einfluß organischer insektizide auf...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Einfluß organischer Insektizide auf Enzyme * Einfluß der Struktur von Phosphor- und Thionophosphorsäure-Estern auf ihre Hemmwirkung gegenüber Milch-Xanthindehydrase in vitro GERHARD WILDBRETT, FRIEDRICH KIERMEIER und L U D W I G L E T T E N M A Y E R ** Milchwirtschaftliches Institut der Technischen Hochschule München in Weihenstephan (Z. Naturforschg. 22 b, 307—312 [1967] ; eingegangen am 22. September 1966) Organophosphor-Verbindungen, vorwiegend insektizider Natur, wurden hinsichtlich ihres Ver- haltens gegenüber Xanthindehydrase untersucht. Hierbei erwiesen sich Ester, die wie Parathion einen sauren Acylrest besitzen, als wirksame Inhibitoren, und zwar um so ausgeprägter, je kürzer die an das zentrale Phosphoratom gebundenen Alkoxygruppen sind. In reinen Enzymlösungen trat der Effekt stärker hervor als in Milch. Phosphorsäure-Ester hemmten stärker als Thionophosphor- säure-Ester. Es gelang, die Inaktivierung durch Dialyse des inhibierten Enzyms aufzuheben. Ver- mutlich findet daher lediglich eine Adsorption am Enzym, aber keine Alkylierung statt. Bisherige Untersuchungen über Enzym-hemmende Eigenschaften insektizider Organophosphor-Verbin- dungen behandelten vorwiegend Hydrolasen 1 . KERN 2 erkannte jedoch erstmalig gewisse Substan- zen dieser Stoffklasse auch als Inhibitoren für Per- oxydasen. Diese Beobachtung weiter verfolgend er- schien es interessant, den Einfluß organischer Phos- phorverbindungen, vorwiegend insektizider Art, auf eine weitere Redoxase zu prüfen. Als hierzu geeignet bot sich die Xanthindehydrase an; sie kommt in Milch in ausreichender Menge vor und ist, ähnlich wie die meisten Insektizide, gut lipoid löslich. Die Ester für unsere Versuche an Milch sowie reiner Enzymlösung haben wir im Hinblick auf das Ziel ausgewählt, möglichst Hinweise dafür zu gewin- nen, wie sich strukturelle Eigenarten auf ihr Verhal- ten gegenüber Xanthindehydrase auswirken ***. Zu diesem Zweck haben wir einerseits 0,0-Diäthyl-0-p- nitrophenylthionophosphat allgemein bekannt unter dem Namen Parathion — und strukturell sehr ähnliche Substanzen, andererseits in ihrem Aufbau hiervon stark differierende Ester herangezogen (vgl. Tab. 1). Ergebnisse Allgemeine Grundformel: o p-o—{ y~No2 R0 / Wie Abb. 1 zeigt, erwiesen sich die Ester der Phosphorsäure, Aminoparaoxon ausgenommen, so- wohl in Milch als audi in reiner Enzymlösung als Hemmstoffe für Xanthindehydrase. Wenn auch der Verlauf der Hemmkurven in Milch sowie in reiner Lösung ähnlich ist, bestehen doch deutliche Unter- schiede hinsichtlich der Hemmintensität. Offensicht- 80 % 60 §40 £ £ £ 20 0 10~ 5 10' 4 JO' 3 mol 10~ 2 Jnsecficidkonzentrafion 1. p-Nitrophenylphosphorsäure-Ester (a) * Gilt als VII. Mitteilung der Serie „Einfluß organischer In- *** Für die Überlassung der Wirkstoffe danken wir auch an sektizide auf Enzyme". dieser Stelle Herrn Dr. SCHRÄDER, Farbenfabriken Bayer, ** Teil der Dissertation von LUDWIG LETTENMAYER, „Zum Ver- der Deutschen Cyanamid AG und der Firma Geigy. halten organischer Insektizide gegenüber Xanthindehydrase 1 F. KIERMEIER, R. KERN U. G. WILDBRETT, Z. Lebensmittel- der Milch", Techn. Hochschule München —Weihenstephan Unters, u. Forsch. 118, 201 [1962]. 1966. 2 R. KERN, Uber die Hemmung von Peroxydasen durch orga- nische Insektizide, Dissertation, Techn. Hochschule Mün- chen-Weihenstephan 1962.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Einfluß organischer Insektizide auf Enzyme * Einfluß der Struktur von Phosphor- und Thionophosphorsäure-Estern auf ihre Hemmwirkung

gegenüber Milch-Xanthindehydrase in vitro

G E R H A R D W I L D B R E T T , F R I E D R I C H K I E R M E I E R u n d L U D W I G L E T T E N M A Y E R * *

Milchwirtschaftliches Institut der Technischen Hochschule München in Weihenstephan

