber offenbar, daß diese Gedanken, gerade weil sie in so leidenschaft­licher Verdichtung vorgetragen werden, die Hörer nicht mehr loslassen. Die Schlußbemerkung zum aplum des Sermo weiß Augustin geschickt mit dem Hinweis auf das göttliche Mitwirken beim Predigen zu verbinden (Z. 1 8 1 -183), so daß der Redeerfolg fur keinen Gläubigen mehr zweifelhaft sein sollte.

293 Dieses Bild rur den Hochmut war Augustin sprichwörtlich bekannt Vgl. ep. 33, 3 (eSEL 34, 2, 20) ideoque de homine, quem falsae blandilioe faciunt adrogantem, recte eliam vulgo dicitur; crevir capul. Siehe KNAUER. Psalmenzitale, 1 70.

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3. SERMO 240

a) EinfUhrung

Augustins s. 240 bildet den Anfang einer Reihe von Predigten (ss. 240-243 (PL 38, I \30-1 147), welche die Auferstehung der Toten behandeln, einen spezifischen Inhalt christlichen Glaubens"', an dem die heidnische Welt seit der Areopagrede des Apostels Paulus29s immer wieder Anstoß genom­men hat. Denn selbst wenn sich die Christen in ihrer Hoffnung auf ein Wei­terleben nach dem Tode im Einklang mit der platonischen Tradition befan­den, wurde gerade von spiritualistisch argumentierender Philosophie, die sich die beatitudo nur als Befreiung der Seele aus dem Gefangnis des lei­bes vorstellen konnte, dem Ideal einer postmortalen Körperlichkeit wider­sprochen.296

Nicht unbeeindruckt von der heidnischen Polemik, welche die aus ihrer Sicht primitive Vorstellung durch allerlei Spitzfindigkeiten lächerlich zu machen suchte (bis hin zur Frage nach der Identität des Auferstehungslei-

2� Vgl. s. 241, I (PL 38, 1 1 33) propriafides est Christianonml resllTrectio morlZlorom und in s. 240 das Dialcktikon der Z. 34-42. In Verbindung mit Rm 10, 9 (si enim crediderls in corde (UD quia dominus esl /esus el eonfessus fueris ore IUO quia eum deus SUScilovil o morluis, so/vus eris) wird der Auferstehungsglaube von Augustin als proprium ChriSlionum begriffen in: c. Faust. 1 6, 29 (CSEL 25, 1 , 476), trin. 2, 29 (CeL 50, 1 19), en. Ps. 101 , 2, 7 (CCL 40, 1442); 1 20, 6 (CCL 40, t79t), vgl. H.-I. MARROU - A.-M. LA BoNNARD1ERE. Le dogme de la resurrection des corps et la theologie des valeurs humai­nes selon \' enseignement de saint Augustin: REAug 1 2 ( 1966), 1 14, Anm. 16, mit Hin­weis aufen. Ps. 138, 8 (CCL 40, 1996), s. Oenis 24, 1 (MA I , 1 4 1 ), s. 233, 1 (PL 38, 1 1 12), s. 2 1 5 , 6 (RB 68 ( 1958), 24) - an den beiden zuletzt genannten Stellen erfolgt ei­ne deutliche Abgrenzung der Christen von Heiden und Juden (vgl. auch s. 234, 3 (PL 38, 1 1 1 M.) mit ZuSätzlicher Differenzierung der fides Christionorum von der fides daemo­norum, welche zwar auch um die Auferstehung des Herrn weiß, dabei aber keine caritas besitzt, die sich in entsprechenden mores et opera äußert.).

29� Vgl. Act 17, 32 uKoooavm; bt uvcia'taOlv VEK{XUV ol IJ-tv lXAtOOl;oV, oi bt EL"tuv' uKooo6IJ-Eßa oou XEQl 'fomou Kal XaAtv.

296 Vgl. bei P. COURCELLE, Propos antichretiens rapportes par saint Augustin: RechAug I ( 1958), 1 67f. die Erläuterungen zu s. 256, 2 (PL 38, 1 19 If.) alius dieit: ('Corpus morlis huius non ad me pertinet. carcer meus est ad tempus. COlena mea esl ad lempus. in cor­pore mortis sum ego, non corpus morlis sum ego.)) ( ... ) (U!go enim,)) inquit, «(�piritus sumo caro non sum, sed in carne sumo cumfuero liberatus a earne. quid erit mihi deinde cum carne?)), civ. 13, 17 (CCl 48, 398) contendunt etiam ist; (sc. P/atonici) lerreslria corpora sempiterna esse non posse ( . . . ) sed terrae, inquiunt. terra reddenda est, unde animalium terrestria sumpta sunl corpora; ex quo fit, inquiunt, ut ea sit necesse dissofvi et emori et eo modo terrae stobili ac sempiternae, undefuerant sumpta. resti'ui.

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158 Vier Themenpredigten

bes im Falle von Anthropophagie"'), dachte man auch in den christlichen Gemeinden über die Beschaffenheit des zukünftigen lebens nach und be­

gnügte sich dann oftmals mit der Hoffnung auf ein Fortleben der Seele: cum ergo manifestum sit fidei nostrae futuram resurrectionem morluorum, el ita manifestum, ut hinc quisquis dubilaverit, impudentissime se dicat christianum, quaerilur qualia corpora habebunt saneli, el quae vila eorum futura sil. multis enim visum esl resurrec/ionem quidem fleri, sed per solas animas (s. 362, 6 (pl 39, 16 14» .'"

Augustin, dem die philosophischen Vorbehalte gegen die corporum re­surrec/ia nicht zuletzt aus Ciceros De re publica vertraut waren, wo eine leibliche Apotheose des Herkules und des Romulus ausgeschlossen wird"', s:eht sich be:-eiti in der Predigt, die :r 393 zur Eröffnung des Konzils von Karthago über das katholische Glaubensbekenntnis hält (De fide et sym­bolo), genötigt, die christliche Vorstellung des Auferstehungsleibes als cor­pus spiritale plausibel zu machen (vgl. f. et symb. 1 3 . 1 4 (CSEl 41 , 15f. 3 1 f.» , und zeitlebens wird er diese schwierige Überzeugungsarbeit leisten müssen, die ihren argument2tiven Höhepunkt im letzten Buch von De eivi­laie dei findet (vgl. relr. 1 , 17 (CCl 57, 53f.)).

Daß Augustin die ss. 240-242 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in der Osterzeit, vielleicht sogar in der Osterwoche selbst, gehalten hat, geht aus seinen Bemerkungen zum Anlaß und kommunikativen Zusammenhang der Predigten deutlich hervor: s. 240, 1 (Pl 38, 1 130) per IlOs dies, sicul reeolil eari/as ves/ra, solemniler legun/ur evangelieae lee/iones ad resurreelionem domini perlinenleslOO, s. 240, 5 (pl 38, 1 1 32) [Z. 106ff.] ergo, carissimi,

m Vgl. civ. 22, 1 2 (CCL 48, 832) sed inler haec onmia quaestio difficillima iIIa propa"i. lur, ill cuius carnem redilura sil earo, qua eorpus alterius vescenlis humana viscerafa· me compellenre nutritur. Noch absurder Porph. Chr. Fr. 93 (Hamack): Ei bEt, Iplla(, oWoUt; QvlOTUo{)W TOUt; TE1"EA.E\JK6TU<;, xGl(;, Ei O\lIlßal.ll ävßQ<OO[ov cixoßuvEtv Eie; ßIUaTtav. tha j3Qwßtvru TO\nOV i»to iXth'xov, außu; inco älAwV avßQ6mrov Ka· Taß(xoßt"jVUl btä j.1to<'ov T(llV lXiXlwv, x<i>c; liv ava>..6:jkx TaC; o6.QKac; Tcic; Eie; älAOUt; civßQ<imouc; ö.vaoaxaV11ßdo�; (Wenn, sagt er, die Toten unversehrt auferstehen sol· len, wie kOnnte wohl ein Mensch, rur den Fall, daß cr im Meer gestorben sein und dann, von Fischen gefressen, wiederum von anderen Menschen verspeist worden sein sollte venniue1st der Fische, sein Fleisch zurückerhalten, das gänzlich für andere Menschen aufgezehrt worden ist?). Siehe dazu O. GIGON, Die antike Kultur und das Christentum. GOtersloh 21969, 1 2 1 .

:m Vgl. COURCEu.E, Propos antichretiens, 169. m Vgl. civ. 22, 4 (CCL 48, 809) (Cic. rep. 3, 40) Nam cum l1erculem el Romulum ex ho­

minibus deos esse faclos asseveraret: quorum non corpora, inquiI, sunt in caelum elata; neque enim natura pateretur, ut id quod esset e terra nisi in terra maneret.

100 C. LAMBOT, Les sermons de saint Augustine pour les fCtes de Päques: RBen 79 (1969), 165f. (zuerst in RevSR, hors-serie [Melanges M. Andrieu] (1956) u. RevSR 30 (1956»

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Senno 240 159

quoniam proposui vohis hodie. quid dicanl etiam philosoph; mund; huius. ( . . . ) craslino adiuvanle domino exponere pOlerimus, s. 241, 1 (pL 38, 1 133) hesterno die vohis insinuavimus sapien/es gentium ( .. . ) seru/alas fuisse naluram, s. 241 , 4 (pL 38, 1 135) hi ergo, sicul heslerno die vos commonui ( .. . ) . rettuli vobis heri suspiciones eorum, s. 241, 8 (PL 38, 1 138) ( . . . ) ad ea quae restant ( . . . ) et aures et corda in cras/inum praeparate, s. 242, 5 (pL 38, 1 140) philosophi enim gentiurn ( ... ), quorum iam vel insanas vel certe humanas sentenlias inlimavi, 242, 7 (PL 38, 1 141) nonne in /ibro Plalonis,

seh ließt aus solchen Äußerungen (deutlicher noch ep. 10. tr. 1 prol. ( ... ) solemnitas sane­torom dierum, quibus certas er evangelio lectiones oporiet in ecclesia red/ari, quae ira sunl annuae, ut aUae esse non Dossinl, vgl. s. 231, 1 (SC 1 16 (1966), 244), 5. 239, 1 (PL 38, 1 127), s. Guelf. 15, I (MA I , 488» sowie aus einzelnen, von Homiliensarnmlungen fllr eine sukzessive Reihung verwendeten Schriftbezügen in den Predigten, daß in Hippo während der Osterwoche zwei mögliche Perikopenordnungen der Evangelien in Gebrauch waren [das Ev. des Ostersonntags wurde dagegen nach Lesung von Act I und Ps 1 17, 24 (Me est dies quemfecit dominus) mit Bezug auf die Neugetauftcn immer dem Johannesprolog entnommen, vgl. ebd., 164 u. S. POQUE, Augustin d' Hippone. Sermons pour la Päque. Paris 1966 (SC 1 16), 79]: (I) {so im Homiliar des Pseudo-Fulgentius}: SECUNDQ OIE PASCHAE: Lc 24, 13-31 (Erscheinung bei den Emmausjüngem), TERTIO OIE PASCHAE: Mc 16, 1 - 16 (Auferstehung und diverse Erscheinungen), QUARTO DIE PASCHAE: 10 20, 1 - 1 8 (Auferstehung und Erscheinung vor Maria Magdalena), QUINTO DIE PASCHAE: 10 20, 19-23 (Erscheinung vor den Aposteln ohne Thomas). Dieses System, das die übli­che Folge der Ev. (Mc vor Lc) umstellte, wurde nach LAM80T 41 7/8 von einer anderen Leseordnung abgelöst: (2) [im Homiliar Fleury (s. VIII), der antiken Alleluia-Reihe (ms. Orleans ISS (s. X» , und der Sammlung Cluny (ms. Bruxelles B.R. 1 4920-22 (s. X» ] fLir die genannten Tage: Mc 16, 1-16; Lc 24, 12-35; Lc 24, 36-53 (Erscheinung vor den Aposteln), 10 20, 1 1 - 1 8 (Erscheinung vor Maria Magdalena), das Ev. am Freitag der Os­terwoche war in beiden Fällen 10 2 1 , 1-14 (Erscheinung am See von Tiberias), rur Sams­tag und Sonntag machen nur die unter (2) genannten Sammlungen Angaben (vgl. LAM. BOT, a.a.O. , 166). Für POQUE bildet deren kanonische Reihenfolge der Lesungen die letzte von insgesamt vier verschiedenen Perikopenordnungen (vgl. a.a.O. die Übersicht auf S. 89). Ihre Einftihrung in Hippo datiert sie mit s. 232, 1 (resurrectio domini nostri lesu Christi et hot/ie recitata esr sed de altero !ibro evange/ii. qui est seeundum Lucam. primo enim lecta est secundum Mattheum [Mt 28 in der Osternacht], hesterna autem die secundum Marcum. hodie secundum Lucam. sicu! habel ordo evongelistarum (SC 1 1 6 (1966), 260)] bereits auf das Jahr 412 (vgl. ebd., 90). A. ZWINGGI, Die Perikopenord­nungen der Osterwoche in Hippo und die Chronologie der Predigten des hl. Augustinus: Aug(L) 20 ( 1 970), 34 nimmt gegen POQUE wegen der Unterschiede in Umfang und Rei­henfolge der Lesungen an, Augustin habe keine unumstößliche Perikopenordnung in der Osterwoche gekannt, sondern lediglich auf die känonisch� Abfolge du Auferste­hungsberichte geachtet; ähnlich auch HIlJ.., Sermons 11l17, 63. Note 2: Über das jeweili­ge Tagesevangelium sei vennutlich vom Bischof entschieden worden, freilich unter der Voraussetzung, daß die Auferstehungsberichte aller Evangelisten in der Oktav vorgetra­gen werden mußten.

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160 Vier Themenpredigten

quod hesterllo die demonstravi, legitur dixisse deus 1I0n tactus diis a se factis ( . . . ) .

Auch s. 243 (PL 38, 1 1 43-1 147) wird man wahrscheinlich dieser Reihe zurechnen müssen. DafUr ist nicht so sehr ausschlaggebend, daß sich im Prooemium gleichfalls eine Repraesentatio der österlichen Leseordnung und der damit verbundenen Frage nach dem Sondergut der Evangelisten findeeol, was einen Bezug auf s. 240, 1 nahe legt. Denn solcherlei Hinweise gibt Augustin auch in anderen Sennones der Osterzeit, und er erklärt in s. 245, 1 (PL 38, 1 1 5 1 ) sogar ausdrücklich, daß er der Gemeinde schon oft die commullis praedicatio veritaUs aller Evangelisten in Erinnerung gebracht habe,J02

Senno :43 stell: vi.elmehr aU3 einem rhetorisc.hen Gnmd vtrmuHich das Ende der Ausführungen über die Auferstehung dar: Augustin verspricht in der Peroratio dieser Predigt seinen Hörern das zukünftige Leben bei Gott (s. 243, 8 (PL 38, 1 147) sie isti dies laeti significant futuram vitam, ubi erimus cum domino regnatllrl); alle werden Alleluia singen und die besorg­te Frage, wie das Leben nach dem Tode beschaffen ist, wird sich rur dieje­nigen nicht mehr stellen, die glückselig im Hause des Herrn wohnen dür­fen: (ebd.) ibi lIullus defeetus, nulla fastidia. state, laudate, qui statis in domo domini, in atriis domus dei nostri (Ps 133, I) . qllid qllaeris, quid ibi [acturus sis? beati. ait, qui habitant in domo tua, domine; in saecula saecu­lorum laudabunt te (Ps 83, 5). Nach der langen Widerlegung der heidni­schen Einwände, zu der schließlich wohl auch die Behandlung der schwie­rigen Frage gehörte, welchen Verwendungszweck die Glieder des Aufer­stehungsleibes (und von diesen besonders die membra quae vocantur pu­denda) habenlol• wird der Prediger schwerlich darauf verzichtet haben, dem Publikum einen hoffnungsfrohen Ausblick auf die vila aeterna zu geben.

JOI s. 243, 1 (PL 38, 1 143) hoc enim scitis er commendaveram vobis secundllItl omnes qua­luor evangelislas istis diebus resurrecrionem domini recitari ( . . . ). dixi aulem vobis et meminisse debetis non omnia omnes dicere, sed dici ab alUs. quae ab aliis prarermissa SUnl.

,., Vgl. z.B. auch s. 231 , I (SC 1 1 6 (1966), 244)" . 234, I (PL38, 1 1 1 5),'. 235, I (RB 67 (1957), 1 37), ,. 246, I (SC 1 16 (1966), 260).

}Oj Vgl. s. 243, 3 (PL 38, 1 144f.) Die Frage scheint in Karthago aufgekommen zu sein, so daß Paulinus v. Nola dort (im Winter 408 00. 409) dazu Stellung nehmen mußte und ei­ne enlSprechende Anfrage an Augustin richtete. Vgl. Augustins Bemerkung in ep. 149, 2 (eSEL 44, 349) simul etiam miseram, sicut iusseras, er iIIius epislulae uemplum. quae tuoe corirari apud Carthaginem de corporum resurreclione rescripseram [vgl. ep. 95, 7 (eSEL 34, 2, 5 1 1 f.)], ubi de usu membrorum exorra eral quaestio. Vgl. KUNZELMANN, Festlegung, 73, der durch Paulins Brief auch s. 243 veranlaßt wissen will. Daß den membra genilalia auch im irdischen Leben nicht notwendig eine rurpiludo anhaftet,

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Senno 240 161

Diesen rhetorisch wirkungsvollen Abschluß bieten ebenso die zusammen­hängenden ss. 361-362 (pL 39, 1599-1634), die gleichfalls De resurrec­tione mortuorum handelnlO4, aber auch das letzte Buch von De civitate dei, welches als disputalio de civitatis dei oe/erna beatitudine (vgl. civ. 22, I (CCL 48, 805) angelegt ist.'os

Das Homiliar Fleury und die Sammlung Alleluia betrachten die ss. 240-

243 als zusammenhängende Reihe, die sich in den Rahmen der Osteroktav einordnet: 1 . DOMINICA: s. 1 1 9. 2. OE SECUNDA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 240. 3. OE TERTIA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSO­

PHOS: s. 241. 4. OE QUARTA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 242. 5. OE QUINTA FERIA PASCHAE, CONTRA PHILOSOPHOS: s. 243. 6. OE SEXTA FERIA PASCHAE, DE DUABUS PISCATIONIBUS: s. 25 1 . 7. OE SABBA­TO, AB EO QUOD DICTUM EST IN EVANGELIO PETRO A DOMINO: PETRE, AMAS ME? USQUE AD ID QUOD AlT: PASCE OVES MEAS: s. 147. 8. lTEM ElUSDEM DE DIE DOMINICO, DlCTUS AD SANCTOS MARTYRES XX, DE EO QUOD DICIT IN ACTIBUS APOSTOLORUM AD ANNANIAM ET ElUS CONIU­GEM: PECUNIA TUA NONNE MANENS TIBI MANEBAT, ET VENDITUM IN TUA

wußte Auguslin freilich schon früher gegenüber den Manichäem zu belegen (vgl. c. Faust. 29,4 (CSEL 25, I , 746f.» .

304 Vgl. s. 362, 3 1 (PL 39, 1634) vacabimus ergo cl 'IIidrhimus deum sicuti es' el v/den/es laudabimus delltn. cl haec erit vita sanetarum, hace DeNo quielorum, quia sine de/eelll laudabimus ( ... ). audi etiam hoc scripturam dicentem deo, quod lias desideramus: beati qui habilanl in domo tua; in saeeula saeeulorum laudabunt le (Ps 83, 5]. Die ss. 361 -362 werden meiSI auf den Winter der Jahre 410-41 1 datiert, vgl. VERBRAKEN, Etudes eriti­ques, 150.

30' Vgl. Beginn und Schluß des letzten Kapilels (civ. 22, 30 (CCL 48, 862.866» quanta erit iIIa felicitas. ubi nullum erit malum. nullum latebit bonum. vacabitur dei laudiblls, qui erit omnia in omnibus! nam quid aliud agatur. ubi neque ulla desidia cessabilur neqlle IllIa indigentia faborabitur, nescio. admoneor etiam sancto cantico, ubi lego vel audio: beati, qui habitant in domo tua, in saccula saeculorum laudabunt te [Ps 83, 5). ( ... ) ibi vacabimus et videbimus. videbimus et amabimus. amabimus et lalldabimlls. ecce quoll erit in fine sinefine. nam quis alius noster est finis nisi pervenire ad regnum, cuius nul­lus esl finis? Zur Disposition des 22. Buches vgl. die Einleitung von G. BARDY in: CEuv­res dc Saint Augustin: BA 37. La eile de Dicu: Livres XIX-XXII. Paris 1960, 1 8-20, der zum Sehlußkapilel u.a. bemerkt: "Lorsqu'il a fini de repondre a tous les problemes, saint Augustin sc trouve en presence du dogme de la vie etemelle. Dans son corps ressuseite Cl spiritualise aprcs le jugement demier, I'ame jouira sans fin de la vision dc Dieu ( . . . ) ; il est bien plus diffieile de decrire le bonheur du eiel quc les soufranees dc l'enfer. La theologie n'essaie guere de se livrer ä des descriptions que d'avanee elle sait impos­sibles. Mais les artistes, les poetes, les oratcurs sont eapables de sc 1ivrer ä de longs de­veloppemcnts ä ee sujet, CI saint Augustin lui-meme parlc avee emotion, dans plusieurs de ses sermons, de la beatitude du dei."

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162 Vier Themenpredigten

ERAT POTESTATE: s. 148. 9. EODEM DIE IN ECCLESIA LEONTIANA, DE MO­

NITIS BAPTIZATORUM : s. 260.""

Eine genaue Datierung der Predigtreihe flillt schwer. Poque, die in s. 241 , 2 (PL 38, 1 1 34) die Vorstellung einer vertikal ausgerichteten Seinsgrada­tion angedeutet sieht, welche ein Echo des berühmten Dialogs mit der Schöpfung und der memoria-Analyse aus dem zehnten Buch der Confessi­ones seil07, denkt mit Kunzelmann an die Jahre 405-410. Dessen Datierung stUtzt sich zunächst auf s. 240, 5 (PL 38, 1 \33) quod dixit [sc. veritas, i.e. Christus] in maiD quidem esse genus humanum causa peccati, manifestum est. Augustin hätte, wie er meint, diese Aussage während der Streitigkeiten mit den Pelagianem mit einer deutlichen Spitze gegen die Leugnung des peccatum originale versehen müssen.3OI Darüber hinaus vcnnatet er, daß die in s. 241 , 6-7 (PL 38, 1 1 36-1 \38) dokumentierte Beschäftigung mit Porphyrius durch den Briefwechsel mit Hieronymus (403-406) und den Brief an Deogratias (406-412) angeregt sein könnte.'" Im Hinblick auf die

lO6 Vgl. LAMBOT. Les sermons pour les fettS de Päques. 1 5 1 f. [Für den octavus dies werden hier zwei der insgesamt üblichen drei Predigten genannt: die erste (nach Lesung von Aci S, 4ff.) über das Zeugnis der in Hippo verehrten 20 Märtyrer aus der Zeit diokletiani­scher Verfolgung (in der eigens darur errichteten Memoria Sanctorum), die zweite zur moralischen Instruktion der (am Ostersonntag) Neugetauften. Eine dritte Predigt folgte außerdem noch im Anschluß an das Tagesevangelium POQUE nimmt an, daß die letzten heiden Predigten normalerweise in der Basilica Maiar, eine Zeitlang aber auch in der Basilika des H!. leontius (Ecclesia Leontiana) stattgefunden haben (sofern es sich dabei wirklich um zwei verschiedene Gebäude handelt), vgl. Sermons pour la Paques, 1 14f. u. 107-1 13.] Eine Jahresangabe fehlt. LAMBOT, a.a.0., 1 5 1 , vermutet wegen s. 243 eine Zeit nach 409 (siehe zur Datierung weiter ohen im Text). Als zusammengehörige Predigtrei­he gegen die heidnischen Philosophen wollen auch MARROU - LA BoNNARDIERE, Le dogme de la resurrec;tion des corps, 1 16. Anm 23., die ss. 240-243 verstehen. 107 Vg!. S. POQUE, L:expression de fanabasc plotinienne dans la predication de saint Augus­tin el ses sources: RechAug 1 0 ( 1 975), 202, mit Hinweis aufconf. 10, 8-27; 37-38.

lOt Mit dixit in malo esse genus humanum meint Augustin Mt 6, 12f. et dimitte nobis debita nostra, sleut ef nos dimittimlls debItoribus nostris; el ne nos in[eras in lemplalionem: sed libera nos a malo [so zuerst in De sermone domini in nwnle aus dem Jahr 394 (s. dom. m. 2, 1 5 (CCl 35, 1 04», wo die Bitte ausdrllcklich auch auf das malum, zu dem die Menschen schon serpenlina persuasione verfuhrt worden sind, bezogen wird, vg!. ebd. 2, 35 (CCl 35, 1 25)]. KUNZELMANN, Festlegung, 33 mit Anm. 2, verweist für eine anti­pelagianische Auslegung von Mt 6, 1 2 auf s. 56, 1 3 und s. 58, 6.

J09 Vg!. a.a.O., 34. Siehe Augustins ep. 88, 22 (CSEl 34, 2, 375) (an Hieronymus - hier bezogen auf den von Porphyrius geschmähten Streit zwischen Paulus u. Petrus in Antio­chia [vg\. Gal 2, I 1 ff.]) laus itaque iustae fiber/alis in Paulo et sanclae humilitatis in Petro, quantum miM pro modulo meo videtur, magis [ueral adversus ctllumniantem Porphyrium defendenda, quam ul ei daretur ob'reCiandi maior occasio, qua mulla mor­dacius eriminaretur Christjanos fal/aciler vel suas litteras scribere vel dei sui sacra­menta portare; ep. 102, 8 (eSEL 34, 2, 551) item aUa proposuerunt, quae dicerent de

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Senno 240 163

Fonnulierung der Erbsündenlehre sollte man in der Tat erwarten, daß Au­gustin fUr diese nach dem Jahr 415, als die afrikanische Kirche in Reaktion auf Pelagius' Entlastung durch die Synode von Diospolis die Richtigkeit ihrer Gegenposition behaupten mußte"', ein deutlicheres Wort gefunden hätte. Ob aber fUr den zitierten Satz notwendig das Jahr 4 1 1 als tenninus ante quem anzunehmen ist, scheint fraglich, zumal auch die an Rrn 5, 12

angelehnte Fonnulierung in uno peccavimus, et omnes ad corruplionem nal; sumus (s. 240, 3 (pL 38, 1 1 3 1)) [Z. 46f.] in ähnlich "entschärfter" Fonn noch in Augustins erster antipelagianischer Schrift De peccatorum merit is el remissione el de baptismo parvu/orum ad Marcellinum aus dem Jahr 41 1/412 vorkommen kann.'"

Porphyrius, Schüler, Biograph und Herausgeber Plotins, wird nach civ. 8, 12 (CCL 47, 229) der besonders angesehenen Gruppe moderner Platonan­hänger (Platonici) zugerechnet, zu der außer ihm noch Platin selbst, Iam­blichus und Apuleius Afer zählen. In welchem Umfang und zu welcher Zeit Augustin freilich libros PlalOnicorum, die ihm wohl nur durch Übersetzung des Marius Victorinus zugänglich waren (vgl. conf. 8, 3 (CCL 27, 1 14)),

gelesen hat, ist umstritten.3 12 lnteressant fur die Datierung der 55. 240-243

?orphyrio contra ChriSlianos tamquam validiora decerpta, \lgl. cbd. 28. 30 (eSEL 34, 2. 569. 570). Der Brief behandelt die Augustin von Deogratias vorgelegten quaestiones sex, quas proposuit amiCIIS quidam qllem cupiebam fleri Christianum, IIt contra paganos solverentur, praesertim quia nonnlll/as earum a Porphyrio philosopho propositas dixit. (retr. 2, 3 1 (CCl 57, 1 15». Augustins folgender Bemerkung sed non esse arbitror Por­phyrium iIIum Sicu{um, cuius celeberrima est fama (ebd.) entnimmt HARNACK, daß er zwar andere Schriften des Porphyrius, niemals aber sein Werk Ka'tcl XQlonav<Ov in Händen gehabt habe, vgl. Porphyrius, Gegen die Christen. I S Bücher. Zeugnisse, Frag· mente und Referate, hrsg. v. A. v. HARNACK. Berlin 1916, 39. )10 Vgl. BROWN, Augustine, 357.

m So z. B. peec. mer. 3, 20 (CSEl 60, 147) peccavimus in uno omnes, ut moreremur ill 11110 omlles. Später nimmt der Ton mit Bezug auf Rrn 5, 1 2 deutlich an Schärfe zu, wie etwa in der bereits gegen Julian gerichteten Schrift De nuptiis et concupiscelltia ad Va­lerium (419-421), vgl. nupt. et cone. 2, 45. 47 (CSEl 42, 299. 302).

1Il Neben der Frage, welcher Anteil Plotin und welcher Porphyrius bei dieser Lektüre zu­kommt, bleibt der Einfluß der /ibri Platonici auf Augustin schwer zu bewerten, so daß insbesondere die von Robert O'CONNELl. (St. Augustine's Confessions: The Odyssey of Soul. Cambridge MA 1969) vertretene Auffassung, Augustin sei, wie seine Lehre vom Ursprung der Seele zeige, zeitlebens ein Krypto-Plotinist gewesen, die Forschung be­schäftigt hat, vgl. J. J. O'DoNNELl., Augustine: his time and Jives: The Cambridge Com­panioll to Augustine, t.-d. by E. STUMP and N. KRETZMANN. Cambridge 200 1 , 22f. Der Forschungsstand zu den Ubr; Platonici Augustins wird ausfUhrlieh dargestellt bei J. J. O'OONNELL, Augustine: Confessions. 11. Commentary on Books )·7. Oxford 1992, 413-418 u. 421-424 (zu conf. 7, 13). Zur Bedeutung des Ambrosius rur Augustins Kenntnis der neuplalonischen Philosophie siehe bes. W. GEERUNGS, Libri Platonicorum. Die phi·

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1 64 V ieT Themenpredigten

ist, abgesehen von den genannten Briefen, besonders die Erwähnung des Porphyrius im zehnten Buch von De civitate dei (verfaßt 417)313, da sich dort (civ. 10, 29) außer in s. 241, 7 u. 8 (PL 38, 1 137f.) zum ersten Mal ausdrücklich die Wendung omne corpusjugiendum findet, ein thematischer Schwerpunkt der Schrift des Porphyrius, die von Augustin De regressu animae genannt wird, vielleicht aber mit der "Philosophie aus Orakeln" ('EK AOY(roV (j"Aoaoq>(a<;) identisch ist."< In civ. 10, 29 wird zudem - wie in der Predigtreihe - das exemplum Christi zum wichtigen Bestandteil der Argumentation: Porphyrius geht mit seiner metaphysischen Prinzipienleh­Te, obgleich ihn diese in die Nähe christlicher Trinitätsvorstellungen rückt"', fehl. Er erkennt zwar, daß die Seele letztlich nicht durch theurgi­sehe Weihehandlungen (te/etae), sondern nur durch göttliche ' Prinzipien' gereinigt werden kann (vgl. civ. 10, 23), will Christus aber nicht als solches anerkennenlL6 noch zugeben. daß für die Gnade Gottes, deren Notwendig­keit er einräumt, die Menschwerdung Christi den deutlichsten Beleg liefert (summum exemplum esse). Gegen die Lehre, jeder Körper sei zu fliehen, füh..rt: Augustin dann nicht nur die von den Platonikern zugegebene Köper-

losophischc Bildung Auguslins, in: Th. KOBUSCU f B. MOJSISCH (Hgg.), Plalon in dcr abendländischen Geistesgeschichte. Darmstadl 1997, 63ff.

3IJ V g1. G. 0' DAl.. Y, Augusline's City of God. A reader's guide. Oxford 1999, 34. m Vgl. CCl 47, 306: hoc (daß Christus mi t einem unsterblichen leib zum Himmel aufge·

fahren ist) jortasse credere recusatis inluenfes Porphyrium in his ipsis libris. ex quibus mulfa posui. quos de regressu animae scripsil. tam crebro praecipere omne corpus esse jugiendum, ut anima possit beala permanere cum deo? Zur Identifizierung mit der "Phi­losQphie aus Orakeln" siehe 1.1. O'MEARA, PQrphyry's PhilQSQphy from Oracles in Au­gusline. Paris 1959, bes. 129-145. Augustin benutzt De regressu animae ausgiebig VQn civ. 10, 9 an bis zum Ende des Buches und später in civ. 22, 26-28. Auf die Phrase onme corpus jugiendurn, die PQrphyrius als ReaktiQn auf platQnische Seelenwanderungslehre formuliert (vg1. civ. 10, 30 (CCl 47, 307», bezieht er sich in p<>lemischer Absicht au­ßerdem in civ. 12, 27; 13, 17; 22, 26 (CCl 48, 384. 399. 853) sowie retr. 1 , 4, 3 (CCl 57, 15). Vgl. O'DALY, a.a.O., 258f. Selbst wenn man, wie vermutet worden ist, bei Au­gustin bereits rur die Cassiciacumschriften eine Kenntnis von De regressu animae vor­auszusetzen haben sQlIle (vg1. dazu O'MEARA, a.a.O., 17 1 (f., GEERUNGS, libri PJatQni­corum, 66f., skeptisch O'DoNNEl..l.., Confessions 11, 423), wird das omne corpusjugien­dum jedenfalls erst in civ. und unseren ss. auf das Leben nach dem Tode bezQgen und als Widerspruch zum christlichen Auferstehungsglauben empfunden.

m Vgl. civ. 10, 29 (Cel 47, 304) praedicas patrern el eiusfilium, quern vocas paternum intellectum seu mentern, et horum medium. quem putamus te dicere spirilllrn sanctllm, el more vestro appellas tres deos.

lL6 Vgl. civ. 10, 24 (Cel 47, 297) ( . . . ) noluit inlellegere dominum Christum esse principi­um, cllius incarnatione pllrgamur, 10, 29 (ebd., 304) sed incarnationem j"commutabi!is

filii dei, qua salvamur, ut ad illa. quae credimus vel ex quantulacumqlle parte i"tellegj­mus, venire possimus, non vultis agnoscere.

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Senno 240 165

hchleeit des Kosmos (wie in s. 241, 7 animal est mundus) ins Feld, sondern verweist im Rahmen der Frage nach der Qualität der Auferstehungsleiber auch wieder auf das Beispiel Christi.117

Eine enge Verbindung der ss. 241 und 242 zum Gottesstaat hat Hagen­dahl angenommen, weisen doch diese Predigten in einer für Augustin unty­pisehen Weise noch andere Zitate aus der profanen Literatur auf, die eben­falls in civ. rur die Argumentation verwendet werden : Verg. Acn. 6, 719-721 in s. 241, 5 (PL 38, 1 136) gegen die Vorstellung von der Seelenwan­derungslehre (mit diesem Vergilzitat beginnt auch die Themenbehandlung in civ. 14, 5-9) und Cie. Tim. 40 in s. 241 , 8 bzw. s. 242, 7 (PL 38, 1 138. 1 141), um die Philosophen und Porphyrius' omne corpus fugiendum est durch ihren magister Plalo zu widerlegen, der den höchsten Gott den un­tergebenen Göttern trotz ihrer körperlichen Existenz Unsterblichkeit zusa­gen läßt. JI8 Besonders die Beobachtung, daß bei Augustin nach dem Zitat quantum ad id quod or/um es! aeternilas valei, tan/um ad fidem verilas (Cie. Tim. 8) in eons. ev. 3, 8 (CSEL 43, 59) und trin. 4, 24 (CCL 50, 19 1 )

- jeweils um 400 geschrieben - mehr als 15 Jahre lang bis zum neunten Buch von De civitate dei (civ. 9, 23 (CCL 47, 269» keinerlei Spuren des Timaios mehr zu finden sind, in civ. dann jedoch häufiger auf Tim. 40 be­zug genommen wirdll9, darf man wohl mit Hagendahl zur Begründung einer späteren Datierung der Predigten (nach 415) verwenden120, die dann gleichermaßen einen Ertrag fUr die seelsorgerliehe Praxis darstellen, wei­cher sich aus der theoretisch-literarischen Produktion von De c;v;tale dei gewinnen ließ.

Im folgenden soll nun s. 240 genauer untersucht werden, der sich durch­aus als abgeschlossene und auch fUr sich genommen schon sinnvolle Be­handlung der resurrectio verstehten läßt, in seiner Funktion als EinfUh­rungspredigt besonders aber fLlr die Vorbereitung der Hörer sorgt, die auch den folgenden Predigten des Bischofs beiwohnen werden. Dies sucht Au­gustin durch ein ausführliches Prooemium und die Vorstellung (Narratio) der themenbezogenen Disputationen zu erreichen, So kann er in s. 240, 5

117 Vgl. ci". 10, 29 (CCL 47, 306) qua/ia sanctorum corpora in resurreclionefulura sint, polest aliquanlo scrupu/osius inter christianarum scriplurarum doclissimos disputari; futura tarnen sempiterna minime dubitamus, et talia futura, quale sua resurreclione Christus demonstravit exemplum.

1lI Vgl. H. HAGENOAHL, Augustine and the Latin Classics. Vol. 11. Göteborg 1967, 454. Wönliche Zitate aus der klassischen Literatur bieten sonst nur noch s. 8 1 , 9 (PL 38, 505f.): Sall. Catil. 6, I und Verg. Aen. I , 67f., s. lOS, 10 (PL 38, 622): Verg. Aen. I , 278f., en. Ps. 1 1 8, 29, 3 (CCL 40, 1 764): Aen. 9, 19f., vgl. ebd. 453f.

119 Vgl. ebd., Vol. I, 13 1 - 1 35 die Zusammenstellung der Zeugnisse. HO Vgl. cbd., Vol. 11, 454 U. 536f.

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166 Vier Themenpredigten

(PL 38, 1 1 33) in Imapper Recapitulatio sagen: quoniam proposui vobis hodie, quid dicanl eriam philosoph i mundi huius, (u.) eraslino (u.) exponere poterimus, und nach dem unterrichtenden s. 240, der aber schon eine Wi­derlegung der falschen philosophischen Unsterblichkeitsvorstellungen aus schrifttheologischer Sicht geboten hat , einen erklärenden Teil, und d.h. eine Widerlegung auf philosophischer Ebene ankündigen (vgl. s. 241 , 8 (PL 38, 1 1 38) quantum existimo, responsum est i/lis (u.» . Im Rahmen die­ser Refutatio beziehen sich s. 242 und, wie oben vermutet, wohl auch noch s. 243 auf die gewichtigsten und scheinbar unwiderlegbaren Einwände gegen eine Auferstehung des Fleisches (vgl. ebd. iamvero quid el ipsi !& cant de resurrectione corporum quasi acute. ut non eis. sicut arbitrantur, etiam UDS respondere possimus. multum est ul nodie dicam ( . . . ) ad eu quae restant ( . . . ) aures et corda in crastinum praeparate).

Die in der Narratio von s. 240 vorgestellten Themenbereiche 'Die Quali­tät des Auferstehungsleibes' und 'Die Auffassungen der Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele' (vgl. die Disposition) werden auf diese Weise in den späteren Predigten gleichsam chiastisch aufgegriffen: die philosophi­sche Lehre von der Metempsychose in s. 241, 4-7 und die Spitzfindigkei­ten, welche die Beschaffenheit der caro resurrecla betreffen, in s. 242, 2-1 1 und s. 243, 3-7.

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Sermo 240 167

b) Text und Übersetzung

s. 240 (nach CAG � PL 38, 1 130-1 1 32)

[11 per hos dies, si cut recolit caritas vestra, solemniter leguntur evangeli­cae lectiones ad resurrectionem domini pertinentes. amnes enim evange­listae quatuor neque de passione neque de resurrectione eius tacere potue­runt. nam quia multa fecit dominus Iesus, non onmes omnia conscripserunt,

5 sed alius ista, alius illa, summa tarnen concordia veritatis. multa etiam eom­memorat Ioannes evangelista facta esse a domino Iesu Christo, quae a nullo eorum conscripta sunt. tanta facta sunt, quanta tune fieri debuerunt. tanta scripta sunt, quanta nune legi debuerunt. ut autem ostendantur evangelistae arnnes quatuor, in eo quod simul omnes dicunt et non praetermittunt, id est

10 vel de passione vel de resurrectione Christi, non inter se dixisse contraria, valde operosus est labor. nonnulli enim putaverunt eos inter se esse contra­rios, cum ipsi essent contrarii animae suae. et ideo data est opera ab eis qui potuerunt adiuvante domino, ut ostenderentur inter se non esse contrarii. sed, sicut dixi, si hoc vobis ostendam et in populo velim ista tractare, multi-

15 tudo audientium prius obruitur taedio, quam reveletur scientia veritatis. sed scio fidem vestram, id est fidem huius totius multitudinis et eorum qui ho­die hic non sunt et tarnen fideles sunt. novi fidem eorum sie esse certam de veritate evangelistarum, ut expositione mea non indigeant. qui novit quo­modo ista defendat, doctior est, non fidelior. habet lidern, habet facultatem

20 defendendi fidem. alius non habet facultatem et copiam et doctrinam de­fendendi fidem, sed habet ipsam fidem. iIle autem qui novit defendere fi­dem, titubantibus est necessarius, non credentibus. in defensione enim fidei curantur vulnera dubitationis vel infidelitatis. qui ergo defendit fidem, bo­nus est medicus. sed in te non est infidelitatis morbus. quando iIIe novit

25 curare quod tu non habes? novit iIIe ponere medicamentum, sed in te non est vitium. <<non est opus sanis medicus, sed male habentibus». tarnen quae possunt expeditius dici pro tempore et commodius audiri, subticere vobis non est consilii.

[2] de ipsa resurrectione, cuius in se ipso dominus praemisit exemplum, ut 30 sciremus, quid etiam in corporibus nostris in fine saeculi sperare debeamus,

multi mulla disputant; aliqui fideliter, aliqui infideliter. qui fideliter dispu­tant, scire volunt diligentius, quid respondeant infidelibus. qui autem infi­deliter disputant, argumentantur contra animas suas disputando contra po­tentiam omnipotentis dicentes: (runde fieri potest, ut mortuus resurgat?»

35 dico ego: «deus est qui facit.», et tu dicis: «fieri non potest.»? non dico: «da mihi Christianum. da mihi Iudaeum!», sed: «da mihi paganum, idolorum

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168 Vier Themenpredigten

cultorem, daemonum servum, qui non dicat deum esse omnipotentemb> negare Christum potest, negare omnipotentem deum non potest. quem tu ergo credis - quasi pagano Joquar - quem tu credis deum omnipotentem,

40 ipsum ego dico mortuorum suscitatorem. si dixeris: «non potest fieri.», derogas ornnipotenti. si autem credis illum omnipotentem, me quare respuis ista dicentem?

[3] si diceremus camem resurrecturam, ut esuriat. ut sitiat, ut aegrotet, ut laboret, ut corruptionibus subiciatur. merita credere non deberes. habet

45 enim modo caro ista has vel necessitates vel calamitates. ct hoc unde? causa peccatum est. in uno peccavimus et amnes ad corruptionem nati sumus. malorum omnium nostrorum causa peccatum est. non enim sine causa ho­mines mala ista patiuntur. iustus est deus, omnipotens est deus. nullo modo ista pateremur, si non mereremur. sed cum essemus in poenis, ad quas ve-

50 nimus de peccatis, dominus noster Iesus Christus voluit esse in poenis nos­tris si ne peccatis suis. sustinendo si ne culpa poenam et culpam solvit el poenam. culpam solvit peccata donando, poenam solvit a mortuis resurgen­do. hoc promisit et nos in spe ambulare voluit. perseveremus el ad rem perveniemus. caro resurgel incorruptibilis: caro resurget sine vitio, sine

S5 deformitale, sine mortalitate, si ne onere, sine pondere. quae nunc tibi facit tormentum, postea tibi erit ornamentum. ergo si bonum esl habere corpus incorruptibile, quare hoc facturum deum volumus desperare?

[4] philosophi sacculi huius, qui magni fuerunt et docti et ceteris meliores, animam humanam immortalern esse senserunl, nec solum senserunt, sed

60 quantis potuerunt argumentationibus defenderunt el ipsas defensiones suas conscriptas posteris reliquerunt. sunt !ibri, leguntur . ideo istos philosophos dixi aliis fuisse meliores in comparatione peiorum, quia fuerunt philosophi, qui dicerent hornini, cum mortuus fuerit, null am vitam postea remanere. talibus il1i utique praeponendi sunt. et in quo erant illi meliores quamvis in

65 multis a veritate deviantes, tarnen in quo erant isti superiores, veritati fue­rant propinquantes. hi ergo qui senserunt atque dixerunt animas humanas immortales, de malis hominum, de aerumnis erroribusque mortalium quae­sierunt causas, quantum homines potuerunt, ct dixcrunt, sicut potuerunt, praecessisse nescio quae in alia vita peccata, quorum peccatorum merito

70 ista corpora velut carcerem animae mererentur. deinde quaesitum est ab eis, quid postca, curn fuerit homo mortuus, quid erit. el hic contriverunt ingenia sua et laboraverunt, quantum potuerunl, reddere hominibus rationem, vel sibi vel aBis, et dixerunt animas hominum male viventium immundas pes­simis moribus, curn exierint de corporibus, rursus continuo revolvi ad alia

7S corpora el poenas hic luere, quas vidernus; eas vero animas, quae bene vi­xerunt, curn exierint de corporibus, ire ad supema caelorum, requiescere ibi

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in stel1is cl luminibus istis conspicuis vel quibuscumque caelestibus abdi­tisque secretis, oblivisci omnium praeteritorum malorum et rursus delectari redire ad corpora et venire iterum ad ista patienda. hoc ergo interesse volue-

80 runt inter animas peccatorum el animas iustorum, quia peccatorum animas de proximo. statim eum exierint de corporibus, dicunt revolvi ad altera corpora, iustorum aulem animas diu esse in requie; non tarnen sempeT, sed rursus delectari corporibus el de summis caelis post tantam iustitiam ad ista mala faeere ruinam.

8S [5] hoc dixerunt valde magni philosophi. isto plus invenire nihil potuerunt philosophi mundi huius, de quibus dicit scriptura nostra: «stultam feeil deus sapientiam huius mundi». si sapientiam, quanta magis stultitiam? si «53-pientia mundi stultitia est apud deuffi» , vera stultitia mundi quam longe est a deo? est tarnen quaedam stultitia mundi huius, quae pervenit ad deum, de

90 qua dicit apostolus: «quoniam in sapientia dei non cognovit mundus per sapientiam deum, placuit deo per stultitiam praedicationis salvos facere cre­dentes». et dicit: «quoniam Iudaei signa petunt, et Graeci sapientiam quae­runt, nos autem praedicamus Christum crucifixum, Iudaeis quidem scanda­lum, gentibus stultitiam, ipsis autem vocatis ludaeis et Graecis Christum

95 dei virtutem et dei sapientiam». venit dominus Christus, sapientia dei. cae­lum tonat, ranae taceant! quod dixit veritas. hoc est verum. quod dixit in malo quidem esse genus human um causa peccati, manifestum est. sed qui crediderit in mediatorem, qui constitutus est medius inter deum et homines, inter deum iustum cl homines iniustos, medius homo iustus humanitatem

100 habens de imo, iustitiam de summo, et ideo medius; hinc unum et inde unum; quia si utrumque indc, ibi esset, si utrumque hinc, nobiscum iaceret, el medius non esset - qui ergo crediderit in mediatorem et fideliter ac hene vixerit, exiet quidem de corpore et erit in requie; postea vero recipiet corpus non ad tonnenturn, sed ad omamentum, et vivet curn deo in aetemum. non

lOS est quod eum delectct ut redeal, quia secum habet corpus. ergo, carissimi, quoniam proposui vobis hodie, quid dicant etiam philo­

sophi mundi huius, quorum deus sapientiam tanquam veram stultitiam re­probavit, crastino adiuvante domino exponere poterimus.

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[l] In diesen Tagen werden, wie sich eure Liebe erinnert, alljährlich die Abschnitte der Evangelien vorgelesen, die sich auf die Auferstehung des Herrn beziehen. Keiner der vier Evangelisten hat nämlich über sein Leiden oder seine Auferstehung schweigen können. Denn weil der Herr Jesus vie­les getan hat, haben nicht alle alles aufgeschrieben, sondern der eine dies, der andere jenes, gleichwohl aber in völliger Eintracht der Wahrheit. Vieles sei sogar, erwähnt der Evangelist Johannes, von dem Herrn Jesus Christus getan worden, das keiner von ihnen aufgeschrieben habe. Soviel ist gesche­hen, wie damals hat geschehen müssen . Soviel ist geschrieben worden, wie jetzt gelesen werden muß. Der Nachweis aber, daß alle vier Evangelisten darin, was sie aBe zugleich sagen und nicht auslassen, d.h. über das Leiden oder die Auferstehung Christi, nicht zu Aussagen gekommen sind, die ein­ander widersprechen, wäre eine sehr mühevolle Arbeit. Einige haben näm­lich geglaubt, sie stünden miteinander im Widerspruch, während sie doch selbst Widersacher ihrer eigenen Seele waren. Und daher ist von denjeni­gen, die mit Gottes Hilfe dazu fähig waren, Mühe darauf verwendet worden zu zeigen, daß sie einander nicht widersprechen. Aber, wie gesagt, wenn ich euch dies zeigte, also vor dem Volk darüber predigen wollte, dürfte die Großzahl der Hörer von Überdruß überwältigt werden, bevor sich das Wis­sen um die Wahrheit unverhüllt vermitteln ließe. Ich kenne aber euren Glauben, d.h. den Glauben dieser ganzen Menge hier und derjenigen, die heute nicht hier sind, aber dennoch Gläubige sind. lch weiß, ihr Glaube an die Wahrheit der Evangelisten ist so fest, daß sie auf meine Auslegung verzichten können. Wer weiß, wie er diese Aussagen verteidigen kann, ist gelehrter, nicht gläubiger. Er besitzt Glauben, er besitzt die Fähigkeit, den Glauben zu verteidigen. Ein anderer besitzt nicht die Fähigkeit, Fülle der Rede und Bildung zur Verteidigung seines Glaubens, aber den Glauben selbst. Jener aber, der den Glauben zu verteidigen weiß, ist für die Zweifler unentbehrlich, nicht fUr die Gläubigen. Denn durch die Verteidigung des Glaubens werden die Wunden des Zweifels oder der Ungläubigkeit behan­delt. Wer also den Glauben verteidigt, ist ein guter Arzt. Aber du leidest nicht an der Krankheit des Unglaubens. Wann wüßte er zu behandeln, was du nicht hast? Er weiß, eine Arznei zu verabreichen, doch du hast kein Lei­den. Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken [Mt 9, 12]. Dennoch habe ich nicht die Absicht, euch gegenüber stillschweigend zu übergehen, was sich unter den gegenwärtigen Umständen ohne Schwie­rigkeiten sagen und bequem anhören läßt.

