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Evonik-innovationsprEis 2013
And the winner is ...GEsUnDHEit
Funktionelle Biopolymere:Verbesserte Therapiemöglichkeiten
elements46Quarterly Science Newsletter Ausgabe 1|2014
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2 inHalt
6
22
34
titElmotiv
Funktionelle Polymere von Evonik bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im Pharma und Medizinproduktebereich
nEWs
4 Evonik nimmt 2014 vier Großanlagen in Betrieb 4 Neue Anlage zur Produktion von Spezialtensiden 5 Neue Anlage für Katalysatoren zur Biodieselherstellung in Argentinien 5 Erweiterte ThreAMINO® Anlage in Betrieb
Evonik-innovationsprEis 2013
6 And the winner is… katEGoriE nEUE proDUktE/nEUE systEmlösUnGEn
8 Keine Angst vor Kratzern katEGoriE nEUEr oDEr vErbEssErtEr prozEss
12 Direkt und nachhaltig: Ohne Umweg zum Serin katEGoriE krEativEs kommUnikationsmEDiUm
16 Nachhaltige Hautpflege nach Maß
nEWs
20 Neue Membrantechnologie ausgezeichnet 20 Nachhaltiges Bauen mit DEGADUR® Harzen 21 Hochschulen erfolgreich bei EvonikIdeenwettbewerb 21 Evonik investiert in Technologieunternehmen FRX Polymers
GEsUnDHEit
22 Funktionelle Biopolymere: Verbesserte Therapiemöglichkeiten
nEWs
28 Formulierungsservices für hochpotente Arzneiwirkstoffe 28 Erweiterte Kooperationsvereinbarung für AcrylEZE® 29 Kunden profitieren von Prozessverbesserungen bei LOrnithinLAspartat 29 Evonik positioniert sich in der Onkologie
rEaktortEcHnik
30 Neuer Auftrieb für Blasensäulen
nEWs
33 Neues Joint Venture LiteCon für Leichtbauteile 33 Neue ROHACELL® Anlage steigert Kapazität
intErviEW
34 Neues Forschungszentrum für kosmetische Wirkstoffe: „Innovation bleibt der wichtigste Wachstumshebel“
innovationsmanaGEmEnt
38 Weiterbildungsstudium „Master in Business Innovation“: Solide Grundlage
39 Impressum
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3EDitorial
Nachhaltig erfolgreichBereits 1998 stand der Begriff „nachhaltig“ in Deutschland in der Endauswahl zum Wort des Jahres, weil er die öffentliche Diskussion in besonderem Maße bestimmte. Seither hat sich Nachhaltigkeit für viele Menschen zu einer Art Lebenseinstellung entwickelt, die die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln, ethisch-ökologischen Geldanlagen, sanftem Tourismus oder fair gehandelten Produkten hat ansteigen lassen. Kritiker nennen es eine Mode, die das Gewissen beruhigt.
Haben sie Recht? Ich meine nein. Wir als Chemieunternehmen spüren deutlich, dass der Begriff Nachhaltigkeit im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen ist. Wer kann, gibt immer mehr Geld für Produkte mit „Nach-haltigkeitsfaktor“ aus. Branchen, die nah am Endverbraucher sind, gehen deshalb verstärkt dazu über, ihr Produktportfolio unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu erneuern. Diesen Druck geben sie an ihre Lieferanten weiter – zum Beispiel an Evonik. Wir ziehen daraus die Konse-quenz, dass wir beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur nachdenken, sondern auch vordenken müssen, um nachhaltig erfolgreich zu sein.
Beispiel Kosmetik: Wenn es um die eigene Haut geht, ist der Verbraucher in den westlichen Industrieländern höchst anspruchsvoll. Pflegeprodukte sollen wirken, aber Mensch und Umwelt nicht belasten. So stehen naturnahe Inhaltsstoffe hoch im Kurs, die sozialverträglich und effizient gewonnen werden.
Hier hat der Geschäftsbereich Consumer Specialties angesetzt mit seiner CAREtain® Toolbox, die für die wichtigsten Kosmetikinhaltsstoffe von Evonik rund 25 umweltrelevante Faktoren abbildet. Die Basis dafür waren unter anderem Lebenszyklusanalysen. Mit diesen Informationen können Kunden die Formulierung ihrer Produkte nach ihren spezifischen Nachhaltigkeits-prioritäten designen – je nachdem, ob sie sich beispielsweise die Reduktion von Wasserverbrauch, Energieverbrauch oder Emissionen zum Ziel gesetzt haben. Doch CAREtain® soll nicht nur Transparenz für die aktuelle Produkt-palette schaffen, sondern auch als Instrument zur Innovationssteuerung dienen: Sie soll die Grundlage dafür sein, neue Produkte zu entwickeln, die die Umwelt weniger belasten und zugleich ethische, gesellschaftliche und kaufmännischen Aspekte berücksichtigen.
Das kommt im Markt gut an: Namhafte Kunden haben Evonik bereits als Partner für eigene Nachhaltigkeitsprojekte ausgesucht. Das zeigt einmal mehr: Nachhaltigkeit bietet die Chance, sich durch innovative Ansätze vom Wettbewerb zu differenzieren. Deshalb haben wir CAREtain® als ganzheit-lichen Ansatz für nachhaltige Produkte jetzt mit unserem unternehmens-internen Innovationspreis ausgezeichnet.
Dr. peter naglerChief Innovation Officer von Evonik Industries AG
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4 nEWs
Evonik nimmt 2014 vier Großanlagen in BetriebEvonik Industries nimmt 2014 neue Anlagen und Produktionskapazitäten mit einem Investitionsvolumen von knapp 1 Milliarde € in wachstumsstarken Zukunftsmärkten in Betrieb. In Singapur stellt Evonik eine WorldScaleAnlage zur Produktion der Aminosäure MetAMINO® (DLMethionin) für die Tierernährung fertig. Die neue Anlage soll mit einer jährlichen Kapazität von 150.000 Tonnen im dritten Quartal 2014 den Betrieb aufnehmen. Der Spezialchemiekonzern hat dafür mehr als 500 Millionen € investiert. Darüber hinaus erweitert Evonik derzeit in Brasilien und Russland die weltweiten jährlichen Kapazitäten der Futtermittelaminosäure Biolys® (LLysinQuelle) bis 2015 deutlich auf fast 500.000 Tonnen.
In China fährt Evonik 2014 in Schanghai Produktionsanlagen für Isophoron und Isopho rondiamin an. Diese sogenannten Crosslinkers sind wichtige Bestandteile zum Bei spiel für die Herstellung von Industrie fußböden, Kunstleder oder Lacken und Farben. Außerdem werden sie in der chemischen Synthese eingesetzt und im Wachstumsbereich der leistungsfähigen Verbundwerk
stoffe – unter anderem für Windkraftanlagen. Das Investitionsvolumen liegt bei mehr als 100 Millionen €.
Auch in Brasilien erweitert Evonik sein globales Produktionsnetzwerk. Dort geht im Laufe des Jahres 2014 eine neue Anlage für die Produktion von Inhaltsstoffen für den Kosmetik und Haushaltkonsumgütermarkt in Betrieb. Mit einer Investition im mittleren zweistelligen MillionenEuroBereich schafft Evonik eine Produktionskapazität von insge
samt rund 50.000 Tonnen pro Jahr. Bereits im Jahr 2013 hat das Unternehmen eine ähnliche Anlage in China in Betrieb genommen (siehe Meldung unten).
In Deutschland soll voraussichtlich im Frühjahr 2014 eine neue Anlage zur Herstellung von funktionalisierten Polybutadienen in Marl den Betrieb aufnehmen; das Investitionsvolumen liegt im mittleren zweistelligen MillionenEuroBereich. Evonik vermarktet funktionalisierte Polybutadiene unter dem Namen POLYVEST® HT. Sie werden hauptsächlich in Dichtmassen für Isolierglasfenster sowie für Klebstoffe verwendet, beispielsweise in der Automobil und Elektronik industrie.
Das Investitions und Wachstums programm von Evonik umfasst insgesamt mehr als 6 Milliarden € für den Zeitraum 2012 bis 2016. Rund zwei Drittel davon sind für Wachstumsinvestitionen vorgesehen, ein Drittel wird in bestehende Anlagen investiert. Im Jahr 2018 will Evonik einen Umsatz in Höhe von rund 18 Milliarden € und ein bereinigtes EBITDA von mehr als 3 Milliarden € erwirtschaften.
Neue Anlage zur Produktion von Spezialtensiden Evonik Industries hat in Schanghai (China) eine neue Anlage zur Produktion von organischen Spezialtensiden in Betrieb genommen. Die Anlage verfügt über eine Jahreskapazität von rund 80.000 Tonnen. Das Investitionsvolumen lag im oberen zweistelligen Millionenbereich.
Bei der Produktion kommt eine Reihe verschiedener Technologien zum Einsatz, wodurch Evonik seinen Kunden eine breite Palette an lokal hergestellten Erzeugnissen anbieten kann. Darunter etwa Spezialtenside aus erneuerbaren Ressourcen, die in Körperpflege und Hygieneprodukten sowie in Haushaltsreinigern und bei Industrieanwendungen zum Einsatz kommen. Der Schwerpunkt der Produktion liegt auf wichtigen Produktgruppen wie amphotere Tenside, Amidoamine, Esther, Alkoxylate und Quats.
Mit Inbetriebnahme der Anlage entstehen rund 80 neue Arbeitsplätze. Evonik betreibt bereits eine ähnliche Anlage in Bekasi (Indonesien), die hauptsächlich Hersteller der Personal und HouseholdCareIndustrien in Südostasien, Australien und Neuseeland beliefert. Der asiatische Markt für Wäschepflegeprodukte wird durch das
Streben der Konsumenten nach einem komfortableren Lebensstil angetrieben. China, der größte Einzelmarkt für Kosmetikprodukte in Asien, ist im zweistelligen Bereich gewachsen und es wird weiteres Marktwachstum in dieser Höhe erwartet.
„Die neue Produktionsanlage in Kom bination mit unserem deutlich erweiterten Forschungszentrum in Schanghai ermöglicht es uns nun, schnell auf Kundenanforderungen im asiatischpazifischen Raum einzugehen,
Trends früh zu erkennen und weltweit Produkte mit der gleichen Qualität anbieten zu können“, so Dr. Claus Rettig, Leiter des Geschäftsbereichs Consumer Specialties von Evonik.
Die neue Anlage setzt in Hinsicht auf Umwelttechnik, Qualität und Zuverlässigkeit Standards. Dazu gehören unter anderem um fassende Emissionskontrollen, ein zweiphasiges Wasseraufbereitungssystem und modernste Technologie.
Die neue Anlage in Schanghai produziert vor allem Produkte wie amphotere Tenside, Amidoamine, Esther, Alkoxylate und Quats
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5nEWs
Kunden in Südamerika mit unseren hochwertigen Katalysatoren aus lokaler Produktion versorgen.“
Evonik verfügt über langjährige Erfahrung und erprobtes Knowhow in der Produktion von Katalysatoren für die Herstellung von Biodiesel. Im Jahr 2009 hatte das Unter nehmen eine Produktionsanlage in Mobile (Alabama, USA) angefahren, die eine Kapazität von 60.000 Jahrestonnen hat. Aus dieser Anlage bedient Evonik die Nachfrage auf dem nordamerikanischen Biodieselmarkt. Nach dem erfolgreichen Einsatz dieser neuen Produktionstechnologie in den USA ist jetzt in Argentinien eine Anlage gleichen Typs gebaut worden. Bei dieser Technologie werden die Alkoholate in einer Direktreaktion von Alkohol mit Lauge hergestellt.
Bereits heute nimmt Evonik eine weltweit führende Position bei den Biodiesel katalysatoren ein – auch in Südamerika. Mit der neuen Anlage in Argentinien stärkt Evonik sein Geschäft weltweit und in der Region.
bessert Futteraufnahme, Gewichtszuwachs und den Nährwert des Futters. Dagegen sinkt die Stickstoffausscheidung, weil der Rohprote ingehalt des Futters entsprechend dem Nährstoffbedarf der Tiere ausbalanciert wird.
Evonik ist weltweit das einzige Unternehmen, das alle vier essenziellen Aminosäuren produziert und vermarktet, die in der modernen Tierernährung eingesetzt werden: MetAMINO® (DLMethionin), Biolys® (LLysinQuelle), ThreAMINO® (LThreonin) und TrypAMINO® (LTryptophan).
Neue Anlage für Katalysatoren zur Biodieselherstellung in Argentinien Evonik Industries hat eine neue Anlage zur Herstellung von Katalysatoren für die Bio die selproduktion in Argentinien in Betrieb genom men. Die neue Produktion hat eine Jahres kapazität von über 60.000 Tonnen und wird gebrauchsfertige Alkoholate als Kata lysatoren für die Produktion von Bio diesel aus nachwachsenden Rohstoffen liefern. Mit der
Anlage sollen künftig vor allem die Märkte in Argentinien und Brasilien bedient werden.
„Wir haben die Anlage im Zentrum der argentinischen Biodieselindustrie in Puerto General San Martín in der Region Rosario gebaut“, erklärte Jan Van den Bergh, Leiter des EvonikGeschäftsbereichs Advanced Intermediates. „Wir wollen damit unsere
Erweiterte ThreAMINO® Anlage in BetriebEvonik Industries hat die Produktionskapazität für ThreAMINO® (LThreonin) bei Evonik Agroferm Zrt., einer 100prozentigen Tochter gesellschaft des Konzerns in Kaba (Ungarn), auf 30.000 Tonnen erhöht. Die Anlagen erweiterung wurde im Beisein ungarischer Regierungsvertreter offiziell in Betrieb genommen.
„Die Erweiterung der Anlage in Kaba ist ein Meilenstein für die Wachstumsstrategie von Evonik im Bereich Futter mittel aminosäuren“, sagte Dr. Stefan Mack, Leiter Produkt management im Geschäftsgebiet Bioproducts von Evonik. „Wir verfügen jetzt auch für ThreAMINO® über eine WorldScaleAnlage mit modernster Technik.“
Im Zuge der Erweiterung wurden die Fermentations und die Verarbeitungs ka pazität erhöht. Durch modernste Membranfiltrations und Kristallisationstechnologien
ließ sich zudem die Ausbeute des Prozesses steigern. Mit den zusätzlichen Mengen will Evonik den wachsenden Bedarf an LThreonin (Feed Grade 98,5 Prozent) decken und einen Beitrag zu einer effizienten Tierernährung leisten.
LThreonin, das Evonik unter dem Marken namen ThreAMINO® vertreibt, ist eine essen zielle Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie muss deshalb von den Tieren mit dem Futter aufgenommen werden. Ein optimaler ThreoninGehalt ver
Die neue Anlage für Katalysatoren zur Biodieselherstellung soll künftig vor allem die Märkte in Argentinien und Brasilien bedienen
Schnittige Eröffnung: (v. l. n. r.) Sándor Szabó, Präsident der Landwirtschatskammer von
Hajdú-Bihar county, Dr. Stefan Mack, Leiter Produk t manage ment im Geschäftsgebiet
Bioproducts, Emma Szegi, Bürger meisterin von Kaba, und Stand ortleiter Robert Sápi
bei der offiziellen Inbetriebnahme
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6 Evonik-innovationsprEis 2013
in DiEsEm JaHr ging der Innovationspreis an die drei Projekte: „Silylisocyanate: Neue Technologie-plattform macht Autoklar lacke kratzfester“, „Neue Serinproduktionsplattform: Auf einem Weg zu zwei Enantiomeren“ und „CAREtain®: Die Kommunika-tionsplattform für nachhaltige Innovation“. Wie schon im letzten Jahr wurde er in drei Kategorien vergeben: neue Produkte/Systemlösungen, neue oder verbesserte Verfahren und kreative Kommuni-kation. Der Preis für kreative Kommunikation wür-digt die Tatsache, dass auch gutes Marketing und pro-
Der Preis in der Kategorie neue Produkte/neue Systemlösungen geht an:
Dr. Hans GörlitzerMarkus HallackDr. Stephan KohlstrukManfred KreczinskiDr. Rainer LomölderThorsten MarinAndre RaukampWladimir RichterTobias UnkelhäußerDr. Emmanouil SpyrouDr. Wiebke StacheGeschäftsbereich Coatings & Additives
Für das Projekt: Silylisocyanate: Neue Technologieplattform macht Autoklarlacke kratzfester
And the winner is ...
fessioneller Vertrieb zum Markt erfolg einer Entwick-lung beitragen.
Zuvor hatten es acht Teams in die Finalrunde geschafft. Maßgeblich für die Nominierung waren unter anderem die wirtschaftliche Bedeutung, die ökologischen Vorteile und der gesellschaftliche Nutzen der Projekte. Erst am Tag der Preisverleihung wählte eine Jury, der neben Wohl hauser und Chief Innovation Officer Dr. Peter Nagler drei Geschäfts - be reichs leiter sowie drei Professoren angehörten, die Gewinner aus.