(Z. Naturforschg. 22 b , 307—312 [1967] ; e ingegangen am 22. September 1966)

Organophosphor-Verbindungen, vorwiegend insektizider Natur, wurden hinsichtlich ihres Ver-haltens gegenüber Xanthindehydrase untersucht. Hierbei erwiesen sich Ester, die wie Parathion einen sauren Acylrest besitzen, als wirksame Inhibitoren, und zwar um so ausgeprägter, je kürzer die an das zentrale Phosphoratom gebundenen Alkoxygruppen sind. In reinen Enzymlösungen trat der Effekt stärker hervor als in Milch. Phosphorsäure-Ester hemmten stärker als Thionophosphor-säure-Ester. Es gelang, die Inaktivierung durch Dialyse des inhibierten Enzyms aufzuheben. Ver-mutlich findet daher lediglich eine Adsorption am Enzym, aber keine Alkylierung statt.

Bisherige Untersuchungen über Enzym-hemmende Eigenschaften insektizider Organophosphor-Verbin-dungen behandelten vorwiegend Hydrolasen1. K E R N 2 erkannte jedoch erstmalig gewisse Substan-zen dieser Stoffklasse auch als Inhibitoren für Per-oxydasen. Diese Beobachtung weiter verfolgend er-schien es interessant, den Einfluß organischer Phos-phorverbindungen, vorwiegend insektizider Art, auf eine weitere Redoxase zu prüfen. Als hierzu geeignet bot sich die Xanthindehydrase an; sie kommt in Milch in ausreichender Menge vor und ist, ähnlich wie die meisten Insektizide, gut lipoid löslich.

Die Ester für unsere Versuche an Milch sowie reiner Enzymlösung haben wir im Hinblick auf das Ziel ausgewählt, möglichst Hinweise dafür zu gewin-nen, wie sich strukturelle Eigenarten auf ihr Verhal-ten gegenüber Xanthindehydrase auswirken ***. Zu diesem Zweck haben wir einerseits 0,0-Diäthyl-0-p-nitrophenylthionophosphat — allgemein bekannt unter dem Namen Parathion — und strukturell sehr ähnliche Substanzen, andererseits in ihrem Aufbau hiervon stark differierende Ester herangezogen (vgl. Tab. 1).

Ergebnisse

Allgemeine Grundformel: o

p-o—{ y~No2 R0/

Wie Abb. 1 zeigt, erwiesen sich die Ester der Phosphorsäure, Aminoparaoxon ausgenommen, so-wohl in Milch als audi in reiner Enzymlösung als Hemmstoffe für Xanthindehydrase. Wenn auch der Verlauf der Hemmkurven in Milch sowie in reiner Lösung ähnlich ist, bestehen doch deutliche Unter-schiede hinsichtlich der Hemmintensität. Offensicht-

80

%

60

§40 £ £ £

20

0 10~5 10'4 JO'3 mol 10~2

Jnsecficidkonzentrafion 1. p-Nitrophenylphosphorsäure-Ester (a)

* Gilt als VII. Mitteilung der Serie „Einfluß organischer In- *** Für die Überlassung der Wirkstoffe danken wir auch an sektizide auf Enzyme". dieser Stelle Herrn Dr. SCHRÄDER, Farbenfabriken Bayer,

** Teil der Dissertation von LUDWIG LETTENMAYER, „Zum Ver- der Deutschen Cyanamid AG und der Firma Geigy. halten organischer Insektizide gegenüber Xanthindehydrase 1 F. KIERMEIER, R. KERN U. G. WILDBRETT, Z. Lebensmittel-der Milch", Techn. Hochschule München —Weihenstephan Unters, u. Forsch. 118, 2 0 1 [ 1 9 6 2 ] . 1 9 6 6 . 2 R. KERN, Uber die Hemmung von Peroxydasen durch orga-

nische Insektizide, Dissertation, Techn. Hochschule Mün-chen-Weihenstephan 1962.

