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KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE Schlankheitskur für den Leichtbau DESIGNING WITH POLYMERS Strukturschaum für die Luftfahrt: Ready for Take-off! COATING & BONDING TECHNOLOGIES Kleben unten ohne – Etiketten ohne Träger elements48 Quarterly Science Newsletter Ausgabe 3|2014

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  • KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    Schlankheitskur für den LeichtbauDESIgNINg wITH pOLYMERS

    Strukturschaum für die Luftfahrt: Ready for Take-off!COATINg & BONDINg TECHNOLOgIES

    Kleben unten ohne – Etiketten ohne Träger

    elements48Quarterly Science Newsletter Ausgabe 3|2014

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    2 INHALT

    6

    16

    34

    TITELMOTIv

    Neuer Strukturschaum von Evonik eröffnet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in der Luftfahrt

    NEwS

    4 Christian Kullmann zum Vorstandsmitglied von Evonik bestellt 4 Wasserstoffperoxidanlage in Jilin eingeweiht 4 Neue Isophoronanlage in China in Betrieb 5 Kapazitätsausbau bei Polyamid 12 5 Finanzierung für Biolys® Anlage in Wolgodonsk steht

    KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    6 Neuer Haftvermittler für Kunststoff-Metall-Hybride: Schlankheitskur für den Leichtbau

    KATALYSE

    12 Ein milder Weg zu Aminen

    INTERvIEw

    14 Strategische Universitätspartnerschaften

    NEwS

    15 Stärkere Einbindung externer Partner in F&E

    DESIgNINg wITH pOLYMERS

    16 Strukturschaum für die Luftfahrt: Ready for Take-off!

    CORpORATE RESpONSIBILITY

    22 Nachhaltigkeitsbericht 2013

    COATINg & BONDINg TECHNOLOgIES

    24 Kleben unten ohne – Etiketten ohne Träger

    NEwS

    30 Neues Forschungszentrum am Standort Rheinfelden 30 Anwendungstechnik für Reifen und Gummianwendungen eingeweiht 31 Investition in Biotechnologiefirma 31 Neues Technologiezentrum für Electronic Solutions in Taiwan 31 Russisches Joint Venture OOO DESTEK seit zehn Jahren erfolgreich

    KATALYSE

    32 Evonik stärkt Katalysatorforschung in China

    NEwS

    33 Evonik investiert in Spezialisten für biobasierte Schmierstoffe 33 Produkttest auf der Rennstrecke

    CORpORATE FORESIgHT

    34 Verborgene Meeresschätze heben

    NEwS

    39 Anlage für Dispergiermittel entsteht 39 Evonik baut neue Kieselsäureanlage in Brasilien

    39 Impressum

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    3EDITORIAL

    TeamworkBrasilien hat Neymar, Argentinien hat Messi, Portugal hat Ronaldo, und Deutschland hat ein Team. Auf diese kurze Formel lässt sich der Sieg der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM bringen. Denn der Titel-gewinn hat gezeigt: Individuelle Fähigkeiten sind zwar Voraussetzung für Erfolg; ihren wahren Wert entfalten sie aber erst beim Zusammenspiel im Team. Das gilt auch für die Forschung: Eine gut aufgestellte Mannschaft, die alle nötigen Kompetenzen besitzt und eng zusammenarbeitet, hat gute Chancen, ihr Projekt mit einer Innovation abzuschließen.

    Deshalb rücken wir sowohl in Wesseling als auch in Rheinfelden unsere Kompetenzen in Forschung, Entwicklung, Anwendungstechnik und Produk-tion enger zusammen (S. 30): In Rheinfelden stärken wir unseren Silan-chemieverbund und errichten ein neues Forschungszentrum. In Wesseling haben wir ein neues Gebäude für Anwendungstechnik in Betrieb genommen und vereinen damit nun die weltweit größte Produktion für gefällte Kiesel-säuren sowie Forschung und Anwendungstechnik an einem Standort.

    Die Bedeutung des Teamgedankens reicht aber weit über das einzelne Unternehmen hinaus, vor allem, wenn es um die Entwicklung komplexer Systemlösungen geht. Darum haben wir in Taiwan ein neues Technologie-zentrum eingerichtet, um gemeinsam mit den Industrie- und Hochschul-forschern vor Ort „Electronic Solutions“ zu erarbeiten (S. 31). Mit strategi-schen Universitätspartnerschaften rund um den Globus bauen wir unsere internationalen Forschungsnetzwerke weiter aus (S. 14–15). Im BMBF-Projekt haben wir gemeinsam mit acht Partnern einen neuen Haftver mittler für Kunststoff-Metall-Hybride entwickelt, die im Leichtbau bis zu 20 Prozent Gewicht einsparen (S. 6ff). Und im engen Schulterschluss mit Maschinen-herstellern und Anwendern forcieren wir neue Etiketten systeme, die ganz ohne Träger auskommen – ein Plus an Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz (S. 24ff).

    In allen diesen Projekten haben wir aus internen und externen Kom-petenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette schlagkräftige Teams geformt. Kommen wie bei der deutschen Nationalmannschaft noch eine langfristige Strategie, ein klares Ziel und die Fähigkeit, aus Rückschlägen zu lernen, hinzu, holt man auch als Unternehmen so manchen Titel. Wir bleiben am Ball.

    Dr. peter NaglerChief Innovation OfficerEvonik Industries AG

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    4 NEwS

    Christian Kullmann zum Vorstandsmitglied von Evonik bestelltDer Aufsichtsrat von Evonik hat Christian Kullmann (45) mit Wirkung zum 1. Juli 2014 zum Mitglied des Vorstandes der Evonik Industries AG bestellt. Kullmann ist als Chief Strategic Officer zuständig für die Zentralbereiche Konzernstrategie & Konzernperformance, Recht & Compliance, Corporate Affairs sowie Corporate Security.

    Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender von Evonik, sagte: „Mit Christian Kullmann zieht eine langjährige, kompetente und versierte Führungskraft in unseren Vorstand ein. Als mein enger Mitarbeiter hat er maßgeblich und vertrauensvoll den Wandel des Konzerns zu einem Spezialchemieunternehmen sowie den Börsengang von Evonik mitgestaltet. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit ihm als Vorstands-kollegen.“

    Christian Kullmann wechselte von der Dresdner Bank, bei der er zuletzt Direktor für Public Relations und Public Affairs war, am 1. Dezember 2003 zur vormaligen RAG, aus der im Jahr 2007 Evonik hervorge-gangen ist. Er war zunächst als Zentralbereichsleiter verantwortlich für Kommunikation & Vorstandsbüro. Zum 1. April 2013 bestellte ihn der Aufsichtsrat von Evonik zum Generalbevollmächtigten.

    Wasserstoffperoxidanlage in Jilin eingeweihtIm chinesischen Jilin hat Evonik im Juli eine neue Wasserstoffperoxid-anlage offiziell in Betrieb genom-men. Die neue Produktion hat eine Jahreskapazität von 230.000 Ton-nen. Evonik hat dafür mehr als 100 Millionen € investiert und steigert damit seine aktuelle weltweite Jah-reskapazität auf mehr als 900.000 Tonnen. „Mit dieser Investition stärken wir unsere marktführende Position bei Wasserstoffperoxid weiter und setzen konsequent un-

    sere Wachstumsstrategie in Asien fort“, sagte Klaus Engel, Vorstands-vorsitzender von Evonik, anläss-lich der offiziellen Inbetrieb nahme in Jilin.

    Das H2O2 aus Jilin liefert Evo-nik über eine Pipeline direkt in die benachbarte Propylenoxidanlage der Jishen Chemical Industry Co., Ltd., die ebenfalls neu erbaut wor-den ist. Jishen stellt aus dem Was-serstoffperoxid nach dem HPPO-Verfahren Propylenoxid her.

    Propylenoxid wird vor allem für die Herstellung von Polyurethan-vorprodukten verwendet. Aus den Polyurethanen entstehen dann beispielsweise Polster für Auto-sitze oder Möbel sowie Isolations-materialien für die Bau- und Kühl-geräteindustrie.

    „Weltweit registrieren wir eine große Nachfrage für unser effizientes HPPO-Verfahren“, sagte Gregor Hetzke, Leiter des Geschäftsbereichs Advanced

    An der feierlichen Zeremonie nahmen ranghohe Vertreter aus Politik und Wirtschaft teil

    Inter mediates von Evonik. „Mit der Anlage in Jilin haben wir jetzt einen weiteren Meilenstein gesetzt, um Wasserstoffperoxid als umweltfreundliches Oxidati-onsmittel in der chemischen Syn-these zu etablieren.“

    Bislang wird Wasserstoffper-oxid vor allem als Bleichmittel für die Textil- und Zellstoffindustrie genutzt. Mit dem HPPO-Verfah-ren kann das umweltfreundliche Oxidationsmittel nun auch zur chemischen Direktsynthese von Propylenoxid verwendet werden. Die Vorteile des HPPO-Verfah-rens liegen in einem deutlich nied-rigeren Investitionsvolumen und in seiner hohen Produktionseffi-zienz sowie in der sehr guten Umweltverträglichkeit.

    großen Wirtschaftsräumen – Europa, NAFTA und Asien – mit vollstän-dig rückintegrierten Produktionsanlagen vertreten.“

    Evonik hat mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Isophoronchemie und ist das weltweit einzige Unternehmen, das die gesamte Wertschöp-fungskette von Isophoron und dessen Veredelungsprodukten be herrscht. Produkte der Isophoronchemie (Crosslinkers) wurden bisher in Ant-werpen (Belgien), Marl und Herne sowie Mobile (USA) hergestellt.

    Ergänzend zu dem neuen Produktionskomplex hat Evonik am Stand-ort Xinzhuang in Schanghai ein anwendungstechnisches Service

    Neue Isophoronanlage in China in Betrieb Evonik hat in Schanghai (China) einen integrierten Produktionskomplex für Isophoron und Isophorondiamin in Betrieb genommen. Mehr als 100 Millionen € hat das Spezialchemieunternehmen in die Anlagen mit einer jährlichen Kapazität von 50.000 Tonnen investiert. Mit den neuen Kapazitäten wird Evonik vorrangig Kunden der Farben- und Lack- sowie Bau-, Klebstoff- und Komposite-Industrie in Asien bedienen.

    Patrik Wohlhauser, Vorstandsmitglied von Evonik Industries und Chief Operating Officer: „Damit setzen wir unseren erfolgreichen Wachstumskurs in der Isophoronchemie fort. Wir sind nun in den drei 333

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    5NEwS

    basierten Laurinlactam, und ergibt ein identisches Polyamid 12. Erste Chargen von Polyamid aus diesem Vorprodukt wurden bereits erfolg-reich zu Rohren verarbeitet und getestet, Proben für Kundentests werden in Kürze zur Verfügung stehen. Das Verfahren bietet mehrere Vorteile: 100 Prozent erneuerbare Rohstoffe als Basis für Polyamid 12, identische Produkteigenschaften, einfacherer Produktionsprozess.

    Weitere Ergebnisse aus der seit über einem Jahr laufenden Pilot-anlage werden Grundlage für die Auswahl des Verfahrens der nächsten Kapazitätserweiterung von Polyamid 12 sein. Der Name VESTAMID® steht im Markt für den Konstruktionswerkstoff Polyamid 12 und VESTOSINT® für das Beschichtungspulver von Evonik.

    Evonik hat die Kapazität seiner Polyamid-12-Produktion im Chemiepark Marl um 5.000 Tonnen ausgebaut und damit die Liefersicherheit des Konstruktionswerkstoffs VESTAMID® erhöht. Zudem haben Vorberei-tungen zur Steigerung der Produktion von VESTOSINT® Polyamid-pulver begonnen.

    Evonik betreibt seit nahezu 50 Jahren eine voll rückintegrierte Pro-duktion von Polyamid 12 im Chemiepark Marl, ausgehend vom Buta-dien über alle Vorstufen bis zum Polymer. Ursprünglich als Batch-Betrieb begonnen, wurde die Produktionsanlage ab dem Jahr 2000 um kontinuierliche Anlagen ergänzt.

    „VESTAMID® ist ein gefragter Werkstoff im Markt: Die aufgrund des temporären Ausfalls der Cyclododecatrienanlage verwendeten Ersatzprodukte haben sich nur in Nischen halten können. Wir sehen es als unsere Verpflichtung an, unseren Kernmärkten, und hier vor allem der Automobilindustrie, höchstmögliche Liefersicherheit zu bieten“, sagt Dr. Michael Pack, neuer Leiter des Geschäftsbereichs Performance Polymers bei Evonik.

