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Fachbereich Allgemeine Verwaltung
Windkraftanlagen – Theorie und PraxisErfahrungsbericht anhand der ersten WindkraftanlageKarsten Endres ■ Mandy Wegner ■ Lysann Gordner
Frank Machalz ■ Denis Kirstein (Hrsg.)
Beiträge aus dem Fachbereich Allgemeine Verwaltung
Nr. 02/2009
Herausgeber: Dekan Fachbereich Allgemeine Verwaltung
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Beiträge des Fachbereichs 3 – Nr. 02/2009 Frank Machalz, Denis Kirstein (Hrsg.)
Windkraftanlagen – Theorie und Praxis Erfahrungsbericht anhand der ersten Windkraftanlage in Berlin von Karsten Endres, Mandy Wegner, Lysann Gordner Herausgeber: Dekan des FB Allgemeine Verwaltung Alt-Friedrichsfelde 60, D-10315 Berlin Fon: 030 9021-4416, Fax: 030 9021-4417 www.hwr-berlin.de, [email protected] © copyright bei den jeweiligen Autoren ISBN 978-3-940056-52-8 Auflage: 50 Druck: HWR Berlin - Vervielfältigung
Vorwort (Frank Machalz, Denis Kirstein)
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Verwaltungsvollzug und Vollstreckung des
Masterstudienganges Recht in der öffentlichen Verwaltung im Wintersemes-
ter 2008/09 erhielten alle Studierenden dieses Studienganges und Studien-
jahres die Möglichkeit sich mit praktischen Aspekten des Verwaltungsvollzu-
ges im Zusammenhang mit der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung für die erste Berliner Windkraftanlage (WKA) vertraut zu ma-
chen. Herr Dipl. Ing. Vach als einer der Betreiber und Errichter dieser WKA
hielt einen sehr anschaulichen Vortrag und stand hinterher Rede und Ant-
wort. Auch wurde eine Vor-Ort-Begehung der WKA ermöglich. Hierfür möch-
ten wir Herrn Vach noch einmal ausdrücklich danken.
3 Studierende haben als Prüfungsabschlussleistung den nachfolgenden Ex-
kursionsbericht erstellt und zugleich noch einmal die rechtlichen Aspekte so-
wie die praktischen Probleme bei der Umsetzung der rechtlichen Vorschriften
anhand der Errichtung der ersten Berliner WKA erfasst.
Auf Grund des hohen Niveaus dieser Arbeit haben wir uns entschlossen die-
se Arbeit in der Reihe: Veröffentlichungen des FB 3 „Allgemeine Verwaltung“
- Berlin Law School der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin zu veröf-
fentlichen.
Berlin, 10.07.2009
Inhaltsverzeichnis
Vorwort (Frank Machalz, Denis Kirstein)............................................................... II
Inhaltsverzeichnis................................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis.......................................................................................... IV
Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................... V
Literatur- und Quellenverzeichnis ....................................................................... VII
Einführung (Karsten Endres, Mandy Wegner, Lysann Gordner)..........................1
Grundlagen des Klimaschutzes (Karsten Endres) ................................................2
1. Einleitung......................................................................................... 2
2. Klimaschutz ..................................................................................... 3
2.1. Klima ........................................................................................... 3
2.2. Klimawandel ................................................................................ 3
2.3. Folgen ......................................................................................... 4
2.4. Auslöser des Klimawandels......................................................... 5
2.5. Maßnahmen zur Abschwächung des Treibhauseffekts............... 6
3. Klimaschutz in Deutschland........................................................... 10
3.1. Ziele .......................................................................................... 10
3.2. Instrumente ............................................................................... 11
4. Zusammenfassung ........................................................................ 23 Die Theorie des Genehmigungsverfahrens (Mandy Wegner) .............................26
1. Einleitung....................................................................................... 26
2. Erläuterung der Rechtsgrundlagen................................................ 26
2.1. Bundesimmissionsschutzgesetz................................................ 26
2.2. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BimSchV.................................................................................... 27
2.3. Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9. BimSchV.. 28
2.4. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ........................ 28
2.5. Bundesnaturschutzgesetz ......................................................... 28
3. Das Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen .................... 29
3.1. Allgemeines............................................................................... 29
3.2. Voraussetzungen für die Genehmigung (§ 6 BImSchG) ........... 30
3.3. Zuständigkeitsregelung ............................................................. 33
3.4. Umweltverträglichkeitsprüfung .................................................. 35
3.5. Die Arten des Genehmigungsverfahrens .................................. 39
III
4. Zusammenfassung ........................................................................ 46 Praxis aus Sicht der Berliner Behörde und der Betreiber der Windkraftanlage Pankow (Lysann Gordner) ....................................................................................48
1. Einführung ..................................................................................... 48
2. Planung ..................................................................................... 48
3. Umsetzung ................................................................................ 51
3.1 Genehmigungsverfahren Nummer 1 ......................................... 51
3.2 Genehmigungsverfahren Nummer 2 ......................................... 54
3.3 Klageverfahren .......................................................................... 55
4. Abschluss ...................................................................................... 63 Fazit (Karsten Endres, Mandy Wegner, Lysann Gordner)...................................65
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 – Vergleich der Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll
und den Entwicklungen der Emissionen................................. 9 Abbildung 2 – Emissionen und Reduktionsverpflichtungen......................... 10 Abbildung 3 – Vermiedene CO²-Emissionen............................................... 16 Abbildung 4 – Entwicklung der Stromerzeugung aus der
Windenergienutzung ............................................................ 18 Abbildung 5 – Regionale Verteilung der installierten Windernergieleistung 19 Abbildung 6 – Ablauf der Vorprüfung bei bedingter UVP-Pflicht ................. 36 Abbildung 7 – Ablauf UVP im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren...................................................... 38 Abbildung 8 – Das vereinfachte Verfahren.................................................. 39 Abbildung 9 – Beteiligung weiterer Behörden ............................................. 41 Abbildung 10 – Das förmliche Verfahren....................................................... 42
V
Abkürzungsverzeichnis
Abgh.-Drs. Drucksache des Abgeordnetenhaus
Abs. Absatz
ASOG Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes
Berlin
Aufl. Auflage
AZ Aktenzeichen
BauGB Baugesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetz
BImSchV Bundesimmissionsschutzverordnung
Bln Berlin
BMU Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz
BR-Drs. Drucksachen des Deutschen Bundesrates
BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Berlin
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
BWE Bundesverband WindEnergie e.V.
CO² Kohlenstoffdioxid
e. V. eingetragener Verein
ebd. ebenda
EE Erneuerbare Energien
EEG Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien
Einl. Einleitung
EU Europäische Union
f. folgend
ff. fortfolgend
Fn. Fußnote
GewO Gewerbeordnung
GG Grundgesetz
VI
ggf. gegebenenfalls
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt
Hrsg. Herausgeber
KWK Kraft-Wärme-Kopplung
Mio. Millionen
NABU Naturschutzbund Deutschland e. V.
NAP Nationaler Allokationsplan
NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Rdnr. Randnummer
S. Seite
SPA-Gebiete Special Protection Area (Europäisches Vogelschutzgebiete)
SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen
TA-Lärm Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm
u. a. unter anderem
UBA Umweltbundesamt
UNFCCC Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen
UVP Umweltverträglichkeitsprüfung
UVPG Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
VG Verwaltungsgericht
Vgl. vergleiche
VwGO Verwaltungsgerichtsordnung
WKA Windkraftanlage
z. B. zum Beispiel
VII
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache des Abgeordnetenhauses 16/0438:
Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen: Atomausstieg selber machen (II) – Windkraft für Berlin vom 18.4.2007
Drucksache des Abgeordnetenhauses 16/10871: Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Wie viele Windräder braucht das Land Berlin? (II) vom 5.6.2007 Drucksache des Abgeordnetenhauses 16/10830: Kleine Anfrage des Abgeordneten Albert Weingartner (FDP): Wie viele Windräder braucht Berlin vom 23.5.2007
Berlin.de, http://www.berlin.de/sen/umwelt/immissionsschutz/formulare/ in-dex.shtml (letzter Abruf: 22.2.2009)
http://www.berlin.de/umwelt/aufgaben/laerm-begriffe-immschutz.html
(letzter Abruf: 22.2.2009)
Brandt, Edmund (Hrsg.), Rechtswissenschaften, Berlin u. a. 2001 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
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Hintergrundpapier zum Energiegipfel, http://www.erneuerbare- ener-gien.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/energiegipfel_ee_hintergrund.pdf (letzter Abruf: 04.02.2009)
Hintergrundpapier zum integrierten Energie- und Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, http://www.bmu.bund.de/klimaschutz/ nationa-le_klimapolitik/doc/40550.php (letzter Abruf: 12.02.2009)
Leitstudie 2008 im Auftrag des BMU, http://www.bmu.de/files/ pdfs/allgemein/application/pdf/leitstudie2008.pdf (letzter Abruf: 12.02.2009)
Hintergrundpapier „Energiewende und erneuerbare Energien“, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/energiegipfel_ee_hintergrund.pdf (letzter Abruf: 12.02.2009)
Nationaler Energieeffizienzplan, http://www.bmu.bund.de/files/ pdfs/allgemein/application/pdf/energieeffizienzplan.pdf (letzter Abruf: 11.02.2009)
VIII
Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2007, Grafiken und Tabellen, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/ applica-tion/pdf/ee_zahlen_2007_dt_update.pdf (letzter Abruf: 11.02.2008)
Erneuerbare Energien in Zahlen,http://www.bmu.bund.de/files/ erneu-erbare_energien/downloads/application/pdf/broschuere_ee_zahlen.pdf (letzter Abruf: 12.02.2009)
Kurzinfo erneuerbare Energien, http://www.bmu.bund.de/erneuerbare _energien/kurzinfo/doc/3988.php (letzter Abruf: 12.02.2009)
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/anw_uvp_vorschriften.pdf (letzter Abruf: 22.2.2009) http://www.bmu.de/umweltvertraeglichkeitspruefung/kurzinfo/doc/6361.php (letzter Abruf: 21.2.2009)
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München 2005 Klimarahmenkonvention (UNFCCC), http://unfccc.int/resource/docs/
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IX
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Broschüre Windenergie und Vogelschutz des NABU, http://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/energie/wind/1.pdf, (letzter Abruf: 13.02.2009)
OVG Thüringen, Gutachten Dr. R. – zitiert in Urteil vom 29.05.2007 – 1 KO
1054/03 – juris; sowie Loske, zitiert von Dürr in: Zur Gefährdung des Rotmi-lans.
Pütz, Manfred/ Buchholz, Karl-Heinz, Anzeige- und Genehmigungs-
verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, 7. Aufl., Berlin 2003
Regenfus, Thomas, Rechtsprobleme bei der Errichtung von Windkraftanla-
gen, Jura – Juristische Ausbildung 4/2007 Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), Stellungnahme des SRU,
April 2006, http://www.umweltrat.de/03stellung/downlo03/stellung/ Stel-lung_NAPII_April2006.pdf (letzter Abruf: 10.02.2009)
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin,
Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Se-natsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009
X
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, „Expertise zur räumlichen Steuerung von Windenergieanlagen – Kurzfassung – Ergebnisse und Schlussfolgerungen“ vom 7.2.2006
Anhang 2 der Expertise: Zusammenfassende Übersicht zu den Ergeb-nissen der Gebietsprüfungen in den vorläufigen potenziellen Windeig-nungsgebieten.
Thüringen, http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/umwelt/ im-mi/schulung-t1.ppt (letzter Abruf: 23.2.2009)
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Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08 Wikipedia, Artikel CO² in der Atmosphäre und Treibhauseffekt (Hauptartikel
Kohlenstoffdioxid), http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdioxid#CO2 _in_der_Atmosph.C3.A4re_und_Treib-hauseffekt (letzter Abruf: 05.02.2009)
Windenergie-berlin.de, Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten
Windkraftanlage Berlin, http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, (letzter Abruf: 07.02.2009)
Wind-energie.de, http://www.wind-energie.de/fileadmin/dokumente/Gesetze/
hg_tigges_bimsch.pdf (letzter Abruf: 11.2.2009)
1
Einführung (Karsten Endres, Mandy Wegner, Lysann Gord-
ner)
„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen
Windmühlen“ (Chinesisches Sprichwort)
In Zeiten knapper Ressourcen, wird die Nutzung unerschöpflicher „Rohstoffe“
wie Wind oder Sonnenlicht für die Gewinnung von Energie immer wichtiger.
Folglich gewinnen erneuerbare Energien immer mehr an Bedeutung.
Der Klima- und Umweltschutz ist zentrales Thema. So wird als klares Ziel die
Reduzierung des CO² –Ausstoßes definiert. Gesetze, wie das Gesetz über
den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) sollen zudem eine nachhaltige
Energieversorgung fördern.
Dieser Bericht befasst sich primär mit der Thematik „Windkraftanlagen“. Es
soll neben der Darstellung der allgemeinen Theorie, die Praxis an Hand des
Beispiels der ersten Windkraftanlage Berlins erarbeitet bzw. dargestellt wer-
den. Dazu ist dieser Bericht wie folgt aufgebaut:
Zunächst erfolgt eine allgemeine Betrachtung des Klimaschutzes. Ferner
wird auf den Klimaschutz in Deutschland und damit verbunden auf die er-
neuerbaren Energien eingegangen. Der zweite Abschnitt widmet sich dem
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen
und stellt dieses abstrakt dar. Nach Abschluss der beiden theoretischen Teile
erfolgt die Darstellung des praktischen Beispiels, nämlich der ersten Wind-
kraftanlage Berlin. Es wird konkret das Genehmigungsverfahren – wie es
stattgefunden hat – vorgestellt. So soll ein Vergleich zu der zuvor dargestell-
ten Theorie geschaffen werden.
2
Grundlagen des Klimaschutzes (Karsten Endres)
1. Einleitung
„Die Erde kommt ins Schwitzen!“1
Die Temperaturen auf unserem Planeten sind Schwankungen unterworfen.
Heiße trockene Sommer und kalte Winter in einem Jahr, verregnete Sommer
und zu milde Winter im nächsten. Dazu gibt es regionale Unterschiede (Kli-
mazonen) der Temperaturen und Wetterereignisse, im Urlaub suchen wir
gern die Sonne oder fahren in die Berge zum Skilaufen. Das Wetter und sei-
ne Schwankungen gehören zu unserem Leben.
Seit einigen Jahren beobachten wir nun, dass unser Klima sich grundlegend
verändert. Hohe Temperaturen, Trockenheit, aber auch Stürme und Hoch-
wasser häufen sich. Klimaforscher gehen sogar von einer Verschiebung der
Klimazonen aus. Begründet wird dies mit einem Klimawandel, der durch den
Menschen in Gang gesetzt wurde.
Im Folgenden werden Ursachen und Folgen sowie die verschiedenen Mög-
lichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels beleuchtet.
Die in den Fußnoten ausgewiesenen Quellen sind im Internet recherchierbar.
Zur besseren Übersichtlichkeit sind in der Fußnote selbst nur der Titel der
Veröffentlichung und die URLs der entsprechenden Internetseiten im Litera-
tur- und Quellenverzeichnis aufgeführt.
1 Naturschutzbund Deutschland e. V. -NABU-: Broschüre Windenergie und Vogelschutz,
S. 4.
3
2. Klimaschutz
2.1. Klima
Die Gesamtheit meteorologischer Größen, gemittelt über eine Zeitspanne an
einem bestimmten Ort, bezeichnet man als Klima. Es wird nicht nur durch
atmosphärische Prozesse beeinflusst, sondern auch durch die Erdoberflä-
che, die Sonneneinstrahlung und den Menschen. In der Erdatmosphäre ent-
haltene Gase lassen die von der Sonne auf die Erde fallende Strahlung pas-
sieren, absorbieren aber die von der erwärmten Erdoberfläche abgegebene
Strahlung. Dieser Vorgang wird als Treibhauseffekt bezeichnet.
Der Treibhauseffekt bewirkt, dass auf der Erde eine durchschnittliche Tem-
peratur von ca. 15°C herrscht. Ohne diesen Effekt würde eine mittlere Tem-
peratur von etwa -18°C auf der Erde zu verzeichnen sein. Der natürliche
Treibhauseffekt macht somit Leben auf der Erde erst möglich.2
2.2. Klimawandel
Seit dem Jahr 1750 ist die CO²-Konzentration in der Erdatmosphäre bis heu-
te um über 30 % gestiegen. Die Strahlungsbilanz wird dadurch verändert und
der Treibhauseffekt verstärkt, mit der Folge, dass die Durchschnittstempera-
turen auf der Erde ansteigen. Aufgrund dieses durch menschliche Eingriffe
verursachten Treibhauseffekts muss bis zum Jahr 2100 mit einem Anstieg
der durchschnittlichen Erdtemperatur von bis zu 6°C gerechnet werden.3
2 Umweltbundesamt: Klimaschutz – Grundlagen. 3 Bundesumweltministerium: Klimaschutz im Überblick.
4
2.3. Folgen
2.3.1. Global
Nach dem Stand der Klimaforschung führt die Erwärmung der Erdoberfläche
zu einer Verschiebung der Klimazonen. Es muss damit gerechnet werden,
dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 bedingt durch die Erderwärmung
um 10 bis 90 cm ansteigen wird. Hierdurch werden Küstenregionen und so-
gar ganze Inselstaaten überflutet werden. In warmen Klimazonen wird eine
Veränderung der Niederschläge und der Verdunstung zu Bodenaustrock-
nung und -degradation führen, mit der Folge, dass die ohnehin schon
schwierige Nahrungsmittelversorgung in den Entwicklungsländern eine wei-
tere Einschränkung erfährt. Darüber hinaus ist mit einem Vordringen von
Tropenkrankheiten in bisher nicht betroffene Gebiete und mit einer Häufung
extremer Wetterverhältnisse zu rechnen.4 Durch die zu erwartende Migration
von Bewohnern der Gebiete, die keine geeignete Lebensgrundlage mehr
vorfinden, in fruchtbarere Gegenden ist ein starker Anstieg der globalen
Spannungen zu befürchten.