Drei Mitarbeiterteams dürfen sich über den EvonikInno vations preis 2013 und das damit verbundene Preisgeld in Höhe von 30.000 € freuen. EvonikChef Klaus Engel und Vorstands mitglied Patrik Wohlhauser kürten am Abend des 17. Dezem ber in Essen zum 13. Mal die Sieger des Innovationspreises.
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7Evonik-innovationsprEis 2013
Der Preis in der Kategorie neuer oder verbesserter Prozess geht an:
Dr. Andreas KarauDr. Steffen OßwaldDr. Ingrid DechampsDr. Christian KeßlerDr. Heiko SchusterDr. Christine JareckiJian LinDr. Jean Louis PhilippeDr. Thomas HermannDr. Jianhua WangXia GengDr. David VoigtlaenderRalph SchneiderGeschäftsbereich Health & Nutrition
Für das Projekt: Neue Serinproduktions-plattform: Auf einem Weg zu zwei Enantiomeren
Der Preis in der Kategorie kreatives Kommu - ni kationsmedium geht an:
Peter BeckerDr. Thomas SatzingerLisa DierksDr. Marrit EcksteinDr. Oliver SpringerDr. Peter SchwabDr. Jürgen MeyerDr. Peter LerschWibke PaeslerDr. Thomas BöhlandDr. Oliver ThumDr. Hans-Henning WenkDr. Christine AndersDr. Wolfgang GoertzSustainability Working Group, Geschäftsbereich Consumer Specialties
Für das Projekt: CAREtain®: Die Kommuni-kationsplattform für nachhaltige Innovation
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8 Evonik-innovationsprEis 2013 k atEGoriE nEUE proDUktE/nEUE systEmlösUnGEn
Durch Silanmodifizierte Isocyanate werden Lackoberflächen kratzfester als je zuvor. Die von Evonik entwickelte Technologie hat bereits großes Interesse unter Automobilherstellern ausgelöst.
[ text Dr. Hans Görlitzer, Markus Hallack, Dr. Stephan Kohlstruk, Dr. Rainer Lomölder ]
Keine Angst vor Kratzern
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9Evonik-innovationsprEis 2013 k atEGoriE nEUE proDUktE/nEUE systEmlösUnGEn
aUtolackE müssEn viEl aushalten – sei es Straßenschmutz, Streusalz oder UV-Strahlung. Sie schützen die Karosserie vor mechanischen und Umwelteinflüssen, aber sie erfüllen auch eine wichtige optische Funktion. Entscheidend dafür ist die oberste Schicht eines heute meist aus vier Komponenten bestehenden Autolackes: der nur etwa 40 Mikrometer dünne Klarlack. Aus Gründen des Designs muss er transparent und glänzend sein, gleichzeitig hochfest und dennoch flexibel, damit er nicht einfach absplittert, wenn ein Fremdkörper mechanisch auf ihn einwirkt.
Moderne Zweikomponenten-Klarlacke auf Polyurethanbasis sind äußerst robust gegenüber chemischen Einflüssen. Einen re-gelmäßigen Besuch der Waschstraße sieht man diesen Klarla-cken allerdings mit der Zeit an, denn Bürsten, aber auch Staub und Schmutz hinterlassen Mikrokratzer. So verliert der Klarlack eines Neufahrzeugs im Laufe der Jahre an Glanz – selbst wenn das Fahrzeug wenig genutzt wird. Und selbst heute als „kratz-fest“ bezeichnete Lacke, die mit Nanopartikeln formuliert sind, sind nur anfangs kratzfester. Schuld ist die Verwitterung des Bindemittels, so dass Partikel an der Oberfläche des Klarlacks durch Bürsten und Pflegemittel „herausgewaschen“ werden – und wieder Kratzer entstehen.
Lack ist nicht gleich Lack
Viele Automobilhersteller haben diese Herausforderungen schon vor Jahren erkannt. Lack ist nicht mehr gleich Lack. Besonders ab der oberen Mittelklasse verwenden die Fahrzeughersteller bereits Klarlacke mit verbesserter Kratzbeständigkeit. Einerseits kommt das den Kundenwünschen entgegen. Andererseits senkt eine verbesserte Kratzbeständigkeit auch den Pflegeaufwand bei Fuhrpark- und Leasingfahrzeugen – ein wichtiger Aspekt, wenn sie nach ein paar Jahren weiterverkauft werden sollen. Sie sollen auch dann noch wie neu aussehen – möglichst ohne auf-wändiges Polieren.
Doch auch heute verfügbare Klarlacke stellen hinsichtlich ihrer Kratzbeständigkeit noch nicht das Nonplusultra dar. Mitarbeiter von Evonik aus dem Geschäftsbereich Coatings &
Additives haben nun eine Technologieplattform entwickelt, mit der sich die Kratzbeständigkeit von Klarlacken weiter deutlich verbessern lässt. Für ihre Entwicklung haben sie den Evonik-Innovationspreis 2013 in der Kategorie Neue Produkte/Neue Systemlösungen verliehen bekommen.
In der wissenschaftlichen Literatur ist seit mehr als 30 Jahren bekannt, dass sich die Eigenschaften von Klebstoffen und Lacken durch Silan-modifizierte Harze deutlich verbessern lassen. Allerdings ist ein wichtiger Schlüsselbaustein dafür in industri-ellen Größenordnungen nur schwer mit hoher Ausbeute herzu-stellen, was sich spürbar auf den Preis auswirkt. Daher kam die Technologie bislang nur in Nischen zur Anwendung, zum Beispiel bei Hochleistungsklebstoffen. Bei den deutlich preis-sensibleren Automobilklarlacken spielten Silan-modifizierte Harze in der Vergangenheit dagegen keine Rolle.
Mit dem Ziel, industriell relevante Mengen zu wettbewerbs-fähigen Preisen herzustellen, erforschten und prüften die Projektbeteiligten bei Evonik geschäftsbereichsübergreifend das Potenzial der Technologie für Lackformulierungen und entwickelten einen Prozess zur Herstellung des Lackbindemittels. Dazu gehörte es auch, geeignete Katalysatorsysteme zu finden. Die Entwicklungsarbeiten umfassten große Teile der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Autolack. Dazu vernetzte und nutzte das Team das im Konzern vorhandene Know-how über Silanchemie und über Prozesse zur Isocyanatherstellung. Eine intensive und kooperative Zusammenarbeit mit dem Geschäfts-gebiet Functional Silanes trug wesentlich zum Erfolg des Pro-jekts bei.
Entwicklung mit Blick für den Markt
Mit Blick auf eine marktnahe Entwicklung kooperierten die Mit-arbeiter von Evonik zudem schon in einem sehr frühen Stadium mit einem Lackformulierer und einem Automobilhersteller. Der entscheidende Baustein in der Herstellung von urethanisierten Polyalkoxysilanen ist ein Silylisocyanat, das 3-Isocyanatopropyl-trimethoxysilan (IPMS). Durch eine Silan- und eine Isocyanat-gruppe ist das Molekül bifunktional und damit besonders 333
Die Beanspruchung von lackierten Oberflächen in Fahrzeugwaschanlagen wird in speziellen Testeinrichtungen realitätsnah simuliert. In der abgebildeten Amtec-Labor-Waschanlage werden Prüfbleche unter einer horizontal rotie-renden Waschbürste hin und her bewegt. Der Anpressdruck ist einstellbar. Zur Simulierung der Oberflächenverschmutzung kann dem Waschwasser Quarzmehl in definierter Menge beigemischt werden
Unter dem Rasterelektronen-mikroskop sind durch Wasch-straßensimulationstests entstandene Kratzer in der Oberfläche eines Standardautoklarlacks deutlich zu erkennen
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gut vernetzbar (Abb. 1). Wesentlich für die Herstellung dieses Silan-modifizierten Isocyanats war, dass das bei Evonik eingesetzte Produktionsverfahren ohne Phosgen auskommt. So wird bei der chemischen Synthese der Isocyanatgruppe nicht gleichzeitig am anderen Molekülende das empfindliche Silan schon im Prozess wieder zerstört. Die Ausbeuten sind entspre-chend besser. Evonik hat für die neuartigen Vernetzungs-konzepte in Bindemitteln und für neue Katalysatorkonzepte inzwischen Patentschutz beantragt.
Seit Juni 2013 wird das IPMS in einer neuen Anlage am Stand-ort Marl im industriellen Maßstab produziert. Mit diesem Schlüs-selbaustein für neuartige Harze lässt sich die Kratzbeständigkeit von Klarlacken deutlich verbessern. Das konnten die Projekt-beteiligten bereits mit entsprechenden Tests nachweisen, wie sie in der Automobilindustrie üblich sind (Abb. 2). Der Grund für die größere Kratzbeständigkeit liegt in der höheren Ver-netzungsdichte, die aber gleichzeitig noch eine hohe Flexibilität des Klarlacks ermöglicht, und der Bildung von harten SiO2- artigen, fest in die Lackmatrix eingebundenen Bereichen – ver-gleichbar mit Quarz.
Mit eigenen Tests konnten die Projektbeteiligten zudem belegen, dass Klarlacke, die auf der neuen Technologie beruhen, auch bei der chemischen Beständigkeit und der Witterungs-beständigkeit genauso gut abschneiden wie typische Zweikom-ponenten-Polyurethanlacke. Ein weiteres Plus: Für die Kunden von Evonik sind die neuen Materialien eine relativ einfache Sache, weil die Integration in etablierte Lackformulierungen nur
Abbildung 2
Start 500 1.000 1.500
100
h50
90
80
60
70
Abbildung 1
Die bei einem Lackformulierer durchgeführten Tests zur Waschstraßen bestän-digkeit von Lacken mit den neuen Lackbindemitteln von Evonik zeigen, dass diese dauerhaft kratzfest bleiben. Auch nach 1.000 oder 1.500 Stunden soge-nannter Schnellbewitterung, die Monate bis Jahre im Freien simuliert, können diese Lacke ihren ursprünglichen Glanz im Test zu 80 bis 90 Prozent halten. Die Referenz „kratzfest“ (in Grau) liegt dann nur noch bei gut 70 Prozent.
Referenz Lackformulierung Evonik 1 Lackformulierung Evonik 2
Glanzhaltung [%]
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333
Die neue Plattform für Lackbindemittel basiert auf dem Molekül 3-Isocyanato propyltrimethoxysilan (IPMS). Es kann über diverse Linker – im Bild beispielsweise Diole oder Triole – zu Silan- modi fizierten Lackharzen umgesetzt werden
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markus Hallack ist seit Juli 2010 Manager New Business Development im Geschäftsbereich Coatings & Additives. Der DiplomChemie ingenieur war zwölf Jahre in verantwortlichen R&DPositionen bei global ausgerichteten Lackherstellern tätig, bevor er 2001 zu Evonik kam. Von 2003 bis 2007 war Hallack Leiter R&D und Leiter der Anwendungstechnik Silikon harze. Anschließend arbeitete er drei Jahre in den USA als Leiter der Anwen dungstechnik für das Geschäftsgebiet Coating Additives & Specialty Resins. telefon +49 2365 [email protected]
Dr. Hans Görlitzer ist seit August 2012 Leiter des Business Development für Crosslinkers im Geschäftsbereich Coatings & Additives. Er studierte Chemie an der Technischen Universität München und wurde dort im Jahr 2000 promoviert. Seine berufliche Laufbahn startete er in F&E des damaligen Geschäftsgebiets Binders & Additives. 2004 übernahm er die Leitung der Anwendungstechnik für RohMax Ölad di tive. Ende 2008 wurde Görlitzer Pro jektleiter in den Bereichen Business Development und Strategy & Con trol ling von Coatings & Additives.telefon +49 2365 49-86460 [email protected]
Dr. stephan kohlstruk ist verantwortlich für das Innovationsmanagement des Geschäftsgebiets Crosslinkers. Er studierte Chemie in Hamburg und Göttingen. Nach seiner Promotion und zweijährigem PostdocAufenthalt an der RSC in Australien trat er 1995 in die LackrohstoffForschung der damaligen Hüls AG ein. Kohlstruk war Projekt verantwortlicher für ein Investitions projekt, leitete eine Produktlinie, war zuständig für das New Business Development des Geschäfts bereichs Coatings & Additives und ist seit 2011 in seiner jetzigen Funktion für Evonik tätig.telefon +49 2365 [email protected]
Dr. rainer lomölder ist global verantwortlich für die Anwendungstechnik des Geschäftsgebiets Crosslinkers. Nach dem Studium der Chemie in Münster und anschließender Promotion in orga nischer Chemie trat er 1989 in die dama lige Hüls AG ein. Bis 1993 war Lomölder zuständig für die Entwicklung von PURLackharzen und Kunststofflackierungen. Dann übernahm er die Leitung der Anwen dungstechnik für die Produktgruppe VESTANAT® und im Jahr 2000 seine aktuelle Position.telefon +49 2365 [email protected]
ein Feintuning erfordert. Die Technologie ist voll kompatibel mit typischen Zweikomponenten-Polyurethanlacken. Für einen Automobilhersteller heißt das, dass er Lacke mit dem neuen Harz problemlos über bestehende Fertigungslinien applizieren kann.
Ein Werkzeugkasten für maßgeschneiderte LösungenDoch mit der Neuentwicklung eröffnen sich noch mehr Mög-lichkeiten. Durch die Wahl geeigneter organischer Vernetzer lassen sich Flexibilität, chemische Beständigkeit, Löslichkeit in Lösungsmitteln, Adhäsion und Oberflächenenergie gezielt ein-stellen. Zudem ist das Verarbeitungsfenster durch die Kombina-tion verschiedener Harze und Katalysatoren in einem weiten Temperaturbereich einstellbar – von Umgebungstemperatur bis 160 °C. Damit steht den Mitarbeitern von Evonik ein Werkzeug-kasten zur Verfügung, mit dem sie für jede Anwendung eine maßgeschneiderte Lösung konzipieren können. IPMS bildet damit die Grundlage für Vertreter einer ganzen Produktfamilie. Neben Klarlacken für die Automobilindustrie ist daher auch eine Vielzahl anderer Anwendungen vorstellbar, bei denen Ober-flächen von einer hohen Kratzbeständigkeit aus ästhetischen oder funktionalen Gründen profitieren würden.
Evonik ist die Nummer eins bei funktionalen Silanen und Aminosilanen. Das Spezialchemieunternehmen beherrscht die phosgenfreie Herstellung von Isocyanaten, was nicht viele kön-nen. Doch Evonik liefert nicht einfach IPMS als Baustein eines Harzes an den Lackformulierer, denn dieses Material wäre als Rohstoff nur schwer zu lagern und vor allem zu handhaben. Viel-mehr stellt Evonik dem Lackformulierer ein kundenspezifisch gefertigtes Harz zur Verfügung, das keiner Einstufung in eine Risikoklasse mehr unterliegt.
Klarlacke, die auf dieser Technologie beruhen, befinden sich nun auf dem Weg zur Freigabe durch ausgewählte Automobil-hersteller. Ein Verantwortlicher eines Fahrzeugproduzenten wagte bereits die Prognose, dass die Silantechnologie in seinem Unternehmen im Laufe der nächsten Jahre zum Standard bei der Klarlackierung von Premiumfahrzeugen werden könnte. So leistet die Silantechnologie von Evonik einen entscheidenden Beitrag zu werthaltigeren Fahrzeugen. 777
Beschichtete Bleche nach einem Kratz test (nass). Links das Kontrollblech, rechts das mit einem Polysilan-basierten Klarlack beschichtete
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Aminosäuren sind wichtige Wirkstoffe in Medikamenten, Kosmetika, Human und Tierernährung. Eine Expertengruppe hat für die Aminosäure Serin eine neue Produktionsplattform entwickelt. Der biotechnologische Prozess liefert künftig die beiden Enantiomere direkt, wirtschaftlich und abfallarm.
[ text Dr. Andreas Karau ]
aminosäUrEn sinD nicHt nur Bausteine lebenswichtiger Proteine und Peptide. Einige haben außerdem große Bedeutung für Stoffwechsel und Transfervorgänge in den Zellen. Zu den besonders vielseitig wirkenden Vertretern zählt das Serin (Abb. 1). Phosphatidyl-Serin beispielsweise gehört zum Grund-gerüst vieler Membranen im Gehirn und spielt bei der Aktivie-rung von Enzymen eine wichtige Rolle. Auch wird der Neuro-transmitter Acetylcholin über mehrere Zwischenstufen aus Serin gebildet.