    Unterstrichen wird die Wachstumsstrategie auch durch die Entwick-lung unterschiedlicher Technologien für die Vorprodukte von Polyamid 12: So verfügt Evonik einerseits über eine produktionsreif ausgearbei-tete, konventionelle Route basierend auf verbesserten Verfahren für einen unabhängigen C12-Strang bis zum Polymer.

    Andererseits ist der Biosyntheseweg aufbauend auf Palmkernöl – ohne Butadien und Cyclododecatrien (CDT) – weit fortgeschritten. Der Prozess führt zu ω-Amino-Laurinsäure, einer Alternative zum erdöl-

    Kapazitätsausbau bei Polyamid 12

    Erste VESTAMID® Rohre aus 100 Prozent erneuerbarem Rohstoff haben interne Tests erfolgreich bestanden

    Finanzierung für Biolys® Anlage in Wolgodonsk stehtMit Erteilung der Baugenehmigung durch die russischen Behörden und Unterzeichnung eines Kreditvertrags mit der Russian Agricultural Bank hat das Vorhaben zur Errichtung einer Biolys® Anlage in Wolgodonsk durch das Joint Venture OOO DonBioTech zwei wichtige Meilensteine erreicht. An dem Joint Venture sind Evonik Industries und die russische Varshavsky-Gruppe beteiligt.

    Die Anlage soll 2015 in Betrieb gehen und eine Jahreskapazität von rund 100.000 Tonnen haben. Sie wird die Position von Evonik im russi-schen Markt stärken und dazu beitragen, Schweine- und Geflügelfleisch in Russland effizient und nachhaltig zu produzieren.

    Biolys® gilt als äußerst wirksame Lysinquelle im Tierfutter für Schweine und Geflügel. Es soll in Wolgodonsk mit moderner Fermen-tationstechnologie von Evonik hergestellt werden. Als Rohstoff kommt Weizen aus der Rostow-Region zum Einsatz, den das Joint Venture selbst verarbeiten wird.

    Center mit hochmodernen Laboren eingerichtet. Maßgeschnei-derte Lösungen der Isophoronchemie sollen die Wettbewerbsfähigkeit der asiatischen Kunden stärken.

    Der Weltmarkt für Produkte der Isophoronchemie wächst stärker als das globale Bruttoinlandsprodukt; insbesondere Asien zeigt ein überdurchschnittliches Wachstum, beispielsweise bei Verbundwerk-stoffen (Komposite). Diese werden im Leichtbau für Automobile sowie für widerstandsfähigere Windkraftanlagen benötigt.

    Außerdem verlängert Isophoronchemie die Lebensdauer stark bean-spruchter Oberflächen, wodurch Wartungskosten gesenkt und Renovierungen oft sogar überflüssig werden. Dies gilt beispielsweise für Bodenbeläge in Parkhäusern, für Fassaden in anspruchsvollen klimatischen Bedingungen oder für Schiffe, die ständig dem Salz-wasser ausgesetzt sind. Sehr wachstumsstark sind umweltfreund - liche Lacktechnologien wie UV-härtende Systeme oder lösemittel-freie Pulverlacke.

    333

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    6 KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    Wie leicht kann Leichtbau sein? Im Rahmen eines BMBF-Projekts entwickelte der Geschäftsbereich Performance Polymers gemeinsam mit Partnern ein neuartiges Haftvermittlersystem für das Coil-Coating-Verfahren. Metall und Kunststoff werden flächig und dadurch besonders fest und zuverlässig verbunden, so dass Hybridbauteile im Fahrzeug bis zu 20 Prozent weniger Material benötigen.

    [ text Dr. Karl Kuhmann, Martin Risthaus ]

    JEDES KILO wENIgER ist Automobilherstellern viel wert. Denn der Zuwachs an Sicherheit, Ausstattung und Komfort im Fahrzeug bringt zusätzliches Gewicht, das an anderer Stelle eingespart werden muss – anders könnte die Industrie ihre Verbrauchs-vorgaben und die CO2-Flottengrenzwerte der EU nicht einhalten. Das bedeutet: Bauteile müssen in Zu-kunft noch leichter, Materialien noch effizienter ein-gesetzt und Verbundstrukturen noch intelligenter konstruiert werden.

    Immer mehr Teile am Fahrzeug sind hybride Leichtbaustrukturen aus unterschiedlichen Werk-stoffen. Dazu gehören Türen, Armaturentafelträger, Frontendsysteme oder Komponenten der Boden-gruppe. Kunststoff-Metall-Hybridbauteile im Fahr-zeug bestehen vielfach aus dünnen, verzinkten Stahl-blechen, die mit faserverstärkten Kunststoffen wie Polyamid 6 umspritzt werden. Durch die Versteifung dreidimensionaler Blechstrukturen mittels Kunst-stoffrippen lassen sich hochbelastbare Fahrzeugkom-ponenten bei vergleichsweise niedrigem Gewicht herstellen.

    Metall und Kunststoff sind chemisch und physika-lisch extrem unterschiedliche Werkstoffe. Diese fest und dauerhaft miteinander zu verbinden, ist eine an-spruchsvolle Aufgabe. Häufig setzen Konstrukteure

    hierfür mechanische Verankerungen ein (Form-schluss). So werden beispielsweise Blechkanten mit Kunststoff ummantelt oder nietförmige Durchsprit-zungen als Verbindungselemente eingesetzt. Unter Last können genau an diesen Verbindungstellen hohe Spannungsspitzen und Dehnungen auftreten und zum Versagen des Bauteils führen.

    Stoffschluss ersetzt mechanische VerankerungenSeit kurzem gibt es für Leichtbauteile im Automobil eine vielversprechende Alternative: Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts HYLIGHT gelang unter der Projektleitung des Evonik-Geschäftsbereichs Per-formance Polymers die Entwicklung eines Haftver-mittlersystems, das anstelle punktueller beziehungs-weise lokaler Verbindungen zwischen Metall und Kunststoff eine vollflächige Kopplung ermöglicht. Der Übergang vom herkömmlichen Formschluss zum Stoffschluss bringt gleich mehrere Vorteile: Die Ver-bindungen zwischen Metall und Kunststoff sind me-chanisch belastbarer, da sich Krafteinleitung und -verteilung verändern. Spannungsspitzen werden vermieden, die Kraftaufnahme ist gleichmäßiger. Vor

    Schlankheitskur für den LeichtbauNeuer Haftvermittler für Kunststoff-Metall-Hybride:

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    7KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    allem aber werden entsprechend konstruierte Hybridbauteile durch den flächigen Verbund noch gewichtssparender. Denn Um- oder Durchspritzun-gen können beim Stoffschlusskonzept eingespart und sowohl Metall- als auch Kunststoffkomponenten je nach Anwendung und Belastung dünnwandiger und materialsparender ausgelegt werden (Abb. 1). Im End-effekt erlaubt der Einsatz des neuartigen Haftver-mittlers Materialeinsparungen von bis zu 20 Prozent.

    Was einfach klingt, ist in der Praxis ein weiter Weg. Die Fertigung von Verbundbauteilen für die Automobilindustrie erfordert einen reproduzier-baren Prozess mit sehr geringen Fehlertoleranzen. Zudem umfasst die Lieferkette bis zur fertigen Kom-ponente zahlreiche, ganz unterschiedliche Akteure, darunter Kunststoff- und Metallhersteller, Metall-veredler und -verarbeiter.

    Im Projekt HYLIGHT haben sich daher acht Part-ner Arbeit und Kosten geteilt (Abb. 2). Evonik und Lanxess lieferten Haftvermittler beziehungsweise Polymer, bei Kirchhoff Automotive fanden Metall-verarbeitung und Umformen statt. Die Montaplast GmbH brachte ihr Know-how beim Spritzgießen ein, die Hühoco Metalloberflächenveredelung GmbH ent-wickelte gemeinsam mit Evonik das neue Lacksystem. Das Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen erarbeitete mit Unterstützung von Lanxess und Evonik ein Simulationstool zur Berechnung

    Schlankheitskur für den Leichtbau

    333

    Abbildung 1

    Durch eine stoffschlüssige Haftung auf Basis neuer Haftvermittlerkonzepte können Kunststoff- Metall-Hybridbauteile bis zu 20 Prozent leichter werden

    Formschlüssiges Konzept

    Umspritzung

    MetalleinlegerDurchspritzung (Niet)

    Kunststoff Kunststoff

    MetalleinlegerHaftvermittler

    Lokale Krafteinleitungen anDurch-/Umspritzung

    Flächige Krafteinleitungen ermöglichen zusätzliches Leichtbaupotenzial

    Stoffschlüssige Haftung auf Basis neuer Haftvermittlerkonzepte

    Abbildung 2

    Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette waren an dem BMBF-Projekt HYLIGHT beteiligt

    Universitäre Partner: Lehrstuhl für Kunststofftechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergInstitut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen

    EvonikMaterial-hersteller

    HühocoBeschichter/Lack-hersteller

    KirchhoffUmformer

    LanxessMaterial-hersteller

    MontaplastSpritzgießer

    FordOEM

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    8 KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    Abbildung 3Im Rahmen des BMBF-Projekts HYLIGHT wurde ein Demonstrator für das Frontendsystem des Ford C-MAx auf Basis stoffschlüssiger Komponenten eingesetzt

    von stoffschlüssigen Hybridbauteilen. Die mecha-nische Prüfung und Bewertung von Probe körpern übernahm der Lehrstuhl für Kunststofftechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit dem Automobilhersteller Ford, der außerdem das notwendige Lastenheft zur Verfügung stellte.

    Frontend des Ford C-MAx als ReferenzAls Referenz diente ein Frontendsystem des Ford C-MAx, das seit vielen Jahren in großer Stückzahl her-gestellt wird. Frontendsysteme haben ihren Platz am vorderen Ende des Karosserierahmens und dienen als Träger unter anderem für Stoßfänger, Kühler und Scheinwerfer. Für dieses Bauteil galt es im Rahmen von HYLIGHT, die werkstofflichen Grundlagen zu erarbeiten und Werkzeuge für die Simulation stoff-schlüssiger Komponenten zu entwickeln. Ein ganz wesentliches Ziel war außerdem, anhand eines De-monstrators nachzuweisen, dass der Haftvermittler für gängige Fertigungsprozesse und reale Bauteile geeignet ist (Abb. 3).

    In der Praxis spielt das Coil Coating als Beschich-tungsverfahren eine große Rolle. Dabei werden lange, bis zu einen Meter breite Metallbänder in gro-ßen, vollautomatisierten Anlagen beispielsweise mit flüssigen Korrosionsschutzmitteln beschichtet. An-schließend werden diese Bleche in die eigentliche Form gebracht und mit Kunststoff umspritzt. Das BMBF-Projekt fokussierte auf das Coil Coating als Beschichtungsverfahren und auf die Formulierung eines hierfür geeigneten Haftvermittlers als Lacksys-tem (Abb. 4).

    Zwischen 2011 und 2014 widmeten sich die Pro-jektpartner im Wesentlichen drei Fragen: Wie muss

    333HAFTvERMITTLER FüR DREIDIMENSIONALE METALLKOMpONENTEN

    VESTAMELT® Pulverbeschichtung bereits in Serienanwendung

    Neben der im Projekt HYLIGHT verfolgten Strategie der Coil-Coating-Beschichtung flächiger Blechhalbzeuge mit Lacksystemen können dreidi-mensionale Metallkomponenten und Profile mittels elektrostatischem Sprühverfahren pulverbeschichtet werden. Hier wird ein VESTAMELT® Hylink Pulversystem bereits erfolgreich in der automobilen Serienpro-duktion eingesetzt. Die Firma Daimler nutzt den Haftvermittler seit 2012 für die Produktion von umspritzten Aluminium-Armaturentafelträgern in den aktuellen Baureihen W176 (A-Klasse) und W246 (B-Klasse).

    Die Haftvermittlertechnologie ebnet nicht nur in der Automobilindus-trie den Weg zu noch höherer Materialeffizienz. Sie kann ihre Vorteile überall dort ausspielen, wo Metalle fest und dauerhaft mit Kunststoffen verbunden werden müssen. Dazu gehört beispielsweise die IT-Branche, wo Komponenten extrem klein und leicht, zugleich aber auch hochfunk-tionell sein müssen.