2.3.2. Deutschland
Bisher:
Nach einer vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Universität Frankfurt
am Main im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführten Untersuchung
hat die Wahrscheinlichkeit für relativ trockene Monate im Zeitraum von 1901
bis 2000 abgenommen, die für extreme Starkniederschläge zugenommen.
Einer Abnahme der Niederschläge im Sommer steht eine Zunahme im Win-
ter entgegen, die jedoch nicht zu mehr Schnee geführt hat. Die Schneemen-
ge hat im Flachland vielmehr um 30 - 40 %, in mittleren Lagen bis 800 m um
10 - 20 % abgenommen.5
Zukünftig:
4 Bundesumweltministerium: Klimaschutz im Überblick. 5 KomPass: bisher beobachtete Klimaänderungen.
5
Eine im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellte Prognose des Max-
Planck-Instituts für Meteorologie und der Firma Climate & Environment Con-
sulting GmbH geht davon aus, dass sich die Jahresmitteltemperatur in
Deutschland bis zum Jahr 2100 im Vergleich zum Zeitraum 1961 bis 1990
um 1,5 bis 3,7°C erhöht, wobei eine Erhöhung um 2 bis 3°C sehr wahr-
scheinlich ist. Ganzjährig werden höhere Temperaturen erwartet, wobei Tage
mit Frost und Schnee deutlich abnehmen und Tage mit einer Maximaltempe-
ratur von über 30°C deutlich zunehmen. Zudem sei damit zu rechnen, dass
„Tropennächte“, in denen die Temperatur nicht unter 20°C sinkt, häufiger
auftreten.
Aufgrund einer Umverteilung der Niederschlagsmenge innerhalb der Jahres-
zeiten könnten sich die Niederschläge im Sommer um durchschnittlich 30 %
verringern und wären durch die höheren Temperaturen einer verstärkten
Verdunstung ausgesetzt.
Folgen dieser Entwicklung wären u. a.:
� Verknappung des der Landwirtschaft zur Verfügung stehenden
Wassers
� Beeinträchtigung der Wasserqualität durch weniger Wasser füh-
rende Flüsse
� Zunehmende Hochwasserwahrscheinlichkeit im Winter und Früh-
jahr durch geringere Niederschlagsspeicherung durch die geringe-
re Schneemenge6
„Der Klimawandel wird für den Menschen nur dann erträglich bleiben, wenn
die durchschnittliche globale Erwärmung gegenüber vorindustriellen Zeiten
bis Mitte des Jahrhunderts 2°C nicht überschreitet!“7
2.4. Auslöser des Klimawandels
Der Treibhauseffekt ist durch menschliche Aktivitäten seit Beginn der Indust-
rialisierung in hohem Maße verstärkt worden. Wichtigste Ursache ist die
6 KomPass: zukünftig zu erwartende Klimaänderungen. 7 Bundesumweltministerium: Hintergrundpapier zum Energiegipfel, September 2006, S. 3.
6
Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas, durch die unver-
meidbar Kohlendioxid (CO²) freigesetzt wird. Der in den Energieträgern ent-
haltene Kohlenstoff verbindet sich während der Verbrennung mit Sauerstoff
zu Kohlenstoffdioxid, auch Kohlendioxid genannt. Das CO² entweicht in die
Atmosphäre, da es nicht dauerhaft und nachhaltig gespeichert werden kann.
Durch die Zunahme der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre wird
die Strahlungsbilanz verändert und der Treibhauseffekt verstärkt. Dies hat
zur Folge, dass sich die Durchschnittstemperaturen auf der Erdoberfläche
erhöhen.8 Man spricht auch vom anthropogenen (also vom Menschen verur-
sachten) Klimawandel.
2.5. Maßnahmen zur Abschwächung des Treibhauseffekts
2.5.1. Schutz der Wälder
Pflanzen und Bäume absorbieren das Treibhausgas in erheblichem Maße
und bilden eine der größten Senken für das Kohlendioxid. Die fortschreitende
Entwaldung der Erde trägt somit zur Steigerung der CO²-Konzentration in der
Atmosphäre bei.9
Pflanzen wandeln das Kohlendioxid durch Photosynthese in Biomasse um
und wachsen dadurch. Wird die Biomasse verbrannt, gibt sie das gespei-
cherte Kohlendioxid zwar wieder an die Atmosphäre ab, stellt aber gleichzei-
tig Energie zur Verfügung. Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstof-
fen wird als CO²-neutral bezeichnet, weil die bei der Verbrennung freiwer-
denden CO²-Emissionen der Atmosphäre zuvor entzogen wurden.10
2.5.2. Reduzierung der Treibhausgasemissionen
Von den in der Atmosphäre vorhandenen Spurengasen, die den Treibhausef-
fekt bewirken, ist vor allem CO², dessen besonderes Risiko in der langfristi-
gen Anreicherung liegt, für den Klimawandel verantwortlich.11 Kohlendioxid
8 Bundesumweltministerium: Klimaschutz im Überblick. 9 Bundesumweltministerium: Klimaschutz im Überblick. 10 EnergieAgentur.nrw zur Nutzung von Biomasse. 11 Bundesumweltamt: Klimaschutz im Überblick.
7
kann 100 Jahre in der Atmosphäre verbleiben12 und akkumuliert sich dort, da
es von den natürlichen Kohlendioxidsenken nur zu etwa 45 % aufgenommen
wird.13
Selbst wenn die CO²-Emissionen auf dem heutigen Niveau eingefroren wer-
den können, wäre bis zum Jahr 2030 mit einer Verdopplung und bis zum
Jahr 2100 mit einer Verdreifachung der CO²-Konzentration gegenüber dem
vorindustriellen Stand zu rechnen.
Wenn sich der bisherige Trend fortsetzt, werden sich die CO²-Emissionen im
Zeitraum 1990 bis 2100 nahezu verdreifachen. Dies würde zu einer Verviel-
fältigung der CO²-Konzentration in der Atmosphäre und zu einer drastischen
Verstärkung des Treibhauseffekts führen. Um die CO²-Konzentration auf ei-
nem Niveau zu stabilisieren, das ca. dem Doppelten der vorindustriellen
Konzentration entspricht, müsste der weltweite Treibhausgasausstoß um ca.
30 % reduziert werden.14
2.5.3. Rechtliche Rahmenbedingungen
Die weittragende Bedeutung des Klimawandels und seiner Folgen wurde von
der Staatengemeinschaft erkannt. Wegen der weltweiten Verursachung und
Wirkung des Klimawandels können Gegenmaßnahmen nur erfolgreich sein,
wenn möglichst alle Staaten - und insbesondere die hauptverantwortlichen
Industriestaaten - ihre nationale Verantwortung wahrnehmen.
2.5.3.1. Klimarahmenkonvention (UNFCCC)
Um die internationale langfristige Kooperation und faire Verantwortungstei-
lung zu ermöglichen, wurde auf dem „Umwelt-Gipfel“ in Rio de Janeiro 1992
eine globale Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verabschiedet, die zunächst
das Ziel formulierte, die Konzentration der Treibhausgase auf einem Niveau
zu stabilisieren, das eine Störung des Klimasystems verhindert.15
12 Bundesumweltamt: Antworten auf populäre skeptische Argumente. 13 Wikipedia: Kohlenstoffdioxid - CO2 in der Atmosphäre und Treibhauseffekt. 14 Bundesumweltministerium: Klimaschutz im Überblick. 15 Art. 2 UNFCCC.
8
2.5.3.2. Völkerrechtliche Bindung durch das Kyoto-Protokoll
1997 wurde auf der dritten UNFCCC-Vertragsstaatenkonferenz das Kyoto-
Protokoll verabschiedet, das die Industriestaaten als die Hauptverantwortli-
chen für den zusätzlichen Treibhauseffekt erstmals rechtsverbindlich zu kon-
kreten Reduzierungen ihrer Emissionen verpflichtet. Es wurde beschlossen,
dass die Industriestaaten ihre Emissionen der sechs wichtigsten Treibhaus-
gase bis 2012 gegenüber 1990 insgesamt um mindestens 5 % verringern
müssen. Zur Erfüllung dieses Ziels müssen die Staaten in unterschiedlichem
Maß beitragen. Für die Europäische Union (EU) ist eine Senkung der Emis-
sionen um insgesamt 8 % vorgesehen.16 Nach dem Prinzip der Lastenteilung
(burden sharing) haben die EU-Mitgliedsstaaten dieses durchschnittliche Re-
duktionsziel untereinander aufgeteilt. Deutschland hat sich zur Verringerung
um
21 % verpflichtet, Großbritannien um 12,5 %, Frankreich stabilisiert auf dem
Niveau von 1990, Spanien kann seine Emissionen noch um 15 % steigern.17
Das Kyoto-Protokoll sollte nach Ratifizierung durch mindestens 55 Staaten,
die zusammen mehr als 55 % der CO²-Emissionen des Jahres 1990 verur-
sacht haben, in Kraft treten. Die Zahl von 55 teilnehmenden Staaten wurde
mit Islands Ratifikation am 23.05.2002 erreicht. Durch den Ausstieg der USA
wurde die zweite Bedingung erst durch den Beitritt Russlands am 05.11.2004
erfüllt. Seit dem 16.02.2005, 90 Tage nach der russischen Ratifizierung, ist
das Kyoto-Protokoll in Kraft und bindet die Teilnehmerstaaten völkerrechtlich.
Die Entwicklung der Emissionen im Vergleich zu den Verpflichtungen nach
dem Kyoto-Protokoll zeigen die folgenden Übersichten18:
16 Art. 3 des Protokolls von Kyoto zum UNFCCC. 17 Vorschlag der Kommission für eine Entscheidung des Europäischen Rates vom
23.10.2001 (angenommen durch Entscheidung vom 25.04.2002 - 2002/358/EG). 18 Quelle: http://www.volker-quaschning.de/datserv/kyoto/index.html.
9
Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll und bisherige Ent-
wicklung
Vertragsparteien Reduktions-
verpflichtung
Emissionen
1990 in Mt
Emissionen
2000 in Mt
Emissionen
2006 in Mt
Verände-
rung
1990-
2006
EU-15 -8 % 4 244 4 118 4 151 -2,2 %
Liechtenstein,
Monaco, Schweiz
-8 % 53 52 54 +0,8 %
Bulgarien, Estland,
Lettland, Litauen,
Rumänien, Slowa-
kei, Slowenien,
Tschechien
-8 % 820 469 499 -39,1 %
USA -7 % 6 135 7 003 7 017 +14,4 %
Japan -6 % 1 272 1 348 1 340 +5,3 %
Kanada -6 % 592 718 721 +21,7 %
Polen, Ungarn -6 % 679 467 479 -29,5 %
Kroatien -5 % 33 26 31 -5,2 %
Neuseeland 0 % 62 71 78 +25,7 %
Russland 0 % 3 326 2 038 2 190 -34,2 %
Ukraine 0 % 922 395 443 -51,9 %
Weißrussland 0 % 127 70 81 -36,4 %
Norwegen +1 % 50 53 54 +7,7 %
Australien +8 % 416 495 536 +28,8%
Island +10 % 3 4 4 +24,2 %
Summe -5,2 % 18 736 17 327 17 678 -5,6 %
Abbildung 1 – Vergleich der Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll und den Ent-wicklungen der Emissionen
10
Emissionen und Reduktionsverpflichtungen
Abbildung 2 - Emissionen und Reduktionsverpflichtungen
3. Klimaschutz in Deutschland
3.1. Ziele
Nach dem Prinzip des burden sharing ist Deutschland nach der Ratsent-
scheidung vom 25.04.2002 europarechtlich verpflichtet, seine Treibhausgas-
emissionen bis 2012 um 21 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu verrin-
gern. Nach den Festlegungen der Bundesregierung in ihrem „Integrierten
Energie- und Klimaprogramm“ will Deutschland bis zum Jahr 2020 den Aus-
stoß der Treibhausgasemissionen um 40 % gegenüber 1990 verringern.19
Nach der durch Dr. Joachim Nitsch im Auftrag des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) erstellten „Leitstudie
2008“ wurden 1990 993 Mio. t CO² emittiert. Das in der Leitstudie beschrie-
bene „Leitszenario 2008“ zeigt einen Weg auf, wie bis 2050 insgesamt 780
19 Bundesumweltministerium: Hintergrundpapier zum integrierten Energie- und Klimapro-
gramm der Bundesregierung.
11
Mio. t CO² pro Jahr vermieden werden können, was einer Reduktion um 78,5
% entspricht.20
3.2. Instrumente
Die Strategie der Bundesregierung zur Reduktion von Treibhausgasemissio-
nen basiert auf den drei Säulen Energieeinsparung, Energieeffizienzsteige-
rung und erneuerbare Energien. Zusammenfassend wird schlagwortartig von
„Energiewende" gesprochen.21
3.2.1. Energieeinsparung
Um die bei der Energieproduktion emittierten Treibhausgase zu begrenzen
ist es naheliegend, zunächst einmal sparsam mit der erzeugten Energie um-
zugehen. Vorhandene Einsparpotentiale müssen ausgenutzt werden, um den
Energiebedarf so weit wie möglich abzusenken, denn wenn weniger Energie
erzeugt werden muss, sinkt auch der Ausstoß der Treibhausgase.
Das Bundesumweltministerium geht in seinem nationalen Energieeffizienz-
plan vom 16.10.2008 davon aus, dass bei vollständiger Erschließung des
wirtschaftlichen Einsparpotentials an Endenergie in allen Verbrauchssektoren
die Treibhausgasemissionen bis 2020 um etwa 110 bis 130 Mio. t CO²-
Äquivalente gesenkt werden können.
Die Strategie des BMU sieht ein Bündel von Maßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz und Senkung des Energieverbrauchs vor. In einer ersten
Stufe wurden durch das von der Bundesregierung 2007 beschlossene „Integ-
rierte Energie- und Klimaprogramm“ u. a. folgende Maßnahmen auf den Weg
gebracht:
� Ausbau der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
� Förderprogramm für gewerbliche Kälteanlagen, die mindestens
35 % Strom einsparen
20 Dr. Joachim Nitsch: Leitstudie 2008, Oktober 2008, S. 16, 31. 21 Bundesumweltministerium: Hintergrundpapier „Energiewende und Erneuerbare Ener-
gien“, September 2006, S. 1.
12
� Verschärfung der energetischen Standards für Wohngebäude mit
dem Ziel, bis 2020 einen Neubaustandard zu erreichen, der die
Nutzung fossiler Energieträger überflüssig macht
� Umstellung der Kfz-Steuer auf CO²-Basis bei Neuwagen
In der zweiten Stufe schlägt das BMU u. a. vor
� das CO²-Gebäudesanierungsprogramm aufzustocken und fortzu-
führen
� Steuererleichterungen, die die deutsche Wirtschaft bei der Öko-
steuer genießt, an die Einführung von Energiemanagementsyste-
me zu knüpfen
� den Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräten (TOP-Runner) durch
intensive Beratung und Unterstützung durch Klein-Kredite mit
Rückzahlung über eingesparte Energiekosten in sozial gerechtfer-
tigten Fällen (z. B. ALG II-Empfänger) zu fördern
Ziel ist eine Verdopplung der Energieproduktivität bis 2020 gegenüber 1990,
d. h. eine Steigerung der Energieproduktivität um etwa 3 % pro Jahr.
Im Ergebnis geht der nationale Energieeffizienzplan davon aus, dass die
Einsparpotentiale im Strombereich in Energiewirtschaft (KWK), Industrie
(KWK, Beleuchtung, drehzahlgeregelte Motoren), privaten Haushalten (Gerä-
teeffizienz, Beleuchtung, Vermeidung von standby) und Kleinverbrauch (Be-
leuchtung, Heiz- und Kühltechnik) so groß sind, dass der Ausstieg aus der
Kernenergie nahezu kompensiert wird. 22
3.2.2. Energieeffizienzsteigerung
Physikalisch betrachtet kann Energie weder erzeugt noch verbraucht wer-
den, sondern lediglich von einer Form in eine andere umgewandelt werden.
Als Primärenergie bezeichnet man die Energie in ursprünglicher, technisch
noch nicht aufbereiteter Form wie z. B. Kohle, Rohöl oder Solarstrahlung. Um
22 Bundesumweltministerium: nationaler Energieeffizienzplan, Oktober 2008.
13
diese Primärenergie nutzen zu können, ist ein Umwandlungsprozess zu
Nutzenergie (z. B. Strom) erforderlich, bei dem nicht selten mehr als 90 %
des ursprünglichen Energiegehalts verloren geht. Rund 35 % der eingesetz-
ten Primärenergie gehen bereits in der Energiewirtschaft als Kraftwerksab-
wärme oder durch Energietransportverluste verloren, bevor sie den End-
verbraucher erreichen. Diese Verluste setzen sich bis zu Endnutzung fort, so
dass bestenfalls 20 % der Primärenergie sinnvoll genutzt werden. Zweite
Säule der Energiewende ist daher die Steigerung der Energieeffizienz mit
dem Ziel der größtmöglichen Minderung dieser Verluste.