[2] Über die Auferstehung selbst, von welcher der Herr am eigenen Leibe ein Beispiel gegeben hat, damit wir wissen, was wir auch rur unsere Körper am Ende der Welt erhoffen sollen, stellen viele viele Erörterungen an; die

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einen gläubig, die anderen ungläubig. Diejenigen, die in der Erörterung einen gläubigen Standpunkt einnehmen, wollen genauer wissen, was sie den Ungläubigen entgegnen sollen. Diejenigen aber, die dabei einen un­gläubigen Standpunkt vertreten, richten sich in der BeweisfUhrung gegen ihre eigenen Seelen, indem sie wider die Macht des Allmächtigen reden und fragen: .. Wie ist es möglich, daß ein Toter aufersteht?" Ich sage: .. Gott ist es, der dies wirkt.", da willst du behaupten: .. Es ist unmöglich."? Ich sage nicht: .,Gib mir einen Christen, gib mir einen Juden .... sondern: "Gib mir einen Heiden, einen Götzendiener, einen Sklaven der Dämonen, der nicht zugäbe, daß Gott allmächtig ist." Er kann Christus verleugnen, den allmächtigen Gott kann er nicht verleugnen. Den nach deiner Überzeugung also - ich rede gleichsam zu einem Heiden - den nach deiner Überzeugung allmächtigen Gott, eben den nenne ich den Erwecker der Toten. Solltest du behaupten: .. Es ist unmöglich.", setzt du den Allmächtigen herab. Bist du aber von seiner Allmacht überzeugt, warum mißbilligst du, wenn ich dies sage?

[3] Wenn wir sagten, das Fleisch werde auferstehen, um hungrig zu sein, Durst zu haben, la-ank zu sein, zu leiden und Verderbnissen anheimzufal­Jen, müßtest du mit Recht den Glauben verweigern. Denn nur im gegenwär­tigen Zustand ist das Fleisch diesen Bedürfnissen oder Übeln unterworfen. Und warum dies? Die Sünde ist schuld daran. In einem haben wir gesün­digt, und wir sind deshalb alle von Geburt an zum Verderben bestimmt. Die Ursache all unserer Übel ist die Sünde. Denn nicht ohne Grund müssen die Menschen diese Übel erleiden. Gott ist gerecht, Gott ist allmächtig. In kei· ner Weise müßten wir diese erleiden, wenn wir sie nicht verdienten. Doch als wir unsere Strafe verbüßten, zu der wir durch Sünden kamen, wollte unser Herr Jesus Christus unsere Strafe verbüßen ohne eigene Sünden. In· dem er als Unschuldiger die Strafe auf sich nahm, hob er sowohl die Schuld als auch die Strafe auf. Die Schuld hob er auf durch Vergebung der Sünden, die Strafe hob er auf durch Auferstehung von den Toten. Dies war sein Versprechen, und er wollte, daß wir in der Hoffnung wandeln. laßt uns standhaft bleiben, und wir werden zur ihrer Verwirklichung gelangen. Das Fleisch wird unverderblich auferstehen, das Fleisch wird auferstehen ohne Gebrechen, ohne Verunstaltung, ohne Sterblichkeit, ohne Last, ohne Ge­wicht. Was dir jetzt Qual bereitet, wird dir später Schmuck sein. Wenn es also gut ist, einen unverderblichen Leib zu haben, warum wollen wir dann die Hoffnung aufgeben, daß Gort diesen schaffen wird?

[4] Die bedeutenden, gelehrten und den übrigen überlegenen Philosophen dieser Welt haben bemerkt, daß die menschliche Seele unsterblich ist, ja nicht allein bemerkt, sondern soweit möglich mit Beweisen verteidigt, und

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172 Vier Themenpredigten

sie haben diese ihre Verteidigungen in schriftlicher Form der Nachwelt hinterlassen. Die Bücher liegen VOT, sie werden gelesen. Meine Behaup­tung, diese Philosophen seien im Vergleich zu schlechteren besser als die übrigen gewesen, rührt daher, daß es Philosophen gegeben hat, die lehrten, dem Menschen verbleibe nach seinem Tode später keinerlei Leben mehr. So1chen müssen jene jedenfalls vorgezogen werden. Und in dieser ihrer Überlegenheit hatten sie sich, obwohl sie in vielfacher Hinsicht von der Wahrheit abirrten, dennoch, worin sie überlegen waren, der Wahrheit ge­nähert. Diejenigen also, welche die Unsterblichkeit der menschlichen See­len bemerkt und gelehrt haben, suchten, soweit menschenmöglich, nach Gründen für das Leid der Menschen, filr Kummer und Irrtum der Sterbli­chen, und sie verbaten, so gut sie konnten, die Auffassung, daß irgendwel­ehe Sünden in einem anderen Leben vorausgegangen seien, deretwegen die Seelen diese unsere Körper gleichsam als Kerker verdienten. Ferner haben sie gefragt, was später nach des Menschen Tod sein werde. Und sie haben sich über diese Frage den Kopfzerbrochen und sich bemüht, den Menschen darüber Aufschluß zu geben, sowohl sich als auch anderen, und gelehrt, die Seelen der lasterhaft lebenden Menschen wUrden, befleckt von ihrer Sitten­losigkeit, nach dem Verlassen der Körper sogleich wieder zu anderen Kör­pern zurückkehren und dort die rur uns sichtbaren Strafen verbüßen; dieje­nigen Seelen aber, die ein sittliches Leben geführt hätten, gelangten in die höchsten Himmelsregionen und dUrften dort rasten bei den Sternen und den Lichtem, die uns hier leuchten, oder an irgendwelchen himmlischen und verborgenen Orten der Abgeschiedenheit. Sie hätten dann keinerlei Erinne-

••

rung mehr an die vergangenen Ubel und fanden wieder Gefallen daran, zu den Körpern zurückzukehren und abermals in den Zustand zu geraten, dies hier zu ertragen. Diesen Unterschied also wollten sie zwischen den Seelen der Sünder und der Gerechten machen, daß, wie sie behaupten, die Seelen der Sünder auf direktem Wege und sofort nach dem Verlassen ihrer Körper zu anderen Körpern zurückkehren, die Seelen der Gerechten aber lange an einem Ruheplatz verweilen; doch nicht rur immer, sondern angeblich fin­den sie wieder Gefallen an den Körpern und somit auch daran, aus den höchsten Himmeln nach dem Genusse so großer Gerechtigkeit zu diesen

••

Ubeln hier abzustürzen. [5] Das haben sehr bedeutende Philosophen gelehrt. Mehr als das haben

die Philosophen dieser Welt nicht finden können, über die unsere Schrift sagt: Als töricht hat GOII die Weisheit dieser Welt erwiesen [I Cor I , 20]. Wenn die Weisheit, um wieviel mehr die Torheit? Wenn schon die Weis­heit der Welt vor GOII Torheit ist [I Cor 3, 19], wie fern von Gott ist dann die wirkliche Torheit der Welt? Dennoch gibt es gewissennaßen eine zu

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Gott hinaufreichende Torheit dieser Welt, über die der Apostel sagt: Da ja i" der Weisheit GoI/es die Welt Gott nicht vermittelst ihrer Weisheit er­kannte, hat es Gott gefallen, durch die Torheit der Verkündigung die Gläu­bigen zu reiten. Und er fUgt hinzu: Denn die Juden/ordern Zeichen und die Griechen suchen Weisheit, wir aber verkünden Christus als den Gekreuzig­ten, den Juden zwar ein A"rgernis, den Heiden Torheit, den Berufenen selbst aber, Juden und Griechen, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit [I Cor I, 21-23]. Gekommen ist der Herr Christus, die Weisheit Gottes. Der Himmel donnert, also sollen die Frösche schweigen. Was die Wahrheit gesagt hat, das ist war. Wenn sie gesagt hat, das Menschengeschlecht be­finde sich ja wohl im Unheil wegen der Sünde, so sollt ihr wissen: dies ist mit Händen zu greifen. Doch wer an den Mittler geglaubt hat, der mitten zwischen Gott und Menschen eingesetzt worden ist, zwischen den gerech­ten Gott und die ungerechten Menschen, in der Mitte als gerechter Mensch, der seine Menschlichkeit der Erde und seine Gerechtigkeit dem Himmel verdankt und daher in der Mitte steht; von der Erde einen Teil und vom Himmel einen. Denn wenn er beides vom Himmel hätte, befeinde er sich dort, wenn aber beides von der Erde, läge er mit uns damieder, und er stün­de nicht in der Mitte - wer also an den Mittler geglaubt und ein dem Glau­ben entsprechendes, sittliches Leben geftihrt hat, wird freilich den Körper verlassen und sich in Ruhe befinden. Später aber wird er seinen Leib zu­rückerhalten, doch nicht zur Qual, sondern zur Zierde, und er wird mit Gott in Ewigkeit leben. Es gibt keinen Grund, der ihn Gefallen daran finden ließe zurückzukehren, hat er doch seinen Körper bei sich. Nachdem ich euch, meine Lieben, heute also vorgelegt habe, was sogar die Philosophen dieser Welt sagen, deren Weisheit Gott gleich wie wirkliche Torheit verworfen hat, werde ich es morgen mit der Hilfe des Herrn erklä­ren können.

c) Disposition

A. PROOEMIUM ( 1 -28) l . Repraesentatio ( 1 -4): Die Osterperikopen und ihr Thema (resurrectio

domini) - Erklärung: Keiner der vier Evangelisten konnte das Leiden oder die Auferstehung des Herrn verschweigen.

n. Praeparatio (4_28)"\

1 . Die übereinstimmende Wahrheit der Evangelisten (4- 15) a) Begründung des Sondergutes der Evangelisten b) Die Evangelisten bieten nur eine Auswahl aus den Taten Jesu

111 Zur praeparatio als Funklion des Prooems vgl. Lausberg § 854.

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c) Das Ausmaß des biblischen Geschehens verhält sich zur Heils­notwendigkeit ebenso wie das Ausmaß seiner Aufzeichnung zur Verkündigungsnotwendigkeit.

cl) Praeteritio: Der mühsame Nachweis untereinander widerspruchs­loser Leidens- und Auferstehungsberichte bei den vier Evange­listen wäre für die Hörer verdrießlich.

2 . Der Glaube der Hörer ( 15-28)

a) Der sichere Glaube der Hörer bedarf keiner Darlegung der Wahrheit der Evangelisten.

b) Der Unterschied von Gelehrtheit und Gläubigkeit c) Conclusio: Die Hörer benötigen keinen Arzt, der ihren Zweifel

oder ihre Ungläubigkeit heilen müßte - Schriftbeleg: Mt 9, 12. d) Der gleichwohl geplante Redeductus

B. NARRATIO (29-84)

I. Transitus (29-3 I ) : RUckgriff auf das (jetzt präzisierte) Thema (de ipsa resurreclione) unter erneutem Hinweis auf seine Bedeutung: a: ftir die eschatologische Hoffnung der Christen p: als Gegenstand vielfacher Erörterung

II. Entgegensetzung der gläubigen und ungläubigen Erörterung des Themas (3 1 -42) I . qui fideliter disputant (3 1-32) 2. qui infideliter disputant (32-42) - Dialektikon: Frage eines paga­

nus ficlus: Wodurch kann es geschehen, daß ein Toter aufersteht? - Antwort: Gott macht es möglich. Von Gott mUssen auch die Heiden zugeben, daß er allmächtig ist. Wenn Gott aber allmächtig ist, kann er auch die Toten auferwecken. Die Auferstehung zu leugnen, bedeutet eine Beschränkung der göttlichen Allmacht, die Annahme der göttlichen Allmacht aber verbietet es, die Rede von der Auferstehung zu verwerfen.

IIl. Die Qualität des Auferstehungsleibes (43-57) I . AuJerstehungsleib ulld irdischer Leib (43-47)

a) Die caro resurrecla wäre als caro corruplibilis unglaubwürdig. b) Erklärung: Nur die caro ista ist Zwängen und Unheil unterwor­

fen. c) Begründung: Ihr verdorbener Zustand ist die Folge des peccatum

(originale). 2. Gottes Gerechtigkeit ulld die Erlösung durch Christus (47-53) a) Theodizee angesichts der von den Menschen selbst verursachten

Übel

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b) Das ungeschuldete stellvertretende Sühneleiden Christi fUhrt zur Aufhebung von Sündenschuld und -strafe in Fonn von Verge­bung und Auferstehung.

3. Christlicher Lebenswandel und Hoffnung auf leibhaftige Aufer­stehung (53-57)

a) Adhortatio und Affinnationes: Gemäß Christi Verheißung und dem von ihm gewünschten hoffnungsvollen Lebenswandel gilt es standzuhalten, und die Hoffnung der Auferstehung wird Wirk­lichkeit werden. Der Auferstehungsleib wird unverderblich, d. h. ohne physiologische, ästhetische, biologische oder materielle Mängel sein. Die Plage des irdischen Leibes wird sich in den Schmuck des Auferstehungsleibes verwandeln.

b) Folgerung in Fonn einer Interrogatio: Ist der Besitz des Aufer­stehungsleibes ein Gut, welchen begJÜndeten Zweifel kann es dann noch geben, daß er Gottes Werk sein wird?

IV. Die Auffassungen der weltlichen Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele (58-84)

I . Bessere und schlechtere Philosophen (58-66) a) Die bedeutenden und gelehrten weltlichen Philosophen haben die

Unsterblichkeit der menschlichen Seele zu beweisen versucht und entsprechende Schriften hinterlassen. Ihre Lehre findet so Verbreitung.

b) Verglichen mit diesen, haben sich andere Philosophen durch ihre Leugnung eines postmortalen menschlichen Lebens disqualifi­ziert.

c) In ihrer Überlegenheit kamen die besseren Philosophen trotz vie­ler Irrtümer der Wahrheit nahe.

2. Implikatiollen der philosophischen Unsterblichkeits/ehre der See­le (66-84)

a) Aitiologie der die Menschen betreffenden Übel b) Das Ergehen der Seelen

a: nach einern sittenlosen Leben ß: nach einern sinlichen Leben

c) Folgerung: Die Seelen der Sünder und Gerechten erwartet das gleiche Schicksal der Reinkarnation. Auch fllr die Seelen der Ge­rechten gibt es kein unendliches Heil.

C. REPROBA TIO (85-1 OS) I. Transitus (85-87): Dies haben die weltlichen Philosophen bestenfalls

zu bieten. - Bewertung durch die Schrift: I Cor 1 , 20

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[I. Amplificatio (87-89): Wenn schon die Weisheit der Welt Torheit bei Gott ist, dann gilt dies erst recht für die wirkliche Torheit der Welt.

rn.Christus als wahre Weisheit und Heilsmittler (89-105) I . Die vermeintliche Torheit christlicher Verkündigung (89-97) a) Entgegensetzung: Es gibt eine gewisse weltliche Torheit, die zu

Gott führt. - Schriftbeleg: I Cor I , 2 1-24 b) Affinnationes und Adhortatio: An der durch Christus, die Weis·

heit in Person, garantierten Offenbarungswahrheit darf es keinen Zweifel mehr geben. Dies betrifft auch Christi Verkündigung, daß das Menschengeschlecht aufgrund der Sünde im Unheil sei.

2. Die Bedingungen und Zustände postmortalen Heils (97-105) a) Entgegensetzung: Der Glaube an den Mittler, der zwischen Gott

und Menschen gestellt ist (vgl. I Tim 2, 5) - Expolitio dieser MittelsteIlung und Begründung

b) Reditus: Der Glaube an den Mittler sowie eine in diesem Glau­ben sittliche Lebensführung sind die Bedingungen für a: einen heilvollen Zwischenzustand der Seele nach dem Tode b: die spätere leibhaftige Auferstehung zum ewigen Leben, die

keinen unerfUllten Wunsch nach Körverlichkeit kennt. D. CONCLUSIO (106-108)

Rccapitulatio: Heute wurde die Lehre der weltlichen Philosophen vorge­stellt, deren Weisheit Gott als Torheit verworfen hat. - und Ankündi­gung der weiteren Themenbehandlung: Morgen wird sie erklärt.

d) Detailkommentierung (selektiv)

Z. 1 sicut recolil caritas vestra: Die höfliche Anredeformel mit einem abstractum pro concreto ist ein typisches Element des christlichen Brief� und Predigtstils (vgl. Blaise, Handbook § 16). Caritas vestra verwendet Augustin in dieser Weise oft im Rahmen einer Repraescntatio von Anlaß oder ThemensteIlung (vgl. z.B. s. I , I (CCL 41 , 3) memini me fuisse polli· citum carilati vestrae adversus Manichaeorum slullas perniciosasque ca� lwnnias. quibus veleri leslamenlo insidianlur. responsioflem per nos flOIl defuturam ( ... ) , s. 1 8, I (CCL 41 , 245) ad exhortandas mentes caritatis vestrae, pauca de praesenli psalmo quae donal dominus gralanter accipile, in Verbindung mit recolere "sich erinnern" (in dieser Bedeutung erst seit dem 4. Jh. geläufig, vgl. Souter 343 s.v.) noch s. 246, 4 (SC 1 16 (1966), 300) recolal caritas veslra heslernam lectionem quando apparuit discipulis

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dominus ef putaverunt se spiritum videre sowie co. Ps. 143, 1 (CCL 40, 2072), s. Dolbeau 2, 5 (REAug 38 (1992), 65) .'"

Z. 4f. ( ... ) non omnes omnia conscripserunt, sed aUus ista, aUus illa, summa tamen concordia veritatis: Daß die Evangelisten aufgrund eigener Erinnerung und Gewichtung zu einer unterschiedlichen Stoffauswahl kommen, darf ebensowenig wie Detailabweichungen in Wortwahl oder -folge als Widerspruch gewertet werden. Augustin betont dies neben ande­ren Grundsätzen evangelienhannonisierender Exegese in der um 400 ent­standenen Schrift De consensu evangelistarum, die das für die Kirche alte Problem der Evangelienpluralität und der damit verbundenen Unstimmig­keiten zum ersten Mal von Grund auf abhandelt und zu lösen versuch(23 (vgl. eons. ev. 2, 27 (CSEl 43, 127) quod enim alius alium verborum ordi­nern teilet, non es! utique contrarium. neque iIIud contrarium est, si alius dicit quod alius praetermitlil. ut enim quisque meminerat et ut cuique cordi erat vel brevius vel pro/ixius eandem tarnen explicare sententiam, Ua eos explicasse manifeslum es!.) Die summa concordia veritatis wird dabei durch den HI. Geist bewirkt; denn dieser inspiriert die einzelnen Evangelis­ten zu einer sinnvollen Mitwirkung an der von ihren Vorgängern schon geleisteten Verkündigung (vgl. eons. ev. 1 , 4 (CSEl 43, 4) el quamvis sin­guli suwn quendam narrandi ordinem tenuisse videantur, non tamen unus-

m Seltener und ohne Bedeutungsunlcrschied gebraucht Augustin dileClio vestra, wie z.B. in ulil. ieiun. 4 (CCL 46, 234) ne ergo arbitretur dilectio veslra, quod inimica sit caro spirilui ( ... ), 10. ev. tr. 48, I (CCl 36, 413) quod iam commendavi dileClioni veslrae, slabiliter meminisse debetis ( ... ), 10. ev. Ir. 58, I (CCl 36. 472) iam iIIa verba evange­fjj ( ... ) dilectioni vestrae, ul dominus donare dignatus est, exposuimus. Die synonyme Verwendung von caritas und dileclio stel1t POUJ.tANN, Doctrina Christiana, 126, auch rur doctr. ehr. I fest. Vorbild ist der biblische Sprachgebrauch, welcher nicht zwischen carilas, dilectio und amor (bzw. den verbalen Äquivalenten diligere und amare) diffe­renziert (vgl. ebd., 127, mit Hinweis aufciv. 14, 7 (CCl 48, 421-423)}. In s. 90, 8 (Pl

38, 564) gibt Augustin davon ein deutliches Beispiel: hoc moneo, hoc exhortor, hoc in nomine domini doceo caritatem vestram, ul habeatis fidem cum dilectione, quia po­testis hobere fidem sine dilectione. nam non \lOS exhortor ur hobeotis fidem, sed corilo­lern. 1I0n potestis enim habere caritalem sjne flde; caritatem enim dico dei el proxim;: unde potesl ;sla esse sinefide? quomodo omal deum, qui non credil in deum? quomodo amat deum stultus, qui dicit in corde SUD: non est deus (Ps 13, I )? potestfieri Ul credos �'enjsse Christum et non diligas Christum. non polest autem fieri ut diligas Christum et non dicas venisse Christum. Andere Anen, das Volk in neo Predigten anzurooen, sind nach MOHRMANN, Sondersprache, 53: carissimi, dilectissimi,fralres (mei),[ratres di­lectissimi, filii carissimi (sehr selten), fratres (mei) carissimi, fratres Christian; (sei­ten), sanctitas vestra. Verhältnismäßig selten ist auch vestra prude'lIia (siehe oben zu s. 12, I).

)l) Vgl. MERKEL, consensu evangelistarum (De-): AL \ , Sp. 1228-123\ u. 1 234f.

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quisque eorum ve/ul alterius praecedentis ignaros voluisse scribere reppe­rilur vel ignorata praetermisisse, quae scripsisse alius invenitur. sed SiCUl unicuique jrzspiratum es! non superjluam cooperationem sui laboris adiun­xii ."') Vgl. in den Sermones neben s. 71 , 1 3 (RB 75 ( 1965), 77f.), s. 234, I(pL 38, 1 1 1 5) bes. s. 246, I (SC 1 16 (1966), 294) habuerunl unde scribe­ren/ omnes evangelistae sieu! eis subministrabat spiritus recordationes rerum quas scriberent. alius aliud duit, anus aliud. praelermittere aliquis po/uit aliquid verum, non dicere aUquid falsum. omnia isla conputate unurn dixisse; vere unus dixit quia unus spiritus in omnibus fuit.

Z. Sff. mulla eliam commemorat loannes evangelista facta esse a do­mino fesu Christo, quae a nullo eorum conscripta sunl: Gibt 10 20, 30 mulla quidem et aUa signa fecit Jesus in conspectu discipulorom suorom, quae non sunt scripta in Ubro hoc (wohl auch mit Blick auf die von Augus­tin fllr johanneisch gehaltene'" Schlußbemerkung im Nachtragskapitel 10

m .. Und obwohl jeder einzelne offenbar eine bestimmte eigene Erzählordnung eingehalten hat, zeigt es sich dennoch, daß kein einziger von ihnen wie ohne Kenntnis eines anderen,

der vorausgegangen ist, hat schreiben wollen oder als unbekannt übergangen hat, was sieh bei einem anderen geschrieben findet, sondern so wie es einem jeden eingegeben worden ist, hat er das nicht überflüssige Mitwirken seiner Arbeit hinzugefllgt." Für Au­gustin, der die Bntslehung der Evangelien in der kanonischen Reihenfolge MI, Me, Le, 10 {vgl. cons. ev. 1 , 3 (eSEL 43 ,3» annimmt, gewinnen die Evangelisten das Material ihrer Darstellung entweder aus unmittelbarer (wie die Apostel Mt und 10) oder millelba­rer Erfahrung (wie die ApostelschOler Me und Lc, vgl. cons. ev. I, I u. 2 (eSEL 43, I f.», präsentieren dies aber nach Maßgabe der durch Inspiration beeinflußten Erinne­rung {s.o. s. 241, cons. ev. 2, 5 I . 90 (eSEL 43, 153. 193». Augustins Inspirationslehre in cons. ev. verdankt sich besonders Ambrosius' Exposilio Evangelii sec:undum Lucam

(390), der ihm dabei letztlich Gedankengut des Origenes vermittelte, seine Evangelien­harmonisierung 'ad Iitteram' veiillutlich aber Hieronymus' Mt-Kommentar (398), vgl. H. MERKEt., Die Widersprüche zwischen den Evangelien. Ihre polemische und apologe­tische Behandlung in der alten Kirche bis zu Augustin. Tübingen 1971 (WUNT 13), 253-257. Die zitierte Stelle aus cons. ev. 1 , 4 deutet wohl daraufhin, daß Augustin bei der Abfassung der Evangelien auch eine Berücksichtigung schriftlicher Vorlagen rur

wahrscheinlich hält. So gilt ihm Me wegen der engen Anlehnung an Mt als dessen Ge­

folgsmann und EpitQmator (Marcus eum subseculus tamquam pedisequus et breviatQr eius videtur - während Le, der anders als Mt nicht Christi Königtum, sondern sein Pries­tertum habe darstellen wollen, wie der Priester im Allerheiligsten ohne Gefolgschaft bleibe, vgl. ebd. u. cons. ev. 1 , 6 (eSEL 43, 6) . Die Behauptung, Augustin habe sich in keiner Weise um die literarischen Beziehungen zwischen den Evangelisten gekümmert (so H. J. OE JONGE, Augustine on the Interrelations ofthe Gospels, in: The Four Gospels 1992. Festschrift F. Neirynck. Vol. 111. Leuven 1992, 241 6f.), erscheint überzogen.

m Vgl. c. Faust. 17, 3 (eSEL 25, 1 , 486), s. 98, 3 (PL 38, 592). 10 20, 30f. erfllilt dagegen gleichsam die Funktion eines Prooemiums rur das Schlußkapitel 2 1 {vgl. 10. ev. tr. 122, I (CCL 36, 668)).

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21, 26) als eine aUe Evangelisten betreffende Aussage wieder. Wie nach­klassisch häufig, steht im Nebensatz der oratio obliqua der Indikativ (vgl. Kühner-Stegmann Il 544).

Z. 7f. tanta facta sunl, quanta tune fiert debuerunt. tanta scripta sunl, quanta "une leg; debuerunt: Durch die Wiederholung von debuerunt cot· steht in den streng parallel gebauten Kola ein "reicher" Endreim.326 In sei­ner belehrenden Funktion gewinnt das konstatierende Perfekt im zweiten Fall Präsensbedeutung: ,, (soviel) wie ietzt gelesen werden muß" (vgl. Blai­se, Handbook § 230). Vgl. zur gottgewollten Ökonomie der Verkündigung auch cons. ev. I , 54 (CSEL 43, 60f.) quidquid enim iIIe [sc. Christus] de suis factis e/ dictjs nos legere voluit, hoc scribendum illis [sc. discipulis] tamquam suis manibus imperavit.

Z. 1 1 f. nonnulli enim puta\lerunt eos inter se esse contrarios, cum ipsi essenl contrar;; animae suae: Kritische Stimmen gegenUber der vermeint­lichen WidersprUchlichkeit der Evangelien fanden sich nicht nur außerhalb der Kirche. Als Seelsorger weiß Augustin auch um entsprechende Fragen der Gemeinde, und die nachfolgende Versicherung des festen Glaubens der Hörer (vgl. Z. 15-18) darf, zumal sie der Captatio benevolenti.e dient, nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Prediger, falls erforderlich, den consensus evangelistarum auf der Kanzel verteidigt hat.l27

Die pagane Polemik besaß einen besonders brillianten Vertreter in Porphyrius, der um 270 im ersten seiner 15 Bücher KaTtl Xglcm.avillv, eine "Kritik der EvangeHsten und Apostel als Grundlegung der Kritik des Christentums"l28 bot. So hat er etwa den Evangelisten, die er für Erfinder, nicht .ber für Zeugen der lesusgeschichte hielt (TOU<; EOOYYEAHTTo.C; Eq>­E\lQETo.C; oUx "lOToQac; Tlilv XEQ' TCV 'I'I00W YEYEvfloi)m xQa�Erov (Har­nack, Fr. 1 5)), Detailabweichungen beim Bericht der Kreuzigung nach­gewiesen und daraus den Schluß gezogen: Ei oe KaTo. a:\.1')ßElav TCV TQ6-xov TOÜ ßavamü EiXEtv �1\ Öw6.�EvOl OUtOl xavtclJtamv EQQml>q,Ö'l­oav, Kai XEQi Tlilv :\.Olxlilv OMEV Eoaq>1')v'l0av (Wenn diese aber in ihrer Unflihigkeit, die Todesart wahrheitsgemäß zu berichten, in g.nz und gar geistloses Gerede verfallen sind, haben sie auch über das Übrige nichts

126 Vgl. SCHUCHTER. Predigtstil, 1 24. m Vgl. MERKEL., Widersptilche, 33, der mit H. J. VOOE15, St. Augustins Schrift Oe con­

sensu evangelistarum unter vomehmlicher Berücksichtigung ihrer hannonistischen An­schauungen. Freiburg 1908, 5, Anm. I , aufdie 55. 35, 47, 5 1 , 7 1 , 82, 133, 145, 149,235, 240, 243, 244, 245, 246 hinweist.

321 v. HARNACK, Porphyrius, 1 1 .

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1 80 Vier Thernenpredigten

zutage gefördert, ebd.). Augustin dürfte dieses Werk des Porphyrius aber kaum gekannt haben.'" Er verbindet Vorwürfe gegen die Glaubwürdigkeit der Hl. Schrift vornehmlich mit den Manichäern, deren Bibelkritik ihn während seiner Studienzeit in Karthago U.3. dazu gebracht hatte, sich dieser Sekte anzuschließen.3JO Man kann daher vennuten, daß der Bischof bei seiner Feststellung nonnulli putaverunl eos inter se esse contrarios in s. 240 nicht zuletzt an die mänichäische und speziell von Faustus v. Mileve vorgetragene Lehre gedacht hat, welche die Widersprüche in den Evange­lien als Beweis für nichtapostolische Autorschaft werten wollte und eine kritische Auswahl nach Maßgabe der Offenbarung Manis forderte .'" Der adversative cum-Satz läßt die Auffassung der nonnulli jedenfalls absurd erscheinen und prägt sich durch das Ambiguum (con/rarii jetzt im Sinne von inimicj) gut ein. Vg1. zu con/rari; animae suae c. Faust. 33, 6 (eSEL 25, I , 790f.) sed quid vobis faciam, quos contra testimonia scripturarum ita obsurdefecit iniquitas, ut quicquid adversum vos inde prolatum fuer;t, non esse dictum ab apostoto, sed a nescio quo fa/sario sub eius nomine scrip­tum esse dicere audeatis? ( . . . ) infelices inimici animae vestrae.JJ2 quae umquam Iitterae ullum habebunt pondus auctoritatis, si evangelicae, si aposlolicae 1I0n habebunt? und Z. 33 argumentalltur cOlltra animas suas.

Z. 14f. sed, sieut dui, si hoc vobis ostendam et in populo velim ista trac� tare, multitudo audientium prius obruitur taedio, quam reveletur seientia veritatis: "Aber, wie gesagt, wenn ich euch dies zeigte, also vor dem Volk

319 S. o. Fußn. 309. Wegen seiner Geftlhrlichkeit wurde die Vernichtung des Werkes von Konstantin schon vor dcm Konzil von Nizäa und später erneut von Theodosius 11. und Valentian (448) angeordnet. Auch VOn christlichen Gegenschriften ist kaum etwas erhal­ten. Die fragmentarische Überlieferung geht größtenteils auf indirekte Zeugnisse bei Hieronymus und Markarius Magnes (um 400) zurück. Vgl. v. HARNACK. Porphyrius, 5 u. 7f.

lJO Vg!. BROWN, Augustine, 42. Zu der fUr Augustin damals attraktiven Kritik am Gottes­bild des AT vgL conf. 3, 12 (CCL 27, 33). In De moribus ecclesiae calholicae el de mo­ribus Manichaeorum (388-390) betont er, daß bei den Manichäem zweierlei verfUhre­risch sei: Schriftkritik und das Bild einer sittlichen und züchtigen Lebensfiihrung, vgl. mor. 1 , 2 (CSEL 90, 4) (Hinweis auf diese Stelle bei FLASCH, Augustin, 32).

m Vg!. MERKEL, Widersprüche, 27. m Vg!. Im Munde der Manichäer waren die "Fallslricke des Teufels" ausgelegt, wic es

Augustin in conf. 3 , 10 (CCL 27, 3 1 ) mit Paulus sagt [vg!. I Tim 3, 7, 11 Tim 2, 26], und bcsonders Faustus verkörperte durch den Reiz seiner süßen Rede eine solche Gefahr fllr das Seelenheil (vgl. conf. 5, 3 (CCL 27, 58) iam venerat Carthaginem quidam Mani­chaeorum episcopus, Faustus nomine, magnus laqueus diaboli, et multi implicabantur in eo per inlecebram suaviloquentiae, conf. 5 . \ 3 (CCL 27, 64) ita il/e Fallstus, qui mullis laqueus mortis (vgl. Ps 17. 6, Prv 2 1 , 6] e.xtitit).

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darüber predigen wolltelH• dürfte die Großzahl der Hörer von Überdruß überwältigt werden, bevor sich das Wissen um die Wahrheit unverhüllt vennitteln ließe." Das durch et angeschlossene explikative Kolon will deut­licher vor Augen fUhren, daß die gegenwärtige Redesituation eine un­günstige Voraussetzung ftir den Aufweis der Widerspruchslosigkeit der Evangelien darstellt. Der Gebrauch des Indikativs in der Apodosis nach potentialem Konjunktiv im hypothetischen Satz - eine Inkonzinnität, ge­genilber der die Modusgleichheit in heiden Sätzen schon zur Zeit Ciceros eher gelehrten Stil anzeigte (vg\. Kühner-Stegmann n 395) - findet sich im christlichen Latein ganz häufig (vg\. Blaise. Handbook § 304).

Anstelle des von den Maurinem gelesenen reveJelur nimmt Hili das von einigen Handschriften gebotene relevetur auf und übersetzt: "But as I said, if I were to show you how this is, and wanted to discuss these questions with the whole congregation, the majority of listeners would be over­whelmd with boredom long be fore they could be brought relief by knowl­edge of the truth.,

,3J4 Die so gewonnene, sich selbst aufhebende Antithese

enthält, ganz abgesehen davon, daß die Junktur relevari sciefJtia bei Augus­tin sonst nicht mehr vorkommeJS, einen Gedanken, welcher vor dem Hin-

Jll Wie auch hier im Kontext zu erkennen, bezieht sich trac/are (und ebenso traclalus) im christlichen Latein besonders auf die schriftliche oder mUndliche Schriftauslegung. "Toulefois ces leTTtles ne sont pas exclusivemcnl reserves a la prooication exegelique: deja chez saint Cyprien ils s'appliquenl aussi a la predicalion en genera!." (MOHRMANN, praedicare, 70). Vgl. KOFFMANE, Geschichte, 84, der rur Iraelare "predigen" u.a. auf conf. 6, 4 (CCl 27, 76) verweist: el eurn [sc. Arnbrosiurn] quidem in populo verbum vc­ritatis recte traclantem [11 Tim 2, 15] ornni die dorninico audiebam.

J� Sermons IIIn, 65 u. 68. Note 4. m Er verbindet relevare zwar in spririlueller Bedeutung mit conseientia (vg!. Blaise, Dicti­

onnaire, 709 s.v. relevo 2. mit Hinweis auf r. el op. 47 (CSEl 4 1 , 92) ul relevala cons­cientia inlrenl ad baplismum), doch, soweit ich sehe, nie mit seientia "Wissen, Kennt­nis'". Dagegen lassen sich rur revelare im Zusammenhang mit scientia Stellen finden, wie etwa gr. el pecc. or. 1 , 44 (eSEL 42, 1 57f.) [bezogen auf die Auffassung des Pelagi­US, nach der die Gnade des HI. Geistes dasjaeWIß nequam spirilui resis/ere unterstützt] quod tarnen qualecumque el quantulumcumque adiulorium eum credibile est in hoc cons/illiere. quod nobis addi/ur seientia revelanle spiritu per doelrinam, quam vel non possumus vel difficile habere possumus per na/uram oder c. ep. Pe!. 3, 19 (CSEl 60, 509) lune erit enim eminens Christi seientia [von welcher der Apostel in Phil 3, 8 spricht], quando juerit ila revelalus, 111 quod eredilur videalur. Augustin gebraucht relle­lare (ebenso wie revela/io), sofern er nicht Bibelstellen ziliert oder paraphrasiert, in de­nen das Verb in profaner Weise verwendet wird, slets im offenbarungstheologischen Sinne, so daß "das handelnde Subjekt von ,revelare - rcvclatio' letziich immer Gott ist." (WIELAND, Offenbarung, 23, vgl. ehd. in Anm. 6 die Belege zum Sprachgebrauch). Daher deutet der Prediger wohl auch in prius ( ... ) quam reveletur scienlia veritatis an, daß er selbst nur eroga/or der von Gott gelehrten Wahrheit isl (vgl. MOHLENBERG, Au-

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tergrund der in De doe/rina Christiana entwickelten rhetorischen Theorie problematisch ist. Denn rur Augustin kann zwar bei der Belehrung durch den Redner schon die aufgewiesene Wahrheit an sich das Publikum erfreu· en3J6, doch wenn dieses so disponiert ist, daß das docere bei ihm mögli­cherweise Überdruß hervorruft - eine Gefahr, von der grundsätzlich nur die wenigen Wißbegierigen ausgenommen sind, die jedem auch noch so öden VOlbag folgen3J7 -, wird dem taedium keineswegs bloß durch Vermittlung der scientia verita/is abgeholfen, sondern es gilt, zusätzlich für eine Stilisie­rung der Rede zu sorgen, welche dem Bedürfnis der Hörer nach delectatio Rechnung trägt: propter eos Qutem, quibus [as/idiefllibus non placel ver;­las. si aUa quocumque modo. sed si eo modo dicatur. ur placeat er sermo dieenlis, dalus es! in eloquenlia non parvus etiam deleelationi loeus (doctr. ehr. 4, 29 (CCL 32, 1 36)) 3" Liest man hingegen reveletur, wird in Opposi­tio zu obruitur schlicht behauptet, die Predigt werde ihr Ziel [ut appareat, quod latebat (doctr. ehr. 4, 26)] wegen des zu erwartenden Desinteresses der multitudo audienlium nicht erreichen können.

Z. 18 ut expositione mea non indigeant: Expositio im Sinne von E�tlY11alC;, hier also eine Auslegung der Leidens- und Auferstehungs­perikopen. Vgl. den Gebrauch im Kontext homiletischer Predigten : Jo. ev.

guslins Predigen, 10). Siehe aueh s. 162, 2 (PL 38, 886) opparet igilur cuivis tortlo el oblunso. quam sit isla quaestio difficilis: quam dominus piae intention; nostrae si ali­quarltllium dignatus fuerit dilucescere atque revelare, poterimus aliquid rationabiliter tlicere, s. 169, 1 (PL 38, 915) ad apostolicam fectionem aures et animum intendal sanc­Was vestra, adiuvando nos OffiClU veSlro apud domi"um deum nostrum (und unterstützt mich durch eure Liebe bei dem Herrn, unserem Gott, vgl. s. 68, 1 (MA 1 , 356» , 111 ea qllae ilIe nobis revelare dignulur, od \/Os aple atque solubriter proferre possimus.

H6 Vgl. doch'. ehr. 4, 28 (CCL 32, 136) sed neque deleClare necessitatis est [Dies gilt von den drei ojficio oraloris nur rur das docere; denn um handeln zu können, muß man wis­sen, was getan werden sol1, s. ebd.], quandoquidem cum dicendo vera monstra,,(ur. quoll ad ojficium docendi pertinet. non eloquio agitur neque hoc adtendilur, u( vel ipsa vel ipsllm delectel eloquium, sed per se ipsa. guoniam vera $U"', manifestata delec/anl.

m Vgl. doetr. ehr. 4, 26 (CCl 32, 134) prorsus haec esl i" docendo eloquerltia. qua flt dicendo, non ut Iibeat, quod horrebat. aut ul flat, quod pigebot, sed ul appareat, qllod latebat. quod tamen si flar insuaviter, ad pauCOS quidem studiQSissimos mus pervenit fructus, qui ea quae discenda su"', quamvis abiecle inculleque dicanlur, seire deside­rant.

lU Ahnlieh schon in doch'. ehr. 4, 26 (CCl 32, 134f.): Nur den pauci studiosissimi ist es Unterhaltung genug, sich an der bloßen Wahrheit weiden zu können (ipsa delectabililer verilale pascunlur). Die meisten Hörer können dagegen nicht auf gewürzte Kost verzichten (ebd.): sed quoniam inter se habe,,' nonnullam simi/itudinem vescenles atque discentes, proprerlaslidia plurimorum. etiam ipsa, sine quibus vivi non potest, alimenta co"dienda Sunl.

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Ir. 17, 9 (CCL 36, 1 75) sed clausum esl adhuc el expositione indigel, quan­tum arbitror, quare in tollendo grabalo dilectio proximi commendetur ( . .. ), en. Ps. 132, 1 (CCL 40, 1926) el hoc quidem, fralres, non indigel inler­pretatfone Gut expositione, quam honum et quam iucundum si! habitare in unum, u.ö.

Z. 20f. alius non habel [aeuttatem et copiam et doctrinam defendendi jidem, sed habel ipsam fidem: Rednerische Gabe und Fülle sowie eine entsprechende Ausbildung sind fUr die Verteidigung des Glaubens erforder­lich, der Glaube selbst gewinnt dadurch aber nicht an Substanz. In Verbin­dung mit facultas et copia)39 kann man doctrina zunächst als ars, rhetori� sches "Methodenwissen", verstehen (vgl. Z. 18f. qui !lovit quomodo ista defendat, doclior es/, non fidelior),340 In einer weiter gefaßten inhaltlichen und nicht vornehmlich formalen Akzentuierung341 läßt der Begriff hier an jedwede der Apologie nützliche Art von (weltlicher) Bildung, speziell aber an eine vertiefte Einsicht in die christliche Lehre denken.342 Augustin mag

.m Auguslin greift hier Ciceros Sprachgebrauch auf, vgl. z.B. Yerr. I , 10 etenim quod est ingenium lantum. quae tanta (aCHltas dicendi out copia. quae Isllus vitam 101 vitiisjlagl­tjjsque convictam, iam pr/dem omnium voluntale iudicioque damnalam. aliqua ex parte possil defendere?, de oral. I , 70 esl enim Jinilimus oralori poela, numeris aslriclior pali-10, verborum autem licenlia liberior, multis vero ornandi gellerlbus socius ac pae"e par; In hoc qllidem cerle prope idem. nullis ul lerminis circumscribol oul deJillial ius Sllllm, qllO minus ei liceal eadem Illalacliliale et copia vagari qua velit, epist. 5, 1 2, 3 maler/es digna (acuÜale el cooia lua.

)40 Mit dOClrina wird die systematische Lehre der ars oralor;a bezeichnet in doctr. chr. 4, 2 1 (CCl 32, 1 31): si enlm, s;CUI quidam disertissimi atque aculissimi viri videre ac di­CC!re poluerunl, ea quae oraloria velul arie discunlur non obselVarenlur et notarenlllr el in hanc doclrinam red/gerenlur, n;si prius in oratorum inven;renlur Ingenils (vgl. Cic. de orat. I , 146), quid mirum si el in ISlis inveniunlur, quos ille misil, qui fecil ingenia? Augustin folgt an dicscr Ste11e Cicero darin, daß das ingenium der ars vorausgeht, fragt aber noch weiter nach dessen Ursprung, den er in Gott findet - solches quaerere macht den Unterschied von heidnischer und christlicher Wissenschaft aus und ennöglicht gc­genüber dem doctus videri das sapiens esse (doctr. ehr. 2, 57 (CCl 32, 71 f}), vgl. PRESTEL, Rezeption, 285f.

.).11 Zu doclrina als einem BegrifTformaler und inhaltlicher Bildung in Titel und Konzeption von De dOClrina Chr;sllana vgl. POLLMANN, Doctrina Christiana, 107 .

.).12 Vgl. ebd. 104f. über Konkordanzbefund und Bedeutungsspektrum von doclrina bei Augustin. Der allgemeinen Bezeichnung der "paganen Wissenschaften" dient der Plural (so etwa am Ende von doctr. ehr. 11, s. ebd. 107). Die ortes liberales nennt Augustin auch doclrinae (liberales) oder usitata studio doclrinae, wie z.B. in conf. 2, 8; 4, I u. 30-31 (CCl 27, 2 1 . 40. 55f.). An der erstgenannten Stelle kommt kritische Distanz ge­genüber Monnicas Hoffnung zum Ausdruck, die klassische Bildung werde ihm helfen, zu GoI! zu finden ( ... quas (sc. IitterQs] ut nossem nimis va/ebal parens uterque, ( ... ) iIIo autl!m, qllia non so/um nullo detrimento, sed eliam nonnllilo adiumento ad le odlpiscen·

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dabei II Tim 4, 2 praedica verbum, insta opportune, importune; argue, IlOrtare, increpa in omni /onganimitale e/ doctrjna im Sinn haben oder Tit I , 9 [der Bischof muß an der Glaubenslehre festhalten] ul polens sit in doctrina sana et contradicenles redarguere, Schriftstellen, die er u.a. in doctr. chr. 4, 33 (CCl 32, 139f.) zitiert, um die Charismatiker zu widerle­gen, welche die Instruktion des Predigers ausschließlich dem Wirken des HI. Geistes überlassen wollen. Die lektüre der Pastoralbriefe (IIII Tim, Tit) legt Augustin dort besonders demjenigen ans Herz, dem in der Kirche die Rolle des lehrers (persona docloris) zuHilIt.

Z. 27f. ( ... ) subticere non esl consilii: Die klassische Konstruktion des gen. possesslvus bei unpersönlichem esse verwendet Augustin zwar mehr­fach [so etwa auch moris esl (doctr. chr. 4, 25 (CCl 32, 133), en. Ps. 3, 6; 78, 1 0 (CCl 38, 10; 39, 1 105), s. 239, I (pl 38, 1 127)) od. consueludinis es/ (loc. 6, 09 (CCl 33, 455), qu. 7, 49. 56 (CCl 33, 360. 377)], in den Predigten insgesamt aber doch so selten, daß sie geeignet ist, den Hörern aufzufallen [consilii esse (eslijuil) nur noch in en. Ps. 69, 4 (CCl 39, 934), 10. ev. tr. 7, 24; 46, 8 (CCl 36, 8 1 . 403), s. 279, 12 (MA 1 , 591) - an den drei letztgenannten Stellen ebenso wie hier in s. 240, um über das beabsich­tigte JlgtJlOv (aplum), d.h. die situations- und adressatengerechte Redepla­nuntO zu informieren]. Gesucht nimmt sich subticere "passer sous silen­ce" (BI.ise, Dictionnaire s.v. 788 ad Ioc.) aus [v.1. der HSS sub/rahere], das Augustin nur noch einmal in ord. 1 , 9 (Cel 29, 93), dort freilich intransi­tiv, gebraucht: quod cum severiore quam putabat voee dixissem, subticuit

,. ) '" a zquantum .

dum futura existimabat usitata il/a studia daclrillae). Später, beim Bericht ober seine Lehrtätigkeit in Karthago und die Lektüre der !ibri artium (bes. conf. 4, 30-3 1), zeigt er sich von den .. freien Künsten" enttäuscht: Sie bieten keinen Schutt vor den malae cupi­dUales und verlieren daher an Bedeutung gegenüber einer frommen Herzensbildung (dactrina pielalis). Doch hört man hier das Urteil des Bischofs, dem eine ganz andere Einschätzung der t-Y1C\"Clto<; xwbt[u in den Jahren zwischen Bekehrung und Ordination (386-391) entgegensteht. Während dieser Zeit, in die auch Augustins Versuche fallen, nach dem Vorbild Varros disciplinarum IibrQs zu verfassen (38617) (retr. 1 , 6 (CCl 57, 1 7», knüpft cr an solche Bildung hohe Erwartungen, wie etwa, daß sie zur Selbster­kenntnis und zur beata vita beiträgt (so uneingeschränkt noch ord. I , 3; I , 24 (eSEL 63, 122(. I 36f.». V gl. 0' DONNELL, Confessions 11. Excursus: Thc liberales disciplinae, 269-278. l4l Also besonders das externe xQtxO\!, vgl. Lausberg § 1057.

l" Bei Blaise wird als Präsens z. SI. das Incohativum zugrunde gelegt: "sc laire (un petit moment)", Dictionnaire 788 s.\!. sublicesco.

