der einfluß des butazolidins auf die schilddrüse

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170 W. EGER: LAI~GE (Mainz): Die Versuche zeigen die hobe Empfindlichkeit des ATP- Gehalts von Rattenzwerchfellen gegentiber Glykolysehemmstoffen. Gleiehsinnige Ver~tnderungen des ATP-Gehalts durch Glykolysegifte wurden in eigenen Ver- suchen an ZwerehfeUen und bei g!atten Muskeln (Kaninehenmagen) gefunden. Allerdings entspraeh der ATP-Abnahmeimmer eine Zunahme von ADP und AMP. Glatte Muskeln haben gegentiber quergestreiften Muskeln einen geringeren Kreatin- phosphatgehalt, aber auch der Kreatinphosphatgehalt des Zwerchfells ist weniger als halb so grofl wie der der iibrigen Skeletmuskeln. Im Herzmuskel ist schliel31ich kaum noch Kreatinphosphat nachweisbar. Es hat also den Anschein, als ob Mus- keln, die Dauerleistungen zu vollbringen haben, ihren ATP-Gehalt weniger auf dem Wege tiber Kreatinphosphat, als direkt durch die anaerobe Glykolyse decken. Schluflwort. SIESS: Zur methodisehen Bemerkung von tIerrn Prof. FLECKEN- STEINfiber die Fehlerbreite der Kaliumbestimmung mSchte ich noch einmal darauf hinweisen, dal3 der Kaliumgehalt zwischen linker und reehter Zwerchfellh~lfte sofort naeh T6tung des Tieres nur Untersehiede bis zu 5% zeigt. Der Kaliumgehalt yon Tier zu Tier schwankt dagegen betr~chtlieh, wie gezeigt in den Grenzen einer GAusssehen Verteilung. Wir sehen daher in der Bestimmung des Kaliumverlustes durch Messung im Muskel einen wesentlichen Vorteil gegenfiber der alleinigen Kaliumbestimmung in der AuBenl6sung. Zu Herrn LANGE: Aueh wir sehen sehr deutliche Verschiebungen yon ATP zu ADP und AMP naeh Bloekierung der Glykolyse oder der Atmung. Offenbar geht aber der weitere Abbau bzw. der Austritt von AMP aus der toten Zelle sehr rasch vor sich, so dal] wir zu einem sp~tteren Zeitpunkt adenosinphosphatfreie Muskeln finden. Zu Herrn TAUGNER: Wir hielten die Reizst~rke wie in unseren friiheren Ver- suehen etwa 25% unterhalb der Maximalamplitude. Nach Seriensebnitten waren nie einzelne Zwerchfellabschnitte besonders fiir Myolyse bzw. Glykogenverlust disponiert. Es sterben allerdings nicht alle Zellen bei Eingriffen gleich~eitig ab, wie auch im Glueosemangelversuch der Glykogenverlust im ganzen Zwerchfell in der einen Zelle frtiher, in der anderen spiiter eintritt. W. E(~ER (G6ttingen) : Der EinfluB des Butazolidins auf die Schilddriise. Mit 1 Textabbildung. Bei Untersuchungen fiber die Wirkung subletaler Dosen von Buta- zolidin auf die Organe von Ratten richtete ich das Augenmerk auf das Verhalten innersekretorischer Drfisen. W~hrend an den Nebennieren nur uncharakteristische und geringe Befunde zu erheben sind, zeigt die Schild- driise regelm~Bige eindeutige Ver~nderungen im Sinne einer Aktivit~ts- steigerung. Dieser Befund veranlal~te mich, der Erscheinung in zwei Versuchs- reihen nachzugehen. In der ersten sollte die Wirkung kurzdauernder Ver- giftungen und die Schnelligkeit der Reaktion der Schilddrfise erfaBt, in der zweiten mit chronischen Versuchen das Verhalten der Schilddrfise studiert werden. Ratten von etwa 100g erhielten zweimal t~glich 100 mg/kg KSrpergewicht Butazolidin injiziert. Je 2 Tiere wurden t~ig- lich bis zum 8. Versuchstag getStet, ihre Schilddriisen gewogen und

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Page 1: Der Einfluß des Butazolidins auf die Schilddrüse

170 W. EGER:

LAI~GE (Mainz): Die Versuche zeigen die hobe Empfindlichkeit des ATP- Gehalts von Rattenzwerchfellen gegentiber Glykolysehemmstoffen. Gleiehsinnige Ver~tnderungen des ATP-Gehalts durch Glykolysegifte wurden in eigenen Ver- suchen an ZwerehfeUen und bei g!atten Muskeln (Kaninehenmagen) gefunden. Allerdings entspraeh der ATP-Abnahme immer eine Zunahme von ADP und AMP. Glatte Muskeln haben gegentiber quergestreiften Muskeln einen geringeren Kreatin- phosphatgehalt, aber auch der Kreatinphosphatgehalt des Zwerchfells ist weniger als halb so grofl wie der der iibrigen Skeletmuskeln. Im Herzmuskel ist schliel31ich kaum noch Kreatinphosphat nachweisbar. Es hat also den Anschein, als ob Mus- keln, die Dauerleistungen zu vollbringen haben, ihren ATP-Gehalt weniger auf dem Wege tiber Kreatinphosphat, als direkt durch die anaerobe Glykolyse decken.