3.2.2.1. Emissionshandel
Der Emissionshandel soll als Bestandteil der Kostenrechnung für mehr Ener-
gieeffizienz sorgen und zur Verwendung CO²-armer Brennstoffe führen. Un-
ternehmen erhalten Zertifikate, die zum Ausstoß einer gewissen Menge
Treibhausgas berechtigen. Wird die dadurch erlaubte Ausstoßmenge unter-
schritten, können nicht benötigte Zertifikate veräußert werden. Müssen Zerti-
fikate zugekauft werden, führt dies zu Kostensteigerungen. Die Bundesregie-
rung will so eine Effizienzsteigerung von 3 % pro Jahr erreichen.23
Durch die Festlegung einer Emissionsobergrenze und die Verteilung von
Emissionsberechtigungen (Zertifikate) macht der Gesetzgeber CO²-
Emissionen zu einer handelbaren Ware. Die Belastung der Atmosphäre mit
CO²-Emissionen wird für die Unternehmen zu einem Produktionsfaktor, des-
sen Kosten sie zukünftig berücksichtigen müssen. Eingesparte Emissions-
rechte können zu jedem Zeitpunkt am Markt verkauft werden, so dass ein
ständiger Anreiz besteht, durch Mengenanpassungen und technischen Fort-
schritt Emissionen zu reduzieren (dynamische Effizienz).
Der Emissionshandel ist damit ein zentrales Instrument zur Erreichung der
gesetzten Reduktionsziele.24
3.2.2.2. Funktionsdefizite
23 Bundesumweltministerium: nationaler Energieeffizienzplan. 24 Stellungnahme des Sachverständigenrats für Umweltfragen, April 2006, S. 3.
14
Die Ziele des Emissionshandels stehen in Konkurrenz mit den Interessen der
Wirtschaft, insbesondere der Energieversorger und Unternehmen der ener-
gieintensiven Industrie. Bei der Umsetzung sehen sich Gesetzgeber und Re-
gierungen mit Zielkonflikten konfrontiert. Um die klimapolitisch gesetzten Re-
duktionsziele zu erreichen, sollen die Unternehmen motiviert werden,
CO²-Emissionen zu vermeiden. Eine spürbare Kostenbelastung wohnt dem
Emissionshandel inne und gibt den Anreiz zur Emissionsreduktion.
Gleichzeitig soll die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhalten bleiben.
Deren Vertreter machen daher geltend, eine großzügige und bedarfsgerech-
te Zuteilung sei notwendig. Bei bedarfsgerechter Zuteilung ist jedoch die
Verknappung nicht gegeben, die Funktionsbedingung des Emissionshandels
ist, weswegen der Anreiz zur Emissionsreduktion entfiele.
Verknüpft mit der Verteilung der Zertifikate werden auch standortpolitische
Aspekte. Sonderregeln honorieren u. a. Modernisierungsmaßnahmen von
Kohlekraftwerken. Hierdurch verspricht man sich eine Stärkung der Strom-
versorgung auf Kohlebasis, die zum einen energieintensiven Industrien in
Form einer kostengünstigen Energieversorgung und zum anderen struktur-
schwachen Regionen, in denen Kohleabbau betrieben wird, zugute kommt.
Der nationale Allokationsplan (NAP), der die auf EU-Basis übernommenen
Reduktionspflichten national auf die verschiedenen Sektoren verteilt, sah für
die erste Periode (NAP I, 2005 - 2007) Reduktionspflichten von 2 Mio. t pro
Jahr und für die zweite Periode (NAP II, 2008 - 2012) von 10 Mio. t pro Jahr
vor. Die Gesamtreduktion beträgt bis 2012 25 Mio. t pro Jahr. Dies verdeut-
licht, in welchem Maße energie- und verteilungspolitische Ziele die klimapoli-
tischen Maßnahmen zur Erreichung der Reduktionsziele aufweichen.
Nach Ansicht des von der Bundesregierung eingerichteten Sachverständi-
genrats für Umweltfragen ist der Emissionshandel in seiner ersten Handels-
15
periode (NAP I) energie- und verteilungspolitisch überfrachtet und seine
Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt worden. 25
Die bis 2007 praktizierte kostenlose Zuteilung aller Emissionsrechte ist 2008
(Beginn der zweiten Handelsperiode) teilweise einer Versteigerung gewi-
chen. Seitdem werden 10 % der Zertifikate zu Marktpreisen abgegeben.
3.2.3. Erneuerbare Energien
Durch Substitution von fossilen Energieträgern mit erneuerbaren Energien
(EE) wird der Ausstoß von CO² verringert, denn bei der Produktion von
Energien aus erneuerbaren Energiequellen wird kein Kohlenstoff verbrannt.
Beispiele für die Erzeugung erneuerbarer Energien sind
� Fotovoltaik (Umsetzung der Solarstrahlung)
� Gezeitenkraftwerke/Wasserkraft
� Erdwärme
� Biomasse
� Windkraft
Die Herstellung der Anlagen und die Bereitstellung der Brennstoffe ver-
braucht zwar Energie, jedoch hat z. B. ein Windrad in nur rund 10 Monaten
die Energie wieder eingespielt, die seine Herstellung gekostet hat. Ein fossi-
les Kraftwerk rechnet sich dagegen nie energetisch, weil immer mehr Ener-
gie in Form von Brennstoffen hineingesteckt werden muss als hinterher ge-
nutzt werden kann.
Im Jahr 2007 wurde durch die Substitution fossiler Energieträger durch EE
eine CO²-Minderung von insgesamt rund 115 Mio. t erreicht. Die Verteilung
der Emissionsvermeidung auf die verschiedenen Sektoren sowie die Ener-
gieträger sind aus der folgenden Übersicht26 zu entnehmen.
25 Stellungnahme des Sachverständigenrats für Umweltfragen, April 2006, S. 9. 26 Quelle: Bundesministerium für Umweltschutz, Entwicklung der erneuerbaren Energien in
Deutschland im Jahr 2007 - Grafiken und Tabellen.
16
Abbildung 3 - Vermiedene CO²-Emissionen
Weiterer Nachteil fossiler Energieträger ist die abnehmende Verfügbarkeit.
Die absehbare Erschöpfung der Ressourcen und die Abhängigkeit von Ener-
gieimporten macht die Förderung des Ausbaus der EE auch wirtschaftlich
sinnvoll.
Die EE hatten im Juni 2008 einen Anteil von 14,2 % am Endenergie-
verbrauch im Strombereich.27 Bis zum Jahr 2020 soll sich dieser Anteil auf
mindestens 30 % erhöhen; im Jahr 2030 soll bereits rund die Hälfte des
Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen.28
Ziel der EE ist neben der CO²-Vermeidung aber auch die Versorgungssi-
cherheit bei knapper werdenden Ressourcen sicherzustellen.29
3.2.3.1. Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien
Die Endlichkeit der Ressourcen fossiler Energieträger und der sich be-
schleunigende Klimawandel hat die Bundesregierung bewogen, den Ausbau 27 Bundesumweltministerium: Publikation „Erneuerbare Energien in Zahlen“, S. 12. 28 Bundesumweltministerium: Kurzinfo erneuerbare Energien. 29 Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE): Publikation „Fakten zur Windenergie A-Z“,
August 2005, S. 9.
17
der EE zu fördern, indem die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ener-
gieerzeugung und den Marktzugang verbessert wurden.
3.2.3.2. Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Durch das EEG werden Stromnetzbetreiber verpflichtet, Strom aus erneuer-
baren Energien vorrangig abzunehmen und einen festgelegten Preis zu zah-
len. Die Regelungen des EEG sorgen somit für finanzielle Anreize und auch
Planungssicherheit für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien.
Das EEG hat im Jahr 2000 das Stromeinspeisegesetz von 1990 abgelöst.
Aufgrund des Stromeinspeisegesetzes hat zunächst die Windkraft eine kräf-
tige Entwicklung erfahren. Durch das EEG wurden diese Impulse auf die
Biomasse und Fotovoltaik ausgeweitet.
Nach der Novellierung des EEG im Jahr 2004 galten für neu errichtete Anla-
gen ab dem 01.08.2004 geringere Mindestvergütungssätze. Ferner wurde
ein erhöhter Vergütungssatz für besonders windreiche Standorte eingeführt.
Am 01.01.2009 ist das EEG 2009 in Kraft getreten, mit dem der Gesetzgeber
das Ziel verfolgt, das Repowering attraktiver zu gestalten und die Bedingun-
gen für die Offshore-Windkraft sowie der Netzintegration von Anlagen zur
Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien mitsamt der Regelung des
Einspeisemanagements zu verbessern. Die Einspeisevergütungen wurden
gegenüber den Sätzen des EEG 2004 angehoben.
An der folgenden Übersicht30 lässt sich ablesen, welche Auswirkungen die
verschiedenen Fassungen des EEG auf die Entwicklung der Stromerzeu-
gung aus erneuerbaren Energien hatten:
30 Quelle: Bundesministerium für Umweltschutz, Entwicklung der erneuerbaren Energien in
Deutschland im Jahr 2007 - Grafiken und Tabellen.
18
Abbildung 4 - Entwicklung der Stromerzeugung aus der Windenergienutzung
3.2.3.3. Windkraftanlagen
Bisher wichtigste Form der Energiegewinnung aus regenerativen Energieträ-
gern ist die Windenergie. Ende 2007 standen in Deutschland 19.460 Windrä-
der mit einer Leistung von rund 22.247 Megawatt zur Stromerzeugung bereit.
Der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung aus EE betrug im Jahr
2007 45,2 %. Mit 34 Mio. t hat die Windenergie den größten Anteil an der
insgesamt durch die EE vermiedenen CO²-Emissionen in Höhe von 115 Mio.
t.
Neben der CO²-freien Stromproduktion hat die Windkraft weitere Vorteile.
Durch die dezentrale Stromerzeugung vermeidet sie lange Transportwege,
die mit Energieverlusten verbunden sind. Ihr Auslastungsprofil entspricht wei-
testgehend dem Abnahmemuster für Strom, denn nachts und im Winter,
wenn der Strombedarf (z. B. durch Beleuchtung) größer ist, steigt mit der zu
diesen Zeiten regelmäßig höheren Windmenge auch die Stromproduktion.
In der regionalen Verteilung der installierten Windenergieleistung waren En-
de 2007 in den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg,
Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt ca. 75 % der Gesamtleistung in-
stalliert. In den südlichen Flächenländern werden zunehmend geeignete
19
Standorte bebaut. In Berlin als einzigem Bundesland wurde bis zum
31.12.2007 kein Strom aus Windenergie produziert (vgl. Übersicht31).
Abbildung 5 - Regionale Verteilung der installierten Windenergieleistung
Um die Ziele der Bundesregierung hinsichtlich des Anteils der EE an der Ge-
samtstromproduktion zu erreichen, ist es unabdingbar, die Produktion aus
Windkraftanlagen dynamisch weiterzuentwickeln und auszubauen. Da der
weitere Zubau von Windkraftanlagen an Land wegen der Standortfrage be-
grenzt ist, kommt der Erschließung der Potenziale auf See (Offshore-
Windenergienutzung) und des Austauschs älterer Kleinanlagen durch leis-
tungsstärkere größere Anlagen (Repowering) besondere Bedeutung zu.
Ältere kleinere Anlagen können durch den Einsatz moderner Technik, die
neben einer höheren Leistungsstärke auch einen ruhigeren und damit um-
weltentlastenden Betrieb ermöglichen.
3.2.3.4. Probleme bei der Realisierung
Die Realisierung eines Windkraftanlagenprojekts ist von vielen Faktoren ab-
hängig. Neben den wirtschaftlichen Aspekten sind die Belange des Umwelt-
schutzes zu beachten und Beeinträchtigungen für die Bevölkerung zu ver-
31 Quelle: Bundesministerium für Umweltschutz, Entwicklung der erneuerbaren Energien in
Deutschland im Jahr 2007 - Grafiken und Tabellen.
20
meiden. Um dies zu gewährleisten, sieht das Baurecht ein Genehmigungs-
verfahren vor, durch das die Verwaltung in die Lage versetzt werden soll,
Probleme die die Errichtung und der Betrieb einer Windkraftanlage mit sich
bringen kann, bereits im Vorfeld zu untersuchen und ggf. zu beseitigen.
Einige der vorgebrachten Kritikpunkte werden nachfolgend näher betrachtet.
„Wildwuchs“ von Windkraftanlagen
Häufig wird kritisiert, durch den Ausbau der Windenergie wüchsen Wind-
kraftanlagen „wild“ aus dem Boden, auch an ungeeigneten Standorten.
Um einen Wildwuchs zu vermeiden, haben die Kommunen die Möglichkeit,
im nach § 5 Baugesetzbuch (BauGB) aufzustellenden Flächennutzungsplan
Vorranggebiete für die Errichtung von Windenergieanlagen auszuweisen. Die
Ausweisung schließt eine Errichtung an anderen Orten aus. Die Gemeinde
darf dieses Steuerungsinstrument jedoch nicht zu einer Verhinderungspla-
nung verwenden, die Windenergienutzung praktisch ausschließt.32
In Ausschlussgebieten wie Naturschutzgebieten und Gebieten von besonde-
rer kultureller und historischer Wertigkeit dürfen keine Anlagen aufgestellt
und betrieben werden. Die Planung der WKA muss Landschafts- und Natur-
schutzbelange berücksichtigen. Die Störung der in den anliegenden Siedlun-
gen lebenden Menschen durch Schattenwurf und Schallemissionen darf be-
stimmte Grenzen nicht überschreiten.33 Die Einhaltung der entsprechenden
Regelungen wird in einem Genehmigungsverfahren nach dem Bundesim-
missionsschutzgesetz (BImSchG) geprüft.
Vogel- und Fledermausschutz
Durch die Errichtung von Windkraftanlagen in der Umgebung von Brut- und
Rastplätzen und von Seen und Feuchtgebieten sowie in der Nähe von Wäl-
32 Sog. „Feigenblatturteil“ des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2002, BVerwG 4 C
15.01. 33 Bundesverband WindEnergie e. V. (BWE): Publikation „Fakten zur Windenergie A-Z“,
August 2005, S. 32, 33.
21
dern besteht die Gefahr, das Zugvögel und Fledermäuse mit den Rotorblät-
tern kollidieren (Vogelschlag) oder gestört und vertrieben werden.
Naturschützer fordern daher bei der Ausweisung von Eignungsgebieten sol-
che Standorte in der Regel auszunehmen. Die zur Erreichung der Emissi-
onsziele erforderliche Steigerung der Windenergieleistung solle bei gleich-
bleibender Anzahl der Anlagen durch Repowering und Offshore-Windenergie
erreicht werden. Außerhalb der Eignungsgebiete gelegene Anlagen sollen
dabei abgebaut und an geeigneter Stelle errichtet werden.34
Studien belegen, dass die Beeinträchtigung von Rast-, Brut- und Zugvögeln
in der Nähe von Windkraftanlagen auf wenige Arten begrenzt ist, wogegen
andere Arten sogar die Nähe der WKA suchen. Weiterhin wurde festgestellt,
dass Häufungen von Todfunden an Windkraftanlagen nur an vereinzelten
Standorten auf Bergrücken und nahe großer Gewässer auftreten. Bundes-
weit rechnet der BUND mit durchschnittlich 0,5 toten Vögeln pro Anlage und
Jahr.35 36
Der Vorwurf, Windkraftanlagen seien „Vogelschredder“, kann demnach nicht
aufrecht erhalten werden.
Unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Landschafts- und Na-
turschutzes ist bei der Genehmigung von Windenergieanlagen jedoch si-
cherzustellen, dass Beeinträchtigungen der Lebensräume bedrohter Arten
und von Durchzugsgebieten weitgehend vermieden werden. Fehler der An-
fangszeit der Windenergienutzung, wie z. B. die Aufstellung an bedeutsamen
Rastplätzen von Vögeln vor allem in Küstenregionen, können durch ornitho-
logische Untersuchungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vermie-
den werden.
34 Naturschutzbund Deutschland e. V. -NABU-: Grundsatzprogramm Energie, S. 26, 27. 35 Naturschutzbund Deutschland e. V. -NABU-: Broschüre Windenergie und Vogelschutz, S.
10, 11. 36 Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE): Publikation „Fakten zur Windenergie A-Z“,
August 2005, S. 44.
22
Beeinträchtigung der Umgebung durch Schallentwicklung, Schattenwurf und
Diskoeffekt
Schallentwicklung
Nach der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA-Lärm) dürfen
bestimmte Grenzwerte für Geräuschpegel in Wohn-, Misch- und Gewerbe-
gebieten nicht überschritten werden. Um diese Grenzwerte einhalten zu kön-
nen, sind entsprechende Abstände bei der Errichtung einer WKA einzuhal-
ten.
Durch bessere Schalldämmung und optimierte Rotorblattformen sind moder-
ne Windturbinen weit weniger laut als ältere Anlagen. Zudem werden die von
ihr verursachten Geräusche durch Umgebungsgeräusche überlagert. Um
eine Baugenehmigung für die WKA zu erhalten, ist durch ein Gutachten die
Einhaltung der durch die TA-Lärm geforderten Grenzwerte nachzuweisen.
Schattenwurf
Der vom Rotor der WKA geworfene bewegliche Schatten darf auf in der Um-
gebung lebende Anwohner nicht unbegrenzt einwirken. Der Richtwert für die
maximal zulässige Schattenwurfdauer liegt bei 30 Minuten täglich und darf
30 Stunden im Jahr nicht überschreiten. Die Einhaltung dieser Richtwerte ist
ggf. durch ein Gutachten im Genehmigungsverfahren nachzuweisen.
Diskoeffekt
Als Diskoeffekt bezeichnet man Lichtreflexe an den Rotorblättern, die heute
durch Auftragen nichtreflektierender Farben unterbunden wird.37
Die genannten Probleme sind bekannt und werden von der Verwaltung im
Rahmen des Genehmigungsverfahrens untersucht und ggf. durch Auflagen
für den Anlagenbetreiber berücksichtigt. Die erteilte Genehmigung soll dem
Betreiber die zur Realisierung erforderliche Rechtssicherheit bringen. Investi-
37 Bundesverband WindEnergie e. V. (BWE): Publikation „Fakten zur Windenergie A-Z“,
August 2005, S. 33.