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Z. 29 cuius in se ipso dominus praemisit exemplum: Den Hinweis dar­auf, daß der Herr selbst ein leibhaftiges Beispiel fllr die Auferstehung ge­geben habe, verwendet der Prediger hier, um beim Übergang vom Prooe­mium zur Narratio das von ihm präzisierte Thema (de ipsa resurreclione) mit dem Attribut christlicher Endzeithoffnung zu versehen.l4S Der Gedanke wird aber auch in den folgenden Sennones mehrfach aufgegriffen: zunächst in s. 241, 1 (PL 38, 1 133), wo Augustin zur Betonung der Verbindung von al1gemeiner Auferstehung und Auferstehung Christi noch das Bild der als Organismus vorgestellten Kirche hinzusetzt: Deren einzelne Glieder sollen rur sich das erhoffen, was in ihrem Haupt schon stattgefunden hat. 346 Im Prooemium von s. 242 wird dann gemäß dem Themenschwerpunkt hervor­gehoben, daß das Beispiel Christi rur die carnis resurrectio auch wirklich im Fleisch ergangen ist, weshalb die damit verbundene Funktion jetzt nicht mehr nur als Vorankündigung, sondern sogar als Nachweis der Qualität des zukünftigen christlichen Lebens bestimmt werden kann.J47 Ln der Peroratio

j.� Vgl. auch W. GEERUNGS, Christus Exemplum. Studien zur Christologie und Christus­verkündigung Augustins. Mainz 1978 (TrS 13), 198: "Da dieses Leben immer in der Gefährdung des Todes steht, ist die erste lehre, die das exemplum resurrectionis eneilt, die, daß wir hoffen dUrfen und daß wir den Tod nicht mehr zu fUrchten brauchen." (mit Hinweis auf en. Ps. 49, 5 (CCl 38, 428), s. Guelf. I , 5 (MA 1 , 443»

146 hanc in se ipso, id eSf resurreclionem mortuorum, caput nostrum Christus ostendir er exemplunr fidei nobis praestitit, ul hoc sperenl membra in se, quod praecessit in copite. Das Bild eines Götter wie Menschen umfassenden, zugleich aber mit Gott identifizierba­ren Leibes ist dem antiken Denken, besonders aber der stoischen Kosmologie vertraut (vgl. E. SCHWEIZER, o&�a )(1"A. A 4: ThWNT, 1037 mit vielen Belegen, wie z.B. Sen. epis!. 92, 30 totum hoc qua continemur et ununr esl el deus: et socii sumus eius et membra. Bei Übertragung des Bildes in den politischen Bereich (ein bekanntes Beispiel ist die Fabel des Menenius Agrippa (vgl. liv. 2, 32» kann von Sen. sogar der Kaiser als Seele oder Haupt des Staatsleibes angesprochen werden (vgl. eiern. I , 5 I nam si ( ... ) 0-ninrus rei publicae IllOe es, ilIa corpus tuunr ( ... ), 2, 2, I Iradetur ista animi lui mansue­ludo diffundeturque pau/olim per omlle inrperU corpus ( ... ). a copile bona va/ellldo.). Die Vorstellung der Kirche als Leib, der auf das Heil hingeordnet ist, welches sich in seinem Haupt Christus schon gezeigt hat, entninunt Augustin paulinischer Christologie, wie beispielsweise Col I , 18, Eph I , 22f.; 4, 15 ; 5, 23 (vgl. trin. 7, 5 (CCL 50, 253), ep. 55, 3 (CSEL 34, 2, 173), s. 157, 3 (PL 38, 860), s. Dolbc" 22, 19 (REAu8 40 ( 1 994), 189), c;v. 22, 18 (CCL 48, 837), 'n. Ps. 3, 9 (CCL J8, 1 1 ), c8th. fr. 2 (CSEL 52, 232».

147 Vgl. s. 242, 1 (Pl 38, 1 1 39) haec enimfides est nostra, hoc donunI in domin; lIostri lesu Christi nobis come promissum est et in ipso praecessit e.xemplum. va/uit enim nobis quod promisit in fine non so/um praenunliare, sed eriam demonSlrare. Im Unterschied zum aur die Vergangenheit bezogenen narrare oder dem Zukünftiges betreffenden praenuntiore verwendet Augustin demonstrare, wenn es um den sichtbaren Aufweis ge­genwärtiger Wirklichkeit geht. Vgl. seine Mahnung in der Predigt De fide rerttm invisi­bilium (zwischen 4 1 0 u. 420), zur Bestätigung der Glaubcnswahrheit aktuelle testimonia divina zur Kenntnis zu nehmen: ergo haec aspieire, in liaec intendUc, haec quae cernilis

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186 Vier Themenpredigten

dieser Predigt fUhrt Augustin den Hörern schließlich vor Augen, daß ihre gegenwärtige Situation, in welcher sie der sichtbaren Präsenz des Aufer­standenen ennangeln, aus heils geschichtlicher Perspektive betrachtet wer­den muß: ,,Die Apostel konnten Christus leibhaftig sehen, aber die über den ganzen Erdkreis verbreitete Kirche konnten sie nicht sehen. Sie konnten das Haupt sehen, und doch mußten sie an den Leib glauben. Wir haben unser Los, wir haben die Gnade des für uns vorgesehenen Heilsplanes. Damit wir aufgrund von unwiderlegbaren Zeugnissen glauben können, sind rur uns Zeiten in der Glaubenseintracht vorgesehen worden. Jene konnten das Haupt sehen, und doch mußten sie an den Leib glauben. Wir können den Leib sehen; laßt uns also an das Haupt glauben ... )48

Z. 36f. da mihi paganum (" ')J qu; non dicat deum esse omnipotentem: Bereits bei Horner wird den Göttern, besonders aber Zeus Allmacht zuge­sprochen (Od. 10, 307 ßEoi bf. TE :n:aVfa OWo.Vfru (Die Götter aber ver­mögen alles.), Od. 4, 236f. IlTllg ßEO<; fi).J.OTE fi).J.q> I ZEi><; llyaß6v TE KUK6v TE O,OoI· owam, yag 1!:n:aVfu (Doch Gott Zeus gibt bald diesem, bald jenem Gutes und Schlechtes; denn er vermag gänzlich alles.)), welche lediglich in den Bestimmungen des Schicksals (J..lOtea, aloa) eine Grenze hat (vgl. ll. 1 6, 43 1 ff., Od. 3, 236-238) .'" Diese Vorstellung kommt in der späteren Dichtung dann in Epitheta zum Ausdruck wie n:ava(Tlo� "alles verursachend" (von Zeus A. Ag. 1486) oder :n:aYKQuT�<; "allmächtig" (von Zeus A. Th. 255, Eu. 9 1 8; E. Fr. 43 1 , 4 aber auch von anderen Göttern), und auch die philosophische Reflexion findet schon früh Formulierungen, die mit dem Göttlichen eine unbeschränkte Wirkmöglichkeit verbinden.lso

cogilate, quae vobis non praeterita narrantur nec fUlura praenuntiantur, sed praesentia demonstranlur (f. invis. 7 (CCL 46, 1 1» . lotl s. 242, 1 2 (PL 38, 1 1 43) apostoli Christum praesentem videbant, sed tOlO orbe terrarum diffllsam ecclesiam non videbant. "idebant caput et de corpore credebant. habemus "i­ces nostras, habemus gratiam dispensationis el distributionis nostrae; ad credendum certissimis documentis tempora nobis in Ilna fide sunt distribula. illi "idebant caput et credebant de corpore. nos videmus corpus; credamus de capite.

H9 Doch wird das (personifizierte) Geschick bei Homer auch mit dem göttlichen Willen identifiziert (z.B. 11. 19, 87 ZEiX; Kai MOi{>Q, Od. 3, 269 �oiQ<l 6t6:)\I), vgl. H. KLEIN· KNECHT, Oe6<;. A. Der griechische GOliesbegritT: ThWNT 111, 70.

l.sG Vgl. C. J. CLASSEN, Allmachtsfonneln: LA W I, Sp. 126, vgl. z.B. Arist. Ph. 203b7 (KRS 108 - DK 12 A 15) ( ... ) 1"00 oe lutdl}Ou O"ÜK (<nlV o.QX� ( . . . ) 0)..).: aÜ1"l1 T(i)v äAMuV dvw boKtt, Kai JttQlCXElV axavta Kai xavta KVJ}eQvdv, 6.>t; qKlOlv ÖOOl �ti Jt04.0ÜOl JtOQ(i TO äxelQOv IDJ .. ae; alnae; oLov voüv tl qx)jav' Kat TOUT' dvru TO ßetov· o.baVOTOV -yciQ Kai o.vWAeOl}Ov, OXm:EQ I.pllmv 6 'Ava�(�avbQ� Kat oi. XAEt<n04. t(i)v I.pUOl.oA6-ywv ( ... vom Unbegrenzten aber gibt es keinen Anfang .. , Vielmehr scheint die­ses der Anfang von allem zu sein, alles zu umfassen und zu steuern, wie das all die sa-

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Im christlichen Sprachgebrauch wird das lat. omnipolens (als Attribut Jupi­ters seit Enn. anno 458, von allen Göttern gesagt bei Plaut. Poen. 275, vgl. ThLL IX Sp. 604f. s.v. I A I ) die bevorzugte Übersetzung von ltUVTO­KI)(iTroe, womit die LXX den "Allmächtigen" (statt der hebr. Gottesnamen 'Zebaoth' und 'Schaddai') bezeichnet.'" Den gläubigen Hörern Augustins war diese Begriffsverwendung besonders deshalb vertraut, weil sie Auf­nahme in den 1 . Artikel des Symbolums gefunden hatte3S2: credimus in deum patrem omnipotentem, universorum creatorem, regem saeculorum, immorlalem el invisibilem (s. 2 1 5, 2 (RB (1958), 19) 3S3 ln Z. 48 von s. 240 kann daher auch zum Zwecke der Theodizee die Einheit der göttlichen Attribute iustus und omnipotens behauptet werden.

Da die Omnipotenz Gottes im vorliegenden Dialektikon als eine auch ruf den Heiden unbestreitbare Tatsache festgestellt werden soll, um die Mög­lichkeit der Totenerweckung zu beweisen1S4, verzichtet Augustin auf jed-

gen, die neben dem Unbegrenzten keine andere Ursache wie etwa den Geist oder die Liebe ansetzen. Ferner sei dies das Gönliehe; denn es sei unsterblich und unzerstörbar, wie Anaximander sagt und die meisten der alten Naturphilosophen [Übers. der dt. Aus­gabe v. KRSJ). Augustin attestiert in doetr. ehr. 1 , 7 (CCL 32, 10) auch dem heidnischen Polytheismus eine Vorstellung von göttlicher Vollkomenheit: nam cum ilfe Ulll�S cogita­tur deorilm deus, ab his etiam. qui alios et suspicantur et vocanl e/ co/ufll deos sive in caefo sive ;11 terra. Uo cogitotur, ut aliquid. quo n;hil si! meNus olque sublimius. iIIo co­gilatio conelllr attingere. ( ... ) itoque omnes hoc deum esse consen/iunt, quod celeris re­bus omnibus anteponulI1.

}SI Vgl. H. HOMMEL, Schöpfer und Erhalter. Studien zum Problem Christentum und Antike. Berlin 1956, 96. Abgesehen von dieser Verwendung der LXX ist :n:QVTOICQO:TWQ dem frühen Christentum auch in dem besonders durch die stoische Theologie geprägten Sin­ne .. Allerhalter" vertraut (seit Kleanlhes' Zeushymnus, wo, wie HOMMEL zeigt, die Epi­klese JtQYICQ<lTtle; (s.o.) in Anlehnung an das schon bei den Milesiern übliche KQaniv c. ace . .. erhalten" umgedeutet wird (SVF I, S. 1 2 1 [» , vgl. ebd. 93[ und bes. 107-122 (Der Pantokrator bei den christlichen Vätern). Freilich konnte sich die dementsprechend Ü­bertragung omnitenens gegenüber dem biblischen omniporells nicht behaupten, so daß die Nuance .. Erhaltergon" mit der Zeit verblaßte (auch im Apostolicum, s.o. im Text), vgl. ebd. 1 1 4f. und Augustins Bemerkung in 10. ev. tr. 106, 5 (CeL 36, 6 1 I) ac per hoc sicut pater aeternus omnipotens. itafilius coaeternus omnipotens; el si omniporens, u/;­que omnitenens. id enim por;us verbum e verbo interpretamur, si proprie volumus dice­re, quod 0 Groecis dicitur xaVTOIepQTOOQ, quod nosrri non sic ;nrerpre/arenrur. ut omni­polens dicerent, cum sit ltaVTOlCQuTWQ omnitenens. nisi tantumdem valere sen/irenl.

lS2 Vgl. W. MICHAELlS, ltavroKQu.<OQ: ThWNT 111, 914, Anm. 12. m Zur Rekonstruktion des afrikanischen Sybolums (Karthago) nach s. 215 vgl. Symbole

der Alten Kirche, ausgewählt v. H. LIETZMANN. Berlin 5 1961 (Kleine Texte fur Vorle­sungen und Übungen 17/18), 13.

3S. Die Omnipotenz Gottes verwendet schon lustin, apol. I , 1 8, 6 als Argument rur die Glaubwürdigkeit der leiblichen Auferstehung: 01e; Kliv 611ol<O<; Tj�d«; ti:rtobtl;aoßt oUX �"tTOV tKti"l.'OlV E>Etfl XlOTtOOvrw; aU.a j.ld).).ov. Ol Kat .a VEKQOU�Eva Kat El� r�v

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1 88 Vier Themenpredigten

wede Problematisierung, die diese Praemissa (s.u. zum modus proferendi) in Frage stellen könnte.'" In s. 242, 7 (pL 38, 1 141) verwendet er das AII­machtsargument zur Widerlegung der physikalischen Lehre non polest esse terrenum corpus in caelo, stützt dies aber gegenüber dem paganus fictus noch mit Platons Timaios (eie. Tim. 40): nonne el tu. quicumque paganus, dicis omnipotentem deum? nonne in libro Platonis, quod hesterno die de­mOlls/ravi [so 241 , 8 (pL 38, 1 1 38)], legi/ur dixisse deus nonfac/us diis a se foc/is: quoniam estis orti, immortales quidem esse cl indissolubiles non potestis; non tarnen dissolvemini, neque ulla VQS mortis fata periment; nec erunt valentiora quam consilium Oleum, quod maius est vinculum ad perpe­tuitatem vestram, quam ilIa quibus estis colligati? fatum ad va[untatem suam redegi( deus, qui potest et quod impossibile est. nom quid est aliud non potestis esse imrnortales, sed ut non moriamini ego facio nisi et quod fieri non potest, ego facio?

Z. 40 mortuorum suscitatorem: Den ersten Beleg für suscitator "Er­wecker" bietet Terl. adv. Prax. 28, 1 3 (CCL 2, 1202) in polemischer Dar­stellung patripassianistischer Lehre: certe. ne per omnia evagemur, qui suscitavit Christum, suscitaturus [est]J56 et mortalia corpora nostra [vgl. Rm 8, 1 1 ] tamquam alius erit suscitator quam pater morluus et pater suscita­(us. si Christus qui est mortuus paler est (Sicherlich, um nicht alles aus­schweifend zu behandeln, wird, wer Christus auferweckt hat und auch un­sere sterblichen Leiber auferwecken wird, gleichsam ein anderer Erwecker sein als der gestorbene Vater und der auferweckte Vater, falls Christus in seinem Tod der Vater ist). Der Begriff begegnet dann erst wieder bei Au­gustin, doch nur in den Predigten357 und abgesehen von s. 240 und cn. Ps.

paAA6JlEVQ x6.Alv IixOAllWEoßm tUUT6:W oWJlUTU XQOObOKOJIlEV äbWaTOV ll11btv d\lO.l 0(.41 Atyovte<; (Nehmt unsere Lehre wenigstens gleichwie diese (sc. die Lehren der heidnischen Schriftste1\er über das Weiterlebcn der Seele nach dem Tod} an; denn nicht weniger, sondern mehr als jene glauben wir an GOII, die wir erwarten, daß auch dasjenige, was stirbt und in die Erde geworfen wird, seinen Leib zurückerhalten wird, behaupten wir doch, daß rur Got! nichts unmöglich ist).

m Wie etwa die Erörterung der mit der gönlichen Allmacht verbundenen, diese aber kei­neswegs beschränkenden UnrTlÖglichkeiten, vgl. z.B. civ. 5, 1 0 (CCL 47, 140) sicut nee potestas eius minuitur. cum dicitur mori fallique non posse. sie enim hoc non pOlest. 111 potius. si posset, minoris esset urique pOlestatis. recte quippc omnipotcns dicilur. qlli tamen mori ct falli non polest. dicitur enim omnipotens laciendo quod vult, non patiendo quod non vult; quod ei si accideret. nequaquam esset omnipotens. unde propterea quae­dam non polest, quia omnipotens eSI., od. mit Bezug auf 11 Tim 2, 1 3 negare se ipsum non potest s. 214, 4 (RB 72 (1962), 16f.), symb. cat. 2 (CCL 46, 1 85f.). lS6 es' sec!. Kroymann.

m Vgl. MOHRMANN. Sondersprache, 209.

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70, 2, 3 (CCL 39, 962) als christologischer Titel: 10. ev. tr. 49, 7 (CCL 36, 422), s. 128, 14 (PL 38, 720), s. 207, I (pL 38, 1043) sowie e contrario in s. 67, 2 (pL 38, 434) nullus morluus esl sui ipsius suscilalor. iIle se POluil suscitare. qui mortua carne non morluus esl.

Z. 45 caro isla: Nachklassisch ersetzt isle häufig schlicht hic (vgl. Blaise, Handbook § 164), doch hier dUrfte das betont nachgestellte Pronomen durchaus pejorativ gemeint sein, zumal die caro in ihrer gegenwärtigen Beschaffenheit (= molo isla Z. 48) Folge des peccalum originale isr" (vgl. Z. 47ff.) . Obgleich die caro Augustin ursprUnglieh als bonwn gilt (110m el ipsa dei crealura esl (s. 156, 6 (PL 38, 853», bleibt der Begriff bei ihm auf die "Hinfalligkeit des Menschen" bezogen, solange nicht von der caro Chrisli oder dem Auferstehungsleib die Rede ist.'" Wie die Z. 43-57 zei­gen, können (anders als OclQS und ow�a bei Paulus) caro und corpus syn­onym verwendet werden.

Z. 46 in uno peccavimus et omnes ad corruplionem nat; sumus: Vgl. Rm 5, 12 oUI TOÜTO tIIOltEQ Ol' tvo� o.VÖQroxou iI o.�aQna El� TOV K6o�ov tio�1..ßtv Kat 0", T�� 6.�aQtia� " ß6.mTo�, Kat OÜT"" tl� xaVTa� avöQroxo� I> ßclvaTO� Olij1..ßtV, tq>' q, Xo.VTt� ij�aQTov. Das Verständnis von V. 12d [tq>' q, = ill qua (sc. homilie)] geht auf den unter Damasus (366-384) entstandenen Pauluskommentar eines unbekannten Verfassers (sog. Ambrosiaster) zurück, der Augustin als Werk des Hilarius v. Poitiers be­kannt war"o, vgl. c. ep. Pel. 4, 7 (eSEL 60, 528) nam sie el sanclus Hilari­us intel/exil quod scripwm est: in quo omnes peccaverunt; ait enim: "in quo", id est Adam, "omnes peccaverunt", deinde addidit: manifestum in Adam omnes peccasse quasi in massa; ipse enim per peccatum corruptus161, omnes quos gcnuit nati sunt sub peccato. haec scribens Hilarius sine ambi­guitate commonuit, quomodo i"tellegendum esset in quo omnes peccave­runt.162 Freilich findet sich der Gedanke, daß die Sünde aller in Adam quasi

m Pejoratives ista kann auch sonst auf die sündenmachtige earo hinweisen: ulil. ieiun. 3 (CCL 46. 234) numquid emim earo iSla, quae nune domalur, semper domabitllr?, peec. mer. 1 , 69 (CSEl 60, 70) neefuissel caro Christi in similitudine earnis peeeati. nisf ea­ro esset ;sta peecati ( . . . ), s. 1 66, 4 (SPM 1 , 62) ( . . . ) caro isla mortalis quam ad/mc ha­heUs de Adam ( ... ) u.O. m Vgl. C. MAYER, Caro - spiritus: AL I , �p. 743f.; 749.

l60 Vgl. W. GEERUNGS, Auguslinus. Lehrer der Gnade, in: DERS. (Hg.), Theologen der christlichen Antike. Eine Einflihrung. Dannsladt 2002, 160. )61 Zum nominativus absolutus vgl. Blaise, Handbook §§ 67; 364.

)62 Augustin will die pelagi3nische Auffassung widerlegen, durch Adam sei lediglich der Tod, nicht aber die SOnde vererbt (was unler Hinweis auf Rm 5, 12 (Vg) auch vom Tri-

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in massa eine ererbte Schuld bedeutet, die zur völligen Verdammnis führt und nur durch die Gnade Gottes aufgehoben werden kann, noch nicht bei Ambrosiaster.163 Augustin vertritt solch eine "radikale Erbsündenlehreu364, welcher der Grund rur die Erwählung oder Verwerfung des einzelnen un­begreiflich wird, schon in Ad Simplicianum, d.h. zu Beginn seines Episko· pats (39617), lange vor der ersten antipelagianischen Schrift De peccalorulII meritiis et remissione (41 1/12),365

Z. 5 1 f. (00') el culpam soivii el poenam: Eine soteriologische Formel, vgl. s. 1 38, 6 (pL 38, 754) 0 domine lesu, passe pro nobis. non pro le, non ha­bens cu/pam et sus/inens poenam, ut el cu/parn so/vas et poenam, s. 231, 2 (SC 1 16 ( 1966), 248) ( . . . ) dominus lesus Chrislus mari venil, peecare non venit. communicando nobiscum sine cu/pa poenam (indem er mit uns schuldlos die Strafe teilte) el cu/pam so/vii el poenam, s. Guelf. 3 1 , I (MA I , 558) venil ergo unus conlra unum [bezogen auf die Adam-Christus­Typologie in I Cor 15, 2 1 f.) ( .. . ) "eni! ergo, et inlleni! nos iaeentes in cu/pa el poena: suscepit ille solam poenam, el cu/parn solvit e/ poenam sowie c. lul. imp. 6, 36 (pL 45, 1 594), wo solvere einmal durch gleichbedeutendes vaCUGre "aufheben, beseitigen" ersetzt wird: so/us enim mediator dei et hominum, homo Christus lesus sine cu/pa pertulit poellam, ut flostram sci­licel et cu/pam vacuarel el poenam.

dentinum verworfen wird, vgl. DH 1512). Er versucht deshalb in c. ep. Pe!. 4, 7 (CSEl 60, 527) zu zeigen, daß in quo nur auf homo (nicht aber peccatum oder mors) bezogen werden kann, und berücksichtigt dabei auch den gr. Text. Die rur Rrn 5, 12d wohl zu­ueffende konjunktionale Bedeutung von tq>' q, - txl '[OUTCP ön (ebenso 11 Cor 5, 4, Phil 3, 12, vgl. Blass-Debrunner §§ 235 Anm. 3; 294 Anm. 6, Schwyzer 1I 681, 9) zieht er jedoch nicht in Erwägung.

J61 Vgl. W. GEERUNGS, Ambrosiaster: LACl1, 18. J6.t FLASCH, Augustin, 203. J6� V gl. P. RIC<ER. Die "Erbsünde" - eine Bedeutungsstudie, in: C, ANDRESEN (Hg.), Zum

Augustin-Gespräch der Gegenwart IJ. Dannstadt 1981 (WdF 327), 342f., der auf den be­rühmten Text in Simpl. I, 2, 16 (CCl 44, 41 f.) hinweist, wo Augustin, veranlaßt durch seine Reflexion von Rrn 9, 13 lacob dile.xi, Esau autem odio habui und 9, 15 miserebor, cu; misertus ero, et misericordiam praestabo, cui m isericors luero, "Vorherbestim­mung" und "durch Geburt übenninelte Schuld" in Zusanuncnhang bringt: sunt igUur omnes homines - quando quidem, ut apostolus ait, in Adam omnes moriunlur [I Cor 15, 22], a quo in universum genus humanum or/go ducitur offensionis dei · una quaedam massa peccaU supplicium debens divinae summaeque iustitiae, quod sive e.xigatur sive donetur, nulla es! iniquitas. a quibus autem e.xigendum et quibus donandum sil, superbe iudican! debitores, quemadmodum conducti ad Wam vineam iniuste indignati sunt, cum tantundem aliis donaretur, quantum Ulis redderetur.

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z. 53f. ( ... ) el ad rem perveniemus: d.h. zur wirklichen Erlösung des Lei· bes von der Vergänglichkeit. Mit der Oppositio von spes und res deutet Augustin in den Predigten sonst häufig Rm 8, 23ff. aus, so z.B. en. Ps. 50, 19 (CCL 38, 614) modo enim iam in ipsa salule sumus [vgl. Ps 50, 16). audi aposlo/um: spe enim salvi fach sumus. et vide quia de ipsa salute cor­paris dicebat: in nobismetipsis. inquit, ingemiscimus adoptionem exspec­tantes, redemtionem corpons nostri. spe enim salvi facti sumus. spes autem quae videtur, non est spes: quod enim videt quis, quid sperat? si autem quod non videmus speramus, per patientiam exspectamus. qut perseverave­ri! usque in finem, ipsa esf ilIa palientja: hic salvus eri!, ipsa es! salus quam nondum habemus. sed habiluri sumus. nondum es/ res, sed certa spei66, vgl. auch s. 27, 5 (CCL 4 1 , 363), s. 105, 7 (PL 38, 621), 158, 8 (pL 38, 866), s. 255, 5 (PL 38, 1 188), s. 395, 1 (PL 39, 17 1 6),s. Denis 18, 1 ; 22, 1 (MA 1 , 9 1 . 1 34), s. Lambot 4 (PLS 2, 759).

Z. 54ff. caro resurget incorruplibilis: caro resurge! sine vitio, sine de­jormitate, sine mortalitate, sine onere, sine pondere. quae nune tibi fadt tormentum, postea tibi erit ornamentum: Zu vitium (nicht moralisch, son­dern .. Leiden, GebrechenU) vgl. s. 242, 3 (pL 38, 1 140) rursus dicunI: "re­surgent vitia, quae erant in eorpore humano, eum quibus mori/ur homo? " respondemus: JJ non resurgent vitia. " el dieitur nobis: JJ quare ergo dominus eum suorom vulnerom ciealricibus resurrexit?"

Augustins Vorstellung einer im irdischen Leben durch den Körper be­lasteten Seele wird von ihm seit Gn. adv. Man. 2, 30 (pL 34, 2 1 1 ) immer wieder mit Sap 9, 1 5 belegt.'" Daß er an diese Schriftstelle gleichfalls bei der hier via negationis durchgefi1hrten Beschreibung des Auferstehungslei­bes gedacht hat, darf mit Blick auf eine Fonnulierung aus s. 277 vennutet werden. in welchem er am Fest des hL Vinzenz das Thema des eorpus spi-

166 Ein reimbildendes paronomastisches Wortspiel ohne etymologischen Zusammenhang, das außer bei Augustin auch sonst in der lat. Literatur wiederholt auftritt, vg\. MOHR­MANN, Wortspiel, 343f. Zu Augustins Rezeption von Rm 8, 24f. (vertiefende Deutung atl. Hoffnungsaussagen mittels paulinischer Auferstehungschristologie) vg\. M. FIEDRe­

W1CZ. Psalmus vox torius Christi. Studien zu Augustins .. Enarrationes in Psalmes". Frei­burg 1997, 389f., siehe dort (387) auch zur Verwendung der Oppositio "in spe - in re" bei der Psalmenausleguns: ,.zunächst kann Augustinus die von den Psalmen bezeugte Drangsal in re, die Freude hingegen nur ill spe fur die gegenwärtige Erfahrung realisiert sehen. Häufiger wird jedoch die Kategorie in re auf das - in Christi Erhöhung bereits verwirklichte - Eschaton bezogen, dessen Realität sich vorerst nur in spe vennittelt."

367 Vgl. MAYER. Caro, Sp. 749. In s. 241, 7 (PL 38, 1 137) als Konzession an Porphyrius, jedoch nicht ohne zu betonen, quomodo deo docelltejides ( ... ) [auda' corpus.

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rilale behandelt1611; quae sit autem futura in resurrectione gloria carn is huius, quis explicet verbis? nemo adhuc noslrum habendo expertus eSl. nune carnem onerosam portamus; quia indigam, quia infirmam, quia mor­talern, quia corruptibilem. corpus enim quod conumpitur, aggravat animam [Sap 9, 15] . sed noli hoc in resurree/ione me/uere. oportet ut corruptibile hoc induat incorruptionem, ct mortale hoc induat imrnortahtatem [I Cor 15, 33]. quod nUlle es! anus, erit hanor. quod nune sarcina, tune levamen. non eil im habebit pondus, u/ corpus habere /e sen lias (s. 277, 4 (PL 38, 1259))36'. Der Prediger läßt auch dort nach einer affirmativen Aussage über die caro ein Asyndeton enumerativum folgen, um den Hörern in eindringli­cher Form Merkmale der beh,upteten Qualität (or."osam, vgl. in s. 240 das prädikative incornJptibilis) aufzuzeigen. Er führt aber zum stärkeren Beleg und zur weiteren Belehrung noch die genannten Schriftstellen an, so daß die nachstehenden Oppositiones (quod nune est onus er;1 honor, quod nunc sarc;na Iunc levamen) eine exegetische Funktion bekommen. Auch in s. 240 nutzt Augustin ein antithetisches Wortspiel, um den Unterschied von gegenwärtiger und zukünftiger caro in eine bündige Fonnel zu bringen (quae nunc libi faeil lormentum (trS) postea tibi erit ornamenlum (tr'S): einprägsam durch rhythmische Parallelität der Kola (mit gezielt leichter Variation: tr'S klingt wie die 'Auflösung' der im voraufgehenden trS auf­gebauten Spannung), Assonanz und Endreim), überbietet mit dem dabei verwendeten Bild das bisher Gesagte aber bewußt (das OIlUS (bzw. pOlldus) carnis ist als lormentum leichter im Kontext einer Märtyrerpredigt nach-

J6I Er geht dort auch der Frage nach, ob Gon für leibliche Augen sichtbar sei, vgl. KUN. ZELMANN, Festlegung, 77, der den Sermo daher auf den 22. Jan. 413 00. 414 datiert, Jah­

re, in denen der Bischof zum gleichen Thema ep. 147 (Oe videndo deo fiber) an Paulina und ep. 148 an Fortunatianus verfaßt haI.

169 Vgl. mit Bezug auf Sap 9, 15 unter den Sermones bcs. s. 1 3 1 , 7 (PL 38, 732), s. 212, 1 (SC 1 1 6 ( 1966), 182), s. 221 , 3 (SC 1 16 ( 1966), 2 16), s. 299, 9 (PU8, 1374), s. 35 I , 3 (PL 39, 1538). Gegen ein 'platonisierendes' Mißverständnis der Stelle, das allein den Leib für alle Übel der Seele verantwortlich machen will, wendet sich Auguslin aus­drtlcklich in civ. 14, 3 (CCL 48, 417) tarnen aliter se hobel fides nostra. nam corruplio corporis. quae aggraval animam, non peccati primi es! causa. sed paella; nec caro cor­

ruptibi!is allimam peccatricem, sed anima peccatrix [ecil esse corruptibilem carnem.

Vgl. O'OoNNELL, Confessions 11, 455C. (zu conf. 7, 23). Die mira levitas der leiblichen Existenz nach der Auferstehung behauptet Augustin im Gegensatz zur physikalischen Lehre de momentis ponderom et ordine efementorom (vgl. s. 242, 5- 1 1 (PL 38, 1 1 40-1 143), civ. 1 1 , 34; 13, 17. 18; 22, 4. 1 1 (CCL 48, 354. 398. 400( 809( 829-83 1 ), die selbstverständliches Gemeingut der meisten philosophischen Schulen seiner Zeit war, vgl. S. POQUE, Le langage symbolique dans la predicalion d'Augustin d'Hippone. Images herolque. Tome I . Paris 1984, 3 1 l f. mit Anm. 127 (Tome 11, 178).

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vollziehbar)J70 und sichert sich so gesteigerte Aufmerksamkeit des Publi­kums vor der Schlußfolgerung des Abschnitts (Z. 56f. ergo si bonum esl habere corpus incorruplibile, quore hoc facturum deum volumus despera­re). VgL Z. 103f. pos/ea vero recipiel corpus non ad tormen/um sed ad ornamentum.

Z. 58f. philosoph; saeculi huius, qui magni fuerunt et doct; et ceteris meliores, animam humanam immortalem esse senserunt: Vgl. Z. 85f. hoc dixerun' valde mag"; philosophi. ;sIO plus invenire nihil pOluenmt philoso­phi mund; huius ( . . . ). Aus der Sicht christlichen Lebens kann saeculum ebenso wie mundus "die gottentfremdete Welt"m bezeichnen (so schon Gal 1. 4 ut eximeret nos de praesenli saeculo maligno [V g nequam] Aug. c .

.HO Der Gleichklang von onus - honos ist schon in klassischer Zeit sprichwörtlich bekannte Etymologie (vgl. Varro \ing. 5, 73 honos ab onere: itaque honestum dicitur quod onera­lum. et dictum: anus eSI honos qui sust;net rem publicam [com. pali. inc. 63]. Ov. episl. 9, 29-31 quam male inaequales lIeniullt ad arata iuvenci, 1 tom premitur magno coniuge nupta minor. I non honor es' sed anus species laesura [erent;s). Zu tormelltum - orna­mentum vgl. vor Auguslin: Tert. cult. fern. 1 , 5, I (CCl I, 347) aurum et argentum. principes materiae cullus saecularis. ea sint necesse est. unde sllnl, terra sci/icet, plane gloriosior, quoniam in maledictarum metallorumferalibus officinis poenali opere deplo­rala nome" lerrae in igni reliquit alque ex;lIde de tOrlllent;s i" Qrnamenta. de supplieiis i/l delieias, de ;gnominiis in honores melalli re/uga mlltalur ( ... nachdem die Erde in den todbringenden Werkstätten der verfluchten Minen, getränkt von den Tränen der Zwangsarbeit, ihren Namen im Feuer zurückgelassen und sich seither auf ihrer Flucht aus der Mine vom Folterwerkzeug zum Schmuckstück, von der Qual zum Vergnügen, von der Schande zur Ehre gewandelt hat) und Ambr. virg. I , 6, 30 (cd. Cananiga) vas ..,ero. bealae ."irgines. quae talia lormenta pOlius quam Qrnamentp nese;/is (die ihr sol­cherlei Dinge (sc. ParfUm, Ohrringe u. Augenschminkel, welche vielmehr Qual als Schmuck sind, nicht kennt), quibus pudor sanctus verecullda suffusus ara et bona easti­tas est deeori, non human;s addietae oculis aliello errore merita vestra pensalis. Augus­tin verwendet das Wortspiel nur noch in folgenden Sermones: be7..ogen auf die Qualen beim Martyrium in s. 328 (RB 51 ( 1939), 18) corpora ipsa sua habebunt magna orna­menta in qllibus passi sunt magna tormenta und s. 280, 5 (Pl 38, 1283) (am Fest der hll. Perpetua und Felicitas) in qua [sc. in resurgentium multiludinefidelium] gloriosiss;mi martyres praecipua sui hOlloris luee fu/gebIlITt. ipsaque COrpora i/l qllihllS indiglla lor­menta perpessi sunt. eis digna in ornamellta vertenlur, und, um das Contrarium von Ge­setz und Gnade zu betonen, in s. 33, I (CCl 41, 413) sub lege eSI ellim (der alte Mensch, der in Furcht lebt und, obgleich er den zehnsaitigen Psalter (d.h. den Dekalog) besitz!, dem Herrn kein neue:; Lied spielen kann) et implere non potest fegem. orgamlm ipsum portal. non Iraetal, et oneralllr Psalterio. n01l oma/llr [MOHRMANN, Wortspiel, 34:1 verweist z. St. auf Cie. Phil. 2, 25 qui me non solum meis lalldibus omaret, sed et­ia" onerarel aUenis) ql/; aulern sub gratia est, non sub lege. ;pse imple/ legem. qllia non estei pondus sed decus, nee tirnem; lormentum est sed amant; ornamelltum. 171 V[1. KOFFMANE, Geschichte, 46.

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Faust. 2 1 ,9 (CSEL 25,1 , 580), Rm 12, 2 no!ile cOliformari huic mundo [Vg saeculo] mor. 1 , 39 (CSEL 90, 44)) oder auch .. die Heiden" bzw . .. das Hei­dentum" (vgl. Rufin. Orig. in cant. 2 p.120 (Corp. Berol. 33) omnia elenim verba, quae mihi dicebantur ( . . . ), a doctoribus scilicet saeculi et philoso­phis, 1I0n erant vera, Tert. animo 46, 1 0 (CCL 2, 852) Iota saeculi litteratu­ra). Die von Augustin hier gleichwohl ausgedrückte Hochschätzung der Platoniker ist ihm schon in Ciceros Hortensius begegnet: trin. 14, 26 (CCL 50A, 457f.) = Cic. Hort. Fr. 1 1 5 (Grilli) quae nobis, inquil [sc. Cicero in fine dialog; Hortensir1. dies noctesque considerantibus acuentibusque intel­legentiam quae est menÜs acies caventibusque ne quando iIIa hebescat, id est in phitosophia viventihus, magna spe.s e�t. aut �i hor. quod sentimus cl sapimus morta\e ct caducum eSl, iucundum nobis perfunctis muneribus humanis occasum neque molestam extinctionem cl quasi quietem vitae fore; aut si u1 antiguis philosophis hisque maximis longegue clarissimis placuit aetemos animos ac divinos habemus sic existimandum est, quo ma­gis hi fuerint semper in suo cursu, id est in ratione et investigandi cupidi­tale, el quo minus se admiscuerint atque implicaverint hominum vitiis et crroribus, hoc his faciliorcm ascensum ct reditum in caelum fore. deinde addens hanc ipsam clausulam repetendoque sermonemfiniens: quapropter, inqu;t, ut aliquando terminetur oratio, si aut exstingui tranqui1le volumus CliOl in his artibus vixerimus, aut si ex hac in aliam haud paulo meliorem domurn si ne mora demigrare, in his studiis nobis omnis opera cl cura po­nenda est.

Z. 62f. ( . . . ) in comparatione peiorum, quia [uerunt philosophi, qui dielrent homini, cum mortuus [uerit, nullam vitam postea remanere: Gemeint ist besonders der Materialismus Epikurs und der Stoa. Vgl. z.B. ITllg. 4 1 (CCL 29, 199) ( . . . ) velul si quisqllam Epicureis credens el morea­lem a"imam putans eas rationes. quae de immortalitate eius a pr/l­dmtioribllS IraCla/ae Slllil. eloqualur ( . . . ), s. 150, 6 (PL 38, 8 1 1 ) nam Epi­cire; et de corpore et de anima hoc idem sent;unt, quod utrumque mortale esl, Ac.ad. 3. 38 (CCL 29, 58) quam ob rem cum Zeno sua quadam de mun­d� el maxime de anima, propier quam vera philosophia372 v;gilat. sententia ddeclarelur dicens eam esse mortalem nec quicquam esse praeler hUllc

lT.' Zum Anspruch der Fonnel vera philosophia, in der Auguslin im Anschluß an lustin und die. Alexandriner die philosophische Liebe zur Weisheit mit der christlichen Liebe zu Gottl identifiziem kann. vgl. ausflihrIich L. HONNEFELDER, Christliche Theologie als .. wUlhre Philosophie", in: C. COLPE I L. HONNEFELDER I M. LlITZ·BACHMANN (Hgg.), Spältantike und Christentum. Beiträge zur Religions- und Geistesgeschichte der gr.-röm. J{untllr und Zivilisation der Kaiserzeit. Berlin 1 992, bes. 69-73.

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sensibilem mundum nihilque in eo agi nis; corpore ( . . . ). Freilich ist die Glut der Epikureer und Stoiker zur Zeit Augustins schon erloschen, "gI ep. 1 1 8, 1 2 (CSEl 34, 2, 676) [aus dem Jahr 410/ 1 1 an Dioscorus] ( ... ) iall ne ipsorum quidem multa recentiorum mul/umque loquacium Stoicorum aut Epicureorum cineres ca/eant.373

Z. 64ff. el in qUD erant illi meliores quamvis in multis a veritate devian· tes, ta"ten in qUD erant ist; superiores, veri/at; [uerant propinquafttes: Die Verbindung von quamvis c. part. kennt bereits die nachaugusteische Prosa (vgl. Kühner-Stegmann 11 445), doch in der übertragenen Bed. ,ab­weichen, abirren" findet sich deviare nicht vor dem 4. Jh. (vgl. ThLl V, I Sp. 864 S.V. 11. 1 . , c. praep. zuerst Aug. lib. arb. 1 , 2 (CSEl 74, 4), abs. Auson. 195, 37 (Souchay � XI, 5, 37 Green)). Auch propinquare wird statt appropinquare erst im Spätlatein häufig gebraucht (vorher meist nur dich­terisch, in der Prosa c. dat. öfters bei Tac. (hist. 3, 82, 2; 4, 30, I )), vgl. Krebs-Schmalz I 405 s.v. Geht wie hier der Periphrase durch esse c. part. praes. noch ein Adj . voraus (meUores bzw. superiores), ist sie schon klas­sisch leichter möglich.374 Die christlichen Autoren lassen sich bei der Kon­struktion vom biblischen Sprachgebrauch beeinflussen (vgl. die Belege bei Blaise, Handbook § 225, wie z.B. Vg lc 1 , 21 el eral plebs expeclalJs Za­chariam. n Cor 2, 17 non enim sumus SiClit plurimi adlilterantes verbum dei).

Z. 7 1 f. et hic contriverunt ingenia sua: deutet mit abschätzigem Zungen­schlag die Fruchtlosigkeit selbst des platonischen Philosophierens an. In civ. 8, 10 (CCl 47, 227) werden nur die anderen philosophischen Richtun­gen mit solcher Polemik bedacht: haec itaque causa esl cur istos [sc. Pla­lonicos] ceteris praeferarnus, quia, curn alii philosoph; ingenia sua srudi.a­que contriverint in requirendis rerum causis ( . . . ), isti deo cognito reppere­runt ubi esset et causa conslilulae u1ljversilalis el lux percipiendae yeTi/atis elJons bibendaeJelicilalis. Vgl. auch mus. 6, I (pl 32, 1 1 63) (bezogm auf die heidnische Bildung insgesamt) his enim haec scripla sun/, qui hlleris saecularibus dediti. magnis implicantur erroribus, et bona ingellia in nugis

.m Eine Zusammenstellung augustinischer Rezeption philosophischer Psychologie betet A. WARKOTSCU, Antike Philosophie im Urteil der Kirchenväter. Christlicher Glalbe lim Widerst.eil dei' Philosophien. München 1973, 468-476.

m Vgl. die Stellen bei KOhner-Stegmann I 159, wie z.8. Caes. Oall. 3, 19, 6 nan ul lad bella suseipienda Gal/orum alaeer ae promptus est animus, sie mollis ae mllfine Ire· sistells ad ealamitafes ferendas mens eorum eSf, Cie. Cato 26 sed videtis ul senteus mon modo languida atque iners non silo verum etiam sil operosa cl semper agens c.limidl et mQ/iens ( ... ).

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196 Vier Themenpredigten

conlerunl, nescientes quid ibi deleclel, ep. 1 1 8, 32 (CSEL 34, 2, 695) (über das fehlgeleitete Interesse der Gebildeten an den Phantastereien der Ato­misten) cum igitur tonlQ sit caecitas mentium per ingluviem peccatorum amoremque carnis, ul eliam ista sen/en/farum por/enla otia doctorum con­lerere dispulando pOluerinl, dubilabis lu, Dioscore, ( ... ), ep. 130, 10 (CSEL 44, 50f.) ill qua quaestione [sc. quid sil ipsa beala vila] mulla phi/osopho­rum ingenia otiaque contrita sunl, qui lamen earn lanto minus invenire potuenm/, quanta minus eius fonlern honoraverunl eique gratias egerunl.

z. 79 ( ... ) el venire ilerum ad ista palienda: Vgl. Z. 47f. non enim sine causa homines 1traln isto pa/fun/ur, Z. 8}f. ad ista mola [aeere ruinam, s. 241 , 4 (PL 38, 1 1 35) sed, inquiunl, posl IOllga lempora/acla penilus ob/i­vione veterum miseriarum incipiunt velle reverti in corpora. el deleclabit eas venire. et rursus veniunt ad ista patienda, ad ista toleranda. ad oblivis­cendum deum, ad blasphemandum deum, ad sequendas corporis volupta­fes, ad pugnas contra libidines. veniunt ad isfas miserias, unde, et quo?

Z. 95f. caelum tonat, ranae taceant: 'Die Frösche schweigen heißen' war ein auch literarisch gern verwendetes Motiv.J7S Die sprichwörtlich anmutende Metaphorik dieses konsekutiven Asyndetons schließt hier aber etwas unvermittelt an, selbst wenn zuvor unter Verwendung von I Cor I , 20-24 der törichten Weltweisheit Christus als sapiellaa dei entgegengestellt wurde. Es scheint, daß Augustin den Zusammenhang vor Augen hat, den er im sermo de decem plagis Aegyptionun et decem praeceptis legis zwischen dem zweiten Gebot und der zweiten Plage herstellt. Indem er dort nämlich das non accipies nomen domini dei tui ;n valium (Ex 20, 7) als Warnung vor lärmendem Lügengeschwätz über Christus verstehtJ76, kann er zugleich

m Vgl. z.B. Suct. Aug. 94, 7 (Der kleine Augustus spricht auf dem Landgut seines Großva­ters ein Machtwort) cum primum fari coepissel, ill avilo suburbano obslrepenlis forre ranas silere ;ussil, atque ex eo negantur ibi ranae coaxare. Siehe M. WEBER, Frosch: RAe VIII, Sp. 533 u. 536[ mit weiteren Belegen auch aus hagiographischer Literatur.

}76 Vgl. s. 8, 5 (CCL 4 1 , 83) /lomen domini dei nostri fesu Christi veritas est: ipse en;", dixit: ego sum veritas [10 14, 6}. veritas ergo mundat, vanitas inquinar. et quoniam qui loquilur veritalem de deo loquitur - qui eI/im loquilur mendacium de SliO loquitur [10 8, 44} - veritalem loqui est rationabililer loqui; va"ilalem aulem loqlli esl strepere potius quam foqui. merilo, quia secundum praeceptum esl dilectio veritatis, cui co1llraria est dilectio vanitatis. loqllitur autem veritas, perstrepit vanitas. V gl. en. Ps. 77, 27 (CCL 39, 1087) rana, est loquacissima vanitas. Augustin verweist ebd. ( 1 088) auf s. 8 (de quibus e contrario inter se comparandis, id est plagis el praeceptis, quoniam alibi diximus, u­positionem Psalmi huius in his onerare non opus est), so daß fUr diesen das Jahr 415 als terminus ante quem gelten kann, in dem auch en. Ps. 67 und 71 entstanden sind [vgl. die

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die Strafe einer allegorischl71 zu verstehenden ranarum abundantia damit verbirtden (5. 8, 5 (CCL 41 , 83) praeceplo secundo conlrariam videle se­cundalll plagam. quae es! ilIa secunda plaga? ranarum abundantia. hohes congnuenler significatam vanitatem, si attendas ranarum loquacitatem. )118

und die Frösche als diejenigen identifizieren, die der Wahrheit von Christi Tod, Blutvergießen und seines von Wundmalen gezeichneten Aufer­stehungsleibes widersprechen: qui autem illa omnia in Christo falsa esse et simula/a dicunt, ranae sunt clomontes in palude limosa (ebd .• 84),379 Bei caelum tonat denkt der Prediger etwa an Ps 45. So wie die Heidenvölker in Unruhe sind und ihre Reiche sich neigen müssen angesichts der göttlichen Donnerstimme, so werden auch die den Götzen Verfallenen, deren Quaken um so lärmender war, je tiefer sie in ihrem Sündenpfuhl saßen, von ihr, und d.h. von den Lehren und Wundem der apostolischen Verkündigung getrof­fen: dedit vocem suam altissimus, et mota est terra [Ps 45, 7]. arreptitii idolorum tamquam ranae de paludibus personabant, tanto tumultuosius, quanta sordidius de luto et caeno. et quid strepilus ranarum ad tonilrua nubium? inde enim dedit vocem suam altissiumus, et mota est terra: {onuit de nubibus suis. quae sunl llubes eius? apostoli eius, praedicatores eius, de

auf 4 15 zu datierende ep. 1 69, I (eSEL 44, 612)], so KUNZELMANN, Festlegung, 27 mit Anm. I .

m Zur allegorischen Verbindung des Dekalogs mit den zehn Plagen vgl. s. 8, 2 (ebd., 8 1 ) arbilror ergo omnes qui decem legis praecepla contemnunt et non observant spiritaliter pati ea quae Aegyptii corporaliter passi sunt.

171 Vgl. s. 8, 18 (ebd., 98) secundum praeceptum: ne accipias nomen domini dei tui in va· num [Ex 20, 7],pertinet, quantum arbitror, ad verbum dei, quod eSljilius dei: unus enim deus, et unus dominus noster lesus Christus, per quem omnia (I Cor 8, 6). contra verbum ranae. vide contra verbllm ranas, contra ralionem strepitum, contra veri/atem vanita­lern. Siehe auch die folgende Fußn. 319 Als Bild der Sündhaftigkeit fassen die Kirchenväter den Frosch vielfach im Anschluß an Apc 16, \ 3 auf, wo die unreinen Geister, die aus dcm Munde Satans hervorgehen, mit Fröschen verglichen werden: Kai dbo\l b:: l"oi) <Tr6�al"OC; 'ToU bQ6.KOvtor; KUl tK 'Toi) (Jl"6�a'TOC; 'Toi) ßllQlOU Kat tK 'ToU 0'T6�a'TOC; l"OU Wtubo:n:QO(P";l"oU J(Vt�al"a 'TQla cllca.OClQl"a 6>1; jlO:l"QUlot. In der Tradition Philos bietet schon Origenes eine allegorische Deutung der 2. ägyptischen Plage, insofern er im Quaken der Frösche die aufgeblasen modulierten Trugmärchen der heidnischen Dichter angezeigt sieh!: (Rufin. Orig. in ex. 4, 6 p. 178 (Corp. Berol. 29» per secundam vero pfagam, in qua ranae producunlur, in­dicari jiguraliler arbitror carmina poetarum, qui inan; quadam et injlata modulatione velld ranamm sonis et cantibus mundo huic deceptionisfabulas intulerunt. ad nihil enim aliud animal illud utile est, nisi quod sonum voc.is improbis et importunis c/amoribus

reddit. Vgl. WEBER, Frosch, Sp. 531 u. 535f.