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    9KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    ein Haftvermittler aussehen, der dauerhaft und re-produzierbar Metall und Kunststoff stoffschlüssig miteinander verbindet? Wie können stoffschlüssige Hybrid bauteile simuliert werden? Gelingt es grund-sätzlich, das neue Haftsystem in Prozesse und Anla-gen bei Zulieferern und Automobilherstellern ohne große Veränderungen zu integrieren?

    Evonik konnte bei der Suche nach einem geeigne-ten Ausgangsprodukt auf die bewährte VESTAMELT® Familie zurückgreifen – eine Gruppe von Copoly-amiden, die als Schmelzklebstoffe zum Einsatz kom-men. Die pulverförmigen Polymere zeichnen sich durch Temperaturbeständigkeit, hohe Chemikalien-beständigkeit und eine hervorragende Affinität zu unterschiedlichsten Materialien aus – zu metallischen Oberflächen ebenso wie zu polaren Substanzen. Diese Kombination von Eigenschaften macht sie zum idealen Haftvermittler für Verbundmaterialien.

    Fester Verbund durch thermische VernetzungFür den Einsatz in der Hybrid-Leichtbautechnologie musste das Haftvermittlersystem so modifiziert werden, dass es eine starke Bindung sowohl zu metallischen als auch zu polymeren Oberflächen zeigt. Zudem spielte die Anpassung an die Ferti-gungsprozesse der Zulieferindustrie mit ihren teil-weise sehr hohen Temperaturen eine entscheidende Rolle. Das neu entwickelte System ist daher ther-misch vernetzbar und wird bei Temperaturen über 200 °C aktiviert.

    Der feste Verbund zwischen Metall und Kunststoff entsteht in zwei Stufen: Bei der Beschichtung der ge-reinigten Bleche bildet der Haftvermittler zunächst eine dauerhafte Bindung zur Metalloberfläche aus. Beim späteren Spritzgießen trifft dann die heiße 333

    Coil-Coating-Anlage der Hühoco Metall oberflächen-veredelung GmbH zum Beschichten von Metall-bändern (oben)

    Abbildung 4

    Prozesskette basierend auf dem Coil-Coating-Verfahren für Metallbänder

    Auftrag des Haftvermittlersystems

    Hühoco Metalloberflächenveredelung

    Umformung der beschichteten Metalleinleger nach Zuschnitt

    Einlegen und Umspritzen

    Hybridbauteil

    Das neue Haftver mitt ler system auf der Basis von VESTAMELT® zeigt eine starke Bindung sowohl zu metallischen als auch zu polymeren Oberflächen (unten)

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    10 KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    Kunststoffschmelze auf diese vorvernetzte Schicht. Dabei wird die Beschichtung aktiviert, diese bildet schließlich eine stabile und hoch belastbare Verbindung mit allen Kontaktflächen.

    Beim Coil Coating wird der Lack auf Copolyamid-basis flächig aufgebracht. Dreidimensionale Teile wie Rohre und Profile können stattdessen auch mit einer Pulvervariante von VESTAMELT® durch elektro-statische Sprühverfahren beschichtet werden (siehe Kasten S. 8).

    Wertschöpfungsketten in der Automobilindustrie zeichnen sich dadurch aus, dass Prozesse und Liefer-beziehungen eingespielt, bewährt und meist auf Dauer angelegt sind. Im Zentrum der Arbeiten stand daher die Entwicklung einer Lackrezeptur, die auf die Parameter bestehender Fertigungsverfahren ab-gestimmt ist. Beispielsweise müssen Viskosität, Haf-tungsvermögen und Verarbeitungsverhalten des Lacks so eingestellt sein, dass er sich problemlos in herkömmlichen Coil-Coating-, Umform- und Spritz-gießanlagen einsetzen lässt.

    Auf der Suche nach dem optimalen System erprob-ten die Spezialisten Pulver unterschiedlicher Parti-kelverteilung und Zusammensetzung in diversen Lackrezepturen. Diese wurden anschließend auf realen Anlagen getestet. Mit Erfolg: Am Ende der langen Versuchsreihen stand ein maßgeschneidertes Lacksystem, das die Fertigung stoffschlüssiger Verbundbauteile für die Automobilindustrie mit den gestellten hohen Anforderungen in der beschriebe-nen Prozesskette erlaubt. Das Lacksystem gewähr-leistet einen homogenen und geschlossenen Auftrag, was durch umfangreiche Versuche auf Coil-Coating-Anlagen nachgewiesen wurde. Die Beschichtung sorgt nicht nur für den Materialverbund, sondern auch für den nötigen Korrosionsschutz. Eine katho-dische Tauchlackierung der Bleche wird hierfür nicht benötigt.

    Simulation und Bauteilprüfung Hand in HandBevor in der Automobilindustrie ein Bauteil herge-stellt wird, durchläuft es aufwändige Simulationen. Bereits am Computer entwerfen Konstrukteure eine

    maßgeschneiderte Struktur, die so leicht wie mög-lich, zugleich aber ausreichend belastbar ist. Daher war die Entwicklung von Simulationswerkzeugen ein wesentlicher Bestandteil im Arbeitsprogramm von HYLIGHT. Die Simulationsexperten im Konsortium wiesen in mehreren Studien nach, dass stoffschlüs-sige Hybridbauteile die vorgegebenen Anforderun-gen aus dem Lastenheft erfüllen. Durch simulative Belastung auf Zug, Biegung, Schub und Torsion wurde außerdem berechnet, um wieviel leichter ein stoffschlüssiges Referenzbauteil ausgelegt werden kann, ohne dass seine mechanischen Eigenschaften leiden. Mit den entwickelten Programmen können sowohl einfache als auch komplexere Komponenten simuliert werden. Sie geben nicht zuletzt Aufschluss über das lokale Versagen des Haftvermittlers bei be-sonders starker Belastung.

    Hand in Hand mit den Simulationsberechnungen lief die technische Erprobung der Bauteile – zum ei-nen, um die Simulationsmodelle zu validieren. Zum anderen muss in der Automobilindustrie jede neue oder veränderte Komponente chemisch und mecha-nisch eingehend getestet, thermisch gealtert und auf Korrosionsbeständigkeit geprüft werden (Abb. 5).

    Für das Prüfprogramm im Rahmen von HYLIGHT setzten die beteiligten Universitäten zunächst klei-nere Probekörper verschiedener Geometrien ein, um für den Fahrbetrieb relevante Beanspruchungen ab-zubilden – darunter Schub- und Zugspannungen in Zugscher-, Rippenabzugs- und Torsionsprobekör-pern. Die Wissenschaftler ermittelten auf diese Weise Materialkennwerte, mit denen sich der Unter-schied zwischen Formschluss und Stoffschluss und letztlich das Einsatzpotenzial der Verbunde beurtei-len lässt. Die Kennwerte wurden auch zur Kalibrie-rung numerischer Modelle für die Simulation der stoffschlüssigen Verbunde verwendet.

    Darüber hinaus wurden Versuche an dem als Hy-bridprobekörper etablierten Erlanger Träger durch- geführt (Abb. 6). Die Ergebnisse bildeten die Grund-lage für die Simulation eines stoffschlüssigen, gewichtsoptimierten Frontendträgers für den Ford C-MAx. Das Referenzbauteil macht deutlich, welches enorme Einsparpotenzial der Haftvermittler er-schließt: Während der herkömmliche Obergurt des

    333

    Prüfkörper Modellbauteil Demonstrator Optimierter Demonstrator mit reduziertem Gewicht

    Abbildung 5

    Für die Entwicklung und Optimierung wurden unterschied liche Probe körper und immer kom plexere Bauteile chemisch und mechanisch getestet

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    11KUNSTSTOFF-METALL-HYBRIDE

    Trägers 1,76 Kilogramm schwer ist, wiegt die modi-fizierte Variante nur noch 1,39 Kilogramm und ist damit gut 20 Prozent leichter.

    Auch die Korrosionsschutzwirkung des neuen Lacksystems ist nachgewiesen. Auf dem Testgelände von Ford wurde ein modifiziertes Frontend im Ford C-MAx den harten Bedingungen einer Klimakammer im Wechsel mit Fahrzyklen auf einer Teststrecke aus-gesetzt. Die Untersuchungen ergaben keine Ein-schränkungen beim Korrosionsschutz.

    Das Resümee aus dem BMBF-Projekt: Das Kon-sortium hat ein neues Gesamtkonzept für stoffschlüs-sige, hybride Spritzgussbauteile entwickelt, das sig-nifikante Gewichtseinsparungen ohne Mehrkosten ermöglicht und auf Serienanlagen umsetzbar ist. Der Einsatz des neuartigen Haftvermittlersystems eröff-net zudem zusätzliche Freiheitsgrade bei der Ausle-gung der Hybridbauteile.

    Für alle beteiligten Partner war das BMBF-Projekt von großem Nutzen. Die Wertschöpfungsketten der Automobilindustrie sind komplex. Im Projekt HYLIGHT gelang es, die einzelnen Akteure zusam-menzuführen und deren spezifisches Know-how op-timal zu bündeln – im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel, das in der nachhaltigen Produktion immer mehr in den Mittelpunkt rückt: Massenbauteile intelligent so zu fertigen, dass sie vielfältige Funktionen und hohe Ansprüche erfüllen, zugleich aber ein Maxi-mum an Materialeffizienz und damit Ressourcen-schonung garantieren. 777

    Martin Risthaus ist seit 2007 als Global Business Manager Lightweight Design im Geschäftsgebiet High Performance Polymers tätig. Er absolvierte bei der damaligen Hüls AG eine Ausbildung zum Chemie-laboranten und anschließend ein Chemieinge nieur-studium an der FH Münster. Es folgten Stationen im Forschungsbereich von High Performance Polymers und im Key Account Management des Geschäfts-gebiets. telefon +49 2365 [email protected]

    Dr.-Ing. Karl Kuhmann ist bei High Performance Poly mers in der Anwendungstechnik für Verarbei tungs -techno logie und CAE verantwortlich. Nach dem Maschinen baustudium mit Fachrichtung Kunststoff-technik an der RWTH Aachen war er zunächst als wis-senschaftlicher Mitarbeiter und später als Oberinge-nieur am Lehrstuhl für Kunststofftechnik der Friedrich-Alexander-Univer sität Erlangen-Nürnberg tätig. Von dort wechselte er zur Firma Hengst Filterwerke GmbH in die Verfahrens entwicklung. 2002 trat er in die damalige Degussa AG ein. telefon +49 2365 [email protected]

    Abschlusstreffen der Projekt-beteiligten auf dem Ford-Test gelände in Lommel

    Die Autoren danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die finanzielle Förderung und dem Projektträger Jülich (PTJ) für die Betreuung des Projekts mit dem Kurzzeichen HYLIGHT (FKZ: 03X3030A). Ebenso gilt unser Dank den beteiligten Projektpartnern Ford Forschungszentrum Aachen GmbH, Hühoco Metalloberflächenveredelung GmbH, Kirchhoff Automotive Deutschland GmbH, Lanxess Deutschland GmbH, Montaplast GmbH sowie dem Institut für Kunststoff-verarbeitung in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen und dem Lehrstuhl für Kunststofftechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

    Abbildung 6

    Mit einem als Hybrid probekörper etablierten Erlanger Träger wurden Belastungsversuche und Simulationen durchgeführt

    Deformation eines Erlanger Trägers unter Torsionsbelastung (ohne Haftvermittlersystem)

    Simulationsmodell des Erlanger Trägers unter Torsionsbelastung (mit Haftvermittlersystem)

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    12 K ATALYSE

    Forscher und Entwickler des Geschäftsgebiets Catalysts haben nachgewiesen,dass Amidacetale und Iminiumester bei sehr milden Bedingungen mit Katalysatoren der Noblyst® P-Reihe hydriert werden können. Das Verfahren könnte eine interes-sante Alternative zur Herstellung von Aminen für Arzneiwirkstoffe darstellen.