Reinheits- Löslichkeit* in Chemische Handelsname grad * * Organischen

Bezeichnung Handelsname

[%] Lösungs-mitteln

Wasser

0,0-Dimethyl- Methylpa raoxo n 99 keine keine O,p-nitrophenyl- Angaben Angaben phosphat

Angaben

0,0-Dimethyl- Chloroxon 98 keine keine 0,3-chlor-4-nitro- Angaben Angaben phenvl-phosphat

Äthylparaoxon

Angaben

0,0-Diäthyl- Äthylparaoxon 99 gut 2,4 g,H 0, p-nitrophenyl -

gut bei 25 °C

phosphat 0,0-Diäthyl- A m inoparaoxon — keine keine v O,p-aminophenyl- Angaben Angaben phosphat

Angaben

0,0-Dimethyl- Methylparath ion 96 gut 5 5 - 6 0 mg/Z O,p-nitrophenvl-

gut bei 25 °C

thionophosphat 0,0-Dimethyl- Methylchlorthion chem. rein gut 1 g/25 l 0,3-chlor-4-nitro-

gut 1 g/25 l

phenyl - thionophosphat Äthylparathion 0,0-Diäthyl- Äthylparathion 99 gut 24 mg/Z

O,p-nitrophenyl -gut

bei 25 °C thionophosphat

Athylchlorthion 0 O-Diäthyl- Athylchlorthion 98 keine keine 0,3-chlor-4-nitro- Angaben Angaben phenyl-thionophosphat, 0,0-Diisopropyl- Isopropylparathion 93 gut keine O,p-nitrophenyl-

gut Angaben

thionophosphat O.O-Diäthyl- Aminoparathion 96 keine keine O,p-aminophenyl- Angaben Angaben thionophosphat 0,0-Diäthyl- Thionoester chem. rein keine keine O-phenyl-thiono- Angaben Angaben phosphat

0,0-Diäthyl- Diazinon — gut 40 mg/Z 0,2-isopropyl- bei 20 °C 4-methyl-pyrimidyl-6 - thionophosphat 0,0-Diäthyl- Zinophos 99 keine keine 0,2-pyrazin-thiono- Angaben Angaben phosphat 0,0Diäthyl- Systox (Thionoform) 95 gut 60 mg/Z 0,2-äthylmereapto- bei 20 °C äthyl-thionophosphat 0,0-Dimethyl- Malaoxon 99 keine keine S-1.2-dicarbäthox}*- Angaben Angaben äthyl-thiolphosphat 0,0-Diäthyl-S Systox (Thiolform) 95 gut 2 g II 2-äthylmercapto-

gut

äthyl-thiolphosphat 0,0-Dimethyl- Malathion — gut 145 mg/Z S-1.2 -d icar bat hoxyät hyl - bei 20 °C dithiophosphat •

0,0-Dimethyl- Dimethoate — gut 39 g/Z Ä-iV-monomethyl-

gut

earbamyl-methyl-dithiophosphat 0,0-Dimethyl- Gtisathion — gut l g / 3 0 Z <S-3.4-dihydroxy-4-oxo-1.2.3-benzo-triazin-3-yl-methyl-dithiophosphat

0,0-Dimethvl- Diplerex 99 gut 15,4 g/Z 2.2.2-trichlor- bei 25 °C 1 -oxyäthylphosphon-säureester

Tab. 1. Chemische Bezeichnung, Handelsname, Reinheitsgrad und Löslichkeit der untersuchten Phosphor-, Thionophosphor-und Phosphonsäure-Ester. * Angaben über die Löslichkeit nach S C H R Ä D E R 3. ** — = keine Angabe verfügbar.