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198 Vier Themenpredigten

quibus intonabat praeceptis, coruscabat miraculis (en. Ps. 45, 10 (CCL 38, 524)) .'80

Z. 97f. sed qui crediderit in mediatorem, qu; constitutus est medius inter deu", et homines ( ... ): Vg1. 1 Tim 2, 5 unus enim deus, unus et media­lor dei et hominum, homo Christus Iesus. Im christlichen Latein ist media­tor (im profanen Gebrauch seit Apul. met. 9, 36, vgl. ThLL vm 526 s.v. A I a) Lehnübersetzung des ntl. �toi�'1C;"', die aber erst mit Hilarius und dann besonders bei Augustin stärker in Gebrauch kommt und stets auf Christus als "Mittler zwischen Gott und den Menschen" bezogen wird382, wobei hier in s. 240 die Vor5t\!llung vom <medius homo iuslus' zum Tragen kommt: "Par S3 nature humaine le mediateur s 'insere dans notre condition, mais i1 la surpasse par S3 justice, qui est une qualite divine; voilä. pourquoi il occupe la place mediane ... 383

Im antipaganen Kontext richtet sich Augustins betonte Verwendung von mediator besonders gegen Philosophen, die Christus nicht als menschge­wordenen Mittler anerkennen wollen (trin. 13 , 24 (CCL 50A, 4 16) iIIi au­tem praecipui gelltium philosoph i qui invisibilia dei per ea quae facta sunt intellecta conspicere potuerunt [Rm I , 20], tamen quia sine mediatore, id est sine homine Christo philosophati sunt, quem nec venturum prophetis nec venisse apostoUs crediderunt, veritatem detinuerunt sieut de illis dic­tum est in iniquitate [Rrn I , 1 8].). Die Forschung identifiziert diese meist

1I1l Vgl. en. Ps. 95, 1 1 (CCl 39, 1350) gegen die Donatisten und Circumcellionen: intonallf nubes eaelorom per fofum orbem terrarum aediJieari domum dei; el c1amanl ranae de palude: nos soli sumus Christiani. Die all. Vorstellung vom Donner als der Slirrune Got­tes wurde von den Kirchenvätern auch auf das biblische Offenbarungswort übertragen; außerdem konnten Blitz und Donner die Verkündigung der Apostel und Evangelisten symbolisieren; so etwa auch Hieron. tract. in psalm. 76, 19 (CCl 78, 6 1 f.) inluxerunt co­ruscationcs tuae orbi terrae: apostolica praedicafio, Fulg. Rusp. c. Fab. fr. 3, 4 (CCl 91A, 768) [ebenfalls zu Ps 76, 19 vox tonitrui tui in rota] firmavit ergo deus tonitrum

firmans evangelicam praedieationem: creavil spiritum fadens spiritales evangelii prae­dicatores; ef annuntiavit in hominibus Christum suum. per dispensalionem seilicet testamenti novi. Siehe W. SPEVER, Gewitter. j. Bildersprache: RAC X, Sp. 1 1 69. J.I In der lXX nur lob 9, 33, wo sich lob einen "Schiedsmann" zwischen seinem und Got­tes Rechtsanspruch wünscht: t'lßt �v 6 J.1tol1"l1� nJ.1cJJv Kat H.t:-yxrov Kai OlUKOUwV tim J.1toov a�.upo"(tQ<.Ov (die Velus latina übersetzt mit arbiler, vgl. Aug. adn. lob 9 (CSEl 28, 2, 530», im NT (ausschließlich im Corpus Paulinum und Hbr) ist die Bedeutung überwiegend auf den 'judengriechischen Gebrauch' zurückzuführen: "Velillinler, Un­terhändler" vgl. A. OEPKE, �ta(l"�, �to."ttUw: ThWNT IV, 6 14 u. 622-624. Jl2 Siehe MOHRMANN, Sondersprache, 126f.

lU G. REMv, le Christ mediateur dans I'ceuvre de Saint Augustin. Torne I. Paris 1979, 442 z. St.

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als Porphyrianer.J84 Siehe auch civ. 9, 15. 17 ; 10, 24 (CCl 47, 262f. 265f. 297).

Z. 1 0 1 : nobiscum iaceret: lacere IIdamiederliegen" dient als Metapher tur den heillosen Zustand nach dem ' Sündenfall'. V gl. Gn. adv. Man. 2, 25 (Pl 34, 209) [über Adam] iam lapsus et iacens in peccato suo, exp. prop. Rm. 1 3- 18 (CSEl 84, 7) in isto gradu [sc. sub lege (vgl. Rm 3, 20; 5, 20)] ostenditur nobis, quomodo iaceamus, et dum surgere volumus et cadimus, gravius ajJIigimur, civ. 10, 24 (CCl 47, 298) in illius [sc. Christi] autern incarnalione na/ura humana erat, sed iusta. non peccatrix eral. haec es! mediatiol8S, qua manus [apsis iacentibusque porrecta est.

Z. 103: exiet quidem de corpore et erit in requie: Obgleich requiescere bereits seit Ennius vom "Ausruhen im Grab" gesagt werden kann386, ge­winnt requies "Erholung, Erheiterung" erst bei christlichen Autoren die Bedeutung ,,(ewige) Ruhe der Toten" (vgl. Krebs-Schmalz 11 506, Blaise, Dictionnaire 7 1 6 s. v. 3).

Augustin nimmt an, daß die Seelen nach dem Tode bis zur Auferstehung des Leibes zunächst in einen Lohn oder Strafe bedeutenden Zwischen­zustand versetzt werden .387 Dessen Beschaffenheit beschreibt er oft mittels der Bildlichkeit der Lazarusparabel aus Lc 16, 19-3 1 : Während die Hoch­mütigen und Unbarmherzigen das Grab des Hades (sepultura inferni) ver­schlingt, werden die Annen in den sinus Abrahae aufgenommen, der als

lU Vgl. M. ALfECHE, Augustine's discussions with philosophers on thc resurrection of the body: Aug(L) 45 ( 1995), 98f., O'DoNNEU .. , Confessions 11, 461 (zu eonf. 7, 24), G. MA­DEC, Philosophie. 11. Patristik u. Minelalter. D. Augustinus: HWPh VII, Sp. 632f., O'MEARA, Porphyry's Philosophy, 160 (mit Anm. I)ff., M. PONTET, 1: exegese de S. Augustin predicateur (Theologie 7). Paris 1944, 532f.

'" D as nomen actionis Il€OLn:(u wird als I.t. rur die "Mittlerschaft Christi" schon von den apokryphen Andreasakten (2. Hälfte 2. Jh.) gebraucht. vg1. OEPKE, jJ.EOl"Tll<;, 628 mit Hinweis auf Acl. Andr. 2 (LIPSIUS I SONNET 1111, 38). laI. mediatio bietet erst Augustin, doch nur an wenigen Stellen und auch nicht ausschließlich im christologischen Sinne (so ausdrücklich nur noch civ. 9, 15 (CCl 47, 262» .

1116 Vgl. in Cic. Tusc. I , 107 die Kritik an Enn. trag. 3 1 1-3 12 neque sepulchrum, quo recipi­al, habear, porfum corporis I ubi remissa humana vila corpus requiescaJ maUs.

'" V 1 g . ench. 109 (CCL 46, 108) tempus autem quod inter hominis mortem et u/timam resurrectionem imerpositum est, animas abditis receptaculis continet, sicut unaquaeque

digna eSl vel requie vei aerumna pro eo quod sortita est in carne dUn! viveret. Die Se­ligkeit dieser unkörperlichen requies der Gerechten findet erst im 'Engelhimmel' ihre Vollendung: ita mullum interest inler lormenta vel gaudia morluorum el resurgentium

( ... ), quod alia esl animarum sine ullis corporibus requies, alia cum corporibus cae/esti· bus claritas el [elicitas ange/orum, quibus aequabitur resurgen/ium multitudo fldelium (5. 280, 5 (PL 38, 1 283)).

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secretum potris zu verstehen ist, uhi etiam ante resurrectionem iustorum animae vivunI cum deo (vgl. qu. ev. 2, 38, 1 u. 5 (CCL 44B, 89.92)). Da die Seelen das Endgericht aber noch zu erwarten haben, kann er ihren Zustand auch mit einer Untersuchungshaft vergleichen, die je nach Strafsache unter­schiedlich ausfallt: (10. ev. tr. 49, 9 (CCL 36, 424f.)) el inleresl quali custodia quisque recipiatur, ad iudicem postea producendus388. nam el receptiones in cuslodia pro meritis causa rum adhibentur; alios iuben/ur cus/odire fic/ares. humanum el mite officium atque civile; alii traduntur optionibusJ89; alii mittunlur in carcerem; el in ipso carcere non omnes, sed pro merilis gravforum causarum in fma carceris contruduntur. siellt ergo diversae custodiae age.'1tium in off/eia, sie diversae cuslodiac morworum, et diversa merita resurgentium.J90

Z. 108: crastino ( ... ) exponere poterimus: Statt eras wird nachklassisch auch crastino adverbial gebraucht (ThLL IV Sp. 1 107 s.v.) und im Sinne von explanare, inlerprelari läßt sich exponere sagen (seit Tert., als t.t. der Schriftauslegung auch gleich €STlYEtOßat (s.o. Z. 1 8 expositiolle mea), vgl. ebd. V, 2 Sp. 1 764 s.v. J] B 2).

e) Zum modus proferendi

Das Prooemium

per IIos dies, sicut reeolit caritas vestra (0), solenmiter leglmlllr (trT) evangelicae lec/iones (T) ad resurrectionem (crT) domini pertinentes (T).

Augustins erster Satz verweist die Hörer in höflicher Anrede zunächst auf den zeitlichen Rahmen der österlichen Festzeit, welche rur die Auswahl der liturgischen Lesungen bestimmend ist und, so darf man erwarten, mit der

lU Zum Gerundiv im futurischen Sinne (= qui ad iudicem postea producetur) vgl. Blaise, Handbook § 349.

ll9 "den Geflingnisaufsehem" vgl. ThLL lX Sp. 823 S.v. optio 2 1 1 A I ad loc. Der optio (ein Unteroffiziersrang ZW. tesserarius u. signifer) konnte zu Sonderaufgaben abkom­mandiert werden, in der Kaiserzeit auch zur Gerangnisleitung, vgl. F. LAMMERT, Optio: RE XVIII , 1 Sp. 808. Siehe auch s. 256, I (PL 38, 1 19 1 ). Daß ein milit. Dienstgrad ge­meint ist, zeigt Perp. 9, I deinde post dies pauCQS Pudens, mi/es optio, praeposilus car­ceris. 1I0S magniJicare coepit ( ... ).

190 Vgl. EGER, Eschatologie, 32-37, dort auch zu Stellen, an denen bei Augustin die populä­re Vorstel lung von einem unmittelbaren Einzug der Seelen ins Paradies zum Ausdruck kommt (so bes. von den Märtyrern, die jetzt schon mit Christus herrschen, vgl. civ. 20, 9 (CCL 48, 7 1 7» .

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resurrectio domini als ihrem zentralen Inhalt auch der folgenden Predigt das Thema vorgibt. Eine Erklärung rur den vielfachen Bezug der Schrift auf dieses Geschehen schließt unmittelbar an (Z. 2ff.):

omnes enim evangelistae qua/tuor (Ce) neque de passione (T) neque de resurrectione eius (erO) lacere potuerunt (02).

Der Prediger beginnt im genus submissum, doch ist die Sprachgestaltung durch Rhythmisierung und maßvollen Figureneinsatz (metonymische An­rede, Traiectio zur Betonung von ad resurreclionem domini, Litotes, um die notwendige Verkündigungsidentität der Evangelisten hervorzuheben) durchaus geeignet, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Der schlichte Ton wird den Hörern, die von ihrem Bischof gerade in sermones de tempore auch einen stärker affektbezogenen Predigtauftakt im genus grande kennenJ91, zugleich einen ersten Eindruck von dem vermitteln, quid exspeclare debeant (doetr. ehr. 4, 6), nämlich eine vorwiegend sachliche Themenbehandlung.

Augustin kommt es bei der Praeparatio des Publikums offenbar zunächst besonders darauf an, keinen Zweifel an der Wahrheit der neutestamentlich­en Osterbotschaft zu lassen (Z. 4f.):

nam quia mulla fecit dominus lesus (S I), non omnes omnia cOflscripse­nUll (S), sed alius ista (TI), alius ilIa (TI), summa tarnen cOllcordia veri­tatis (crT).

Die hier durch Sperrung und schlußstarke Klauselbildung betonte summa cOllcordia veritalis der Evangelisten wird zur wichtigen Voraussetzung rur die spätere Argumentation. Denn jede weitere Erörterung der resurrectio morluorum erübrigt sich, wenn bereits die biblischen Berichte widersprüch­lich und unglaubwürdig sind. Daß aber die Überlieferung der Taten des Herrn (schon nach dem Zeugnis der Schrift selbst) unvollständig sein muß, erklärt der Prediger geschickt durch eine einprägsame Analogie:

391 Vgl. etwa unter den überlieferten Predigten der Osteroktav s. 238, 1 (PL 38, 1 1 25) sie saera perennisque evangelica leetio (HI) nobis demonstrat verum Christum (S) et veram eeclesiam (e",), ne in aliquo eorum erremus (trIS), out sancto spansa (S) aliam pro alia supponamus (S), out saneloe sponsae (5) non suum virum (H) sed olium imparlemus (trlS). ergo ne in aliquo eorum erremus (trIS), tanquam matrimoniales eorum evangelii ,abulas oudiamus (T) {zum Evangelium als 'Ehevertrag' (matrimoniales tabulae) zwi­schen Christus und seiner Kirche siehe noch s. 183, 1 1 (PL 38, 991), s. 268, 4 (PL 38, 1233)] oder s, 252, 1 (PL 38, 1 17 1 ) multis el variis modis (Cm1) [vgl. Hbr I , I } el altilu­dillem diviniiatis suae (C) el misericordiam humaniroris (crTJ. in serlpturis sanclis (S) dominus nasler (51) lesus Christus astendit (0), quemadmodum soleI (H), in mysteriis et sacramentis (crO) [in instrumentale mit folg. Amplificatio ;;: "mittels geheimnisvollen und symbolischen Tuns" wie der Aufforderung zum Fischen 3m See von Tiberias <la 2 1 , 6), vgl. ebd.); ut petentes aceipiant (crS) et quaerentes inveniant (mS3) et pulsanribus aperiatur (m2-rl).

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202 Vier Themenpredigten

tantaJaeta sunt (H), quanta tunefieri debuerunt (crT), tanta seripta sunt (H), quanta nune legi debuerunt (crT).

Bei der reimbildenden Isokolie fällt in den Komparativsätzen besonders die bewußt angestrebte gleichförmige Klauselbildung auf, wobei inhaltlich das bei Augustin beliebte Deuteschema tune - nunc392 eine sotenologische Funktion erhält, stellt es doch die Verbindung her zwischen vergangenem Christusgeschehen und seiner gegenwärtigen Verkündigung. Die pointierte Form der Kola läßt die Hörer autborchen, so daß Augustin mit ihrer gestei­gerten Aufmerksamkeit bei der anschließenden Praeteritio rechnen kann (Z. 8-1 1 ) :

ut afltem ostendan/ur evangelistce omncs (erD) J quattuor (CnJ391, in eo quod simul omnes dicun/ (S) el non praetermittunt (S). id est ve/ de passione (T) ve/ de resurrectione Christi (trT),

non inter se dixisse contraria (C), .alde operosus est labor (H).

Die steigende Periode wiederholt zunächst in einer für mündliche Rede typisch unbefangenen Weisel94 die bereits eingangs erklärte Überliefe­rungsparallelität der Osterberichte, um dann in der Aussage über die Schwierigkeit ihrer Hannonisierung zu gipfeln. Daß deren Möglichkeit aber nicht in Abrede gestellt werden darf, führt warnend das folgende Wortspiel durch ambiguum (Z. 1 1 f. eonlrarios - eGlllrarii s.o. die Detail­kommentierung) vor Augen, während die weitere Erklärung der Z. 12- 1 3 den Hinweis auf den operosus labor wieder anklingen läßt (data est opera) und auch der Widerspruchslosigkeit der Evangelisten erneut Ausdruck gibt.

Warum Augustin die Mühsal einer Schriftauslegung in dem genannten Sinne so sehr betont, ist leicht begreiflich: Sie soll in der gegenwärtigen Redesituation unangemessen erscheinen (Z. 14-15):

sed sicut dixi si hoc vobis ostendam (S) et in populo velim ista tractare (0),

m Vgl. fIEDROWIcz. Psalmus, 383. m Statt der betonten Stellung omnes evangelislae qualtuor (Z. 2f.) läßt Augustin hier beide

Attribute nachfolgen, so daß rhythmisch auf die Optima evalfgdistt u omlfes (das erste der im Verhältnis der Einordnung stehenden Adjektive erhält so einen gewissen Nachdruck) ein kretischer Kolonschluß folgt, das zweite Longum der Optima zugleich aber auch als Auftakt zu einem 'schweren' Kretikus angesehen werden kann (evange­listae omlfes qutltluor), wobei freilich der Wonakzent von omnes aus dem Klau­sclrhythmus fällt. Zur Möglichkeit von sog. 'überlappenden Klauseln' vgl. für Cicero HUTCHINSON, Rhythm, 494fT. und !Ur Augustin ZWIERLETN, Klauselrhythmus, 63.

394 VgJ. S. DOpp, ,Mündlichkeit' und Augustinus' "Confessiones", in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MOndlichkeit in der römischen Lilcratur. TObingen 1990 (ScriptO­ralia 19),278.

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Senno 240

multitudo audientium (crH) prius obruitur taedio (Co,), quam reveletur (0) seientia veritatis (T).

203

Auch dieses Contrarium, welches verspricht, der Langeweile wehren zu wollen, dient dem auditores attentos !acere39S, wobei wir freilich den er­klärten Verzicht auf die Behandlung des consensus evangelistarum gerade wegen seiner rhetorischen Funktion nicht so zu werten haben, als ob damit eine programmatische Aussage für die gesamte Osteroktav gemacht wä­re.396 Augustin will vielmehr zeigen. daß er auf das aptum der Predigt be­dacht ist, wenn er bei der Themenwahl auf das Publikum Rücksicht nimmt. Diese Absicht wird, wie bereits angedeutet, dann auch in der abschließen­den Bemerkung des Prooems über den geplanten Redeductus erkennbar (Z. 21 f.). Zuvor jedoch läßt der Prediger die Praeteritio vollends berechtigt er­scheinen, indem er seiner Gewißheit Ausdruck gibt, daß die Hörer keinen Aufweis der biblischen Wahrheit nötig haben (Z. 15-18):

sed seiD lidern ves/ram (trO), id es! fidem huius ta/ius multitudinis (mH) • el eorum qui hodie hic non SUlZt (SI) et tarnen fideles sunt (trO). nDV; lidern eorum sie esse cerlam (mT) de veritate evange/istarum (0), ut expositione mea non indigeant (S3).

Eine derartige Captatio benevolentiae ab auditorum persona darf nicht übertrieben wirken und muß auf das Sachinteresse des Vortragenden abge­stimmt sein.397 Daher findet das hier in Iterationes stark betonte Lob der Glaubensüberzeugung der Anwesenden und sogar der Fehlenden - so si­cher scheint sich der Bischof zu sein -, welches Augustin nicht nur des Nachweises der veritas evangelistantm enthebt, sondern die Hörer auch rur die spätere schriftgestützte Argumentation (Z. 85ff.) empfänglich werden läßt, eine Beschränkung durch die Feststellung, daß sie nicht gleichermaßen über eine facultas defendendi fldem (Z. 1 9f.) verfUgen. Dies werden die Adressaten aber gerne einräumen, da ihnen doch die heilsame fldes ipsa bescheinigt wird, was zur Folge hat, daß sie sich bei dem anschließend gebotenen Bild (Z. 2 1 -26), welches den Apologeten einem guten Arzt gleichsetzt, der die vulnera dubitationis vel infldelitatis heilen kann, mit den sani identifizieren dürfen, die dessen medicamentum nicht nötig haben. Augustin verwendet diese Metaphorik, die den Hörern durch die neutesta·

19S Vgl. Lausberg § 269. 196 Vgl. s. 243, 1·2 (PL 38, 1 143f.) und oben die Einfuhrung zu dem angenommenen Zu·

sammenhang der ss. 240-243. 197 Vg1. Lausberg § 277 mit Hinweis u.a. auf Quint. inst. 4, I , 1 6 iudicem conciliabimus

nobis non lanlum laudando eum. quod etfieri cum modo debet, ( . . . ) sed si laudem eius ad u,ili,atem causae nostrae coniuruerimus. ut allegamus pro honestis dignita/em ilIi suam, pro humilibus iUSlitiam, pro infelicibus misericordiam, pro loesis severitatem et

similiter cetera.

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204 Vier Themenpredigten

mentliche Vorstellung vom Christus medicus bekannt ist, hier aber, bezo­gen auf den christlichen Lehrer, in ihrem Symbolgehalt deutlicher ausge­flilut wird398, sicherlich auch delectationis causa und vermeidet so in der Praeparatio den Eindruck spröder Unterweisung.

Die Anrede haec tola multitudo, der Hinweis auf die ferngebliebenen Gläubigen und auch die situationsbezogene Äußerung si hoc vobis osten­dam et in papula \leUm ista trac/are deuten darauf hin, daß sich die Reihe der 55. 240-243 nicht an einen erlesenen Hörerkreis wendet, sondern der Bischof hier in üblicher Weise zu seiner Gemeinde spricht, selbst wenn man mit Rücksicht auf die später folgende philosophische Themenbe­handlung und die rur einen sermo ad populum ungewöhnlichen Zitate aus der klassischen Literatur lieber an das großstädtische Publikum in Karthago denken möchte, wo, wenn Augustin predigte, literarisch Gebildete und hohe Beamte vor den Stufen der Apsis standen.399 Daß der Prediger bei der Mehrzahl der Adressaten jedenfalls einen geringen Bildungsstand voraus­setzt, zeigt besonders deutlich seine spätere Bemerkung über die Quelle ihrer Kenntnis der Katabasis aus Vergils Aeneis (s. 241 , 5 (PL 38, I l 3Sf.)):

exhorruit quidam auctor ipsorum, cui demonstrabatur, vel qui inducebat apud ill/eros demonslranlem palrem filia SUD. 1Iosl;S enim hoc prope omlles; alque utinam pauci nosse/is. sed Raue; nos/is in libris. multi in thea/ris, quia Aeneas descendit ad in/eros e/ aSlendi/ illi paler suus animas Romanom", magnorum venturas in corpora. expavil ipse Ae­neas el ait:

o pater, anne aliquas ad caelum hinc ire putandum est sublimes animas iterumque ad tarda reverti corpora?

credendumne eSI. inquit, quod ean/ ad caelum et ilerum redeant? quae lucis miseris tarn dira cupido? [Aen. 6, 71 9-721]

198 Vgl. POQUE, langage symbolique I, 177: .. Dans le Nouveau Testament, on trouve au nombre des logia de Jesus: 'Ce ne sont pas les bien portants qui ont besoin du medccin, mais les malades' [Mt 9, 1 2 , Lc 5, 31], et le Christ es! presente dans le evangiles commc un prophcte gucrisseur. Tout ceci, cependant, n'est que dans une rapport assez lointain avcc le symbolisme du medeein ( . . . ). Dans la Jiltcrature philosophique grccque ou la­line, au contraire, I'assimilation du philosophe a un medecin es! un theme tres frequent, particulierement chcz les stoTciens."

399 Vgl. VAN DER MEER, Augustinus, 150. HILL, Sennons HIn, 68. Note I denkt an ein

"rather more specialized. moderately weil educated audicnce." Gegen seine Überlegung .. Could he have preaehed to such an audience in the aftemoons, after the regular ser­mons al Mass 10 the people at large, after the exhausting roulines of Holy Weck and Easler?" (ebd.) dürften die oben angefllhrten Gründe sprechen.

Page 204: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Sermo 240 205

melius filius intelligebat, quam pater exponebat. reprehendit cupidita­lern animarum rursus in corpora redire volentium. duit diram cupidita­tem. dixit eas miseras; nec erubuit eas.400

Die Hörer verdanken ihr Vergilwissen meist also nur dem Theaterbesuch, und d.h. hier wohl pantomimischer Darstellung4o,• weshalb Augustin rur sie

.cO!) "Einen gewissen Autor von ihnen, dem die Seelenwanderungslehre dargelegt wurde und (vel "" etl der sie in der Unterwelt vom Vater seinem Sohn darlegen ließ, hat Schauder davor ergriffen. Ihr kennt dies ja beinahe alle; und ich wünschte, nur wenige hätten da­von Kenntnis. Doch ihr wißt vereinzelt durch Lektüre, vielfach aber durch Theaterbe­such, daß Aeneas in die Unterwelt hinabgestiegen ist und ihm sein Valer die Seelen be­rühmlcr Römer gezeigt hat, die wieder Körper erhalten sollten. Da erschrak selbst Ae­neas und sagte: 'Vater, darf man denn annehmen, irgendwelche Seelen steigen von hier aus hoch zum Himmel und kehren wieder zurück zu trägen Körpern?' Darf man denn glauben, fragt er, daß sie zum Himmel aufsteigen und wieder zurückkehren? 'Was ver­langt es die Armen so entsettlich nach dem Licht?' Die Einsicht des Sohnes war besser als die Erklärung des Vaters. Er tadelte das Verlangen der Seelen, die wieder in Körper zurückkehren wollen. Er nannte das Verlangen entsetzlich, nannte sie arm; doch er schämte sich ihrer nicht." Kein Teil der Aeneis hat so großes Interesse Auguslins gefun­den, wie die Verse, in denen Anehises den Sohn im Lethetal über die Metempsychose unterrichtet (6, 703-751), vgl. HAGENOAIIL, Augustine, Vol. 11, 402-408, P. COURCELLE, Lccteurs paYens ct lecleurs chrttiens dc l'Eneide. Vol. I, Paris 1 984, 487-493. Augustin bezieht sich auf Aen. 6, 7 19-721 noch in civ. 14, 5 und 21, 3 (CCL48, 420.761), um rnit Hinweis auf die dira cupido die Lehre der Manichäer und Platoniker zu widerlegen, daß einzig die caro Grund fur die quatluor perturbationes und damit den lasterhaften Zu­stand der Seele sei (zu dira cupidilas (in Verbindung mit Acn. 6, 753) s. noch civ. 22, 26 (CCL 48, 854». Der poeta doctissimus ist für Augustin, bei bleibender Hochschätzung seiner Eleganz und Latinit3S. wahrer Repräsentant römischen Geistes in den Bereichen Religion, Philosophie, Politik und Geschichte und wird insofern der Kritik bzw. christli­cher Interpretation unterworfen (vgl. HAGENOAHL, a.a.O., 388). In s. 241, 5 lobt Augus­tin zwar, daß Vergil Aeneas an der Seelenwanderungslehre Anstoß nehmen läßt - "Ces

• paroies d'Enee semblent monlrer que Virgil lui-meme n'es! pas convaincu de la doc-trine." (COURCEUE, a.a.O., 490), kritisiert aber auch, daß die platonische Vorstellung (so wohl einem Kommentar zu Vergil folgend civ. 13, 1 9 (CCL 48, 402) quoll [sc. Aen. 6, 750f.} Vergilius P{atonico dogmate dixisse laudatur) am Ende akzeptiert wird: nec erubuit eas (vgl. HuL, Sermons mn, 77. Note 13) .

.t01 Der Pantomimus, der von Auguslus bis zur Spätantike die bühnenbeherrschende Dar· stellungsform wurde, beschränkte sich nicht nur auf die Inhalte der Tragödie, sondern setzte auch allerlei andere Stoffe des Mythos in Gebärdentanz um. Dabei war es nach Auskunft Augustins in Karthago frOher llblich, daß zunächst ein praeco dem Volk die Bedeutung des Tanzes darlegte; später verzichtete man auf diese Praenuntiatio, und der unkundige Zuschauer mußte sich bei seinem Nachbarn Ober die Handlung informieren (so doctr. ehr. 2, 38 (CCL 32, 60». Vgl. W. WEISMANN, Kirche und Schauspiele. Die Schauspiele im Urteil der lateinischen Kirchenväter unter besonderer Berücksichtigung von Augustin (Cassiciacum 27). Würzburg 1972, 42-46 u. 1 28 Anm. 32 zu s. 241 , 5.

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206 Vier Themenpredigten

auch den zitierten Wortlaut der Verse zum besseren Verständnis in verein­fachter Fonn paraphrasiert.

Die geschickte Disposition des Prooems von s. 240, das ja zugleich eine EinfUhrung in die gesamte Predigtreihe darstellt, läßt vermuten, daß der Bischof mit Bedacht zu Werke gegangen ist. Dabei weist freilich die Spra­che des Abschnitts eher auf eine nur mündliche Vorbereitung hin, welche die konkrete Formulierung der geplanten Teile der eigenen Improvisations­kunst überläßt. So kommt es zu einer vorwiegend parataktischen Syntax mit meist kurzen, zum Teil asyndetisch gesetzten Kola, antithetischer Zu­spitzung, Reimbildung und Wiederholungen von wichtigen theologischen oder lber der Hörergew:nnur.g dienenden Aussagen. Die Mür.dlichkeit wird besonders deutlich, wenn man zum Vergleich das Prooem heranzieht, welches die bei den Sennones 361 und 362402 einleitet. Betrachten wir zu­nächst Höreranrede und Themenangabe (s. 361, 1 (PL 39, 1599» :

animadver/imus, cum apas/oU epislola legere/ur (trT\

laudabilem mo/um (O)jidei earilalisque vestrae (crT), quemadmodum exhorroerilis homines (m2T2),40J

qui puta1lles halle solam esse vi/am (T). m��m . (,:J! In .p.f.(,:grA 1J.l;J,�. !!� P.f.tn.� .(:gmm l;J, �.f#!!! . (S),

post mortem autem jiniri (mS) 'Q'HnLm�Qd.�.�.I..b.Q.��/,(f),(� (01) nec esse spem ullam vUae alterius melioris (crS2) pruritum malaruIII auriuIII (C) corrumpe1lles (S) diculI1:

manducemus el bibamus; eras enim morimur [I Cor 15 , 32].404

..02 S.o. die Einleitung zu s. 240. 0101 Langes i im Plural des coni. perf. und ful. ex. beobachtet MÜUER, Rhythmische Bemer­

kungen, 63, in Ciceros Reden und bei Minucius Felix. Für Augustins Sermones scheint dies ebenso zu gelten; siehe etwa auch (um nur einige wenige Beisp. fur die 2. Pers. PI. aus rhythmisierten Kola aufzugreifen) s. 4, 8 (Cel 4 1 , 24) quia si tale aliquid cogilave­ritis (IrT) el laie aliquid dilexeritis (miT), s. 10, 2 (CeL 4 1 , 154) sie stuft; eSlis. ul cu", prius habuerilis (TI) spiritale opus vivum (trO), hoc amisso poslea morluum accipialis alienum (02), s. 49, 7 (CCL 4 1 , 620) hoc si lenueritis (TI) el hone illslitiamfeeeritis (T), s. 152, 1 1 (Pl 38, 825) feliees eritis. si inlelleelum dilexeritis (mn el ad dileclum per­

venerilis (mn . ..0. "Wir haben, als der Brief des Apostels gelesen wurde, die löbliche Unruhe eures Glau­

bens und eurer Liebe bemerkt, wie ihr euch vor den Menschen enlsetzt habt, die in der Überzeugung, daß unser leben allein dies hier sei, welches wir mil dem Vieh gemein haben, daß aber nach dem Tode alles, was den Menschen ausmacht, ein Ende habe und es keinerlei Hoffnung auf ein anderes besseres Leben gebe, sagen, wobei sie den Juck­reiz. ihrer verdorbenen Ohren noch verschlimmem: 'laßt uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot.

, ..

Page 206: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Senno 240 207

Der Prediger beginnt auffällig mit dem Prädikat40S, um nach einem ersten, aber noch unbestimmten Hinweis auf den thematischen Rahmen bei seinem Publ'kum sogleich die Gemütsregung zweier der drei 'christlichen Tugen­den' festzustellen (in gefalligem Rhythmus und mit einer Gradatio in der gewählten Junktur fidei caritalisque). Im Verhältnis zu dieser proleptischen Anrede der Hörer nimmt sich der folgende indirekte Fragesatz wie eine Epex.egese aus, wobei der untergeordnete Attributsatz auf eine contemptio adversariomm406 zielt: Die niedrige, viehische Auffassung derjenigen, die nur diesseitsorientiert leben, steht im Gegensatz zur Natur des Menschen (die Circumscriptio fatum quod esl hominis läßt an die profanantike An­thropologie des animal rationale und ihre christliche Deutung als imago dei (Gn 1 , 26) denken), welcher die spes vitae alterius melioris entspricht. Schließlich entlarvt das Bildwort über den pruritus malarum aurium (vgl. 1I Tim 4, 3) vollends die Lasterhaftigkeit solcher Lebensmaxime, die Au­guslin im Pauluszitat wiedergibt und ausdrücklich als Dreh- und Angel­punkt der Predigt ausweist (ebd.):

.. ,

hinc ergo sumatur (0) nostrae disputationis exordium (trC), er hie si! noslri veJut cardo sermonis (crO),

Auch Cicero beginnt bisweilen das Proocmium mit betonter Spitzenstellung des Prädi-kats, vgl. z.B. parad. I , I (der Hinweis auf Catos Redegewohnheit dient der Themenein­fUhrung und als adiunctum Bruti dem henevalum parare) animadverti, Brute, saepe Catonem, avuneulum luum, cum in senatu sentenliam dieeret, locos graves ex

philosophia Iraelare abhorrenles ab hoc um forensi el publico, sed dicendo eonsequi

lamen, ul iIIa etiam papula probabilia viderentur, oder von den Reden S. Rose. I credo ego \lOS, iudiees, mirari quid sil quod, Olm 101 summi oralores hominesque nobilissimi sedeant, ego potiss;mum su"exerim, is qui neque aelate neque ingenio neque aueloritale sim eum his qui sedeant eomparandus (der Beginn will nicht auf einen Redegegenstand des genus admirabile vorbereiten, sondern ist durch den Topos "Entschuldigung rur die eigene Jugend" zunächst auf das Wohlwollen der Richter aus, vgJ. STROli, Taxis und Taktik, 68. Anm. 52), Cluen!. 1 animum adverti, iudiees, omnem accusatoris orationem in duos divisam esse parlis, quorum al/era miM nili el magno opere eonfidere videbatur ;nvidia iam inveterata iudiei Junian;, allera Ionium modo consueludinis causa timide el diffidenler aUingere rationem vene fici eriminum, qua de re lege esl haee quaestio conslitula (Cicero verweist auf die Disposition dcr Anklagerede, um Vertrauen in seine sachgerechte Verteidigung zu wccken: ilaque milli cerium est hane eandem diSlributionem invidiae el eriminum sic in defensione servare ur

omnes inlel/egant nihil me nec subterfugere voluisse retieendo nec obscurare dieendo, vgJ. STROH, a.a.O., 194), Catil. 4, 1 (will ähnlich wie Augustin (s.o.) vermitteln, daß der Redner engen Kontakt zu den Zuhörern halt) video, patres conscripti, in me omnium ws/rum oro alque oculos esse conversos, video vos non solum de veslro ac rei publieae wrum etiam, si id depulsum Sil, de meo periculo esse sollieitos.

'06 Vgl. Lausberg § 276: iudicem benevolum parare ab adversariorum persona.

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208 Vier Themenpredigten

qua ce/era quae dominus suggerere dignatus (01) fueri( re[eranlur (trS').407

Nach einer sprachlich gehobenen, durch pulchritudo elocutionis408 ausge­zeichneten Erklärung über den Zusammenhang der resurreclio morluorum mit christlicher spes.jides und caritas4{J9 wird den Hörern dann die Disposi­tion der Erörterung vorgestellt (s. 361, 2 (PL 39, 1 599)):

itoque sie proponendum es! (cr1S): si non resurgent mortui (C,), nulla spes nobis (0) est Juturae vitae (trS), si autem resurgent mortui (Ce), eri! quidem vita futura (crS2), sed se­cunda quaestio est (trH) J, qualis erit (0). prima i:aqu€ disputatio i!S1 (H), u/rom futura sit (H) resurreciio mortuo­rum (crT), secunda vero disputatio es! (H), qualis futura esf (T) in resurrectione (crT) vita sanctorum (0),410

400 Wenn foerit gemessen wird, ergibt sich zum Abschluß der Periode in Verbindung mit referantur ein Dispondeus mil Auflösung der zweiten Länge (sog. clausula heroica) und trochäischem Auftakt (zu trS2 als 'einheitlicher Klausel' bei Auguslin siehe ZWIERLEIN,

Klauselrhythmus, 62). Die voraufgehende Optima suggerere dignillus hebt dagegen die Gebetsformel rhythmisch hervor. Daß solche Formeln nicht als Beleg fur .. Stehgreifpre· diglen" zu verwenden sind, zeigt MOHLENBERG, Augustins Predigen, 1 2· 1 5: I. Warom muß Gott beim Predigen mithelfen?

.tOll Vgl. doclr. ehr. 4, 42 (CCL 32, 148): Das genus grande erreicht stilistische Schönheit kraft des Gehalts (vi rerom), nicht aber durch besorgte Mühe um den Schmuck der Rede (eura deeoris).

'09 s. 361, 2 (PL 39, 1 599) spes enim nOSfra est (0) resllrrec/io morluorom,jides nostra est (erT f 0) resurrectio mortuorom (erT}, carilas eliam nostra esl (crS '), quam praedicatio renlm (IrQ) quae nondum videntur inflammat (0) et aceendit desiderio (mS}), cuius magniludine (H) jiant corda noslra capacia (Ce') beatitudinis (H) qU(le ventura promittitur (C), quamdiu creditur (C) quod nondum videlur (T). caritas ergo etiam ipsa nostra (T) nee circa temporalia haee et visibilia debet occupari (trT), ut tale aliquid nOS habiruros in resurrectione speremus (trO), quale modo si contenmimus (e..,), me/hiS vivimus melioresque (crS') sumus, carna/es videUcef (H) voluptates atque delicias (Ol). Die anschließende Folgerung, welche die Bedeutung des Auferstehungsglaubcns ftir die christliche Lehre und Gesinnung hervorhebt, ist in Stil und Rhythmus wieder schlichter gehalten und will nur durch die reimbildenden Partizipien der abI. abs. auffallen: sublata itaquejide resurrectionis mortllonml (TI) omnis intercidit (C) doctrina christiana (nT).

fimdata vero jide (C..,) resurrecliOnis lIIortuorom (TT) non continuo securitas esl (T) de animo chrisliano (T), nisi distinguatur (S) vita iIIa quae filtura est (trT) ab isla quae transit (S).

'10 Bewußt gewählt sind gewiß die guten Klauseln in der eigen lichen Partitio; doch selbst rur die Kadenzen der vorangestellten Propositiones dilrrte sich eine rhythmische Gestal· tungsabsicht nicht ausschließen lassen (der Chiasmus futurae vitae - vita futura trägt durch Variation der S·Klausel dazu bei, daß sich die Apodoseis nach den parallel gestal· teten Vordersätzen, nun auch im Klang voneinander absetzen. Bei dem adversativen

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Senno 240 209

Es fällt schwer zu glauben, daß diese schulmäßige Partitio, besonders aber die oben aufgezeigte kunstvolle Hypotaxe des ersten Satzes von Au· gustin nicht schriftlich vorbereitet worden oder zumindest in folge späterer Überarbeitung entstanden sind.411

Die Narratio

Eine Art Partitio findet sich auch in s. 240, wenn der Prediger zu Beginn der Narratio zwischen einer gläubigen und ungläubigen Erörterung der resurreClio unterscheidet. Denn man kann dem fideliter disputare mit ge­wissem Recht die Sorge der Christen um die Beschaffenheit des Auferste­hungsleibes zurechnen (Z. 43ff.), dem infideliter disputuare hingegen die philosophischen Lehren über die Unsterblichkeit der Seele (Z. 58ff.). Bevor Augustin jedoch diese Aspekte der Auferstehungsthematik nacheinander in der Narratio vorstellt, gibt er selbst ein Beispiel, wie den Ungläubigen durch Hinweis auf die göttliche Allmacht beizukommen ist (Z. 32ff.). Die Einschaltung dieses Dialektikons greift der Beweisftihrung vor, vermengt also Narratio und Argumentatio, um den Hörern die christliche Überzeu­gung Von der Möglichkeit der Auferstehung von Anfang an plausibel er­scheinen zu lassen. Auf diese Weise werden sie dem Prediger bereitwilliger folgen, wenn er in den nachfolgenden Sermones die paganen Einwände im einzelnen zu entkräften sucht:t12 Doch auch Augustins AusfUhrungen zum

Schlußkolon wäre unter Einbeziehung des indirekten Fragesatzes abweichend vom Wortakzent IrSJ zu messen. 411 Eine vollständige schriftliche Ausarbeitung der Predigten war rur Augustin aus Zeit· mangel vennutlich selten möglich und erschien ihm auch aus rhetorischen Gründen eher unzweckmäßig (doctr. chr. 4, 25 (CCL 32, 133) versandum est, quod agitur, multimoda varielale dicendi; quod in pOleslaie non habeni. qui praeparala el ad verbum memoriter relenta pronunliant). Dennoch wird man nicht ausschließen können. daß gerade wichti· ge Teile wie Prooimium und Peroratio gelegentlich schriftlich vorkonzipiert wurden, was durchaus den Gepflogenheiten antiker Redepraxis entspricht und sich auch bei Ci. cero beobachten läßt, vgl. J. Bu..NSDORF, Cicero aur dem Forum und im Senat - Zur MUndlichkeit der Reden Ciceros, in: L. BENZ (Hg.), ScriptOralia Romana. Die römische Literatur zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Tübingen 2001 (ScriptOralia 1 1 8), 210. FOr die Schriftlichkeit des Prooimiums der ss. 361 ·362 spricht auch die anspruchs· volle Weise, in der Augustin die Rechtrertigung seiner prima disputalio (s.o.) s. 36 J , 3-4 gestaltet (Diese Erörterung scheint eigentlich doch nur die Heiden (adversus eos est qui loris sunt), nicht aber das christliche Publikum zu betreffen. Vgl. PL 39, 1 6(0).

m Zur narratio probabilis und ihrer Aufgabe, die spätere Beweisftlhrung zu erleichtern, vgl. Lausberg § 324. Das Argument der Omnipotenz Gones verwendet Augustin später wieder in s. 242, I (PL 38, 1 1 39) - im Hinblick auf die Möglichkeit der körperlichen Er· schtinung des Auferstandenen: quare miramur? quare non eredimus? deus esl qui leeil.

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210 Vier Themenpredigten

Verhältnis von caro ista und earo resurreeta in der gegenwärtigen Predigt werden schon vorbereitet (vgl. Z. 48). Hinzu kommt, daß nach dem länge­ren Monolog des Exordiums das Gespräch des Predigers mit einem injidelis jictus dem Publikum willkommene Abwechslung bietet.

Die rhetorische Gestaltung des Dialektikons lenkt gekonnt davon ab, daß die Omnipotenz Gottes eine unbewiesene Voraussetzung der Argumentati­on bleibt. Augustin überspielt die Schwäche mit Hilfe einer Art Correctio, in der er betont, ftir die Gültigkeit dieser Prämisse einen gänzlich 'unver­dächtigen' Gewährsmann anfuhren zu können:

non dico: " da mihi Christianum (crT), da mihi Judaeum (trS). ", sed: "da mihi paganum (hoS), idulorum cu/tvrem (�rS), daemlmum servum (0), qui non dicat deum esse omnipotentem (crS\ "

Trotz seiner ihm hier amplifiziert vorgehaltenen atheistischen Idolatrie kann der Heide nicht umhin, die göttliche Allmacht zu bekennen. Die Hörer sollen dies - bei glaubwürdiger Beschränkung auf den deus pater omnipo­tens -. als eine objektive Tatsache werten: negare Christum palest, negare omnipotentem deum non potest. Jetzt ist es rur den Prediger leicht, aus der zugegebenen Omnipotenz auf die Möglichkeit der Totenerweckung zu schließen, wobei er rur die geistig weniger Regsamen nochmals auf die fingierte Gesprächssituation verweist (Z. 38-40):

quem tu ergo credis (T) - quasi pagano loquor (ernl ) - quem tu credis deum omnipotentem (trS2), ipsum ego dico (0) mortuarwn (T) suscita­torem (0).

Als • Schlußforrn' verwendet Augustin mit Absicht ein Enthymem, d.h. einen verkürzten Syllogismus, der vollständig mit Praemissa maior41) lau­ten könnte: qui omnipotens es!, etiam mortuos resuscitare potest. atqui tu credis deum omnipotentem. ergo deum ego dico mortuorum suscitatorem. Während aber ein ausgeführter Syllogismus in der Rhetorik als pedantisch gilt, hat das Enthymem, welches hier im Terminus maior der Conclusio auch rhythmisch durch die Optima auffallen will, den Vorzug, breve und credibiJe zu sein.414

Nach dieser Beweisflihrung befindet sich der paganus in jedem Falle im Unrecht, wie die folgende Entgegensetzung souverän aufzeigt:

si dixeri .. : "non potest jieri (C). ". derogas omnipotenti (crS').

censidera auelorem eI /olle dubila/ionem, und in s. 242, 7 (ebd., 1 141) gegen die Be­hauptung non potest esse terrenum corpus in eaelo.

m Ais Proposilio (den Praemissae vorangestelltes Beweisziel) läßt sich deus est qui faeit

(Z. 35) hinzunehmen, doch ein Syllogismus ist schon dann vollständig, wenn der Haupt­gedanke neben den beiden Prämissen nur einmal in der Conclusio erscheint, vgl. Laus­berg, Elemente § 371 .

414 Ygl. Lausberg § 371 .

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Sermo 240 2 1 1

si au/ern credis iIIum omnipotentem (crS2), me quare respuis (CnJ ista dieenlelll (O)?'I'

Die reimbildenden Partizipien und die Optima, die auch hier wieder den Satzschluß markiert, deuten auf eine gesuchte und die Aufmerksamkeit steigernde Klangwirkung'l' vor Beginn des nächsten Abschnitts hin (Z. 43-57).

••

Augustin stellt den Hörern nun kurz die Uberlegungen vor, die sich aus der den Christen häufig gestellten und auch unter ihnen selbst diskutierten Frage ergeben, utrum corruptio ista corporis {.,,)futura si! in resurreclione morluorum (vgl. s. 242, 2 (PL 38, 1 1 39)). Die Narratio zielt in diesem Teil weiterhin deutlich auf das persuadere, was schon dadurch ersichtlich wird, daß der Prediger das Dialektikon zunächst fortzusetzen scheint (si dicere­mus carnern resurrecturam, ul esuriat, ut sitiat ( .. . ), merilo credere non deberes), diese Fonn dann jedoch aufgibt zugunsten eines Lehrvortrags christlicher Soteriologie, dessen argumentativer Charakter u.a. in den Kon­nektoren (enim, el hoc ullde, non enim sine causa, sed, ergo) zum Ausdruck kommt. Die Sätze sind bewußt kurz gehalten und von Augustin zu einer durchrhythmisierten dogmatischen Fonnelsprache verdichtet worden.411 Dabei wird offenbar der wesentliche Gehalt eines jeden Gedankens ab­schließend in einem Dikolon zusammengefaßt, welches durch Reimbildung und rhythmische Parallelität der Kadenz sehr gut geeignet ist, den Hörern in Erinnerung zu bleiben. So bündelt gleichermaßen:

nullo modo isla paleremur (02), si non mereremur (0) die ErbsUnden­lehre, eu/pam :m(�U peeeala donando (0), poenam $.9.lY..i.� a morluis resurgendo (trO) die Christologie, quae nune .a/J..([acil lormenlum (trS), poslea fiki erit ornamen/um (tr'S) die Eschatologie.

'LS Obgleich von Augustin schwerlich beabsichtigt, lassen Sattkoordinierung und abschlie­ßende Inlerrogario unwillkürlich an die überlegene Zurechtweisung denken, mit welcher der Herr auf die Ohrfeige des Hannasknechtes reagiert: 10 18, 23 (Vg) si male locutus sum, testimonium perhibe de malo, si autem bene, quid me caedis? Vgl. dazu 10. ev. Ir. 1 13, 4 (CCl 36, 639) quid isfa responsione verius, mansuelius, iustius? '16 Als klangvolle Verbalreime sind bei Augustin besonders beliebt: Formen des Pan. Präs .•

Gerundium und Gerundiv, lange Reihen des Impf. und im Perfektstamm Formen auf -

erunt sowie solche mit Zischlauten, vgl. SCHUCHTER, Predigtstil, 122f. '17 So schon bei der 'ErbsOndenlehre' (Z. 45ff.): causa peccatum est (0). in uno peccavi­

mus (C,J et omnes ad corruptionem lIali sumus (trC,J. malorum omnium lIostrorum causa peccatum esl (O). non enim sjne causa homines malo isto potiuntur (02), iustus est deus (H), omnipotens est deus (Ca).