    [ text Dr. Renat Kadyrov ]

    AMINE SIND wICHTIgE Ausgangsstoffe für viele großtechnisch hergestellte Produkte wie zum Beispiel Farbstoffe oder Poly-amide, aber auch für pharmakologisch wirksame Substanzen. Die katalytische Hydrierung von Amiden stellt eine attraktive Möglichkeit zur Bereitstellung von Aminen dar. Dieser Prozess erfordert allerdings sehr hohe Temperaturen und Drücke. Der Einsatz von Bimetallkatalysatoren hat in den vergangenen Jah ren zu deutlichen Verbesserungen geführt. So wurde in einer Veröf-fentlichung aus dem Jahr 2013 ein Bimetallkatalysator auf Pd/Re-Basis beschrieben, der Amidhydrierungen unter etwas mil-deren Bedingungen erlaubt. Die Reaktion ist jedoch sowohl durch Überreduktion als auch durch nicht-selektive Über hydrierung aromatischer Ringe, Alkene und Alkine gekennzeichnet.

    Ziel der Katalysatorspezialisten von Evonik war es, ein akti ves und hochselektives Verfahren mit heterogenen Katalysatoren zur Herstellung von Aminen für die Feinchemieindustrie und die pharmazeutische Industrie zu entwickeln.

    Ein Zwischenschritt erleichtert den Weg

    Im Verlauf der Untersuchungen zu reduktiven Aminierungen zeigte sich, dass die Reaktionen hauptsächlich über Hydro-genolyse der intermediär gebildeten N,O-Acetale erfolgen. Eine erste Arbeitshypothese war, dass die Hydrogenolyse der Amid-acetale bei deutlich milderen Bedingungen möglich ist als die direkte Hydrierung von Amiden (Abb. 1). Wie erste Labor-experimente ergaben, können sowohl N,N-Dimethylformamid-dimethylacetal als auch N,N-Dimethylacetamid-dimethylacetal an gängigen Noblyst® Katalysatoren auf Palladium-Basis effi-zient in Trimethylamin und Dimethylethylamin umgewandelt werden.

    Die Allgemeingültigkeit dieses Ansatzes wurde durch sanfte Hydrogenolyse verschiedener Amidacetale und Iminiumester unter moderaten Bedingungen (5-40 bar H2-Druck bei Raum-temperatur, Reaktionszeit 10-60 Min.) mit verschiedenen Kata-

    lysatoren der Noblyst® P-Reihe bewiesen, die sich hinsichtlich Edelmetallgehalt und Trägermaterial unterschieden. So wurden beispielsweise N-Methyl-2,2-dimethoxypyrrolidin und 2-Ethoxy-2-methyl-3-benzyl-oxazolidin quantitativ in N-Methylpyrrolidin bzw. 2-(Benzyl-ethylamino)-ethanol umgewandelt. Auch die Hydrierung von Ethyl-N-phenylpropionimidat und O-Methyl-caprolactim ergaben hohe Ausbeuten an N-Propylanilin bzw. Hexamethylenimin.

    Problemlos vom Amid zum Amin

    Für die Umwandlung tertiärer Amide in Amidacetale sowie von sekundären und primären Amiden in Iminiumester sind meh-rere Verfahren bekannt. Davon waren die O-Alkylierung mit bereits bekannten Alkylierungsmitteln wie Dimethylsulfat, Triethy l oxoniumtetrafluorborat oder Chlorameisensäure-Ethylester aufgrund ihrer geringen Kosten, der einfachen Alkylierung und der hohen Ausbeuten die interessantesten. Auch konnten in einigen Fällen die Primärprodukte der O-Alkylierung der Iminumsalze zu Aminen hydriert werden. Für eine erfolgreiche Hydrierung zu Aminen war es entschei-dend, das Acetal durch Zugabe einer Base zusammen mit dem Noblyst® Katalysator freizusetzen.

    Das inzwischen von den Katalysatorexperten bei Evonik optimierte Verfahren beinhaltet die Hydrierung des Amida cetals bzw. Iminiumesters, das aus Iminiumsalz und einer festen Base (K2CO3) in einem alkoholischen Lösungsmittel gebildet wird. Die Tabelle zeigt ausgewählte Anwendungsbeispiele für das beschriebene Verfahren (Abb. 2).

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Amidacetale und Iminiumester an verschiedenen Katalysatoren der Nobylst® P-Reihe von Evonik hydriert werden können. Die Vorteile des Ver-fahrens liegen in der Verfügbarkeit kommerzieller Noblyst® Katalysatoren und den sehr milden Bedingungen bei gleichzeitig hoher Selektivität und sehr guten Ausbeuten. 777

    Ein milder Weg zu Aminen

    Abbildung 1

    Amidreduktion über Acetale gegenüber direkter Amidhydrierung

    Spezialkatalysator, hohe T und H2-Druck, Reaktionszeit in h

    Katalysatoren Noblyst® P-Reihe

    OAlkOAlk OAlk

    R NR’R’’ NR’R

    NR’R’’RNR’R’’R

    O

    oder

    Amidacetat Iminiumester

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    13K ATALYSE

    Dr. Renat Kadyrov ist im Geschäftsgebiet Catalysts für Syntheseplanung, Upscaling und die Produktion von Homogenkatalysatoren verantwortlich. Er studierte Chemie an der Universität in Kazan (Russ-land) und wurde dort 1984 promoviert. Bis 1994 arbeitete er an der Uni Kazan auf den Gebieten der elementorga nischen und metallorganischen Chemie, anschließend fünf Jahre an der Universität Rostock. 1999 kam er als Katalysatorexperte zu Aventis, 2001 dann mit seiner Gruppe zur damaligen Degussa AG. telefon +49 6181 59-8710 [email protected]

    Noblyst® P2060 5 % PtO

    NH NH

    86

    Noblyst® P1152 5 % Pd

    Noblyst® P2081 5 % Pt

    78

    Noblyst® P3061 5 % Ru 63

    Noblyst® P1084 5 % Pd 78

    Noblyst® P3061 5 % Ru

    Noblyst® P1159 5 % Pd

    98

    Noblyst® P2070 5 % Pt

    R = Me, Bn

    BocHNCOOMe

    N

    O

    R

    NH COOMe

    NR

    EtO

    O

    R = Me, Bn

    34 � 55�

    Noblyst® P2061 5 % Pt

    Abbildung 2 Beispiele der katalytischen Hydrierung von in situ O-alkylierten Amiden

    Katalysator Amid Amin Isolierte Ausbeute [%]

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    14 INTERvIEw

    Herr Oenbrink, was genau ist eine strategische Partnerschaft mit einer Universität?Wenn wir einen derartigen Vertrag schließen, geben wir gewissermaßen den Startschuss für gemeinsame Forschungs-aktivitäten, auch der operativen Bereiche, mit der Universität. Das heißt am Beispiel Tokio, dass wir nun regelmäßige Treffen organisieren, um uns besser kennenzulernen, um uns auszutau-schen und um gemeinsame Forschungsprojekte anzu stoßen.

    Die Partnerschaft beinhaltet auch eine Beteiligung von Evonik an der Ausbildung der Studenten: Kollegen von Evonik halten dort Vorlesungen, wir fördern Studenten mit Stipen-dien und lassen uns von den Professoren der Universität Tokio bei Forschungsthemen beraten. Durch diese Aktivitäten soll Evonik an den Partneruniversitäten als attraktiver Arbeitgeber positioniert werden.

    Indem wir vertraglich eine strategische Partnerschaft festlegen, schaffen wir einen definierten Rahmen, in dem sich solche Aktivitäten einfach und ohne großen bürokratischen Aufwand anstoßen lassen.

    Mit Blick auf die neueste Partnerschaft mit der Universität Tokio geht die Arbeit also jetzt erst richtig los?(lacht) Jein. Wer jemals mit einer Universität einen Vertrag verhandelt hat, weiß, wie viel Arbeit da drin steckt – bis die Rahmenbedingungen so sind, dass beide Seiten davon profitieren. Dr. Masaharu Akiba, unser Technologie-Scout in Japan, hat hier hervorragende Arbeit geleistet. Aber natür - lich geht jetzt gemeinsam mit den Kollegen von den Geschäfts-bereichen und der Creavis die inhaltliche Arbeit los. Unser Ziel sind ja enge, regelmäßige Kontakte und gemeinsame Forschungsaktivitäten.

    Rennen Sie bei den Universitäten offene Türen ein oder braucht es Überredungskunst?Wir treffen definitiv auf offene Türen. Universitäten haben ein natürliches Interesse an Drittmitteln, also an Forschungs-finanzierung zusätzlich zum eigenen Etat. Sie schaffen sich damit einen größeren Spielraum, um mehr forschen und auch mehr Masterstudenten und Doktoranden ausbilden zu können. Und da wir in der Regel Projekte initiieren, die sowohl für die Universität als auch für uns als Unternehmen attraktiv sind, ist das auch in wissenschaftlicher Hinsicht interessant für sie. Darüber hinaus geben wir den Universitäten wichtige Hinweise

    Strategische UniversitätspartnerschaftenInterview mit Dr. Georg Oenbrink, bei Evonik verantwortlich für Innovation Networks & Communications (INC)

    Evonik und die Universität Tokio wollen künftig in ausgewählten Fachgebieten eng zusammenarbeiten und haben dazu eine strategische Partnerschaft geschlossen. Evonik unterhält damit zurzeit vier derar-tige Partnerschaften – neben Tokio noch mit der University of Minnesota, mit der Shanghai Jiao Tong University und mit der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST). Mit der Förderung einer Junior-Professur und zehn Dokto - ran denstipendien wird außerdem die Partners chaft mit der Uni Duisburg-Essen vertieft. Zusätzlich hat CI im Herbst 2013 mit A*STAR, der führenden nationalen Großforschungseinrichtung in Singapur, eine Absichtserklärung über eine strate-gische Partnerschaft unterzeichnet. Dr. Georg Oenbrink, Leiter INC, erläutert, warum strategische Partnerschaften wichtig sind.

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    15NEwS

    hinsichtlich der Relevanz von Forschungsthemen und ermög-lichen einen schnellen Transfer der Forschungs ergebnisse in die Gesellschaft.

    Wie weit sind Sie mit den anderen Partneruniversitäten?Mit den Universitäten Minnesota, Schanghai und Duisburg- Essen haben die Geschäftsbereiche schon erste gemeinsame Forschungsprojekte gestartet. In Duisburg-Essen haben wir außerdem die ersten drei Stipendien an Doktoranden ver-geben und befinden uns in der Berufungsphase für die Stif-tungsprofessur. Parallel dazu gibt es regelmäßige Treffen zu definierten Themen, und Evonik-Kollegen haben an fast allen Universitäten auch schon erste Vorlesungen gehalten.

    Wie lange sollen diese Partnerschaften laufen?Üblicherweise haben die Verträge eine Laufzeit zwischen drei und fünf Jahren. Dann bewerten wir mit der Universität die Ergebnisse und entscheiden gemeinsam, ob wir die Part-nerschaft fortsetzen.

    Wann ist eine Universität als strategischer Partner interessant?Wenn sie auf Gebieten forscht, die für Evonik relevant sind. Das kann Chemie, Verfahrenstechnik, Biotechnologie oder Materialwissenschaften sein, aber auch Wirtschaft oder Busi-ness Administration. Wobei die Universität dabei aber auch erkennbar über hohe Kompetenzen verfügen muss. Und sie muss international einen sehr guten Ruf in der Lehre haben. Ein ebenso wichtiges Kriterium ist, dass es bereits Kontakte zu der Universität gibt – dass die Regionen, die Geschäfts-bereiche, der Personalbereich oder Venture Capital Interesse haben und bereits erste gute Erfahrungen mit der Universität gemacht haben.

    Was ist aus Ihrer Sicht bei einer strategischen Partnerschaft der größte Pluspunkt für Evonik?Zum einen setzen wir in jeder wichtigen Weltregion gewis-sermaßen einen Anker für unsere eigenen Forschungsakti-vitäten – damit treiben wir die Internationalisierung unserer eigenen Forschung voran. Zum anderen erfahren wir mehr über Forschungstrends und -projekte in den jeweiligen Regionen und können schneller darauf reagieren. Und drit -tens helfen uns die Partnerschaften, begabte Nachwuchs-forscher für unsere Standorte in den Regionen zu finden.

    Interview mit Dr. Georg Oenbrink, bei Evonik verantwortlich für Innovation Networks & Communications (INC)

    Stärkere Einbindung externer Partner in F&E Im Juni hat Evonik ausgewählte Wissenschaftler unter-schiedlicher Fachrichtungen an Universitäten und For-schungseinrichtungen aufgefordert, Lösungsvorschläge für drei vorgegebene Fragestellungen einzureichen. Bis Ende November können sich Wissenschaftler an diesem sogenannten Evonik Call for Research Proposals (ECRP) beteiligen. Evonik erhofft sich von diesem neuen Ansatz kreative Ideen und Vorschläge, die im Idealfall in einem gemeinsamen Forschungsprojekt münden können.