10'5 10-* 10'3 mol 10'2

Onsecticidkonzentration

(b) Abb. 1. Hemmung der Xanthindehydrase in Mild: (a) und in reiner Lösung (b) durch steigende Mengen Methylpara-oxon o O , Methylchloroxon x x , Äthylparaoxon

A A und Aminoparaoxon ö • .

lieh schwächte das Eiweiß der Milch den inhibieren-den Einfluß ab, denn während in Milch selbst die höchsten überprüften Konzentrationen keine voll-ständige Inaktivierung verursachten, trat in den ei-weißarmen Enzymlösungen durchwegs 100-proz. Hemmung ein.

2. p-Nitrophenylthionophosphorsäure-Ester

Allgemeine Grundformel:

p

10'4 10'3 mol 10'2

Onsecticidkonzentration

(a) Abb. 2. Hemmung der Xanthindehydrase in Milch (a) durch Methyldilorthion sowie in reiner Lösung (b) durch Methyl-parathion o O , Methylchlorthion x x , Äthylparathion

A A und Isopropylparathion ö • .

3 G. S C H R Ä D E R , Die Entwicklung neuer insektizider Phosphor-säureester; Weinheim/Bergstraße, Verlag Chemie GmbH 1963.

Mit Ausnahme von Methyldilorthion, das in 10 - 2 -m. Konzentration das Enzym in Milch schwach hemmte (vgl. Abb. 2 a) , verhielten sich die Thiono-phosphorsäure-Ester gegenüber Xanthindehydrase in Milch indifferent (vgl. Tab. 2). Dagegen entwickel-ten neben Methylchlorthion audi einige weitere Ester dieser Gruppe in reinen Enzymansätzen deut-liche Hemmwirkung (vgl. Abb. 2 b ) . Wiederum ver-mochten weder Aminoparathion (5 , 10 _ 3 -m. ) noch der Thionoester ( l - 10~ 2 -m. ) die Enzymaktivität zu verändern.

Insektizid Konzentration [-TO.]

Hemmung r%]

Methylparathion 10-3 1,7 ± 0 , 6 At hylparat hion 10-3 2,6 ± 1 , 6 Ath vi chlort hion 10-2 0,3 ± 0 , 2 Isopropylparathion 10-3 2,0 ± 1 , 5 Aminoparathion 10-3 2.4 ± 1 , 4 Thionoester IQ"2 1,9 + 2.8

Tab. 2. Verhalten der Xanthindehydrase in Milch in Gegen-wart vorwiegend insektizider Thionophosphorsäure-Ester

(jeweils höchste geprüfte Konzentration).

3. Phosphor- bzw. Thionophosphorsäure-Ester mit andersartigen Acylresten Allgemeine Grundformel:

O(S) RO\ II R O > - 0 - A c y l

Versuche mit einer Reihe weiterer Ester, welche an Stelle des p-Nitrophenylringes andersartige Acyl-reste aufweisen, lieferten, wie wir an anderer Stelle mitgeteilt haben4, selbst in 10~2-m. Ansätzen kei-

10~3 mol 10~2

Onsecticidkonzentration (b)

10'3 mol IQ-2

F. K I E R M E I E R , G. W I L D B R E T T , u. L . L E T T E N M A Y E R , Z. Lebens-mittel-Unters. u. Forsch. 133, 22 [1966].

nen Anhaltspunkt dafür, daß eine dieser Verbindun-gen die Aktivität der Xanthindehydrase in Milch oder in reiner Lösung beeinträchtigt. Die beobachte-ten, geringfügigen Aktivitätseinbußen überschritten niemals den kritischen Wert von 10%, der ange-sichts der methodischen Genauigkeit als untere Grenze einer eindeutigen Hemmung anzusehen ist 4.

Diskussion

Verbindung

Methyl-Paraoxon Methyl-Chloroxon Athylparaoxon Amino-Paraoxon

Methyl - Parathion Methyl -Chlorthion Äthyl - Parathion Äthyl-Chlorthion Isopropyl-Parathion Amino-Parathion Thionoester

Diazinon Zinophos Systox Malaoxon

Malathion Dimethoate Gusathion

Dipterex

Chemisches Grundgerüst :

p /

R20

N02(NH2)

N02(NH2)

Ausmaß der Wirkung auf

Xanthin-dehydrase

in Milch isoliert

_ 5(0) R0S.\\

^p-O(S)—Acyl

R'O

+ + + + + +

0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0

0 0 0

+ + 0

+ +

och3 I cci3-ch-p=o I l

OH 0CH3

Tab. 3. Verhalten von Phosphor-, Thionophosphorsäure- sowie Phosphonsäure-Estern gegenüber Xanthindehydrase (10~3-m. Ansätze. + + = Hemmung !> 50 Prozent. + = Hemmung <C 50 Prozent. 0 = keine Hemmung. * Angabe der Struktur-

formeln vgl. SCHRÄDER 3 .