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2 1 2 Vier Themenpredigten

Besonders das zuletzt zitierte Dikolon erfüllt, ganz abgesehen von der mit allen verbundenen suavitas418, nicht nur das für die Narratio zentrale offici­um docendi419, sondern will die Adressaten auch zu einem Lebenswandel in christlicher Hoffnung bewegen. Diese Wirkungsabsicht des movere ist ebenso den Wortspielen perseveremus et ad rem perveniemus (Z. 53f.) und s;ne deformitate, sine morlalitale, sine onere, s;ne pondere (Z. 54f.) eigen (jeweils mit Alliteration bzw. Anapher, Assonanz und Reim).

Daß Augustin schon an dieser Stelle der Predigt in solcher Weise um gesteigertes Pathos bemüht sein kann, nimmt nicht wunder; denn die Fra­gen, über die ein christlicher Redner handelt, haben im Unterschied zu den pagancn causae forenses letztlich alle eine erhabene Bedeutung, insofern sie auf das ewige Heil zu beziehen sind: (doctr. ehr. 4, 35 (CCL 32, 142)) in istis autem Ilostris [sc. in ecclesiasticis quaestionibus] , quandoquidem om­nia, maxime quae de /oco superiore popul is dicimus42o, ad horninum sa/u­lern nec ternporariam, sed aelernam referre debemus, ubi eliarn cavendus est aeternus inleritus, omnia slint magna, quae dicimus ( . . . ). Außerdem muß, wenn die Belehrung wie im Falle der hier vorgestellten Eschatologie zu einem bestimmten Handeln anregen will, gerade die affektive Zustim­mung der Hörer erreicht werden, ohne daß dabei die pars orationis eine Rolle spielte: (doctr. ehr. 4, 29 (ebd., I 36f.)) oportet igitur eloquentem ec­cIesiasticum, quando suadel aliquid, quod agendum es/, 1Ion so/um dacere, ut inslrual, et de/eclare, ul teneat, verum etiamfleClere, ul vineal.

lm Rahmen einer narralio (probabilis) hat schon die klassische Rhetorik gegenüber dem doeere die beiden anderen hier genannten Funktionen der Beredsamkeit nicht ausgeschlossen·m, das erlaubte Maß an Pathos aber selbst bei einer res maior im Vergleich zur Peroratio beschränkt, soll doch deren Leidenschaft nicht schon erreicht, sondern nur vorbereitet werden.422

Augustin folgt gleichsam dieser Empfehlung, wenn er am Ende von s. 240 zur Widerlegung der Plausibilität der philosophischen Seelenwande-

411 Diese tritt den necessariae virtutes narrationis zur Seite: Cie. part. 3 1 C. quid. in narra­tione quae tandem observanda sunt? P. quoniam narratio est rerum explicatio el quoe­dom quasi sedes et fundamentum constituendae fidel. ea sunl in ea obserwJnda maxime, quae etiam in reliquis fere dicendi partibus; quae partim sunt necessaria. partim ad­sumpla ad ornandum. nam ut dilucüle probabiliterque narremus necessarium esl. sed adsumimus eriam suavitatem (vgl. Lausberg § 293).

m Vgl. doctr. ehr. 4, 6 (CCl 32, 1 19) si docendi sunt, qui alldiunt. narrariollefaciendum esl.

420 GREEN. Augustine: Oe Ooctrina Christiana, 241, übersetzt: .. ( ... ) especially whal we say 10 congregations from our posilion of authority ( . . . )." 421 Vgl. Lausberg § 293.

m Vgl. ebd. § 332 mit Hinweis auf Quint. inst. 4, 2, 1 12.

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Senno 240 2 \ 3

rungslehre den Hörern einen endgültigen Zustand postmortalen Heils in Aussicht stellt, dabei aber das in der Narratio verwendete Wortspiel um ein reimbildendes Kolon erweitert, das den Gläubigen ewiges Leben bei Gott verspricht (Z. 102-105):

qui ergo credideril in mediatorem el fideliter ae bene vixerit, exiet quidem de corpore et erit in requie; postea veTO recipiet corpus (01) non ad formen/um (S), sed ad ornamelltum (S), el vivet curn deo in aeternY.!1l (mSI). non esl quod eum delectet ul redeat (03). quia secum habel corpus (0).

Im zweiten Hauptteil der Narratio (Z. 58-84) erfüllt die Predigt die Auf­gabe, auf welche Augustin sich in der Recapitulatio bezieht: proposui vobis hodie quid dicont etiam philosophi mund; hujus. Dementsprechend über· wiegt die Darstellungsfunktion der Sprache, der appellative Ton nimmt ab, besonders in der längeren oratio obliqua, die weitgehend um Sachlichkeit bemüht zu sein scheint. Gleichwohl ist die Absicht, auch jetzt die Sache des Christentums zu vertreten, unverkennbar. Dies zeigt sich bereits in der wie­derholten Unterscheidung der philosoph i peiores und meliores und dem zu­grunde gelegten Kriterium, der Überzeugung von der Unsterblichkeit der Seele. Der Prediger stellt fest, daß die 'besseren Philosophen' sich trotz vieler lrrtümer damit der Wahrheit seines eigenen Standpunktes annähern, welcher so nur an Glaubwürdigkeit gewinnen kann (Z. 64-66):

et in quo erallt il/i (0) f meliores (S2) quamvis in multis (S) a Y.�r.a�{� deviantes (TI), tarnen ill quo eralll isti (0) superiores (TI), .l!�ä.t.q!i (T) luerant propinquantes (trQ).

Der Endreim und die in das Contrarium eingebaute Traductio machen den Reiz dieses Wortspiels aus, mit dem zugleich die Bewertung der beiden Philosophengruppen endet. Man kann fragen, warum Augustin keine philo­sophischen Schulen und deren Vertreter benannt hat. Da im weiteren Ver­lauf der Predigtreihe dem Publikum durchaus die Namen einzelner Philoso­phen präsentiert werden423, dürfte rur den Verzicht auf solcherlei Genauig-

m Vgl. etwa s. 241, 6 (PL 38. 1 136), wo mit betonter Gleichgültigkeit ein Gegner tur den philosophischen Schlagabtausch ausgwählt wird: hic sapiens, Me philosophe. hoc eSl in terra - verbi graria Pythagoras, PlalO, Parphyrius el nescio quis alius ipsorum - quare philosopllaris? Wenig später wird die Lehre des Porphyrius von der seiner Vorgänger abgesetzt: magnus eorom philosophus posterius Porphyrius, fidei Chrisrianae accerri· mus inimicus, qui iam Chrislianis lemporibus fuil, sed tamen ab ipsis deliramentis eru· bescendo a Christianis ex aliqua parte correptus dult, scripsi(: corpus est omne fugien­dum (Ein bedeutender Philosoph unter ihnen war später Porphyrius, ein erbitterter Feind des christlichen Glaubens, der bereits in christlicher Zeit gelebt, aber dennoch. da er sich vor ihren Albernheiten schä.mte (d.i. vor der Metempsychose, vgl. civ. 10, 30 (CCL 47,

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214 Vier Themenpredigten

keit hier weniger der zumeist geringe Bildungsstand der multitudo audi­enlium verantwortlich sein, als vielmehr eine dispositionelle Entscheidung des Vortragenden: Die Narratio 5011 nicht allzu ausfllhrlich geraten und übersichtlich bleiben.424

Augustins Vorbehalt selbst gegenüber den platonischen Denkern äußert sich deutlich darin, daß er ihnen, wie der weltlichen Philosophie insgesamt, nur ein beschränktes, d.h. menschliches Erkenntnisvermögen zubiJIigt (vgl. Z. 67ff. . .. quaesieront causas, quantum homines potuerunt, e/ dixerunt. sieut pOluerunl . . . el hic conlriverun/ ingenia sua et laboraverunt, quantum

dd h · ·b .

) '" potuerunt, re ere amin' us ratJOnem , .. . Damit die einfachen Hörer den Unterschied, den die philosophische Lehre

zwischen dem Ergehen der Seelen der Sünder und der Gerechten macht, auch sicher erfassen, bietet Augustin am Ende seines Referats der Seelen­wanderungslehre eine wiederholende Zusanunenfassung des soeben Gesag­ten (vgl. Z. 79ff. hoc ergo interesse voluerunt inter animas peccatoru11I et animas iuslorom ( . . . » . Auch hier läßt sich wieder die Mündlichkeit des Vortrags erahnen (s.o. zum Prooemium). Dabei mündet diese Wiederho­lung in eine Formulierung, die den Hörern jetzt noch deutlicher absurd erscheinen muß (vgl. Z. 82ff.): Den Seelen der Gerechten sei zwar nach Aussage der Philosophen ein Ort der Ruhe beschieden, doch nicht rur im­mer,

sed rursus delectari corporibus et de summis caelis post tarilam iusti­tiam ad iSla mala facere nlinam,,26

3D7!.)] , dabei aber teilweise der Kritik der Christen nachgegeben haue, gesagt und ge· schrieben hat: ,,Jeder Körper ist zu niehen. ")

424 Augustins Feststellung sunl Ubri, leguntur (Z. 61) bezieht sich Ubrigens nicht spe"l:icll auf die Lektüre seiner Hörer, sondern will ganz allgemein sagen, daß das Gedankengut der Philosophen immer noch Verbreitung findet. Folglich muß man sich damit ausei· nanderselzen und kann dies auch, da die Schrifllichkeit ausreichend Anhalt und An­griffsfläche bietet. Vgl. in bezug auf die Schriften der Manichäer en. Ps. 140, 10 (CCl 40, 2033) ipsi falenlur quia duae subslanliae sunt; una illa, el una ista. /ibri eorum hoc habenI; el si neganl, leguntur, et convincuntur.

m Er greift darauf innerhalb der eigentlichen Argumenlatio wieder zurück: s. 242, 5 (Pl 38, 1 140) sed inquis, quomodo erit terrenum corpus in caelo? philosophi enim gentium. iIli vafde magni. quorum vobis iam vef insanas vef cerle hllmanas sententias intima vi -quaesierunt quippe ista non spiritu dei, sed conieciura cordis human; - hinc maxime Ja­efunl quaestiol1em ( ... ) . • 16 Eine Rhythmisierung scheint hier im ganzen nicht angestrebt zu sein. Am Satzschluß wäre in Übereinstimmung mit dem Wortakzent C�SI.2 zu messen. Eine reine Akzent­klausel fUrfacere ruinam als cutSuS ttispondaicus (-'- - - -'-) anzusetzen, hilft wenig, vielmehr müßte dann der betonIe und inhaltlich wichtige Auftakt ad istll mll/II (in Oppo­sitio zu de summis caelis) rhythmisch unberücksichtigt bleiben.

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Senno 240 215

Die Reprobalio

1m letzten größeren Teil von s. 240 ist es Augustin nicht darum zu tun, die dargebotenen Auffassungen der Philosophen detailliert zu widerlegen. Dies bleibt den späteren Sennones überlassen. Die aktuelle Predigt soll statt dessen jetzt die heidnische Weisheit als eine von Gott verworfene erwei-

417 sen. Zu diesem Zweck zitiert Augustin die von Paulus verwendeten Oxymora

s/ulramfecit deus sapientiam huius mundi bzw. sapientia mundi stultita est apud deum (I Cor I , 20; 3, 19), Schriftstellen, welche neben Col 2, 8428 die negative Einschätzung der Philosophie bei den lateinischen Vätern beson­ders bestimmt haben.429 Die Akzeptanz seiner abschätzigen Bewertung der Metempsychose durch die Hörer sucht er dabei durch eine Amplificatio der paulinischen Aussage zu erreichen:

si sapientia rnundi stultitia est apud deum, vera sluititia mundi (T') quam longe esl a deo (C..,)?"o

Während also die wahrhaft törichte Lehre der Philosophen (vgl. Z. 107) nicht zu Gott führt, ist dieser Zugang nur durch die vermeintliche Torheit der christlichen Verkündigung gesichert (Z. 89):

est tamen quaedam stultitia mundi huius (01), quae pervenit ad deum (Cm').

Den Beleg liefert abermals ein Argumentum ex auctoritate scripturae: quoniam in sapientia dei non cognovit mundus per sapientiam deum, placuit deo per stultitiam praedicationis salvos facere credentes. et dieit: quoniam Iudaei signa petunt, et Graeei sapientiam quaerunt, nos autem praedicamus Christum crucifixum, Iudaeis quidem scandalum, gentibus stultitiam, ipsis autem vocatis Iudaeis et Graecis Christum dei virtutem et dei sapientiam (I Cor I , 21 -24).

427 Vgl. Z. 107f. ( ... ) quorum deliS sapienliam tamquam veram sluititiam reprobavil ( ... ), vgl. I Cor 1 , 19 perdam sapienliam sapientium [Is 29, 14] et prudentiam prudentium re· orobabo. Das lat. reprobare übersetzt hier 6.0nETv "außer Kraft setzen, fur ungültig er­klären", welches Paulus an dieser Stelle unter dem Einfluß von LXX Ps. 32, 1 0 (6.0tut öt. AOyt0J.10\x; Aa&v Kai uOnd ßoUA� uQx.6vroov) verwendet. Demgemäß meint die fUT diesen Predigueil von s. 240 vorgeschlagene Überschrift 'Reprobatio' nicht im enge­ren Sinne einen rhet. t. t., wie er bei lul. Ruf. rhet. 12, p. 42 verstanden wird: 6:lI:OöioX;l�, reiectio vel reprobatio quarundarum rerum, quasi in quaestionem non venire dignarum, neque oportuisse aut ab adversariis poni aut a nobis quaeri out a iudice postulari.

m (Vg) videte, ne quis vos decipiat per philosophiam et inanemfallaciam secundum traditi. onem hominum, secundum elementa mundi et non secundum Christum.

'29 Vgl. A. WLOSOK, Philosophie. 11. C. Lateinische Patristik: HWPh VII, Sp. 627. 410 Ein argumentum a minore ud maius vgl. Lausberg § 397.

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216 Vier Themenpredigten

Augustin konnte gewiß sein, daß die leidenschaftliche Antithetik dieser paulinischen Perioden den gewünschten Eindruck auf sein Publikum nicht verfehlen würde, entsprach doch die Umwertung des Kreuzestodes Christi und die dabei aufgezeigte Heilsperspektive rur die berufenen Gläubigen dem neuen christlichen Selbstverständnis in einer immer noch weitgehend heidnisch geprägten Umwelt.431

Die asyndetischen Kola, die anschließend das Pauluszitat kommentieren, sind ebenso kurz wie einleuchtend und lassen in ihrer raschen Folge den Hörern keinerlei Möglichkeit mehr, die behauptete Identifizierung von Christus und sapientia in Frage zu stellen (Z. 95-97):

yen;t dominus Christus sapientia dei. caelum tonal, ranae taceant. quod dixit veri/as hoc est verum. quod dixit in malo quidem esse genus huma­Ilum causa peccati, mamfestum esl.

Vornehmlich das polemische Bildwort über die gegen die Heiden don­nernde Stimme der göttlichen Offenbarung (s.o. die Detailkommentierung) zeigt, wie sehr der Prediger hier auf emotionale Zustimmung setzt. Rheto-

"li Vgl. s. 361 , 4 (PL 39, 1600) ad hone ergo disputationem ( ... ) iam iamque transirem, nisi me in i/Ia quaestione, ubi quaeritur, utrum omnino resurgant mortu;, aliquantulum im­morari cogeret Sollicjludo quaedam de nimis carnalibus Jratribus nostris et prope paga­nis ( . . . ). pagani \lf!ra el irrisores resurreclionis quotidie In auribus Christianorum im­murmurare non cessant: manducemus et bibamus; cras enim morimur. Zur Bedeutung der Antithese rur die christliche Predigt vgl. K. BERGER, Antike Rhetorik und christliche Homiletik, in: COLfE, HONNEFELDER, Lurz-BACHMANN (Hgg.), Spätantikc und Chris­tentum. Berlin 1992, 1 8 \ f., zu den Antithcsen bei Paulus bes. NORDEN, Antikc Kunst­prosa I, 507f., der in diesem Zusammenhang auch auf dic berühmte Stelle aus civ. 1 1 , 1 8 über die rerum eloquentia hinweist, welche deutlich 7..eigt. wie bcwußt sich Augustin der Wirkung des antithctischen Stils Pauli war (CeL 48, 337): neque enim deus ul/um, non dico ange/orum, sed vel hominum crearet, quem malum futurum esse praescisset, nlsi pariter nosset quibus eos bonorum usibus commodarel alque Ila ordinem saeculorum tamquam pulcherrimum carmen eliam ex quibusdam quasi anlilhelis hOfleslarel. antilhe­ta enim quae appellanlur in ornamenlis elaculionis sunt decentissima. quae Latine ul appellenlur opposila, vel. quad expressius dicitur. contraposila, non est aplld IIOS huills vocabuli consuetudo. cum tarnen eisdem omamentls loculionis eliam sermo Latinus ula­tur, immo linguae omnium gentium. his antilhetis et Paulus apostolus in secunda ad Co­rinthios epislula iIIum locu.m suaviler explicat. ubi dicU: per arma iuslitiae dextra et si­nistra: per gloriam et ignobilitatcm, per infamiam el bonam famam; ut soouclores el vc­raccs, ut qui ignoramur el cognoscimur; quasi moricntes, cl ecce vivimus, ut coherciti el non mortifieati; ut tristes, semper aulem gaudentcs, sicut egcni, mullos autem ditantes, tamquam nihil habentes cl omnia possidentes [11 Cor 6, 7-10]. sieul ergo isla contraria contrariis opposita sermonis pulchritudinem reddunt: Ua quadom non ve,borum. sed re­rum eloquenlia conlrariorum oppositione saeculi pulchriludo componitur. apertissime hoc posilum est in libro Ecclesiaslico isto modo: contra malum bonum est cl contra mOf­lern vila; sie contra pium peccatof. el sie intuere in omnia opera altissimi, bina bina, unum contra unum (Sir 33, 15].

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Senno 240 217

risch auffallig gestaltet ist durch die Traductio auch das nachfolgende Ko­lon, das jeden Zweifel am christlichen Wahrheitsanspruch ausräumen wi1l432. Mit der Rede vom Übelzustand des Menschengeschlechts bereitet Augustin schließlich die Aflinnatio über den erlösenden Glauben an Chri­stus mediator vor, in welche er eine Expolitio einbaut (vgl. Z. 97-102)4)), um bei Hörern hoffnungs frohe Einsicht in den einzigartigen Charakter die­ser Mittelstellung zu wecken"', die ablehnende Haltung der Philosophen aber unbegründet erscheinen zu lassen.

Mit der Aussicht auf eine leibhaftige Auferstehung und das vivere cum deo in aelernum beendet Augustin die Reprobatio der heidnischen Philoso­phie und erreicht, daß deren Lehre, obgleich wie gesagt ihre argumentative Widerlegung im einzelnen noch aussteht, dennoch am Ende seiner Predigt nicht unwidersprochen bleibt. Auf diese Weise läßt der Bischof auch dieje­nigen, welche die filr den nächsten Tag angekündigte Fortsetzung nicht mehr hören werden, keinesfalls im Zweifel über die 'Torheit' weltlicher Weisheit, die andern aber macht er schon geneigt, sich bei der folgenden Auseinandersetzung um die resurreclio auf die Seite der propria fides Christianorum zu schlagen.

m Die kurzen Kola machen eher einen unrhythmischen Eindruck. Selbst bei den d�r:h Tropus- bzw. Figurengebrauch hervorgehobenen Fonnulierungen eaelum lanal, ranae laetalll (crS}) quod djx;t veritas hoc esl verom (crS) ist offenbar keine gUle Klausel an­gestrebt.

m Vgl. Rhet. Her. 4, 54 expolitio esl, cum ;n eodem loco manemus et alilld alque aliud dieere videmur. zitiert nach Lausberg § 330.

4}4 Die El.politio zählt zu den augendis affeetibus aeeommodataefigurae vgl. ebd. § 808.

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4. SERMO 1 8 1

a) Einftihrung

Senno 1 8 1 wird von den Maurinern zu denjenigen exegetischen Predigten Augustins gezählt, die sich gegen die Pelagianer richten''', mit denen sich der Bischof wohl erst ernsthaft auseinanderzusetzen begann, nachdem er von der Verurteilung des Caelestius in Karthago (41 1) gehört hatte und das Fortwirken der pelagianischen Lehre in Nordafrika fUrchten mußte.436

Da er dabei nach eigenem Bekunden den Namen der Häretiker zunächst unerwähnt ließ, um sie dadurch eventuell leichter bekehren zu können437, deutet bereits der Umstand, daß die Gegner in s. 1 8 1 eindeutig identifiziert werden (vgl. Z. 2 l f. haeretici autem sunt Pelagiani Udemque Caelestiani, qui hoc dicunt; Z. 122f. uhi es ergo, haeretice Pelagiane vel Caelestiane?) auf eine spätere Zeit hin. Kunzelmann, der Pelagius als Häresiarchen zum ersten Mal in Augustins ep. 179 (geschrieben an Johanncs v. Jerusalem nach der Synode von Diospolis (Ende 415)) und dann noch in den ep. 175-177 (an Papst Innozenz nach den Synoden von Karthago und Mileve (41 6)'''), erwähnt findet, will rur die Predigt ein Datum nach 4 1 6 anset­zen '" De Plinval denkt daran, daß s. 18 1 ebenso wie die ss. 1 63, 165 und 1 83 Teil der rhetorischen Kampagne war, mit der Augustin nach der päpst­lichen Bestätigung der synodalen Beschlüsse von Karthago und Mileve im Jahr 417 einem sich abzeichnenden Widerstand gegen die in Rom ausge­sprochene Exkommunikation des Pelagius und Caelestius habe begegnen wollen.440 Brown sieht Augustin in der Predigt den Triumph auskosten, der

m Vgl. die Überschrift in PL 38, 979: De verbis Epislolae I loannis. cap. 1, 8, 9. Si dixeri­mus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, ct veritas in nobis non cst. Con­tra Pelagianos.

4.16 V gl. G. BONNER, PelagiusfPelagianischer Streit TRE XXVI, 177f. m Vgl. etwa dic Bemerkungen, die Augustin in retT. 2, 33 (CCL 57, 1 1 7) dazu im Zusam­

menhang mit der Revision seiner ersten anlipelagianischen Schrift aus dem Jahr 41 1/412 macht venit eliam necessitas quae me cogeret adyersus noyam Pelagianam haeresim scribere. contra quam prius. cum opus erar. non scriptis sed sermonibus et COllloculio­nibus agebamus. ul quisque noslrum polerat auf debebat. missis ergo milli a Carthagine quaeslionibus eorum quas rescribendo dissolverem. sCrlpsi primum tres libros. quorum titulus esl: de peccalorum meritis et remissione. ( ... ) in his autem libris tacenda adhuc arbilralus sum nomina eorum sic eos facilius posse corrigi sperans ( ... ).

4)1 Wo nach dem Freispruch in Diospolis Pelagius und Caelestius verurteilt wurden. 419 Vgl. KUNZElMANN, Festlegung, 36 u. 57. 4.40 Vgl. G. DE PUNVAL, pelage. Ses ecrits, sa vie ct sa reforme. Etude d'histoire litteraire CI

rc\igieuse. Lausanne 1943, 3 1 1 f. mit Hinweis auf die bekannte Stel1e aus s. B I , 10 (PL 38, 734) ubi lales inveneritis. occultare nolite. non sit in vobis perversa misericordia:

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Senno 1 8 1 2 1 9

für ihn seit dem Inkrafttrctcn der staatlichen Häretikergesetze des Kaisers Honorius und der endgültigen kirchlichen Verurteilung der Pelagianer durch die Epistula tractoria des Papstes Zosimus (418) feststand.441

Inhaltlich ist s. 1 8 1 jedenfalls um die Widerlegung eines exklusiven Kir­chenverständnisses bemüht, das Pelagius im Hinb1ick auf Eph 5, 27 schon in Diospolis vorgeworfen worden war (s.u. die Detailkommentierung). Augustin faßt diesen Aspekt der pelagianischen Lehre, den er gleichenna­ßen bei den Donatisten hatte bekämpfen müssen, in haer. I , 88, 5 (CCL 46, 34 1 ) wie folgt zusammen: in id etiam progrediuntur, ut dicant vitam ius/o­rum in hoc saeculo nuJ/um omnino habere peccatum el ex his ecclesiam Christi in hac mortaU/ale perfid, ut si! omnino sine macula et ruga, quasi non sit Christi ecclesia, quae toto terrarum arbe damat ad deum: dimitte nobis debita noslra [Mt 6, 12]. Die Zurückweisung der falschen Auslegung von 1 10 I , 8f. (vom Apostel angeblich nur aus Demut gesagt) und Mt 6, 1 2 (scheinbar nur gültig flir die Sünder) rückt s. 1 8 1 in die Nähe der Synode von Karthago aus dem Jahr 4 1 8, wo in den can. 6-8 genau diese Irrtümer der Pelagianer verurteilt wurden (vgl. DH 228-230).44'

Rhetorisch ist die Predigt von Interesse, weil sie wie die bisher untersuch­ten Beispiele die geschickte Durchftihrung einer offenbar gründlich geplan­ten (wenn auch nicht erkennbar schriftlich vorbereiteten) Themenbehand­lung zeigt, bei welcher es zu Augustins Taktik gehört, die Gegner zunächst mit Hilfe eines dialektischen Disputationsverfahrens unglaubwürdig er­scheinen zu lassen, um sie anschließend ihrer mangelhaften kirchlich­liturgischen Praxis zu überfUhren.

prorsus Ilbi lales inveneri/is, oeculrare noUte. redarguite conrradicentes, el resistentes ad nos perdllcite. iam enim de hac causa duo concilia missa sunl ad sedem apostolicam: indt etiam rescripla venenmt. eausa finita esl: utinam aliquando finiatur error.

441 V gl. BROWN, Augustine, 363 unter Bezug auf s. 1 8 1 , 1 u. 3 . .. , V I g . A.- M. LA BONNARDIERE, Les commentaires simultanes de Mal. 6, 12 el de 1 Jo. I,

8 dans I'ccuvre dc saint Augustin: REAug I (1955), 129f LA BONNARDIERf hält die ge­nannten Canones fUr eine Zusammenfassung augustinischer Lehre, die sie in seinem Werk von 4 1 1 an nachweist; s. 1 8 1 datiert sie auf die Jahre 416-417 ("gI. ebd. 130f).

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220 Vier Themenpredigten

b) Text und Übersetzung

s. 1 8 1 (nach CAG = PL 38, 979-984)

[1] beatissimus Ioannes apostolus salubriter ct veraciter scribens inter cc­tera ait: «si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, ct veritas in nobis non est. si autem confessi fuerirnus peccata nostra, fidelis est et iustus. qui dimittat nobis peccata ct mundet nos ab omni iniquitate.»

S his verbis docuit beatus Ioannes, imo ipse dominus Iesus non se tacens per loannem. neminem in ista carne, in isto corruptibiJi carpore, in ista terra, in isto maligno saeculo, in ista vita tentationibus plena, neminem hic vivere sine peccato. absoluta sententia est nec expositore indiget: «si dixerimus quia peccatum non habemus.» quis est enim qui non habet peccatum? sicut

10 scriptura dicit, <mec infans cuius est vita diei unius super terram». talis par­vulus peccatum non fecit, sed de parentibus traxit. ergo nullo modo quis­quam potest dicere non se habuisse peccatum. sed accessit per fidem ad lavacrum regenerationis homo fidelis, el omnia dimissa sunt ei; iam sub gratia vivit, in fide vivit, membrum Christi factus est, templum dei factus

1 5 est ; el tarnen sie quomodo membrum Christi et templum dei factus est, si dixerit se non habere peccatum, seipsum seducit, et veritas in eo non est; prorsus mentitur, si dicat: «iustus sum.»

[2] sunt autem quidam inOali utres, spiritu elationis pleni, non ma&'11i­tudine ingentes, sed superbiae morbo tumentes, ut dicere audeant inveniri

20 homines absque peccato. dicunt ergo iustos prorsus in hac vita nullum ha­bere peecatum. haeretici autem sunt Pelagiani iidernque Caelestiani, qui hoc dicunt. el curn responsum illis fuerit: «quid est quod dicitis? ergo vivit hic homo sine peccato et non habet omnino ullum peecatum nec facto ncc verbo nee cogitatione?», respondent de illo superbiae vento, quo pleni sunt

2S - quem ventum utinam finirent, reflarentur et tacerent, id est, humiles fie­rent, non elati - respondent, inquam: «prorsus isti homines saneti, fideles dei, nec facto nec verbo nee cogitatione possunt ullum habere peccatum.» et eurn eis dicitur: «qui sunt isti iusti, qui sine peccato sunt?» , respondent el dicunt: <<tola ecclesia.» mirari potuissem, si invenirern unurn, duos, tres,

30 decem, quot quaerebat Abraham. Abraham enim a quinquaginta usque ad decem descendit; tu, hacretice, respondes et dicis mihi totam eccJcsiarn. unde hoc probas? <<probo», inquis. proba, rogo te. rnagnum enim mihi gau­dium affers, si docere potueris totam prorsus ecclesiam in singulis quibus­que fidelibus suis nullum habere peccatum. <<probo», inquis. die, unde.

3S «apostolus loquitur.)) quid Ioquitur apostolus? «ChristuS)), inquit, «dilexit ecclesiarn.)) audio et apostoli verba esse cognosco. «nmndans eam Iavacro

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Senno \8\ 22\

aquae in verbo, ut exhiberet si bi gloriosam ecclesiam non habentern macu­

lam aut rugam aut aliquid huiusmodi.» audivimus de nube magna tonitrua. nuhes enim dei apostolus. verba ista sonuerunt et tremere nos feeerunt.

40 [3] sed dicite nobis, antequam quaeramus, quomodo ista verba apostolus dixerit, dicite, inquam, nobis, utrum vas iusti estis an non. respondent: (dus­ti sumus.» ergo non habetis peccatum? per orrmes dies, per omnes noetes nihil mali facitis, nihil mali dicitis, nihil mali cogitatis? non audent dicere (mihib), sed quid respondent? «nos quidem peccatores sumus, sed de sane-

45 tis loquimur, non de nobis.» hoc VQS interrogo: christiani estis? non dico: iusti estis? christiani estis? non audent negare. «christiani», inquiunt, «su­mus.» fideles ergo estis? baptizati estis? «baptizati», inquiunt, «sumus.» dimissa sunt vobis cuncta peccata? «dimissa» , inquiunt. quomodo ergo estis peccatores? sufficit mihi unde vos repellam. vos christiani estis, bapti-

50 zati estis, fideles estis, membra ecclesiae estis, et habetis maculas et rugas? quomodo ergo est ecclesia isto tempore sine macula et ruga, cum vos sitis ruga eius et macula? aut si non vultis esse ecclesiam nisi eam quae sine macula et ruga est, cum rugis vestris et maculis praecidite vos a membris eius, praecidite vos a corpore eius! sed quid adhuc dicam ut se ab ecclesia

5S segregent, cum hoc iam fecerint? haeretici enim sunt, iam fons sunt; cum tota rnunditia sua foris remanserunt. redite et audite; audite et credite!

[4] forte dicturi estis in corde vestro turnido el inOato: <murnquid potuimus dicere quia iusti sumus? necesse utique erat propter humilitatem, ut diceremus nos peeeatores esse.» propter humilitatem ergo mentiris?

60 iustus es, si ne peecato es, sed propter humilitatem dieis te peceatorem. quomodo te accipiam tanquam christianum in alterum testern, quem contra te ipsum leneo falsum testern? iustus es, sine peccato es, et dicis te habere peccatum. lestis ergo falsus es contra te. non aceipit deus mendacem humilitatem tuam. inspice vitam tuam, vide conscientiam tuam. ergo iustus

65 es, sed non potes ni si dicere te peccatorem? audi Ioannem; ipse tibi repetit quod etiam superius veraciter dixit: «si dixerimus», inquit, «quia peccatum non habe mus, nos ipsos seducimus, et veritas in nobis non eSD). tu non habes peecatum, et dicis te habere peccatum; veritas in te non est, quia non dixit Ioannes: «si dixerimus quia peceatum non habemus, humilitas in

70 nobis non est.», sed dixit: <mos ipsos seducimus, el veritas in nobis non est.» ergo mentimur, si dixerimus nos non habere peccatum. si mendacium timuit loannes, tu mendacium non times, ut eum sis iustus, dicas te esse peecatorem? quomodo ergo te accipiam ad alienam eausam testern, qui in causa tua mentiris? sanctos reos constituis, dum contra te falsum testi-

75 monium dicis. quid facturus es alteri, qui te infamas? quomodo alter tuam calumniam devitabit, quando te tuae linguae mendacio reum facis?

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222 Vier Themenpredigten

[51 iterum te interrogo alio modo: iustus es aut peccator? respondes,

«peccatoo>. mentiris, quia non quod te esse corde credis, hoc ore dicis. ergo cl si non eras peccator, esse incipies dum mentiris. dicis enim: «humilitatis

sc causa nos dicimus peccatores esse; nam deus videt quia iusti sumus.» eum ergo hurnilitatis causa mentiris, si non eras peccator antequam mentireris, mentiendo efficeris quod evitaveras. veritas in te non est, nisi te ita dixeris peccatorem, ut etiam esse cognoscas. veritas aulem ipsa est, ut quod es di­eas. nam quomodo est humilitas, ubi regnat falsitas?

8:5 [6] postremo omittamus loannis verba! ecce in corpore ecclesiae. quam dicis non habere maculam aut rugam aut aliquid eiusmodi el esse sine pec­eato, ecce veniet hora orationis, oratura est tota ecclesia, cl tu quidem fons es; veni ad orationem dominicam, veni ad trutinam, veni, die: «pater noster, qui es in caelis.» sequere: «sanctificetur nomen tuum, veniat regnum tuum,

9�O fiat voluntas tua, sicut in eaelo et in terra! panem nostrum quotidianum da nobis hodieb) sequere et die: «dimitte nobis debita nostra!» responde, hae­retice, quae sunt debita tua? an forte pecuniam mutuam a deo aecepisti? «non», inquit. non te ego amplius interrogabo de hoc; ipse enim dominus expositurus est, quae sint debita quae nobis petimus relaxari. dicamus ergo

9)5 sequentia: « sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.» exponat hoc domi­nus: «si enim dimiseritis hominibus peecata,» - ergo debita vestra peecata sunt - «dimittet vobis et pater vester peceata vestra.» redi ergo, hacretice, ad orationem, si obsurduisti contra veram fidei rationem! «dimitte nobis debita nostra», dieis, an non dicis? si non dicis, etsi praesens fueris corpore,

100 fons tarnen es ab ecclesia. ccclesiae enim oratio eSl, vox est de magisterio domini veniens. ipse dixit: «sic orate»; discipulis dixit: «sic orate»; discipu­lis dixit. apostolis dixit, et nobis qualescurnque agniculi sumus dixit; arieti­bus gregis dixit: «sic orate». videte quis dixerit ct quibus dixerit: veritas discipulis, pastor pastorum arietibus: «sic orate: dimitte nobis debita nostra,

1015 sicut et nos dimittimus debitoribus nostris», rex militibus, dominus servis, Christus apostolis; veritas hominibus loquebatur, sublimitas humilibus 10-quebatur: «seio quid in vobis agatur; ego vos appendo, ego de trutina mea renuntio, prorsus dico quid in vobis agitur. hoc enim ego plus quam vos seio. dicite: <dimiue nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus

1 1 0 nostris!») [7] interrogo te, homo iuste, sancte, homo sine macula et ruga, interrogo

te, inquam: oratio ista ecclesiae est, fidelium est an catechumenorum? certe utique regeneratorurn est, id est baptizatorum; postremo, quod totum supe­rat, filiorum est. nam si non est filiorum, qua fronte dicitur: <<pater noster,

1 1 5 qui es in caelis»? ubi ergo estis, 0 iusti et sancti? in membris ecclesiae huius estis, an non estis? ibi eratis, sed iam non estis ibi. et utinam iam

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Senno 18 1 223

praecisi accepta ratione audiant cl credant. ergo si tota ecclesia dicit: «di­mitte nobis debita nostra», reprobus est qui hoc non dicit. cl nos quidem eurn dicimus: «debita nostra», quousque id quod petimus accipiamus, re-

\20 probi sumus, quia peccatores sumus. sed quod VQS non facitis, nos facien­

da, id est peccata nostra confitendo, mundamur, si tarnen faciamus quod

dicimus: «si cut cl nos dimittimus debitoribus nostris» . ubi es ergo, haere­tiee Pelagiane vel Caelestiane? ecce tota ecclesia dicit: « dimitte nobis debi­ta nostra» . habel ergo maculas cl rugas. sed confessione ruga extenditur,

125 confessione macula abluitur. stat ecclesia in oratione, ut mundetur confes­sione, cl quamdiu hic vivitur, sie stat; cl eurn de eorpore exierit unusquis­que, dimittuntur ei omnia, quae talia habebat ut dimitterentur debita, quia el quotidianis precibus dimittuntur; et tune exit mundatus, et thesaunzatur ecclesia in thesauros domini aurum purum; ac per hoc in thesauros domini

130 ecclesia est sine macula et ruga. et si ibi sine macula et ruga est, hic quid orandum est? ut venia percipiatur. qui dat veniam, maculam extergit; qui ignoscit, rugam extendit. el ubi extenditur ruga nostra? tanquam in tendicu­la magni fullonis, in cruce Christi. in ipsa enim cruce, id est in ipsa tendicu­la, pro nobis sanguinem fudit. et nostis fideles quale testimonium perhibea-

135 tis sanguini quem accepistis. certe enim dicitis: «amen». nosris qui sit san­guis qui pro multis effusus est in remissionem peccatorum. ecce quomodo fit ecclesia si ne macula et roga, tanquam bene mundata in tendicula crucis extenditur. sed hic omnino potest id agi. exhibet sibi ecclesiam gloriosam dominus non habentern maculam aut rugam. agit hoc et hic, exhibet ibi. hoc

\40 enim agit, ut non habeamus maculam aut rogam. magnus est qui agit. bene curat, doctissimus artifex est. extendit in ligno et facit nos sine ruga, quos abluendo fecerat sine macula. ipse qui venit sine macula et sine ruga, ex­tensus est in tendicula, sed propter nos, non propter se, ut nos faceret sine macula el ruga. rogemus ergo eum ut faciat, et postquam fecent, ad horrea

145 nos ducat ibique nos reponat, ubi pressorium non erit. [8] tu ergo qui loquebaris, sine macula el roga es? quid hic facis in eccle­

sia, quae dicit: «dimitte nobis debita nostra»? debita se habere confitetur, quae relaxentur. qui non confitentur, non ideo non habent, sed ideo eis non relaxabuntur. confessio nos sanat el vita cauta, vita humilis, oratio cum

ISO tide, contritio cordis, lacrymae non fictae de vena cordis profluentes, ut dimittantur nobis peccata, sine quibus esse non possumus. confessio, in­quam, nos sanat, dicente apostolo loanne: ((si confiteamur peccata nostro:!., fidelis est el iustus, ut dimittat nobis peccata et mundet nos ab omni iniqui­tate.» non autem, quia dico quod non possumus hic esse sine peccato, ho-

ISS micidia facere debemus aut adultena uel cetera mortifera peccata, quae uno ictu perimunt. taha non facit bonae fidei et bonae spei christianus, sed illa

Page 223: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

224 Vier Themenpredigten

501a, quae quotidiana orationis penicillo tergantur. humiles cl devoti diea­mus quotidie: «dimitte nobis debita nostra»), sed si faciamus quod sequitur: «sicut cl nos dimittimus debitoribus nostris.)) sponsia haec eum deo vera

160 sponsia cl fixa candicia est. tu homo es ct habes debilorem cl debitor etiam tu es. accedis ad deum, qui habet debitores ct debitor non est, ut postules tibi debit. rel.xari. sed hoc tibi dicit: «ego debit. non habeo, tu habes debi­ta; debes enim mihi. sed etiam frater tuus debet tibi. debitor mcus es, habes cl tu debitorem. debitor mcus es, quia peccasti in me; habes debitorem fra-

165 trem, quia peccavit in tc. quod feeeris eum debilore tuo, faeio cl ego eum mea, id est, si dimittis, dimitto, si tenes, leneo. tu contra te lenes, qui alteri non dimittis.

nemo ergo dicat se esse sine peccato! sed non tarnen ideo debemus amare peccatum. oderimus ea, fratres; etsi non sumus sine peccatis, oderimus

170 tarnen ea et maxime a criminibus nos abstineamus; abstineamus, quantum possumus, a levibus peccatis! «ego», ait nescio quis, <<non habeo peccata.» se ipsum decipit. et veritas in eo non est. prorsus oremus, ut deus dimittal; sed faciamus quod dicitur, dimittarnus el nos debitoribus nostris! cum di­mittimus, et dimittitur nobis. quotidie dicimus hoc el quotidie facimus el

175 quotidie fit in nobis. non hic sumus sine peccato, sed exibimus hinc sine peccato.

Page 224: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Sermo 181 225

[1] Der hochheilige Apostel loh.nnes schreibt in rettungverheißender und wahrredender Weise u.a.: Wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben, bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab. und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, so daß er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt [I 10 I , 8-9]. Mit diesen Worten h.t der heilige loh.nnes, nein vielmehr der Herr lesus selbst, der gewiß durch lohannes spricht, gelehrt, daß niemand in diesem Fleisch, in diesem vergänglichen Leib, auf dieser Erde, in dieser bösen Welt, in diesem Leben voller Versuchungen, daß niemand hier leben kann ohne SUnde. Der Vers ist deutlich und hat keinen Ausleger nötig: Wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben. Denn wer könnte ohne Sünde sein? Wie die Schrift sagt, nicht einmal der Säugling, dessen irdisches Leben nur einen Tag währt [lob 14, 4f.]. Ein so kleines Kind hat keine Sünde begangen, sondern sie sich von den Eltern zugezogen. Folglich kann niemand in irgendeiner Weise behaupten, er sei ohne Sünde gewesen. Der Gläubige aber hat durch den Glauben Zugang zum Bad der Wiedergeburt bekommen, und alles ist ihm vergeben worden. Schon lebt er unter der Gnade, lebt im Glauben, ist zum Glied Christi, zum Tempel Gottes geworden; und doch sollte er, da er Glied Christi und Tempel Gottes geworden ist, behaupten, keine Sünde zu haben, verfUhrt er sich selbst, und die Wahrheit ist nicht ihm; mit einem Wort, er lügt, wenn er sagt: "Ich bin gerecht."

[2] Es gibt aber einige aufgeblasene Windbeutel, die, erfUllt vom Geist ihrer Überheblichkeit, nicht durch Größe imponierend, sondern von krank­haftem Hochmut strotzend, zu behaupten wagen, man könne Menschen ohne Sünde finden. Sie sagen nämlich, daß die Gerechten in diesem Leben durchaus keinerlei Sünde hätten. Es sind aber die häretischen Pelagianer und ebenso die Caelestianer, die dies behaupten. Und wenn man ihnen ant­wortet: "Was sagt ihr da? Der Mensch lebt also hier sündlos, will heißen, er soll in diesem Leben überhaupt keine Sünde haben weder in seinem Tun, noch Sagen, noch Denken?", entgegnen sie, veranlaßt durch jene hochmü­tige Aufgeblasenheit, von der sie erruHt sind - wenn sie doch dieser Aufge­blasenheit ein Ende machten, Luft abließen und den Mund hielten, d.h. demütig würden, nicht überheblich - sie entgegnen wie gesagt dann: .. Diese heiligen Menschen, die Gottgläubigen, können weder in ihrem Tun, noch Sagen, noch Denken irgendeine SUnde haben." Und auf die Frage: "Wer sind diese Gerechten, die ohne Sünde sind?", antworten sie mit der Behaup­tung: "Die ganze Kirche." Ich könnte mich wundem, fände ich einen, zwei, drei, zehn, soviele wie Abraham suchte. Abraham nämlich ist von ftinfzig bis auf zehn heruntergegangen; aber du, Häretiker, nennst mir in deiner

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226 Vier Themenpredigten

Antwort die ganze Kirche. Womit kannst du das beweisen? "Ich kann es beweisen", sagst du. Bitte, dann beweise es! Du bereitetest mir nämlich eine große Freude, wenn du zeigen könntest, daß durchaus die ganze Kir­che in keinem einzelnen ihrer Gläubigen irgendeine Sünde hat. "Ich kann es beweisen", sagst du. Sage womit! "Der Apostel sagt es." Was sagt der Apostel? "Christus", sagt er, "hat seine Kirche geliebt [Eph 5, 25]." Ich höre, und ich erkenne, es sind die Worte des Apostels: sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, um sich selbst eine glänzende Kirche zu schaffen ohne Fleck oder Runzel oder sonst dergleichen [Eph 5, 26f.]. Wir haben einen mächtigen Donner aus der Wolke vernommen. Der Apostel ist ganz gewiß die Wolke Gottes. Diese Worte sind ertönt, und sie haben uns erzit­tern lassen.

[3] Doch sagt uns, bevor wir fragen, wie der Apostel diese Worte gemeint hat, sagt uns, wiederhole ich, ob ihr gerecht seid oder nicht. Sie antworten: "Wir sind gerecht." Ihr habt also keine Sünde? Den ganzen Tag und die ganze Nacht über tut ihr nichts Schlechtes, sagt ihr nichts Schlechtes, denkt ihr nichts Schlechtes? Sie wagen nicht "Ja" zu sagen; doch was antworten sie? "Wir freilich sind Sünder; aber wir sprechen ja von Heiligen, nicht von uns." Ich frage euch folgendes: Seid ihr Christen? Ich frage nicht: Seid ihr gerecht? Seid ihr Christen? Sie wagen es nicht zu leugnen: "Ja, wir sind Christen.", sagen sie. Ihr seid also gläubig? Ihr seid getauft? "Ja, wir sind getauft.", sagen sie. Euch sind alle Sünden erlassen worden? "Ja", sagen sie. Wie könnt ihr dann Silndcr sein? Dies genügt mir, euch zu widerlegen. Ihr seid Christen, ihr seid getauft, ihr seid gläubig, ihr seid Glieder der Kir­che, und da wollt ihr noch Flecken und Runzeln haben? Wie soll denn die Kirche gegenwärtig ohne Fleck und Runzel sein, während ihr doch ihre Runzel und ihr Fleck seid? Andernfalls, wenn es fllr euch nur eine Kirche ohne Fleck und Runzel geben kann, schneidet euch mit euren Runzeln und Flecken von ihren Gliedern ab, schneidet euch ab von ihrem Leib! Doch wozu soll ich sie noch auffordern, sich von der Kirche abzusondern, wenn sie dies doch schon getan haben? Sie sind ja Häretiker, sie sind schon drau­ßen; mit ihrer ganzen Reinheit sind sie draußen geblieben. Kommt zurUck und hört; hört und glaubt!

[4] Vielleicht werdet ihr in eurem geschwollenen und aufgeblasenen Her­zen sagen: "Hätten wir etwa sagen können, daß wir gerecht sind? Aus Gründen der Demut mußten wir natürlich erklären, wir seien Sünder. Aus Gründen der Demut lügst du also? Du bist gerecht, du bist ohne Sünde, aber aus Demut behauptest du, ein Sünder zu sein. Wie kann ich gegen einen anderen dein Zeugnis als das eines Christen gelten lassen, da ich dich doch schon dabei ertappe, daß du gegen dich selbst ein falsches Zeugnis

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Senno 1 8 1 227

ablegst? Du bist gerecht, bist ohne Sünde, und behauptest dennoch, Sünde zu haben. Folglich legst du gegen dich ein falsches Zeugnis ab. Gott läßt deine lügnerische Demut nicht gelten. Betrachte dein Leben, prüfe dein Gewissen! Du bist also gerecht, aber du mußt behaupten, du seist ein Sün­der? Höre auf Johannes! Er selbst wiederholt fUr dich, was er schon früher wahrredend gesagt hat: Wenn wir behaupten, sagt er, keine Sünde zu haben, bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab. und die Wahrheit ist nicht in UIIS. Du hast keine Sünde, behauptest aber, du habest Sünde. Daher ist die Wahrheit nicht in dir. Denn Johannes hat nicht gesagt: Weil 11 wir behaup­ten, keine Sünde zu haben, ist in uns keine Demut, sondern er hat gesagt: bringen wir uns selbst vom rechten Wege ab, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wir lügen also, wenn wir behaupten, keine Sünde zu haben. Wenn­gleich Johannes die Lüge ge fUrchtet hat, fUrchtest du die Lüge nicht, so daß du behauptest, ein Sünder zu sein, obwohl du gerecht bist? Wie also soll ich dein Zeugnis in einem anderen Fall gelten lassen, da du doch schon in deinem Fall lügst? Du stellst die Heiligen als Angeklagte hin, solange du gegen dich ein falsches Zeugnis ablegst. Was wirst du erst einem andem tun, da du dich schon selbst in Verruf bringst? Wie wird ein anderer deiner Verleumdung entgehen, wenn du dich mit eigener Zunge lügnerisch an­klagst?

[5] Ich frage dich noch einmal anders: Bist du gerecht oder ein Sünder? Du antwortest: "Ein Sünder," Du lügst, weil dein Mund nicht das von dir sagt, was du nach der Überzeugung deines Herzens bist. Also auch wenn du kein Sünder warst, wirst du anfangen, einer zu sein, indem du lügst. Denn du sagst: "Aus Demut erklären wir uns rur Sünder. Gott sieht ja, daß wir gerecht sind," Wenn du also aus Demut lügst, wirst du, solltest du, be­vor du gelogen hast, kein Sünder gewesen sein, durch dein Lügen zu dem, was du vermieden hattest. Demnach ist die Wahrheit nicht in dir, wenn du dich nicht in der Weise rur einen Sünder erklärst, daß du auch deinen sün­digen Zustand erkennst. Die Wahrheit besteht nämlich gerade darin, daß du sagst, was du bist. Ferner, wie kann es Demut geben, wo Unwahrheit herrscht?