Kleines Molekül mit großer Bedeutung
Unterschiedliche Branchen haben das Potenzial von Serin für sich entdeckt. Die natürlich vorkommende L-Form ist Bestand-teil von Infusionslösungen, Zellkulturmedien und Kosmetika. Große Bedeutung hat die Aminosäure vor allem für Arzneimit-telhersteller. Serin und eine Reihe chemischer Abkömmlinge sind wichtige Ausgangsstoffe für pharmazeutisch wirksame Substanzen. Medikamente mit Serin- basierten Inhaltsstoffen werden unter anderem gegen Tuberkulose und zur Behandlung von Depressionen und anderen psychologischen Erkrankungen eingesetzt. Andere wirken blutdrucksenkend, beschleunigen die Darmbewegung und erhöhen die Drüsensekretion.
Der Markt für funktionelle Spezialaminosäuren wie Serin ist hoch attraktiv und zeigt überdurchschnittliche Wachstums raten, die je nach Anwendung zwischen fünf und acht Prozent pro Jahr liegen. Der gesamte Weltmarkt für Spezialaminosäuren beläuft sich auf mehrere tausend Tonnen. Evonik kann daran partizi-pieren: Als eines der weltweit führenden Unternehmen bietet Evonik eine große Palette funktioneller Aminosäuren für die verschiedenen Anwendungsfelder (Abb. 2).
Direkt und nachhaltig: Ohne Umweg zum Serin
L-Serin wurde erstmals aus Seidenleim isoliert. Daher leitet sich auch der Name ab (lat. sericum: Seide)
Serin kommt in der Natur nur in seiner L-Form vor
Abbildung 1
HO
H2NO
OH
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Abbildung 2Evonik stellt eine große Palette funktioneller Serinderivate für die verschiedenen Anwen-dungsfelder her
Das Geschäft mit Aminosäuren erfordert viel Know-how und Erfahrung. Bei fast allen Amino säuren existieren jeweils zwei Enantiomere, die sich in ihren räumlichen Strukturen zueinan-der verhalten wie die rechte und linke Hand. Die Enantiomere – die D-Form und die natürlich vorkommende L- Form – decken sich zwar in ihrer Konstitution und in ihren physikalischen Eigen-schaften, zeigen in der Regel aber unterschiedliche chemische und biologische Reaktionen und Reaktivitäten. Produzenten müssen daher in der Lage sein, das jeweils gewünschte Enantio-mer beziehungsweise dessen Derivate in hochreiner Form und ausreichender Menge herzustellen.
Welches Enantiomer darf’s denn sein?
Evonik produziert Serin seit vielen Jahren. Ausgehend von Roh-L-Serin wurden in der Vergangenheit hochreines L-Serin, das D-Enantiomer und das DL-Racemat gewonnen. Allerdings war die bisher übliche chemische Synthese für die D-Form recht auf-wändig und verhältnismäßig teuer (Abb. 3). Allein die Umwand-lung der L-Form in die D-Form benötigt eine Vielzahl einzelner chemischer Reaktions- und Aufarbeitungsstufen, die Gewinnung
des Racemats immer noch fünf. Der Rohstoff war zudem teuer und die Ausbeute nicht zufriedenstellend.
Vor diesem Hintergrund gab es also gute Gründe, die Serin-produktion auf ganz neue Beine zu stellen. Ein interdisziplinäres Team nahm sich im Jahr 2009 der Herausforderung an, die Her-stellung der beiden Enantiomere einfacher und direkter, zugleich aber auch wirtschaftlicher und nachhaltiger zu gestalten. Nach einigen Jahren intensiver Forschung und Entwicklung konnten die Beteiligten im Jahr 2013 melden: Ziel erreicht! Evonik ver-fügt heute über eine hocheffiziente Plattform, die die Gewin-nung von D- und L-Serin unter völlig veränderten Bedingungen möglich macht. Künftig werden beide Enantiomere in der glei-chen Anlage durch einen ähnlichen, katalytischen Prozess her-gestellt. Ausgangsstoff ist kein teures L-Serin mehr, sondern die beiden günstigen Rohstoffe Glycin und Formaldehyd. Die Syn-these der Aminosäure geschieht zudem nicht mehr auf chemi-schem Weg, sondern biotechnologisch mit Hilfe modifizierter E. coli-Bakterien (Abb. 4).
Das Team aus Experten des Geschäftsbereichs Health & Nutrition mit Unterstützung des Know-hows im Geschäftsgebiet Catalysts musste im Wesentlichen drei Fragen klären:
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14 Evonik-innovationsprEis 2013 k atEGoriE nEUEr oDEr vErbEssErtEr prozEss
Unter welchen Prozessbedingungen gelingt die biotechno-logische Gewinnung von Serin? Wie lässt sich steuern, ob die D- oder die L-Form entsteht? Wie werden die Isolierung und Aufarbeitung möglichst einfach und wirtschaftlich?
Bakterien übernehmen die Synthese
Aus der Literatur war eine Gruppe von Enzymen bekannt, die Glycin und Formaldehyd in einem Schritt in Serin umsetzen. Ob die D- oder die L-Form entsteht, hängt von der Wahl der jewei-ligen Enzymvariante ab. Da diese Biokatalysatoren aber nicht zu wirtschaftlichen Preisen verfügbar sind, entwickelten die Experten einen eigenen Herstellungsprozess: Die Enzyme werden durch Fermentation in E. coli-Bakterien hergestellt (Abb. 5).
Der Prozess wird dadurch besonders einfach und effizient, dass die synthetisierten Enzyme aus den Zellen weder isoliert noch aufbereitet werden müssen. Um die eigentliche Serinpro-duktion in Gang zu setzen, werden die beiden Substrate Glycin
und Formaldehyd dem Reaktor einfach zugesetzt. Die Zellwände von E. coli sind durchlässig genug, um Substrat und Biokatalysa-tor in ausreichend engen Kontakt zu bringen. Weiterer Vorteil: Der Prozess funktioniert in wässriger Lösung und benötigt keine sonstigen Lösemittel.
Gerade biotechnologische Prozesse bergen viel Potenzial für eine moderne nachhaltige Chemie. Zu den großen Vorteilen der Biologie gegenüber der Chemie gehören die sanften Reaktions-bedingungen, eine höhere Arbeitssicherheit und geringe Abfall-mengen. Das trifft präzise auch auf die neue Plattform zu. Bisher war die Produktion von D- und DL-Serin verbunden mit chemi-scher Racemisierung, aufwändiger Reinigung und relativ nied-riger Ausbeute. Entsprechend hoch waren Rohstoff- und Ener-gieverbrauch. Pro Kilogramm Produkt fielen große Mengen an sauren und ätzenden Abwässern und Abfällen an. Der neue Pro-zess verändert dieses Bild vollständig. Da jetzt Herstellung und Aufbereitung der Enantiomere wesentlich direkter und einfa-cher sind und außerdem in wässriger Lösung ablaufen, werden Abwasser- und Abfallmengen stark verringert. Auch bei der Mischung der beiden Enantiomere zum Racemat ist die Abfall-menge minimal.
Die Biotechnologie macht nicht nur die Synthese, sondern auch die Weiterverarbeitung wesentlich einfacher, schneller und wirtschaftlicher. Nach der Biotransformation werden die Zellen abfiltriert und das jeweilige Enantiomer durch bewährte Auf-arbeitungstechnik wie Ionenchromatografie und Kristallisation gereinigt. Die Ausbeute liegt deutlich höher als beim alten Pro-zess.
Die Herstellung von L-Serin wurde Anfang 2013 in Betrieb genommen, im August folgte die Produktion der D-Form. Ende 2013 war die gesamte Serinfamilie am Markt eingeführt.
Die neue Plattform bildet eine solide Basis für eine nachhal-tige und wirtschaftliche Serinproduktion. Evonik erweitert seine Wertschöpfungskette, da die Aminosäure aus Glycin und Form-aldehyd selbst hergestellt wird. Diese Rückintegration erhöht die Unabhängigkeit von Rohstofflieferanten und Rohstoffprei-sen. Außerdem garantiert sie eine gleichbleibend hohe Qualität für alle Serinvarianten. Die Produktionen erfüllen nicht zuletzt
333
Abbildung 3Der ursprüngliche chemische Produktions-prozess für Serin war sehr aufwändig
Roh-L-Serin
Chemische Acetylierung
Thermische Racemisierung
...
...
...
DL-Serin
...
...
...
...
...
D-Serin
Teures Ausgangsmaterial
Eine einfache Aufreinigung kann künftige regulatorische und GMP-Anforderungen nicht erfüllen
Aufreinigung in Pharmaqualität ist nicht attraktiv
• Die klassischen Prozesse für D- und DL-Serin sind sehr ineffektiv
• Geringe Prozessausbeuten• Hohe Belegung von Anlagenkapazitäten
...
L-Serin
Hochselektive Biokata lysatoren, die Evonik durch Fermen tation gewinnt, bilden aus Glycin und Form aldehyd D- und L-Serin
Abbildung 5
O
H H
NH2
OH
O
+
OHHO
NH2
O
OHHO
NH2
O
D-selectivealdolase
L-selectivealdolase
Cofactor
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alle Anforderungen der jeweiligen Gesetzgeber. Die gesamte Herstellung folgt beispielsweise den Kriterien der Good Manu-facturing Practice (GMP) – eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzung der Aminsäure als Basis für pharmazeutische Wirk-stoffe.
Auch für die Kunden bringt die neue Plattform Vorteile: Der direkte Weg zum D-Serin verspricht eine höhere optische Rein-heit des Produkts – auch das ist ein relevanter Faktor für die Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe. Die Rückintegration garantiert nicht nur einen Wettbewerbsvorteil bei den Kosten, sondern bietet den Kunden darüber hinaus ein hohes Maß an Liefersicherheit.
Mit globaler Wissensvernetzung zum Erfolg
Der Schlüssel zum Erfolg war die Vernetzung von Wissen: Das Projekt führte Katalysatorexperten mit Chemikern spezialisiert auf die Entwicklung neuer Syntheserouten, Biotechnologen als Spezialisten für Aminosäureproduktion und Prozesstechnologen zusammen. Zugleich bündelte das Team Mitarbeiter von Evonik-Standorten aus vier Ländern. Katalyse, Fermentation und Cofaktorherstellung wurden in Hanau entwickelt, der Aufarbei-tungsprozess für Serin im französischen Ham, Mitarbeiter des Standorts in Kaba (Ungarn) leisteten Unterstützung während der Start-up-Phase. Prozesstransfer und Aufbau der Produktions-anlage schließlich fanden am Standort Evonik Rexim Nanning im südchinesischen Wuming statt.
Die neue Serinplattform zeigt eindrucksvoll, wie groß die Synergien sein können, wenn chemische und biotechnologische Kompetenzen Hand in Hand gehen. Sie ist zugleich Ausdruck der Unternehmensstrategie, saubere und sanfte Biotechnologie in das Alltagsgeschäft zu integrieren.
Die Implementierung der Produktion in China erlaubt eine optimale Marktnähe: Insbesondere im asiatischen Raum profi-tieren viele Menschen von einer immer besser werdenden medizinischen Versorgung. Vom neuen Produktionsprozess kön-nen nicht zuletzt Länder mit hoher Tuberkuloserate profitieren. Denn Cycloserin, ein Derivat von D-Serin, wird als Mittel gegen multiresistente Tuberkuloseerreger eingesetzt. Ein kostengüns-tiges, hochwertiges Cycloserin-Generikum wäre eine echte Hilfe für Länder mit stark betroffener Bevölkerung.
Insgesamt hat das Team in den vergangenen Jahren für Serin einen Technologiewechsel vollzogen und die Produktion auf eine zukunftssichere Basis gestellt, die bei den Kunden viel
Dr. andreas karau ist verantwortlich für strategische Innovation im Geschäftsgebiet Health Care. Nach dem Studium der Verfahrenstechnik an der RWTH Aachen und Promotion am Institut für Enzymtechnologie der HeinrichHeineUniversität Düsseldorf kam Karau 1997 zur Degussa AG und begann seine Lauf bahn im Bereich Verfahrens technik & Engineering. Als Projektmanager im Projekthaus Biotechnologie und später als Leiter des Projekthauses ProFerm und als Forschungsleiter für den Produktbereich Rexim gestaltete er die Entwicklung der Biotechnologie im Konzern von Anfang an mit. Seit 2013 ist Karau im Innovationsmanagement des Geschäftsgebiets Health Care tätig. telefon +49 6181 59-6718 [email protected]
Anklang findet. Die neue Plattform öffnet den Weg zur nach-haltigen Produktion nicht nur von Serin, sondern auch von anderen funktionellen Aminosäuren und deren Derivaten. Nicht zuletzt sichert sie dem Unternehmen die Chance, seine Position im stark wachsenden Markt für Spezialaminosäuren weiter auszubauen. 777
Abbildung 4Der neue biotechnologi-sche Produktionsprozess kommt mit wenigen Schritten aus
Teil der neuen Serinanlage bei Evonik Rexim Nanning
Glycin + Formaldehyd
D-Serin oder L-Serin
DL-Serin
Kostengünstige und leicht zugängliche Ausgangsmaterialien
Sehr effizienter Aufarbeitungsprozess für D- und L-Serin
DL-Serinracemat kann durch einfaches Mischen der beiden Enantiomere erhalten werden
...
...
...
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Wer ein Kosmetikprodukt mit einem bestimmten ökologischen Profil entwickeln möchte, muss sich mit den Umweltaspekten von bis zu 30 Einzelsubstanzen einer Formulierung befassen. Der Geschäftsbereich Consumer Specialties von Evonik erleichtert Kosmetikherstellern diese Aufgabe: Mit CAREtain® kann der Kunde Inhaltsstoffe für seine angestrebte Produktformulierung gezielt auswählen und kombinieren. Ein Novum in der Branche.
[ text Peter Becker, Dr. Thomas Satzinger ]
WEnn Es Um die eigene Haut geht, ist der Endverbraucher in den westlichen Industrieländern höchst sensibel und anspruchs-voll. Pflegeprodukte sollen wirken, dürfen jedoch Mensch und Umwelt nicht belasten. Naturnahe Inhaltsstoffe stehen bei den Verbrauchern deshalb hoch im Kurs.
Viele Kosmetikhersteller tragen dem Rechnung, indem sie ihre Produkte zertifizieren lassen, zum Beispiel nach dem ECOCERT-Standard für Natur- und Biokosmetik. Multinational agierende Kosmetikkonzerne gehen jedoch darüber hinaus. Sie möchten den ökologischen Fußabdruck ihrer Produkte über die gesamte Wertschöpfungskette kennen, um eigene Umweltziele zu erreichen und nachweisbare Produkteigenschaften auszu-loben. Sie haben außerdem erkannt, dass die Darstellung sozia-ler und ökologischer Verantwortung maßgeblich zum Marken-wert eines Kosmetikums beiträgt.
Das spüren auch die Zulieferer der Kosmetikindustrie, wie Evonik. Fragen etwa nach dem CO2-Fußabdruck oder dem Anteil und der Herkunft natürlicher Inhaltsstoffe sind in den letzten Jahren immer häufiger und immer vielfältiger geworden. Diese komplexen Zusammenhänge werden von manchen Wirkstoff-lieferanten sehr vereinfacht dargestellt. Damit treffen sie jedoch eine Wertung auf Basis ihres eigenen Nachhaltigkeitskonzeptes. Das des Kunden kann ganz anders aussehen.
Dem Anspruch des Geschäftsbereichs Consumer Specialties entsprach ein solches Vorgehen nicht. Die Fragen sollten fun-diert und detailliert beantwortet werden, um dann auch in Zu-sammenarbeit mit den Kunden das Profil für zukünftige Inhalts-stoffe ermitteln zu können. Das war der Startpunkt für die Grün-dung einer Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit (Sustainability Wor-king Group) innerhalb des Geschäftsgebiets Personal Care.
Das Ziel der Arbeitsgruppe war die Entwicklung einer sub-stanziellen und ganzheitlichen Herangehensweise an das Thema Nachhaltigkeit. Als erster Schritt wurde eine Nachhaltigkeits-datenbasis geschaffen, die CAREtain® Toolbox. Alle Daten zu den Standardprodukten von Personal Care wurden nach einer mit Großkunden abgestimmten Methodik erhoben. Die CARE-
tain® Toolbox erleichtert es dem Kosmetikhersteller, seine individuel len Produktaussagen bezüglich Nachhaltigkeit zu belegen. Beispielhafte Lebenszyklusanalysen, unterstützt vom Life-Cycle-Assessment-Team der Creavis, zeigen bestimmende Einflussfaktoren und Formulierungskonzepte.
CAREtain® Toolbox: Transparenz bis ins Detail
Inzwischen bildet die CAREtain® Toolbox für die wichtigsten Kosmetikinhaltsstoffe von Evonik rund 25 umweltrelevante Fak-toren ab (Abb. 1). Dazu gehört das ökologische Anwendungs-profil, das Anwendungsbesonderheiten des Produkts beschreibt. Lässt sich ein Shampoo beispielsweise besonders leicht aus dem Haar auswaschen, kann das beim Endverbraucher zu Wasser-einsparungen führen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass etwa der CO2-Fußabdruck eines Kosmetikprodukts zu rund 54 Pro-zent durch die Rohstoffe und zu 46 Prozent durch die Produkt-herstellung bestimmt wird. Der Beitrag der späteren Anwendung kann allerdings erstaunliche 400 Prozent betragen (Abb. 2).