Tab. 3 faßt die Ergebnisse unserer Hemmver-suche mit Organophosphor-Verbindungen gegenüber Xanthindehydrase zusammen und weist eine Reihe der untersuchten Ester als Inaktivatoren für Xan-thindehydrase aus. Sie bilden eine neue, bisher un-bekannte Gruppe inhibierender Substanzen für die-ses Enzym und zeigen keine Beziehung zu den schon bekannten Hemmstoffen5 der Xanthindehydrase. Die Inaktivierung trat innerhalb weniger Min. ein, wie wir am Beispiel des Äthylparathions feststellen konnten; schon nach 5 Min. Inkubationszeit war der maximale Hemmeffekt nahezu vollständig erreicht (vgl. Tab. 4 ) .

Inkubations- Hemmung zeit

[min] [%] 5 27.2 ± 1,2

10 26.0 ± 3,4 25 29,7 ± 0.4 60 32,9 ± 4,2

Tab. 4. Hemmung der Xantindehydrase in Milch durch Athyl-paraoxon (10 _ 3 -m. Ansatz) bei gestaffel:en Inkubationszeiten

(Temp. 37 °C) .

Die Zusammenstellung in Tab. 3 läßt die Vorbe-dingungen struktureller Art erkennen, welche erfüllt sein müssen, damit Organophosphor-Verbindungen Xanthindehydrase zu hemmen vermögen: Nach den vorliegenden Beobachtungen wirken nur jene Ester inaktivierend, die in ihrem diemischen Aufbau Para-thion sehr nahe kommen. Während der an das zen-trale Phosphoratom gebundene Sauerstoff bzw. Schwefel die Hemmung lediglich verstärkt oder ab-schwächt, bildet der acide p-Nitrophenylrest eine un-abdingbare Voraussetzung dafür, daß überhaupt ein meßbarer Hemmeffekt eintritt. Ester mit andersarti-gen Acylresten waren gegenüber Xanthindehydrase durchwegs indifferent, obgleich sie im gesamten übrigen Aufbau von den als Hemmstoffen erkannten Substanzen nicht abweichen. Desgleichen hob der Ersatz der Nitrogruppe am Phenylring durch eine Aminogruppe oder durch Wasserstoff sowohl bei Phosphorsäure- als auch bei Thionophosphorsäure-Estern die hemmende Wirksamkeit völlig auf (vgl. Tab. 5 und Abb. 3 ) .

Organophosphorverbindung

Bezeichnung Strukturformel *

Verhalten gegen

Xanthin-dehydrase

Parathion bzw. Paraoxon

o S<°> \l! /T\

p-o—\ y—No2

hemmend

Aminoparath ion bzw. Amino-paraoxon

Thionoester

Systox (Thiono-und Thiolform)

R S<0)

y-O^y-NH,

„ 5(0) \w

P-0(S)-(C2HJ2 -S-C2H5

nicht hemmend

Tab. 5. Abhängigkeit des inhibierenden Effektes organischer Phosphor-Verbindungen gegenüber reiner Xanthindehydrase von der Art des Acylrestes der Verbindungen. * R = C2H50.

5 L . LETTENMAYER, Zum Verhalten organischer Insektizide ge-genüber Xanthindehdrase der Milch, S. 16 — 20, Disserta-tion Techn. Hochschule München-Weihenstephan 1966.

100 %

80

*3)60 c: e E ^40

20

0

IO'5 10'4 10'3 mol IO'2

Onsecticidkonzentration

Abb. 3. Hemmung reiner Xanthindehydrase durch Äthyl-paraoxono —o, Äthylparathion x—x, Aminoparathion • — •

und Thionoester /\ — /\.