    „Angesichts von kürzer werdenden Innovationszyklen und immer komplexeren Innovationsthemen wollen wir externe Partner stärker in unsere eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit einbinden“, sagte Dr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer von Evonik.

    Das Spezialchemieunternehmen hat 2013 erste Erfah-rungen mit diesem Format gesammelt. „Das Feedback der Professoren nach dem ersten ECRP war größtenteils sehr positiv. Fast alle haben diesen neuen Ansatz begrüßt und Interesse geäußert, wieder teilzunehmen“, so Dr. Georg Oenbrink, Leiter der Abteilung Innovation Networks & Communications bei Evonik. Drei Vorschläge zum Thema Methioninsynthese ohne Blausäure waren so gut, dass der Geschäftsbereich Health & Nutrition mit den jeweiligen Professoren eine Kooperation eingehen will.

    Bei den drei aktuellen ECRPs geht es um eine neue Technologie zur Geschmacksmaskierung von pharma-zeutischen Wirkstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln, um ein Donor-Akzeptor-Konzept zur quantitativen Bestim-mung von Fragmenten von Öladditiven, die auch unter hohem Druck gegen Verschleiß wirken, und um eine Technologie, mit der sich aus der flüssigen Phase dünne, transparente Schichten mit sehr guten Barriereeigenschaf-ten erzeugen lassen. Interessierte Wissenschaftler an

    Universitäten und For-schungseinrichtungen können die Ausschrei-bung und die Teil nah-me be din gungen unter [email protected] anfordern.

    Geschmacksmaskierung von Wirkstoffen ist eines der aktuellen ECRP-Themen777

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    16 DESIgNINg wITH pOLYMERS

    Kaum eine Branche stellt an Werkstoffe so hohe Anforderungen wie die Luftfahrt. Im Geschäfts -bereich Performance Polymers gelang es, den Strukturschaum ROHACELL® so zu modifizieren, dass er selbst extremen Temperaturwechseln und hohen mechanischen Belastungen standhält. Das verschafft dem Leichtbauwerk stoff entscheiden-de Wettbewerbsvorteile für sicherheitsrele vante und komplexe Flugzeugteile.

    [ text Dr. Kay Bernhard, Blake Juhl, Uwe Lang ]

    Ready for Take-off!Strukturschaum für die Luftfahrt:

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    17DESIgNINg wITH pOLYMERS

    OB AUTOS ODER Flugzeuge, Maschi nen oder Sport-geräte – nahezu alle Konstrukteure folgen heute ei-ner Philosophie, die maximale Gewichtseinsparung zum Ziel hat. Leichtbau senkt den Verbrauch an Res-sourcen und Energie, erfüllt anspruchsvolle Funk-tionen bei geringem Gewicht und ist daher einer der wesentlichen Innovationstreiber. Eine große Rolle spielen Sandwichstrukturen, bei denen ein leichter Kern mit zwei dünnen Schichten aus Faserverbund-werkstoff vereint wird. Die Deckschichten, vom Kern auf Abstand gebracht, verleihen dem Bauteil große Festigkeit und Steifigkeit. Solche Leichtbauwerk-stoffe können bei minimalem Gewicht mechanische Höchstleistungen erbringen.

    Insbesondere für die Luftfahrt sind Sandwichver-bundwerkstoffe ideal. Diese Branche ist besonders gewichtssensibel: Bei einem Flugzeug führt – über die durchschnittliche Lebensdauer eines Bauteils gerechnet – ein einziges Kilogramm mehr an Gewicht bereits zu Kerosinmehrkosten von rund 300 €.

    Mit ROHACELL® ist Evonik seit Jahrzehnten fest in diesem Markt verankert. Der Strukturschaum aus Polymethacrylimid (PMI) ist nicht nur besonders leicht, sondern zugleich steif, fest und druckbestän-dig. Zudem ist PMI der einzige Schaumstoff, der den Prozessbedingungen bei der Fertigung der Sandwich-bauteile mit Temperaturen bis 180 °C und Drücken bis zu sieben bar standhält. Strukturschäume von Evonik finden sich daher in nahezu jedem Rotorblatt von Helikoptern, außerdem in Landeklappen, Wing-lets und Flugzeugverkleidungen. PMI verringert auch das Gewicht von Formel-1-Fahrzeugen und Super-sportcars, von Langlaufskiern und Hockeyschlägern. Als Material für Röntgenliegen in der Medizin sorgt der Spezialschaum dafür, dass die Strahlendosis nied-rig gehalten werden kann.

    So vielfach sich ROHACELL® bewährt hat – Ein-schränkungen für den Strukturschaum gab es bislang bei Anwendungen, die hohen Temperaturschwan-kungen und extremen mechanischen Einflüssen aus-gesetzt sind, etwa bei bestimmten Bauteilen im Außen-bereich von Flugzeugen. Bei Flughöhen von bis zu 10.000 Meter werden Temperaturen von minus 55 °C und darunter erreicht. Die Polymere müssen selbst bei diesen extremen Temperaturen eine hohe Reißdehnung aufweisen, um den auftretenden Belastungen standzuhalten. Kommt es dennoch zu einer Beschädigung, muss diese bei Bauteilen wie Flügeln, Fahrwerksklappen, Antennenverkleidungen oder Rudern aus Sicherheitsgründen gut sichtbar sein.

    Stoßbelastungen können beispielsweise durch Vogelschlag oder von der Landebahn aufgewirbelte Fremdkörper ausgelöst werden. Damit sie sicht- 333

    Neues Anwendungspotenzial durch hohe Reißdehnung

    Die ROHACELL® Strukturschäume von Evonik haben sich in vielen Anwendungen bewährt: von der Luftfahrt über den Automobilbereich bis zu Sportgeräten und Windkraft

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    18 DESIgNINg wITH pOLYMERS

    bar werden, muss der zähelastische Kern eines Strukturschaums die Decklage bei der Schlagbelas-tung stützen und diese bei plas tischer Verformung so festhalten, dass eine Delle entsteht.

    Dieser Herausforderung nahmen sich Spezialisten des Geschäftsbereichs Performance Polymers an. Das Ziel: ROHACELL® so zu modifizieren, dass die Zähig-keit steigt, ohne dass die Festigkeit leidet. Kein leich-tes Unterfangen. Zugleich sollten die homogene feine Zellstruktur und die hohe Temperaturstabilität des Werkstoffs erhalten bleiben. Unter diesen Vorausset-zungen wäre für den Spezialschaum der Weg in die kommerzielle Luftfahrt offen. Bislang wurden Anwen-dungen im besonders sensiblen Außenbereich mit einer sogenannten Wabenstruktur versehen. Prob-leme in Produktion und Service wurden der erfor-derlichen Schadenssichtbarkeit untergeordnet.

    Bei der Wabenstruktur ist der Stützkern aus Papier, Polymer oder Metall in Wabenform angeord-net. Dieser Kern wird mit den Deckschichten aus Faserkunststoff oder dünnen Aluminiumblechen verklebt. Die Nachteile dieser Materialien: Aus den relativ groben Waben lassen sich nur bedingt kom-plexe Teile formen. Zudem kann über poröse Deck-schichten oder Mikrorisse Wasser eindringen, das zu Korrosion oder sogar zur Ablösung der Decklagen führt. Nicht zuletzt ist die Fertigung dieser Verbund-werkstoffe sehr energieaufwändig, vor allem durch den zweistufigen Aushärtungsprozess. Dennoch wurden exponierte Leichtbauteile mangels Verbund-werkstoffen mit ähnlich hoher Schadenstoleranz bisher meist aus Wabenplatten produziert.

    Auf dem Weg zu einem konkurrenzfähigen ROHACELL® Strukturschaum galt es einen Wider-spruch aufzulösen: Um Schäden sichtbar zu machen, muss der Schaumkern weicher und elastischer wer-den, nur dann kann er weitgehend schadlos äußere mechanische oder thermische Einflüsse aufnehmen. Ein weicherer Schaum widersteht allerdings keinen extrem hohen mechanischen Belastungen mehr.

    Bei ihren Versuchen erprobten die Schaumstoff-experten von Performance Polymers zunächst ver-schiedene Füllmittel und Weichmacher. Durch die Weichmacher konnte zwar die Duktilität des Schaums verbessert werden, zugleich verschlechterten sich aber seine mechanischen Eigenschaften und seine Temperaturstabilität. Zum Ziel führte daher ein an-derer Ansatz: Die Chemiker veränderten die Poly-merisationsprozesse und die Prozessbedingungen bei der Herstellung des Schaums.

    Ausgangsstoffe für Polymethacrylimid sind Methacrylsäure und Methacrylnitril, die mit ver-schiedenen Additiven, Katalysatoren und Treibmit-teln in speziellen Kammern polymerisieren. Der

    Eine Lösung für zwei widersprüchlich scheinende Anforderungen

    333

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    19DESIgNINg wITH pOLYMERS

    nächste Schritt ist die Aufschäumung, die bei Tem-peraturen von 180 bis 250 °C innerhalb von wenigen Stunden abgeschlossen ist. Über die Wahl der Treib-mittel und Vernetzer werden dabei Porengröße und Schaumdichte gesteuert.

    Die Idee der Entwickler: Wenn es gelingt, durch eine optimale Komposition von Vernetzern und Weich machern innerhalb des Schaums ein zusätz-liches Netzwerk auszubilden, kann das Material Kräfte von außen besser aufnehmen und abfedern. Es wird weicher und elastischer. In umfangreichen Laborversuchen wurde die Wirksamkeit verschiede-ner mittel- und langkettiger Vernetzer aus dem Port-folio des Konzerns getestet. Vernetzer behindern normalerweise das Schäumen, da sie die Molekülket-ten bereits beim Polymerisieren miteinander ver-knüpfen und der Bildung von Poren ent gegenwirken. Durch die Auswahl geeigneter Ver netzer nach Art und Menge und geschickt darauf abgestimmte Pro-zess- und Reaktionsführung konnte dieser Effekt weitgehend ausgehebelt werden.

    Auf diesem Weg gelang es, zwei neue ROHACELL® Varianten mit deutlich höheren Schadenstoleranzen zu entwickeln. Die Variante „SL“ hat eine doppelt so hohe Reißdehnung wie die bisherigen Qualitäten, auch Bruchwiderstand und Scherfestigkeit zeigen verbesserte Werte. ROHACELL® SL ist mittlerweile bei europäischen, kanadischen und chinesischen Kun-den erfolgreich eingeführt. Aus dem neuen Struk-turschaum werden beispielsweise besonders belast-bare und zugleich langlebige Sportgeräte wie Hockey-schläger gefertigt.

    Für den eigentlichen Hauptmarkt, die Luftfahrt, war die Reißdehnung von SL aber noch nicht ausreichend hoch. Um diesen Parameter weiter zu verbessern, variierten die Entwickler erneut Vernetzer und Weich-macher in ihrer Zusammensetzung und Menge – und hatten schließlich Erfolg: Das neue ROHACELL® HERO (HERO steht für High Elongation ROHACELL) hat eine um den Faktor drei verbessere Reißdehnung bei nur leichten Einbußen bei den mechanischen Eigenschaften (Abb. 1). Der neuartige Strukturschaum verfügt jetzt über eine Zähelastizität, die ihn in vol-lem Umfang luftfahrttauglich macht.

    Neben der Schadenssichtbarkeit hat auch die Scha-denstoleranz signifikant zugenommen. Das belegten Tests bei einem Kunden von Evonik, der Verbund-bauteile für die Luftfahrt produziert: Selbst nach 2.000 Temperaturwechselzyklen zwischen plus 180 und minus 55 °C zeigte eine aus ROHACELL® HERO gefertigte Wartungsklappe keine Schäden durch innere Spannungen (Abb. 2).