23
tionen in Millionenhöhe können nur getätigt werden, wenn die Umsetzung
und damit die wirtschaftliche Grundlage des Vorhabens gesichert sind. Aus
diesem Grund sind die Betroffenen an dem Genehmigungsverfahren zu
beteiligen, um Reibungspunkte bereits während des Verfahrens auszuräu-
men. Ist die Umweltverträglichkeit festgestellt und die Bau- und Betriebsge-
nehmigung erteilt worden, wird jedoch nicht selten durch Umweltverbände
und/oder Anlieger der Rechtsweg beschritten. Durch die Klageerhebung tritt
de facto eine aufschiebende Wirkung ein, denn eine Fertigstellung des Milli-
onenprojekts Windkraftanlage ohne Vorliegen einer unanfechtbaren Bau-
und Betriebsgenehmigung dürfte in der Regel ausscheiden. Der Antragsteller
und die Genehmigungsbehörde sollten daher im Rahmen des Genehmi-
gungsverfahrens für eine umfassende Beteiligung der möglichen Betroffenen
Sorge tragen, um Verzögerungen des Vollzugs der Entscheidung durch
Rechtswegbeschreitung zu vermeiden.
4. Zusammenfassung
Der Mensch hat durch seine Entwicklung seit Beginn der Industrialisierung
dem Klima unseres Planeten erhebliche Lasten aufgebürdet. Aus heutiger
Sicht kann nicht mehr bestritten werden, dass der Klimawandel durch
menschliche Eingriffe in die Erdatmosphäre maßgeblich verursacht wurde.
Die Ursachen sind erforscht und bei der Öffentlichkeit angekommen. Es
herrscht Klarheit darüber, dass die Folgen des anthropogenen Treibhausef-
fekts bereits heute nicht mehr reversibel, sondern allenfalls begrenzbar sind.
Trotzdem wird die Energiewende weiterhin bestenfalls zaghaft in Angriff ge-
nommen. Anstatt durch entschlossenes Handeln auf breiter Front so umfas-
send wie möglich den für alle schädlichen Folgen entgegenzutreten, wird die
Verantwortung von den Akteuren hin- und hergeschoben. Sei es aus Be-
quemlichkeit, die den Einzelnen daran hindert, sein Auto auch einmal stehen
zu lassen oder aus Profitgier, die die im großen Stil Treibhausgase emittie-
renden Unternehmen daran hindert, die Verringerung der Emissionsrechte zu
akzeptieren.
24
Durch die Politik werden Maßnahmen entwickelt, die bei konsequenter An-
wendung zumindest geeignet sind, die Erreichung der Reduktionsziele zu
fördern. Leider werden diese Maßnahmen mitunter aufgeweicht, um außer-
halb der Klimapolitik einzuordnende Interessen nicht zu beeinträchtigen.
Der Stand der bisherigen Ergebnisse der Bemühungen um Reduzierung der
Treibhausgasemissionen lässt befürchten, dass selbst die bescheidenen Zie-
le des Kyoto-Protokolls von zahlreichen Staaten nicht erreicht werden wird.
Andere Staaten erreichen das gesteckte Ziel möglicherweise nur durch Son-
dereffekte, so z. B. Deutschland, das seine Emissionen in den alten Bundes-
ländern sogar noch gesteigert hat und nur durch die nach dem Referenzjahr
1990 in Ostdeutschland erfolgten Veränderungen der Industrielandschaft
erreichen kann.
Was kommt nach 2012?
Die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels dürfen mit dem Auslau-
fen der im Kyoto-Protokoll vereinbarten Regelungen nicht enden. Selbst bei
Erreichen der bis zum Jahr 2012 gesetzten Reduktionsziele ist hiermit nur
ein erster Schritt gemacht. Die Vertragsstaaten der UNFCCC und die Teil-
nehmerstaaten des Kyoto-Prozesses befinden sich seit der 13. Klimakonfe-
renz 2007 in Bali in einem Verhandlungsprozess, der Ende 2009 auf der 15.
Klimakonferenz in Kopenhagen abgeschlossen werden soll. Ziel ist ein um-
fassendes Abkommen, das die langfristigen Ziele des Kyoto-Protokolls in die
Zeit nach 2012 transportiert und Grundlage für einen nachhaltigen und wir-
kungsvollen Klimaschutz ist. Hierbei sollen möglichst viele der Staaten, die
das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben, in das Nachfolge-Regime einge-
bunden werden. Insbesondere die USA, unter der republikanischen Regie-
rung von Präsident Bush nicht zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls bereit,
sollen nach dem Regierungswechsel unter dem neuen Präsidenten Obama
in den Prozess mit einbezogen werden. Der Erreichung dieses Ziels kommt
angesichts der Tatsache, dass die USA fast ein Viertel der weltweiten CO²-
Emissionen verursachen, eine zentrale Bedeutung zu.
25
Ein Schlüssel zur Erreichung der Energiewende ist der massive Ausbau des
Einsatzes erneuerbarer Energien. Sofern es gelingt, durch Energieeinspa-
rung und Energieeffizienzsteigerungen den Bedarf so weit abzusenken, dass
in rund 20 Jahren die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien stammt,
sind die Langfristziele zur Emissionsminderung möglicherweise erreichbar.
26
Die Theorie des Genehmigungsverfahrens (Mandy Wegner)
1. Einleitung
Wie die vorherigen Ausführungen gezeigt haben, gewinnt die Windenergie
immer mehr an Bedeutung. Doch wie gestaltet sich das Genehmigungsver-
fahren von Windkraftanlagen? Welche Vorschriften sind von Relevanz und
wie gestaltet sich ein genauer Ablauf des Verfahrens?
Um diese Fragen zu beantworten wird in diesem Abschnitt die Theorie näher
beleuchtet; sofern zweckmäßig aus Berliner Sicht. Es soll demnach u. a. ge-
klärt werden: Was ist das BImSchG und was beinhalten die dazugehörigen
Verordnungen? An welcher Stelle ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach
dem UVPG relevant und wie gestaltet sie sich?
2. Erläuterung der Rechtsgrundlagen
2.1. Bundesimmissionsschutzgesetz
Das Bundesimmissionsschutzgesetz ist das Gesetz zum Schutz vor schädli-
chen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschüt-
terungen und ähnliche Vorgänge. Es regelt Rechte und Pflichten der Beteilig-
ten (Anlagenbetreiber und Behörden) und differenziert in genehmigungsbe-
dürftige und nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen.38 Es trat am 1.4.1974 in
Kraft und findet derzeit in der geltenden Fassung vom 26.9.2002 (BGBl. I S.
3830), zuletzt am 23.10.2007 (BGBl. I S. 2470) geändert, Anwendung.
Auf dem Gebiet des Umweltrechts ist es wohl das bedeutendste Gesetz, da
es vor allem dem Umweltschutz dient.39
Gemäß Art. 74 GG steht dem Bund eine umfassende Kompetenz zur Rege-
lung des Immissionsschutzes zu.40 Im Bereich der genehmigungsbedürftigen
38 http://www.berlin.de/umwelt/aufgaben/laerm-begriffe-immschutz.html (letzter Abruf:
22.2.2009). 39 Vgl. Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz – Kommentar, 6. Aufl (2005), Einl. Rdnr. 7.
27
Anlagen beinhaltet das BImSchG eine abschließende Regelung. Demnach
steht den Ländern hier gemäß Art. 72 Abs. 1 GG keine eigene Regelungs-
kompetenz zu.41
Die Landesbehörden führen das BImSchG als eigene Angelegenheit aus.
Folglich können die Länder eigene entsprechende Behörden errichten und
das Verwaltungsverfahren durch Rechtsvorschriften selbst regeln.42
2.2. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BimSchV
Die 4. BImSchV wurde am 24.7.198543 erlassen und dient zum einen der
Umsetzung der Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und
Verminderung der Umweltverschmutzung sowie der Umsetzung der Richtli-
nie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung in das deutsche
Recht.44 Die Auslegung der Verordnung ergibt sich aus den Gesetzge-
bungsmaterialien.45
In der Rechtsverordnung wird u. a. geregelt, welche Anlagen genehmigungs-
bedürftig sind und in welchen bestimmten Fällen ein vereinfachtes Genehmi-
gungsverfahren ausreichend ist.
Windkraftanlagen werden im Anhang der 4. BImSchV unter der Ziffer 1.6 in
Spalte 2 aufgeführt. Demnach sind alle Windkraftanlagen mit einer Gesamt-
höhe von mehr als 50 m genehmigungspflichtig.46
40 Vgl. Jarass (Fn. 39), Einl. Rdnr. 43. 41 Vgl. Jarass (Fn. 39), Einl. Rdnr. 44 – 45. 42 Vgl. Jarass (Fn. 39), Einl. Rdnr. 53. 43 BGBl. I S. 1586; neugefasst am 14.3.1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert am
23.10.2007 (BGBl. I S. 2470). 44 Jarass (Fn. 39), § 4 Rdnr. 11. 45 Siehe hierzu BR-Drs. 413/84 und BR-Drs. 286/85. 46 Diese Änderung wurde am 20.7.2005 eingeführt. Zuvor bedurften Windfarmen von 3 - 5
Windkraftanlagen einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren und Windfarmen ab 6 Windkraftanlagen einer Genehmigung im förmlichen Genehmigung, Vgl. Regenfus, Rechtsprobleme bei der Errichtung von Windkraftanlagen, Jura – Juristische Ausbildung 4/2007, S. 279.
28
2.3. Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9. BimSchV
Die 9. BImSchV ist am 18.2.1977 (BGBl. I S. 274) ergangen und findet in der
Fassung der Bekanntmachung vom 29.5.1992 (BGBl. I S. 1001)47 Anwen-
dung.48 Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass dieser Rechtsverord-
nung findet sich in § 10 Abs. 11 BImSchG.
Diese Rechtsverordnung präzisiert das förmliche und das vereinfachte Ge-
nehmigungsverfahren und dient ebenfalls der unter Punkt 2.2. genannten
Richtlinien.
2.4. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ist in Deutsch-
land die rechtliche Grundlage für die im Rahmen des immissionsschutzrecht-
lichen Genehmigungsverfahrens ggf. durchzuführende Umweltverträglich-
keitsprüfung. Es stammt aus dem Jahr 1990 und wurde zuletzt 2005 umfas-
send geändert. Demnach findet es derzeit in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 25.6.2005 (BGBl. I S. 1757), zuletzt geändert am 22.12.2008
(BGBl. I S. 2986), Anwendung. Das UVPG setzt vor allem die UVP-Richtlinie
der EU um. Die Richtlinie definiert u. a. die Verfahrensschritte der UVP.49
2.5. Bundesnaturschutzgesetz
Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wird auch Gesetz über Natur-
schutz und Landschaftspflege genannt. Es wurde am 25.3.2002 (BGBl. I S.
1193) erlassen und zuletzt am 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986) geändert. Das
Gesetz beinhaltet in § 2 seine Grundsätze, welche die Ziele des Naturschut-
zes verwirklichen sollen. Demnach sind u. a. nicht erneuerbare Naturgüter,
sparsam und schonend zu nutzen, schädliche Umwelteinwirkungen gering zu
halten und Beeinträchtigungen des Klimas zu vermeiden. Das Gesetz räumt
dem Aufbau der zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien besondere
Bedeutung ein (Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG).
47 Zuletzt geändert am 14.8.2003 (BGBl I 1614). 48 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 5. 49 Vgl. http://www.bmu.de/umweltvertraeglichkeitspruefung/kurzinfo/doc/6361.php (letzter
Abruf: 21.2.2009).
29
3. Das Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen
3.1. Allgemeines
Mit Änderung der 4. BImSchV zum 1.7.2005 wurde das Genehmigungsver-
fahren für Windkraftanlagen neu geregelt. Grundlage für diese Änderung war
das sogenannte „Windfarm-Urteil“ des Bundesverwaltungsgerichts50 sowie
eine von Brandenburg ausgehende Bundestagsinitiative zur Regulierung der
zweigleisigen Zuständigkeitsregelung nach altem Recht.51 Demnach bedür-
fen nun einzelne Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m
einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Das Verfahren richtet sich
entsprechend nach dem BImSchG samt seiner ergänzenden Verordnungen.
Lediglich bei Windkraftanlagen bis zu einer Gesamthöhe von 50 m reicht ei-
ne baurechtliche Genehmigung aus.52
Im Weiteren soll auf die Darstellung des Verwaltungsverfahrens für die Er-
richtung von Windkraftanlagen bis zu einer Gesamthöhe von 50 m verzichtet
werden. Dies wird damit begründet, dass es sich bei der Windkraftanlage in
Berlin um eine mehr als 3 x so hohe Anlage handelt und das Verfahren eben
dieser kleineren WKA für diesen Exkursionsbericht nicht von Relevanz zu
sein scheint. Zu alledem soll der Rahmen dieser Hausarbeit nicht unnötig
vergrößert werden.53
Doch was für einen Zweck und welche Bedeutung kommt dem Genehmi-
gungsverfahren nach dem BImSchG zu?
Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren „dient einem nach-
haltigen Ausgleich der beteiligten Interessen“54. Daher übernimmt die Ge-
50 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2004 (Az.: 4 C 9.03); abrufbar unter
http://www.bundesverwaltungsgericht.de/media/archive/2154.pdf (letzter Abruf: 11.2.2009).
51 Vgl. BR-Drucks. 96/05, sowie http://www.wind-energie.de/fileadmin/dokumente/Gesetze/ hg_tigges_bimsch.pdf (letzter Abruf: 11.2.2009).
52 Vgl. BR-Drucks. 96/05 S. 5. 53 Entsprechende Informationen zu dem Genehmigungsverfahren von WKA bis zu einer
Gesamthöhe von 50 m können z. B. aus der gutachterlichen Stellungnahme der Herren Prof. Dr. Gerd Ketteler und Prof. Dr. Edmund Beckmann zu aktuellen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen entnommen werden. (abrufbar unter http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_I/I.5/PBGD/ Ausar-beitungen_14._Wahlperiode/20052006/Windkraft.pdf; letzter Abruf: 11.2.2009).
54 Pütz/Buchholz, Anzeige- und Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissions-schutzgesetz, 7. Aufl. (2003), S. 6.
30
nehmigungsbehörde nicht nur Verantwortung für die Bevölkerung sondern
auch der Wirtschaft gegenüber.55
So drückt Immissionsschutz auf der einen Seite die Verringerung von Emis-
sionen bis auf das Maß aus, wie es zum „Schutz der Bevölkerung und zur
Gewährleistung vernünftiger Umweltbedingungen notwendig ist“56. Ferner
kommt dem BImSchG neben seiner immissionsschutzrechtlichen Bedeutung
(Schutz vor Luftverunreinigung und gegen Lärm) auch Bedeutung für den
Gesundheits-, Arbeits-, Feuer- und Gefahrenschutz (§ 6 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG), für die städtebauliche Planung und für den Bodenschutz zu.57
Auf der anderen Seite stehen die Errichtung und die Inbetriebnahme einer
Anlage unter einem Genehmigungsvorbehalt. Folglich kann dem Genehmi-
gungsverfahren eine Doppelfunktion zugeordnet werden. Zum einen findet
eine behördliche Einflussnahme auf den Standort einer Anlage statt. Zum
anderen nimmt die Genehmigungsbehörde auf das Ausmaß der durch die
Anlage voraussichtlich hervorgerufenen Emissionen Einfluss, indem sie die
Bauweise, das technische Verfahren und die Betriebsweise beeinflusst.58 Die
erteilte bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Genehmigung bietet den
Anlagenbetreibern aber ein hohes Maß an Rechtssicherheit.59
3.2. Voraussetzungen für die Genehmigung (§ 6 BImSchG)
§ 6 des BImSchG enthält die Voraussetzungen für die Genehmigung ge-
nehmigungsbedürftiger Anlagen. Demnach besteht ein Anspruch auf Ertei-
lung einer entsprechenden Genehmigung, wenn sichergestellt ist, dass der
Betreiber seine Pflichten im Sinne von §§ 5, 7 BImSchG erfüllt (§ 6 Abs. 1 Nr.
1 BImSchG) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des
Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegen-
stehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).60 Das EEG hat keine Auswirkungen auf
die Genehmigungsvoraussetzungen.61
55 Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 15. 56 Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 14. 57 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 13. 58 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 13. 59 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 6. 60 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 27. 61 Vgl. http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_I/I.5/PBGD/Ausarbeitungen_14._Wahl
periode/20052006/Windkraft.pdf (letzter Abruf: 11.2.2009).
31
3.2.1. Genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des BImSchG?
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gelten die Vorschriften des BImSchG für
die Errichtung und den Betrieb von Anlagen. Folglich sollte zunächst erläutert
werden, was unter einer Anlage im Sinne des BImSchG verstanden wird.
Hierzu dient § 3 Abs. 5 BImSchG. Demnach versteht man unter einer Anlage
eine ortsfeste Einrichtung, eine ortsveränderliche technische Einrichtung
oder ein Grundstück mit einer emittierenden Nutzung.62 Windkraftanlagen
können konkret und unstreitig als Anlagen im Sinne des
§ 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG63 gesehen werden.