Unter dem ökologischen Verarbeitungsprofil findet der Kunde Angaben darüber, ob das Produkt etwa durch Herstellung in einem Kaltprozess zur Energieeinsparung beiträgt oder ob es durch eine höhere Konzentration als marktüblich das Transport-volumen und damit den CO2-Ausstoß reduziert. Darüber hinaus finden sich in der Datenbank Angaben zum Herstellungsprozess, zur chemischen Zusammensetzung des jeweiligen Produkts, zum Zertifizierungsstatus und einiges mehr.
Auf Basis dieser Informationen können Kunden die Formu-lierung ihrer Produkte nach ihren spezifischen Nachhaltigkeits-prioritäten designen – je nachdem, ob sie sich beispielsweise die Reduktion von Wasserverbrauch, Energieverbrauch oder Emissionen zum Ziel gesetzt haben. CAREtain® hilft Unterneh-men auch, die Umweltfreundlichkeit eines Produkts darzustel-len, das aus einem bestimmten Grund nicht zertifizierbar ist. Etwa, weil es zwar auf einem nachwachsenden Rohstoff beruht und von der CO2-Bilanz sehr positiv ausfällt, aber in der
Nachhaltige Hautpflege nach Maß
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Abbildung 1 Die CAREtain® Toolbox bildet rund 25 umweltrelevante Faktoren für die wichtigsten Evonik-Produkte für die Kosmetikindustrie ab. Sie wurden in sieben Gruppen zusammengefasst (links)
Abbildung 2 Der CO2-Fußabdruck eines Kosmetikprodukts wird zu rund 54 Prozent durch die Rohstoffe und zu 46 Prozent durch die Produktherstellung bestimmt. Der Beitrag der späteren Anwendung kann 400 Prozent ausmachen (unten)
Evonik Kunde Endverbraucher
54%Rohstoffverarbeitung
46%Produktion
400%Auswaschen mit warmem Wasser
Zusammensetzung
Ökologisches Anwendungs-/Verarbeitungsprofil
Basisdaten
Gentechnischer Status
Ökoprofil
Emissionen/Energieverbrauch
Zertifizierungsstatus
360°
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Herstellung mehr als die nach ECOCERT erlaubten Prozess-schritte erfordert.
Kosmetikhersteller können sich so besser im Wettbewerb differenzieren. Sie zeigten sich bei der Einführung der CARE-tain® Toolbox 2012 in New York und Hong Kong begeistert von der einzigartigen Informationstiefe und Transparenz dieses Instruments. Bisher werden die Daten den Kunden auf Anfrage zur Verfügung gestellt. An einer webbasierten Umsetzung der Toolbox wird jedoch bereits gearbeitet. Noch 2014 sollen Evonik-Kunden die Daten im Internet direkt abrufen können.
CAREtain® Future Profiling: Für Produkte mit ZukunftNachdem mit der Toolbox die Datenbasis geschaffen war, kam in der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit die Frage auf: Wie sieht denn eigentlich das Profil eines zukunftsfähigen Produkts aus? Diese Frage diskutierte die Gruppe dann auch mit Schlüsselkun-den von Personal Care. Gemeinsam definierten sie Kriterien und Messgrößen für zukunftsfähige Produkte.
Neun Faktoren wurden als erfolgskritisch identifiziert:• Anwendungstechnische Effizienz • Langfristige Profitabilität und Effizienz für den Konsumenten • Transparente Zusammensetzung/Herkunft • Innovative Prozess- und Produktkonzepte• Sicherheit in der Lieferkette • International anerkannte Zertifikate • Transparenz der Wertschöpfungskette und Dokumentation• Eignung für Wachstumsmärkte und ggf. sozialer Beitrag • Marketing und Verkaufsaspekte
In Summe umfasst das Bewertungsmodell bis zu 70 Kriterien pro Produkt, die alle bewertet und hinsichtlich ihrer Relevanz für Evonik und deren Kunden eingestuft wurden. Der Produktver-gleich erfolgt innerhalb der relevanten Anwendungssegmente. Am Ende kommt pro Produkt ein Nachhaltigkeitsfaktor (Key Performance Indicator, KPI) heraus, der die Zukunftsfähigkeit eines Produkts in diesem Segment darstellt. Je höher der KPI, desto größer die Chancen des Produkts, sich auf dem Kosmetik-markt langfristig durchzusetzen.
In diesem Prozess wurde schnell deutlich, dass es auch den Kunden nicht um „grün um jeden Preis“ geht. Ein natürlicher Rohstoff etwa macht für die Kosmetikhersteller nur dann Sinn, wenn er auch sozialverträglich und effizient gewonnen werden kann. In dieser Hinsicht kritische Ausgangsstoffe, wie zum Bei-spiel konventionell angebautes Palmöl, aber auch der unter
Umständen höhere Ressourcenverbrauch (Landverbrauch, Emissionen) führen zu Punktabzügen im Vergleich zu einer mög lichen synthetischen Alternative. Produkte aus vollständig erneuerbaren Quellen mit entsprechender Absicherung (zum Beispiel RSPO-zertifizierte Palmölderivate), basierend auf innovativen Herstellungsprozessen von Evonik (enzymatische Veresterung, Polyglycerinchemie, Biotechnologie) und mit globaler Verfügbarkeit punkten entsprechend hoch, da dies derzeit von Kunden und Verbrauchern als „nachhaltig“ ver-standen wird.
CAREtain® Evolution: Gezielte InnovationssteuerungZu guter Letzt bewertete die Arbeitsgruppe die Produkte von Evonik Personal Care auf dem Stand von 2013. Zusammengefasst für die drei Produktgruppen – Actives (Wirkstoffe), Leave on (zum Beispiel Cremes, die auf der Haut bleiben) und Rinse off (zum Beispiel Shampoo oder Duschgel, die abgewaschen wer-den) – bilden diese Werte die Ausgangsbasis für die zukünftige Innovations- und Portfoliosteuerung (Abb. 3).
Die Richtung ist klar: noch mehr Nachhaltigkeit – aber mit Augenmaß. So sollen die Werte bis 2018 um 10 (Actives und Leave on) bzw. 16 Prozent (Rinse off) steigen. Durch die umfas-sende Bewertung in CAREtain® und deren Integration in beste-hende Innovationsstrukturen bietet sich den Produktentwick-lern ein genaues Anforderungsprofil für Pilotprojekte. Dabei lässt sich das Portfolio nicht nur durch neue Produkte, sondern auch durch Verbesserung der Dokumentation und durch neue Anwendungsformen bestehender Produkte weiter entwickeln. Beispiele dafür sind Polygly cerinester wie TEGO Care PBS 6 und Silikon-Emulgatoren wie ABIL EM 120 von Evonik.
Angetan von dieser ernsthaften und differenzierten Heran-gehensweise an die Thematik haben sich namhafte Kunden Evonik bereits als Partner für eigene Nachhaltigkeitsprojekte ausgesucht. Mit CAREtain® hat Evonik das Vertrauensverhältnis zu den Kosmetikherstellern noch einmal deutlich gestärkt.
Im Rahmen der Formulierungsentwicklung stellen die Kos-metikspezialisten von Evonik ihren Kunden auch Empfehlun-gen für komplette Rezepturen zur Verfügung. Denn sie kennen die Produkt- und Anwendungseigenschaften ihrer Substanzen am besten und haben diese selbst im Labor getestet. Eine Gesichtscreme, die komplett auf natürlichen Inhaltsstoffen von Evonik basiert – also Inhaltsstoffen pflanzlichen Ursprungs, die durch grüne Chemie gefertigt werden –, könnte über ihren Gesamtlebenszyklus rund 30 Prozent Energie einsparen (Kasten rechts). 777
333
Abbildung 3
Auf Basis ihrer Leistungsindikatoren lassen sich Produkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit/Zukunftsfähigkeit unterscheiden. Hier die Evonik-
Konventionelle Emulgatoren
Verbesserte LeistungProdukt-KPI
▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲▲▲ ▲ ▲▲ ▲▲ ▲
Neuentwicklungen
Multifunktionale Emulgatoren
Emulgatoren: Ein Drittel des heutigen Portfolios (rechts der Achsenmitte) übertrifft konventionelle Produkte bereits in Sachen
langfristiger Profitabilität, multifunktionaler Anwendung und Umwelteigenschaften mit Verkaufsrelevanz
kosmEtikrEzEptUr
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Dr. thomas satzinger leitet seit August 2011 das Globale Marketing Personal Care im Geschäfts bereich Consumer Specialties. Nach dem Wirtschaftsingenieur studium arbeitete er für die Unternehmensberatung PriceWater houseCoopers im Bereich Strategie bera tung. Von 2003 bis 2007 war er als Controller für das globale Personal Care Geschäft der Degussa Gold schmidt zuständig. 2007 wechselte er zu DSM in die Funktionen New Business Deve lopment und Leiter Globales Marketing UVFilter Personal Care.telefon +49 201 [email protected]
peter becker ist seit 2008 verantwortlich für den Bereich Nachhaltigkeit im Geschäftsbereich Consumer Specialties. Als Sustainability Key Account Manager leitet er kundenbezogene Nachhaltig keitsprojekte. Seit seinem Studium als Chemieingenieur ist er bei Evonik für den Verkauf und die Anwendung von Produkten des Geschäftsgebiets Per sonal Care unter anderem in Deutsch land, Lateinamerika und Indien tätig. Er ist Lehrbeauftragter für Chemie und Kosmetik an der Techni schen Hochschule Nürnberg und vertritt Evonik in Verbänden wie dem BDIH, Ecocert und der RSPO.telefon +49 201 173-2004, [email protected]
Gesichtscreme, die Energie sparen hilft
Im Rahmen der Formulierungsentwicklung stellen die Kosmetik spezia listen von Evonik ihren Kunden auch Empfehlungen für komplette Rezepturen zur Verfügung. Denn sie kennen die Produkt und Anwendungseigenschaften ihrer Substanzen am besten und haben diese selbst im Labor getes tet. Eine Gesichtscreme, die komplett auf natürlichen Inhaltsstoffen von Evonik basiert – also Inhaltsstoffen pflanzlichen Ursprungs, die durch grüne Chemie gefertigt werden –, könnte über ihren Gesamtlebenszyklus rund 30 Prozent Energie einsparen (Tabelle unten).
Abbildung 5
Rezepturempfehlung für eine besonders nachhaltige Gesichtscreme(Anti-Aging-Wirkung, Wirkstoffe zu 100 Prozent basierend auf natürlichen Rohstoffen)
Inhaltsstoffe
Gewichtsprozent
A TEGO® Care PSC 3 (Polyglycerin-3 Dicitrat/Stearat)
3,0
TEGIN® M Pellets (Glycerinstearat) 2,0
TEGIN® Alkanol 18 (Stearylalkohol) 1,0
TEGOSOFT® AC (Isoamylcocoat) 5,0
TEGOSOFT® HP (Isocetylpalmitat) 5,0
TEGOSOFT® OER (Oleylerucat) 5,0
B TEGOSOFT ®CR (Cetylricinoleat) 3,0
Glycerin 2,0
C Wasser 65,8
Keltrol CG-SFT (Xanthangummi) 0,2
Glycerin 1,0
D Wasser 3,0
D TEGO® Stemlastin (Algenextrakt) 3,0
E Natriumhydroxid (10% in Wasser) 0,2
F Konservierungsmittel q.s.
G Milchsäure (10% in Wasser) q.s.
Z Duftstoff q.s.
Emulgator aus milder Polyglycerolchemie
Enzymatische Ester – geringer Energiefußabdruck
Algenbasierter Elastizitätsverbesserer – Prozess benötigt nur Sonnenlicht und CO2
q.s. (lat. quantum satis = so viel wie nötig)
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20 nEWs
Neue Membrantechnologie ausgezeichnetMit einem Reinheitsgrad von bis zu 99 Prozent machen Hochleistungspolymere der Marke SEPURAN® Green von Evonik die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan deutlich effizienter. Dafür erhielt das Unter nehmen nun den „Deutschen Innovationspreis Klima und Umwelt 2013“ in der Kategorie „Umweltfreundliche Technologien“. Die Auszeichnung wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und dem Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) vergeben.
Biogas, das hauptsächlich aus den Gasen CO2 und Methan besteht, gilt als umweltfreundlicher Energieträger. Bevor Biogas ins Erdgasnetz eingespeist wird, muss es aufwändig aufbereitet und gereinigt werden. Die Membrantechnologie SEPURAN® Green von Evonik macht diesen Vorgang nun deutlich effizienter und umweltfreundlicher.
„Unsere SEPURAN® Membranen bestehen aus einem eigens entwickelten Hoch leistungskunststoff“, erklärt Dr. Goetz Baum
garten, Leiter des SEPURAN® Geschäfts. „Dieser Kunststoff verleiht den Membranen die Eigenschaft, besonders gut zwischen Methan und CO2 unterscheiden zu können.“ Durch eine dreistufige Verschaltung lässt sich das Methan aus dem Rohgas mit nur einem Kompressor und einer besonders hohen Me thanausbeute aufkonzentrieren. Das me than reiche Gas muss zudem für die Einspeisung in das Erdgasnetz nicht mehr verdichtet werden. Im Vergleich zu Alternativen ist dieses Membranverfahren um bis zu 20 Prozent energieeffizienter. Außerdem benötigt es keine Hilfschemikalien. Es fallen weder Abfall noch Abwasser an.
Weltweit sind bereits mehrere Auf bereitungsanlagen für Biogas auf Basis von SEPURAN® Green in Betrieb gegangen. Au ßerdem entwickelt das Unternehmen die SEPURAN® Technologie für neue Anwendungen beständig weiter, zum Beispiel für die Abtrennung von Wasserstoff oder die Gewinnung von Stickstoff aus Druckluft.
Nachhaltiges Bauen mit DEGADUR® HarzenDas Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) hat die DEGADUR® Reaktionsharze aus dem Geschäftsgebiet Coating & Adhesive Resins von Evonik mit einer UmweltProdukt deklaration ökologisch zertifiziert. Damit wird die Nachhaltigkeit von DEGADUR® offengelegt und überprüfbar gemacht.
Hierbei steht die Transparenz über den gesamten Produktlebenszyklus im Fokus. Zu den bewerteten Umweltindikatoren zählen unter anderem Treibhaus und Ozonab baupotenziale sowie Energie und Rohstoff verbrauch. Die Akzeptanz und Aussage fähigkeit der UmweltProduktdeklaration werden dadurch erhöht, dass die Pro gramm regeln und Ergebnisse von einem unabhängigen Sachverständigenausschuss geprüft werden.
„Mit jeder Deklaration und der dazugehörigen Ökobilanz erhält ein Unternehmen einen genauen Blick auf Produkte, Be schaffung und Herstellungsprozesse. Dieses Wissen kann genutzt werden, um den CO2Fußabdruck eines Produkts zu verringern oder die Recyclingfähigkeit zu erhöhen“, erläutert Michael Wolff, Technical Manager Construction.
Bauherren, Ingenieure und Architekten können so Produkte verschiedener Anbieter besser bewerten und vergleichen. Sie nutzen die Deklarationen als Datengrundlage für die
Berechnung der Ökobilanz und des Energieverbrauchs eines Gebäudes. Die Deklara tionen werden unter anderem auch für Zulassungen nach dem Deutschen Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen (DGNB) oder nach LEED (Leadership in Energy & Environmental Design des U.S. Green Building Council) benötigt.
Mit DEGADUR® hergestellte Fußbodensysteme sind robust und widerstandsfähig gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Belastungen. Sie bieten zusätzlich den Vorteil, dass die Beschichtungsarbeiten zügig abgeschlossen werden können und ein neu verlegter Boden nach wenigen Stun den schon begeh und nutzbar ist. DEGADUR® basierte Harzsysteme lassen sich sogar noch bei –30 °C verarbeiten.
Für die Membrantechnologie SEPURAN® Green erhielt Evonik den „Deutschen Innovationspreis Klima und Umwelt 2013“
DEGADUR® Harze sind jetzt ökologisch zertifiziert
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21nEWs
eine in der Industrie häufig anzutreffende Restriktionsmatrix“, so Dr. Harald Jakob, Leiter Forschung des Geschäftsgebiets Methionine. „Wir sind zuversichtlich, dass es zu einer Kooperation mit den Preisträgern kommen wird.“
Evonik ist der führende Anbieter der Aminosäure Methionin, die vor allem als Futtermitteladditiv in der Tierernährung eingesetzt wird. Das chemische Herstellungsverfahren liefert das Racemat DLMethionin. Der Geschäftsbereich Health & Nutrition arbeitet ständig an der Optimierung des Verfahrens, um Ausbeute und Selektivität zu verbessern und mit innovativen Ideen führende Positionen in den Märkten zu sichern. Dabei spielen Nachhaltigkeit und der schonende Umgang mit Ressourcen eine wichtige Rolle.