Schluflwort. SIESS: Zur methodisehen Bemerkung von tIerrn Prof. FLECKEN- STEIN fiber die Fehlerbreite der Kaliumbestimmung mSchte ich noch einmal darauf hinweisen, dal3 der Kaliumgehalt zwischen linker und reehter Zwerchfellh~lfte sofort naeh T6tung des Tieres nur Untersehiede bis zu 5% zeigt. Der Kaliumgehalt yon Tier zu Tier schwankt dagegen betr~chtlieh, wie gezeigt in den Grenzen einer GAusssehen Verteilung. Wir sehen daher in der Bestimmung des Kaliumverlustes durch Messung im Muskel einen wesentlichen Vorteil gegenfiber der alleinigen Kaliumbestimmung in der AuBenl6sung.

Zu Herrn LANGE: Aueh wir sehen sehr deutliche Verschiebungen yon ATP zu ADP und AMP naeh Bloekierung der Glykolyse oder der Atmung. Offenbar geht aber der weitere Abbau bzw. der Austritt von AMP aus der toten Zelle sehr rasch vor sich, so dal] wir zu einem sp~tteren Zeitpunkt adenosinphosphatfreie Muskeln finden.

Zu Herrn TAUGNER: Wir hielten die Reizst~rke wie in unseren friiheren Ver- suehen etwa 25% unterhalb der Maximalamplitude. Nach Seriensebnitten waren nie einzelne Zwerchfellabschnitte besonders fiir Myolyse bzw. Glykogenverlust disponiert. Es sterben allerdings nicht alle Zellen bei Eingriffen gleich~eitig ab, wie auch im Glueosemangelversuch der Glykogenverlust im ganzen Zwerchfell in der einen Zelle frtiher, in der anderen spiiter eintritt.

W. E(~ER (G6ttingen) : Der EinfluB des Butazolidins auf die Schilddriise.

Mit 1 Textabbildung.

Bei Unte r suchungen fiber die Wirkung subletaler Dosen von Buta- zolidin auf die Organe von R a t t e n r ichtete ich das Augenmerk auf das Verhal ten innersekretorischer Drfisen. W~hrend an den Nebennieren nur uncharakter is t ische und geringe Befunde zu erheben sind, zeigt die Schild- driise regelm~Bige eindeutige Ver~nderungen im Sinne einer Aktivi t~ts- steigerung.

Dieser Befund veranlal~te mich, der Erscheinung in zwei Versuchs- reihen nachzugehen. I n der ersten sollte die Wirkung kurzdauernder Ver- gif tungen u n d die Schnelligkeit der Reakt ion der Schilddrfise erfaBt, in der zweiten mi t chronischen Versuchen das Verhal ten der Schilddrfise s tudier t werden. R a t t e n von etwa 100g erhielten zweimal t~glich 100 mg/kg KSrpergewicht Butazol id in injiziert . Je 2 Tiere wurden t~ig- lich bis zum 8. Versuchstag getStet, ihre Schilddriisen gewogen und

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Der EinfluB des Butazolidins auf die Schilddriise. 171

histologisch aufgearbeitet. Zur Beurteilung ihres funktionellen Verhaltens best immte ich die GrSBe yon je 200 Kernen und die EpithelhShe.

An den Kernvertei lungskurven zeigte sich schon einen Tag nach der ersten Injektion eine statistisch signifikante Rechtsverschiebung, also Zunahme der KerngrSBe als Ausdruck gesteigerter Aktivit~t, die in den n~ch- sten Tagen wieder etwas zuriickgeht, am 7. und 8. Tag sich aber um so mehr auspr~gt. Die EpithelhShe, die ich auf dem beigegebe- hen Schema (s. Abb. 1) mit der durchschnittlichen Kerngr6l~e in Parallele setze, verh~lt sich ~hnlich, w~hrend aus dem Schild- drfisengewicht keine Ver- ~nderung abzulesen ist. Da- ffir ist wohl die Versuchs- dauer nicht lange genug.

Es l~Bt sich also eine Aktivita~ssteigeruhg der Schilddrfise schon nach einer einmaligen Injektion einer subletalen Butazoli-

SchilddPiJsengewzchf m mg/IOOg KO/pergew/cht- ~2 /,~,¢ 7#,7 72t4 78z2 7(~3 ~7 7~7 22,2

77 . . . . .

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70

8

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Abb. 1. Durcllschnittliche KerngrSl3e (ausgezogene Linie) im Kurzversuch mit signiflkanter Zunahme nach dem 1. Tag, Abfall bis zum 6. Tag und erheblicher Zunahme am 7. und 8. Tag. Paraneles Verhalten der EpithelhShe (als Balken gezeichnet). Gesamtgewicht der Schilddrfise

ohne charakteristischen Befund.

dindosis nachweisen. Die Wirkung fi~llt in den ni~chsten Tagen wieder etwas ab, um sich dann um so starker bemerkbar zu machen.