In seiner Legaldefinition bestimmt § 4 Abs. 1 BImSchG wann die Errichtung
und der Betrieb von Anlagen einer Genehmigung bedürfen. Es stellt sich
demnach im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Frage, was „geneh-
migungsbedürftige Anlagen“ sind. Anlagen sind im Sinne des § 4 Abs. 1
BImSchG genehmigungsbedürftig, wenn sie „auf Grund ihrer Beschaffenheit
oder ihres Betriebes in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Um-
welteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit
oder die Nachbarschaft (..) gefährden, erheblich (..) benachteiligen oder er-
heblich (..) belästigen“. Weiterhin kann die Bundesregierung durch Rechts-
verordnung die Anlagen näher bestimmen, welche einer Genehmigung be-
dürfen (= genehmigungsbedürftige Anlagen).64 Demnach regelt die 4.
BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen), dass gemäß
§ 1 Abs. 1 die im Anhang der Rechtsverordnung genannten Anlagen einer
Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb bedürfen.65 Im Anhang
selbst wird unterschieden in Anlagen der Spalte 1 und Spalte 2. Die Zuord-
nung zu den Spalten in Verbindung mit § 2 der
4. BImSchV regelt die Zuordnung zu den Arten des Genehmigungsverfah-
rens. Der Begriff der Windkraftanlage wird in Spalte 2 unter Ziffer 1.6 des
Anhangs der 4. BImSchV genannt. Demnach ergibt sich hieraus die Geneh-
62 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 4 Rdnr. 13. 63 Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen. 64 Vgl. § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG. 65 Im Sinne dieses Absatzes wird auch erwartet, dass die Anlage länger als 12 Monate seit
Inbetriebnahme an demselben Ort betrieben wird. Für Windkraftanlagen scheint dieser Teil irrelevant, da die Anlage in der Regel dauerhaft an dem gleichen Ort verbleibt.
32
migungspflicht für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50
m, weil diese zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des
BImSchG gehören.
3.2.2. Pflichten des Betreibers (§§ 5, 7 BImSchG)
Aus § 5 Abs. 1 BImSchG ergeben sich für den Betreiber einer genehmi-
gungsbedürftigen Anlage die sogenannten „Grundpflichten“66.
Die Grundpflichten selber kann man differenzieren in die sogenannten
Schutz- bzw. Gefahrenabwehrpflichten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG und in die Vorsorgepflicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG.67 Die Abwehrpflichten nach Nr. 1 sollen gewährleisten, dass von
der Anlage keine „schädliche(n) Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren,
erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und
die Nachbarschaft (..) hervorgerufen werden“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).
Bei der Vorsorgepflicht hat der Anlagenbetreiber „Vorsorge gegen schädliche
Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und er-
hebliche Belästigungen“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) zu treffen. Die Vorsorge
soll durch Maßnahmen gewährleistet werden, die dem Stand der Technik68
entsprechen. Daher wird diese Pflicht auch als dynamische Pflicht bezeich-
net, weil sich die Anlage stets dem neuesten technischen Stand anpassen
sollte.
Die Ausführungen zeigen, dass die Grundpflichten zum einen während der
Errichtungsphase als auch während der gesamten Zeit der Betreibung der
Anlage gelten. So kann man zusammenfassend auch von sogenannten
„Dauerpflichten“ des Betreibers sprechen, die gewährleisten sollen, dass die
Anlage während ihrer gesamten Lebensdauer den gesetzlichen Vorschriften
entspricht.69
Unter schädlichen Umwelteinwirkungen versteht man Emissionen. Emissio-
nen wiederum sind u. a. Luftverunreinigungen, Geräusche, Licht, Wärme und
66 Jarass (Fn. 39), § 6 Rdnr. 5. 67 Jarass (Fn. 39), § 5 Rdnr. 6, 46. 68 Ausführlich hierzu Jarass (Fn. 39), § 3 Rdnr. 93 – 107. 69 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 69.
33
andere, welche an der Quelle erhoben werden.70 Von den von der Anlage
ausgehenden Emissionen müssen Immissionen mitverursacht werden. Hier
ist dasselbe, wie bei Emissionen gemeint, nur das eben Immissionen am Ort
des Einwirkens erhoben werden und hier auf die Gesamtbelastung abzustel-
len ist.71
Bei Windkraftanlagen können unter anderem Lärmimmissionen, der Schat-
tenwurf (vgl. Diskoeffekt) oder Eiswurf eine Rolle spielen.72
3.2.3. Andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des
Arbeitsschutzes
Der Errichtung und dem Betrieb dürfen andere öffentlich-rechtliche Vorschrif-
ten und Belange des Arbeitsschutzes nicht entgegenstehen. „Nicht entge-
genstehen“ ist gleichzusetzen mit „sichergestellt sein“. Demnach dürfen kei-
ne Zweifel an der Einhaltung dieser Vorschriften bestehen.73
Unter anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften kann man unter anderem
das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verstehen. So stellt die Errich-
tung einer genehmigungsbedürftigen Anlage in der Regel einen Eingriff im
Sinne des § 18 BNatSchG dar, der unter bestimmten Voraussetzungen dazu
führen kann, dass eben jene öffentlich-rechtliche Vorschrift der Genehmi-
gungserteilung entgegensteht.74
Die besondere Hervorhebung der Belange des Arbeitsschutzes dient vor al-
lem dem Schutz des Arbeitnehmers. Dieser arbeitet direkt an/in der Anlage
und ist somit auch unmittelbar von den schädlichen Wirkungen der Anlage
betroffen.75 So sind u. a. §§ 120a ff GewO und die ArbeitsstättenVO zu be-
achten.76
3.3. Zuständigkeitsregelung
70 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 5 Rdnr. 11, 15. 71 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 5 Rdnr. 15. 72 Vgl. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/50157/inf02_3.pdf
?command =downloadContent&filename=inf02_3.pdf&FIS=200 (letzter Abruf: 22.2.2009). 73 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 6 Rdnr. 8 – 10. 74 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 6 Rdnr. 15 – 15a. 75 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 27. 76 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 6 Rdnr. 24.
34
Für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens und letztlich auch für die
Entscheidung über die Genehmigung ist allgemein die Genehmigungsbehör-
de zuständig. Im nachfolgenden erfolgt daher eine genauere Bestimmung
eben dieser für das Land Berlin:
Die sachliche Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde in Berlin ergibt aus
dem Gesetz über die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden77. Bei Durchsicht
dieses Zuständigkeitskataloges ergibt sich, dass die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umweltschutz78, das Landesamt für Arbeitsschutz,
Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin79 und die Bezirksämter80
für die Ordnungsaufgaben nach den Immissionsschutzgesetzen zuständig
sein können.
Die Bezirksämter – speziell die Umweltämter - sind lediglich für den Vollzug
des BImSchG im Bereich der nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen zu-
ständig. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG sind
Anlagen, welche nicht in der Anlage zur 4. BImSchV aufgeführt sind.81
Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Si-
cherheit Berlin übernimmt lediglich den Vollzug des BImSchG im Bereich der
genehmigungsbedürftigen Anlagen für Feuerungsanlagen sowie Anlagen auf
Kraftwerksgeländen.82
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz ist
folglich für genehmigungsbedürftige Anlagen, welche in der Anlage zur 4.
BImSchV verzeichnet sind und nicht der Sonderzuständigkeit des Landesam-
tes zufallen, zuständig. Da Windkraftanlagen in der Anlage der 4. BImSchV
unter Ziffer 1.6 Spalte 2 aufgeführt werden, sind sie demnach genehmi-
gungsbedürftige Anlagen, welche nicht als Feuerungsanlagen oder Anlagen
auf Kraftwerksgeländen gelten. Folglich ist in Berlin die Senatsverwaltung
Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz die zuständige Genehmigungs-
behörde.
77 Vom 19.7.1994 (GVBl. 241). 78 Siehe Anlage ASOG Nr. 10 Abs. 3 ZustKatOrd. 79 Siehe Anlage ASOG Nr. 24 Abs. 3 ZustKatOrd. 80 Siehe Anlage ASOG Nr. 15 Abs. 1 Nr. c, 18 Abs. 1 und 2 ZustKatOrd. 81 Vgl. Fn. 38. 82 Vgl. Fn. 38.
35
Die Örtliche Zuständigkeit ergibt sich generell aus § 3 VwVfG. 83 Da wie oben
erwähnt die Senatsverwaltung zuständig ist, ist es unabhängig in welchem
Bezirk die Windkraftanlage errichtet werden soll, da die Senatsverwaltung die
entsprechende Regelungshoheit besitzt.
3.4. Umweltverträglichkeitsprüfung
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des UVPG ist ein unselbststän-
diger Verfahrensabschnitt (Vgl. § 1 Abs. 2 der 9. BImSchV,
§ 2 Abs. 1 S. 1 UVPG).84
Wann eine solche Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach
dem BImSchG für Windkraftanlagen erforderlich wird, ist aus der Anlage 1
(Liste "UVP-pflichtige Vorhaben") des UVPG ersichtlich. Windkraftanlagen
werden unter Nr. 1.6 der Anlage 1 genannt. Es ist hierbei zu beachten, dass
im Rahmen dieser Differenzierung immer von Windkraftanlagen mit einer
Gesamthöhe von 50 m – wie auch in der 4. BImSchV – die Rede ist.
Man kann in eine unbedingte und in eine bedingte UVP-Pflicht differenzieren.
So bedeutet eine unbedingte UVP-Pflicht, dass für diese Anlagen immer eine
UVP ohne jedwede Vorprüfung erforderlich ist. Bei bedingter UVP-Pflicht
entscheidet eine Vorprüfung darüber, ob eine UVP aufgrund der denkbaren
erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen erforderlich wird.85 Die Vor-
prüfung wird auch „Screening“ genannt. Nachfolgende Grafik soll den Ablauf
einer Vorprüfung der Einfachheit halber darstellen:
83 Vgl. Jarass (Fn. 39), Einl. Rdnr. 57. 84 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 14. 85 Vgl. http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/anw_uvp_vorschriften.pdf
(letzter Abruf: 22.2.2009).
36
Abbildung 6 - Ablauf der Vorprüfung bei bedingter UVP-Pflicht
86
Für Windkraftanlagen ergibt sich folgende Differenzierung:
Soll eine Windfarm87 mit 20 oder mehr Windkraftanlagen errichtet werden, ist
das Vorhaben immer UVP-pflichtig (§ 3b UVPG). Soll hingegen eine Wind-
farm einen Umfang von mindestens 6 aber weniger als 20 Windkraftanlagen
errichtet werden, hat eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erfolgen, wenn
im Rahmen einer allgemeinen Vorprüfung die Behörde zu der Einschätzung
kommt, dass „unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Krite-
rien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12
zu berücksichtigen wären“88. Bei der Errichtung einer Windfarm mit mindes-
tens 3 aber weniger als 6 Windkraftanlagen ist eine Umweltverträglichkeits-
prüfung durchzuführen, wenn im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung
86 Entnommen aus http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/vorpr_uvp_
pflicht.pdf (letzter Abruf: 23.2.2009). 87 Was man unter einer Windfarm versteht, siehe Urteil des BVerwG vom 30.6.2004 (4 C
9.03). 88 § 3c S. 1 UVPG.
37
des Einzelfalls die zuständige Behörde feststellt, dass „trotz der geringen
Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Ge-
gebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien
erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind“89. Es lässt aus
den gemachten Ausführungen darauf schließen, dass für die Errichtung von
einer oder zwei Windkraftanlagen keine spezielle Umweltverträglichkeitsprü-
fung im Sinne des UVPG erforderlich wird.
Die grundlegenden Ziele der UVP sind die Vermeidung von Umweltschäden
im Voraus, die frühzeitige und ganzheitliche Erfassung von Umweltauswir-
kungen sowie das Erreichen einer besseren Entscheidungsvorbereitung und
die Schaffung eines transparenteren Genehmigungsverfahrens. Um diese
Ziele zu erreichen, ist die UVP ein systematisches Prüfungsverfahren, bei
dem die eventuellen Umweltsauswirkungen, welche von der Anlage ausge-
hen können, ermittelt, beschrieben und bewertet werden.90 Inhaltlich werden
alle Auswirkungen einer Anlage auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden,
Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie
die Wechselwirkungen zwischen den genannten Schutzgütern (Vgl. § 1a der
9. BImSchV) erfasst. Eine UVP kann demnach auch als „Umwelt-
Vorhersage“91 bezeichnet werden.
Eine UVP führt nicht zu der Genehmigung einer Anlage. Vielmehr berück-
sichtigt die Genehmigungsbehörde nur die Ergebnisse jener UVP bei ihrer
Entscheidungsfindung.92
Ferner ist zu erwähnen, dass eine UVP-Pflicht eine Öffentlichkeitsbeteiligung
fordert (Vgl. § 9 UVPG). Eine genehmigungsbedürftige Anlage, für welche
das vereinfachte Verfahren genügt, bedarf aufgrund der UVP-Pflicht nun-
mehr eines Verfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung, vergleichbar eines
förmlichen Verfahren. Der Ablauf einer UVP im immissionsschutzrechtlichen
89 § 3c S. 2 UVPG. 90 UVP-Gesellschaft e. V., Umweltverträglichkeitsprüfung – Information für die interessierte
Öffentlichkeit (2006), S. 4. 91 UVP-Gesellschaft e. V. (Fn. 90), S. 3. 92 UVP-Gesellschaft e. V. (Fn. 90), S. 5.
38
Genehmigungsverfahren soll nachfolgende Abbildung verdeutlichen, es sei
ferner auf die Ausführungen unter Punkt 3.5.3. an dieser Stelle verwiesen:
Abbildung 7 - Ablauf UVP im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
93
93 Entnommen aus http://www.umweltschutz-bw.de/?lvl=112 (letzter Abruf: 23.2.2009).
39
3.5. Die Arten des Genehmigungsverfahrens
3.5.1. Allgemeines
Regelungen zu immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren finden
sich in §§ 10 und 19 BImSchG wieder. Daneben enthält die 9. BImSchV wei-
tere Hinweise zu den Genehmigungsverfahren.94 Zu beachten ist ferner das
geltende Verwaltungsverfahrensgesetz, welches subsidiär gilt.95
3.5.2. Das vereinfachte Verfahren im Sinne des § 19 BimSchG
Sinn des § 19 BImSchG ist die Vermeidung von unangemessenen Verwal-
tungsaufwand sowie der unnötigen Belastung des Antragstellers. Es besteht
hier ein rein duales Verhältnis zwischen dem Antragsteller und der Genehmi-
gungsbehörde.96 Die Bundesregierung hat im Sinne von § 19 Abs. 1
BImSchG durch den Erlass der 4. BImSchV geregelt, das für Windkraftanla-
gen grundsätzlich ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzuführen
ist. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Antragsteller die „Option des
förmlichen Verfahrens“97 gemäß § 19 Abs. 3 BImSchG hat. Eine Grafik soll
vorab den Verfahrensablauf darstellen:
Abbildung 8 - Das vereinfachte Verfahren98
Das Genehmigungsverfahren beginnt mit der schriftlichen Antragstellung
(Vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 BImSchG) bei der Genehmigungsbehörde (Vgl. § 2
Abs. 1 der 9. BImSchV). Der Antragsteller ist im Sinne der 9. BImSchV stets
94 Hier wird auf die Ausführungen im Punkt 2.3. dieser Arbeit verwiesen. 95 Näheres hierzu Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 9. 96 Brandt, Rechtswissenschaften (2001), S. 116. 97 Jarass (Fn. 39), § 19 Rdnr. 9. 98 Entnommen aus http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/umwelt/immi/ schu-
lung-t1.ppt (letzter Abruf: 23.2.2009).
40
der „Träger des Vorhabens“99, also derjenige, welcher die Anlage „im eige-
nen Namen und in eigener Verantwortung die Anlage errichten und/oder
betreiben will“100. In Berlin werden u. a. zur Verfahrensvereinfachung auf der
Internetseiten der Genehmigungsbehörde Vordrucke bereitgestellt.101 Die
Genehmigungsbehörde hat den Antragsteller vor der Einreichung der An-
tragsunterlagen ausführlich zu beraten und ihm u. a. zu erläutern, welche
Antragsunterlagen bei Antragsstellung vorgelegt werden müssen (Vgl. § 2
Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV). So sind neben dem Genehmigungsantrag z. B.
folgende Unterlagen einzureichen:
� Topografische Karte
� Bauvorlagen (u. a. Bauzeichnungen, Brandschutzkonzept)
� Anlagen- und Betriebsbeschreibung
� Immissionsprognose
� zusätzliche Unterlagen zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (Vgl. §
4e der 9. BImSchV).
Liegen sämtliche Antragsunterlagen vor, ist dem Antragsteller schriftlich eben
jene Vollständigkeit der Antragsunterlagen von Seiten der Genehmigungsbe-
hörde zu bestätigen. Ihm sind des Weiteren der Verfahrensablauf und die zu
beteiligenden Behörden mitzuteilen (Vgl. § 7 Abs. 2 der 9. BImSchV).
Die Beteiligung anderer Behörden ist ein wesentlicher Bestandteil des im-
missionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Zu erwähnen ist hier
die von § 13 BImSchG ausgehende Konzentrationswirkung. Mit der Konzent-
rationswirkung ist gemeint, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmi-
gung nach dem BImSchG alle die anderen, die Anlage betreffenden behörd-
lichen Entscheidungen mit einschließt (öffentlich rechtliche Genehmigungen,
Zulassungen, Erlaubnisse, Bewilligungen).102 Demnach hat die Genehmi-
99 § 2 Abs. 1 der 9. BImSchV. 100 Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 19. 101 Siehe http://www.berlin.de/sen/umwelt/immissionsschutz/formulare/index.shtml
(letzter Abruf: 22.2.2009). 102 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 13 Rdnr. 1 sowie Abgh.-Drs. 16/10871.