Ein orthoständiges Chloratom zur Nitrogruppe des Phenylringes beeinflußte die Hemmwirkung nicht nachweislich, die aufgetretenen Unterschiede (vgl. Abb. 4) blieben zu gering, als daß wir sie durch Mittelwertsvergleich6 hätten statistisch ab-sichern können. Dagegen stellte sich eine Abhängig-keit der Hemmintensität von der Länge der Alkoxy-gruppen der Ester heraus: Mit steigender Zahl der C-Atome in der Alkoxygruppe nahm das Ausmaß der Enzymaktivierung ab, wie aus Abb. 4 deutlich hervorgeht.

60 %

c: 5 e 6

^ 20

0

10'5 IO'4 10'3 mol IO'2

Onsecticidkonzentrafion

Abb. 4. Hemmung reiner Xanthindehydrase durch steigende Mengen Methylparathion o o , Methylchlorthion x x , Äthylparathion A A , Äthylchlorthion • • und

Isopropylparathion Q • .

6 S. K O L L E R , Graphische Tafeln zur Beurteilung statistischer Zahlen, 3. Aufl., S. 8; Darmstadt, Steinkopff 1953.

7 G. SCHRÄDER, Z. Naturforschg. 1 8 b, 9 6 5 [ 1 9 6 3 ] .

Tertiäre Phosphorsäure-Ester stellen wirksame Alkylierungsmittel dar; eine p-Nitrophenylgruppe im Molekül verstärkt diese Eigenschaft. Sie ist bei Phosphorsäure-Estern ausgeprägter als bei Thiono-phosphorsäure-Estern. Schließlich wirken Ester mit Methoxygruppen stärker alkylierend als solche mit längerer Alkoxygruppe 7' 8. Überprüft man die Re-sultate unserer Hemmversuche unter diesem Aspekt, so zeigt sich eine auffällige Parallelität zwischen dem Alkylierungsvermögen und der inaktivierenden Wirksamkeit der Organophosphorverbindungen ge-genüber Xanthindehydrase: Generell hemmten Phosphorsäure-Ester stärker als die analogen Thionophosphorsäure-Ester. Des weiteren erwiesen sich ausschließlich Substanzen mit saurem p-Nitro-phenylrest als Inhibitoren, und endlich fiel die In-aktivierung der Xanthindehydrase mit steigender Länge der Alkoxygruppen ab.

Trotz dieser auffälligen Parallelen und obwohl S C H R Ä D E R 7 neben der Phosphorylierung insbeson-dere bei Estern mit Methoxygruppen eine Alkylie-rung der Enzyme als Ursachen für Störungen im Stoffwechsel annimmt, erscheint es uns zweifelhaft, daß im vorliegenden Fall der Xanthindehydrase eine alkylierende Reaktion an der Inaktivierung mit-beteiligt ist, denn es gelang, den von Athylparaoxon ausgehenden Hemmeffekt durch Dialyse des inhi-bierten Enzyms wieder aufzuheben (vgl. Tab. 6 ) . Unseres Erachtens deutet der Befund darauf hin, daß der Inhibitor an das Eiweiß nur adsorbiert vorlag und deshalb die Hemmung durch Dialyse reversibel war. Unterstützt wird die Annahme durch einen Ver-gleich der beobachteten Enzymaktivierungen in Milch und in reiner Lösung. Tab. 3 belegt den Ein-fluß des begleitenden Eiweißes im Versuchsansatz im Falle der Thionoester klar: Während sie in Milch niemals meßbar inaktivierend wirkten (Hemmung < 5 % ) , haben wir in Parallelansätzen reiner Enzym-lösungen bei den meisten Thionoestern einen Akti-vitätsabfall um 20 - 40% festgestellt. Für Phosphor-säure-Ester belegt Abb. 1 (a und b) den prinzipiell gleichen Effekt. Demnach schützt das Eiweiß der Milch die Xanthindehydrase wenigstens teilweise vor dem unmittelbaren Angriff durch Organophosphor-verbindungen und schwächt deren Hemmintensität. Ähnlich stellten K I E R M E I E R und K A Y S E R 9 bei Lacto-

8 G . HILGETAG U. H . TEICHMANN, Z . angew. Chem. 7 7 , 1 0 0 1 [ 1 9 6 5 ] .

9 F. K I E R M E I E R U . C H . K A Y S E R , Z . Lebensmittel-Unters, u. Forsch. 1 1 2 , 4 8 1 [ I 9 6 0 ] .

J L L

Peroxydase fest, daß Cyanid in Milch schwächer hemmte als in wäßriger Lösung ohne begleitende Eiweißstoffe.