Der letztere Befund ist auch bei der zweiten Versuchsreihe zu er- heben, wo ich die Tiere mit mSglichst hohen Dosen Butazolidin, das dem Trinkwasser beigegeben wurde, fiitterte. Sie nahmen t~glich etwa 300 bis 400 mg/kg und mehr, also das Zweifache der akut-let£1en Dosis auf. Bei diesen chronischen Vergiftungen best immte ich, abgesehen v o n d e r histo- logischen Untersuchung des Organs, lediglich das Schilddriisengewicht.

Es findet sich in den ersten Tagen noch keine Zunahme, eher eine leichte Abnahme, von normal etwa 15 mg/100 g K G auf 10 mg/100 g KG, und dann erst eine Gewichtssteigerung, die nach etwa 4 Wochen das Doppelte, nach 8 Wochen das 3--4fache, nach 10 Wochen in einem Falle sogar das 7fache (114 mg/100 KG) des Normalgewichtes ausmacht.

Das morphologische Bild der Schilddriise allein sagt nichts dartiber aus, ob es sich um eine Funktionssteigerung im Sinne einer Hyper- thyreoidose oder um einen Kompensationsversuch der Driise handelt, ein Defizit an Thyroxin auszugleichen. Beide Vorg~nge sind zu erw~gen. Fiir

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172 H. KLEINSORG und H.-L. KR/JSKEMPER :

eine echte Hyperthyreose spricht nicht das Verhalten der Tiere. Es finder sieh weder ein rasch einsetzender Gewichtsverlust, noch eine erh6hte Nahrungsaufnahme infolge einer Steigerung des Stoffwechsels. GREEN und Mitarbeiter berichten fiber Versuche mit radioaktivem Jod, dab durch Butazolidin die Jodaufnahme in die Schilddriise gehemmt wird. Zusammen mit diesen Beobachtungen ist anzunehmen, dal~ der Sehild- driise unter der Butazolidineinwirkung Jod nicht in ausreichendem Mal~e zur Bildung des Thyroxin zur Verffigung steht oder die Jodverarbeitung und Thyroxinsynthese gestSrt ist. Die Schilddrfise kann nieht geniigend Thyroxin produzieren. Es ]/~uft demnach derselbe Mechanismus ab, wie er yon der Wirkung des Methylthiouracil bekannt ist. Das histologische Bild der Hypophyse best~tigt diese Annahme.

Es findet sich eine Degranulierung und zahlenm/~l~ige Abnahme der ~-chromophilen Zellen und eine Vermehrung der basophilen, zentral ge- legenen Zellelemente der Hypophyse. Als besonderes Charakteristikum zeigen die letzteren Zellen Zeichen der Hypersekretion, Vergr6l~erung der Kerne und des Protoplasmaleibes, Sekretvacuolen und schlieBlich vacuo- lige Entartung. Es bilden sich die sog. Thyreoidektomiezellen als Zeichen der Erseh6pfung, wie sic nach Entfernung der Schilddriise, abet auch unter der Einwirkung yon MTU auftreten.

Man kann wohl an Hand dieser Unterlagen mit Recht sagen, dal3 dem Butazolidin eine ~hnliche Wirkung auf die Sehilddrfise zukommt, w i e dem MTU. Diese Auffassung und Befunde wurden inzwischen vonKLEI~- SORG u. KR~SKEMPER mit Stoffwechseluntersuchungen an Rat ten weit- gehend untermauert .

Literatur. GREEN, TH. W., W. E. WHITE, E. P. E~OELMANN and M. A. KRUPP: Proc.

Soc. Exper. Biol. a. Med. 82, 155 (1953). - - KLEI~SORG, H., et H. L. KRUSKEMPER: Arch. internat. Pharmacodynamie (im Erscheinen).

Diskussion. KLEINSORG (G6ttingen): An Ratten erzeugt die Verabfolgung von Butazolidin nach gemeinsam mit KRUSKE1KPER durchgefiihrten Untersuchungen eine Hypothyreose. Inzwischen sind auch klinische Beobachtungen eines Myx- 6dems nach Butazolidintherapie bekannt geworden.

Schlu[3wort. EGER: Die Frage der praktischen Bedeutung dieser Butazolidin- wirkung wird dadurch unterstrichen, dab in der HEILMEYEI~schen Klinik in Frei- burg Nebenerscheinungen des Butazolidins dutch Gaben von Thyroxin gebessert werden konnten.

H. KLEINSORG und H.-L. KR13SKEMPr~R (Gfittingen): Einflul~ yon Kaliumperchlorat auf Schilddriise und Stof~wechsel.

Die bisherigen experimentellen Untersuchungen fiber das Perchlorat. ion haben sich in der fiberwiegenden Mehrzahl mit seinen toxikologischen Wirkungen besch~ftigt. Erst Untersuchungen von STANB~¥ U. WY~¢-