    In umfangreichen Untersuchungen des Fraun hofer Instituts für Werkstoffmechanik in Halle erwies 333

    Zwei Volltreffer: ROHACELL® SL und ROHACELL® HERO

    Abbildung 1

    Die Reißdehnung von ROHACELL® HERO ist dreimal höher als bei anderen ROHACELL® Produkten

    ROHACELL® HERO 9–10 % ROHACELL® Standardprodukte 3–4 %

    Zugspannung

    Reißdehnung

    Abbildung 2

    Ultraschallaufnahme einer Materialprobe nach Temperatur wechseltest: ROHACELL® HERO war auch nach 2.000 Zyklen noch unversehrt

    Abbildung 3

    ROHACELL® HERO ist Wabenkonstruktionen in vielen Punkten überlegen

    ROHACELL® HERO Wabenkonstruktion

    4 Überragend3 Hervorragend2 Sehr gut1 Gut0 Ungeeignet

    4

    3

    2

    1

    0

    Schadenssichtbarkeit

    Wasseraufnahme

    Bauteilgewicht

    Designfreiheit

    Oberflächenqualität

    Bauteilkosten

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    20 DESIgNINg wITH pOLYMERS

    sich HERO gegenüber Stoß- und Schlagbelastun-gen im Bereich von drei bis 35 Joule und bei minus 55 °C als ähnlich mechanisch belastbar wie vergleichbare Wabenkonstruktionen. Die für die Schadenssichtbar-keit wichtige Tiefe der gebildeten Dellen fiel quasi identisch aus. Dazu wurden Vergleichsplatten dem sogenannten Impact-Test unterzogen (Abb. 4).

    Außerdem wiesen die Wissenschaftler in Halle nach, dass die Anbindung der Decklagen auf ROHA-CELL® HERO so gut ist, dass Defekte beispielsweise durch Schlag oder Stoß lokal begrenzt bleiben und sich im Bauteil nicht großflächig ausbreiten.

    Um zu beweisen, dass das Material einem Flug-zeugleben standhält, mussten auch Ermüdungstests durchgeführt werden. Der Kern mit den Deckschich-ten besteht mühelos fünf Millionen Biege- und Ent-lastungszyklen bei weit über der Auslegungsgrenze gewählter Biegebelastung. Somit ist der Einsatz auch für hochbelastete Bauteile für ein Flugzeugleben lang nachgewiesen.

    Damit stehen alle Zeichen auf Grün, dass sich ROHACELL® HERO im Luftfahrtsektor merkliche Marktanteile erobern wird. Der neue Struktur-schaum verspricht nicht nur leichte, sondern auch extrem belastbare und temperaturstabile Bauteile. Der direkte Vergleich mit Wabenstrukturen fällt eindeutig aus: Der Schaum nimmt beim Verkleben beziehungsweise Aushärteprozess weitaus weniger Harz auf, das wesentlich über das Gewicht der Bauteile bestimmt. Er hat keine Kavitäten, in die Was-ser eindringen und die Strukturen schädigen kann.

    Vor allem ermöglicht ROHACELL® HERO eine kos-ten- und energiesparendere Fertigung als herkömm-liche Wabenstrukturen. Dieser Aspekt ist aus Sicht der Luftfahrt und ihrer Zulieferer ganz entscheidend. Leichtbau erfordert trotz aller technischen Fort-schritte nach wie vor meist aufwändige und teilweise manuelle Fertigungsverfahren, die viel Zeit bean-spruchen und zu hohen Kosten führen. Der Struk-turschaum öffnet nun einen Weg, den Leichtbau effizienter und leichter automatisierbar zu gestalten.

    Eine energie- und kostensparende Alternative für die Luftfahrtindustrie

    333Abbildung 4

    Das Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik in Halle konnte mit dem Impact-Test zeigen, dass ROHACELL® HERO gegenüber Stoß- und Schlagbelastungen im Bereich von drei bis 35 Joule und bei minus 55 °C mechanisch ähnlich belastbar ist wie vergleichbare Wabenkonstruktionen.

    ROHACELL® HERO (75 kg/m3) Wabenkonstruktion (48 kg/m3)

    Belastung von 10 J bei 23 °C

    Belastung von 35 J bei –55 °C

    ROHACELL® HERO (75 kg/m3) Wabenkonstruktion (48 kg/m3)

  • elements48 Ausgabe 3|2014

    21DESIgNINg wITH pOLYMERS

    Aus dem feinporigen Werkstoff lassen sich wesent-lich einfacher präzise und komplexe Bauteile herstel-len. Die Kerne können in nahezu jede beliebige Form gefräst oder über Thermoprozesse geformt werden. Außerdem reduziert sich die Nachbearbeitung der Teile, um aerodynamisch perfekte Oberflächen zu erhalten, gegenüber Wabenstrukturen ganz erheb-lich. Ein Gewichts- und Kostenvergleich, den Evonik gemeinsam mit einem Airbus-Zulieferer und der Air-bus-Tochter CTC erstellt hat, kam zu dem Ergebnis, dass Bauteile aus dem neuen Strukturschaum durch-schnittlich rund zehn Prozent leichter und in der Her-stellung rund 20 Prozent günstiger sind als Waben-strukturen (Abb. 3, S. 19).

    Proben von ROHACELL® HERO wurden allen gro-ßen Flugzeugbauern und Zulieferunternehmen zur Verfügung gestellt. Mittlerweile bietet Evonik das Material in vier verschiedenen Typen mit unter-schiedlichen Dichten an. Damit werden sowohl gering belastete, aber gewichtssensible als auch mechanisch hochbelastete Anwendungen abgedeckt.

    Bei Airbus testen Spezialisten den optimierten Werkstoff seit rund zwei Jahren auf Herz und Nieren. Der Luftfahrtkonzern geht im Moment davon aus, dass erste Bauteile aus ROHACELL® HERO im Jahr 2015 in Serie gehen werden. Auch von anderen Un-ternehmen ist das Echo positiv. Insbesondere bei an-spruchsvollen Geometrien oder bei neuen Flugzeug-teilen, bei denen Gewicht und Fertigungsaufwand eine ausschlaggebende Rolle spielen, ist der Hoch-leistungsstrukturschaum künftig das Mittel der Wahl. Die Experten des britischen Unternehmens Smithers Rapra, das für die Kunststoffindustrie weltweit Mate-rialprüfungen durchführt, hat der neue Leichtbauver-bundwerkstoff bereits überzeugt: Evonik erhielt im Mai für ROHACELL® HERO den Innovation Award der von Smithers Rapra organisierten „Blowing Agents & Foaming Processes“ Konferenz. 777

    Dr. Kay Bernhard ist verantwortlich für die For schung und Entwicklung von ROHACELL® am Stand ort Darm-stadt. Nach dem Studium der Chemie und anschließen -der Promotion auf dem Gebiet der Textil- und Faser-chemie an der Universität Stuttgart sowie dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen stieg er 2005 bei einem bekann ten Faserher -stel ler in Süddeutschland als Produkt ent wickler für Poly esterfasern ein. 2008 wechselte er als Laborleiter F&E ROHACELL® zu Evonik nach Darmstadt. telefon +49 6151 [email protected]

    Blake Juhl leitet Verkauf und Marketing für ROHA-CELL® in Amerika. Seit seinem Studienabschluss an der California State University in Northridge 1987 ist Juhl im Komposite-Bereich tätig. Er bekleidete Funk-tio nen in der Verarbeitung, dem Verkauf und dem Mar ke ting von Verbundmaterialien und verwandten Pro duk ten. 2001 kam er zu Evonik. Er koordiniert als Launch Manager die Markteinführung von ROHACELL® HERO.telefon +1 801 495 9403, [email protected]

    Uwe Lang ist seit 2013 zuständig für die ROHACELL® Sandwichtechnologie und Regionalmanager für Deutsch land im Geschäftsgebiet High Performance Polymers. Nach dem Studium der Luft- und Raumfahrt mit Fachrichtung Flugzeugbau an der Fachhochschule Aachen war er von 1991 bis 1999 bei der Firma AIK in Kassel beschäftigt – erst als Entwicklungsingenieur, dann als Produktmanager für Formteile. Bei Evonik ist er seit 2000 in unterschiedlichen Funktionen für ROHACELL® tätig, unter anderem als Marktsegment-manager Luftfahrt, als Key Account Manager für Airbus Stade und in Verkauf und Marketing.telefon +49 6151 18-3570, [email protected]

    Eine energie- und kostensparende Alternative für die Luftfahrtindustrie

    Fußbodenpanel

    Triebwerksverkleidungen,Wartungsdeckel

    Höhen-und Seitenleitwerksstruktur,Seitenleitwerksverkleidungen,Seitenleitwerkskasten

    Hauptfahrwerksklappen

    Bugfahrwerksklappen

    Verkleidung der Landeklappenführung,Flügelvorder- und Hinterkanten

    Spoiler/Querruder

    Mit ROHACELL® HERO kann Evonik jetzt auch bei sicherheitsrelevanten Flugzeugkomponenten eine Alternative zu Wabenverbundstoffen anbieten

  • elements47 Ausgabe 2|2014

    22 CORpORATE RESpONSIBILITY

    Evonik Industries hat sich neue langfristige Umweltziele gesetzt und diese im Nachhaltigkeitsbericht 2013 veröffentlicht. Mit dem jährlichen Bericht unterstreicht Evonik sein Engagement für ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit. Er ist unter www.evonik.de/verantwortung im Internet abrufbar.

    Nachhaltigkeitsbericht 2013

    10Millionen Tonnen Produkte hat Evonik im Jahr 2013 herge-stellt. Das sind vier Prozent mehr als im Jahr zuvor.

    29Millionen € hat Evonik im Jahr 2013 investiert, um den Umweltschutz weiter zu verbessern (Vorjahr: 39 Millionen €).Prozent – um diesen Anteil will Evonik die spezifische Wasserförderung bis 2020 senken (im Vergleich zum Referenzjahr 2012). Sie beschreibt den Wasser verbrauch bezogen auf die Produktion.10

    12Prozent weniger spezifische Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 2012 (gemäß Greenhouse Gas Protocol in Relation zur Produktion) – dieses Ziel will Evonik bis 2020 erreichen. Die Kennzahl umfasst alle direkten Treibhausgasemissionen sowie die indirekten Nettoemissionen aus dem Zu- und Verkauf von Energie.

  • elements47 Ausgabe 2|2014

    23CORpORATE RESpONSIBILITY

    86 Petajoule Energie hat Evonik 2013 verbraucht. Das sind vier Prozent weniger als im Vorjahr, obwohl die Produktion im gleichen Zeitraum um vier Prozent gestiegen ist. Das bedeutet eine Entkopplung von Wachstum und Energie-verbrauch.

    10Prozent des Gesamtrohstoffverbrauchs 2013 entfielen auf nachwachsende Rohstoffe; insgesamt hat Evonik 8,23 Millionen Tonnen Rohstoffe eingesetzt. Der Großteil der nachwachsenden Rohstoffe waren Dextrose und Saccharose für die fermentative Herstellung von Aminosäuren. Natürliche Fette und Öle und deren Derivate werden zur Herstellung von Rohstoffen für die Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittelindustrie sowie zur Herstellung von technischen Hilfsmitteln eingesetzt.

    250Millionen € flossen 2013 in die Betriebskosten für den Umweltschutz.

    23junge Wissenschaftler haben 2013 von der Evonik Stiftung profitiert, die engagierte Studenten und Doktoranden bei ihren Forschungsvorhaben fördert. Das Engagement geht dabei weit über die finanzielle Förderung hinaus. Evonik-Mitarbei-ter begleiten die jungen Forscher während ihres Stipendiums als Mentoren, geben Einblicke in den Chemiekonzern und ermöglichen ihnen wertvolle Kontakte.

    2 Jahre früher als geplant hatte Evonik seine langfristigen Umweltziele für den Zeitraum von 2004 bis 2014 erreicht – also schon im Jahr 2012.

    Erden würden wir im Jahr 2030 nach den Prognosen des WWF Living Planet Report 2012 zum Gesundheitszustand der Welt brauchen, um mit dem Ressour-cenverbrauch Schritt zu halten.

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    UV-härtende Silikone von Evonik haben sich als Trennbeschichtung für selbstklebende Produkte aller Art bewährt. Im engen Schulterschluss mit Maschinenherstellern und Anwendern forciert der Geschäftsbereich Consumer Specialties neue Etikettensysteme, die ganz ohne Träger auskommen – ein Plus an Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz.