Paraoxon-konzentration

Im.]

Hemmung

vor der Dialyse nach der Dialyse [ % ] [ % ]

1 • io-4

5 • IO"4

1 • IO- 3

18,3 ± 0,8 43,7 4 - 2,2 50,0 ± 4,7

0 4 0,6 5,2 ± 1,3

10,0 ± 0,5 *

* Anscheinend enthielt der 10~3-m. Ansatz soviel Hemm-stoff, daß es einer mehr als 4-stdg. Dialyse bedurft hätte, um die Menge an Äthylparaoxon soweit zu vermindern, daß auch letzte, noch schwach angedeutete Aktivitätsverluste be-

seitigt worden wären. Tab. 6. Reaktivierung der durch Äthylparaoxon gehemmten, reinen Xanthindehydrase durch Dialyse (Dialysierzeit 4 Stdn.)

Im Fall der Cholinesterase besteht ein offenkundi-ger Zusammenhang zwischen Hydrolysenbeständig-keit und inaktivierender Wirksamkeit der Organo-phosphorverbindungen. Letztere hemmen um so schneller bzw. stärker, je leichter sie hydrolytisch ge-spalten werden7. Für Xanthindehydrase konnten wir einen derartigen Zusammenhang nicht feststel-len: Einerseits lief die Intensität der Hemmung durch die Ester nicht parallel zu ihrer hydrolytischen Spaltbarkeit10, andererseits verhielt sich p-Nitrophe-nol als zu erwartendes Hydrolysenprodukt der Enzym-inhibierenden Verbindungen indifferent10. Ob Dialkylphosphor- bzw. -thionophosphor-Säuren,

1 0 L . LETTENMAYER, Zum Verhalten organischer Insektizide ge-genüber Xanthindehydrase der Milch, S. 51, Dissertation, Techn. Hochschule München-Weihenstephan 1966.

welche als weitere Spaltprodukte der Hydrolyse auf-treten können, Xanthindehydrase zu inaktivieren vermögen, bedarf noch der experimentellen Klärung.

Methodik

1. Bestimmung der Enzymaktivität

Die Aktivität der Xanthindehydrase haben wir mit-tels der Methylenblaumethode nach K I E R M E I E R und V O G T 11 gemessen. Die Inkubation dauerte, wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, einheitlich 60 Min. nach Zugabe der Organophosphor-Verbindungen zum Ansatz. Für unsere Versuche mit reinem Enzym haben wir „Xanthin-Oxydase für analytische Zwecke" von der Firma C. F. Boehringer u. Söhne, Mannheim, bezogen. Weitere Einzelheiten über die Arbeitsweise bei den Hemmversuchen sind anderenorts beschrieben worden 4.

2. Dialysierversuche

Je 25 ml reiner Enzymlösung — Aktivität auf eine Entfärbungszeit für Methylenblau (5-10~4-m..) zwi-schen 1,5 und 5 Min. eingestellt — wurden mit steigen-den Mengen Äthylparaoxon bei 37 °C inkubiert. Dar-auf folgte eine 4-stdg. Dialyse gegen bidest. Wasser, das nach 2 Stdn. einmal erneuert wurde. Die Dialysate wurden anschließend einheitlich auf 50 ml mit bidest. Wasser aufgefüllt. Aktivitätsmessungen haben wir an den Ansätzen mit Inhibitor vor und nach der Dialyse vorgenommen. Um den durch die Dialyse bedingten Aktivitätsabfall zu erfassen, wurde in Parallelansätzen die Aktivität des reinen Enzyms ohne Zusatz von Äthyl-paraoxon kontrolliert.

11 F. K I E R M E I E R U. K . V O G T , Z. Lebensmitel-Unters. u. Forsch. 103,198 [1956].