[6] Lassen wir schließlich die Worte des Johannes einmal beiseite: Siehe, im Leib der Kirche, die, wie du sagst, keinen Fleck noch eine Runzel oder sonst dergleichen hat, sondern ohne Sünde ist, siehe, es wird die Zeit des Gebetes kommen, die ganze Kirche ist im Begriff zu belen, aber du für deinen Teil bist draußen; komm zum Gebet des Henm, komm zur Waage, komm und sprich: Vater unser, der du bist im Himmel. Fahre fort: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, so wie im Him­mel auch auf Erden! Unser tägliches Brot gib uns heute! Fahre fort und

Page 227: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

228 Vier Themenpredigten

sprich: Vergib uns unsere Schulden! Antworte, Häretiker, was mußt du bezahlen? Oder hast du von Gott etwa Kredit bekommen? "Nein", sagt er. Nun, ich werde dich nicht weiter darüber befragen; denn der Herr selbst will erklären, was die Schulden sind, deren Nachlaß wir erbitten. laß uns also die Worte sprechen, die dann folgen: So wie auch wir vergeben unse­ren Schuldnern . Dies soll der Herr erklären : Wenn ihr nämlich den Men­schen die Sünden vergebt, - eure Schulden sind demnach Sünden - wird euch auch euer Valer eure Sünden vergeben. Kehre also, Häretiker, zurück zum Gebet, wenn du taub geworden bist gegenüber der wahren Lehre des Glaubens. Vergib uns unsere Schulden, sagst du es oder nicht? Falls nicht, befindest du dich auch bei körperlicher Anwesenheit dennoch außerhalb der Kirche. Es ist nämlich das Gebet der Kirche, es die Stimme, die die Unterweisung durch den Herrn hören läßt. Er hat gesagt: So sollt ihr beten [Mt 6, 9-14]. Zu den Jüngern hat er gesagt: So sollt ihr beten. Er hat es zu den Jüngern gesagt, hat es zu den Aposteln gesagt, und er hat es zu uns gesagt, welcherlei Lämmchen wir auch immer sein mögen. Zu den Wid­dern der Herde hat er gesagt: So sollt ihr beten. Seht, wer es gesagt hat und wem er es gesagt hat. Die Wahrheit zu den Jüngern, der Oberhirte zu den Widdern: So sollt ihr beten: Vergib uns unsere Schulden. so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern . Der König hat es zu den Soldaten gesagt, der Herr zu den Sklaven, mit einem Wort: Christus zu den Aposteln; die Wahrheit sprach zu den Menschen, die Erhabenheit sprach zu den Gerin­gen: "Ich weiß, was in euch vorgeht; ich wäge eure Schuld ab, ich lese sie ab von der Skala meiner Waage. Ich kann durchaus sagen, was in euch vorgeht. Ich weiß dies nämlich besser als ihr. Sprecht also: Vergib uns un­sere Schulden, so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."

[7] Ich frage dich, gerechter, heiliger Mann, Mann ohne Fleck und Run­zel; ich frage dich wie gesagt: Ist dies das Gebet der Kirche, ist es das Ge­bet der Gläubigen oder der Taufschüler? Ganz sicher ist es das Gebet der Wiedergeborenen, d.h. der Getauften. Schließlich ist es, was alles übertrifft, das Gebet von Kindern. Denn wenn es kein Gebet von Kindern ist, wie kann man dann die Stirn haben zu sagen: Vater unser, der du bist im Him­men Wo seid ihr also, 0 ihr Gerechten und Heiligen? Gehört ihr zu den Gliedern dieser Kirche oder nicht? llir wart dort, seid aber jetzt nicht dort. Wenn sie doch jetzt, da sie sich abgeschnitten haben, vernünftiger Beleh­rung zugänglich wären und hören und glauben wollten! Spricht die ganze Kirche: Vergib uns unsere Schulden, verdient es folglich verworfen zu werden, wer dies nicht sagt. Wenn wir unsere Schulden sagen, verdienen, bis wir empfangen, was wir erbitten, zwar auch wir es verworfen zu wer­den, weil wir Sünder sind� doch indem wir tun, was ihr unterlaßt. d.h., in-

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Senno 1 8 1 229

dem wir unsere Sünden bekennen, werden wir gereinigt, sofern wir wirk­

lich tun, was wir sagen: So wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Wo bist du also, du häretischer Pelagianer oder Caelestianer? Siehe, die

ganze Kirche spricht: Vergib uns unsere Schulden. Sie hat folglich Flecken

und Runzeln. Doch durch das Bekenntnis wird die Runzel geglättet, durch das Bekenntnis wird der Fleck abgewaschen. Die Kirche hält fest am Ge­bet, um durch ihr Bekenntnis gereinigt zu werden, und solange ihr irdisches Leben währt, bleibt sie dieser Haltung treu; und wenn einer den Körper verläßt, sind ihm alle Schulden vergeben, die ihm ihrer Schwere nach ver­

geben werden konnten; denn sie werden schon beim täglichen Gebet ver­geben. So geht er dann gereinigt aus dem Leben, und die Kirche wird als reines Gold in der Schatzkammer des Herrn eingelagert. Auf diese Weise also kommt die Kirche ohne Makel und Runzel in die Schatzkammer des Herrn. Wenn sie dort aber ohne Fleck und Runzel ist, um was muß dann hier gebetet werden? Daß Verzeihung erlangt wird. Der, der Verzeihung gewährt, wischt den Fleck ab. Der, der vergibt, glättet die Runzel. Und wo wird unsere Runzel geglättet? Gleichsam auf dem Streckholz des großen Walkers, am Kreuz Christi. Ist es doch das Kreuz, d.h. gerade das Streck­holz, an dem er rur uns sein Blut vergossen hat. Ihr Gläubigen aber wißt, welches Zeugnis ihr dem Blut geben müßt, das ihr empfangen habt. Denn ihr sagt zweifellos "Amen". Ihr wißt, was rur ein Blut es ist, das rur viele vergossen worden ist zur Vergebung der Sünden. Gib acht, wie die Kirche ohne Fleck und Runzel entsteht: Sie wird gleichsam nach gründlicher Rei­nigung auf dem Streckholz des Kreuzes ausgespannt. Doch dies kann durchaus hier geschehen. Der Herr schafft sich eine glänzende Kirche ohne Fleck oder Runzel. Er tut dies anfanglieh schon hier, er schafft sie sich endgültig dort. Denn er ist darauf aus, daß wir keinen Fleck und keine Run­zel haben. Mächtig ist der, der da zu Werke geht, er trägt gut Sorge, er ist der Meister seines Fachs. Er spannt uns aus auf seinem Holz und macht unsere Runzeln schwinden, nachdem er uns durch seine Reinigung unbe· fleckt hat werden lassen. Der, der ohne Fleck und ohne Runzel kam, wurde auf dem Streckholz ausgespannt, doch unseret·, nicht seinetwegen, um uns unbefleckt und runzellos zu machen. Wir wollen ihn also bitten, dies zu tun und uns, nachdem er es getan, zu seinen Speichern zu bringen und uns dort aufzubewahren, wo keine Presse drucken wird.

[8] Du, der gesprochen hat, willst also ohne Fleck und Runzel sein? Was hast du dann hier in der Kirche verloren, die sagt: Vergib uns unsere Schul· den? Sie bekennt, daß sie Schulden hat, damit sie ihr erlassen werden. Wer nicht bekennt, ist deshalb nicht schuldlos, sondern ihm wird deshalb nicht vergeben werden. Das Bekenntnis heilt uns und ein Leben, das auf der Hut

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230 Vier Themenpredigten

ist, ein Leben in Demut, gläubiges Gebet, ein zerknirschtes Herz und Trä­

nen, die ungelogen aus tiefstem Herzen kommen, auf daß uns unsere Sün­

den vergeben werden, von denen wir uns nicht freimachen können. Das Bekenntnis, ich wiederhole es, heilt uns, wie es der Apostel Johannes sagt: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, so daß er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt [I 10 I , 9]. Wir dürfen aber, weil ich sage, daß wir hier nicht ohne Sünde sein können, keinen Mord begehen und keinen Ehebruch oder die anderen Todsünden, die mit einem Schlag das Verderben bringen. So etwas tut ein tiefgläubiger

und hoffnungsfroher Christ nicht, sondern bloß das, was der Pinselstrich des täglichen Gebetes ausbessern kann. In ergebener Demut wollen wir täglich sagen: Vergib uns unsere Schulden, vorausgesetzt freilich, wir tun, was darauf folgt: so wie auch wir vergeben unseren Schuldigern . Diese Abmachung mit Gott ist eine wirkliche Abmachung und eine feste Bedin­gung. Du bist ein Mensch, und du hast einen Schuldner, und auch du bist ein Schuldner. Du wendest dich an Gott, der Schuldner hat, aber kein Schuldner ist, mit der Forderung, daß dir die Schulden erlassen werden. Doch er sagt dir folgendes: Ich habe keine Schulden, du aber hast Schul­den. Denn du stehst bei mir in der Schuld. Dein Bruder aber schuldet auch dir etwas. Du bist also mein Schuldner, hast aber auch selbst einen Schuld­ner. Mein Schuldner bist du, weil du gegen mich gesündigt hast; so wie du deinen Bruder als Schuldner hast, weil er gegen dich gesündigt hat. Was du mit deinem Schuldner tust, das tu ich mit meinem, d.h., vergibst du, verge­be auch ich, bist du unnachgiebig, bin ich es auch. Du bist daher unnach­giebig gegen dich selbst, wenn du einem anderen nicht vergibst.

Niemand also soll behaupten, er sei ohne Sünde! Aber wir dürfen deshalb die Sünde noch lange nicht lieben. Wir wollen sie vielmehr hassen, Brüder; auch wenn wir nicht ohne Sünde sind, wollen wir sie dennoch hassen und vor allem von den schweren Vergehen Abstand nehmen; laßt uns aber, soweit möglich, auch von den leichten Sünden Abstand nehmen. "Ich", behauptet irgendwer, "habe keine Sünden." Er täuscht sich selbst, und die Wahrheit ist nicht in ihm. Wir wollen inständig bitten, daß Gott uns ver­gibt; doch laßt uns tun, was gesagt wird, vergeben auch wir unseren Schul­digem! Wenn wir vergeben, wird auch uns vergeben. Wir sollen dies täg­lich sagen, wir sollen dies täglich tun, dann geschieht es auch täglich mit uns. So sind wir hier zwar nicht ohne Sünde, aber wir werden von hier ohne Sünde fortgehen.

Page 230: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Sermo 1 8 1

c) Disposition

A. PROOEMJUM ( 1 - 17) I. Sententia Ioannis ( 1 -4): 1 10 1 , 8-9 u. Interpretatio (5-8): Niemand kann auf Erden ohne Sünde leben. ill. Affirmatio (8-17): Die einsichtige Wahrheit der Lehre des lohan

neswortes ( 1 ) in Übereinstimmung mit der Schrift: lob 14, 4f. (2) trotz der im Bad der Taufe empfangenen Sündenvergebung

B. NARRATIO (1 8-39)

23 1

I. Transitus ( 18-20): Es gibt aber die hochmütige Behauptung mensch­licher Sündlosigkeit

u. Die peIagianisch-caeIestianische Lehre von der Sündlosigkeit der Kirche (20-39) 1 . Explikation (20-22): Behauptet wird eine Sündlosigkeit der Ge­

rechten - Identifizierung der Gegner 2. Dialektikon (22-39): Interrogatio: Kann der Mensch denn in jeder

Beziehung sündlos sein? - Affirmatio der Häretiker: Die Heiligen können dies. - Frage nach deren Identität - hochmütige Antwort: Die ganze Kirche - Indignatio: Selbst Abraham konnte nur hof­fen. zehn Gerechte zu finden. - Frage nach dem Beweis für die häretische Lehre - Antwort: Eph 5, 25-27 - Simulatio: Diese Worte des Apostels haben uns erzittern lassen.

C. ARGUMENTA TIO (40-167) I. Die 'dialektische' Widerlegung der häretischen Lehre (40-84)

I . Die WiderspTÜchlichkeil des gegnerischen Selbstverständnisses im Hinblick auf Taufe und Kirche (40-56) a) Ankündigung der späteren Auslegung von Eph 5, 25-27 b) Dialektikon: Frage nach der Gerechtigkeit der Häretiker -

Eingeständnis ihrer Sündhaftigkeit - Bekenntnisfragen (Christentum, Taufe, Vergebung der Sünden) werden positiv beantwortet - Interrogationes: Wie könnt ihr dann als Glieder der Kirche Sünder sein? Wie kann die Kirche dann mit euch makellos sein? - Aufforderung zur Abspaltung - und Correc­tio: Die Häretiker haben die Kirche schon verlassen. - Auf­forderung zur Rückkehr und zum gläubigen Hören

2. Die WiderspTÜchlichkeit einer vorgetäuschten Demut (57-84) a) Occupatio: Die Erklärung der eigenen Gerechtigkeit wäre eine

Mißachtung gebotener Demut - Conclusio und Interrogatio:

Page 231: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

232 Vier Themenpredigten

Wie soll bei solch falschem Zeugnis in eigener Sache nicht auch ein falsches Zeugnis in fremder Sache erwartet werden?

b) Eine vorgetäuschte Demut findet bei Gott kein Gefallen. c) Aufforderung zur Gewissenserforschung und zum Hören des

Johanneswortes d) Conclusio: Die Leugnung eigener Sündhaftigkeit ist Lüge. -

Interrogationes: Wie kann man diese angesichts des Johan­neswortes nicht fUrchten? - und weitere als Expolitio zu a)

e) Rückgriff auf die Ausgangsfrage - und Dialektikon (unter der Voraussetzung der zweiten möglichen Antwort): Das lügneri­sche peccator (sum) bedeutet, daß sich die Aussage jetzt, auch wenn sie bisher nicht zutraf, bewahrheitet. - Explikation des Wahrheitsbegriffs und abschließende Begründung als !nterro­gaho: Wie kann es Demut geben, wo Lüge herrscht?

ll. Die 'praktische' Widerlegung der gegnerischen Lehre (85- 167) 1 . Transitus (85): Wir wollen schließlich von den Worten des Jo­

hannes absehen! 2. Die oralio dominica als Gebel der irdischen Kirche (85-145)

a) Das Mitbeten der oralio dominica als Kriterium fIlr die Zuge­hörigkeit zur Kirche

b) Die oralio dominica als Beleg rur die Sündhaftigkeit der irdi­schen und als Voraussetzung rur die Sündlosigkcit der himm­lischen Kirche

c) Die Auslegung von Eph 5, 25-27 3 . Der wahrhaft chrislliche Lebenswandel ( 146-1 67)

a) Die Folgen ftir den fiktiven Gegner und alle Unbußfertigen b) Die Notwendigkeit eines bußfertigen Lebens - Rückgriff auf I

10 I , 9 c) Das rechte Verständnis der Unvermeidbarkeit der Sünde und

die Warnung vor den Todsünden d) Die ftinfte 'Vaterunserbitte' als sponsio cum deo

D. PERORATIO (168-176) I. Conclusio und Adhortationes ( 168-17 1 ): Niemand soll sagen, er sei

ohne Sünde! - Dennoch sind die Sünden, und besonders die schwe­ren, zu meiden!

ll. kurze Recapitulatio ( 1 7 1 - 1 75) der Lehren von: ( I) 1 10 1 , 8 (2) Mt 6, 1 2

ill. Affirmatio der postmortalen Sündlosigkeit (175-176)

Page 232: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Senno 18 1 233

d) Detailkommentierung (selektiv)

z. I beatissimus [oannes apostolus: Das Adj . beatus, das im philosophi­schen Sprachgebrauch Ciceros den Inbegriff eines ungetrübten, durch äuße­re und innere Güter befriedigten Glücks bedeutet (vgl. Tusc. 5, 29 lIeque ulJa alia huic verbo, curn bea/um dicimus, subiecta no/ia esf nis; secretis maUs omnibus cumulala bonorum complexio )443 und auch den seligen Zu­stand der Verstorbenen (gr. �UiK(lgEC;) zum Ausdruck bringen kann (vgl. OLD 227 s.v. 2), wird in der Sprache der Christen oft als lobendes Attribut verwendet. Abgesehen von Gott selbst bzw. der Dreifaltigkeit, von Märty­rern und kirchlichen Würdenträgern tritt der Begriff auch zum Namen oder Appellativum der heiligen Gestalten des Alten und Neuen Testaments (vgl. Blaise, Dictionnaire 1 12 s.v. 3). Nicht anders als in klassischer Sprache steht das Attribut in solchen Fällen in der Regel im Superlativ'''; Augustin setzt in den Sermones häufig aber auch den als Ehrenbezeugung weniger abgegriffenen Positiv (vgl. rur Ioannes (apostolus) [abgesehen von s. 18 1 Z. 5 docuit beatus Joannes - mit gezielter (rhythmischer) Variation, s.u.] noch s. 1 62, 3 . 4 (pL 38, 887. 889), s. 183, 1 (PL 38, 988), s. 273, 8 (PL 38, 125 1 ), s. 304, I (PL 38, \395)). Auf diese Weise kann der Superlativ wie­der leichter ins Ohr fallen, wie etwa im Auftakt der vorliegenden Predigt.

Z. 2ff. si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos seducimus, et veritas in nobis non est. si autem confessi juerimus peccata noslra, jidelis est et iustus, qui dimittat nobis peccala et mundet nos ab omn; iniquitate: Die hier gebotene Fassung von 1 10 1, 8-9 gehört zur Vetus Lati­na und kann zum größten Teil dem alten, besonders durch Cyprian bezeug­ten Texttyp K zugeordnet werden.445 Der Übergang zu einer jüngeren Text­fonn (T) deutet sich vornehmlich durch die Auslassung von dominus nach fidelis es! el iustus sowie die Verwendung von seducimlls an, welches statt decipimus (vgl. in Z. 172 se ipsum decipit) als Übersetzung von J(A(lvöi�EV nicht vor 400 im Gebrauch iSt.446 Darauf, daß Augustin beim Zitieren des I. Johannesbriefes im Wechsel mit älteren Zeugnissen auch die stärker von 'europäischem' Wortschatz geprägten Texte der T-Tradition gelten läßt, die zu seiner Zeit in Afrika neben die Überlieferung Cyprians und der Dona-

-----_ .

• 4) Vgl. Krebs-Schmalz 1 234. 444 Vgl. KOFFMANE, Geschichte, 1 1 8-1 20. 44S Vgl. Epistulae Catholicae, hrsg. v. W. 1'HlELE. Freiburg 1 956-1969 (Vetus Latina 26/1),

253-258. 446 Vgl. W. 1'HlELE, Wortschatzuntersuchungen zu den lateinischen Tex;ten der Johannes­

briefe (Vetus Latina 2). Freiburg 1 958, 40.

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234 Vier Themenpredigten

tisten treten"', weist in s. 1 8 1 später auch der erneut angefUhrie Vers 1 , 9 hin: si confiteamur peccata nos/ra, fidelis est et iustus, ut dimittat nobis peccata (= T) ( ... ).'" Vulgatavarianten zu 1 10 begegnen Augustin, wie Thiele beobachtet, bei Caelestius und Julian v. Eclanum, deren Lesarten er bisweilen in seinen Gegenschriften aufgreift.-449

1 10 1 , 8 ist (nach 1 10 3, 2) die von Augustin am häufigsten kommentierte Stelle des I. Johannesbriefes. Denn wie kein anderer Schriftbeleg ist dieser Vers geeignet, gegen die häretische Lehre von der impeccanlia aus dem Sündenbekenntnis des Lieblingsjüngers Jesu, der dem Geheimnis seiner Göttlichkeit am nächsten gekommen ist und im Höhenflug seiner Erkennt­nis das Wort bei Gott selbst geschaut hat (vgl. cons. ev. 1 , 7 (CSEL 43, 6f.), abzuleiten, daß selbst die heiligen, nach Pfingsten schon geistbegabten Apostel nicht ohne Sünde sind, von den 'gewöhnlichen' Christen ganz zu schweigen.450 Auch s. 1 8 1 baut wesentlich auf die Autorität des johannei-

m Vgl. THIELE, Vetus Latina 26/1 , 8 1 " u. 84-, ••• Vgl. ebd" 257f. 4049 V g\. ebd., 8 1 ·f . • � Vgl. LA BONNARD1ERE, commentaires simultanes, 132, Anm. 6. Unter den von LA BON.

NARDIERE angegebenen Stellen zeigt sich dieses argumentum a majore ad minus beson­ders deutlich in s. 135, 7-8 (vennutlieh aus dem Jahr 4 17 mit zunächst (siehe s. 135, 2) antiarianischer Sloßrichtung, vgl. KUNZf.LMANN, Festlegung 48f. u. 55(.). Dort begegnet Augustin, nachdem er den Schriftbeweis fur die Sündhaftigkeit der saeerdo/es ve/eris popilli (Lv 16, 6; Hbr 7, 27) aber auch der aposlo/i saneli (Mt 6, 12) gefuhrt hat, dem Einwand, die Apostel seien, als der Herr sie beten gelehrt habe, noch nicht spirituales gewesen, auf folgende Weise (PL 38, 750): ergo pOSleaquam surrexiI, lune eos eonfir. mavil, fune faeti sunf spiritlla/es. iam ergo non habebant peccatum? spirituales aposfoU seribebanf spirituales epislolas, eeclesiis miltebant: non habebant peeearum, hoc dicis. non Nbi credo, ipsos interrogo. dieite, saneti apostoU, pOSleaquam surrexiI dominus er conjjrmavit vos spiritu sanCIO missa de eae/o, cessastis habere pecealum? dieite nobis, obseero. audiamus, ne desperenl peeealores, ne desinant rogare deum, quia nOIl sunt si· ne peecoro. dicite lIobis. ait unus ipsorum. el quis? quem dominus amplius diligebat ef qui super peetus domini diseumbebat el regni eae/orum quod ruc/uarel seeretum bibe· bat. ipse eum inlerrogo: habetis peeeatum, an non? respondet et dicit: si dixerimus quia peccalum non habemus, nos ipsos decipimus, CI veritas in nobis non esl. loannes autem ille es', qui dixil: in principio eral verbum, et verbum erat apud deum, el deus erat ver· bum [10 I > 1 ] . videte quanta Iranscenderat, ul perveniret ad verbum. taUs ae tan/us, qUl volavit sieu! aquila super nubes, qui mentis serenilaie cernebat, in principio erat ver· burn. ipse dixit: si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos decipimus, el veri· las in nobis non esl. si aulem confessi fuerimus peccala noslra, fidelis et iustus est, UI dimittat nobis peccata nostra el mundet nos ab omni iniquitate ( . . . ). Vgl. auch civ. 20, 17 (CCl 48, 729), c. ep. Pel. 4, 27 (CSEl 60. 557) (s.o. den Hinweis zu lob 14, 4), cont. 25 (CSEl 41 , 1 73), ep. 167. 10 (CSEl 44, 59), 10. ev. Ir. 4 1 . 9 (CCL 36. 362). ep. 10. Ir. 5, I (PL 35, 2012) (in Harmonisierung von 1 10 1 , 8 und 3, 9 (qui nalus est ex deo, non peccat), wozu Augustin das non peccat als dielUm seclllldum quid auf den Verstoß gegen

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Senno 18 1 235

schen Zeugnisses; der Prediger macht sich hier jedoch im ersten Hauptteil der Argumentatio nicht so sehr diesen loeus a comparationeJ,SI zunutze, sondern folgert aus I 10 I , 8 das sündige mendacium der Gegner, das im Widerspruch zu ihrer venneintlichen humilitas steht (vgl. c. ep. Pel. 4, 17 (CSEL 60, 540f.) oder en. Ps. 1 1 8, 2, I (CCL 40, 1668f.)).4S2

Z. 8 ( ... ) nec exposi/ore indige/: Eine Umschreibung der Aussage durch Verbalabstracta auf -tor ist im christlichen Latein keine Seltenheit (vgl. Blaise, Handbook § 20). Augustin versteht es, seiner Rede damit größere Nachdrücklichkeit zu geben; diese Absicht wird bei der Fonnulierung der Praeteritio einer bestimmten Versauslegung besonders dann deutlich, wenn anstelle einer ausschließlich verbalen Formulierung (wie etwa non opus esl ut exponatur [sc. Ps 29, 4] (en. Ps. 29, 2, 1 3 (CCL 38, 1 38), hoc quid opus est diu expolli (en. Ps. 33, 2, 1 3 (CCL 38, 291), lIumquid enim ista expo­nenda sunl s. 32, 25 (CCL 41 , 409)) die Periphrase als Adiunctio erscheint (hier in s. 1 8 1 als semantische Steigerung von absolula senlenlia esl), die gelegentlich auch in adversative Fonneln der Correctio gekleidet wird (vgl. z.B. cetera plano sunl: non quaeront expositorem. sedfaClorem (5. Frangip. (MA I , 21 8)) oder noch betonter manifesie eil im duil, nec exposilorem habent ista necessarium, sedfaclorem (s. 42, I (CCL 41 , 504)).

Z. 10 (. , ,) nee in/ans cuius est vita die; unius super terram: nach LXX lob 14, 4f. n<; y<ig Kaßago<; (mOl CutO (>""ou; an' oußtt<;, t<iv Kat Illa lillEga 6 ßlO<; airroii tlIt ,\1<; y\1<;. Die Zusammenstellung von 1 10 I , 8 mit lob 14, 4f. bzw. der Vergebungsbitte aus Mt 6, 12, auf welche sich der zweite Hauptteil der BeweisfUhrung von s. 18 1 vornehmlich stützt, konnte Augustin schon in den katechetischen Schriften Cyprians finden. So beruft er sich u.a. auf die von Cyprian in domin. orat. 22 und testim. 3, 54 gebote­ne Schriftauslegung, als er im 4. Buch der 420/2 1 verfaßten Schrift Conlra duas epistulas Peiagianorum4Sl die von Julian v. Eclanum vorgetragene laus sanelorum (d.i. die Überzeugung, daß die Christen durch die Taufe zu einer Gemeinschaft von Heiligen werden - s.u. zu Z. 1 5f.) bekämpft, eine von runf Lehren, mit welchen die Pelagianer angeblich helfen wollen, den

'das neue Gebot Christi ' (vgl. 10 13, 34) beschränkt, vgl. ebd. 5, 2f. (PL 35, 201 3f.)), s. 1 1 4, 4 (RB 73 (1963), 25), s. Dolbeau 26, 55 (RechAug 26 (1 992), 134) .

• ,. Vgl. Lausberg § 396. m Zur Anwendung beider Iod (a comparalione und a contrario) vgl. Z. 7 1ff. si mendad·

um timuit loannes, tu mendacium non limes, ut cum sis iustus, dicas te esse peccalorem7 4Sl Vgl. GEERUNGS, Augustinus. 11. E. Antipelagianische Schriften 2., 88f.

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236 Vier Themenpredigten

Fallstricken des Manichäismus zu entgehen, den sie Augustin vorwerfen4S., vgl. c. ep. Pel. 4, 27 (CSEL 60, 556f.): nlrSIiS in eadem [sc. epis/lIla de oratione dominica], cum exponeret quod dicimus: "dimitte "obis debita nostra": quam necessarie autem, inquil, quam providenter el salubriter am­monemur, quod peccatores sumus, qui pro peccatis rogaTe conpellimur, ul, dum indulgentia de deo petitur, conscientiae suae animus recordetur. oe quis sibi quasi innocens placeat et se extollendo plus pereat, instruitur et docetur peccare se cotidie, dum cotidie pro peccatis iubetur orare. sie deni­que cl Iohannes in epistula sua manet dicens: "si dixerimus quia peccatum non habemus, nos ipsos decipimus et veritas in "obis non est; si autem con­fessi fuerimus peccata "astra, fidelis et iustus est qui nobis peccata dimit­tat." merito et ad Quirinum de hac re absolutissimam sententiam suam proposuit, cui testimonia divina subiungeret neminem si ne sorde et sine peccato esse. ubi eliam Wa testimonia posuit, quibus conjirmatur originale peccatum, quae conantur isti in nescio quos alios novas sensus pravosque canvertere, sive quod ait sanctus lob neminem esse sine sarde nec cuius sit vita diei unius super terram, sive quod in Psalmo legitur: in facinore con­ceptus sum et in peccatis me mater mea in utero aluit [Ps 50, 7). quibus testimoniis propter eos etiam qui iam in aetate maiore swlI sancti, quia "ec ipsi sunt sille sarde alque peccato. adiunxit etiam Wud beatissimi lohannis, quod multis et aliis loeis saepe commemorat: si dixerimus quia peccatum non habemus el cetera eiusdem senlenriae, quae ab omnibus ca/halids non lacentur adversus istas, qui se ipsos deeipiunl et in eis veritas non est. Der Einsatz vom 1 10 1 , 8 und Mt 6, 1 2 im Rahmen antihäretischer Polemik dUrfte Augustin zudem aus Optat. 2, 20 (CSEL 26, 55-57) bekannt sein, wo die Schriftstellen in Verbindung mit dem Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner (Lc 18, 9-14) dazu dienen, den exklusiven Heiligkcitsanspruch der Donatisten als Hochmut zu entlarven."ss Das lobzeugnis weiß Augustin besonders von Hieronymus bei seiner Invektive gegen Iovinian verwen-

4s.t Vgl. c. ep. Pel. 4, 1 .2 (eSEL 60, 520. 522) sowie die instruktive Zusammenstellung der runf pelagianischen laudes und ihrer Gefahren in 4, 1 9 (ebd., 542) ( ... ) desinant Pela­giani quinque istamm rerum insidiosissimis laudibus, id est Jaude ereaturae, lallde 'lIIp­liarum, laude Jegis, Jaude fiberi orbitrii, loude sanetorum, quasi 0 Manieheorum ten­

dieulis fingere se homines velle eruere, ut possint eos suis retibus impficare, id est UI negent originale peceatum et parvulis invideant Christi medici auxiUum et ut dieam gra· tiam dei secundum merita nostra dori ae sie grolia iom non sit gra/ia et ut dieont salle· tos in hoe vito non hobuisse peccatum oe sie evaeuetur oralio quam sonelis trodidit qui 1I0n habebat peeeotum et per quem sonet is oranlibus dimittitur omne peccotum. ad hoec trio mala homines incautos et ineruditos quinque iIIorum bonorum froudulen/a laude seducunt.

m Vgl. LA BONNARDIERE. commentaires simultanes, 137f.

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det " · Die auch hier in s. 18 1 mit lob 14, 4f. belegte Erbsilndenlehre (vgl. Z. 10-12 talis parvulus peeeatum non Jecil, sed de parentibus Iraxil. ergo nullo modo quisquam pOlesi dieere non se habuisse peeealum) lehnt der Pelagianismus ab'''; Caelestius sieht nach Augustins Bekunden daher bei einer solchen Inanspruchnahme des Verses die Zerstörer des freien Willens am Werk und verweist im Gegenzug auf LXX lob 12, 4 ius/us enim "ir el sine querella [aclus sum und 13, 8 ecce ego proximus sum iudicio meo el seio quia iuslus inveniar (vgl. perf. ius!. 23f. (CSEL 42, 23f.» ."·

Z. l5f. et lamen sie quomodo membrum Christi et lemplum dei Jaclus est, si dixerit se non habere peccatum, seipsum seducit, el veritas in eo non esl: Mit dem durch sie quomodo (= sieul) eingeleiteten Kolon wird der Zustand angegeben, der bei si dixerit . . . vorausgesetzt ist� vgl. zur Kon­struktion s. 297 , 8 (PL 38, 1 363) eerle vita isla laboribus plena esl, aerum­lIis, tentationibus, miseriis, doloribus. limorihlls plena esf ista vita: cerle manifestum est quia his omnibus maUs plenQ esl. el tarnen sie quomodo omnibus maUs plena es/, si quis Warn nobis darel ae/ernam sie, talern qua­lis es,. quall/as gratias ageremus, ut semper miserE essemus? flan talem promittit, nOIl quicumque homo, sed deus verllS. vera veritas promitlit vi­tam, 1Ion solum aeternam, sed etiam beatam (siehe auch s. 3 1 1 , 14 (PL 38, 1419), s. Dolbeau 2 1 , 1 3 (REAug 37 ( 1991)), 283).

Obgleich die Taufe nach christlichem Verständnis ein lavacrllm regene­rationis (vgl. Tit 3, 5) darstellt, ist, wie Augustin hier betonen will, die damit verbundene vollständige Sündenvergebung nicht mit Silndlosigkeit gleichzusetzen. Für Pelagius, der durch die Taufe nicht nur jede begangene Schuld erlassen, sondern auch die sündige cOflsuetudo des Menschen ent­kräftet sieht4S9, wird das Bild vom corpus Christi zum Deutungsmittel der paulinischen Vorstellung der Taufe als Teilhabe an Tod und Auferstehung Christi (vgl. Rm 6, 3-1 1 ).'60 Dieser 'leibhaftigen ' Verbundenheit der Ge­tauften mit Christus und dem Wirken des Hl. Geistes verdankt die Kirche ihre Heiligkeit"\ die Pelagius besonders durch Eph 5, 27 belegt wissen

'56 Vgl. pecc. mer. J, 1 3 (CSEL 60, 140), cp. 166, 6. 21 (CSEL 44, 555. 577). m Vgl. z.B haer. I , 88, 6 (CCl 46, 34 1 ) parvulos eliam negant secundtun Adam earualiter

'Ialos cO'llagiultl ",orl;s atltiquae prima nativita!e eontrahere. sie enim eos s;ne ullo peccali originafis vincufo asserunt nasci. ut prorslLf non sit quod eis oporteat secunda nativitate dimilli . • sa Den Hinweis auf diese Stelle gibt O'OoNNELL. Confessions 11, 43f. (zu conf. I , 1 1 ).

U9 Vgl. S. 1'H1ER, Kirche bei Pelagius. Berlin 1999 (PTS SO), 88f. 46(1 Vgl. ebd. 98- 1 0 1 . "61 Vgl. ebd. 105-1 10.

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238 Vier Themenpredigten

will (vgl. in s. 1 8 1 Z. 29_3 1 ).462 Als ihm auf der Synode von Diospolis (415) seine Interpretation dieses Verses (ecclesiam hic esse sine macula e/ roga) vorgeworfen wird<463, entgegnet er: die/um esl a nobis, sed i/a, quan· iarn lavacro ab omn; macula et roga purgatur ecclesia. quam velit ita do­minus permanere (gest. Pel. 28 (CSEL 42, 8 1 » . Augustin zeigt in seinem Kommentar der Synodenprotokolle, wie Pelagius hier seinen katholischen Richtern entgegenkommt. In wachsamer Umsicht spricht er von der unbe­streitbaren Taufwirkung sowie der dem Herrn (und damit natürlich auch den Bischöfen) geflilligen Vollendung einer makellosen Kirche im Reich Gottes, während die (Hir die Beurteilung seiner Lehre entscheidende) Zeit zwischen lavacrum und regnum, welche fur Augustin durch die Bitte um Nachlaß der Sünden bestimmt ist (tempus ora/ionis), nicht behandelt wird (vgl. ebd.); siehe auch c. ep. Pel. I , 27 (CSEL 60, 446), s. 56, 12 (RB 68 (1958), 33, s. 57, 9 (Homo sp. (1 987), 42 1) u. in s. 1 8 1 bes. die Z. 125f.).

Z. 1 8 sunt autem quidam inflati ulres: ist ein sprichwörtlich bekanntes Bild, vgl. Petron. 42, 4 Ulres inflali ambulamus (d.h . .. Wir Menschen sind nichts weiter als aufgeblasene Schläuche, wir sind hinflillig und im Innern hohl.""'), von aufgeblasener Eitelkeit auch bei Hor. sat. 2, 5 , 96-98'" (Ge­fragt, wie das (durch die Freier und den Schiffbruch) verlorene Vermögen zu ersetzen sei, weiht Teiresias Odysseus in die Erbschleicherei ein und mahnt U,3.) importunus amat laudari; donec .. olze jam" I ad cae/um mani­bus sub/atis dixerit, urge eI l crescen/em tumidis infla sermollibus utrem.

z. 21 f. hll.eretici Ilutem sunt PelDgiDni iidemque Cileiestian;, qu; hoc dicunt: Anders als das schon früh aus dem Griechischen übernommene haeresis, das im profanen Sinne noch .. philosophische Schule I Sekte" be­deutet (vgl. OLD 784 s.v.), wird haere/icus erst von christlichen Schriftstel­lern verwendet, wobei neben dem häufigeren substantivischen Gebrauch von Anfang an auch das Adjektiv zum Einsatz kommt (vgl. Ti! 3, 10 haere­ticum hominem).466

�l Vgl. cbd. 102 u. 277 . • " Vgl. gest. Pel. 27 (eSEL 42, 80) . .t6C A. Orro, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer. Leipzig 1 890,

Nr. 1841. �s Vg!. ebd. '66 Vgl. MOHRMANN, Sondersprache, 1 1 6. Die heute geläufige Unterscheidung von 'Häre­

sie' als "Verlust der Glaubenseinheit" vom 'Schisma' als "Verlust der Kircheneinheit" (vgl. H. WALDENFELS, Kontextuelle Fundamentaltheologie. Paderbom 2 1988, 48) war auch schon zu Augustins Zeiten bekannt, wenngleich die Begriffe nicht inuner scharf getrennt wurden. "Grundtenor der patristischen Äußerungen ist, daß das Schisma auf die

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Wenn neben Pelagiani auch Caelesliani als Appellativum im Gebrauch war, so zeigt dies, daß der prominente Schüler, der sich als ,,Propagandist" und .. Organisator" der pelagianischen Sache besonders ausgezeichnet hat und fiir den Beginn des Streits mit der nordafrikanischen Catholica verant­wortlich zeichnet467, in der öffentlichen Wahrnehmung nicht hinter dem Lehrer zurückstand, vgl. Aug. haer. I, 88, I (CCL 46, 340) Pelagianorum es! haeresis hoc tempore omnium recentissima a Pe/agio monacho exorta. quem magistrum Cae/estius sie secutus est, ut sectatores eorum Caelestiani etiam nuncupentur.

Z. 25 reflarentur: Zu diesem, wie es scheint, vor Augustin nicht belegten metaphorischen Gebrauch des Verbs, den er hier selbst glossiert (id esl humilesfieren/), vgl. noch en. Ps. 73, 8 (CCL 39, 1 0 1 1 ) ( . . . ) quomodo dicil

Dauer zwingend zur Häresie wird und Häresie ipso facto immer schon Schisma ist." (N. BROX, Häresie: RAC XIII, Sp. 276). In seiner Reaktion auf den Grammatiker Cresconi· us, der als Donatist daran intcressicI1 ist, nicht unter die staatliche Häretikergesetzge· bung zu fallen (vgl. ebd.), und ihm daher vorwirft, die donatistische Spaltung unzutref­fend haeresis und nicht schisma genannt zu haben, siquidem haeresis est diversa se­quentium secla, schisma \/ero idem sequenlium separatio (Crese. 2, 4 (eSEL 52, 363}), läßl Auguslin erkennen, daß er zwischen den Begriffen lieber graduell als sachlich diffe­renzieren will: proinde quamvis inter schisma et haeresim magis eam disti/Jclionem adprobem, qua dicilur schisma esse recens congregationis e.x. aliqua senlentiarum diver­silate dissensio - neque enim et schismaJieri potest, nisi diversum aliquid sequanlur qui faciunl -, haeresis aulem schisma inveleratum, lamen quid hinc opus esf ul laborem, cum me tafftum adiuvent deJinilioffes tuae, uf, si mihi et per alios ves/ros concederetur,

schismatieos vos libentius quom haeretieos dieerem [wäre doch dann angesichts der Einheit in der GOHesverehrung, Sakramentenlehre und Kultausübung, die nach Cresco­nius im Schisma erhalten bleiben soll, die donatistische Praxis der Wiedertaufe beson­ders verwerflich] (Cresc. 2, 9 (ebd., 267» . In einer Reihe mit haeresis oder schisma kann Augustin auch praecisio oder andere Begriffe der Abspaltung verwenden, vgl. s. 4,

33 (Cel 4 1 , 44), s. 1 64, 1 0 (PL 38, 900) sowie DROBNER, Predigten zum Buch Genesis, 159f. Anm. 156, der in diesem Zusammenhang an die .. Symbolik des ungeteilten Rockes Christi (Joh 19, 23) als Bild der einen Kirche" denkt, die er in en. Ps. 145, 1 6 und 10. ev. Ir. 13, 1 3 findet. Bei den verbalen Formulierungen, die der Prediger in s. 1 8 \ in den Z. 53ff. zum Ausdruck des häretischen Tuns wählt, hat er die 'eine Kirche' offenbar als corpus Christi vor Augen.

461 Vgl. eh. PIETRl, Die Schwierigkeiten des neuen Systems (395-43 1). Die fUhrende Häre­sie des Westens: Pelagius: Geh H, 533f. In gr. et peCC. or. 2, 1 3 (CSEL 42, 175) erklärt Augustin, daß Lehrer und SchUler in der Ablehnung der ErbsUndenlehre übereinkom­men und sich lediglich in ihrem Charakter unterscheiden: proinde si ostendero eriam ipsum [sc. Pelagium) nihil aliud senIire de parvulis nisi quod siffe ulla cltiusquam villi contagione nascunlur, quid inter istum el Caelestium in hac quaestione dislobit, nisi quod iIIe [sc. Caelestius] apertior, isle occultior fuit, iIle perlinador, iste mendador vel cerle iIIe liberior, Mc astutior? Vgl. G. BONNER, Caelestius: Al l , Sp. 694.

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240 Vier Themenpredigten

[sc. Gabrief] Daniel: a principio orationis tuae egressus est sermo [Dn 9,

23). hoc el dominus ipsi Pi/alo inflanti se. el ponenti signa sua, signa, el non eognoseenti [vgl. Ps 73, 4f.], el dieenli ad Chrislum: mihi non respon­des? nescis quia potestatem habeo occidendi te, et potestatem habeo dimit­tendi te [10 19, 10]?») et dominus ad inflatum, tamquam vesicam refIandam pungens: non haberes, inquil, in me potcstatem, nisi data tibi esset desuper [10 19, 1 1 ] .

Z. 29f. mirari pOluissem, si invenirem unum ( . . . ): Der Konj . Plqpf. tritt in der hier vorangestellten Apodosis des hypothetischen Satzes flir den Konj . Impf. (Irrealis der Gegenwart) ein, vgl. zur Möglichkeit dieser Tem­pusverschiebung Hofmann-Szantyr 321 . - quol quaerebal Abraham: vgl. Gn 18, 24-32.

Z. 33 f. in singulis quibusque jidelibus suis: steht pleonastisch flir in singulisfidelibus suls, vgl. Blaise, Dictionnaire 762 s.v. singuli.

Z. 39 el Iremere nos feeerunl: Kausatives Jaeere mit folgendem aci kommt in der Prosa der klassischen Zeit nur vereinzelt vor (wie etwa bei eie. Brut. 142, wo von der actio der Konzinnität wegen gesagt wird: nulla res magis penelrOt in animos eosque fingil format fleeti! lalesque ara/ores videri Jaeil. quales ipsi se videri volunl). Im Spätlatein findet sich die Kon­struktion (seit der Vetus Latina und Tertullian) vergleichsweise häufig, insbesondere in .. volkstümlichen Texten", vgl. Hofmann-Szantyr 354f. (Zusatz), Kühner-Stegmann I 694.

Z. 49 suJJicit mihi unde vos repellam: Zu der bei christlichen Autoren freieren konjunktionalen Verwendung von unde vgl. Blaise, Handbook § 1 9 1 , 2; die Junktur sufficil unde hat Augustin, soweit ich sehe, nur noch in s. 177, 1 1 (SPM I , 73) sulficil unde vivam; doch das Adverb tritt auch an anderen Stellen gelegentlich ftir ul (insbesondere in final-instrumentalem Sinne) ein, vgl. etwa ep. 217, 13 (CSEL 57, 413) proplerea deus, ul omnia

futura opera sua in praedeslinatione praesciverit, sie iIlo disposuit, ur quosdam non credenles ad fidem suam orationes credentium pro eis exou­diendo converlal. unde [= qua od. ul eo] re/uten/ur el, si file es! eis propiti­US, corrigantllr, qui putant gratiam dei esse naturam fiber; arbitrii ( . . . ), ebenso c. Faust. 5, 6 (CSEL 25, 1 , 278) neque enim Chrislus vobis praeee-

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Sermo 1 8 1 241

pi!, ut herbam non evellatis, ne homicidium perpe/relis468, qui discipulos SUDS per segetem Iranseuntes et esurientes vellere spicas sabbato non pro­Iribuit [vgl. Mt 12, 1-8], unde convincerel el praesenles ludaeos el/ulurOS Manichaeos.

z. 77 ius/us es au/ pecca/or?: In der klassischen Sprache wird die Ge­gensätzlichkeit der direkten disjunktiven Frage durch an zum Ausdruck gebracht (wobei das erste Kolon bei Cicero meist nur dann partikellos steht, wenn der Gegensatz von der Negation gebildet wird: 'Typus: maneamus an n01l' , vgl. Hofmann-Szantyr 465); alll verbindet dagegen gleichartige Beg­riffe in einfachen Fragen, vgl. Kühner-Stegmann n 529f., Krebs-Schmalz 1 227.

Z. 83f. veritas au/em ipsa eSl, u/ quod es dicas ( •.. ): Nach der voraufge­gangenen Periode, die die notwendige Bedingung innerer Wahrheit ange­geben hat - das wahre Sündenbekenntnis setzt eine entsprechende Selbster­kenntnis voraus -, folgt zur weiteren Begründung (autem = enim - spätI. nicht selten, vgl. Hofmann-Szantyr 490) eine Explikation des dabei zugrun­de gelegten 'aristotelischen' Wahrheitsbegriffs: Wahrheit besteht (aussa­genlogisch betrachtet) darin, daß gesagt wird, was der Fall ist (vgl. Arist. Metaph. 10 1 1 b 26-28 "{(l �EV yaQ AEytlV TO öv �" dVIll ij 1:0 �" OV dvm Ij>EUOo�, 1:0 OE 1:0 OV dVIll Kai 1:0 �" OV �" dVOl aATJßt�, i.xHE Kai 6 AEY(j)V dVIll ij �" <lATJßEOOEl ij Ij>EOOE1:Ill).

Z. 87 ecce veniet hora orationis, oratura es! tota ecclesia: ist in Erwar­tung der oralio dominica gesagt, die gegen Ende des 4. Jh. in der afrikani­schen Liturgie vom Priester als Kommuniongebet nach der [rac/io panis laut gesprochen wurde, während die Gläubigen still mitbeteten (vgl. ep. 149, 1 6 (CSEL 44, 362), s. 58, 12 (EcOr 1 ( 1984), 1 3 1 ) .'69 Da das 'Vater­unser' unter die Arkandisziplin fiel und den Taufbewerbem erst unmittelbar vor der Taufe anvel traut wurde41O, nennt Augustin es im folgenden eine oratiojidelillm, i.e. baptizalorum (vgl. Z. 1 13).

461 Mehr noch als die übrigen Lebewesen waren fUr die Manichäer die Pflanzen vom göttli. chen Licht beseelt, und sie durften daher von den Elecli nicht geerntet werden, vgl. z.B. mor. 2, 60 (eSEL 90, 142).

469 Siehe VAN DER MEER, Augustinus, 4 1 7 mit Anm. 55 u. 59; J.A. JUNGMANN, Vaterunser. n. In der Liturgie: L ThK2 X, Sp. 628.

·470 Vgl. ebd., Sp. 627.

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242 Vier Themenpredigten

Z. 88 velli ad Irutillam : Wie schon in der profanen Literatur und dann besonders auch in der LXX zu finden, steht die 'Waage' in Augustins Pre­digten sinnbildlich filr eine Entscheidung über das Schicksal oder den Wert des Menschen.'" Dabei erfolgt die 'Psychostasie' entweder bereits jetzt durch das menschliche Gewissen (und damit Gott als inlerior inspeetor en. Ps. 85, 3 (CCL 39, 1 1 78), siehe auch s. 330, 3 (PL 38, 1457), s. 302, 5 (SPM 1 , 303) si aliqua statera aequitatis invenitur in arca cordis sui u.ö.) oder am Jüngsten Tag durch die göttliche Gerechtigkeit (en. Ps. 72, 23 (CCL 39, 998) totum hoe quod voea/ur humanum genus, omnis ista massa mortaUtatis ventura es! ad examen, ven/ura esl ad libram; appendentur ibi opera hominum).472 In s. 1 8 1 wird die ara/ia dominica gleichsam zum In­strument, mit dem sich die wahrhaftige Demut, und d.h. die Zugehörigkeit zur Kirche abwägen läßt; doch auch hier ist letztlich Christus als derjenige vorgestellt, der die Skala der Waage genau ablesen kann, vgl. Z. 107ff. seio quid in vobis aga/ur; ego vas appendo, ego de trutina mea renuntio, pror­sus dico quid in vobis agitur. hoc enim plus quam vos seio.

Z. 1 19 quousque id quod pelimus accipiamus: Spätlateinisch kann quo­usque rur dum oder quoad = "solange alsu bzw, "solange bis" eintreten, vgl. Hofmann-Szantyr 655.

Z. 129f. ( ... ) IIC per hoc ill Iheslluros domilli ecelesill esl sille macula el ruga: Zu esse c. ace. in Vertretung eines Verbs der Bewegung - schon alt­lateinisch, bei Cicero etwa in der amtssprachlichen Wendung in potes/atem esse (= in palestatem venire eaque esse) vgl. Manil. 33; Verr. 2, 5, 98, im Spätlatein häufig und freier - vgl. Hofmann-Szantyr 276f., Kühner­Stegmann I 593f. Bereits im Judentum ist das 'Schatzhaus des Lebens' als ein Ort vorgestellt, an dem die Gerechten nach dem Tode von Gott aufbe­wahrt werden, und auch im NT findet sich der Gedanke, daß Gott im Ster­ben der Geist übergeben wird (Lc 23, 46) oder daß die Seelen der Märtyrer am Fuße des himmlischen Altares Gottes aufgehoben sind (Apc 6, 9)'''

471 Vg!. etwa 11. 22, 2 1 , wo Zeus die Todeslose von AchilI und Hektar wägt, ein Bild, das Augustin sicher nicht zuletzt aus der Übertragung Vergils auf Aeneas und Turnus kennt: Aen. 12, 725·727 /uppiler ipse duos aequato examine Jances I suslinel et fata imponit diversa duorum, I quem damnet labor el quo vergat pondere Jetum. Die bekannteste alt!. Stelle, welche die 'Waage' als Metapher rur das (End)gericht Ober einen einzelnen ver· wendet, ist wohl On 5, 27 wo Belsazar vom Propheten das 'tekel' aus der Geisterschrift gedeutet bekOlidlit (nach LXX 0': t<T"\O� [sc. � IlaOl).E!a oou] tv �UY41 .ai EtiQtO� ixnEQolloa), vgl. G. BERTRAM, �uy�. A. in LXX: ThWNT 11, 899.