41
gungsbehörde die Behörden zu beteiligen, welche in deren Aufgabenbereich
durch das Vorhaben berührt werden (§ 10 Abs. 5 BImSchG).103
Die Beteiligung erfolgt durch die sternenförmige Zuleitung der gesamten An-
tragsunterlagen an die zu beteiligenden Stellen:
Abbildung 9 - Beteiligung weiterer Behörden
Mit der Zuteilung erfolgt die Aufforderung innerhalb eines Monats eine schrift-
liche Stellungnahme abzugeben. Die Behörden sollen u. a. auf der Grundla-
ge der vorliegenden Unterlagen entscheiden, ob die Anlage den öffentlich-
rechtlichen Vorschriften entspricht und ob sie ohne erhebliche Nachteile, Ge-
fahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft be-
trieben werden kann.104
Über den Antrag im vereinfachten Verfahren hat die Genehmigungsbehörde
generell innerhalb einer Frist von 3 Monate zu entscheiden (Vgl. § 10 Abs. 6a
BImSchG). Sie trifft ihre Entscheidung, wenn alle die für die Errichtung und
den Betrieb der Anlage erforderlichen Genehmigungsvoraussetzungen ge-
mäß § 6 BImSchG vorliegen. Ein positiver Bescheid ist zu erwarten, wenn
feststeht, dass die Anlage den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht
103 Dies können u. a. die Naturschutzbehörde, die Bauaufsichtsbehörde, die Lärmschutzbe-
hörde, die Wasserschutzbehörden und/oder die Stadtplanungsbehörde sowie weitere sein. Welche Behörden im speziellen Einzelfall der Windkraftanlage Pankow beteiligt wurden, wird im Abschnitt IV. dieser Arbeit näher erläutert.
104 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 331.
42
und von ihr keine Umweltauswirkungen für Betroffene ausgehen.105 Der Ge-
nehmigungsbescheid ist schriftlich nebst Nebenbestimmungen, Begründung
und Rechtsbehelfsbelehrung zu erlassen.
3.5.3. Das förmliche Verfahren im Sinne des § 10 BimSchG
Das förmliche Verfahren kommt bei Windkraftanlagen nur zur Anwendung,
wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Wann dies gegeben
ist, wurde bereits im Punkt 3.4. näher erläutert.
Das förmliche Verfahren findet seine Rechtsgrundlage in § 10 BImSchG und
wird durch die 9. BImSchV konkretisiert.106 Aufgrund vieler Gemeinsamkeiten
der beiden Verfahren kann im Wesentlichen auf die Ausführungen des vo-
rangegangen Punktes verwiesen werden und im nachfolgenden nur die Un-
terschiede erläutert werden, auch um Wiederholungen zu vermeiden. Jedoch
soll auch hier das Verfahren vorab zusammenfassend grafisch dargestellt
werden:
Abbildung 10 - Das förmliche Verfahren
107
105 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 332. 106 Vgl. Brandt (Fn. 96), S. 116. 107 Entnommen aus http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/umwelt/immi/ schu-
lung-t1.ppt (letzter Abruf: 23.2.2009).
43
Im Rahmen des förmlichen Verfahrens hat die Genehmigungsbehörde inner-
halb einer Frist von 7 Monaten über den Antrag zu entscheiden (Vgl. § 10
Abs. 6a S. 1 BImSchG). In besonderen Fällen ist eine Fristverlängerung sei-
tens der Genehmigungsbehörde von 3 Monaten möglich (Vgl. § 10 Abs. 6a
S. 2 – 3 BImSchG).
Das Kernstück des förmlichen Verfahrens bildet jedoch die Öffentlichkeitsbe-
teiligung, welche der Information der Behörde aber auch der Bürger bzw.
Betroffenen dient. Die Öffentlichkeitsbeteiligung hat vier wesentliche Be-
standteile:
� die Bekanntmachung des Vorhabens
� die Auslage der Antragsunterlagen
� die Einwendungen Dritter und
� der durchzuführende Erörterungstermin.108
Als erster Schritt der Öffentlichkeitsbeteiligung hat die Genehmigungsbehör-
de die Antragstellung öffentlich bekanntzugeben (Vgl. § 10 Abs. 3 S. 1
BImSchG). Dies geschieht in der Regel in einem amtlichen Veröffentli-
chungsblatt (z. B. Amtsblatt Berlin) sowie im Internet (www.berlin.de)
und/oder in gängigen Tageszeitungen109. Durch diese Arten der Bekanntga-
be der Antragstellung soll gewährleistet werden, dass ein breiter Kreis von
Bürgern von dem Vorhaben erfährt und sich somit für sie die Möglichkeit er-
öffnet am Verfahren in Form von Einwendungen beteiligt zu sein.110
Die wichtigsten Inhalte der Bekanntmachung im Sinne des § 10 Abs. 4
BImSchG sind:
� Angabe des Einsichtsortes und der Zeit/Dauer der Möglichkeit der
Einsichtnahme in die Antragsunterlagen
� Aufforderung Einwendungen vorzubringen
� Bestimmung eines Erörterungstermins.
108 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 59. 109 Nach Aussage der zuständigen Genehmigungsbehörde, wird hiervon auf Grund der Kos-
ten nur noch selten Gebrauch gemacht; Vgl. Gespräch mit der zuständigen Sachbearbei-terin (Frau Schulze) aus der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucher-schutz vom 28.1.2009.
110 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 150.
44
Im Sinne von § 11 der 9. BImSchV sind spätestens gleichzeitig mit der Be-
kanntmachung die anderen Behörden zu beteiligen. Vergleiche hierzu das
vereinfachte Verfahren und die entsprechende Grafik.
Im weiteren Verlauf der Öffentlichkeitsbeteiligung werden die entsprechen-
den Unterlagen gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG für einen Monat (Ausle-
gungsfrist) ausgelegt. Hierzu zählen:
� die Antragsunterlagen111
� eine Kurzbeschreibung der Anlage gemäß § 4 Abs. 3 der 9.
BImSchV112 vom Antragsteller sowie
� bei UVP-pflichtigen Anlagen die zur Durchführung der UVP zusätzlich
beigefügten Unterlagen (Vgl. § 10 Abs. 1 der 9. BImSchV).
In Berlin erfolgt die Auslage in der Regel bei der Genehmigungsbehörde
selbst und dem Umweltamt des von der Errichtung der WKA betroffenen Be-
zirks.113 Die Einsichtnahme ist somit an allen behördlichen Arbeitstagen in
den üblichen Arbeitzeiten möglich. Generell darf keine Beschränkung der
Einsichtnahme auf bestimmte Wochentage und/oder Kernarbeitszeiten erfol-
gen.114 Jedem wird somit die Möglichkeit gegeben persönlich Einsicht in die
Antragsunterlagen zu nehmen (Jedermannprinzip)115.
Um letztendlich aber auch am Verfahren beteiligt zu werden, muss man Ein-
wendungen erheben. Von diesem Recht kann jedermann bis zwei Wochen
nach Ablauf der Auslegungsfrist Gebrauch machen. Einwendungen sind „je-
de Art von Bedenken“, welche jedoch substantiiert vorgebracht werden müs-
sen. Mit dieser Modifikation des Verfahrens sollen vornehmlich Drittbetroffe-
ne die Möglichkeit erhalten, Abwehransprüche gegen das Vorhaben anzu-
melden.116
111 Unterlagen, welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten sind hiervon ausge-
nommen. Jedoch entscheidet die Genehmigungsbehörde darüber, was geheimnisbedürf-tig ist und nicht der Antragsteller; Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 156 – 157.
112 Diese sollte leicht verständlich geschrieben sein und auf die voraussichtlichen Auswir-kungen auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft eingehen. Ein Muster findet sich in Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 152.
113 Bestätigt im Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Se-natsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009.
114 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 152. 115 Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 168. 116 Vgl. Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 153.
45
Die Einwendungen sind gem. § 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG schriftlich zu erhe-
ben und müssen bei der Genehmigungsbehörde eingehen/eingereicht wer-
den. Ab diesem Zeitpunkt sind die Einwender nunmehr Beteiligte im immissi-
onsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.
Verspätet vorgebrachte Einwendungen – also nach Ablauf der Einwendungs-
frist – können für das Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden (Vgl. § 10
Abs. 3 S. 3 BImSchG). Man spricht hier von der sogenannten Präklusion.
Formell führt die Präklusion dazu, dass der Einwender jedweden ihm im Er-
örterungstermin zustehenden Anspruch verliert. Das bedeutet, dass er weder
seine Bedenken erläutern noch sich zu Wort melden darf.117 Die materielle
Präklusion bedeutet, dass die erteilte Genehmigung nicht mehr mit Rechts-
mitteln, wie Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, angegriffen werden
kann.118
Hatten die Bürger die Möglichkeiten der Einsichtnahme in die Antragsunter-
lagen und der Erhebung von Einwendungen, ist nach Ablauf der Einwen-
dungsfrist ein Erörterungstermin im Sinne des § 10 Abs. 6 BImSchG anzube-
raumen. Die Genehmigungsbehörde hat nach pflichtgemäßem Ermessen
einen Termin zu bestimmen, welcher es allen Beteiligten ermöglicht, daran
teilzunehmen. Demnach sollte der Termin in der Nähe des Standorts und in
Abendstunden stattfinden.119
In dem Erörterungstermin werden die gegen das Vorhaben erhobenen Ein-
wendungen mit allen Beteiligten diskutiert. Jedem einzelnen Einwender wird
so die Möglichkeit gegeben seine schriftlich formulierten Einwendungen im
mündlichen Vortrag näher zu erläutern und mit dem Antragsteller und der
Genehmigungsbehörde im Dialog zu klären. Es sei jedoch erwähnt, dass nur
die Einwendungen erörtert werden, welche auch von Bedeutung für das Ge-
nehmigungsverfahren sind (Vgl. § 14 Abs. 1 der 9. BImSchV). Dies sind vor-
rangig solche, die für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen rele-
vant sein könnten und nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen (Vgl. § 10
Abs. 6 S. 2 BImSchG, § 15 der 9. BImSchV).
117 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 90. 118 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 93 – 98. 119 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 80.
46
Der Erörterungstermin ist öffentlich (Vgl. § 18 Abs. 1 der 9. BImSchV). Öf-
fentlich bedeutet, dass jeder daran teilnehmen kann, wie z. B. Presse und
Außenstehende. Geleitet wird der Erörterungstermin von einem Verhand-
lungsleiter, welcher von der Genehmigungsbehörde bestimmt wird. Es ist
hier darauf zu achten, dass dieder weder im Sinne von § 20 VwVfG beteiligt
oder im Sinne von § 21 VwVfG befangen sein darf.120 Demnach hat er sich
absolut neutral gegenüber den Beteiligten zu verhalten. Zu seinen Aufgaben
während des Erörterungstermins zählen:
� die Verhandlungsführung zwischen den Parteien
� die Schaffung einer konstruktiven Verhandlungsbasis
� Teilnehmern das Wort erteilen oder entziehen
� Gemeinsamkeiten betonen und Übereinstimmung der Auffassungen
darlegen
� die Bestimmung des Beginns und des Endes des Erörterungstermins
� die Bestimmung von Unterbrechungen
� die evt. Anberaumung eines weiteren Erörterungstermins.121
Der Erörterungstermin endet mit der Fertigung eines Ergebnisprotokolls. Die
erforderlichen Inhalte ergeben sich aus § 19 Abs. 1 S. 3 der 9. BImSchV.
Neben der Erörterung der Einwendungen dient der Termin vor allem aber
auch der Informations- und Entscheidungsfindung der Genehmigungsbehör-
de. Es ist aber zu erwähnen, dass von Seiten der Genehmigungsbehörde an
diesem Tag keine Vorabentscheidung oder gar Entscheidung getroffen wer-
den darf. Vielmehr hat sie wie im vereinfachten Verfahren eine Entscheidung
nach Prüfung aller Unterlagen zu treffen.
4. Zusammenfassung
Mit Windkraftanlagen verbindet man stets das Schlagwort „erneuerbare
Energien“. Generell verbindet man damit etwas Positives in heutigen Zeiten,
doch ist zu beachten, dass Windkraftanlagen große Anlagen sind. Diese
können in besonderem Maße ihr unmittelbares Umfeld beeinträchtigen. Prob-
leme wie Lärm, Schattenwurf oder Eiswurf sind wohl die bekanntesten Prob-
leme, welche von solch einer Anlage ausgehen können. Daneben können
120 Vgl. Jarass (Fn. 39), § 10 Rdnr. 84. 121 Vgl. § 18 der 9. BImSchV sowie Pütz/Buchholz (Fn. 54), S. 155 - 156.
47
auch Tiere, wie Wildfledermäuse oder Greifvögel, von den Anlagen bedroht
sein. Daher ist es notwendig, dass es ein entsprechendes Genehmigungs-
verfahren gibt, welches die Belange aller umfassend bei seiner Entschei-
dungsfindung berücksichtigt.
Wie die abstrakte Darstellung des Verfahrens zeigt, ist das Genehmigungs-
verfahren nach dem BImSchG umfassend und stark bürokratisch. Es erfor-
dert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Antragsteller und der Ge-
nehmigungsbehörde. Positiv hervorzuheben ist die Öffentlichkeitsbeteiligung
im Rahmen des förmlichen Verfahrens bzw. wenn sie aufgrund der UVP-
Pflicht gefordert wird. So haben Drittbetroffene die Möglichkeit, Einwendun-
gen gegen das Vorhaben zu erheben und so Beteiligte am Verfahren zu sein.
48
Praxis aus Sicht der Berliner Behörde und der Betreiber der
Windkraftanlage Pankow (Lysann Gordner)
1. Einführung
In diesem Abschnitt möchte ich die Vorgehensweise des Genehmigungsver-
fahrens der ersten WKA Berlins aus Sicht der Genehmigungsbehörde – der
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin –
und aus Sicht der Betreiber – der umweltplan projekt GmbH – darstellen.
Außerdem möchte ich die Probleme aufzeigen, die während des Verfahrens
aufgetreten sind.
2. Planung
Bereits im Jahr 2003 haben sich die Geschäftsführer der umweltplan projekt
GmbH auf der Suche nach einem geeigneten Standort für die erste WKA in
Berlin gemacht. Dabei hatte die Fraktion der SPD im Juni 2003 während der
Bezirksverordnetenversammlung in Pankow beantragt, die Aussichten für die
Nutzung von Windenergie im Bezirk Pankow zu überprüfen. Das Ergebnis
der Überprüfung war, dass es mehrere mögliche Gebiete gibt, die sich für die
Nutzung von Windenergie eignen. Zwischen 2003 und 2006 wurden die Ge-
biete von den Betreibern der umweltplan projekt GmbH, dem Bezirk Pankow
und von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin unter Rücksicht-
nahme von verschiedenartigen Kriterien untersucht.122
Im gleichen Zeitraum und zwar am 25. Mai 2005 erschien von der Senats-
verwaltung für Stadtentwicklung Berlin eine „Expertise zur räumlichen Steue-
rung von Windenergieanlangen“, die von der BPI-Consult GmbH bearbeitet
wurde.
122 Vgl. Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten Windkraftanlage Berlin,
http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, Abrufdatum: 7.2.2009.
49
In dieser Expertise werden die Möglichkeiten aufgezeigt, wo es in Berlin
möglich ist, WKA zu errichten.123 Für die Ermittlung eines oder mehrerer ge-
eigneter Gebiete wurde ein so genannter Kriterienkatalog erarbeitet. Be-
zugsgrundlage dafür ist der Flächennutzungsplan in Berlin. Hierbei wurden
die wesentlichen Belange bei der Windenergienutzung in Kriterien zusam-
mengefasst und nach einheitlichen Grundsätzen und Maßstäben im gesam-
ten Berliner Gebiet angewendet. Neben den so genannten Negativkriterien
(z. B. Naturschutz) wurden auch Positivkriterien (z. B. Windhöffigkeit) heran-
gezogen. So werden Tabubereiche und Restriktionsbereiche deutlich. Bei
den Tabubereichen stehen gewissen Belange der Errichtung von WKA ent-
gegen und führen demnach zum Ausschluss eines möglichen geeigneten
Gebietes. Dies ist vor allem bei Naturschutzgebieten gegeben. Bei den Re-
striktionsbereichen hingegen können bestimmte Belange der Errichtung einer
WKA entgegenstehen, müssen aber nicht. Dort erfolgt dann noch eine Ab-
wägung durch Verwaltung und Politik. Nachdem die theoretischen Grundla-
gen und Kriterien festgelegt wurden, kam es nun im ersten Schritt zur flä-
chendeckenden Ermittlung von Tabubereichen und potenziellen Eignungs-
gebieten. Im Ergebnis stand nun fest, dass insgesamt 7 Gebiete in Berlin für
Windenergie geeignet sind. Im 2. Schritt wurden die 7 vorläufigen potenziel-
len Eignungsgebiete detailliert überprüft.124 Hierbei wurden folgende Restrik-
tionskriterien herangezogen125:
� Naturschutzgebiete
� SPA-Gebiete
� Gewässer
� Flora-Fauna-Habitat-Gebiete
� gewerbliche Bauflächen
� Landschaftsschutzgebiete
� Wald
� Freiraum
123 Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsverwal-
tung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009. 124 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.): „Expertise zur räumlichen Steuerung
von Windenergieanlagen – Kurzfassung – Ergebnisse und Schlussfolgerungen“ vom 7.2.2006.
125 Vgl. Anhang 2 der Expertise: Zusammenfassende Übersicht zu den Ergebnissen der Gebietsprüfungen in den vorläufigen potenziellen Windeignungsgebieten.
50
� Windhöffigkeit
� Einspeisemöglichkeiten
� Zuwegung
� Avifauna
� Landschaftsbild
� Abstände zu Verkehrswegen
� Abstände zu Freileitungen
� Sichtachsen
� weitere kleinräumige Belange
� Ausweisung von Eignungsgebieten in Nachbarregionen.