    [ text Dr. Winfried Hamann, Georg Michels, Liz Patterson, Jürgen Pomorin, Dr. Stefan Stadtmüller ]

    KLEBEN MACHT DAS Leben einfach. Das gilt für den Alltag, aber auch für viele technische Anwendungen. Allerdings bezieht sich „einfach“ in diesem Fall nur auf die Handhabung: Selbstklebende Produkte wie Etiketten sind anspruchsvolle Systeme aus mehreren funktionellen Schichten. Ein Etikettenlaminat besteht aus dem Träger – auch Release Liner genannt – aus Papier, Kunststoff oder anderen Materialien, dem Klebstoff und dem eigentlichen Etikett. Unsichtbar aber ausschlaggebend für die Funktion ist eine vierte Schicht aus Silikonen, die dafür sorgt, dass sich das Klebeprodukt schnell und rückstandsfrei vom Träger ablösen lässt. Außer für Etiketten aller Art werden diese Silikone beispielsweise auch für Klebebänder und Trennpapiere oder -folien in Haushalt und Indus-trie verwendet.

    Der Weltmarkt für selbstklebende Produkte wächst kontinuierlich um vier bis fünf Prozent im Jahr. Derzeit beläuft er sich auf rund 40 Milliarden Quadratmeter jährlich, der weltweite Umsatz liegt bei mehreren Milliarden US-$ – 30 Prozent davon entfallen heute schon auf den asiatischen Raum. Ins-besondere Schwellenländer haben durch ihre rasant wachsende Nachfrage nach Konsumgütern einen stei-genden Bedarf an modernen Etikettiersystemen. Von

    besonderer Bedeutung sind Anwendungen im Ver-packungsbereich. Allein in Deutschland werden nach Angaben des Deutschen Verpackungsinstituts pro Jahr 180 Milliarden Verpackungen hergestellt. Die meisten davon benötigen ein oder mehrere Etiketten, die wichtige Informationen für Logistik, Handel und Verbraucher tragen.

    Die Trennbeschichtung ist maßgeblich für die Funktion und Applikation selbstklebender Produkte. Herkömmliche Etikettensysteme nutzen thermisch gehärtete Silikone. Diese haben allerdings den ent-scheidenden Nachteil, dass der Härtungsprozess recht viel Energie verbraucht, da die Silikone erst bei Temperaturen über 110 °C vernetzen.

    UV-härtende Trennbeschichtungen sparen EnergieDie bessere Alternative sind daher Trennschichten aus strahlenhärtenden Silikonen, sogenannte Radia-tion Curing Silicones oder RC-Silikone. Bei diesen Varianten werden die Silikonpräpolymere nicht durch Hitze, sondern durch UV-C-Strahlung vernetzt und dabei ausgehärtet. Mit in der Industrie üblichen Queck silbermitteldrucklampen gelingt diese Vernet-

    Kleben unten ohne – Etiketten ohne Träger

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    zung in Bruchteilen von Sekunden. RC-Silikone er-möglichen den Einsatz nicht nur von Papier, sondern auch von temperaturempfindlichen Kunststoffen als flexibles und variables Substrat. Außerdem ist die Strahlenhärtung energiesparender als die thermische Variante.

    Evonik ist Weltmarktführer bei RC-Silikonen. Schon seit vielen Jahren stellt die Produktreihe der TEGO® RC-Silikone unter Beweis, dass sie sowohl den hohen technischen Anforderungen gewachsen ist als auch die wirtschaftlichen und ökologischen Erwartungen der Kunden optimal erfüllt. Man unter-scheidet chemisch zwei Gruppen von RC-Sili konen: zum einen die Silikonacrylate. Da deren radikalische Vernetzung unter Ausschluss von Sauerstoff ablaufen muss, hat Evonik für diese Substanzgruppe eine spe-zielle Stickstoffspülung entwickelt, die einen Rest-gehalt an Sauerstoff unter 50 ppm garantiert. Zum anderen die Epoxysilikone, die kationisch vernetzen und im Reaktionsraum keine Stickstoffspülung be-nötigen. In den vergangenen Jahren entwickelten die Spezialisten von Evonik rund ein Dutzend verschie-dener strahlenhärtender Silikone, die mit ihren un-terschiedlichen Trennwerten auf die jeweiligen An-forderungen der Kunden zugeschnitten sind.

    1,2 Millionen Tonnen Glassine-Papier zu entsorgenUnbestritten ist: Herkömmliche Selbstklebeprodukte sind ausgereift und bewährt. Allerdings haben sie zu-gleich auch gravierende Nachteile. Bei bisherigen Systemen macht der Träger circa 40 Prozent des Gewichts und der Materialkosten aus. In Standard-produkten besteht er aus Glassine-Papier, einem hochwertigen und daher relativ teuren Spezialpapier. Dieser Träger wird nach dem Etikettierprozess zu teurem Abfall. Allein in der EU müssen jährlich rund 400.000 Tonnen Glassine-Papier entsorgt werden, weltweit sind es rund 1,2 Millionen Tonnen.

    Anders gesagt: Jedes Jahr wird mehr als eine Million Tonnen hochwertiges Zellulosepapier schlicht weggeworfen und landet meist auf Deponien oder in der Verbrennung. Ansätze, um Kosten und Abfall-mengen zu senken, bestehen darin, das Trägerpapier dünner zu gestalten oder auf andere Papiere oder re-cyclingfähige Kunststoffe umzusteigen. Sie können das Abfallproblem aber allenfalls abmildern, nicht beseitigen. Weit nachhaltiger sind Systeme, die ganz ohne Träger auskommen, so genannte Linerless-Tech-nologien. Gemeinsam mit Maschinenherstellern 333

    Selbstklebeprodukte mit Träger sind bisher gigantische Papier - müll verursacher

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    und Druckereien arbeitet der Evonik-Geschäfts-bereich Consumer Specialties daran, diese Alterna-tiven auf dem Markt voranzubringen. Bei trägerlosen Varianten kleben die Etiketten nicht mehr auf einem Papier- oder Kunststoffträger (Release Liner), son-dern werden ähnlich wie ein Klebeband direkt zu ei-ner Rolle aufgewickelt. Auch bei „Linerless“ sorgen RC-Silikone dafür, dass sich die einzelnen Wicklun-gen vor der Weiterverarbeitung oder dem Spende-vorgang sauber, schnell und rückstandsfrei wieder voneinander lösen. Der wesentliche Unterschied: Die Trennschicht wird direkt auf die Oberseite des be-reits bedruckten Etiketts aufgetragen (Abb. 1).

    Mehr Nachhaltigkeit durch Verzicht auf TrägerDie Vorteile liegen auf der Hand: Der Kunde spart die Kosten für den Träger aus Papier oder Kunststoff, er verringert seine Material- und Entsorgungskosten und vermeidet erhebliche Abfallmengen. Der Auf-wand für Lagerung und Logistik sinkt. Linerless- Applikationen ermöglichen nicht zuletzt eine kom-paktere Darreichung der Etiketten – das bedeutet Platzersparnis und effizientere Produktion.

    Schub erhalten trägerlose Systeme nicht nur durch ihre Kosten- und Effizienzvorteile. Bei immer mehr Unternehmen spielen heute Aspekte wie Nachhaltig-

    keit, Abfallvermeidung und Recycling eine bedeutende Rolle. Eine aktuelle Umfrage von Markt for schern der niederländischen AWA (Alexander Watson Associates BV) zeigt: Etwa jeder zweite Hersteller von selbst-klebenden Produkten hält ökologische Aspekte schon heute für geschäftsrelevant, eine ähnliche große Zahl rechnet damit, dass das Thema Nachhaltigkeit inner-halb der kommenden fünf Jahre direkte Auswirkungen auf die eigene Tätigkeit haben wird.

    Bei Thermoetiketten, wie sie im Lebensmittel-sektor, Transport- und Logistikgewerbe üblich sind, hat sich das Linerless-Verfahren bereits durchgesetzt. Die Herstellung von trägerlosen Thermoetiketten ist das derzeit am schnellsten wachsende Marktsegment der Branche, bei neuen Thermodruckern ist es mitt-lerweile Standard. Anwender schätzen vor allem die einfache, gewichtssparende und kompakte Anwen-dung. Diese innovativen Produkte können nur mit strahlenhärtenden Silikonen hergestellt werden, da thermisch härtende Silikone Temperaturen erfor-dern, die die thermisch empfindlichen Papiere un-brauchbar machen.

    Linerless-Systeme folgen zudem einem Trend, der seit einigen Jahren im Markt deutlich wird: Immer mehr Druckereien setzen Maschinen ein, die eine Silikonisierung direkt nach dem Druck erlauben. Mit dieser Inhouse-Silikonisierung machen sich Drucke-reien von Herstellern der Etikettenlaminate unabhän-

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    Abbildung 1Während herkömmliche selbstklebende Etiketten (Bild oben) aus vier Schichten bestehen – dem Träger aus Papier oder Kunststoff, der Trennschicht aus RC- Silikonen, dem Klebstoff und dem eigentlichen Etikett –, fällt der Träger in der neuen Linerless-Technologie (Bild unten) weg. Die Trennschicht wird hier direkt auf der Oberseite des bedruck-ten Etiketts aufgetragen

    Haftklebstoff

    Etikett

    Träger = Abfall

    Trennschicht aus RC-Silikonen

    Haftklebstoff

    Trennschicht aus RC-Silikonen

    Etikett

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    gig und erweitern ihre Wertschöpfung. Auch im Verpackungssektor ist die trägerlose Applikation auf dem Vormarsch. Evonik als Rohstofflieferant koope-riert dabei eng mit anderen Akteuren der Wertschöp-fungskette, in erster Linie mit Maschinenherstellern, die beispielsweise die Anlagen zum Auftrag und zur Härtung der Silikone oder Etikettieraggregate ent-wickeln.

    Dieser Schulterschluss ist wesentlich für eine reibungslose Verwendung in modernen, vollauto-matisierten Anlagen. Linerless-Systeme erfordern beispielsweise eine veränderte Prozessführung der Silikonisierung. Denn die Oberfläche eines Etiketts hat bedruckte und unbedruckte Bereiche und kann aus ganz unterschiedlichen Materialien bestehen. Die Silikone müssen daher mit den jeweiligen Druck-farben und Klebstoffen verträglich sein und gut auf bedrucktem wie auch unbedrucktem Untergrund aushärten und haften.

    Außerdem wirft die Einführung von trägerlosen Varianten spezifische Fragen auf: Wie kann man ohne Träger – also quasi ohne Gegenfläche – die Etiketten stanzen? Wie wird das Label appliziert? Wie flexibel ist der Anwender bei Form und Größe der Etiketten? Trotz der technischen Herausforderungen ist diese Applikationsform laut AWA mit einem Plus von 10 bis 20 Prozent pro Jahr die am schnellsten wachsende im Markt.

    RC-Silikone und trägerlose Systeme gehen Hand in HandIn der Praxis haben mehrere Firmen unterschiedliche Technologien entwickelt, die Lösungen für diese Fragen anbieten. Ein wichtiger Partner von Evonik ist die britische Ravenwood Packaging Ltd., die unter-schiedliche Maschinensysteme für Linerless-Herstel-lung und -Anwendungen entwickelt. Bei Ravenwood-Systemen werden Trennbeschichtung und Kleber in dünnen, parallelen Streifen aufgetragen und die ein-zelnen banderolenförmigen Etiketten (Sleeve Label) mit einem Messer vom Endlosband im Applikator geschnitten. Das ermöglicht eine flexible Etikettierung nahezu unabhängig von der Form des Packgutes – ein Aspekt, der insbesondere im stark wachsenden Markt für Fleisch-, Fisch-, Fertiggerichte und Convenience-Produkte von Bedeutung ist (Abb. 2). Außerdem bie-ten die Etikettenbänder deutlich mehr Platz für Infor-mationen, die für Handel und Kunden wichtig sind.

    In Ravenwood-Maschinen kommen ausschließlich RC-Silikone von Evonik zum Einsatz, die hier ihre Vorteile gegenüber thermisch härtenden Trenn-beschichtungen ausspielen: RC-Silikone härten blitz-schnell und sind so für den Inline-Prozess geeignet. Sie zeigen keine Wechselwirkung mit Druckfarben, und die Anlagen aggregate sind vergleichsweise güns-tig. Immer mehr Anwender erkennen die Vor-

    Thermoetiketten werden schon sehr häufig in Super- märkten eingesetzt, um Frischeprodukte auszuzeichnen. Sie sind bereits „linerless“

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    teile von Linerless-Anlagen. Ravenwood baut zurzeit seine Aktivitäten europaweit, aber auch in Asien und den USA aus.