471 Siehe dazu auch P�UE, langage symbolique I, 144f. m Vg!. F. HAUCK, ß'loaVQ6<;. tn,oa\JQi.�(IJ: ThWNT 111, 137.

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Senno 1 8 1 243

(siehe auch die folgenden Erläuterungen zu Z. 132f.) Wenn Augustin im Zusammenhang von s. 181 davon spricht, die Kirche werde nach ihrem irdischen Dasein in der Schatzkammer des Herrn als reines Gold eingela­gert, hat er darüber hinaus vielleicht das Bild der fomax aurificis vor Au­gen, welches er sonst häufiger rur die gottgewollte Prüfung und Reinigung der Gerechten durch die Iribulatio mundi verwendet: vgl. s. Denis 24, I I (MA I , 1 52) mU1ldus lanquam fomax esl aurificis [vgl. Prv 27, 2 1 , Sir 27, 6], iusti tanquam aurum, impii tanquam pa/ea, tribulatio sieut ignis. num­quid aurum purgaretur, nisi pa/ea urere/ur? fit quod impf; ad cineres redi­gun/ur; cum enim blasphemant, el murmurant contra deum, dnls ejJiciun­tur. ibi aurum purgatum - fusti, qui tolerabiliter ferunt omnes molestias huius mundi, et in suls tribulationibus deum [audanl - aurum purgatum redigi/ur in thesauros dei; habel enim deus /hesauros, qua mittat aurum purgatum; habel eliam [oca sordida, qua mittat cinerem paleae. de isto mundo lolum exil (vgl. auch s. 15, 4 (CCL 41, 195f.), s. 62, 12 (PL 38, 420), s. 301, 6 (pL 38, 1383), s. 354, 3 (pL 39, 1 564) u.ö.).

Z. 1 32f. tanquam in lendicula magni [ullonis, in cruce Christi: Der 'Walker' ([ullo), dessen Handwerk die Tuchherstellung und -reinigung war, nahm als letzten Arbeitsgang die "Appretur", dj. "das BUrsten, Sche­ren und Pressen"'" des Gewebes vor, nachdem die Tücher zunächst mit Wasser besprengt und dazu mit Hilfe von lendiculae ausgespannt worden waren, vgl. Sen. nat. 1 , 3, 2 idem [daß Wassertropfen das Bild eines Regen­bogens bieten] videbis accidere, si quando volueris observare [ullonem; eum os aqua implevit et vestimenta tendieulis didueta leviter aspergit, ap­paret varios edi colores in Ulo aere asperso, quales [ulgere in areu solent. BlUmner erkennt an dieser Stelle, aber auch in s. 1 8 1 , in den lendiculae "Stricke", auf welche die Stoffe gehängt wurden.'" Mit Blick auf Augus­tins metaphorische Verwendung will man sich freilich lieber "Hölzer" vor­stellen, die dem gleichen Zweck gedient haben mögen'76 (vgl. auch en. Ps. 1 32, 9 (CCL 40, 1932f.) mundalur [sc. ecclesia], ul non habeal maculam; exlenditur, UI non habeat rugam. ubi earn extendit [ullo, nisi in ligno? vi­demus quolidie a fullonibus lunicas quodammodo crucifigi: crucifigunlur, ul rugam non habeanI.) Jedenfalls wurden die Tücher nach dem Ausspan­nen zuletzt gepresst, und es läßt sich daher vennuten, daß Augustin noch an das Walken denkt, wenn er zum Abschluß seiner Auslegung von Eph 5, 27

41� Ygl. H. BLÜMNER, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Grie­chen und Römern. Bd. 1. Leipzig 1 912, 1 8 l . m V g1. ebd. 182f. z. Sr. und auch zu s. 1 8 1 .

�76 Ygl. Blaise, Dictionnaire 81 1 s.v. lendicuJa I ad loc.

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244 Vier Themenpredigten

pressorium als Tropus fiir die irdische Drangsal verwendet, welche die himmlische Kirche nicht mehr zu fUrchten hafi77: rogemus ergo eum ul Jaeiat, et postquam feeerit, ad horrea nos ducat ibique nos reponat, ubi pressorium non erit. Fraglich ist, ob dabei auch die horrea im Bild bleiben (im Sinne von Kleiderspeicher I Tuchlager?). Da sich der Gebrauch von horreum im Sinne des Ortes, den Gott seinen Erwählten bereitet hat, be­sonders Mt 3, 12 (Vg) verdankt (congregabit triticum suum in horreum)''', muß hier viel1eicht eher mit einer Kontamination zweier Metaphern ge­rechnet werden. Aufs Ganze gesehen darf Augustin, so wie er das Bild ausfUhrt, zweifellos Originalität fUr sich beanspruchen. selbst wenn fiir ihn der Vergleich Christus -fullo schon bei Ambr. in Luc. 7, 13f.'79 zu finden war [im Rahmen der Allegorese zu Lc 9, 29 (Verklärung Jesu)]: vestimenta eius aUa deorsum sunt, aUa sursum. el/ortasse vestimenta verb; sermones sunt scripturarum el quaedam intel/eetus indumenta divini {, . . ). fiunt ;gUur verba divini sieut nu, vestimenta verb; candida nimis, qualia ful10 super terram racere non potest [Me 9, 2]. quaeramus hune fullonem, quaeramus hane lJivem. legimus ad viI/am fullonis ascendisse Esaiam [vgl. Is 7, 3]. quis est istefullo nisiforte i/le qui delieta nostra lavare consuevit? denique ipse dixit: si fuerint delieta vestra sicut phoenicium, ut nivem dealbabo [Is I , 1 8]. quis est iste fullo nisi qui indumenta nostr; intellectus indumenta virtutum ablutis maculis corporalibus soli solet offerre divino? (CCL 14, 2 1 9).

e) Zum modus pro(erendi

Das Prooemium

Augustin beginnt seine Predigt mit einem Johanneswort, dem er, um die Aufmerksamkeit und Zustimmung der Hörer zu gewinnen, eine klangvolle laus aucloris vorschaltet:

beatissimus loannes (tTS) f aposlolus (H) salubriter el veraeiler scri­bens (0) inter cetera ait ( . .. ).

Im Anschluß an das Zitat legt der Prediger dann sogleich dessen Gehalt dar (Z. 5-8):

4n Zu pressorium im Sinne von "Kleiderpresse" vgl. auch ThLL X, 2 Sp. 1 196 s.v. ad Joc. m Vgl. ThLL VI, 3 Sp. 2988 s.v. 11 B 1 . 479 Nach ADRJAEN, Cel 14, Praefatio VII, hat Ambrosius die Sermones de evangelio se­

cundum Lucam 377/378 in Mailand gehalten und sie dann nach Überarbeitung schon 389 veröffentlicht.

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Senno 18 1 245

his verbis doeuit beatus loannes (crS), imo ipse dominus Iesus (trS') non se lacens per loannem (crS), neminem ;n ista carne (S), in isto corrupti­bili eorpore (C'h), in ista terra (S), in isto maligno saeeulo (C,), in ista vita (S) tentatianibus plena (trO), neminelll hie vivere (C) sine peeeata (S' ).

Dabei wird die Glaubwürdigkeit des johanneischen Zeugnisses durch den Einsatz der Correctio, die in betonter Weise (Litotes) Christus als den ei­gentlichen aue/ar identifiziert, noch gesteigert. Dem gleichen Zweck dient auch die leidenschaftliche Expolitio der Vorstellung, daß die Bedingungen ihrer irdischen Existenz die Christen fUr die Sünde besonders anfallig wer­den lassen. Augustin fUhrt hier zunächst zwei Aspekte - die verderbliche Körperlichkeit und das Leben in einer bösen Welt - in paarigen Kola aus, wobei mit gefälliger Variatio von Lexis und Rhythmus jeweils das zweite Kolon die Interpretation des ersten leistet. Das folgende in ista vita tentati­anibus plena kleidet den Gedanken dann gleichsam summativ in die Form, welche die am Satzschluß gebotene Zusammenfassung der johanneischen Lehre besonders einsichtig erscheinen läßt.

Als ein typisches Zeichen rur die Oralität der Predigt ist zu werten, daß Augustin neminem wiederholt, damit die Hörer nach Einschub des sechs­gliedrigen Adverbiale das Objekt seiner Aussage vollständig erfassen . Wenn im Anschluß an eine Zwischenbemerkung solch eine Wiederauf­nahme des Satzfadens mit besonderem rhetorischen Nachdruck erfolgen soll, schiebt er an anderen Stellen zusätzlich ein inquam ein. Auch dieses in s. 1 8 1 auffallig häufig zu beobachtende Element zeugt von einer lebhaften Ausdrucksweise'so und deutet auf die ursprüngliche Mündlichkeit der Pre­digt hin.481

Obgleich Augustin in den Z. 5-8 unmerklich schon eine Deutung der Jo­hannesverse gegeben hat, erklärt er eine eigentliche Exegese in diesem Fall ftir überflüssig. Das si dixerimus quia peccatlim non habemlls spricht, wie er betont, fUr sich selbst. Eine Problematisierung dieser Aussage, etwa im Sinne der pelagianischen Auffassung, dies habe der in Wahrheit sündlose Apostel nur aus Demut gesagt (vgl. die Einleitung), wäre im Prooemium

410 Zu dem Einsatz von inquam in lebhafter Rede, insbesondere bei 'rhetorischer Geminati­on' vgl. Krebs-Schmalz 1 750 s.v. mit Hinweis etwa aufCie. Sesl. 1 46 mullo mihi. mul-10. inquam. iudices, praesial oder Mi\. 67 sed luas, Cn. Pompei. Je enim appello el ea l'Oce, 1II me exaudire possis, luas, inquam. suspiciones. 4'1 Vgl. Z. 24fT. respondenl de iIIo superbiae venlo qllO pie,,; sunl ( ... ) respolldenl, i�'[email protected]. ( ... ), Z. 40f. sed dicite nobis, anteq"am quaeramus, quomodo ista �erba apostoills due­rit, dicite. iM.lIfI.'!!. nobis ( . .. ), Z. 1 1 1 f. jnterrogo !L homo iuste, sancte, homo sine macu­la el ruga, interrogo � i.11Q.IlP..'Jl ( ... ), Z. 149fT. confessio 1IOS sanat et �ita cauta ( ... ). con­&5S;O, !I}.QW.}!I}., nos sanat (h'»'

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246 Vier Themenpredigten

fehl am Platze. Der Prediger muß die Hörer zunächst auf die Gültigkeit seines eigenen Verständnisses einschwören: Wenn Johannes über die menschliche Sündhaftigkeit schreibt, tut er dies in aufrichtiger Weise (ve­raeiter). Die Wahrheit seiner Worte erweist sich nicht zuletzt dadurch, daß sie im Einklang mit anderen Aussagen der Schrift steht. Als Beleg wählt Augustin lob 14, 4f. und kann nach Auslegung dieser Stelle im Sinne der Erbsündenlehre folgern (Z. 1 1 f.):

ergo nullo modo quisquam potest dicere (C) non se habuisse peccatum (0).

Das peccatum habere versteht sich somit als Konstante des menschlichen Daseins. Dennoch kann und will Augustin die sündenvergebende Wirkung der Taufe in diesem Zusammenhang nicht leugnen, und um zu zeigen. wie ernst es ihm damit ist, amplifiziert er die Vorstellung des erneuerten Le­bens, welches der Christ durch sie gewinnt (Z. 13ff.). Daß damit aber die Disposition des Menschen auf das peccare hin immer noch nicht beseitigt ist, muß sich für den Hörer zwangsläufig ergeben, wenn er die soeben auf­gezeigte Lehre aus I 10 I , 8f. angenommen hat. Der Prediger kann sich also darauf beschränken, auch die postbaptismale SOndhaftigkeit mit den Wor­tcn des Johannes festzustellen, deren Bedeutung er mittels einer Adiectio noch schärfer hervorhebt: ( ... ) prorsus melllitur, si dicat: .. iustus sumo ..

Die Methode, in der s. 18 1 ausgehend von dem lohanneszitat eingeleitet wird, läßt in gewisser Weise an die Abhandlung einer 'ehrie', d.h. einer bekannten personen bezogenen Sentenz (oder Tat), denken, welche zu Au­gustins Zeit jeder Rhetorikschüler im Rahmen der obligatorischen xQoyu­�vao�aTa zu leisten hatte, bevor ihm der Lehrer eine kunstgerechte De­klamation aufgab.482 Solch eine Übung, die ein flüssiges Ausdrucksvermö­gen vennitteln sollte, war in schlichter Fonn lediglich als declinatio der 'Chrie' angelegt, um den Gebrauch der einzelnen Kasus zu demonstrie­ren.48) Darüber hinaus kamen rur den gewählten Ausspruch aber auch noch andere modi tractandi in Betracht, wie etwa eine breitere Interpretation (CutaHe)..[a), eine Qualifizierung als 'wahr', 'schön' und 'nützlich' (Il",­q>WVTJOl<;) oder eine Argumentation flir oder gegen die darin enthaltene Lehre (avaOKtui} Kai KQ"CQOKEUf))48", wobei durchaus alle Übungsformen in ein und derselben Darstellung Anwendung finden konnten''', so daß

412 Vgl. MARROU, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, 46f. <4'l V gl. CLARKE, Rhetoric at Rome. l 5f. <4" Vgl. Lausberg § 1 1 19 unter Verwendung von Theon Prog. 5, 3. m Vgl. ebd. § 1 120, wo in diesem Zusammenhang u.a. auf die in Prise. rheL 3 (= Hermog.

Prog. 3) vorgeschlagene Reihenfolge der Abhandlung als I ) prooemium (=Iaus auclO' ris], 2) latius eum [sc. usum} interpretari, 3) a causa, 4) a contrario, 5) a comparatio"e.

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diese bisweilen schon den Charakter einer zusammenhängenden Rede an­nahm.486

Gleichwohl wird man die gesamte Predigt nicht nur als die mehr oder weniger schematische Behandlung eines eingangs zitierten Satzes verstehen wollen; denn Augustin sieht von den Worten des Johannes im zweiten Hauptteil der Argumentation ausdrücklich ab und konzentriert sich statt dessen auf die Vergebungsbitte aus Mt 6, 1 2 und seine eigene Auslegung von Eph 5, 25-27. Der aufgezeigte Beginn läßt sich daher eher als ge­schickter Vorgriff auf den ersten Teil der Argumentation begreifen, in dem der Prediger die ' logische' Unmöglichkeit der pelagianischen Behauptung der impeccantia ecclesiae erweisen will. Nach der Praeparatio der Hörer mit Hilfe von Johannes muß ihnen diese Lehre von Anfang absurd vor­kommen.

Die Narratio

1m nächsten Teil der Predigt präsentiert Augustin die gegnerische Auffas­sung bzw. die strittige Quaestio, die behandelt werden soll (an lusti in hac vita nullum habeant peeeatum - vgl. Z. 20f.). Es darf daher wohl im weite­ren Sinne von einer Narratio gesprochen werden481, die hier sehr deutlich auf das deleetare und movere der Hörer abzielt, während die Absicht, zum Zwecke der persuasio durch eine entsprechende Belehrung an den Intellekt zu appellieren - traditionell erweise die zentrale Aufgabe dieses Redeteils'" - schwerlich zu bemerken ist. Augustin kennt sein Publikum und weiß, daß nach dem Prooemium eine heftige Polemik gegen diejenigen, die der so­eben fonnulierten Wahrheit zu widersprechen wagen, gerechtfertigt er­scheinen muß (Z. 1 8-20):

sunt autem quidam inflati ulres (C...), spiritu elationis pleni (trS), non magnitudine ingenles (0), sed superbiae morbo (0) f tumentes (T),

ut dieere audeant (H) inveniri homines (0') absque peeealo (0). Zur Freude der Hörer fUhrt der Prediger den bekannten Tropus der Auf­

geblasenheit (s.o. die Detailkommentierung) breit aus und verstärkt die

6) ab exemplo. 7) a iudicio, 8) exhortatio. quod oportet parere i/li qui dixit autfecit hin­gewiesen wird.

'&6 Vgl. ebd. § 1 106. Die Nähe von derartig'!n Reden über 'Chrien' od�r 'Gnomen' 7U 'Homilien', in denen gleichfalls ein zugrunde gelegter Text erläutert, paraphrasiert, ge­lobt und paränetisch genutzt werde, betont SCHAUBUN. Zum paganen Umfeld, 47.

m Vgl. Quint. inst. 4, 2, 3 1 narratio est rei/aclae aut ut /actae uti!is ad persuadendum ex­positio, vel - ut Apollodorus finit - oratio docens auditorem quid in controversia sit. V gl. Lausberg § 289.

'" Vgl. ebd. § 293.

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248 Vier Themenpredigten

moralische Disqualifizierung gekonnt dadurch, daß er in dem durch Reim und Rhythmus gefalligen Contrarium des zweiten und dritten Kolons die Metapher des morbus superbiae verwendet. Die Gegner sind folglich von einem tumor befallen, der das initium omnis peccati darstellt (vgl. Sir 10, 1 5) und deshalb zugleich als das caput omnium morborum nos/rorum geI­ten muß, welches allein Christus, das caput ecc/esiae, beseitigen kann.489

Die dreiste Behauptung, es gebe unter den Menschen solche ohne Sünde, stellt Augustin in wohlklingender Kadenz betont an das Ende der Periode.

Nach dieser Invektive sollte den Hörern auch die anschließende Explika­tion des erklärten Widerspruchs zu Johanoes (dicunI ergo (= enim)'''' iuSIOS prorsus in hac vita nullum habere peccatum (trO» nicht weniger verwerf­lich vorkommen, selbst wenn sie rur sich genommen eine 'These' fonnu­liert, welche sicher manch einem gefallen konnte, der sich von dem pela­gianischen Streben nach individueller perfeclio und dem Glanz strenger Askese49\ angezogen flihlte.

Auch bei dem folgenden Dialektikon, das den Häretikern gleichsam die Möglichkeit einräumt, ihren Standpunkt selbst darzulegen, ist Augustins Ziel einer Captatio benevolcntiae ab adversariorurn persona unverkennbar. Dies zeigt nicht allein die ausdrückliche Wiederholung des Vorwurfs der superbia, der nun durch die eingeschobene Exklamation noch anschauli­cher und eindringlicher ins Bild gesetzt wird (vgl. Z. 25f.), sondern der gesamte Duktus des Gesprächs: Die Gegner besitzen in der Tat die Frech­heit, auf die lnterrogatio der Z. 22-24 mit einem selbstbewußten ,ja" zu antworten. und sie setzen ihre in jeder Hinsicht sündlosen Heiligen auch noch mit der gesamten Kirche gleich, wo doch selbst Abraham nur zehn Gerechte hatte finden wollen. Was Wunder, daß sie aufgefordert werden, dies zu beweisen. Die Häretiker können Eph 5, 25-27 anfUhren, ein Argu­ment, das immerhin Beachtung verdient. Dessen Widerlegung will Augus­tin aber mit größerem Gewinn rur den gesamten Redeerfolg erst gegen Ende seiner Argumentation unternehmen. Er begnügt sich daher zunächst mit einer ironische Bemerkung über den gewaltigen Eindruck, den dieses Zitat auf ihn mache (Z. 38f.):

audivimus de nube magIla lonitrua (trH2). nubes enim dei aposlo/uS (C!). verba iSla sonuerum (0') el Iremere nos fecenml (tr' S).'92

'" Vgl. s. Dolbeau 2 1 , 1 1 . 13 (REAug 37 (1991), 28 1 . 283). 490 Vgl. zur Möglichkeit dieser Verwendung von ergo im christlichen Latein KOFFMANE,

Geschichte, 135. 491 Zur peifectio-Lehre des Pelagius, die ein monastisch-asketisches Lebensideal vertritt,

vgl. THIER, Kirche, 158- 1 62; siehe auch VAN DER MEER, Augustinus, 142. 492 Die Verbalreimc auf -erunl gehören wegen ihres Klangeffektes zu den von Augustin

besonders gesuchten Fonncn (vgl. SClfUCI-ITER, Prcdigtstil, 1 22f.). Zum Bild des Apo-

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Senno 18 1 249

Aufs Ganze gesehen läßt bereits die Narratio die im vorliegenden Sermo besonders deutliche Kombination von Invektiv- und Diatribenstil erkennen. Dabei kann der Prediger durch das einfache Mittel von Rede und Gegenre­de des fiktiven Dialogs wichtige Begriffe seiner antihäretischen Polemik nicht nur in einprägsamer Weise wiederholen (vgl. Z. 22ff. vivil hic homo sine pecca/o et 1).(m.lJ.lJ.Q.ft! omnino H{{Hmp�_t;ffW��I. nee facto nee verba

nee cogitatione, Z. 27 nee facto nee verba nee cogilatione pos­SWlt H({Hm.!z.fl./J.t;!r.�P.t;!��/J.(lj.m) sondern auch rur das Verständnis seiner ein­fachen Hörer näher entfalten, so in Z. 3 1 ff., wo Augustin gleichsam aus der Gruppe der Häretiker einen einzelnen herausnimmt und anredet, damit dieser die gegebene Antwort 1010 ecclesia schrittweise mit Hilfe von Eph 5, 25 begründen und der Prediger selbst die Stelle identifizieren und noch weiter ausfUhren kann.493

Die Argumenlatio

Wie schon erwähnt, nimmt Augustin die Widerlegung der pelagianischen impeccQntia-Lehre im vorliegenden Sermo in zwei Teilen vor. In der sprachlichen Gestaltung und der dispositionellen Taktik weisen diese er­kennbare Unterschiede auf, auch wenn die syntagmatische Struktur durch­gängig von leicht verständlicher Parataxe bestimmt bleibt und an keiner Stelle die gedankliche Komplexität erreicht, wie sie sich bisweilen in der ersten der hier von uns untersuchten Predigten gezeigt hat. Im folgenden soll nun nicht die gesamte Argumentation noch einmal im einzelnen nach-

Siels als nubes, aus der gewisscnnaßen der Donner der gönlichen Offenbarung tönt, s.o. die Fußn. 380 zu s. 240. Daß hier Ironie vorliegt, erhellt auch aus dem gleich folgenden Hinwcis auf die spätere Deutung dieser Schriftstelle (vgl. Z. 33), der erkenncn läßt, daß Augustin von diescm Argument keincswegs wirklich erschültert ist; er schlägt in s. 1 8 1 ofTenbar auch an anderen Stellen einen ironischen Ton an: vgl. schon Z. 32fT. magnum

enim miM galldium affers. si ( ... ) oder das oben schon zitierte interrogo te, homo iuste, saneIe, homo sine macula el ruga ( ... ) (Z. 1 1 1), und entsprechend Z. 1 1 S ubi estis, 0 irlSli

el sone/i, siehe dazu BARRY, St. Augustine, the orator, 1 26f., die freilich die oben ge­nannte Stelle nicht anfUhrt.

"9) Zu diesem diatribenhaften Element des augustinischen Prcdigtstils, bei dem der Redner durch geziehe Apostrophe tur eine präzisierende Wiederaufnahme des Gedankens sorgt, siehe ZWIERLEIN, Der Fa!! Roms, 78f., 'NO diese Technik arn Beispiel von s. 296, 6. 7 und 9 (MA I , 404f. 407) vorgefilhn und mit doctr. ehr. 4, 2S in Zusammenhang gebracht wird; Augustin empfiehlt don dem Prediger, in Kontakt mit dem schweigenden Publi­kum darauf zu achten, ob er verstanden wird, und seine Rede dementsprcchend zu vari­ieren (soleI enim mo/u SilO signijicare. ulrum intellexerit, cognoscendi avida mU/litudo: quod donec signijicel versandum eSl, quod agitur, mu/timodo varielote dfcendi (CCL 32, 1 33)).

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250 Vier Themenpredigten

vollzogen, sondelll lediglich auf Grundzüge und besonders bemerkenswerte

Stilelemente hingewiesen werden. So ist im ersten Hauptteil (Z. 40-84), der mit sed dieite nohis (Z. 40) an

die Narratio anknüpft, ganz deutlich eine dialektische Technik zu beobach­ten, die an ein eristisches Frageverfahren erinnert.494 Augustin übernimmt in dem fingierten Dialog die alleinige Führung. Ziel ist es, die Häretiker in die Aporie zu fUhren. Augustin fragt sie zu diesem Zweck zunächst: iusti estis an non? Anschließend werden beide AntwOI tmöglichkeiten als falsch erweisen, wobei den Gegnern nach ihrer Affirmation A: iust; sumus erst

einmal die Konzession B: nos quidem peccatores sumus mittels einer Sug­gestivfrage abgetrotzt wird (mit Rückgriff auf die Narratio: per omnes dies, per omnes noetes nihil moli faeitis (0'), nihil moli dieitis (C), nihil mali cogitatis (crT)?). Dieser Aussage kann Augustin dann leicht ihren Widerspruch zu dem mit Eph 5, 25-27 begründeten pelagianischen Kir­chenverständnis nachweisen.

Um das Gespräch lebendiger wirken zu lassen, aber natürlich auch, weil dies ein bekanntes Argument der Pelagianer war, legt Augustin seinem

.9<1 Siehe dazu besonders M. ERLER, Augustinus' Gesprächsstr3tegie in seinen antimanichä­ischen Disputationen, in: G. VOOT-SPIRA (Hg.), Strukturen der MOndlichkeit in der rO­mischen Literatur. TObingen 1 990 (ScriptOralia 19), 285-3 1 1 . ERLER weist nach, daß Augustin im Unterschied zu den literarischen Frühdialogen, die oft genug ein 'sokrati­sches Verhalten' zeigen, in seinen öffentlichen Streitgesprächen mit den Mänichäem Fortunatus (27./ 28. August 392, vgl. retr. I , 16) und Felix (7.112. Dezember 404), vgl. retr. 2, 8), die zunächst mitstenographic:rt und anschließend publiziert wurden, ein durchaus eristisches Gesprächsverfahren angestrebt hat, bei dem der Befragte allein die Aufgabe hat. dem Fragenden mOglichst strikt zu folgen. Gegenfragen oder Ergänzungen, die in der lebendigen Rede oft genug vorkommen, ruhren zu Tadel oder Blockade. In Acad. 3. 9 (CCL 29, 39f.) bezeichnet Augustin solcherlei Ausflüchte als ein unzulässi­ges "Etruskisches Wortgezllnk" (hoc esf, inquam, Tuscum iurgium, quoll dici solei, cum quaestioni inlemplalae non eius solutio, sed alterius obiectio \lidelur mederi.), tur wei­ches er dann das Beispiel der vertT'leintlichen Kritik Vergils an diesem Verhalten anruhrt, die er in ec1. 3, 104-107 - dem Rätselwenstreit zwischen den Hirten Damoelas und Me­nalcas - ausgedruckt findet (quoll eliam poeta noster ( ... ) decenter in bucolico carmine

hoc rusticanum el plane pastor/cium esse ludicavit, cum alter alterum interrogal. ubi caeli spatium non amplius quam Ires ulnas pateat, ilfe autem quibus in terris inscripti nomina regum nascantur flores, vgl. dazu jüngst G. A. MOI.LER, Formen und Funktionen der Vergilzitate und -anspielungen bei Augustin von Hippo. Paderborn 2003 (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums 18), SO-52). Auch diese Äußerung darf man mit ERLER wohl als Hinweis dalauf werten, daß Augustin in seiner Dialektik mit Blick auf den Redeerfolg bisweilen den "Grundregeln der Eristik" folgt (vgl. PI. Euthd. 296A, wo Euthydem Sokrates das XQOOaXOKQlVEoßW ,.oi� tQCJ>,.ro�tvot(; vorwirft). Es geht ihm dann nicht um die gemeinsame Wahrheitssuche, die ggf. Ober Umwege und Digres­sionen zum Ziel konunt, sondern lediglich um eine rasche Entscheidung im Kampf um Sieg oder Niederlage (vgl. ERLER, a.a.O., 308(.).

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Senno 1 8 1 251

Gegenüber dann aber doch den Einwand in den Mund, das Sündenbekennt­nis sei nur aus Gründen der Demut erfolgt (Z. 57ff.). Freilich arbeitet er auch damit nur seiner eigenen Beweisführung zu; denn durch das von ihm geschickt eingesetzte Motiv des ' falschen Zeugnisses ' - er hat hier sicher neben dem ' Achten Gebot' auch die Erfahrungen seiner eigenen audienlia episcopalis vor Augen - steht der Gesprächspartner am Ende nicht nur als Häretiker sondern auch als Lügner da. Auf die konklusiven Fragen Augus­tins weiß er schließlich keine Antwort mehr zu geben, was zusäztlich von dem eristischen Charakter des Gesprächs zeugt.'" Beide Vorwürfe werden ftir die Hörer zum Abschluß des jeweiligen Gedankengangs in einprägsa­mer Weise zusammengefaßt. So in Z. 55f.:

haereliei enirn sunl (T'), iarn Joris sunl (T); eurn lola rnundilia sua (Crn') Joris rernanserunl (0). redile el audile (0), audite el eredite (C..)!

und zum Abschluß des ersten Hauptteils in dem Wortspiel nam quomodo eSI humi/ilas (C'), ubi regnalJalsilas (C..)?

Wie schon in der Narr.ho ist auch in dem auf Beweisftihrung angelegten Teil der orale Charakter der Predigt unverkennbar. Damit möglichst alle Gottesdienstbesucher ihm folgen können, knüpft Augustin einen unüber­hörbaren Faden der Argumentation, indem er im Dialog den die Häretiker überftihrenden Widerspruch zwischen venneintlicher Sündlosigkeit und demütigem Sündenbekenntnis (bei leichter sprachlicher und rhythmischer Variation) ständig wiederholt: Z. 60 iH�!.u�.�, �i'1�.R��c!!!.Q . . e� (crS'), sed propIer ' ", m i/ilalem (trT') dieis le peecalorern (S), Z. 62f. iHs!.U�.�s,

$.itl..�P.�r:..9l!lq _ _ � (crSl), et dicis te habere peccatum (trO), Z. 64f. ergo l�_.s:fH$. �s, sed non pOles nisi dieere le peeealorern (chS), Z. 67f. !M. '1!m.ht;l.be�.Pe.c,. cMH�t (trS), el dieis le habere peeealulII (trO), Z. 72f. ul eurn siÜHs!Y� (S), dieas le esse peeealorem (trS), Z. 79f. h u mililalis causa (trIS) nos dici­mus peccatores esse (crSt96; IJam deus \lide! quia justi sumus (trS2).

Auch im zweiten Teil der Argumentatio setzt Augustin das Dialektikon ein, doch geht es ihm hier nicht um eine logisch-diskursive Widerlegung. Er will die Hörer vielmehr geftihlsmäßig und vor allem als im Gottesdienst versammelte Gemeinde ansprechen, um sie gegen die häretische Propagan­da zu wappnen: ecce veniet hora orationis (T), oratura est tota ecclesia (C..) ( . . . ) - sollen die Pelagianer doch das 'Vaterunser' mitbeten und so ihre

.95 Vgl. elJd. 289f . • 96 Bei rhythmischer Vernachlässigung der Kopula gemessen - entsprechend auch nachfol.

gend trS2 staU IrC�h' Die Häufigkeit der S-Formen in den zitierten Beispielen, läßt ver· muten, daß Augustin beim Wiederaufgreifen seines Vorwurfs auf die Rhythmisierung keinen großen Wert gelegt, ja sie im Hinblick auf die den Hörern zu vermittelnde Sach­lichkeit der logisch-diskursiven Argumentation womöglich bewußt zurückgenommen hat.

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252 Vier Themenpredigten

Zugehörigkeit zur Kirche bekunden! Diese Argumentation wird auch den­jenigen überzeugen, der mit dem vorausgegangenen Streit um BegrifTe weniger anzufangen wußte. su!fici! mihi unde vos repellam, konnte Augus­tin zu Beginn der Argumentatio versichern, nachdem er das peccatores sumU$ der Gegner gegen ihr Bekenntnis zur Sündenvergebung in der Taufe ausgespielt hatte; fUr eine wirkungsvollere Indigoatio sorgt jetzt der Nach­weis, daß sie sich von der Bitte in Mt 6, 12 ausnehmen wollen, die der Herr selbst allen, auch den Aposteln und ihren Nachfolgern, aufgetragen hat.

Während man im ersten Argumentationsteil neben der genannten Anspie­lung auf die Epheserbriefstelle nur einen einzigen Schriftbezug findet (den Rückgriff auf 1 10 I , 8), fUhrt der Prediger als Leitfaden seiner Beweisftih­rung nun unablässig das dimitte nobis debita nos/ra oder sine macula el roga im Mund. Der Ton wird insgesamt appellativer, die Sprache reicher an Metaphern. Augustin spricht von der trutina der ara/ia dominica, und er gebraucht gleich mehrere Bilder, um in diesem Zusammenhang die autori­tative Gültigkeit des sic orale deutlich zu machen, vgl. Z. 103ff.:

videle quis dixeril el quibus dixeri/. verilas discipulis, pastor pas/omm arietibus: sic orale ( . . . ). rex mililibus, dominus servis, Chrislus aposlo­IiS;497 veritas I)gmjni!m�. (Cl) J loquebatur (0), sublimilas !u!!nilihu$. (C') J loquebalur (0).

Besonders überzeugend dOrfte auf die Vorstellungkraft der Hörer der Vergleich von Christus mit einem Walker gewirkt haben. Augustin fUhrt das aus dem Alltagsleben gewonnene Bild (von dem oben im einzelnen schon die Rede war) breit aus, bietet es doch ftir den, der es gelten läßt, eine überraschend stimmige Anschauung vom Erlösungshandeln Christi und der Bedeutung von Eph 5, 25-27, der die Pelagianer nichts Gleichwer­tiges entgegenzusetzen haben. Um die Plausibilität seiner Auslegung zu erhöhen, setzt Augustin damit aber nicht unvermittelt ein, sondern er berei­tet die Hörer auf den Gedanken vor und bedient sich dabei auch wieder der von uns schon oft beobachteten Stil- und Klangelernente:

ecce lola ecclesia dici/: "dimitte nobis debila nostra ". habel ergo maclI­las e/ rugas. sed confessione ruga exlendilur, confessione macula ablui­/ur. sial ecclesia in oratiolle (T), ul munde/ur confessione (mT) (Z. 123fT.) oder

m Die Mauriner setzen an dieser Stelle ein Komma, so daß der Eindruck entsteht, rex mililibus ( ... ) sei mit loquebalur zu verbinden; in diesem Falte wäre Christus aposlolis

m.E. eine unzulässige Unterbrechung einer Reihe von Metaphern. Wenn das Kolon hier zu Recht stehen soll, kann es nur eine komplexive oder expHkalive Bedeutung haben, wobei das voraufgegangene dixerit noch nachwirkt. Für die Selbständigkeit der folgen­den beiden Kola sprechen überdies der Reim und der parallele Rhythmus. Bei den vo­rangegangenen Kola dürfte eine beabsichtigte Rhythmisierung weniger sicher zu sein.

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qui dal veniam, maculam exlergil (S I); qui ignoscil, rugam exlendil (S) (Z. 1 3 1 f.) .

Der letzte Teil der Argumentatio hat stark paränetischen Charakter. Au­gustin verbindet die Invektive gegen den haereticus fictus nun mit einem Appell an die Gemeinde, die er zu bußfertigem christlichen Leben aufruft, das die schweren Sünden meidet und sich tagtäglich der Vergebung der kleinen versichert. Die Deutung der fünften Vaterunserbitte als sponsio cun! deo mutet vor dem Hintergrund der augustinischen Gnadentheologie befremdlich an; der Bischof ist hier aber offenbar ganz Seelsorger und will den Hörern ein Schema an die Hand geben, das eine unkomplizierte Be­gründung ftir die Notwendigkeit gegenseitigen Vergebens bietet: si dimillis, dimitto, si tenes, teneo. tu contra le tenes, qui aller; nOIl dimittis.

Die Peroratio

Am Ende der Predigt zieht Augustin nun den wichtigsten Schluß aus der antipelagianischen Beweisführung und der moralischen Paränese:

"emD ergo dica! se esse sine peccato (trSI). sed non tarnen ideo debemus amare peccatum (0).

Die folgenden Ennahnungen wiederholen diese Warnung in leidenschaft­licher Fonn, bevor der Prediger dann noch einmal die beiden wichtigen Schriftstellen, denen die vorangegangen Ausftihrungen gewidmet waren, anklingen läßt: I 10 1 , 8, mit einer letzten Invektive gegen seinen häreti­schen Widerpart, und Mt 6, 1 2, um abennals auf den Tun-Ergehen-Zusam­menhang hinzuweisen, den sich die Gemeinde beim Gebet vor Augen hal­ten soll.

Der Schlußsatz, der den Bogen zurückschlägt zu der im Proocmium prä­sentierten Auslegung des Johannesverses (neminem hic vivere sine pecca-10), bündelt das Ganze in einer rur Augustin typischen Fonnel, die die Hö­rer sicher instruiert sein läßt und ihnen einen frohen Ausblick auf auf das Leben gibt, das die wahre christliche Hoffnung ausmacht:

non hic sumus sine peccato (crS\ sed exibimus hinc sine peccalo (chS').

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C. SCHLUSSBEMERKUNG

Die vorliegende Arbeit hat Augustins rednerische Praxis in vier gegen seine wichtigsten kirchenpolitischen Gegner gerichteten Sermones untersucht. Um die Vortragskunst des Predigers zu zeigen, beschränkte sich die Dar­stellung auf solche vor dem Kirchenvolk gehaltenen Sermones, die eine eindeutige Quaestio besitzen und demzufolge einen auf die Themenbehand­lung ausgerichteten modus pro/erendi erwarten ließen. Obwohl das interes­se schwerpunktllläßig dem Rhetor Augustin galt, konnten besonders mit Hilfe der einzelnen Dispositionsanalysen und der selektiven Detailkom­mentierung der Predigten auch wichtige Elemente seines theologisch­philosophischen Denkens aufgezeigt werden, die sich in ihren Grundzügen nicht anders in den Schriftwerken der entsprechenden Schaffensperioden des Priesters bzw. Bischofs finden, in den Sermones freilich, gattungsspezi­fisch bedingt, vom Prediger mit Rücksicht auf die Gemeinde in möglichst leicht laßlicher Form dargeboten werden.

Zunächst wurde s. 12 als Beispiel einer frühen antimanichäischen Predigt behandelt, die vielleicht noch in die Zeit von Augustins Presbyteriat fallt. Es konnte gezeigt werden, daß Augustin in diesem Sermo, der die gleiche Stoßrichtung wie die Schrift Contra Adiman/um verfolgt, den Hörern nicht mehr nur die methodische Unredlichkeit und Hinterlist der Gegner glaub­haft zu machen sucht, sondern sie darüber hinaus zu selbständiger Apologie im Hinblick auf die Widerlegung einer derart zu bewertenden häretischen Quaestio befähigen will. Thematisch und in der argumentativen Struktur grundsätzlich in einer Reihe mit den ss. I und 50 stehend, erwies sich die Predigt daher dennoch als fortgeschrittene und wohl nach den genannten Sermones zu datierende Instruktion der Gemeinde.

So konnte die Untersuchung der Disposition von s. 12 feststellen, daß die Predigt nach einer Repraesentatio der den Hörern schon früher vermittelten Schriftkritik der Manichäer sowie einer Propositio quaestionis in der ei­gentlichen Argumentatio zwei Hauptteile zu bieten hat; von diesen unter­nimmt offenbar der erste die Widerlegung der manichäischen These eines Widerspruchs von AT und NT, während der zweite Teil die Hörer auch mit anderen Ungereimtheiten der manichäischen Lehre, insbesondere ihrem christologischen Doketismus, gründlicher vertraut macht. So sollen sie, entsprechend der im Prooemium erklärten Intentio sermonis, auch in dieser Hinsicht fähig werden, Glaubensschwache und Schriftunkundige wirksam vor den tückischen Missionierungsversuchen der Häretiker zu bewahren.

In der Detailkommentierung wurde ersichtlich, wie vertraut Augustin im einzelnen mit dem manichäischen Mythos ist und daß er bei seiner antihä-

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Schlußbemerkung 255

retischen Polemik auf eine aus der Schrift und der patristischen Tradition gewonnene Metaphorik zurückgreift. Auch sonst wird in der Argumentati­on mehrfach typisch christensprachliche Begrifflichkeit verwendet, so etwa zur Disqualifizierung des manichäischen Materialismus. Die in s. 1 2 enthal­tene Auseinandersetzung mit der Quaestio des Adimantus und den weiteren themenbezogenen Auffassungen der Manichäer bot zudem Anlaß, Augus­tins eigene, im Vergleich zu späterer Systematisierung auffallige Zurück­haltung in Fragen der Angelologie zu bedenken, kurz die Entwicklung in seinen eschatologischen Vorstellungen (bezogen auf die Möglichkeit einer visio DeI) darzulegen und auf seine dezidierte mariologische Lehre von der virgo perpe/ua hinzuweisen. Die Ausfiihrungen des Predigers zu den viel­faltigen Formen der an die Menschen gerichteten Rede Gottes konnten mit den zugrunde liegenden sprachtheoretischen Vorstellungen und der beson­ders in De doc/rina christiana entwickelten Zeichenlehre in Zusammen­hang gebracht werden.

Die Analyse des modus proferendi erwies Augustin gerade im ersten Teil der Beweisfilhrung als geschulten Grammaticus, der, bezogen auf die von der manichäischen Argumentation aufgebotenen Schriftbelege, die Aufga­ben der lectio, emendatio und enarratio erfil1lt und Adimantus bei der von ihm in Anspruch genommenen Paulusstelle der Athetese und Interpolation überfilhren konnte. Es wurde herausgearbeitet, wie der mit den disciplillae und Tyconius' Liber regularum vertraute Prediger seinen Hörern zum Zwecke der Apologie eine rhetorisch und theologisch erklärte Auslegungs­regel filr die umstrittene Begrifflichkeit des von den Gegnern usurpierten Textes an die Hand gibt und sie dabei durch eigene Überlegenheit in der lexikalen und tropologischen Analyse zu beeindrucken sucht.

Durch den gefalligen Wechsel der jeweils sachgerecht gewählten Stilhöhe und die dabei mit Bedacht geleistete Erftillung der ojJicia oratoris zeigte sich Augustin in s. 12 ganz im Einklang mit seinen theoretischen Empfeh­lungen aus dem vierten Buch von De doctrina chris/iana. Besonders gut ließ sich in der zu weiten Teilen als dictio submissa angelegten Argumenta­tio das Bestreben des Predigers beobachten, sein Beweisverfahren (ratioci­nari) als eine filr das Publikum leicht durchschaubare Schrittfolge anzule­gen und unter Beachtung einer aus Cicero gewonnenen rhetorischen Pro­grammatik der ' sorgfaltigen Nachlässigkeit' Redeschmuck und Rhythmus an diesen Stellen bewußt zurückzunehmen. Aufgegeben wurde der schlich­te Stil von Augustin aber auch in solchen Passagen erkennbar dann, wenn er in merklich stärkerer Erregung der anti häretischen Invektive größeren Raum gab.

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256 Schlußbemerkung

Betrachtet man das Ganze der Beweisführung, so folgt Augustin bei der inhaltlichen Anordnung seiner Argumente nicht weniger als beim Wechsel

des genus dieendi den Vorschriften der Rhetorik, da er als Dispositions­prinzip anscheinend den sog. ordo Homericus wählt, also nach einem sehr überzeugenden Anfangsteil (ZitatHilschung durch Adimantus), das schwächste Argument der Predigt (den vermeintlichen sensus proprius flir den conspeclUs Dei) in der Mitte positioniert, um dann mit starken Argu­menten gegen die manichäische Christologie und Kosmologie (besonders im Hinblick auf Leiblichkeit Christi und Jungfrauengeburt) zu schließen.

Eine ähnlich geschickte Gewichtung der Argumentation ließ sich allc� in s. 266 beobachten, der hier in einer nach der mit der Handschrift Mainz Stadtbibliothek I 9 kollationierten Fassung gelesen wurde. Augustin hat in dieser vermutlich um das Jahr 405 gegen die Donatisten gehaltenen Fest­tagspredigt den Psalmvers 140, 5 behandelt, den seine häretischen Gegner mit Vorliebe als Beleg flir ihre Auffassung verwendeten, daß nur ein sünd­loser Priester das Taufsakrament spenden dürfe.

Die Untersuchung der Disposition der Predigt ergab, daß Augustin den Hörern hier keinesfalls nur eine, die von ihm ausgesuchte biblische senten­liola ausdeutende 'Homilie' bietet, sondern eine erkennbar nach dem sog. ordo na/uralis in prooemium, narratio, argumentatio und peroralio geglie­derte Themenbehandlung, die unter Verwendung von eindeutigen Stellen der HI. Schrift zu beweisen beabsichtigt, daß das oleum Christi in seiner baptismalen Wirkung der menschlichen Verftigungsgewalt entzogen ist. Dabei hat auch hier das gewichtigste Argument der eigentlichen Beweis­fUhrung des Predigers (das von der Apostelgeschichte berichtete Geschehen im Haus des heidnischen Hauptmanns Comelius) seinen Platz am Ende. Gemäß dieser Taktik weist aber auch die PeTOratio der Predigt, die in deut­licher Weise um eine gegen die Donatisten gerichtete Affektsteigerung der Hörer bemüht ist, noch argumentative Züge auf, jetzt freilich in engerem Bezug zu Psalm 140, 5, dessen plausiblere Auslegung der Prediger am Schluß bereithält.

Die detaillierte Kommentierung ausgewählter Stellen hat u.a. gezeigt, wie Augustin selbst bei der 'Nacherzählung' der von ihm verwendeten Schrift­stellen nicht auf eine im Sinne seiner theologischen Absicht wirkungsvolle Stilisierung verzichtet, so daß er etwa bei der Darstellung der von der Apostelgeschichte beim Pfingstgeschehen berichteten Xenolalie oder bei seiner Erzählung und Deutung der Petrusvision in Joppe dem separatisti­schen Kirchenverständnis der Donatisten entgegenwirken kann.

Deutlicher als in dem syntagnnatisch gehobeneren s. 12 ist Augustin in s. 266 als 'volkstümlicher' Prediger in Erscheinung getreten. Die in diesem

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Schlußbemerkung 257

Zusammenhang besonders typischen rhetorischen Mittel wie Parallelismus, Antithese und Paronomasie setzte er hier überaus häufig ein, wobei ihm ftir die gefallige Instruktion und Motivation der Hörer ganz besonders kurze Dikola dienlich waren, die er mit solcherlei Klang- und Stilelementen zu schmücken verstand. Im Vergleich zu s. 1 2 war in s. 266 auch leichter er­kennbar, daß Augustin in der auf uns gekommenen Fassung der Predigt wirklich einen frei gehaltenen und auf das Publikum aktuell Rücksicht nehmenden Vortrag darbietet. Denn nur so erklären sich die auffalligen Redundanzen, die der Sermo vornehmlich in bezug auf die Schilderung und Bewertung der Predigttätigkeit des Philippus und der Frage nach seiner Identiät aufweist.

In s. 240 begegnete uns eine Predigt, die offenbar als Auftakt einer Pre­digtreihe konzipiert war, mit welcher der Bischof seine Hörer gegen die heidnische Kritik am christlichen Auferstehungsglauben wappnen wollte. Als weitere Predigten dieser Reihe konnten entgegen der in der Forschung bisher häufig vertretenen Auffassung nicht nur die ss. 241 und 242, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch der s. 243 identifiziert werden. Ausschlaggebend ftir diese Zuordnung war dabei weniger die bekannte Zusammenstellung der ss. 240-243, die das Homiliar Fleury und die antike Sammlung Alleluia vornehmen, oder die anscheinend auf s, 240 zurück­greifende Repraesentatio der österlichen Leseordnung zu Beginn von s. 243; vielmehr konnten rhetorisch-<lispositionelle GTÜnde angefUhrt werden, die das Ganze der Predigtreihe betreffen: so der fUr den Abschluß der Reihe rhetorisch höchst wirksame Ausblick auf die vita aelerna 3m Ende von s. 243 und der Umstand, daß die ss. 240-243 die beiden Themenbereiche 'Die Qualität des Auferstehungsleibes' und 'Die Auffassungen der Philosophen zur Unsterblichkeit der Seele' entfalten, die in s. 240 vorgestellt werden, so daß diese Predigt im Verhältnis zu den folgenden in gewisser Weise die rhetorische Funktion einer Narratio erftil1t.

Als Datierung der gesamten Reihe wurde wegen der rur die Sennones auffalligen Zitate aus der profanen Literatur und der damit verbundenen Parallelität zu De civilale dei im Anschluß an Hagendahl eine Zeit nach 415 angenommen.

