stradewari abschlusskonfrenz - trends der rationalisierung
DESCRIPTION
Das Projekt Das FuE-Projekt stradewari beschäftigte sich mit der Frage, wie sich unter verschärften Wettbewerbsbedingungen und angesichts einer zunehmend schwierigeren Personalsituation eine hoch leistungsfähige, konkurrenzfähige Industrieproduktion in Deutschland erhalten lässt. stradewari konzentrierte sich dabei auf die Möglichkeiten und Voraussetzungen zur Verbesserung der internen Flexibilität von produzierenden Unternehmen, deren stabilisierendes Element – so die geteilte Ausgangsannahme des Vorhabens und die gemeinsame Erfahrung der Verbundpartner – die individuelle und organisationale Kompetenzentwicklung ist.TRANSCRIPT
Trends der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Entwicklungen
Erich Latniakstradewari-Abschlusskonferenz John Deere-Werke, Mannheim
08.Mai 2013
Überblick
• Rationalisierungsverständnis
• „Trends“
– notwendige Vereinfachungen, ausgewählte Faktoren
– ‚historische‘ Perspektive – Gliederung entlang nicht strikt abgrenzbaren Phasen
– Einschränkungen: nur Produktionsarbeit, keine Diffusionsdaten
• Einbettung in Veränderungen: Spannungsverhältnisse durch veränderte Bedingungen
„Bausteine“ aus dem Projekt
Rationalisierung• „Rationalisierungskonzept“: anerkanntes, zusammenhängendes
Begründungsmuster für die Nutzung technischer und organisatorischer Maßnahmen, um ökonomisch erfolgreicher zu produzieren („besser, schneller, preiswerter…“)
Rationalisierungskonzepte geben den Unternehmen Orientierung -werden in betriebliche Handlungsprogramme umgesetzt („Strategie“)
• „besser“ produzieren heißt auch: „vernünftiger arbeiten“ -überflüssige Tätigkeiten, Doppelarbeit… je nach betrieblichen Bedingungen
• „besser“ - eine Frage der Rahmenbedingungen
• Schwerpunkte (vgl. Som & Jäger 2012):– neue Produkte: 79% der Unternehmen
– verbesserte technische Prozesse: 71%
– organisatorische Ansätze: 25%
Rahmenbedingungen(angelehnt an Naschold 1984, Burawoy 1983)
Produktmärkte und Wertschöpfungsketten
Staatliche Regulierung
Finanzmärkte
Arbeitsmärkte„Politics of Production“
Regulierung und
Gestaltung der
Produktion
„Politics in Production“
Betriebliche Koordination und Steuerung Betriebs- und Führungsorganisation
Entgelt- und LeistungssystemeUnternehmenskultur
…
BRD (50/60er Jahre)
Finanzmarkt:• Hausbanken finanzieren die
Unternehmen: „patient capital“ zielt auf langfristige Renditen
• HGB-Rechnungslegung
Regulierung:• Betriebsverfassungsgesetz
(Betriebsräte - Gewerkschaften)• Gehalts-/Manteltarifverträge –
Leistungslohn
Produktmarkt:• Massenmärkte in BRD im
Konsumbereich (Elektro, Kleidung, Auto, Chemie) - Bedarf
• Maschinenbau => EWG, Export
Arbeitsmarkt:• Zunehmend Arbeitskräfte aus
der Landwirtschaft und dem Handwerk in die Industrie
• Heimatvertriebene/Facharbeit
Konzept:Horizontale/vertikale Arbeitsteilung:• Funktionale Struktur der Fertigung
(„Werkstatt“)• Hierarchisch- funktionale Führung
(„Harzburger Modell“)• „REFA“ – Rationalisierung am
Arbeitsplatz (Zeit-/Bewegungsstudien)
Abschotten der Fertigung vom Markt, um möglichst störungsfrei zu produzieren
Erfolgsmodell im„Wirtschaftswunder“
Fabriklayout (50/60er Jahre)Quelle: Bund-Verlag (Hrsg.) (1951): Leistungssteigerung durch Organisation. Köln.