    Einen anderen Weg geht der Evonik-Partner ETI. Der kanadische Maschinenhersteller fertigt seit eini-gen Jahren Maschinen für die Inhouse-Silikonisierung und neuerdings auch Spendeaggregate für Etiketten (Abb. 3). Das Etikett wird dabei mittels eines Prozess-trägers appliziert, der zugleich als Transportmedium und als Stanzunterlage dient. Der Träger läuft inner-halb der Anlage im Kreislauf und wird mehrfach für den Transport der Etiketten verwendet – das spart verglichen mit herkömmlichen Applikationen rund 90 Prozent an Trägermaterial und damit an Abfall ein.

    Von Vorteil für den Kunden ist außerdem, dass diese Maschinen unterschiedliche Etikettenformen und -größen ermöglichen. Das System kombiniert somit die Flexibilität von herkömmlichen Etiketten-laminaten mit der hohen Materialeffizienz von Linerless-Anwendungen.

    Besonderes Augenmerk muss bei allen Linerless-Materialien auf die Erstellung des einzelnen, spend-baren Etiketts gelegt werden. Bei Ravenwood-Appli-katoren wird das einzelne Etikett mit einem Schnitt-balken (Guillotine) im Maschinentakt von der Etiket-tenrolle getrennt, beim Thermoetikett und manueller Applikation erfolgt dies über eine scharfe Abriss-kante von Hand.

    Die Firma Catchpoint hat sich ein eigenes Konzept patentieren lassen. Hier wird die Etikettenrolle bereits in der Produktionsmaschine beim Drucker über eine spezielle Rotationswalze mit einer Mikro-perforation versehen, die als Sollbruchstelle dient und das Abtrennen des einzelnen Etiketts im Spende-automaten wesentlich erleichtert. Bestehende Etiket-tierstraßen lassen sich einfach und reversibel auf die Linerless-Materialien mit Catchpoint-Perforation umstellen.

    Linerless ist auch auf Altanlagen einsetzbarStrahlenhärtende RC-Silikone von Evonik sind das Mittel der Wahl für alle Linerless-Technologien. Durch ihre chemischen und physikalischen Eigen-schaften erfüllen sie die Ansprüche einer vollauto-matisierten Produktion.

    Linerless-Etiketten können nicht nur in neuen Etikettiermaschinen eingesetzt werden. Um die Praxistauglichkeit der TEGO® RC-Silikone auch für bestehende Anlagen unter Beweis zu stellen, initiierte Evonik im Jahr 2013 ein Pilotprojekt. Ein Applikations-system am Standort Krefeld wurde so umgerüstet, dass es Seifenflaschen mit neuen Linerless-Etiketten beklebt. In dem zwei Wochen dauernden Testbetrieb lief die vollautomatische Applikation problemlos. Das

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    Etikettenbänder für Convenience-Produkte im Lebensmittelbereich sind eines der Hauptanwendungs-gebiete der Ravenwood-Technologie mit RC- Silikonen von Evonik

    Abbildung 2Ravenwood-Systeme erlauben eine flexible Etikettierung nahezu unabhängig von der Form des Packgutes

    Quer oben Quer oben und seitlich

    Quer oben und über zwei Seiten

    Quer in C-Form Quer Rundumetikett

    Rundumetikett

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    Pilotprojekt hat vor allem gezeigt: Auch bestehende Etikettiermaschinen können schnell und kosten-günstig umgerüstet werden. Die umgerüstete An-lage erlaubt den schnellen Wechsel zwischen normalen Etiketten und Linerless-Etiketten. Das Spenden von Linerless-Etiketten verläuft zuver lässig und in der gleichen Geschwindigkeit wie bei Stan-dardetiketten.

    Der Geschäftsbereich Consumer Specialties wird die Linerless-Technologie gemeinsam mit den Indus-triepartnern weiter vorantreiben. In dem Maße, in dem der Maschinenpark effizienter und vollautoma-

    tisiert wird und gleichzeitig die Erwartungen an Nachhaltigkeit steigen, werden trägerlose Systeme an Bedeutung gewinnen. Selbstklebende Produkte – so einfach sie auf den ersten Blick erscheinen – machen nicht zuletzt deutlich, wie wichtig die Verzahnung von Rohstoff und Produktionsprozess heute ist. Nur die enge Kooperation der Akteure sichert künftige Märkte und den Innovationsprozess hin zu Lösungen, die alle Ansprüche der Kunden erfüllen: große Design-freiheit, hocheffiziente Anwendung, maximale Etiket-tenqualität und eine möglichst umfassende Schonung unserer endlichen Ressourcen. 777

    Dr. winfried Hamann Technical Head Innovation Management RC Silicones EMEAtelefon +49 201 173-2452winfried.hamann @evonik.com

    georg Michels Regional Product Line Manager Surface Technologies EMEA telefon +49 201 [email protected]

    Liz patterson Market Manager RC Silicones Americas telefon +1 804 [email protected]

    Jürgen pomorinTechnical Manager RC Silicones EMEA telefon +49 201 173-1662juergen.pomorin @evonik.com

    Dr. Stefan StadtmüllerGlobal Product Line Manager Surface Technologiestelefon +49 201 173-3104stefan.stadtmueller @evonik.com

    Abbildung 3Das System der Firma ETI verwendet einen Process-träger in der Etiketten anlage. Dieser wird aber in einem Kreislauf geführt, so dass sich der Papier verbrauch deutlich reduziert

    Trägerlose Etikettenrolle mit Druck Stanzgitterabfall

    Stanzen

    Prozessträger-Abwicklung Wiederverwendung

    EtikettenspenderZu etikettierender Behälter

    Prozessträger- Aufwicklung

    Etikettenspender

    Etikett

    Träger

    Etikettenspender

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    30 NEwS

    Neues Forschungszentrum am Standort RheinfeldenAn seinem Standort Rheinfelden investiert Evonik einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag in ein neues Forschungszentrum. In dem 3.500 Quadratmeter großen Neubau wer-den ab Anfang 2016 bis zu 70 Mitarbeiter in modernen Laboratorien rund um das Thema Silane forschen. Silane werden in der Elektro-industrie, in der Reifenindustrie, für die Her-stellung von Kleb- und Dichtstoffen sowie Kunststoffen und in der Baubranche einge-setzt. Auch Anwendungstechnik, Analytik und

    Qualitätsmanagement werden künftig im For-schungszentrum angesiedelt sein. Es fügt sich pass genau in den Verbund der Silanchemie in Rheinfelden ein, der Forschung, Entwicklung, Anwendungstechnik und Produktion umfasst.

    Ralph Marquardt, Leiter Innovation im Geschäftsbereich Inorganic Materials, erläu-terte die Bedeutung der Silanforschung: „Evonik ist der globale Marktführer für funk-tionelle Silane. Wir investieren, um diese Posi-tion weiter auszubauen. Eine exzellente

    Forschung und Anwendungstechnik sind hier-bei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine weitere positive Entwicklung.“

    Die Silane, die am Standort erforscht und produziert werden, machen Chips in Smart-phones schneller und leistungsfähiger, schüt-zen Gebäude vor Korrosion und Schmutz und ermöglichen spritsparende Reifen oder halt-barere Lacke.

    Evonik produziert Silane an seinen Stand-orten Rheinfelden, Antwerpen (Belgien), Riz-hao (China), Mobile und Weston (USA). Außerdem unterhält das Spezialchemieunter-nehmen Labore für anwendungstechnische Unterstützung und regional spezialisierte For-schung für Silane in China, Indien, Deutsch-land und den USA. Das Silanportfolio von Evo-nik umfasst Chlorsilane und organofunktio-nelle Silane mit einer Gesamtkapazität von 300.000 Tonnen jährlich.

    Anwendungstechnik für Reifen und Gummianwendungen eingeweihtIm Frühjahr hat Evonik das neue Gebäude der Anwendungstechnik für gefällte Kieselsäure (Silica) für Reifen und Gummianwendungen an seinem Standort Wesseling bei Köln einge-weiht. Damit vereint das Spezialchemieunter-nehmen die weltweit größte Produktion für gefällte Kieselsäure sowie Forschung und An-wendungstechnik an einem Standort. Für den Neubau hat Evonik einen niedrigen zweistel-ligen Millionen-Euro-Betrag investiert. In dem Gebäude arbeiten mehr als 30 technische und wissenschaftliche Mitarbeiter.

    Eine Kombination aus Kieselsäure und Sila-nen für die Reifen- und Kautschukindustrie ermöglicht Reifenherstellern, den Rollwider-stand der Pneus zu reduzieren und deren Nass-rutschverhalten zu verbessern. Dadurch kann der Kraftstoffverbrauch im Vergleich zu her-kömmlichen Reifen um bis zu acht Prozent ver-ringert werden.

    Von Wesseling aus liefert Evonik gefällte Kieselsäure weltweit an die Reifenindustrie. Bisher waren bereits die Produktion und die Forschung für Silica in Wesseling ansässig. Da lag es nahe, auch die Anwendungstechnik nach Wesseling zu holen. Auf 2.500 Quadratmetern werden in dem neuen Gebäude innovative Produkte für die Gummiindustrie entwickelt

    und getestet. Mehrere tausend Mischungen pro Jahr unterliegen einer weltweit einheitli-chen und kontinuierlich strengen Qualitätskon-trolle. Auch das Gebäude setzt hinsichtlich der Ressourceneffizienz hohe Maßstäbe. Geheizt wird es mit der Abwärme aus der Kieselsäure-produktion im Werk.

    Spatenstich für das neue Forschungs-zentrum: Zur Schaufel griffen Vertreter von Land, Kreis und Stadt sowie von Evonik

    Um regionale Märkte besser mit erstklassigen Produkten und Lösungen versorgen zu können und näher an seinen Kunden zu sein, baut Evonik die weltweiten Kapazitäten kräftig aus. Allein bis Ende 2014 sollen sie um etwa 30 Prozent im Vergleich zu 2010 zunehmen.

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    31NEwS

    Neues Technologiezentrum für Electronic Solutions in TaiwanEvonik hat sein neues Technologiezentrum für Electronic Solutions in Hsinchu (Taiwan) ein-geweiht. Hier findet die asiatische Display-In-dustrie nicht nur technische Beratung, sondern es werden auch kundenspezifische Formulie-rungen sowie neue Anwendungen für die iXsenic® Produktlinie des Geschäfts bereichs Coatings & Additives entwickelt. iXsenic® um-fasst Halbleiter, Dielektrika, Ätz stopp- und Passivierungsmaterialien, die direkt in Lösung aufgetragen werden können. Die Materialien finden in einem breiten Spektrum von aktuel-len und zukünftigen High-End-Displays Ver-wendung: in LCDs, OLEDs, berührungsemp-findlichen, flexiblen und transparenten Bild-schirmen sowie gedruckter Elektronik.

    Die Nutzung einer Produktionslinie des ortsansässigen Forschungszentrums ITRI er möglicht dem Team von Electronic Solutions außerdem, seine lösungsbasierten Halbleiter

    Russisches Joint Venture OOO DESTEK seit zehn Jahren erfolgreich Das russische Joint Venture OOO DESTEK, an dem Evonik die Mehrheit hält, hat sich erfolg-reich am Markt etabliert. Das Geschäftsgebiet Acrylic Polymers von Evonik hat vor zehn Jah-ren die Produktion von extrudierten PLEXI-GLAS® Massivplatten in Russland aufgenom-men – und seitdem dort seinen Marktanteil deutlich gesteigert. „Die Präsenz in Russland war für uns entscheidend, um unser Geschäft in diesem Wachstumsmarkt zu stärken und aus-zubauen“, sagte Michael Träxler, Leiter des Geschäftsgebietes Acrylic Polymers, anlässlich

    Investition in Biotechnologiefirma Evonik beteiligt sich an dem Technologie-Start-up Algal Scientific Corporation (Northville, Michigan, USA). Der Konzern ist Teil eines Inves torenkonsortiums, das im Rahmen einer Series-A-Finanzierungsrunde über drei Millio-nen US-$ in das Start-up investiert. Algal ver-marktet unter dem Handelsnamen AlgamuneTM 1,3--Glucan, ein Polysaccharid, das die Immun-abwehr stärkt. Es wird als Zusatz zu Tierfutter, als Nahrungsergänzungsmittel sowie in phar-mazeutischen Formulierungen verwendet.

    -Glucan kann erstmals in industriellem Maßstab aus Algen gewonnen werden. Hierzu hat Algal eine neue Technologie entwickelt und nimmt derzeit die erste kommerzielle Produk-tionsanlage in Michigan in Betrieb. Bislang

    wurde -Glucan aus Getreide extrahiert oder mithilfe von Hefen oder Pilzen her