Der Name Nofia® steht für halogenfreie, phosphorhaltige Polymere, die aufgrund ihrer Zusammensetzung inhärent flammhemmend sind. Zur Anwendung kommen sie in Unter haltungselektronik, im Bauwesen und im Transportmarkt.
“FRX verfügt mit den umweltschonenden Flammschutzpolymeren über ein einzigartiges Produkt und ist strategisch gut positioniert. Die Chancen stehen deshalb gut, dass sich das Unternehmen in den kommenden Jahren einen deutlichen Marktanteil erarbeiten wird“, so Dr. Bernhard Mohr, Leiter der Evonik Venture Capital GmbH, die auch mit einem Sitz im Aufsichtsrat von FRX vertreten ist. Neben Evonik beteiligten sich an der Finanzierungsrunde außerdem noch Capri corn Venture Partners, DB Masdar, SAM Pri vate Equity, BASF Venture Capital, Israel Clean tech Ventures sowie die Unternehmens gründer von FRX.
Investitionen in junge Technologiefirmen und in Venture Capital Fonds sollen Evonik einen schnellen Zugang zu neuartigen Technologien außerhalb des bestehenden Port folios ermöglichen und die für das Unter nehmen wichtigen Trends und Regionen abdecken. In den vergangenen beiden Jahren investierte Evonik Venture Capital in den Emerald Cleantech Fund III mit Fokus auf Europa und Nordamerika, in den nordamerikanischen Pangaea Ventures Fund III und in den deutschen HighTech Gründerfonds II.
Hochschulen erfolgreich bei Evonik-IdeenwettbewerbWie könnte eine Lösung für die Synthese von DLMethionin oder LMethionin aussehen, die ohne Blausäure auskommt? Diese Frage stand im Zentrum des Wettbewerbs Evonik Call for Research Proposals (ECRP), den der Bereich Innovation Networks & Communications (INC) und das Geschäftsgebiet Methionine gemeinsam im Herbst veranstaltet hatten. Deutschlandweit hatten sie rund 100 anerkannte Professoren und Wissenschaftler aus den Bereichen Organische Chemie, Biochemie und Katalyse angeschrieben und aufgefordert, Vorschläge für Kooperationsprojekte einzureichen.
„Angesichts kürzer werdender Produktlebenszyklen, kürzerer Innovationszyklen und immer komplexerer Innovationsthemen wollen wir externe Partner aus Wissenschaft und Industrie künftig stärker in unsere eigene Forschungs und Entwicklungsarbeit einbinden“, sagt Dr. Georg Oenbrink, Leiter INC.
Unter den 15 eingegangenen Vorschlägen wählten Experten vom Geschäftsgebiet
Methionine die drei Sieger aus. Der beste Vorschlag kam von Prof. Dr. Thomas J. J. Mül ler von der HeinrichHeineUniversität Düs seldorf. Über Platz 2 freut sich die Arbeits gruppe von Nachwuchsgruppenleiter Dr. Georg Manolikakes von der JohannWolf gangGoetheUniversität Frankfurt, und Platz 3 belegt Prof. Dr. Arne Skerra vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München. Die mit 10.000, 5.000 und 2.500 € dotierten Preise wurden von den EvonikVorstandsmitgliedern Klaus Engel (CEO) und Patrik Wohlhauser übergeben. Derzeit wird geprüft, ob sich die Vorschläge in einer von Evonik finanzierten Forschungskooperation umsetzen lassen.
„Der Wettbewerb hat zu einem Ausblick auf neue, unkonventionelle Syntheseansätze geführt, die nicht überlappt werden durch
Evonik investiert in Technologieunternehmen FRX PolymersEvonik Industries hat sich an FRX Polymers Inc., Chelmsford (USA)beteiligt und eine Finanzierungsrunde von 12 Millionen USDollar angeführt. Evonik Venture Capital GmbH, die Venture Capital Gesellschaft des Unternehmens, hat 2,5 Millionen USDollar investiert. FRX Polymers ist spezialisiert auf umweltfreundliche Flammschutzmittel auf Polymerbasis, die unter dem Handelsnamen Nofia® vermarktet werden. Das Unternehmen hat Ende 2013 in einer neu errichteten Anlage in Antwerpen (Belgien) die Produktion der Flammschutzpolymere aufgenommen.
Nach der Preisverleihung im Wettbewerb ECRP: (von links nach rechts) Evonik-Chef Klaus Engel, Nachwuchsgruppenleiter Dr. Georg Manolikakes
(Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt), Prof. Dr. Thomas J. J. Müller (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Prof. Dr. Arne Skerra
(Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TU München) und Evonik-Vorstandsmitglied
Patrik Wohlhauser
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22 GEsUnDHEit
Mit funktionellen Biopolymeren erschließt Evonik neue Anwendungen in der Pharma und Medizinproduktebranche. Nach zwei strategischen Akquisitionen tragen hierzu verstärkt Produkte auf der Basis von RESOMER® bei. Durch EUDRAGIT® verfügt Evonik bereits über langjährige und umfangreiche Kompetenz zu funktionellen Polymeren und der Formulierung von DrugDeliverySystemen.
[ text Dr. Harald Liedtke, Dr. Brigitte Skalsky ]
Verbesserte TherapiemöglichkeitenFunktionelle Biopolymere
Bei der Herstellung von parenteralen Arzneimitteln gelten höchste Rein-heitsanforderungen. Hier am Standort Birmingham (Alabama, USA)
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23GEsUnDHEit
Ein mEDikamEnt soll wirken. Das kann es nur, wenn der Wirkstoff seinen Zielort im Körper sicher erreicht und dort lange genug in ausreichender Konzentration vorliegt. Die meis-ten Medikamente werden peroral eingenommen, das heißt als Tablette, Kapsel oder Dragee durch den Mund. Durch die Darm-schleimhaut gelangt der Wirkstoff ins Blut und mit diesem zu seinem Zielort. Bestimmte Arznei mittel müssen allerdings gespritzt werden – unter die Haut (subkutan), in den Muskel (intramuskulär) oder direkt in die Vene (intravenös). Man spricht dann von parenteraler Applikation. Die Gründe dafür sind viel-fältig: Manche Medikamente würden bei der Magen-Darm- Passage zersetzt oder in der Leber verstoffwechselt und damit unwirksam werden. Andere sollen möglichst nur lokal wirken oder – im Gegensatz dazu – direkt in den Blutkreislauf gelan-gen und im Körper zirkulieren.
Einfluss auf die Erreichung des Wirkorts, auf den Wirkein-tritt und die Wirkdauer – zwei weitere wichtige Komponenten – hat neben der Darreichungsform auch die Formulierung des Arzneimittels. Moderne Polymere ermöglichen es, Arzneimittel herzustellen, die über einen längeren Zeitraum kontinuierlich wirken (Retardformulierungen). Für Patienten macht es einen großen Unterschied, ob sie eine Tablette dreimal oder nur ein-mal täglich einnehmen müssen; vor allem bei älteren Menschen, die nicht selten täglich bis zu zehn verschiedene Präparate ein-
nehmen müssen, oder bei chronisch Kranken. Entscheidend für die Compliance des Patienten und damit auch für den Therapie-erfolg ist neben dem Wirkstoff also auch seine „Verpackung“.
Polymerbasiertes Drug Delivery
Evonik vermarktet bereits seit 60 Jahren erfolgreich Poly(meth)acrylate unter dem Namen EUDRAGIT®. Als Überzug von wenigen Mikrometern Schicht dicke sorgen sie dafür, dass Tabletten nicht riechen, nicht bitter schmecken und dass die Wirkstoffe gegen Licht und Feuchtigkeit geschützt sind. Mit EUDRAGIT® lässt sich aber auch steuern, dass Tabletten den enthaltenen Wirkstoff zu einem bestimmten Zeitpunkt freiset-zen oder über einen definierten Zeitraum kontrolliert abgeben. Durch ihre hohe Molekülmasse können EUDRAGIT® Polymere allerdings nicht parenteral verabreicht werden. Der Körper wäre nicht imstande, sie nach einer Injektion wieder auszu-scheiden.
Für die parenterale Anwendung hat Evonik durch zwei stra-tegische Akquisitionen seit 2011 die RESOMER® Polymere und den dazugehörenden Formulierungsservice im Portfolio.
Im März 2011 kaufte das Unternehmen vom Pharmaherstel-ler Boehringer Ingelheim dessen Geschäft mit resorbierbaren Polymeren der Marke RESOMER®. Ein halbes Jahr später 333
Mit Überzügen aus EUDRAGIT® können Tabletten den Wirkstoff ganz gezielt freisetzen. Hier Peter Niepoth und Dr. Theresia Kuntz im Entwick lungslabor in Darmstadt
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kam SurModics Pharmaceuticals hinzu, ein amerikani-scher Dienstleister für parenterale Formulierungen aus biolo-gisch abbau baren Polymeren, die unter dem Namen LA-KESHORE BIOMATERIALSTM vermarktet wurden. Die Port-folios von RESOMER® und LAKESHORE BIOMATERIALSTM
ergänzen einander perfekt und sind nun im Produktbereich Pharma Polymers & Services des Geschäftsbereichs Health & Nutrition gebündelt.
Sämtliche bioabbaubaren Polylactide (Polymilchsäuren) und ihre Copolymere werden zukünftig unter der Marke RESO-MER® geführt. Sie eignen sich besonders gut zur Herstellung der oben genannten parenteralen Depotformulierungen. Dazu wird der Arzneistoff in eine RESOMER® Matrix eingebettet. Das fertige Produkt ist meist als Mikro partikel oder Implantat formuliert. Die Injektion erfolgt subkutan oder intramuskulär – je nach gewünschter Wirkung. Die Polymermatrix wird nach und nach vom Körper abgebaut, wodurch der Wirkstoff über einen definierbaren Zeitraum kontinuierlich freigesetzt wird. Einige Anwendungsbeispiele verdeutlichen die Spanne der the-rapeutischen Möglichkeiten.
Sehr deutlich wird der Nutzen einer parenteralen Depotfor-mulierung am Beispiel der Behandlung einer bestimmten Art von Prostatakrebs mit einem sogenannten LHRH-Antagonisten. Diese Wirkstoffe sollen die Testosteronproduktion unter drücken
und damit dem Fortschreiten der hormonabhängigen Krebser-krankung entgegenwirken. Da ein kontinuierlicher Wirkstoff-spiegel erforderlich ist, müsste der LHRH-Antagonist eigentlich mehrfach täglich gespritzt werden. Dank einer polymerbasierten Depotformulierung ist dies nur alle sechs Monate nötig. Das stäbchenförmige Arzneimittel wird unter die Haut injiziert, zum Beispiel am Arm, und baut sich mit der Zeit voll ständig ab.
Ein anderes Beispiel ist die Behandlung der Makuladegene-ration. Bei dieser Erkrankung sterben die Netzhautzellen ab, wodurch das Sehen im zen tralen Gesichtsfeld beeinträchtigt wird. Dies kann bei schwerem Verlauf sogar bis zur Erblindung führen. Besonders rasch schreitet die sogenannte feuchte Maku-la degeneration voran, bei der es zu Blutungen unter der Netz-haut kommt. Eine Behandlungs methode ist die Injektion von Steroiden in den Glaskörper des Auges. Sie hemmen das Wachs-tum der Blutgefäße unter der Netzhaut und bremsen dadurch das Voranschreiten der Krankheit. Jede Injektion in den Glas-körper birgt allerdings ein erhebliches Infektions risiko. Dank RESOMER® muss der Arzt den Wirkstoff nun nicht mehr mehr-mals pro Woche, sondern nur noch einmal alle zwei Wochen spritzen. Das senkt nicht nur das Infektionsrisiko sondern ist auch für den Patienten deutlich angenehmer.
Um die mit dem Spritzen von Depotformulierungen verbun-denen Belastungen zu minimieren, haben die RESOMER® Spezia-listen eine spezielle Technologie entwickelt: besonders feine, gleich große Mikropartikel, die sich mit einer feinen 27-G-Kanüle (entsprechend 0,4 Millimeter Außendurchmesser) injizie ren las-sen. Die Herstellung dieser Mikropartikel ist von Evonik als Form-EZETM Technologie patentiert. Sie stehen der pharmazeutischen Industrie als patientenfreundliche Option zur Verfügung.
Etwa 10 Millimeter lang bei 1 Milli meter Durchmesser ist das zur Behandlung von Prostatakrebs eingesetzte Implantat auf Basis von RESOMER®
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Eine sehr spezielle Anwendung stellt EG-1962 (NimoGel) dar. Dieses Gel verwenden Chirurgen bei der Aneurysmabehandlung. Ein Aneurysma ist eine undichte, blutgefüllte Aus sackung in der Wand einer Arterie. Nachdem der Chirurg das Gefäß verschlos-sen hat, trägt er das Gel auf die Gefäß wand auf, um deren Zusammenziehen zu verhindern. Das Gel enthält Mikropartikel auf der Basis von RESOMER®, die mit einem blutdrucksenken-den, gefäßerweiternden Wirkstoff beladen sind. Das Gel an sich und der Wirkstoff sorgen gemeinsam dafür, dass das Blutgefäß drei Wochen lang offengehalten wird, während sich das Aneu-rysma zurückbildet und der Körper das an der Gefäßruptur aus-getretene Blut resorbiert.
Medizinprodukte mit Mehrwert
Doch nicht nur pharmazeutische Anwendungen profitieren von RESOMER®, sondern auch die Medizintechnik. Vielfältigste Medi-zinprodukte lassen sich aus Polylactiden herstellen. Sie werden vom Körper abgebaut, nachdem sie ihre Funktion erfüllt haben.
Breiten klinischen Einsatz finden seit einigen Jahren resor-bierbare Stents aus Polylactiden. Der Stent befindet sich in diesem Fall nur vorübergehend in den Blutgefäßen, wodurch die Gefahr von Komplikationen deutlich sinkt. Zum Vergleich: Ein dauerhafter Stent aus Metall kann auch nach Jahren noch Fremd-körperreaktionen hervorrufen. Zudem besteht das Risiko, dass sich ein Gefäß in der Umgebung eines Metallstents zusetzt und dann ein Bypass gelegt werden muss. Beide Komplikationen kön-nen bei resorbierbaren Stents nicht auftreten.
Interessant sind die Möglichkeiten, derartige Medizinpro-dukte mit einem Wirkstoff zu beladen und so eine lokale 333
FormEZETM Mikro-partikel lassen sich mit ganz feinen Kanülen schmerzfrei injizieren
Kompetenz gebündelt
Evonik hat sein Geschäft mit funktionellen Polymeren der Marken EUDRAGIT® und RESOMER® im Produktbereich Pharma Polymers & Services gebündelt. Seit Anfang 2014 ist der Produktbereich an den beiden Standorten Birmingham (Alabama, USA) und Darmstadt konzentriert.
Birmingham, im Bild oben, ist der ehemalige SurModicsStandort. Er fungiert innerhalb von Evonik als Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Produktion parenteraler Arzneimittel sowie als zweiter Produktionsstandort für bioabbaubare Polymere.
In Darmstadt ist ein neues Gebäude für die Produktion und Entwicklung der RESOMER® Polymere sowie für Teile der Arzneimittelentwicklung errichtet worden (Bild unten). Der Bezug wird Ende des ersten Quartals 2014 abgeschlossen sein.
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pharmakologische Wirkung zu erzielen. Die finnische Firma Bioretec beispielsweise hat als erstes Unternehmen welt-weit resorbierbare Schrauben auf der Basis von RESOMER® auf den Markt gebracht, die mit einem Antibiotikum beladen sind. Chirurgen nutzen sie gerne bei Diabetikern oder bei erhöhtem Infektionsrisiko, wie beispielsweise bei offenen Brüchen. Durch das Antibiotikum lassen sich Infektionen bei Risikopatienten gezielt vorbeugen. Eine Grenze für RESOMER® wird dort erreicht, wo sehr hohe Festigkeiten benötigt werden – etwa bei Schrau-ben oder Platten für Arm- oder Beinbrüche.
Die Zukunft des Targeted Drug Delivery
Die Anwendungsmöglichkeiten für bioabbaubare Polymere im medizinischen Bereich sind damit aber noch lange nicht er-schöpft. Die Pharmaindustrie arbeitet beispielsweise an der For-mulierung von Nanopartikeln für die besonders gezielte Wirk-stofffreisetzung, etwa in der Krebstherapie. Durch Kombination bioabbaubarer Polylactide (PLGAs) mit Polyethylenglykol (PEG), dem Goldstandard bei biologisch nicht abbaubaren Polymeren im Medizinbereich, haben die RESOMER® Spezialisten eine Substanzklasse entwickelt (PEG-PLGA-Copolymere), die eine solche Anwendung ermöglicht.
