rod brookes/justin lewis/nick mosdell/terry threadgold: shoot first and ask questions later ....

1

Click here to load reader

Upload: david-dadge

Post on 14-Jul-2016

216 views

Category:

Documents


2 download

TRANSCRIPT

Page 1: Rod Brookes/Justin Lewis/Nick Mosdell/Terry Threadgold:   Shoot First and Ask Questions Later  . Media Coverage of the 2003 Iraq War

schen Rezeptions- und Produktionsprozess. Ste-reotype entstehen und verfestigen sich durchWiederholung und Akzeptanz, sie können kip-pen in Klischees und Kitsch. Ihre Verzerrungspo-tenziale wurden früh zur Gefahr für die Kunstfä-higkeit des narrativen Films erklärt, zu einerZeit, als mit Béla Balász, Hugo Münsterberg,Rudolf Arnheim, dem heute fast vergessenenRené Fülöp-Miller und anderen die Anfänge derFilmwissenschaft begründet wurden, also ab derzweiten Hälfte der 1920er Jahre. Dabei kollidier-te die Kritik an den Stereotypen hin und wiederdurchaus mit dem offensichtlichen Vergnügen,das die Kritiker selbst daran hatten, wenn sie imKino saßen! Auch sie konnten ihre letztlich ge-sellschaftlich geprägten Dispositionen nicht im-mer verleugnen ob der hohen, der singulärenKunst willen. Denn das Kino der Stereotypewird für alle produziert, es stellt sich auf die Be-dürfnisse der Mehrheit ein. Nur so lässt es sicherfolgreich, d. h. gewinnbringend vermarkten.Fülöp-Miller war laut Schweinitz der erste, der1931 diese Wechselbeziehung einer »pragmati-schen Interpretation« unterzog, indem er Stereo-type »als Größen der Koordinierung der WareFilm mit Dispositionen eines Massenpublikums«verstand (S. 176). Ansatzweise findet sich diegleiche Einschätzung in Siegfried KracauersEssay über »die kleinen Ladenmädchen« von1927. Aber erst sein 1947 erschienenes, im Exilverfasstes Werk »From Caligari to Hitler«(deutsch 1958!) systematisierte und vertiefte die-se letztlich sozialpsychologische Herangehens-weise. Die These vom Kino als »Regressionsap-parat« auch oder gerade wegen seiner Stereotypespielt hier ebenfalls eine Rolle. Zugespitzt wurdesie von Theodor W. Adorno und Max Horkhei-mer, die das Exil in den USA massiv mit demHollywood-Kino konfrontiert hatte. Eine anderePosition vertrat hingegen, trotz gleicher Lage,der Kunsthistoriker Erwin Panofsky in seinemoft zitierten Aufsatz »On Movies« von 1936. Erbekannte sich zur Faszination durch Filmstereo-type und sah diese als geeignet für seine ikonolo-gischen Analyseansätze. Nach Kriegsende, als diedeutschsprachige Filmwissenschaft verspätetlangsam wieder Fuß fasste, wurden Stereotypesukzessive zum Untersuchungsgegenstand –nicht zuletzt durch das Paradigma der »Sprach-analogie«, d. h. durch die Auffassung, narrativerFilm sei wie ein narrativer Text zu analysieren.Das führte zur Übertragung je gängigerMethoden der Literaturwissenschaft und ins-besondere der Linguistik, ab den 60er Jahren

dann zum Semiologie- und Strukturalismus-Boom. Dafür stehen Namen wie Christian Metzund Umberto Eco, Claude Lévi-Strauss oderRoland Barthes. Die Anregungen kamen alsoüberwiegend aus Frankreich.

Obwohl eigentlich alle genannten Ansätze zurFilmanalyse und speziell zur Analyse von Film-stereotypen nach wie vor angewandt werden, er-folgte inzwischen doch ein deutlicher Paradig-menwechsel, laut Schweinitz zum »postmoder-nen Blick« (S. 222). Gemeint ist die Dekon-struktion von Stereotypen auf dem Weg ihrerständigen Reflexion und Offenlegung. Schwei-nitz selbst arbeitet an der Entwicklung einer»Theorie reflexiver Stereotypik« (S. 226), die esbislang nicht explizit gibt. In der vorliegendenStudie liefert er die dazugehörigen wissenschafts-theoretischen Voraussetzungen in ihren vielfa-chen Bezügen und Verflechtungen. Zugleich lie-fert er damit eine Art historischen Aufriss derdeutschsprachigen Filmwissenschaft, die seit ih-ren Anfängen immer wieder bei der Stereo-typenfrage landete – wahrscheinlich deswegen,weil sie ungern die »Kunst« im Kino vermisst.

An vier Fallbeispielen erprobt Jörg Schweinitzam Ende sein theoretisches Konzept. Wer die Fil-me kennt, mag vom Erkenntnisgewinn vielleichtetwas enttäuscht sein. Aber das gehört zu den»Mühen der Ebene«, in die uns die Empirie meis-tens entlässt. Kompakte Theorie auf hohemsprachlichen Niveau bereitet einfach ein größeresintellektuelles Vergnügen. Ihm kommt dieseStudie aufs Erfreulichste entgegen.

VERENA BLAUM, Eching

Rod Brookes/Justin Lewis/Nick Mosdell/TerryThreadgold: Shoot First and Ask Questions Later.Media Coverage of the 2003 Iraq War. – NewYork etc.: Peter Lang 2006 (= Reihe: Media andCulture; Bd. 7), 212 Seiten, Eur 27,20.

Stig A. Nohrstedt/Rune Ottosen (Hrsg.): GlobalWar – Local Views. Media Images of the IraqWar. – Göteborg: Nordicom 2005, 278 Seiten,Eur 30,–.

According to the International Press Institute, 46journalists were killed reporting in Iraq last year;the figure is more than double the 19 deaths re-ported in 2003 when the Iraq war started. Sadly,as the death toll has mounted, the lens through

Buchbesprechungen 413