CIM-Konzept (80er Jahre)
Finanzmarkt:• relative Aufwertung der DM
gegenüber US-$• Hausbanken-System
(„Deutschland-AG“)
Regulierung:• Binnenmarktentwicklung –
europäische Währungsunion beschlossen
• Arbeitszeitreduzierung (bis zur „35h Woche“) – verbreitet: Kurzarbeit in Krisen (seit 1956)
Produktmarkt:• Sättigung der Massenmärkte• Zunehmende Konkurrenz im
Binnenmarkt (Japan. Firmen)
Arbeitsmarkt:• Seit Anfang 70er Vollbeschäftigung,
in einzelnen Branchen Krisen, später zunehmende Arbeitslosigkeit
• Interne Arbeitsmärkte –„Überstundenkoalition“
Konzept:• „CIM“ als Perspektive: Einsatz von Robotern
und Computern („mannlose Fertigung“)• Koppelung technischer und betriebswirt-
schaftlicher DV• Einsetzende „systemische Rationalisierung“
über den ganzen Wertschöpfungsprozess
Gegenmodell zu CIM:Dezentralisierung (80er Jahre)
• Bei technischer Verkettung bleiben zwei Probleme:– Bewältigung von Crash-Situationen
– „Schnellschüsse“ / Abweichen von eingesteuerter Planung
operative Teams lösen die Probleme bzw. steuern um
• Begründungen:1. Kybernetik/„Law of requisite variety“ (W.R. Ashby): Gruppen/Teams sind bei
turbulenten Umgebungsbedingungen variabler als Einzelne in hierarchisch festgelegten Abläufen
2. „Import“ sozio-technischer Ansätze („Arbeitsaufgabe“ als zentrales Konzept; „simple organisations - complex jobs“)
3. Organisationstheorie: Dezentralisierung als Lösung für zwei Grundprobleme:
– Koordinationsproblem => Segmentierung und Prozessorientierung -Entflechtung von Wertschöpfungsketten (nach Produkt/Markt/Produktion)
– Motivationsproblem => Aufgabenintegration/ ganzheitliche Aufgaben, Delegation von Verantwortung
Umsetzung der Konzepte
• technische Verkettung von Fertigungsprozessen wird systematisch weiter ausgebaut
„Fließkonti“ als Ziel• Dezentralisierung eher zögerlich genutzt
(Produkt/Markt vs. Arbeitsebene)Daneben:• Problem hoher Kapitalbindung – Zwischenlager als
Basis für LieferfähigkeitZiel: „Puffer“ auflösen
• Qualität wird „erprüft“ – kostspieliger Ausschuss, Nacharbeit
• Arbeitsbedingungen thematisiert („Monotonie“)
Lean production (90er Jahre)
Finanzmarkt:• Auflösung der „Deutschland-AG“• Investment Banking dominiert• Entwicklung eines Aktienmarkts
Regulierung:• Flächentarife unter Druck
(Öffnungsklauseln)• Gefährdungsbeurteilung 1996
Produktmarkt:• Schnelle Produktwechsel auch in
Massenmärkten („time to market“)• Kundenorientierung: Preis, Termin,
Qualität, Lieferbedingungen…
Arbeitsmarkt:• Zunehmende Flexibilisierung des
Arbeitsmarktes („Liberalisierung“)• Anhaltend hohe Arbeitslosigkeits-
Quoten - Ost-West-Gefälle
Konzept:• „lean production“ (1991): Verschwendung
vermeiden, JIT/Kanban (Logistik/ pull-Prinzip...) ‚Kaizen‘/KVP, …
• „Fluss“ von Material, Information und Auftragsbearbeitung => „Prozess“
• Modularisierung – Outsourcing• Arbeitszeitflexibilisierung (Konten)
Fabriklayout (90er Jahre)
Aus: Hallwachs, Ulrich (1994): Fertigungsinseln und –segmente als dezentrale Strukturkonzepte der Produktion. In: Corsten, Hans (Hrsg.): Handbuch Produktionsmanagement, Wiesbaden: Gabler, S. 364 (Grafik)
Zwischenbilanz
• Zielheterogenität: nicht mehr allein Produktivität, sondern Qualität, Termintreue, Bestandskosten… -multiple Ziele zu verfolgen
• Umsetzung der Konzepte in den Betrieben führt zu „hybriden“ Mustern: CIM schrittweise inner-/überbetrieblich umgesetzt, Gruppen-/Teammodelle im Lean-Kontext verändern sich
neue Ansätze vorhandene Abläufe und Routinen
Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen und keine kohärente Umsetzung in den Betrieben
GPS (aktuell)
Finanzmarkt• Rolle des investment banking?• International gültige
Bilanzierungsstandards (SOx)• Basel II/III …
Regulierung:• Freigabe Zeitarbeit 1997/2002• Bindungswirkung der
Flächentarifverträge lässt nach
Produktmärkte:• Kundengetriebene Märkte (Preis,
Qualität, Termin, …)• Produktion + Dienstleistung• Weitere Internationalisierung
Arbeitsmarkt:• Demografischer Wandel kommt in
den Betrieben an• „Diversity“: älter, bunter, weiblicher• Facharbeit als knappes Gut?• Freizügigkeit in der EU (seit 2011)
Konzept:• GPS: Prinzipien und Methoden - einheitlich und
unternehmensspezifisch, jedes Unternehmen hat „sein“ Produktionssystem (Gestaltbarkeit)
• Vermeiden von Verschwendung – Wertstrom-design
• Ziele: Vereinfachung, Transparenz, Standardisierung, Routinen + kontinuierliche Verbesserung
Einschätzungen/Thesen
• Beschäftigte haben in modernen Rationalisierungskonzepten (RK) eine immer zentralere Rolle
umfassendere Nutzung der Arbeitskraft (Fertigen + Warten/Instandhalten „Crash“-Kompetenz + KVP +…) auf Basis guter Kenntnis der Produktionsprozesse, schwierigerer Ersatz/längere Einarbeitung
• Kritische Größe: Personalkapazität– bei Unterdeckung: Verdichtung/Intensivierung
– Leiharbeit (Kern-/Randbelegschaft)
– Weniger Mikropausen Erholung
• RK setzen die Verfügbarkeit des notwendigen Personals voraus: sie schaffen ihre eigenen Erfolgsvoraussetzungen (noch) nicht (Ressourcenaufbau Verschleiß)
Demografischer Wandel als andauernde Herausforderung
Forschungsfragen/Thesen• Wie können unter den veränderten Voraussetzungen (verschärfte
Wettbewerbsbedingungen bei schwierigerer Personalsituation) in den Betrieben Bedingungen geschaffen werden, um die Potenziale der Beschäftigten (Arbeits-, Lern- und Leistungsfähigkeit, Gesundheit, Innovationsfähigkeit, Flexibilität) langfristig zu erhalten und weiter zu entwickeln, und damit die Voraussetzungen für eine hoch leistungsfähige Produktion zu schaffen?
(Teil-)Antworten in stradewari:
• Personalpolitik
• Betriebliches Gesundheitsmanagement
• Arbeitsgestaltung/Führung
• Arbeitszeit/Schichtsysteme