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* PeTrA steht für „Plattform für effizienten epithelialen Trans-port für pharmazeutische Applikationen durch innovative partikuläre Trägersysteme“ und ist Teil der BMBF-Förder-maßnahme „Effizienter Wirkstofftransport in biologischen Systemen – BioMatVital: Biotransporter“
In der Medizintechnik werden Polylactide seit mehr als 40 Jahren verwendet, zum Beispiel für orthopä dische Schrauben (links)
EG-1962 (NimoGel) kann bei der Behandlung von Aneurysmen helfen: Das Gel setzt aus RESOMER® Mikro-par tikeln einen blutdrucksenkenden Wirkstoff frei und hält Arterien nach einer OP offen (oben)
Denkbar ist es, auf Basis dieser Copolymere sphärische Nanop-artikel (Durchmesser: 40 bis 200 Nanometer) herzustellen, die das Krebstherapeutikum einkapseln. Die Oberfläche solcher PEG-PLGA-Nanopartikel soll sie vor dem Angriff des Immun-systems schützen. Die Partikel können so länger im Blutkreislauf zirkulieren und sich schließlich im Tumor anreichern, um dort ihre Wirkung zielgenau zu entfalten. Entsprechende onkolo-gische Medikamente befinden sich in der klinischen Prüfung.
Beinahe noch futuristischer mutet ein Ansatz an, den Evonik im Rahmen des BMBF-Projekts PeTrA* zusammen mit namhaf-ten Chemie-, Pharma- und Biotechfirmen sowie verschiedenen Forschungsinstituten verfolgt: Hier geht es darum, einen Weg zu finden, Biopharmazeutika wie Peptide, Antikörper, Nuklein-säuren oder Blutkomponenten oral zu verabreichen. Sie müssen bisher fast ausnahmslos gespritzt werden. Auch hier könnte die Lösung darin bestehen, die Wirkstoffe in Nano- oder Mikro -partikel zu verpacken, um sie vor Zersetzung im Magen-Darm-Kanal zu schützen. Die dafür notwendigen Materialeigenschaften des Polymers will Evonik durch Erweiterung des Monomer-baukastens und gegebenenfalls auch durch Kombination von RESOMER® mit anderen Substanzklassen erreichen.
Strategischer Partner für die Pharma- und MedizinprodukteindustrieEvonik positioniert sich bei funktionalen Polymeren jedoch nicht nur als Lieferant von RESOMER® und EUDRAGIT®. Da sich heut-zutage viele Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller auf innovative Wirkstoff- bzw. Produktideen konzentrieren und nicht mehr selbst die kompletten technischen Kapazitäten für
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Dr. brigitte skalsky ist Director Global Marketing Services bei Pharma Polymers & Services im Geschäftsgebiet Health Care. Sie studierte Pharmazie an der Universität ErlangenNürnberg und wurde dort auch promoviert. Von 1997 bis 2002 war Skalsky beim Arzneimittelwerk Dresden tätig – erst als Laborleiterin, dann als Teamleiterin Technologie in der Pharmazeutischen Entwicklung. Nach dem Wechsel zur damaligen Degussa AG 2002 startete sie als Leiterin des Technischen Kundenservices für EUDRAGIT®. 2005 wurde sie Global Technical Manager EUDRAGIT® und 2009 Manager Global Pharmaceutical Services.telefon +49 6151 [email protected]
Dr. Harald liedtke ist seit März 2011 als Technical Marketing Director Biomaterials bei Evonik im Geschäfts gebiet Health Care tätig. Nach Biologiestudium und Promotion in Biochemie an der Universität zu Köln sowie kurzer PostdocZeit startete Liedtke seine berufliche Laufbahn bei der Firma Endotec in Leverkusen. Er hatte dort bereits mit resorbierbaren Implantaten zu tun. Von 1991 bis 2011 arbeitete Liedtke bei Boehringer Ingelheim als Leiter Marketing & Sales für RESOMER®. Im Zuge der Übernahme des RESOMER® Geschäfts kam er zu Evonik.telefon +49 6151 [email protected]
die Entwicklung und Herstellung der Endprodukte vorhalten, besteht weltweit ein wachsender Bedarf an kompetenten Part-nern. Evonik besitzt den Vorteil, alle wichtigen Prozessschritte übernehmen zu können: die Entwicklung von maßgeschneider-ten funktionellen Polymeren, die Entwicklung von Arzneifor-men mit gesteuerter Wirkstofffreisetzung (Drug Delivery Sys-teme) und – am Standort Birmingham – die Lohnherstellung für parenterale Arzneimittel.
Evonik verfügt über das entsprechende Know-how und die erforderliche technische Ausstattung, um als One-Stop-Shop für
Mit den Marken EUDRAGIT® und RESOMER® sowie dem Entwicklungs- und Produktions-Know-how an den Standorten Darmstadt und Birming ham (Alabama, USA) kann der Pro dukt-bereich Pharma Polymers & Services wertvoller Partner für Pharma- und Medizinprodukteunternehmen sein
Arzneimittelhersteller zu fungieren. Seit vergangenem Jahr ist das Werk in Birmingham (Alabama, USA) zudem von den euro-päischen Behörden GMP zertifiziert. Die European Medicines Agency (EMA) hat damit den Weg frei gemacht, dass Evonik ein neues Arzneimittel der Firma Clinuvel nach dessen Zulassung kommerziell produzieren kann. Die Zertifizierung be-legt, dass der Standort höchsten Qualitäts- und Zulassungsstan-dards gerecht wird. Der Produktbereich Pharma Polymers & Ser-vices verspricht sich davon einen Impuls für weiteres Wachstum im Bereich der Herstellung komplexer Darreichungsformen. 777
Hochpotente Arzneistoffe Biopharmazeutika
Orale Darreichungsform
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astrointestinales Targeting Kontrollierte Freisetzung Bioverfügbarkeitsverbesserung
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Services Lohnherstellung
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Produkte
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Machbarkeitsstudien
Formulierungs-
entwicklung
Prozessoptimierung
Wir sind strategischer Partner der
Gesundheitsindustrie für Drug-Delivery-
Systeme und funktionelle
Medizinprodukte.
Funktionelle Polymere
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Formulierungsservices für hochpotente ArzneiwirkstoffeEvonik Industries hat in Darmstadt und Bir mingham (Alabama, USA) die Möglichkeiten zur Formulierung von Arzneimitteln und zur Herstellung von Klinikmustern erweitert und kann jetzt auch Arzneiprodukte mit hochpotenten Wirkstoffen (HPAPI, Highly Potent Active Pharmaceutical Ingredients) verarbeiten. Durch Investitionen in High Containment und Umbauten im Labor und GMPBereich können sowohl am Standort Birmingham als auch am Standort Darmstadt HPAPI mit einem OELGrenz wert (Occu pa tio nal Exposure Limit) bis zu 0,1 µg/m3 verarbeitet werden.
Pharmaunternehmen steht damit das breite Portfolio an EvonikKompetenzen bei der Formulie rungs ent wicklung und Her stellung von klinischen Prüf präparaten für orale und parenterale Arzneimittel auch für hochpotente Wirkstoffe zur Verfügung. „Zum The rapieerfolg moderner Arzneimittel tragen der Wirkstoff, intelligente funktionelle Hilfsstoffe und eine maßgeschneiderte Formulierung bei. Wir können unseren Kunden jetzt auch für die immer wichtiger werdende Klasse der HPAPI den kompletten Service anbieten“, sagt Dr. Tho mas Riermeier, Leiter des Produktbereichs Pharma Polymers & Services.
Hochpotente Wirkstoffe sind pharmazeutische Substanzen, die bereits in sehr niedrigen Konzentrationen wirken. Dazu zählen typischerweise bestimmte Hormone, Peptide und Zytostatika sowie neuartige Wirkstoffe,
die nicht vollständig charakterisiert sind (NCE, New Chemical Entities). Wegen ihrer hohen Wirksamkeit müssen bei der Handhabung der HPAPI besondere Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt getroffen werden. Evonik hat hierfür Sicherheits
maßnahmen getroffen, die höchsten Standards entsprechen.
„Die Zahl der Unternehmen weltweit, die mit hochpotenten Wirkstoffen arbeiten, ist begrenzt“, so Riermeier. „Unsere Produktions kapazitäten für Klein und Großmengen für HPAPI in Hanau und Lafayette (Tippecanoe Laboratories, USA) sowie die neuen Möglichkeiten zur Formulierungsentwicklung und Klinikmusterherstellung in Darmstadt und Birmingham machen Evonik zum idealen Partner der pharmazeutischen Industrie für die Herstellung und Formulierung von HPAPIs.“
Erweiterte Kooperationsvereinbarung für Acryl-EZE®Colorcon Inc. und Evonik haben eine neue Kooperationsvereinbarung für die Vermarktung und den technischen Ser vice für AcrylEZE®, aqueous acrylic enteric system, geschlossen. AcrylEZE® ist ein vollständig formuliertes System für Tablet tenüberzüge. Es wird von Colorcon produziert und beinhaltet als funktions bestimmenden Be stand teil das magensaftresistente Polymer EUDRAGIT® L 10055 von Evonik.
„Colorcon ist einer der Marktführer im Bereich vollständig formulierter Systeme für Tablettenüberzüge, und AcrylEZE® ist sehr gut im pharmazeutischen Markt etabliert. Durch die Zusammenarbeit bieten wir unseren Kunden jetzt ein umfangreiches Angebot vom funktionellen Hilfsstoff bis zu vollständig formulierten Überzugsystemen für die verzögerte Wirkstofffreisetzung”, erläutert Dr. JeanLuc Herbeaux, Leiter des Geschäfts ge biets Health Care.
In der Vergangenheit war ausschließlich Colorcon für Produktion, Vertrieb, Vermark tung und Produktbetreuung verantwortlich. Zukünftig können spezifische Kundenfragen auch in den neun Technologiezentren von Evonik bearbeitet werden. Damit erweitert die neue Kooperation den globalen technischen Service für die pharmazeutische Indus trie.
Wegen ihrer hohen Wirksamkeit müssen bei der Handhabung der HPAPI beson-dere Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt getroffen werden
Colorcon und Evonik intensivieren ihre Zusammen arbeit bei Acryl-EZE®
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Evonik positioniert sich in der OnkologieMit einem neuen Internetauftritt spricht Evonik Industries gezielt Hersteller von Krebsmedikamenten an. Die Seite http://oncologydrugs.evonik.com bietet Pharmaunter nehmen einen Überblick über die Kom petenzen von Evonik in diesem Bereich. Diese umfassen die Produktion hochpotenter Arz nei wirkstoffe, die Entwicklung von DrugDeliverySystemen, die Herstellung von Prüfmustern für klinische Studien sowie die kommerzielle Produktion parenteraler Krebsmittel.
„Die Entwicklung und Herstellung hochwirksamer Krebsmedikamente stellen besondere Herausforderungen dar. Mit seinem umfassenden Knowhow kann Evonik Pharmafirmen helfen, entsprechende Hürden zu überwinden und den Entwicklungsprozess zu beschleunigen“, sagt Dr. JeanLuc Herbeaux, Leiter des Geschäftsgebiets Health Care bei Evonik.
So beschreibt die neue Internetseite unter anderem die Kapazitäten zur Produktion hochpotenter Arzneiwirkstoffen (HPAPIs) vom Labor bis zum großtechnischen Maßstab, über die Evonik an den Standorten Hanau und Tippecanoe (USA) verfügt.
Die Seite stellt auch die Pharmapolymerplattformen EUDRAGIT® und RESOMER® und ihre Möglichkeiten zur Herstellung intel
ligenter DrugDeliverySysteme im oralen wie parenteralen Bereich dar. Die gezielte und kontrollierte Freisetzung mit Hilfe dieser Polymere können dazu beitragen, Dosierung und Behandlungszeit in der Krebstherapie zum Wohl des Patienten zu verringern.
Evonik kann Pharmaunternehmen darüber hinaus bereits bei der Formulierungsentwicklung unterstützen. Probleme der Bio
verfügbarkeit etwa, wie sie bei HPAPIs häufig auftreten, lassen sich mit der bei Evonik vorhandenen Expertise in Sprüh trock nung und Schmelzextrusion überwinden.
Zertifizierte Einrichtungen in Darmstadt und Birmingham (USA) ermöglichen die Herstellung von Prüfmustern für klinische Studien bis zur Phase II (oral) und III (parenteral). In Birmingham kann zudem ein breites Spektrum an komplexen parenteralen Dar reichungs formen für Krebstherapien – wie zum Beispiel Mikro und Nanopartikel, Lipo somen oder Lyophilisate – produziert werden.
am Standort Ham (Frankreich) erweitert. „Durch vollständige Rückintegration der Produktion können wir eine durchgängig hohe Qualität und Liefer sicherheit bieten“, so Dr. Thomas Hermann, Leiter des Produktbereichs Rexim.
Die beiden EvonikProduktionsstandorte für Pharmaaminosäuren, Ham und Wuming (China), sind US FDAauditiert und werden regelmäßig durch europäische und asiatische Behörden auf ihre GMP Konformität geprüft. Beide Standorte erfüllen HACCP, Halal und KosherStandards. Neben LOrnithinLAspartat in GMPQualität stellt Evonik Ornithin, Ornithin HCl und andere OrnithinSalze für pharmazeutische, technische und Ernährungsanwendungen her.
Kunden profitieren von Prozessverbesserungen bei L-Ornithin-L-AspartatDurch einen verbesserten Herstellprozess kann Evonik Industries den Arzneimittel wirkstoff LOrnithinLAspartat (LOLA) jetzt in noch höherer Qualität und zu besseren Konditionen anbieten.
Der Produktionsprozess für LOLA, der auf fermentativer Herstellung von LOrnithin und biokatalytischer Produktion von LAsparaginsäure mit anschließender Aufreinigung in cGMP und FoodQualitäten basiert, wurde auf allen Produktionsstufen verbessert. Es lassen sich jetzt Kristalle mit besonders hoher Reinheit erzeugen. Durch seine hohe Reinheit und die im Vergleich zum Wettbewerbsmaterial höhere Stabilität ist LOLA von Evonik für alle Anwendungen wie in Infusionslösungen oder Tabletten geeignet. Die Granulierbarkeit des Produkts ist weiter verbessert worden, was seine Verar bei tung noch leichter macht.
Evonik bietet seinen Kunden fertige Formulierungen für LOrnithinLAspartatTablettierungen an und unterstützt auf Wunsch auch die Entwicklung von spezifischen Formulierungslösungen für dieses Produkt.
LOLA findet als Lebertherapeutikum Einsatz und unterstützt die Ammoniak ent giftung des Organismus. Häufiges Einsatz gebiet ist die Behandlung der hepatischen Enzephalopathie. Aufgrund der steigenden Nachfrage hat Evonik seine Produktions kapazitäten für LOLA
Durch seine hohe Reinheit und die höhere Stabilität ist LOLA für alle Anwendungen wie in Infusionslösungen oder Tabletten geeignet
Evonik hat einen neuen Internetauftritt speziell für Hersteller von Krebsmedika menten entwickelt
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Die von Evonik angestoßene ProcessNetInitiative „Campus Blasensäulen“ will die Auslegung und den Betrieb komplexer Mehrphasenreaktoren effizienter und einfacher machen. Das Forschungsnetzwerk verspricht Auftrieb nicht nur für die chemische Großproduktion, sondern auch für wissenschaftliche Disziplinen, die zwar alt, aber längst nicht ausgereizt sind.
[ text Dr. Marc Becker, Dr. Hans-Rolf Lausch ]
blasEnsäUlEn GEHörEn in der Chemie zu den wichtigsten Reaktortypen. In ihnen perlt ein Gas durch eine Flüssigkeit und bildet eine große Phasengrenzfläche für chemische Reaktionen. Auf diese Art werden beispielsweise das Bleichmittel Wasser-stoffperoxid, verschiedene Vorläufersubstanzen für Weichma-cher und eine ganze Reihe organischer Säuren und Lösemittel hergestellt. Auch Fermentationsprozesse gehören in diese Kate-gorie.
Blasensäulen sind zwar mechanisch einfache Apparate, die ablaufenden Prozesse aber sind ausgesprochen komplex. Die Strömungsverhältnisse, Impuls-, Wärme- und Stoffaustausch-prozesse an den Grenzflächen lassen sich bislang nur schwer berechnen. Obwohl Messtechnik und numerische Simulations-methoden in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt haben und Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Gas, Flüssigkeit und Katalysator ermöglichen, beruhen Modelle und Auslegungsgleichungen im Wesentlichen noch immer auf Grundlagen aus den 1980er Jahren.