Das Resultat dieser Detailprüfung ergab, dass es zwei Möglichkeiten für
Windeignungsgebiete gegeben hat. Zum einen die „Wartenberger Feldmark“
in Lichtenberg und zum anderen „Buchholz“ in Pankow.126 Die Schlussfolge-
rung dieser Expertise lautet, dass Berlin nicht beabsichtigt, Windeignungs-
oder Vorranggebiete auszuweisen, „da die Ausweisung der wenigen verblei-
benden Restflächen eher als Alibi zur Verhinderung von Windkraftanlagen
missdeutet werden könnte“.127
Jedoch hat sich die Bezirksverordnetenversammlung von Lichtenberg gegen
den Bau einer WKA ausgesprochen, so dass der Stadtbezirk Pankow als
einzige Alternative übrig blieb. Nun mussten an Hand von mehreren Bera-
tungsgesprächen durch die umweltplan projekt GmbH und der Senatsverwal-
tung für Stadtentwicklung einige wichtige Punkte geklärt werden. Fraglich
war zum einen, wie die Eigentumsverhältnisse des in Frage kommenden
Grundstückes aussehen und ob das Grundstück für das Vorhaben überhaupt
geeignet ist. Nach intensiven Prüfungen wurde das Grundstück im äußersten
Norden von Pankow im Gewerbegebiet im Autobahndreieck Berlin Pankow
für geeignet erklärt.128
126 Vgl. Anhang 2 der Expertise: Zusammenfassende Übersicht zu den Ergebnissen der
Gebietsprüfungen in den vorläufigen potenziellen Windeignungsgebieten. 127 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.): „Expertise zur räumlichen Steuerung
von Windenergieanlagen – Kurzfassung – Ergebnisse und Schlussfolgerungen“ vom 7.2.2006.
128 Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsverwal-tung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009.
51
3. Umsetzung
3.1 Genehmigungsverfahren Nummer 1
Nun war es an der Zeit: Am 25. August 2006 haben die Geschäftsführer der
umweltplan projekt GmbH ihren ersten (näheres dazu später) Genehmi-
gungsantrag „auf Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage mit einer
Nabenhöhe von 108m“ gemäß § 4 BImSchG in Verbindung mit § 1 Absatz 1
der 4. BImSchV und dem Anhang der 4. BImSchV eingereicht.129
Wie bereits in der Theorie dargestellt, bedarf die Errichtung und der Betrieb
einer Anlage einer Genehmigung, wenn sie auf Grund ihrer Beschaffenheit
oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet ist, schädliche Umwelt-
einwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die
Nachbarschaft gefährdet, erheblich benachteiligt oder erheblich belästigt.130
Demnach und nach § 1 Absatz 1 der 4. BImSchV sowie dem dazugehörigen
Anhang ist in der Nr. 1.6 der Spalte 2 zu erkennen, dass WKA mit einer Ge-
samthöhe von mehr als 50m einer Genehmigung bedürfen. Da das vorgese-
hene Windrad eine Nabenhöhe von 108m besitzt, muss hier von der zustän-
digen Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz eine
Genehmigung ausgesprochen werden.
In unserem Fall handelt es sich hier um ein einfaches Genehmigungsverfah-
ren, da die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden musste und auch keine Um-
weltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste. Ausführlich wurde
dieses bereits in der Theorie dargestellt. Dies leitet sich aus der Anlage 1 des
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes ab, welches sich mit „UVP-
pflichtigen Vorhaben“ beschäftigt. Aus Nummer 1.6.3 geht hervor, dass we-
niger als drei WKA keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden
müssen. Da in Pankow jedoch nur eine WKA gebaut werden soll bzw. gebaut
worden ist, war hier keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.
129 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 14.
130 Vgl. § 4 Absatz 1 Satz 1 BImSchG.
52
Während des Genehmigungsverfahrens wurden das Bezirksamt Pankow, die
Bauaufsicht, das Umweltamt, die Feuerwehr, die Wehrbereichsverwaltung
und auch das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und techni-
sche Sicherheit am Verfahren beteiligt. Die Bauaufsicht wurde involviert auf
Grund dessen eine Baugenehmigung nach dem BImSchG mit einbegriffen
ist. Nachdem die beteiligten Behörden ihre Stellungnahmen und ihre Neben-
bestimmungen abgegeben haben, wurden diese eingehend geprüft. Die zu-
ständige Sachbearbeiterin konnte keine Einwände gegen einen Genehmi-
gungsbescheid erkennen und verfasste diesen für die WKA mit einer Naben-
höhe von 108m.131
Im Laufe des Genehmigungsverfahrens kamen von der oberen Naturschutz-
behörde – der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – Bedenken gegen
den Bau dieser WKA, da sie am Verfahren hätten beteiligt werden müssen.
Sie sprachen sich nämlich dahingehend aus, dass durch den Bau der WKA
Pankow besonders geschützte Arten, wie der Rotmilan oder dort lebende
Fledermäuse, durch die WKA verletzt oder getötet werden könnten oder ihre
Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten beschädigt oder zerstört werden
könnten. Als Grundlage nannte die obere Naturschutzbehörde den§ 42 Ab-
satz 1 BNatSchG132.133
Diese Bedenken und die Nichtbeteiligung der oberen Naturschutzbehörde
waren Anlass dafür, dass die zuständige Sachbearbeiterin einen Entwurf
zum Genehmigungsbescheid verfasste, in dem sie den Geschäftsführern der
umweltplan projekt GmbH mitteilte, dass der Antrag zum Bau und Inbetrieb-
nahme der geplanten WKA abgelehnt werden würde. Aus diesem Grund ent-
schied sich die umweltprojekt GmbH dafür, mehrere Gutachten in Auftrag zu
geben, die sich mit der Klärung befassten, ob besonders geschützte Tierar-
ten durch die Errichtung der WKA gefährdet oder getötet werden würden. Um
diese Bedenken auch bei den Naturschutzverbänden auszuräumen, wurden
durch die umweltplan projekt GmbH mehrere Gesprächsrunden mit ver-
schiedenen Berliner Umweltverbänden geführt. Zu den beteiligten Umwelt-
131 Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsverwal-
tung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009. 132 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz –
BNatSchG) vom 25.3.2002, zuletzt geändert am 21.6.2005. 133 Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsverwal-
tung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009.
53
verbänden gehörten der Naturschutzbund Landesverband Berlin e. V. (NA-
BU), der Bund für Umwelt und Naturschutz Berlin (BUND), der grünen Liga e.
V., das Ökowerk, der Deutsche Wald, die NaturFreunde, die Baumschutz-
gemeinschaft sowie die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.
V. (BLN). So wurden die Einwürfe bezüglich der „absichtsvollen Tötungs-
handlung“ gemäß § 42 BNatSchG auf Seiten der Naturschutzverbände und
auf Seiten der Genehmigungsbehörde ausgeräumt und der Genehmigungs-
bescheid zum Bau und Inbetriebnahme der WKA Pankow konnte stattgege-
ben werden.134
Im Laufe des Genehmigungsverfahrens wurden ebenso politische Debatten
im Abgeordnetenhaus Berlin ausgelöst. Dort gingen sowohl Bedenken in
Form von kleinen Anfragen als auch ein Antrag von Abgeordneten ein. So
stellte die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen einen Antrag, dass der Senat
erneuerbare Energien fördern sollte und somit WKA in Berlin zu genehmi-
gen.135 Des Weiteren stellte der FDP-Abgeordnete Albert Weingartner von
der FDP eine kleine Anfrage mit dem Titel „Wie viele Windräder braucht Ber-
lin?“. Inhaltlich wurde in der Anfrage u. a. dargelegt, dass die Genehmigun-
gen von weiteren WKA nur möglich seien, wenn geeignete Flächen vorhan-
den sind und entsprechende Genehmigungsanträge gemäß des BImSchG
eingehen.136 Auch der Abgeordnete Klaus-Peter von Lüdeke (FDP) reichte
beim Abgeordnetenhaus eine kleine Anfrage mit dem Titel „Wie viele Wind-
räder braucht Berlin? (II)“ ein. Beantwortet wurden hier Fragen bezüglich der
Genehmigungsfähigkeit der WKA Pankow, des Energieaufkommens der
Anlage und der möglichen Umweltbeeinträchtigungen.137
134 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 17.
135 Vgl. Drucksache 16/0438: Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen: Atomausstieg selber machen (II) – Windkraft für Berlin vom 18.4.2007.
136 Vgl. Drucksache16/10830: Kleine Anfrage des Abgeordneten Albert Weingartner (FDP): Wie viele Windräder braucht Berlin vom 23.5.2007.
137 Vgl. Drucksache 16/10871: Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Wie viele Windräder braucht das Land Berlin? (II) vom 5.6.2007.
54
3.2 Genehmigungsverfahren Nummer 2
Während des Genehmigungsverfahrens entwickelte die Firma Enercon
GmbH, die die geplante WKA mit einer Nabenhöhe von 108m bauen sollte,
ein neues Modell einer WKA. Die Nabenhöhe des neuen Modells liegt bei
138m und steigert den Ertrag um etwa 20% bis 30%.138 Dies war Grund ge-
nug für die umweltplan projekt GmbH, sich für die größere WKA zu entschei-
den und den Genehmigungsantrag entsprechend zu ändern. Am 21. August
2006 reichte die Firma umweltplan projekt GmbH erneut einen Antrag auf
Bau und Inbetriebnahme einer Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von
138m bei der zuständigen Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und
Verbraucherschutz ein.139
Ursprünglich war es von den Geschäftsführern der umweltplan projekt GmbH
so geplant, dass der bereits bewilligte erste Genehmigungsantrag von der
WKA mit einer Nabenhöhe von 108m einfach geändert wird und auf die neue
WKA mit einer Nabenhöhe von 138m umgeschrieben wird. Die zuständige
Sachbearbeiterin sah, auf Grund dessen sich unter anderem der Außenradi-
us des Betons auf 12,25m erhöhte, nicht nur eine Änderung des Genehmi-
gungsantrages, sondern viel mehr einen neuen Genehmigungsantrag, da
sich einige Dinge an der WKA änderten: die Größe der Rotorblätter, der Ra-
dius der Betonmasse, eventuell größere Immissionen. Demnach war dies
eine neue Baumaßnahme nach § 4 BImSchG.140 So wurde ein neues Ge-
nehmigungsverfahren für den Bau und Inbetriebnahme einer WKA mit einer
Nabenhöhe von 138m eingeleitet, welches genauso wie das erste Verfahren
ablief. Am 10. Dezember 2007 wurde auch der 2. Genehmigungsantrag von
der zuständigen Sachbearbeiterin aus der Senatsverwaltung für Gesundheit,
Umwelt und Verbraucherschutz genehmigt.141
138 Vgl. Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten Windkraftanlage Berlin,
http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, Abrufdatum: 7.2.2009. 139 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 17.
140 Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsverwal-tung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009.
141 Vgl. ebd.
55
Die umweltplan projekt GmbH hatte geplant, dass die genehmigte WKA im
ersten Halbjahr des Jahres 2008 gebaut, fertig gestellt und sogar in Betrieb
genommen werden sollte.142
3.3 Klageverfahren
Doch es kam vorerst anders: Der NABU reichte am 11. Januar 2008 Klage
wegen angeblicher Verfahrensfehler bei der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung der WKA beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Mit dieser Klage
wollte der NABU zum einen die fehlende Beteiligung im Genehmigungsver-
fahren gemäß § 39 NatSchG Berlin143 verdeutlichen und zum anderen die
fehlende Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Sachverständigengutachten.
Denn auf Grund dessen dieses Drittwiderspruchs bzw. dieser Drittklage er-
hielt der Genehmigungsbescheid zum Bau und Inbetriebnahme der WKA
eine aufschiebende Wirkung.144
Der NABU, dem die Genehmigungsbescheide nicht vorgelegt worden waren,
wollte weiterhin geltend machen, dass neben der fehlenden Beteiligung auch
der Bau und die Betriebnahme der WKA den Belangen des Artenschutzes,
insbesondere die des Vogelschutzes, entgegenstehen würden. Den Ausfüh-
rungen des NABU zu Folge befinde sich die geplante WKA sowohl zwischen
Naturschutz- und Feuchtgebieten, also auch im Zugkorridor von Zugvögeln.
Des Weiteren machte das NABU deutlich, dass durch die geplante WKA eine
erhebliche Kollisionsgefahr für Greifvögel und Fledermäusen bestände, da
sich in der unmittelbaren Nähe Greifvogelhorste von streng geschützten Ar-
ten befänden. So führte der NABU folgende Arten auf:
� Wespenbussard (4km)
� Rotmilan (3km)
� Schwarzmilan (3km)
� Habicht (2,4 bzw. 3,2km)
142 Vgl. Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten Windkraftanlage Berlin,
http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, Abrufdatum: 7.2.2009. 143 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege von Berlin (Berliner Naturschutzgesetz -
NatSchG Bln) vom 28. 10.2003, zuletzt geändert am 17.12.2003. 144 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 18.
56
� Mäusebussard (500m)
� Kolkrabe (3km)
� Kranich und Rohrweihe (Brutgebiet in jeweils 2,5km Entfernung).
Die genannten Vogelarten, so der NABU, würden dieses Gebiet als Nah-
rungshabitat nutzen.145
Weiterhin führte der NABU aus, dass er nach § 39a NatSchG Bln am Ge-
nehmigungsverfahren hätte mitwirken müssen und nach § 39b NatSchG Bln
als anerkannter Verband klagebefugt sei146, wenn er geltend macht, dass ein
Erlass eines Verwaltungsaktes einer Behörde den Vorschriften des
BNatSchG, des NatSchG Bln oder anderen Vorschriften widerspricht.147
Außerdem verdeutlichte der NABU, dass von der geplanten WKA ein beson-
ders erhöhtes Totschlagsrisiko ausgehe, wenn man den Absichtsbegriff eu-
roparechtlich auslege und das letzte in Berlin lebende Rotmilanpaar gefähr-
det sei. Demnach hätte nämlich der Bau der WKA eine Befreiung von den
naturschutzrechtlichen Verboten des § 42 BNatSchG bedarf.148
Als vorletztes Argument, dass gegen den Bau einer WKA aus Sicht des NA-
BU spricht, führte er die streng geschützten Fledermäuse - wie der Große
Abendsegler - an, die in der Nähe des geplanten Standortes leben würden
und die Freifläche zum Jagen nutzen würden. Würde die geplante WKA an
diesem Standort gebaut werden, so seien die Fledermäuse durch diese An-
lage gefährdet.149
Am Ende der Ausführungen machte der NABU noch einmal deutlich, dass
die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz detail-
lierte Untersuchungen mit Beteiligung der Naturschutzverbände hätte durch-
führen sollen, die sich mit den möglichen Auswirkungen der WKA auf die
Umgebung und den dort lebenden Tieren beschäftigen sollten.150
145 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 3. 146 Vgl. ebd. 147 Vgl. § 39b LNatSchG Bln. 148 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 3. 149 Vgl. ebd. 150 Vgl. ebd. S. 4.
57
Nachdem die umweltplan projekt GmbH erfahren hat, dass das NABU eine
Klage gegen den Bau der WKA eingereicht hatte, stellten sie am 14. Januar
einen „Antrag auf Sofortvollzug“ auf der Grundlage des § 80 VwGO151. Darin
legte die umweltprojekt GmbH dar, dass ein überwiegendes Interesse bei
den Vorhabensträgern bestehe und ein besonderes öffentliches Interesse.152
Trotz der Klage des NABU und dem noch nicht entschiedenen Antrag zum
Sofortvollzug wurde ein symbolischer Spatenstich mit dem Bezirksbürger-
meister aus Pankow und den Betreibern durchgeführt.153
Am 21. Januar 2008 wurde durch das Verwaltungsgericht Berlin die sofortige
Vollziehung angeordnet. Daraufhin reichte der NABU im Eilverfahren einen
„Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen
eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Be-
trieb einer WKA“ beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Darin machte der NA-
BU noch einmal folgende Mängel geltend154:
� Fehlende Beteiligung im Verfahren nach §39 NatSchG Bln
� Verbot des absichtlichen Tötens gemäß §42 BNatSchG
� fehlendes „öffentliches Interesse“.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat auf der Grundlage der Klagen nun folgen-
des entschieden:
Es hat die Klagen des NABU abgelehnt und führt dafür nachstehende Argu-
mente an.
Zum einen ist die Anfechtungsklage unzulässig, auf Grund dessen sich die
Klagebefugnis des Klägers wegen der Konzentrationswirkung des § 13
BImSchG ergibt.155 Mit der Konzentrationswirkung ist gemeint, „dass die Ge-
151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991, zuletzt geändert am 19.7.2006. 152 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 18.
153 Vgl. Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten Windkraftanlage Berlin, http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, Abrufdatum: 7.2.2009.
154 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation „Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 19.
155 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 7.
58
nehmigung andere, die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein-
schließt, es sei denn, diese sind durch Gesetz ausdrücklich ausgenom-
men.“156
Das Verwaltungsgericht Berlin bezieht sich dabei auf die Rechtssprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17. Dezember 2002 – 7 B
119/02 – NVwZ 2003, 750). Dieses führt aus, dass die immissionsschutz-
rechtliche Konzentrationswirkung sich neben der erfassten behördlichen Ent-
scheidung auch auf das den Entscheidungen zu Grunde liegendem Verwal-
tungsverfahren bezieht. Daher werden die Genehmigungsverfahren und die
entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nach § 10
BImSchG in Verbindung mit der dazu erlassen Neunten Verordnung zur
Durchführung des BImSchG durchgeführt und erlassen. Dadurch werden
naturschutzrechtliche Verfahrensvorschriften von dessen Anwendungen
ausgeschlossen.157
Auch die Mitwirkung von Verbänden nach § 60 BNatSchG findet hier keine
Anwendung, denn eine aus dem Naturschutzrecht abgeleitete Verbandsbe-
teiligung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist nicht
gegeben.158
Außerdem werden die Vorschriften der § 39a und § 39b NatSchG Bln durch
das Vorhandensein der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtli-
chen Genehmigung verdrängt.