Die Detailanalyse von s. 240 hat u.a. darauf hingewiesen, welche Prinzi­pien einer evangelienharomonisierenden Exegese (eigene Erinnerung, indi­,'iduelle Ernhlordnung und Stoffauswahl der Evangelisten, Insprira:ions­lehre) rur Augustin Geltung haben, wenn er in der Praeparatio auf das Thema der Predigtreihe von der WiderspTÜchlichkeit der neutestamentli­chen Passions- und Auferstehungsberichte spricht. Es konnte gezeigt wer­den, daß der Prediger in der Frage der ' Auferstehung' nach einer Antwort

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258 Schlußbemerkung

sucht, die in Abwehr stoischer und epikureischer Lehren von den philoso­phischen Traditionen der platonischen zwar den Vorzug gibt, gegen diese aber die Vorstellung einer postmortalen Leiblichkeit behauptet und sich insbesondere auch durch das betonte Bekenntnis zum Christus mediator von seinen paganen Gegenern, d.h. vornehmlich wohl von den Porphyria­nem, absetzt.

Trotz des philosophisch anspruchsvolleren Themas deutete auch bei s. 240, und ebenso bei den ss. 241 -243, nichts darauf hin, daß Augustin hier vor einem ausgesuchten Kreis besonders gebildeter Hörer gesprochen hätte. Die Mündlichkeit der Predigt zeigte sich, bezogen auf da> I'rooemi'Jm, besonders im Unterschied zu dem themengleichen s. 361, der wegen seines zu Beginn kunstvollen hypotaktischen Stils und der schulmäßigen Partitio bei der Themenangabe zumindest ftir diesen Teil eine schriftliche Vorberei­tung oder spätere Überarbeitung vermuten ließ.

Auch in der weiteren Ausftihrung von s. 240 konnten wir wieder typische ZUge der Improvisationskunst des augustinischen Sermonenstils beobach­ten, wie Parataxe, kurze, oft asyndetische Kolometrie, konträre FUgung der Gedanken, Reimbildung, Iteration wichtiger Inhalte, und das den Vortag besonders belebende Element des Dialektikons. Es zeigte sich freilich auch hier, daß Augustin solcherlei Stilelemente ganz bewußt dosiert und gerade an entscheidenden, größere Aufmerksamkeit verdienenden Stellen der Pre­digt bevorzugt einsetzt, ja sie bisweilen zu einer durchrhythmisierten dog­matischen Formelsprache verdichtet, die die Aufgabe hat, bestimmte Lehr­inhalte, die der Prediger zuvor argumentativ dargelegt hat, ftir die Hörer bündig zusammenzufassen.

Vergleicht man s. 240 in seiner argumentativen Disposition mit den ande­ren rur die vorliegende Arbeit ausgewählten Predigten, so verdiente er des­halb besonderes Interresse, weil uns hier ein anschauliches Beispiel daftir geliefert wird, wie Augustin in gedanklicher Konzeption und rhetorischer Detailgestaltung die nicht leichte Aufgahe bewältigen konnte, einerseits diejenigen Hörer, die auch die folgenden Predigten hören wollten, lediglich in das Thema einzuführen, andererseits aber denen, die am nächsten Tag viel1eicht fehlen sollten, schon eine ausreichende Refutatio der paganen Polemik zu bieten und damit zugleich, ohne der späteren Argumentatio vorzugreifen, eine für sich genommen durchaus vollständige Behandlung der gesamten von ihm aufgeworfenen Problematik vorzunehmen.

Der auf die Widerlegung der pelagianischen impeccontia-Lehre angelegte und wahrscheinlich erst nach 416 gehaltene s. 1 8 1 war wohl unter allen Proben, die wir hier vom modus proferendi Augustins gegeben haben, die­jenige, welche von der auf die Niederlage seiner Gegner zielenden dialekt i-

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Schlußbemerkung 259

sehen Disputationskunst des Predigers den nachhaltigsten Eindruck vermit­teln konnte. Der Bischof, der im Unterschied zu seiner früheren, von Hoff­nung auf um so leichtere Bekehrung der Gegner getragenen Rücksichtnah­me zu dieser Zeit bereits einen deutlich schärferen Ton anschlägt, tritt in dieser Predigt dem gleichen exklusiven Kirchenverständnis entgegen, das er schon bei den Donatisten hatte bekämpfen müssen.

In einem enstisch anmutenden Verfahren sorgte Augustin hier zunächst ftir eine logisch-diskursive Invektive seines im Diatribenstil als haereticus fictlls vorgefUhrten Gegners, um ihn dann durch einen an das Selbstver­ständnis seiner Hörer appellierenden, stark emotional gefarbten Teil der praktischen Ausgeschlossenheit aus der kirchlichen Kultgemeinschaft zu überfUhren.

Die Analyse des modus proJerendi konnte aufzeigen, daß Augustin nach der Explikation der von ihm als Einstieg gewählten sententia loannis (I 10 I , 8-9) in auffalliger Weise bereits in der Narratio stark auf das deleclare und movere der Hörer abzielt. In Kenntnis der Vorliebe seiner Adressaten konnte er so schon frühzeitig eine in ihrer Heftigkeit glaubwürdige Polemik vortragen, um das Publikum dadurch auf die nachfolgende BeweisfUhrung einzustimmen und dabei insbesondere dem Hauptargument der Gegner, nämlich ihrer Berufung auf Eph 5, 25-27, schon frühzeitig seine Kraft zu nehmen. Bei der dialektischen wie auch der praktischen Widerlegung der pelagianischen Lehre, bei der Augustin im zweiten Teil auch geschickt die situative Einbindung der Predigt in den Gottesdienst, d.i. die noch bevor­stehende oratio dominica, ausnutzen konnte, waren deutliche Zeichen der Oralität zu bemerken. Denn durch ständige Begriffswiederholungen verstand es der Prediger, seinen Hörern sozusagen 'rote Fäden' der Argu­mentation zu knüpfen. Im zweiten, stärker appellativen Teil der Argumen­talio ließ sich besonders gut der auch der Vorstellungswelt des einfachen Hörers zugängliche Gebrauch von aus der Alltagswelt gewonnenen Meta­phern herausarbeiten, mit dessen Hilfe Augustin nicht zuletzt eine originel­le Widerlegung der pelagianischen Auslegung von Eph 5, 25-27 vornimmt.

In ihrer je unterschiedlichen argumentativen Ausrichtung und Konzeption ließen also aUe von uns untersuchten Sennones den WiI1en zu einer geziel­ten rhetorischen Fonngebung erkennen, einschließlich einer ansprechenden Rhythmisierung der ftir die persuasio besonders bedeutenden Stellen. Eine Unausgeglichenheit der Gedankenftihrung war nur im Einzelfall zu bemer­ken. Obwohl alle vier Predigten unUberhörbare Merkmale der Mündlichkeit aufweisen und anscheinend nicht schriftlich vorbereitet wurden, scheint in jedem Fall eine geplante Disposition konsequent umgesetzt zu werden, wobei Augustin durch seine abwechslungsreiche Stilisierung von prooemi-

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260 Schlußbemerkung

um, narratio, argumentatio und peroratio durchaus dem Ideal des christli­chen Redners entspricht, das er selbst in dochr. ehr. 4 nach beinahe 40 Jah­ren pastoraler Praxis entworfen hat.

Wir dürfen daher die untersuchten Predigten sicher zu denjenigen sermo­nes ad popu/um rechnen, denen Augustin seinen glänzenden Ruf als Predi­ger zu verdanken hat.

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LITERATUR

Hilfsmittel:

Abgesehen von den gängigen Kürzeln für bekannte philologische Handbücher und Lexika verweisen auf die jeweils nachstehenden Ausgaben:

Bauer, Wörterbuch: Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur v. W. BAUER, 6. völlig neu bearbeitete Aun. v. K. u. B. ALAND. Berlin 1988.

Blaise, Dictionnaire: A. BL.AISE, DictioJUlaire latin-franyais des auteurs chretiens. Revu specialement POllT le vocabulaire theologique par H. CHIRAT. Tumholt 1954.

Blaise, Handbook: A. BLAISE, A Handbook of Christian Latin: Style, Morphology, and Syntax. Translated by G. C. RoTl. Tumholt 1994.

Blaise, Vocabulaire: A. BLAISE, Le vocabulaire latin des principaux themes liturgiques. Tumholt 1966.

Krebs-Sclunalz: Antibarbarus der lateinischen Sprache nebst einem kurzen Abriss der Geschich­te der lateinischen Sprache und Vorbemerkungen über reine Latinität v. J. Ph. KREBS, 7. genau durchges. u. vielfach überarb. Aufl. v. J. H. SCHMALZ. Bde I u. lI. Basel. 1905. 1 907.

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Lausberg, Elemente: H. LAUSBERG, Elemente der literarischen Rhetorik. Eine Einfiihrung fiir Studie­rende der klassischen, romanischen, englischen und deutschen Philologie. München '1963.

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Textausgaben:

a) Augustin

Corpus Augustinianum Gissense (CAG), ed. C. MA VER. Basel 1 996. CETEDOC library of Christian Latin texts: CLCL T -3. Universitas Catholica La­

vanensis Lovanii Novi. l e Cd. Sous Windows. Tumholt 1 996.

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a) TextsteIlen

AISCHYLOS

Ag. 1486 186 Eu. 9 1 8 1 86 Th. 255 186

AMBRQSIUS VON

MAILAND

bon. morl. 6,24 55

fid. 1 , 16, 106 87 Hel. I , I 55 8,23 55 in Luc. 1 , 24-27 54 7, I 3 f 244 in psalm. 45,7,3 133 in psalm. I J 8 serm.

1 2 , 3 1 , 22 54 14,37, 1 55 Isaac

4,34 55 7,61 55

• sp,r. 2, 10, 103-107

1 3 1 .

vlrg. 1 , 6,30 193

INDICES

1 . STELLEN INDEX

ANDREASAKTEN

Ac!. Andr. 2 199

ApULEIUS

met 9,36 198

ARISTOTELES

Melaph. 101 1b26-28 241 Pli. 203b7 1 86f

AUGUSTINUS

Acad. 2, 1 2 64 3,9 250 3,38 194f c. Mim. 22 1 19 9 61 1 2 89 15 45 28 134 adn. lob 9 198 c. adv. leg. 1 19 2,42 23 adult. coniug. 1 , 32 1 1 5 agon. 5 53 an. el or. 3,21 1 1 5 an. quant. 29 79

bapl. 1 , 1 1 137f 4, 17 1 17 4,28 133 5,9 1 1 7 beata Y. 28 79 b. vid. 7 54 cat. rod. 5 148f 46 62 54 62 call1 .fr. 2 1 85 29 1 19 30 133 37 135 eiv. 1 , 29 5, 10 8, 10 8, 1 2 9,4 9, 15 9, 17 9,23 10,9 10,23 10,24 10,29 10,30 1 1 , 1 3 1 1 , 1 8 1 1 ,34 1 2, 27

73 87 188 195 163

1 26 199 199 165 164

164 164 199 l64f 164 2 1 3 52 2 1 6 192 1 64

Page 275: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

276

13, 17 157 164 192

13, 1 8 192 13, 19 205 14,3 192 14, 5 205 14, 5-9 165 14, 7 177 18,28 126 18,29 137 20,9 200 20, 17 234 2 1 , 3 205 22, 1 161 22,4 158 192 22, 1 1 192 22, 1 2 158 22, 1 8 185 22,20 50 22,26 164 205 22,26-28 164 22,30 126 161 con! 1 , 3 88 1 , 1 1 237 2,5 148 2 ,8 183 185 3, 10 46 55 68

1 80 3, 1 2 46 180 3, 1 5-17 58 3, 17 58 4, 1 1 83 185 4,28 49 4,30f 183 1 84 4, 31 56 5,3 180 5, 13 180 5, 19 56 5,24 1 1 8 5,25 63f 6,4 1 8 1 6,6 1 1 8 7, 1 3 1 64

Indices

7, 1 6 56 7, 17 56 7,23 192 7,24 200 8,3 163 10, 8-27 162 1 O,37 f 162 10,26 82f cons. ev.

1 , 3 178 1 ,4 177f 1 , 6 178 1 , 7 234 1 , 47 137 1 , 54 179 2,27 177 3 , 8 165 cont. 25 234 Cresc. 1 , 1 6 12 1 , 1 6, 1 7 50 2,4 239 2,9 239 2,28 95 div. qll. 47 66 59,3 95 64, 1 1 1 5 64,4 50 doctr. ehr. I 177 I , I 18 1 , 7 187 2, 2 f 57 2, 5 57 1 1 9 2, 15 1 19 2,38 205 2,44 148 2,57 183 2,62 90 3,42-56 53 4 1 8 f 73 260 4,3 72

4,6 72 143 201 2 1 2 4, 1 1 72 1 4 f 4, 1 2 144f 4, 1 3 72f 146

150 4, 1 6 145 4 , 2 1 1 83 4,24 77 4,25 1 84 209

249 4,26 182 4,28 1 82 4,29 182 212 4 ,31 145 4,33 185 4,34 82 4,35 2 1 2 4,39 77f 4,40 145f 4,41 88 4,42 85 208 4,51 82 4, 5 1 f 85 4,52 83 4,53 86 4,55 82 86 146 4,56 81- 83 4,56-58 82 4,57 82 en. Ps. 73 1 15 3,6 1 84 3 ,9 1 85 10,6 59 1 8, 26,4 1 1 9 2 1 , 2, 3 1 138 29,2, 13 235 30, 2 , 1 , 3 133 30,2,2,9 1 15 33,2, 1 3 235 36, 1 , 1 54 38,3 59 43, 1 6 50 45, 10 197f

Page 276: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

49,5 186 50, 1 9 192 54,24 59 67 196 67,22 59 69 1 9 69,4 1 8 5 69,5 95 69,6 95 70, 1 , 1 7 58 70,2,3 1 89 7 1 196 7 1 , 2 152 72,23 242 73,8 239f 75, 1 7 87 77,27 196 78, 10 184 85,3 242 85, 14 135 95, 1 1 198 96, 13 1 3 1 133

137 99,5 87 101 ,2,7 157 103,3,2 134

135 103,3, 13 1 1 7 1 1 7, 1 2 59 1 1 8, prooem.

120 1 1 8,2, 1 235 1 1 8,26,4 1 1 9f 1 1 8,29,3 1 65 1 19,2 59 120,6 157 124, 10 55 125,4 46 126, 1 1 1 1 5 128, 1 47 130, 10 71 132, 1 1 83 132,9 243 138,8 1 57

Indices

140, 10 2 1 4 143, 1 177 145, 1 6 239 ench.

58 5 1 109 199 ep. 27,6 95 28,6 95 33,3 95 156 54,2 76 55,3 185 7 1 , 6 6 1 88,22 162 93,21 59 95,7 160 102,4 102 102,8 162 102,28 163 102,30 163 1 1 8, 1 2 195 1 1 8, 15 50 1 1 8,32 196 130, 10 196 140,6 87 147 192 147, 13 50 147, 13f 53 147, 1 4 50 53 147, 19 54 147,22 50 148 193 148,8 50 149,2 160 149, 16 241 155, 13 87 166,6 237 166,21 237 167, 10 234 1 69, 1 197 175-177 2 1 8 179 2 1 8 187,35 87 1 87,38 87

189,4 132 2 17 , 13 240 224,2 19 236, I 45f 236,2 44 ep. 10. tr. I pro!. 159 5, I 234 5,2f 235 9, 10 81 c. ep. Man. 9 1 19 23 59 28 67 c. ep. Parm. 1 , 1 6 95 2,9 51 2, 19 59 2,20 95 2,22 95 3,4 95 c. ep. Pel. 1 , 27 238 3 , 19 1 8 1 4, I 236 4,2 236 4,7 189f 4, 1 7 235 4, 1 9 236

277

4,27 234 2 3 6 exc. urb. 73 "'p. Ga/. 28 60 3 1 125 32 5 1 f 36 60 exp. prop. Rm. 13-18 199 c. Faust. 1 1 9 1 , 2 46 5,6 240f 1 1 , 8 1 1 5 12, 15 102 12,22 135

Page 277: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

278

12,26 59 12,42 59 14,9 50 16, 1-8 44

16, 1 4 1 1 5

16,29 157

17,3 178 18, 1-3 44 19, 15 1 1 5 2 1 , 1 64 2 1 , 9 191f 22,2 68f 23,1-4 70 23,3 69f 29, 1 65 29,4 1 6 1

3 1 , 3 134 33,2 135 33,6 180 f et op. 47 1 8 1 f el symb. 1 3 158

1 4 158 f invis. 7 185f gest. Pel. 27 238 28 238 Gn. litt. 1 , 1 1 19 1 , 2 1 1 1 5 6, 1 O f 62 8, 2 56 12,2 133 12, 1 1 102 133 12,34 133 On. litt. inp. 3 1 1 8 On. adv. Man. 1 , 14 1 19 1 , 40 56 2,25 199 2, 8 45

Indices

2,30 1 9 1

gr. et pecc. or.

1,44 1 8 1

1,45 1 1 5

2, 1 3 239

2,26 79

haer. 73 1 , 1 123f 1,46,7 66f 1 ,46, 15 44 64 1 , 88, 1 239 1 , 88,5 2 1 9 1 , 88,6 237

10. ev. Ir. 61 73 1 15

7,24 184 13, 1 3 239

13, 1 6 63 17-19 6 1 17,9 182f 2()"'22 6 1 22, 15 70 23-54 6 1 4 1 , 9 234 46,8 184 47,9 46

48, 1 177 49,7 189 49,9 200 52,3 6 1 f 54, I 50 55-124 6 1 58, 1 177 62,4 133 74,2 125

98,4 59

98,4-7 59

106,5 187 1 1 3,4 2 1 1

122, 1 178 c. lul. 1 19

c. lu/. imp. 6,36 190

/ib. arb. 1 , 2 195

c. /il/. Pel. 1 1 9 2, 1 50 95f

2, 1 89 95

2,236 95 2,237 95 3,6 138 3,38 95 3,40 95 3,59 1 1 7 loe. 6,9 135 1 84 mag. 2 56 4 1 194 45 144 c. mend. 24 135 mor. 1 , 2 180 1 , 25 48 1 , 39 194 1 , 46 48 1 , 5 1 48 2, 1 7 7 1 2,43 1 1 9 2,60 241 mus. 6, I 195 6, 15 79 nupl. el conc. 2,45 163 2,47 163 ord. 1 , 3 184 1 , 7 79 1 , 9 184 1 , 24 184 pecc. mer. 1 , 54 137 1 , 59 154 1 , 69 189 2,38 65

Page 278: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

3, 1 3 237 3,20 163 per! iusl. 23 f 237 qu. 7,49 1 84 7,56 1 84 qu. ev. 2, 1 8 120 2, 1 9 46 2,38, I 200 2,38,5 200 relr. I , prol. 2 12f 1 ,4 ,3 164 1 , 6 1 84 1 , 1 7 1 2 158 1 , 22, 1 2 1 f 76 1 , 26 66 2,4,2 1 7 2, 8 250 2, 3 1 163 2,33 2 1 8 2,67 1 1 1 4 f s. 73 I 21-23 254 1 , 1 23 45f 176 1 , 3 47 1 , 5 45 48 4 ,8 206 4,33 239 8 196f 8,2 197 8 ,5 196f 8,8 142 8, 1 8 197 8,84 198 9, 1 6 142 10,2 206 1 2 9f 21-92 96

254f 258 12,4 58 12,9 66 15,4 243

Indices

18, 1 177 23,3 1 1 4 26, 1 144 26, 10 44 26, 1 2 1 2 1 27,5 191 28, 1 1 14 29 93f 29A 93f 29B 93f 29,3 94 32,25 235 33, 1 193 35 179 36, 1 1 1 5 36, 1 1 126 37,3 133 138 42, I 235 45, 1 140 47 179 49,7 206 50 2 1-23 75

254 50, 1 23 45 50, 1 3 45 5 1 179 53, 13 144 56, 1 2 238 56, 13 162 57,9 238 58,6 162 58, 1 2 241 62, 1 2 243 65, I 1 14 67,2 189 67, 10 139 68, 1 182 7 1 179 7 1 , 1 3 178 7 1 , 4 138 72A 1 15 75,8 67f 8 1 , 9 165 82 179

86,6 85 86, 1 4 54 88,25 47 90,8 177 94 1 3 98,3 178 99, 1 1 101 99, 1 2 137 105,7 191 105, 1 0 165 1 14,4 235 1 1 9 161 1 19, 1 1 2 1 1 1 9, 2 1 2 1 128, 14 189 13 1 ,7 192 1 3 1 , 1 0 2 1 8f 133 179 133,2 47 135,2 234 135, 7 f 234 137, 12 46 138 138 138,5 138 138,6 190 138, 10 138 145 179 145,3 101 147 1 6 1 148 162 149 179

279

149,1-10 I33f 149,6 135 150,6 194 152, 1 1 206 156,6 189 157, 3 185 158,8 1 9 1 162,2 182 162,3 233 162,4 233 163 2 1 8 1 63,9 125 1 64, 10 239

Page 279: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

280

165 2 1 8 166,4 189 169, 1 1 82 174,2 125 176, 1 1 1 5 177, 1 1 240 1 8 1 1 9 f

218--253 258f

1 8 1 , 1 2 1 9 1 8 1 , 3 2 1 9 182,3 45 182,6 71 183 2 1 8 1 83 , 1 233 183, 1 1 201 185, 1 1 1 7 186, 1 70 188,4 70 189,2 70 198 .ugm. 127 199,2 144 203,3 1 3 5 207, 1 1 89 2 12, 1 192 214,4 1 88 2 1 5 187 2 15,2 187 2 1 5 , 6 157 2 2 1 , 3 192 2 2 1 , 4 93 227, 1 1 1 6f 231 , 1 1 5 9 f 2 3 1 , 2 190 232, 1 159 233, 1 157 234, 1 160 178 234,3 157 235 179 235, 1 160 236, 1 142 237, 1 68 237,3 68 238, 1 201

Indices

238,2 68 239, 1 159 184 240 1 9 f

157-217 249 257f

240-242 158 240-243 157

1 6 1 f 164 203 f 257f

240, 1 158 160 240,3 163 240,5 158f 162

166 241 1 6 1 1 65

186 257f 24 1 , 1 157 159

185 24 1 , 2 162 24 1 , 4 159 196 24 1 , 4-7 166 24 1 , 5 165

204-206 24 1 , 6 2 1 3 24 1 , 6 f 162 24 1 , 7 l 64 f 193 24 1 , 8 159

164-166 188

242, 1 185 209 242,2 2 1 1 242,2- 1 1 166 242,3 1 9 1 242,5 1 5 9 214 242, 5-1 1 192 242,7 159f 165

188 2 1 0 242, 1 2 1 86 243 160-162

179 257 243, 1 160 243, 1 f 203 243,3 160 243, 3-7 166 243,8 160

244 1 79 245 1 79 245, 1 160 246 179 246, 1 160 178 246,4 176f 2 5 1 1 6 1 252, 1 201 255,5 191 256, I 200 255,2 157 260 162 263,2 46 264,4 7 1 266 1 9 f 93-156

256f 266,3 96 266,3-6 123 266,6 57 267-272 93 267, 1 1 1 8 267,2 1 1 9 267, 3 f 1 1 8 268, 1 1 1 8 268,4 201 269, 1 1 1 8 269,2 1 1 7 137 270 1 1 8 270,3 135 270,6 1 1 8 273,8 126f 27 1 1 1 8 272 1 1 7 272B 120 277 1 9 1 277,4 192 279, 1 2 184 280, 5 193 199 284,4 1 1 7 295,2 1 3 3 296,6 249 296,7 249 296,9 249 297, 8 237

Page 280: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

299,9 192 301 , 6 243 302,5 242 304, I 233 3 1 1 , 1 4 237 3 1 6, 1 79 328 193 330,3 242 350,2 1 1 4 35 1 , 3 192 354,3 243 361 206 209

258 361-362 1 6 1 361 , 1 206 361 ,2 208 361 , 3 f 209 361,4 2 1 6 36 1 , 6 54 362 206 209 362, I 1 3 9 362,6 158 362, 1 7 66 362, 3 1 139 161 395, 1 1 9 1 s. Caillau 2, 1 1 , 1 47 s. Dellis 2, 5 139 3,3 1 1 6 8 ,3 138 1 2 , 3 144 18, 1 191 22, 1 192 24, 1 157 24, 1 1 243 25, I 140 s. Dalbeau 2 , 5 177 1 8 125 2 1 , 1 1 248 2 1 , 1 3 237 248 22, 19 185 26,55 235

Indices

28, 1 1 139

s. Frangip. 235 s. Guelf 1 , 5 186 15, 1 1 5 9 23,3 1 19 3 1 , 1 190 32, 1 1 144 s. Lambol 4 1 9 1 s. Mai 95,3 68 98,4 135 s. Mai post s. 174 7 1 s. Marin 17, 1 68 17,2 101 s. lVi/rn. 12, 1 140 c. s. Arrian. 29 62 s. Caes. ecc/. 2 1 1 7 s. dom. m. 2, 1 5 162 2,35 162 2,47 51 Simpl. 1 , 2, 1 6 190 2,6 87 symb. cat. 2 188 Irin. 1 , 3 59 2, 1 8 61 2, 1 9 1 5 1 2,29 157 3 , 5 66 3, 1 3 62 3,23 63 4,21 102 4,24 165 7 , 5 185

1 3 , 1 9 125 1 3 , 24 198 14,26 194 15 ,36 1 5 1 15,38 154 uti!. credo 2 45 5 1 1 8 8 1 1 8f 25 1 19 ulil. ieiun. 3 189 4 177

AUSONIUS Auson. 195,37 195

CAESAR Gall. 3, 19,6 195 3,21 89 4, 12, 2 79f

CICERO Arch. 1 7 1 5 5 Brul. 142 240 Cali!. 4, 1 207 Cala 26 195 Cluent. 1 207 episl. 5, 12,3 183 Hort· fr. 1 1 5 194 • mv. 1 , 20 72 ManiI. 33 242

281

Page 281: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

282

Mi!. 67 245 oral. 37 f 144 69 82 78 77 78 f 77 79 82 84 83 1 0 1 82 103 82 de oral. 1 , 70 1 83 1 , 146 1 83 2, 3 1 4 89 2,65 f 142 parad. 1 , 1 207 part. 3 1 2 1 2 Phil. 2,25 193 rep. 3,40 158 6,27 69 Sesl. 35 70 146 245 S. Rose. I 207 27,75 147 Tim. 8 165 40 165 1 88 Tusc. 1 , 53 69 1 , 107 199 5,29 233 Verr. 1 , 10 183 2,5,98 242

PS.-CLEMENS 2 Clern 5 , 2 ff 46

Indices

CYPRIAN ad Donat. I 145 dom in. oral. 22 235

epist. 52, 1 127 70,2 1 16

teslim. 3,54 235

CVRlli. VON JERUSALEM

catech. 17,27 I 3 1

DIDACHE Did. 16,3 46

DIDASKAUE Didasc. AposI. 28 49

PS.-DIONYS eael. hier. 6,2 5 1 eccl. hier. 1 , 2 51

DONAT Ter. M. 220,4 54

ENNIUS anno 458 187 trag. 3 1 1-3 1 2 199

EURIPIDES Ir. 4 3 1 , 4 186

FULGENTIUS RUSPENSIS

c. Fab. fr. 3,4 198

GREGOR MAGNUS • In evang. 34,7 5 1 moral. 32,48 5 1

HIERONYMUS c. Lucil 9 I 3 1 epist. 1 1 2 , 7 f I 3 1 tracl. in psalm. 76, 1 9 198

HOMER 11. 4, 297-300 88r 16,431 ff 186 19,87 186 22, 2 1 242 Od. 3,236-238 186 3 , 2 6 9 1 8 6 4 , 2 3 6 1 8 6 10,307 1 86

HORAZ episl. 1 , 1 9, 3 1 54 sol. 2,5, 96-98 238

IGNA TrUS VON ANTIOCHIEN

Phi/ad. 2 , 2 46

1RENAEUS haer. 1 , 26,3 127

Page 282: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

3, 1 2 , 8 130

ISIDOR VON SEVILLA arig. 6, 18, 1 1 1 8

IULlUS RUFINIANUS rheL. 12, p. 42 2 1 5

lUSTlN DER MÄRTYRER

apol. 1 , 16, 1 3 46 1, 1 8 , 6 1 87f 1 , 26, 2 f 124 dia!. 35,3 46 8 1 , 2 46

LIVIUS U\), 2,32 186

MACROBIUS samn. Scip. 1 , 17, 1 1 88

MARTIANUS CAPELLA

Mart. Cap. 7,731 87

OPTATUS VON MILEVE

Optat. ',7 95 2,20 236

OVID epist. 9, 29-3 1 193

Indices

PASSIO PERPETUAE ETFELICITATIS

Perp. 9, I 200

PEREGRINA TlO AETHERIAE

Peregr. Aeth. 37,5 48 43,5 49

PEIRON Perron. 42,4 238

PETRUSAKTEN ACI. Petr. c. Sim. 32 124

PLATON EU/hd. 296A 250

PLAurus Poen. 275 187

PORPHYRlUS ehr. fr. 1 5 179f 93 158

POSSIDIUS indie. 167 2 1 200 93 200-202 96 244 f 22 "iia Aug. 5, 2-5 1 2 7,1 1 3 f 15,2 1 7 15,3 1 7 3 1,4 1 3

PRiSCIAN rhel. 3 246f

QUINTlLlAN inst. 4, 1, 1 6 203 4,2, 3 1 247 4,2, 1 1 2 2 1 2 8 pr 6 1 8

RHETORICA AD HERENNIUM

Rhet. Her. 4,54 2 1 7

RUFINUS VON AQUILEIA

Adamanl. 2, 1 2 48f

283

Orig. in cant. 2 p. 120 194 2 p. 167 1 3 3 Orig. in ex. 4, 6 p. 178 197

SALLUST Cati!. 6, 1 165

SCHOLlA IN TERENTIUM

Schol. Ter. 152, 1 3 f 54

SECUNDINUS MANICHAEUS

ep. ad Aug. 3 1 2

SENECA elem. 1 , 5, 1 1 85 2, 2, 1 185

Page 283: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

284

epist. 92,30 1 85 not. 1 ,3 ,2 243

SUETON Aug. 94,7 196

TACITUS hist. 3,82,2 195 4,30, 1 195

TERENZ Ad. 220 54

TERTULLlAN •

amm. 46, 10 194 bapt. 3,21 123 8, 1 123 1 27 coron. 13,4 52f adv. Mare. 3,24,3 52 adv. Prax. 23,2 61 28, 1 3 188 cut/· fem. 1 ,5, 1 193 praescr. 2,4 46

THEON Prog. 5,3 246

VARRO Iing. 5,73 193

Indices

VERGIL Aen. 1 , 67 f 165 1,278f 165 6,703-751 205 6,719-721 165

204f 6,750f 205 6,753 205 9, 19f 165 12,725-717 242 ec/. 3, 104-107 250

XENOPHON Mem. 1 , 2, 6 19 1 ,2, 15 19

b) Bibelstellen

ALTES TESTAMENT

Go 1-3 56 1 , 1 1 1 8 1 , 26 207 3 61 9,3 134 1 1 , 1-9 1 19 18,24-32 240 22, 12 54

Ex

3,14 63 20,7 196f 29, 10 1 22 29, 15 122

Lv

1 ,4 122

16,6 234 24, 14 122

Nm

8, 10 122

Dt 12 ,28 89 13,3 54 34,9 122

IV Rg 5, 1 1 1 22

lob 1 , 6 36 79f 91 1 , 6 f 32 40f 87 1 , 6 ff 62 1 , 7 36

9,33 198 12,4 237 13,8 237 14,4 234 14,4f 225 231

Ps 55

235 237 246

10,4 59 10,6 34 13, 1 1 77 17,6 54 180 29,4 235 32, 10 2 15 34, 1 8 145 45,7 197 50,7 236 50, 1 6 1 9 1 68,34 49 72,3 55 73, 4f 240 76, 19 198 83,5 160 16 1

Page 284: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

92,5 83 1 0 1 , 27 43 1 0 1 , 2 7 f 38f 44

71 106,2 109 106, 2 f 135 1 15 , 2 105 1 1 5, 1 1 1 1 7 1 1 7 94 1 1 7, 1 94 1 1 7,24 159 124,5 55 133, I 160 140 94 140, 3 f 94 140,5 93-97 105

I I 0 f 1 1 3f 1 1 5 1 4 1 1 55 256

Prv 55 2 1 , 6 54 180 27, 2 1 243

CI 1 , 6 138

Is 1 , 1 8 244 7,3 244 29, 14 2 1 5 42,7 49 49,9 49 53,7 107 53, 7 f 130 53, 1 2 1 36f

ler

5,26 55 1 8,22 55

Dn 9,23 240 5,27 242

Indices

Agg 2,9 75

1 1 Mace 8, I 137

Sap

1 , 9 34 7,24 87 7,27 38 8, I 87 9, 1 5 1 9 1 f

Sir 55 10, 1 5 248 14, I 1 3 27,6 243 33, 1 5 216

NEUES TESTAMENT

MI 178 3, 12 244 5,7 96 5,8 32 38 40 43

84 5, 1 7 5,20 6,9-14 6, 1 2

6, 1 2 f 6,24 7, 1 5 9, 12 9, 1 7

44 133

227f 162 2 1 9 233 f 235f 247 252 253 162

52 46 170 174 204

10,28 1 1 ,28 49 12, 1-8 12,30 13,45 f

120 89

241 137

133

14, 22-33 67 14,26 67f 14,27 68 16, 19 133

285

18, 10 4 1 50 53 20,28 125 26,28 1 1 6 28 1 5 9 28, 1 9 1 3 5

Me 178 1 , 36 137 5,33 1 2 2 6, 5 122 6,49 67 9, 2 244 9,39 137 10, 1 6 122 10,45 125 13,32 54 16, 1-16 159

Le 178 1 , 2 1 195 5, 9 137 5, 3 1 204 9, I f 49 9, 6 49 9,29 244 9,50 138 1 1 ,23 137 1 3 , 29 1 3 5 16,9 76 16, 19-3 1 199 18,9-14 236 23,46 242 24, 1 2-35 1 5 9 24, 1 3-31 159 24, 36-53 159 24,37 67f

10 178 1-4 61 I , I 235

Page 285: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

286

I 1-3 , 87

1 , 1 8 53 61

2, 1-1 1 65

3, 5 1 33

3,8 1 1 0 1 1 3 1 54

3, 1 8 96

5-12 6 1

5, 1 9-50 6 1

5,37 f 6 1

5,43 6 1

5,46 44f

7, 37f 50

8,44 52 196

10, 1 46

10,4 50

10,7 32 40

10,9 130

10, 1 1 138

10, 14 138

12,27 61

12,28 35 42 60f

12, 3 1 5 1 13-21 61 13,26 1 14 155

13 , 3 1 f 60f

13,34 235

14,6 32 35 40-42

59 86 1 96

14,30 5 1

1 6, 1 1 5 1

17 , 1 60

17,4 62

17,5 60

18,23 2 1 1

1 9, 10 240

1 9, 1 1 240

20, 1-18 159

20, 1 1 -18 159

20, 19-23 159

20,30 1 78

20,30f 178

2 1 , 1-14 159

2 1 , 6 201

2 1 , 26 178f

Indices

Act

I 159

1 ,5 120

2, 3 f 105 1 12

2,4 1 1 2

2, 1 3 105 1 12 1 1 9

2, 1 5 105

2, 15-21 122

2,22-36 122

2,37 1 22

5,4ff 162

6, 1-.Q 127

6,6 122

8,5-39 1 5 1

8, 9-24 123

8, 12 1 26

8, I 2 f 1 3 1

8, 14-17 123 128

8, 17-19 122

8, 1 9 125

8,30 144

8,34 129

8,35 1 30 152

8,36--39 107

8,37 130f

8,38f 152

8,39 1 3 1

9, 1 2 122

9, 17 122

10,1-8 132

10, 1 - 1 1 , 1 8 13 1

10,4 132

10,6 132

IO, 7 f 1 32

10,9-16 1 32

10, 9-20 57

10, 1 1 135

10, 13 108 133

1 O, I4 f 109

10, 15 135

1O,1 7-23a 132

10,20 109

10,23 153

10,231>--33 132

10,24 1 37

10,25 f 1 36

10,28 109 153f

10, 3 1 1 33

10,33 1 32

10,34 43 132 153

10,391>--43 121

10,44 1 13 154

10,44 48 132 153

1 1 , 1 - 1 8 132

1 1 , 2 154

1 1 , 14 1 32

14,6ff 126

14,27 1 29

1 7 , 32 1 57

19 ,6 122

2 1 , 8 1 26

28,8 122

Rm 1 , 1 8 1 98

1 ,20 1 98

3,20 1 99

3,24 96

3,4 1 1 7

5, 3-5 147f

5, 1 2 1 63 189f

5,20 199

6,3- 1 1 237

8,3 65

8, 1 1 188

8,23 ff 191

8 ,24 f 1 9 1

8,38 f 50

9 , 13 190

9, 1 5 190

9, 1 9 1 9 1

10,8 49

10,9 1 57

10, 1 7 148

1 2 146

12,2 1 94

14, 1 47 75

Page 286: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

I Cor

1 , 19 2 1 5 1 , 20 172 176 215 1 ,2�24 196 1 , 2 1 -23 173 1 , 2 1 -24 176 215

1 , 24 69 87 2, 6-8 32f 4 1 50

90 3, I f 59 3, 1 9 172 2 1 5 6, 1 6 7,35 8,6

49 54

197 47 8, 9

9,22 10, 17 1 1 , 24 1 1, 29 1 5 , 2 1 f 1 5 , 22 1 5 , 32 1 5 , 33 15,50

47 1 1 6 1 1 6 1 1 4 156

190 190 206 192 89

1 6, 8 f 129

n Cor

1 , 19 68 2, I 2 f 129 2, 1 7 195 3 , 1 7 1 5 1 5,4 190 5,6f 35 41 59 6,2 49 6,7-10 216 1 1 , 1 6-30 73 146

150

1 1 , 3 2 f 150

Gal

1 , 4 193 3, 1 5-22 77 3, 16 49 3,28 60 4,2 52

Indices

4,5 125 5,23 56

6, 1 56 6,2 \38

Eph

1 , 22 f 185 4, 1 1 126 4, 15 185 5,23 185 5,25 226 249

5, 25-27 23 1 f 247f 250 252 259

5,26f 226 5,27 2 1 9 237 243 6, 1 2 51 53

Phll

I , I 127 3, 8 1 8 1 3, 12 190 3,20 33 52 f

Col 1 , 1 6 51 1 , 1 8 185 2, 8 2 1 5 4, 2 f 129

I Tim 185 1 , 20 52 2,5 176 198 3,7 180 3,8 127 3, 1 2 127

6, 10 76 6, 16 68

II Tim 185 2,13 188 2, 1 5 1 8 1 2,26 180 3,16 1 14 4, 2 184

4,3 207 4, 5 126

Tlt 184

1 , 9 184

1 , 1 4 125 I, 1 5 39 3,5 237 3,10 238

Hbr 1 , 1 201 4,3 49 5, 1 2-14 59 7,27 234

8,5 49

lac 1 , 19 1 2 1 , 20 56 3, I f 1 2 3,2 13 3, 17 56

I Pt

2, 1 1 52

1 10

287

1 ,8 233-235 236 252 253

1 , 8 f 219 225 231 233 246 259

1 , 9 230 232 234 3,2 234 3,9 234 4, 3 45 4, 1 2 53 4, ! 6 8 1 4,20 81 5,2 f 235

Apc 6,9 242 16, \ 3 197

Page 287: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

2. WORT- UND SACHINDEX (iN AUSWAHL)

Adiunctio 235 Admonitio 75 Akzent 73 f 79 202 209 2 1 4 Akzenlklauseln 73 2 1 4 Alliteration 8 1 9 1 134 142f 150

2 1 2 Allw.acht: si-el!e omnjpclen� Ambiguum 129 137 180 202 Amplificatio 45 49 74 84 1 1 5

1 5 1 f 176 201 210 2 1 5 246 (Hörer-)Anrede 41 47 f 74 84

86 145 192 176f 200f 204 206f 2 1 6

Antithese 24 4 1 72 79 83f 88 1 1 7 125 127 145 154 1 8 1 f 191-193 201 203 206f 213f 2 1 6 248 257

Antonomasie 1 33 Apologie 2 1 23 40 77 79 91

122 140 148 178 183 203 254f

Aposiopese 84 Apostrophe 249 optum 156 184 203 IlQ"ai T�� M�E� 77 artes liberales, s. auch doctrina

183 Asyndeton 88 1 1 8 147 1 5 1 192

196 206 2 1 6 258 atque (antekonsonantisch) 73-75 audilorem beneve/um, attentum,

docilem facere 72 203 207

beatitudo 27 29 59 64 80 157

1 6 1 208 Bildlichkeit 45f 53-55 59 62f

76 8 1 92 1 1 0 130 133 138

153 156f 1 8 1 185 192 196f 199 203 207 2 1 6 237f 239 242-244 248 252 255 259

Bildung(sstand) der Adressaten!

Hörer 66 194 204 2 1 4 258

Captatio ber.evolenliae

74-76 179 203 248 Chiasmus 150 208 Chrie 246f

12 37

ChristenspracheJChristianismus, s. auch Sprachgebrauch 55 62 126 233

Circurnscriptio 148 207 Conclusio 42 f 49 66 78 84 86

1 1 3f 1 55 174 176 2 1 0 231 f conscientia (bona/mala)

3 1 57f 1 8 1 221 236 Contrarium: s. Antithese

26-28

CorreClio 75 2 1 0 231 235 245 cursus mixtus 73

delectatio. s. auch officio oratoris 82 88 146 150 1 82 204

diaconillm 100 127 Dialektik 49 141 250

Dialektikon 41 43 f 80f 84 1 1 3 f 154 157 187 2 1 1 2 3 1 f 251

Dialog: s. Dialektikon

DiatribeIDiatribenstil 84 249 259 Dikolon 143 1 5 1 155 2 1 1 f 2 5 7 Dissolutio: s, Asyndeton

dactri"a 12 59 167 181 183f

208 Doketismus 42 45 64 67 69 87

254

Page 288: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Don.tisten, donatistisch 1 2 1 9 49

5 1 93f 97 1 1 1 1 1 6 1 19 137f

1 4 1 149 150 152 155 198 219 236 239 256 259

eloquentia 1 2 1 8 145f 148 182 2 1 6

Engel 32-37 41-43 50-52 65 f 80 85 90 108 1 13 1 3 2 199

Enthymem 43 49 210

ErbsÜßdelErbsündenlehre 163 190 2 1 1 237 239 246

Eristik 250 f 259

Indices

Eschatologie 59 174 200 2 1 1 f 255

Evangelienpluralität 177 evangelistalevangelizare 50 62

99-100 103 1 2 1 f 126 129f 150 1 52 159f 1 6 7 177-179 201-203

Exclamatio 84 1 12

Exemplum 1 2 65 85 97 99 1 1 2 128 149f 155 160 164f 167 185 247

Expolitio 87 f 149 176 2 1 7 232 245

Fictio 4 1 90

genera elocutionis / dicendi 1 8 24 75 78 8 1 f 83 85 88 143 146 208 249 255f genus submissum 77f 81-83 142f 149 201 208 255 genus temperatum 82 f 84f 143 145f genus grande 24 82 85 f 143 146 201 208

gorgianische Stilmittel 144 f Gradatio 76 121 147 f 162 207

hoeresis 2 1 8 238 f Heiden, heidnisch 19 34 97 108f

1 1 3 1 1 9 125 132f 135 137

289

144 153 1 57 160 162 1 7 1 174 183 187f 194f 197 209 2 1 5f 2 1 7 256f

Homilie (homilio) 19 94 159 247

256 Hyperbaton: s.Traiectio

Iktus 73 (konstatierendes) Imperfekt 136 Indermitpronomina 57

Indignatio 42-44 9 1 1 1 3 154 2 3 1 252

inflore 99 1 1 2 126 143 197 220f 238 240 247

inspirare 103 1 1 3 f 1 54 f 178 InspirationlInspirationslehre 1 14

120 178

[nterrogatio 26 4 1 49 79 84

1 1 2 f 153 175 2 1 1 23 l f 248 InvektivelInvektivstil 1 2 83 f

248 f 253 255 259 Ironie 91 248 f

Isokolon 84 143-145 147 202 !teratio 78 97 128 142 145

150-152 154 179 203 206 214 248 257-259

Jungfräulichkeit 70

Klauseltechnik, s. auch Rhythmus· technik 1 6 78

Uhr; Platonici 163 f

Litotes 201 245 loeus (a comparatione I a contrario)

154 235 246

Manichäer, manichäisch 12 1 7 19 21-23 32 36 40-49 5 1-53 55 f 59 63-71 74-81 83-92

1 18 f 1 6 1 180 205 214 236 241 250 254-256

Materialismus 68 194 255 membrum und caesum 73

Page 289: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

290 Indices

Metapher: s. Bildlichkeit Metempsychose 164-166 205

2 1 3-215 217 modera/ia (in der Rhythmustechnik)

88

Mündlichkeit 78 81 89 91 1 5 1 202 206 209 214 245 247 251 258f

(sorgfaltige) Nachlässigkeit 77

255 lIominativus absolulus 128 f 189

notar;; 14f

Occupatio 77 1 1 2 f 149 152 231 officia grammaticorum 90 olftcia oraloris 1 8 81-83 146 182

255 doce,.e 1 3 72 77f 82f 143

146 149 152 182 212 220 247

delectare 81- 83 88 145f 148 152 182 204 2 1 2 247 259

movere 82 86 143 146 148 152 212 247 259

omnipolens 29f 66 68 124 167f 18&-188 209-21 1

Oppositio: s. Antithese Oralität: s. Mündlichkeit aralio dominiea 1 1 6 222 232 236

241 f 252 259 ordo Homericus 88 256 ordo naturaUs 96 256 Oxymoron 2 1 5

Pantomimus 205 Paränese 144 148 247 253 Parallelismus 24 129 143-146

152 192 21 1 257 Parechese: s. Paronomasie Parison 84 145 Paronomasie 24 83 125 137 150

191 257

partes orationis 97 143 prooemiumlexordium 17 f 23 40

46 72 74 76 9 1 96 1 1 1 1 1 8 139f 142 155 160 165 173 178 1 8 5 200 203 206f

210 214 231 244-247 253f 256 258f

na"atio 17 96 1 1 1 1 1 8 127 142f 145 148 f 166 169 174 1 85 209 2 1 1-214 231 247 249-Z5 1 256 f 259f

propositio 26 40 46 72 75f 79 l l l f 142 208 2 1 0 254

partitio 1 1 1 208f 258 argumentatio 23 4 1 64 69

75f 78 83 85f 90f 96 f 1 1 1 f 133 142f 149f 152 201 203 209f 2 1 4 231 235 247-256 258-260 261-263

peroratio 23 44 80 87 9 1 96f 1 1 3 142 144 154 160 185 209 212 232 253 256 260

Pelagianer, pelagianisch 20 96 125 1 62 f 189f 2 1 8-220 225 229 231 233 235-239 245 247-253

(aoristisches) Perfekt 122 Perikopenordnung 139 1 59 Pennissio 9 1 persuasio 86 162 247 259 (Neu-)Platonismus, (-)platonisch, s.

auch /ibr; Platonici 56 59 87 134 1 57 164 192 194f 205 2 1 4 258

Polemik 46 69 75 78 83 135 141 157 164 178f 1 8 8 195 2 1 6 236 247 249 255 258

praedicatio/praedicare 12f 49 99-101 120f 126 128 133 137 146f 1 5 0 1 6 0 164 169 184 198 208 2 1 5

Praeparatio 173 201 204 247 257

Page 290: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum

Pr.eteritio 139 174 202f 235 Prolepse 87 207

Quaestio 1 9 2 1-23 40-42 48f 75-78 8 1 - 8 4 8 6 89-91 1 1 1 141f 207 2 1 5 247 254f

quod-Satz statt aci 50

ratiocinari 77 143 149 255 Rec.pitul.tio 44 166 176 2 1 3

232 redemptio/redimi 96 99 124 f

133 1 5 1 reguta 26 53 f Reim 76 84 9 1 141-143 179

1 9 1 f 202 206 208 2 1 1-213 248 252 258

Redundanz: s. Iteratio Repraesentatio 40 72 160 173

176 254 257 Reprob.tio 175 2 1 5 2 1 7 revelatiolrevelare 2 8 63 1 8 1 f Rhetorik, rhetorisch 1 2 16-19 49

Indices

53 65 7 1 f 80 82 85 88 f 9 1 f 96 136 140f 143-145 148 1 50 152 154 160f 182f 203 209-2 1 2 218f 245f 255-259 258-261

Rhythmustechnik, s. auch Klausel· technik 73f 88 144

schisma. Schismatiker 1 14 1 1 9 123 138 238f

Schriftlichkeit 13f 209 214 219 258f

Schriftallegorese 1 18 sermocinari 99 120 146f Sprache/Sprachgebrauch 57 64 73

128 181 1 83 206 2 1 1 2 1 3 233 241 252 258

291

biblisch 64 129 136 144 177 195

christlich 19 48f 54f 64 1 17 1 19 1 2 1 126f 137 144f 176 181 1 87 193 198f 235 238 240

nachklassischlspätlateinisch 48 62 120 126 138 179 189 200 242

signum I signa (data I naturaIia) 56f 1 17-119 134

status 141 Stilhöhe: s. genera elocutionis superbia 27 56 86 1 19 f 154 220

245 247f Syllogismus 49 2 1 0 Synesis 47 137

laedium 167 182 203 Tempusverschiebung 7 1 240 tractatusltractare 19 1 1 5 167

204 Traductio 8 1 129 147 150 154

2 1 3 217 Traiectio 58 76 1 40f 147 150

201

Vetus Latina 52 f 60 62 126 130-132 134 198 233 f 240

visio (Dei) 26 29 4 1 59 79 f 255

Vulgata 52 60-62 1 16 1 27 130f 134 136 234

Wiederholung: s. Iteratio Wortspiel 8 1 83 88 9 1 125 129f

134 137 143 f 154 191-193 202 2 1 2 f 251