So ist zwar heute mit Hilfe der Computational Fluid Dynamics (CFD) theoretisch eine vollständige Beschreibung von Reakto-ren mit allen physikalischen Modellen für Hydrodynamik, Kine-tik sowie Wärme- und Stoffübergang möglich, entscheidend für die Praxis sind neben der verfügbaren Rechnerleistung aber auch die Validität und Übertragbarkeit der Modelle. So sind zum Beispiel nur sehr wenige Daten aus technischen Stoffsystemen (wie organische Lösungsmittel bei hohen Drücken und Tempe-raturen) bekannt, die Aussagen über Blasengrößen- und Gasgehalts verteilungen ermöglichen. Diese Größen sind jedoch für die Vorausberechnung von Gasgeschwindigkeiten und Stoff-übergangsleistungen unabdingbar, da gerade sie Ausbeute und Wirtschaftlichkeit einer Reaktion bestimmen.
Neuer Auftrieb für Blasensäulen
Anders gesagt: Obwohl Mehrphasenprozesse für die Groß-chemie seit über 50 Jahren eine enorme wirtschaftliche Bedeu-tung haben, ist man bei Auslegung, Bau und Betrieb der Reak-toren nach wie vor auf umfangreiche Voruntersuchungen und Pilotierungsphasen angewiesen. Ein Zustand, der insbesondere im Hinblick auf den Bau teurer World-Scale-Anlagen höchst unbefriedigend ist. Zudem erfordern sich schnell ändernde Roh-stoffmärkte eine flexible Anpassung von Produktionskapazitäten durch Scale-up oder Scale-down. Ob Klein- oder Großanlage – für beide gilt: Ausbeute und Umsätze können nur dann maxi-miert werden, wenn die Grundlagen der Prozesse verstanden sind. Und nur wenn die Wechselwirkungen zwischen Fluid, Gas und Katalysator aufgeklärt wurden, ist eine effiziente, energie- und ressourcensparende Prozessführung möglich.
Bei Evonik beschäftigt sich der Bereich Verfahrenstechnik & Engineering gemeinsam mit den operativen Bereichen schon seit Jahren mit der „richtigen“ Auslegung großer Mehr-phasenreaktoren. Hier entstand die Idee, über eine Art Campus Wissenslücken zu schließen und einen Austausch unter den be-troffenen Disziplinen zu fördern. Die Evonik-Experten fühlten bei Hochschulforschern vor und stießen dort auf offene Ohren und großes Interesse. Mit den Professoren Michael Schlüter von der TU Hamburg-Harburg und Marcus Grünewald von der Ruhr Universität Bochum konnten sie zwei Mitstreiter gewinnen. Im Jahr 2010 fanden sich unter dem Dach der DECHEMA über 50 große, kleine und mittlere Unternehmen, Universitäten und For-schungseinrichtungen zum Campus Blasensäulen zusammen, um gemeinsam Grundlagenwissen zu erarbeiten und um Mess-technik und Methoden zur Beschreibung von Blasensäulenreak-toren voranzubringen. Die besondere Herausforderung dabei: die Übertragung von Techniken und Methoden aus dem Elfen-beinturm der Labors in die raue Industriewelt mit hohen Drü-cken und Temperaturen, aggressiven Reaktionspartnern und großen Tonnagen.
Gemeinsam setzten sich die Campus-Partner konkrete Ziele. Dazu zählen Stärkung und Sicherung des Know-hows – 333
Evonik hat in Marl eine Versuchsanlage für Blasensäulen errichtet
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beispielsweise durch gemeinsame Nutzung der Ergebnisse aus den Forschungsschwerpunkten Mehrphasenströmungen, CFD und Reaktionstechnik, aber auch durch Förderung von wis-senschaftlichem Nachwuchs auf diesen Gebieten. Außerdem strebt der Campus eine bessere Vernetzung der Teildisziplinen an und fungiert als Infrastrukturplattform für Apparatetechnik, Messtechnik und Modelle. Vor allem aber will das Forschungs-netzwerk Experten aus Industrie und Hochschule in gemeinsa-men methodischen Projekten zusammenführen. In diesen Pro-jekten nehmen die Forscher interdisziplinäre Fragestellungen, aber auch Detailprobleme ins Visier und werden dabei durch öffentliche Fördermittel unterstützt. Inzwischen sind rund 150 Menschen in das Forschungsnetzwerk involviert.
Ein weiteres Verbundprojekt ist die „Helmholtz Energieallianz“, in der das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit mehre-ren Hochschulen kooperiert. Im Zentrum steht die Frage, wie neuartige Prozessführung und Reaktorkonzepte die Energie-effizienz von Mehrphasenprozessen erhöhen können. Wenn es gelingt, beispielsweise durch Strukturelemente in Apparaturen Strömungen und Stoffübergänge zu optimieren, steigen Umsatz und Ausbeute. Das wiederum senkt den notwendigen ener - ge tischen Input bei der Aufarbeitung der Reaktionslösung und der Produkte, was Energieverbrauch und CO2-Emissionen signi-fikant mindert.
Längerfristig angelegt ist das DFG-Schwerpunktprogramm 1740 „Einfluss lokaler Transportprozesse auf chemische Reakti-onen in Blasenströmungen“. Es stellt in den kommenden sechs Jahren zehn Millionen € für Grundlagenforschung bereit. Die zentrale Frage des von Prof. Michael Schlüter an der TU Ham-burg-Harburg koordinierten Programms: Wie können in Mehr-phasenreaktoren die Reaktionspartner so zueinander gebracht werden, dass möglichst nur hochwertige Stoffe und weniger Nebenprodukte entstehen? Antworten auf diese Frage könnten Ressourcenverbrauch und Emissionen industrieller Prozesse deutlich senken.
Wer sich als Praktiker mit Mehrphasenprozessen und Blasensäulen beschäftigt, merkt schnell: Auch wenn die Reak-toren seit über 50 Jahren im Alltag der Großchemie ihren Dienst tun, wird es noch Jahre brauchen, bis alle Detailfragen geklärt und – dank immer leistungsfähigerer Rechner – alle Wechsel-wirkungen simuliert und berechnet sind. Dabei müssen Indus-trie und Grundlagenforschung eng kooperieren. Denn die großen Lücken im (Grundlagen-)Wissen stellen bis heute für industrielle Prozesse einen Flaschenhals dar, der verhindert, dass Mehrphasenreaktoren in einem wirtschaftlichen wie auch öko-logischen Optimum geplant und betrieben werden. Vor diesem Hintergrund hat der Campus Blasensäulen zwei wichtige Auf-gaben: Er liefert einen wichtigen Beitrag für eine energie-sparende und emissionsarme Großchemie und er gibt klassischen Disziplinen wie Strömungsmechanik in Mehrphasensystemen, Reaktionstechnik oder Computational Fluid Dynamics neuen Auftrieb und ein modernes, attraktives Profil. 777
Dr. Hans-rolf lausch leitet im Bereich Verfah renstechnik & Engineering die Abteilung Computer Aided Process Engineering & Automation. Nach dem Studium der Verfahrenstechnik an der Universität Essen und Promotion an der Technischen Universität Berlin startete er 1997 seine berufliche Karriere in der Abteilung Fluidverfahrenstechnik der Verfahrens technik der damaligen Degussa AG. Nach verschiedenen Stationen unter anderem als Projektingenieur am Standort Fortier in den USA für den Bereich Perfor mance Polymers wechselte er 2010 in seine aktuelle Position.telefon +49 6181 59-4954hans[email protected]
Dr. marc becker leitet im Bereich Ver fahrens technik & Engineering das Technikum der Reaktions technik in Marl und ist Gruppenleiter im Bereich Multiphase Catalytic Processes. Nach Studium des Chemieingenieurwesens an der Tech nischen Univer sität Dortmund und Promotion in technischer Chemie startete er 2008 seine berufliche Karriere im Bereich Verfahrens technik & Engineering. Hier arbeitete er bis 2010 im Bereich Computer Aided Process Engineering als Prozessingenieur und wechselte anschließend als Gruppenleiter in die Reaktions technik. Seit 2011 leitet er dort auch das Versuchs technikum.telefon +49 2365 49-6737, [email protected]
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In Blasensäulenreaktoren perlt ein Gas durch eine Flüssigkeit
Bisher sind drei größere Projekte aus dem Campus hervor-gegangen. Zu den Leuchtturmprojekten gehört das von Evonik initiierte und vom BMBF mit drei Millionen € geförderte Pro-jekt Multi-Phase, das in der nächsten Ausgabe von elements aus-führlich dargestellt wird. Sein Hauptziel ist die Entwicklung einer geschlossenen, effizienten und praktikablen Auslegungs-methodik für Blasensäulen. Die acht beteiligten Partner aus Industrie und Hochschulen wollen bis 2014 eine vollständige Beschreibung eines Reaktors mit sämtlichen physikalischen Modellen für Hydrodynamik, Kinetik sowie Stoff- und Wärme-übergang erarbeiten. Dafür entwickeln und optimieren sie Mess-technik für Pilot- und Produktionsreaktoren und validieren ihre Berechnungen anhand konkreter Messungen an einer neuen Versuchsanlage von Evonik.
WEitErfüHrEnDE informationEn
Internetseite DECHEMA/ProcessNetwww.processnet.org/campus_bs.html
Chemie Ingenieur Technik (CIT), Themenheft: Campus Blasensäulen, 7/2013 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cite.v85.7/issuetoc
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Der Strukturschaum ROHACELL® von Evonik wird in Sandwichkonstruktionen in Flugzeugen und Sportwagen, in Rotorblättern von Windturbinen, medizinischen Röntgentischen sowie Sport und Freizeitausrüstungen verwendet. SECAR ist ein etablierter Anbieter von Kohlefaserverbundstoffen für die Automobil, Luftfahrt und Medizinbranche.
Neues Joint Venture LiteCon für LeichtbauteileEvonik Industries und SECAR Technologie haben das Joint Venture LiteCon Advanced Composite Products gegründet. Ziel der Neugründung ist die industrielle Serienfer t igung von Faserverbundbauteilen für die Automobil und Luftfahrtindustrie. Evonik fördert das neue Unternehmen durch sein Expertenwissen in der Materialentwicklung vor allem des Strukturschaums ROHACELL®. Verbunden mit der Kompetenz in der Serienfertigung von Leichtbauteilen von SECAR entsteht so ein zusätzliches Potenzial zur Entwicklung neuer Fertigungs tech nologien.
Sitz des Joint Ventures ist Hönigsberg (Österreich). Es wird von Evonik und SECAR gemeinschaftlich geführt, wobei Evonik 49 Prozent der Anteile hält.
„LiteCon ist der nächste Schritt in unserer Partnerschaft mit der Automobil und Luftfahrtindustrie, deren Entwicklungen in Richtung Leichtbau wir seit Jahren mit unseren Produkten unterstützen“, so Gregor Hetzke, Leiter des Geschäftsbereichs Performance Polymers von Evonik. „Die große Kompetenz in der Entwicklung und Her
stellung von Composites von SECAR und unser Polymerwissen vereinen wir in LiteCon, um unseren Kunden den besten Nutzen aus dieser Synergie zu bieten.“
Neue ROHACELL® Anlage steigert Kapazität Ende 2013 hat Evonik Industries am Standort Darmstadt eine neue Produktionsanlage für den Strukturschaum ROHACELL® in Betrieb genommen. Die neue Anlage, in die Evonik etwa sechs Millionen € investiert hat, steigert die Kapazität der dortigen Poly merisation um etwa fünfzig Prozent. Durch weitgehende Automatisierung der Poly merisation wurden gleichzeitig die Zyklus zeiten nahezu halbiert.
„Mit dieser Anlage tragen wir der steigenden Nachfrage und Wachstumsstrategie für ROHACELL® Rechnung“, sagt Dr. Andreas Hoff, Leiter von Performance Foams und verantwortlich für das Geschäftssegment ROHACELL®. Mit dem Bau der neuen Anlage hat Evonik die Polymerisation mit moderner Robotertechnik in großen Teilen automa tisiert. Die dadurch bedingten geringeren Zykluszeiten erhöhen die Kapazität deutlich.
Stefan Plaß, Leiter der Growth Line Advanced Technologies: „Nur mit hoch effizienten und wirtschaft lichen Produktions
Ziel von LiteCon ist die industrielle Serienfertigung von Faserverbundteilen für die Automobil- und Luftfahrtindustrie
Robotertechnik ermöglicht die Automa tisie rung der ROHAC ELL®
Poly merisation bei Evonik
prozessen können wir den Leichtbau mit ROHACELL® für größere Stückzahlen und neue Serienanwendungen attraktiv machen. Die Automatisie rung in der Polymerisation
ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung. Wir planen darüber hinaus weitere Auto ma ti sierungen und Optimierungen im Produk tions prozess.“
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Interview mit Dr. Stefan Silber*
von aftErsHavE bis Zahnpasta, von Shampoo und Conditioner bis Haaröl oder gar Fußpuder – rund fünf Kilogramm kosmetische Produkte verbraucht allein jeder Deutsche pro Jahr im Durchschnitt. Weltweit wächst die Nachfrage besonders in Schwellenländern, in denen sich immer mehr Menschen Kosmetika leis-ten können. Im neuen Innovationszentrum von Evo-nik am Standort Goldschmidtstraße in Essen wollen rund 90 Mitarbeiter des Geschäftsbereichs Consumer Specialties Innovationen insbesondere für die Kos-metikindustrie vorantreiben. Insgesamt hat Evonik knapp 17 Millionen € in den Neubau investiert. Dr. Stefan Silber erklärt im Interview, warum das neue Forschungszentrum viele Vorteile mit sich bringt, welche Art von Wirkstoffen in der Pipeline sind und warum Männer mehr Kosmetik verwenden als sie glauben.
Herr Dr. Silber, verwenden Sie selbst Kosmetika?Ja, natürlich, obwohl man sich als Mann dessen gar nicht so bewusst ist. Zahncreme, Duschgel, Shampoo, Aftershave – das sind alles kosmetische Produkte, die Männer täglich ver-wenden. Bei mir kommt noch dazu, dass ich gern mal was Neues ausprobiere. Und ganz persönlich würde ich mir wünschen, dass es bald etwas Wirksames zur Erhaltung der Haarfülle gibt. Männer haben also das Gepflegtsein entdeckt?Men-Care-Produkte wachsen tatsächlich überproportional – natürlich auf wesentlich niedrigerem Niveau als der Markt für Frauen. Auch der Geschäftsbereich Consumer Specialties trägt dem Rechnung, etwa im Rahmen der Men-Care-Initita-tive des Geschäftsgebiets Personal Care. Die neuen Kosmetik-produkte für Männer wurden im November 2013 auf einer Fachmesse vorgestellt. – Aber bei uns zuhause im Badezim-mer benötigt meine Frau immer noch viel mehr Platz für ihre Kosmetik artikel als ich.
Der Markt für Kosmetik wächst weltweit. Warum?Zum einen wächst die Weltbevölkerung und insbesondere der Anteil älterer Menschen in den entwickelten Regionen der Welt. Und zum anderen steigt auch in ärmeren Regionen der Welt die Zahl der Menschen, deren wirtschaftliche Situation sich soweit gebessert hat, dass sie sich kosmetische Produkte oder gar einige Premiumprodukte leisten können.
Bei der Einweihung des neuen Innovationszentrums hieß es, Evonik wolle damit seine Wettbewerbsposition im Markt für Kosmetikprodukte stärken. Was heißt das konkret? Wir sind einer der führenden Anbieter für kosmetische Inhalts-stoffe, weltweit stehen wir auf Platz Nummer drei. Wir möch-ten diese Position gerne weiter verbessern. Dazu setzen wir
„Innovation bleibt der wichtigste Wachstumshebel“
Neues Forschungszentrum für kosmetische Wirkstoffe
*Dr. Stefan Silber war mehr als zehn Jahre lang verantwortlich für das Innovationsmanagement bei Consumer Specialties. Zum 1. Februar 2014 hat er die Leitung des Geschäftsgebiets Coating Additives im Geschäftsbereich Coatings & Additives über-nommen
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auf Innovation, denn das ist und bleibt einer der wichtigsten Wachstumshebel.
Vom Wachstum abgesehen: Welche Trends sehen Sie im Kosmetikmarkt? Es gibt vor allem in Europa einen starken Trend hin zu nach-haltigen Kosmetikprodukten. Alle Beteiligten wünschen sich, dass Inhaltsstoffe und Herstellung Mensch und Umwelt nicht schaden und Ökosysteme nicht belasten. Vor einigen Jahren hatte man daher große Erwartungen an Bio- und Naturkos-metika. Die haben sich allerdings nicht erfüllt, bisher haben Naturkosmetika nur rund zehn Prozent Marktanteil. Und in ärmeren Regionen der Welt hat es teure Naturkosmetik schwer; die Kunden dort kaufen sehr preisbewusst ein.