Auch steht dem NABU kein Klagerecht nach dem Umwelt-
Rechtsbehelfsgesetz159 zu. Danach haben Vereinigungen nur das Recht zu
klagen, wenn zum einen für eine Anlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt wurde und zum anderen für Anlagen, die sich in Spalte 1 des
Anhangs der 4. BImSchV befinden. Wie bereits aufgeführt, war hier keine
Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig und die genehmigungsbedürftige
WKA ist in Spalte 2 des Anhangs aufgelistet.160
156 Beitrag zu immissionsrechtlichter Vollgenehmigung – Rechtswirkungen,
http://classic.unister.de/Unister/wissen/sf_lexikon/ausgabe_stichwort13874_220.html, Ab-rufdatum: 7.2.2009.
157 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 7. 158 Vgl. ebd. 159 Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten
nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7.12.2006. 160 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 8.
59
Des Weiteren lässt sich keine Verpflichtung über die existierenden nationalen
Regelungen hinaus gehende Erweiterung des Klagerechts auf Beteiligung
der Öffentlichkeit oder Verbänden nach der Aarhus-Konvention161 ableiten.
Denn sowohl die Errichtung als auch der Betrieb einer oder mehrerer WKA
sind nicht im Anhang I der Konvention aufgelistet. Gemäß Artikel 6 Absatz 1b
der Aarhus-Konvention hat der deutsche Gesetzgeber demnach einen Ent-
scheidungsspielraum, wonach er selbst entscheiden kann, ob er ein erweiter-
tes Klagerecht einführt.162
Demnach stehen dem NABU kein Mitwirkungs- und kein Verbandsklagerecht
zu.163
Zum anderen hält das Verwaltungsgericht Berlin die Klage des NABU für un-
begründet, da die erlassene Genehmigung der Senatsverwaltung für Ge-
sundheit, Umwelt und Verbraucherschutz rechtmäßig war. Demnach stehen
naturschutzrechtliche Vorschriften dem Bau und der Inbetriebnahme der
WKA nichts mehr entgegen.164
Der Einwurf des NABU, das letzte Rotmilanpaar von Berlin sei durch die ge-
plante WKA einem erheblichen Tötungsrisiko nach § 42 BNatSchG ausge-
setzt, wird vom Verwaltungsgericht Berlin ausgeräumt. Dem Paragraphen
genügt die schlichte Tatsache des Tötens; er setzt weder Mutwillen oder
Vorsatz noch Fahrlässigkeit voraus. Dabei kann nicht ausgeschlossen wer-
den, dass der geschützte Rotmilan Opfer wird durch die Inbetriebnahme ei-
ner WKA, da kein ausgeprägtes Meideverhalten und auch keine Scheuchwir-
kung durch die WKA zu erkennen ist. Demnach ist das Verwaltungsgericht
zum Ergebnis gekommen, dass das Kollisionsrisiko mit der WKA für den
Rotmilan sehr gering ist. Ein weiterer Aspekt, der zur Ausräumung des Ein-
wurfs des NABU’s führt, ist sowohl die Gesamthöhe der WKA von 179m als
auch der Durchmesser der Rotorblätter von 82m. Die typische Flughöhe des
Rotmilans liegt in der Regel zwischen 40 und 80m. Die Rotorblätter beginnen
161 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an
Entscheidungs-verfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, Stand: Juni 1998.
162 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 9. 163 Vgl. ebd. 164 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 10.
60
jedoch erst in etwa 98m Höhe, das heißt, dass die Flughöhe des Rotmilans
deutlich außerhalb des Bereichs der Rotorblätter liegt. Des Weiteren befindet
sich der Rotmilanhorst in ausreichendem Abstand zur geplanten WKA. Durch
Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten,
durch Gerichtsentscheidungen und durch die tierökologischen Abstandskrite-
rien wurde ein Tabubereich von 1000m bis zu 3000m Entfernung von der
Nist- bzw. der Brutstätte des Rotmilans bis zur WKA errechnet bzw. als Not-
wendigkeit angesehen. Wird dieser Tabubereich eingehalten, so kann man
davon ausgehen, dass eine Gefährdung der Rotmilane verringert wird. 165
Ein weiteres Argument des NABU, der Standort der geplanten WKA entspre-
che dem Optimalhabitat des Rotmilans, wird durch das Verwaltungsgerichts-
urteil verneint. Die bevorzugten Standorte des Rotmilans seien nämlich Stra-
ßen, Siedlungen, Kompostier- und Müllplätze. Doch die WKA soll auf einem
großflächigen ackerbaulich genutzten Gebiet erbaut werden, welches von
einem Rotmilan nicht bevorzugt werde. Außerdem befänden sich in unmittel-
barer Nähe der geplanten Anlage weder Siedlungen noch Müll- oder Kom-
postierplätze.166 Außerdem schließt sich das Gericht der Meinung von Dürr
an, dass Autobahnen nicht als „Optimalhabitat“ eines Rotmilans angesehen
werden können, schon im Hinblick auf die hohen Opferzahlen von Rotmila-
nen.167 Daher besteht aus den vorher genannten Argumenten des Verwal-
tungsgerichts Berlin „keine relevante Verletzungsgefahr für den Rotmilan“168.
Ebenso befindet das Verwaltungsgericht Berlin das Verbot aus § 42 Absatz 1
Nr. 3 BNatSchG für nicht anwendbar.169 In diesem Paragraphen heißt es,
dass es verboten ist, „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und
der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstät-
ten durch Aufsuchen, Fotographieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu
stören“. Die aufgezählten Stätten beinhalten jedoch nicht die Lebensräume
165 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 11 f. 166 Vgl. ebd. S. 14. 167 Vgl. Dürr, Zur Gefährdung des Rotmilans durch Windkraftanlagen in Deutschland, Anlage
6 in VG 10 A 20.08. 168 Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 15. 169 Vgl. ebd.
61
allgemein oder nur sämtliche Lebensstätten der dort genannten Arten.170
Ebenso zählen dazu nicht die Nahrungsbereiche der Tiere, die Jagd- oder
Überwinterungsplätze.171 Da sich der Rotmilanhorst in 3km Entfernung befin-
det, ist davon auszugehen, dass von der geplanten WKA keine Schädigung
oder Zerstörung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten ausgehen kann
– weder optisch noch durch die Geräuschausstöße der WKA.172
Als weiteres Argument zur Ausräumung der Einwände des NABU bringt das
Gericht hervor, dass der Tatbestand des § 42 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG nicht
erfüllt ist.173 Nach ihm ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders
geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten
oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen
oder zu zerstören. In der Gesetzesbegründung zu diesem Paragraphen heißt
es, dass sozialadäquate Risiken durch diesen Paragraphen nicht gedeckt
sind. 174 Hier wird die Kollision mit einem WKA als solche angesehen und
somit trifft der Tatbestand des § 42 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG nicht auf unse-
ren Fall zu.175
Auch liegt dem Gericht zu Folge eine Erfüllung des Tatbestandes in § 42 Ab-
satz 1 Nr. 2 BNatSchG der neuen Fassung vom 22. Dezember 2008 nicht
vor, wonach eine erhebliche Störung vorliegen muss.176 Nach Nummer 2 ist
es nämlich verboten, „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und
der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mau-
ser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine er-
hebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszu-
stand der lokalen Population einer Art verschlechtert“. Dabei schließt der
Begriff lokale Population nach der Gesetzesbegründung die (Teil-) Habitate
und Aktivitätsbereiche von Individuen einer Art mit ein, welche in einem
räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen, die für die Lebens(-
170 Vgl. ebd. 171 Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001, AZ: 4 C 6/00; BVerwGE 112, 321. 172 Vgl. Gutachten Dr. R. – zitiert vom OVG Thüringen, Urteil vom 29.05.2007 – 1 KO
1054/03 – juris; sowie Loske, zitiert von Dürr in: Zur Gefährdung des Rotmilans. 173 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 16. 174 Vgl. Bundestag-Drucksache 16/5100, S. 11. 175 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S 16. 176 Vgl. ebd.
62
raum)ansprüche der Art ausreichend sind.177 Das Verwaltungsgericht Berlin
räumt so den Einwand des NABU bezüglich der Gefährdung des einzigen
Rotmilanpaars aus, da nach dieser Definition nicht nur das Land Berlin für
sich betrachtet werden sollte, sondern auch das Land Brandenburg. Und im
Land Brandenburg leben ca. 1300 Brutpaare.178
Ebenso wie § 42 BNatSchG steht auch § 29 Absatz 1 NatSchG Bln dem Bau
und die Inbetriebnahme der WKA Pankow nicht im Weg.179
Nach Nummer 1 des Paragraphen ist es zum einen verboten, „ohne vernünf-
tigen Grund Lebensstätten wild lebender Tier- und Pflanzenarten zu beein-
trächtigen oder zu zerstören“ und zum anderen ist es gemäß Nummer 3 un-
tersagt, „wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen
Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten“. Wie bereits oben schon mehr-
fach ausgeführt, findet demnach auch § 29 NatSchG Bln hier keine Anwen-
dung.
Auch das Argument des NABU, die Fledermäuse – wie der Große Abend-
segler – seien durch Errichtung der WKA gefährdet, hält das Verwaltungsge-
richt Berlin für nicht tragfähig, da die charakteristische Flughöhe des Großen
Abendseglers sich zwischen 10 und 50m befindet.180
Das letzte vorgetragene Argument des NABU, dass neben dem Rotmilan
sowohl die Wasservögel in den nahegelegenen Feuchtgebieten, die Zugvö-
gel als auch der Wespenbussard, der Schwarzmilan, der Habicht, der Mäu-
sebussard, der Kolkrabe, der Kranich und die Rohrweihe durch die Errich-
tung der WKA gefährdet seien, hält das Verwaltungsgericht Berlin für nicht
eindeutig bewiesen. Auf der einen Seite hat der NABU zwar dargestellt, dass
Wasservögel und Zugvögel gefährdet seien könnten, doch keine davon na-
mentlich genannt. Auf der anderen Seite wurde durch den NABU zweifelhaft
und nicht eindeutig dargestellt, in welcher Weise die namentlich genannten
177 Vgl. Bundestag-Drucksache 16/5100, S. 11. 178 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S. 16. 179 Vgl. ebd. 180 Der Große Abendsegler, http://www.fledermausschutz.de/index.php?id=315, Abrufdatum:
8.2.2009.
63
Vogelarten und den dazugehörigen Horstständen (Wespenbussard,
Schwarzmilan, Habicht, Mäusebussard, Kolkrabe, Kranich, Rohrweihe) durch
den Bau und die Inbetriebnahme der WKA betroffen sein könnten, insbeson-
dere weil die Abstandskriterien – wie bereits dargelegt – eingehalten werden.
Des Weiteren wurde zum einen durch den NABU nicht dargelegt, inwiefern
eine einzige WKA gegenüber den genannten Tierarten wie eine Barriere wir-
ken soll. Zum anderen wurde durch den NABU auch nicht nachgewiesen, in
welchem Maße von der verhältnismäßig großen geplanten WKA mit einer
Gesamthöhe von 179m Gefährdungen für die aufgezählten Tierarten ausge-
hen können.181
Aus der Vielzahl der genannten Gründe des Verwaltungsgerichts Berlin,
nach einem Vororttermin des Gerichts und einer mündlichen Verhandlung
wurde die Klagen des NABU abgewiesen und es stand dem Bau und der
Inbetriebnahme der ersten WKA Berlin nichts mehr im Wege.182
In mehreren Bauabschnitten wurde die WKA aufgebaut: erst wurde das Fun-
dament mit Beton gegossen, anschließend wurde der Turm Schritt für Schritt
aufgebaut, die Maschine und die Rotorblätter ein- bzw. angebaut und der
Netzanschluss gelegt.183
4. Abschluss
Am 2. Juli 2008 fand die Bauzustandsbesichtigung durch die zuständige Se-
natsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und aller Be-
teiligten im Genehmigungsverfahren statt. Dort wurde überprüft, ob die Anla-
ge entsprechend dem Genehmigungsbescheid errichtet wurde.184
181 Vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 4.04.2008, AZ: VG 10 A 15.08, S 17 f. 182 Vgl. Beitrag über die Historie zur Entstehung der ersten Windkraftanlage Berlin,
http://www.windenergie-berlin.de/historie.htm, Abrufdatum: 7.2.2009. 183 Vgl. ebd. 184 Vgl. Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin (Frau Schulze) aus der Senatsver-
waltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.1.2009.
64
Am 31. Juli 2008 wurde durch Vattenfall eine endgültige Schlussabnahme
durchgeführt, sodass die WKA Pankow ans Netz angeschlossen wurde und
seit dem Strom einspeist.185
Abschließend möchte ich noch einige technische Daten der WKA Pankow
aufführen:
Die WKA ist eine Anlage der Firma Enercon mit der Bezeichnung E-82 mit
einem Hybridturm. Die elektrische Leistung beläuft sich auf 2.000 kW. Insge-
samt ist die WKA 179m hoch und die Rotorblätter haben einen Durchmesser
von 82m. Prognostiziert wird, dass die WKA etwa 4,5 Millionen kWh pro Jahr
erzeugen wird. Insgesamt wurden für die Anlage etwa 3,4 Millionen Euro in-
vestiert.186
185 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation
„Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 20.
186 Vgl. Herr Vach, Geschäftsführer der umweltplan projekt GmbH: Powerpointpräsentation „Entwicklung eines Windkraftprojektes am Beispiel der WEA Berlin“ vom 4.12.2008, S. 20.
65
Fazit (Karsten Endres, Mandy Wegner, Lysann Gordner)
Vor dem Hintergrund der klimapolitischen Ziele wird der Ausbau der erneu-
erbaren Energien angestrebt. Durch Verbesserung der rechtlichen Rahmen-
bedingungen, u. a. für die Stromerzeugung aus Windenergie, sollen die In-
vestoren wirtschaftliche Anreize und die notwendige Rechtssicherheit für die
Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen erhalten. Neben der An-
passung der Einspeisevergütung durch das Gesetz für den Vorrang erneuer-
barer Energien (EEG) wurden die Regelungen zur Bau- und Betriebsgeneh-
migung harmonisiert.
Es kann nicht nur die Aufgabe des Bundes, sondern es muss auch Ziel der
Länder sein, erneuerbare Energien auszubauen. Fraglich ist, welche Form
der Energiegewinnung aus regenerativen Energieträgern für das jeweilige
Land praktikabel bzw. umsetzbar ist.
Berlin galt lange Zeit als Bundesland ohne Windkraftanlage. Für Berlin als
Stadtstaat, gestaltet sich die Umsetzung der Energiegewinnung aus Wind-
energie aufgrund der begrenzten Freiflächen jedoch äußerst schwierig.
Nach einer Vielzahl von Debatten im Abgeordnetenhaus und dem letztendli-
chen Bau der ersten WKA in Berlin stellt sich abschließend die Frage, ob
diese weiter Single bleiben soll oder ob sich irgendwo in Berlin ein „Partner“
zu ihr gesellen wird?
Auf Grund der „Expertise zur räumlichen Steuerung von Windenergieanla-
gen“ könnte diese Frage beantwortet werden: Demnach sind in Berlin nur 2
Gebiete für die Errichtung WKA geeignet – zum einen Pankow Buchholz und
zum anderen die Wartenberger Feldmark in Berlin-Hohenschönhausen.
Doch die BVV Lichtenberg hat sich bereits gegen den Bau einer WKA aus-
gesprochen und auf dem Gebiet in Buchholz steht bereits die erste WKA.
Daher ist nun eher fraglich, ob es sich bei dem Bau des WKA Berlins nicht
eher nur um eine Prestige-Angelegenheit handelte oder ob es doch eher um
66
eine ideologische Einstellungen – wie etwa die Förderung erneuerbarer
Energien – ging? Grundlegend kann gesagt werden, dass mit dem Bau ein
Signal für erneuerbare Energien gesetzt wurde. Jedoch wird keine Förderung
der Errichtung von WKA seitens des Senats erfolgen.187
Das hier vorgestellte Genehmigungsverfahren an Hand der WKA Pankow
wurde gemäß dem BImSchG durchgeführt. Dabei stimmten die theoretischen
Grundlagen mit dem Ablauf des Verfahrens in der Praxis überein. Doch
durch eher Unbeteiligte, die vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klagen einge-
reicht haben, wurde das Verfahren im Ablauf verzögert. Es zeigt sich hier,
dass es trotz der umfassenden Betreuung durch die Genehmigungsbehörde,
des strukturierten Verfahrens und durch die detaillierten theoretischen
Grundlagen zu Problemen kommen kann. Doch durch die Abweisung der
Klagen durch das Verwaltungsgericht Berlin kam es letztendlich doch zum
Bau und zur Errichtung der ersten WKA in Berlin. Somit wird Berlin nun auch
in den Statistiken über die Nutzung von Windenergie positiv – wenn aber
auch klein – auftauchen.
187 Vgl. Abgh-Drucks. 16/10 830.
Paper No. 00, 09/2009Section Blindtexte & Wörter
EditorsVorname NameVorname Name
Impressum
Herausgeber Dekan Fachbereich Allgemeine Verwaltung
ISBN 978-3-940056-52-8
Auflage 50
Druck HWR Berlin
Berlin September 2009
www.hwr-berlin.de