Laut Werbung kann Kosmetik fast alles: Haarausfall stoppen, Falten beseitigen, Haut verjüngen. Was davon ist glaubwürdig? Verbraucher haben oft die Sehnsucht nach dem unmittelbaren Effekt. Doch Kosmetikprodukte sind keine Wundermittel. Viele Stoffe zeigen Wirkung erst nach Wochen, beispielsweise Anti-Aging- oder Anti-Cellulite-Produkte. Manchmal sind die Effekte auch kleiner als Käufer erwarten. Wir als Rohstoff-entwickler geben auf jeden Fall nur Wirkversprechen ab, die auch eine wissenschaftliche Grundlage haben. Heute werden alle kosmetischen Wirk- und Inhaltsstoffe intensiv analysiert. Wir wissen viel mehr über die Effekte von chemischen Stoffen im Körper oder auf der Haut als früher. Ich bin sicher, da ist in Zukunft noch vieles möglich.
Wohin geht die Entwicklung?Die Aufgabenteilung in der Wertschöpfungskette hat sich verändert. Vor zehn, 15 Jahren haben die Kosmetikhersteller die Wirkung von Substanzen selbst untersucht. Heute ist das die Aufgabe von Rohstoffentwicklern wie Evonik, sodass
Neues Forschungszentrum für kosmetische Wirkstoffe
sich viel Know-how bei uns konzentriert. Die Kenntnis von Wirkmechanismen sowie neue biotechnologische Synthese-routen bis hin zur Nutzung von Gensequenzen zur Herstel-lung naturidentischer oder naturnaher Wirkstoffe erlauben heute im Grenzbereich von Chemie, Biotechnologie und Pharmazie die Entwicklung von Substanzen, die tiefgreifender und gezielter auf Haut oder Haare wirken. Dabei versuchen wir, schneller und erkennbar differenzierter auf die Wünsche der Verbraucher zu reagieren als die Konkurrenz bei unse - ren Kunden.
Was kann Evonik, was andere nicht können?Unsere Entwickler haben den Blick auf das gesamte Spek - trum – angefangen vom Basissegment mit einfachen Rezep-turen bis hin zum Premiumprodukt, dessen Wirkstoffent-wicklung Jahre dauert. Manchmal ist es nicht ganz einfach, beides im Auge zu behalten, denn Verbrauchererwartungen sind global gesehen sehr unterschiedlich.
Jung und schön sein, wollen das nicht alle?Die Erwartungen und der Umgang mit Produkten sind erstaun-lich unterschiedlich. In Brasilien sind überraschenderweise Naturkosmetika sehr beliebt. Außerdem waschen sich Brasilia-ner gern mehrmals am Tag die Haare – mit entsprechenden Folgen für das gestresste Haar. In Südafrika sind besonders einfache Rezepturen gefragt. Japaner lieben Premiumartikel, Koreaner sind eher experimentierfreudig. In anderen asia-tischen Ländern muss Kosmetik vor allem preiswert sein, in Indien beispielsweise durch eine möglichst kleine Ver-packung. Durch Beobachtung des Verbrauchers in seinem regionalen Lebensumfeld lernen wir, welche Motivation Kauf-entscheidungen treibt und welche Faktoren wir mit unseren Produkten zukünftig beeinflussen wollen. 333
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Wo genau liegen unsere Stärken?Unsere hohe Innovationskraft, unsere Kunden- und Konsu-mentenorientierung und das globale Produktionsnetz sind von unseren Kunden hoch geschätzt. Bei immer höher bewerteten Qualitätsansprüchen und unserer Leistungsfähigkeit, diesem Anspruch auch gerecht zu werden, gelingt es uns, unsere Kon-kurrenten auf Abstand zu halten. Unsere Innovationen und das neu geschaffene Know-how werden dabei durch Patente und Lizenzen begleitet, um den Wettbewerbsvorteil möglichst lange wertschöpfend sichern zu können.
Die großen Player unterscheiden sich ansonsten recht wenig. Denn wir bedienen alle die gleichen Kosmetikherstel-ler, wir wollen alle die Wünsche der gleichen Verbraucher erfüllen. Außerdem wird die Welt immer schneller und trans-parenter. Testmärkte kann man heute gar nicht mehr von Wettbewerbern abschirmen. Um künftig die Nase vorn zu haben, haben wir unsere Forschungsausgaben im Kosmetik-bereich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Wir bauen auf einer etablierten und sehr erfolgreichen Palette von Tensiden und Emulgatoren auf, die ständig weiterentwickelt wird und die am Ende des Tages einen akzeptablen Umsatz und Gewinn sicherstellt. Damit schaffen wir eine solide Basis für unsere ambitionierten Forschungsanstrengungen und für ein statt-liches Forschungsbudget. So können wir gleichzeitig an ganz neuen Wirksubstanzen arbeiten, deren Marktpotenzial noch unbekannt ist und die daher mehr Risiko bedeuten.
An welchen Substanzklassen arbeiten Sie?Ein wichtiges Forschungsfeld sind Biotenside, die biotechnolo-gisch aus Zucker und Biomasse, künftig auch aus Synthesegas hergestellt werden. Sie sind vielversprechende und günstige Wirkstoffe für alle schäumenden Produkte, außerdem beson-ders sanft und gut verträglich. Biotenside sind zudem ein exzellentes Beispiel, wie wir uns von der Rohstoffbasis Petro-
chemie ein Stück weit abkoppeln können. Diese Klasse von Tensiden könnte bis 2020 evidente Marktanteile erreichen – auch deshalb, weil sie nicht nur für die Kosmetik interessant ist, sondern auch für Wasch- und Reinigungsmittel, für Lacke und Farben, für die Öl- und Gasindustrie, ja selbst für den Pflanzenschutz. Voraussichtlich in diesem Jahr werden wir die ersten Biotenside am Markt einführen.
Was ist noch in der Pipeline?Ein zweiter wichtiger Bereich sind Aktivsubstanzen für sicht-bare kosmetische Effekte. Dazu zählt der gesamte Anti-Aging-Sektor. Mit Ceramiden, die vor allem gegen Altersfältchen eingesetzt werden, haben wir bereits viel Erfahrung gesam-melt. Wir entwickeln diesen Bereich ständig weiter. Drittes wichtiges Feld sind spezielle Peptide, die beispielsweise Altersflecken aufhellen oder gegen Haarausfall wirksam sind. Auch hier behalten wir stets die Nachbarmärkte im Auge. Denkbar ist beispielsweise, dass bestimmte kosmetische Inhalts-stoffe gleichzeitig Nahrungsergänzungsmittel sein können. Warum soll man nicht durch Essen gesünder und schöner werden?
Wie ist Ihre Forschung aufgestellt?Das Innovationsmanagement im Bereich Personal Care ist nach drei Schwerpunktgebieten organisiert: Rinse off, Leave on und Actives. Das sind also Wirkstoffe, die entweder abgewa-schen werden (z. B. Shampoo, Duschgel), auf Haut oder Haar verbleiben (z. B. Cremes, Body Lotion, Conditioner) oder gezielt bestimmte Wirkungen entfalten (z. B. Hyaloronsäure). Jede dieser drei Gruppen betreibt zwei oder drei eigene Labore. Die meisten unserer Kosmetikforscher arbeiten in Essen, im neuen Innovationszentrum, und entwickeln hier die Wirk-stoffe der Zukunft. Darüber hinaus betreiben wir Entwick-lungslabore in verschiedenen Teilen der Welt, wie zum
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Beispiel in China, in den USA und demnächst auch in Singapur. In anderen Ländern wie Brasilien und Südafrika haben wir kleine Labore, die das Marketing unterstützen und den Markt beobachten. Heute sind rund 25 Prozent der Mitarbeiter im Forschungsbereich im Ausland beschäftigt. Dieser Anteil wird innerhalb der kommenden zehn Jahre deutlich wachsen, die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland dagegen wird sich auf heutigem Niveau stabilisieren. Das entspricht den Märkten einerseits und der demografischen Entwicklung andererseits.
Was versprechen Sie sich vom neuen Innovationszentrum?Ein großer Teil unserer eigenen Forscher arbeitet hier nun unter einem Dach in modernen, gut ausgestatteten und sehr kommunikationsfördernden Räumlichkeiten. Ich bin über-zeugt, dass dies den Austausch fördert und sich auch günstig auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken wird. Außer -dem nicht zu vergessen: So ein modernes Zentrum ist attrak-tiv für junge Leute, die ins Berufsleben einsteigen. Und gute Nachwuchsforscher können wir immer gebrauchen. Zusätz-lich haben wir einen vom übrigen Laborbereich getrennten Workshopbereich geschaffen, der gezielt die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Kunden schafft, ohne dass die Gefahr eines Know-how-Verlustes besteht.
Ist der Nachwuchsaspekt auch ein Grund für den kürzlich unterzeichneten Kooperationsvertrag mit der Universität Duisburg-Essen?Er ist einer von mehreren Gründen. Wir fühlen uns als großes Unternehmen der Förderung wissenschaftlicher Forschung verpflichtet, und die Kooperation mit der Uni Duisburg-Essen ist zudem gute Nachbarschaftspflege. Wir schmieden solche Bündnisse mit vielen Hochschulen, weil wir nicht alles selber erarbeiten und erforschen können. Im Rahmen der Koope-ration mit der Universität Duisburg-Essen werden wir eine
Juniorprofessur fördern, die sich schwerpunktmäßig mit makromolekularer und Grenzflächenchemie beschäftigt. Also mit Kompetenzen, die gerade für Innovationen im Geschäfts-bereich Consumer Specialties eine besondere Rolle spielen.
Wie wichtig ist der Kontakt zu den direkten Kunden, also den Kosmetikkonzernen?Sehr wichtig und sehr eng. Wir stehen mit den großen Her-stellern in wöchentlichem Austausch. Denn unsere Kunden sind für uns nicht nur Abnehmer der Rohstoffe, sondern auch Quelle und Inspiration für neue Gedanken und Lösungen.
Was macht Ihnen am meisten Spaß an Ihrer Arbeit?Für mich ist wichtig, die Dinge vom Ende her zu verstehen: Was will der Verbraucher, welchen Nutzen hat er von unseren Substanzen, welche seiner Erwartungen können wir in Zu-kunft erfüllen? Das ist eine Aufgabe, die nie ihren Reiz ver-liert. Außerdem gehört zu meinen Aufgaben, den Mitarbei-tern Empathie und Überzeugung für unsere Arbeit zu ver-mitteln. Und es macht mir auch noch nach 22 Jahren im Unter-nehmen schlichtweg Freude, wenn ich beim Einkaufen Produkte finde, in denen unsere Wirkstoffe enthalten sind – und noch mehr freut es mich, wenn die Produkte nicht nur in den Regalen stehen, sondern in den Einkaufswagen der Ver-braucher liegen. Dann weiß ich, dass sich die harte Arbeit von Consumer Specialties gelohnt hat. 777
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Evonik entwickelt seine Innovationskompetenzen stetig weiter und unterstützt entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen. Dr. Reza Ghahary hat in diesem Rahmen berufsbegleitend ein Studium zum Innovationsmanagement absolviert.
innovationskraft UnD EffiziEntE Forschung sind schon heute Kennzeichen von Evonik. Doch das Spezialchemieun-ternehmen will diese Stärken weiter aus-bauen. Schließlich fordern kürzere Inno-vationszyklen, komplexere Fragen und anspruchsvollere Rahmenbedingungen die Innovationsfähigkeit eines Unterneh-mens immer wieder aufs Neue heraus. Evonik fördert daher eine Innovationskul-tur mit Mut zu Neuem, in der die Mitar-beiter beispielsweise die Initiative ergrei-fen und sich zusätzliche Qualifikationen aneignen. Bei Dr. Reza Ghahary führte dieses Innovationsverständnis auch zu dem Wunsch, das eigene Wissen auf eine breitere Basis zu stellen. Ghahary arbeitet im Bereich Corporate Innovation Strategy & Management im Team Industry Cross Innovations, das sich damit beschäftigt, Innovationspartnerschaften mit anderen Unternehmen zu initiieren. „Durch einen Artikel in der Zeitschrift Nachrichten aus der Chemie wurde ich auf einen Studien-gang Master in Business Innovation (MBI) aufmerksam, über den andere Chemiker positiv berichteten“, erzählt Ghahary.
Der Studiengang MBI wird von der Eu-ropean Business School angeboten, die zur EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden gehört. Der MBI umfasst 60 berufsbegleitende Präsenztage mit den Themen: aktuelle Grundlagen und Me-thoden des Innovationsmanagements, Globalität und Vermarktung von Innova-tionen, Innovationskultur und Personal-führung sowie die rechtlichen und finan-ziellen Rahmenbedingungen von Innova-tionen. Das Programm beinhaltet zudem
ein Modul mit Aufenthalten in China und Indien sowie ein E-Learning-Modul der amerikanischen Universität Stanford. Erfolgreiche Absolventen bekommen den international anerkannten Titel Master of Arts verliehen. 2012 gehörte Ghahary zu den Absolventen.
„Durch das Studium wollte ich ein ganzheitliches Verständnis für die profes-sionelle Planung und Steuerung von Inno-vationen im Unternehmen gewinnen“, sagt Ghahary. Besonders geschätzt hat er die Anwendbarkeit des vermittelten Stoffs: „Es war eine ausgeglichene Mi-schung aus Theorie und Praxis, vor allem weil viele Referenten selbst in verschie-denen Branchen tätig waren. So konnten wir Studierenden unsere neu erworbenen Kenntnisse gleich anhand von konkreten Beispielen aus der Unternehmenspraxis nachvollziehen.“ Die Praxisnähe begüns-tigte auch, dass Ghahary das neue Wissen über Themen wie Innovationsstrategie, Innovationskultur, Open Innovation und Strategic Foresight bei Evonik einfließen lassen konnte.
Es gibt inzwischen eine wahre Flut an Aufbau- und Weiterbildungsstudien-gängen rund um das Thema Innovations-management – in Vollzeit oder berufs-begleitend, stärker theorielastig oder sehr praxisnah. Manche eignen sich eher für Interessenten mit einem betriebs-wirt schaftlichen Hintergrund, andere eher für Naturwissenschaftler. Auch bei den Kosten gibt es deutliche Unter-schiede. Wer sich für ein solches Studium interessiert, muss also zunächst intensiv den Markt sondieren.
Solide GrundlageWeiterbildungsstudium „Master in Business Innovation“
Die EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden bietet seit rund zehn Jahren den Studiengang Master in Business Innovation an
Dr. Reza Ghahary
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„Das Studium zum Master in Business Innovation hat meine Erwartungen sogar übertroffen, weil es vielschichtige Grund-lagen und Facetten des Innovations-managements vermittelt hat“, erzählt Ghahary. „Ich hatte zunächst einen Fokus auf Produktentwicklung und -vermark-tung erwartet. Das Studienprogramm ist aber vielmehr auf Anforderungen von Unternehmen ausgerichtet, die sich als
Innovationsführer verstehen oder auf dem Weg dorthin sind.“ Viel lernen konnte Ghahary während des Studiums auch über China und Indien, über deren wirtschaftliche und kulturelle Besonder-heiten. „Durch den Austausch mit ver-schiedenen Unternehmen vor Ort erfuh-ren wir, wie unterschiedlich Innovationen in diesen Ländern vorangebracht werden können.“
Impressum Wissenschaftlicher beiratDr. Felix MüllerCorporate Innovation Strategy & Management [email protected]
redaktionDr. Karin Aßmann (verantwortlich)Evonik Industries [email protected] LocherEvonik Services [email protected]
redaktionelle mitarbeitChrista FriedlMichael Vogel
fotosDirk BannertDieter DeboRolf van MelisFrank PreussStefan WildhirtAmtec Kistler GmbH (S. 9)EBS Universität für Wirtschaft und Recht (S. 38)Fotolia:photoiron (S. 8)lily (S. 12)Corinna Gissemann (S. 17)Robertas (S. 21)
Gestaltung Michael Stahl, München
Druckdruckservice duisburg medienfabrik GmbH & Co. KG
Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion
HerausgeberEvonik industries aGCorporate Innovation Strategy & Management
Rellinghauser Straße 1–1145128 Essen
Persönlich ist ein berufsbegleitendes Stu-dium natürlich auch immer ein Balanceakt. „Aufgrund meiner beruflichen Verant-wortung war es teilweise schwierig, alles unter einen Hut zu bringen“, gibt Ghahary zu. So mancher Urlaubstag und viel Frei-zeit mussten für das Studium herhalten. „Aber mein Interesse am Thema half mir dabei, den einen oder anderen Engpass zu überwinden.“ 777
Achtung Lithozeile druckt nicht mit! Diese Datei ist ohne Überfüllungen angelegt! Farbton Offset-Druck 48c 100m14359 03-034-4-1-A • Evonik WLYP Pharma Anzeige Deutsch • Motiv Knopfleiste • 4c • Format: 210 x 297 mm + 5 mm Beschnitt • 24.01.14 • mrELEMENTS – deutsch, OF
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