in copyright - non-commercial use permitted rights ......lösung nitrosylperchlorat, wie in...
Post on 26-Jan-2021
2 Views
Preview:
TRANSCRIPT
-
Research Collection
Doctoral Thesis
Beitrag zur Bildung und Zerlegung von Nitrosylchlorid
Author(s): Bächler, Hans
Publication Date: 1953
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089032
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089032http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use
-
Prom. Nr. 2268
Beitrag zur Bildung und Zerlegungvon Nitrosylchlorid
Von der
Eidgenössischen Technischen
Hochschule in Zürich
zur Erlangung
der Würde eines Doktors der
Technischen Wissenschaften
genehmigte
PROMOTIONSARBEIT
vorgelegt von
HANS BÄCHLER
dipl. Ing.-Chem. E.T.H.
von Männedorf (Zürich)
Referent : Herr Prof. Dr. A. Quyer
Korreferent : Herr P. D. Dr. A. Bieler
Juris-Verlag Zürich
1953
-
Leer - Vide - Empty
-
Meinen lieben Eltern
in Dankbarkeit
-
Leer - Vide - Empty
-
Herrn Professor Dr. A. Guyer,
unter dessen Leitung diese Arbeit entstanden ist, möchte ich für sein stetes
Wohlwollen und alle Förderung meinen herzlichen Dank aussprechen.
-
Leer - Vide - Empty
-
- 7 -
Inhaltsübersicht
Seite
EINLEITUNG 9
I. Das Nitrosyl-Ion und die Nitrosylsalze 11
1. Historischer Ueberblick 11
2. Chemische Eigenschaften des Nitrosyl-Ions 12
3. Physikalische Eigenschaften des Nitrosyl-Ions 15
4. Struktur der Nitrosylverbindungen 16
II. Herstellung und Analyse von Nitrosylchlorid 21
1. Bildung von Nitrosylchlorid bei der Umsetzung von
Salpetersäure mit Alkalichloriden 21
a) Einleitung 21
b) Abhängigkeit der Reaktion von der Art des Kations 21
c) Einfluss von Temperatur und Molverhältnis 25
2. Herstellung von Nitrosylchlorid 28
a) Allgemeines 28
b) Spezielle Darstellungsmethoden 29
oC) Darstellung aus Siliciumtetrachlorid 29
& ) Darstellung aus Nitrosylschwefelsäure 30
f) Reinigung 31
3. Technische Bedeutung von Nitrosylchlorid 31
4. Analyse von Nitrosylchlorid 33
a) Chlorbestimmung 33
b) Stickstoff-Bestimmung 34
c) Analyse des verwendeten Nitrosylchlorides 35
5. Materialfragen 37
a) Gegen Nitrosylchlorid beständige Materialien 37
b) Sperrflüssigkeiten 37
IE. Zerlegung von Nitrosylchlorid durch chemische Bindung
beider Komponenten 39
-
- 8 -
Seite
1. Oxydation von Nitrosylchlorid 39
2. Reduktion von Nitrosylchlorid 40
a) Berechnung der Wärmekapazität von Nitrosylchlorid 40
b) Thermodynamische Berechnung der Reduktion von
Nitrosylchlorid mit Wasserstoff 41
c) Zusammenstellung der Berechnungen 45
IV. Zerlegung von Nitrosylchlorid unter Bindung der Chlor¬
komponente 47
1. Reaktionen mit Metallen und Salzen 47
2. Reaktion mit Schwefel 50
a) Thermodynamische Untersuchung der Reaktion2 NOC1 + 2S = S2C12 + 2 NO 50
b) Experimentelle Spaltung von Nitrosylchlorid mit
Schwefel 54
V. Zerlegung von Nitrosylchlorid mit Schwefelsäure unter
Bindung der Stickoxydkomponente 57
1. Allgemeines 57
2. Probleme der Arbeitsweise und der apparativen Durchbildung 58
a) Vorteile der dynamischen Versuche 58
b) Automatisches Niveaukontroi lgerät für Schwefelsäure 59
3. Apparatur und Arbeitsweise für dynamische Absorptionsversuche 61
4. Absorptionsversuche 64
5. Desorption der Schwefelsäurelösungen 73
6. Calorische Berechnungen 76
7. Auswertung und Diskussion der Versuchsergebnisse 78
ZUSAMMENFASSUNG 80
LITERATURVERZEICHNIS 82
-
- 9 -
EINLEITUNG
Die Chemie der StickstoffVerbindungen verdankt einen wichtigen Anteil
ihrer Bedeutung den grundlegenden Forschungen J. von- Liebig's über
die Düngung. Er erkannte erstmals, dass das Wachstum der Pflanzen durch
das Vorhandensein einer Reihe von Elementen im Boden bestimmt wird und
bewies, dass der Mangel auch nur einer Komponente die Entwicklung be¬
schränkt. Dieses "Gesetz des Minimums" zeigt, dass unsern Böden viel¬
fach die Elemente Stickstoff, Phosphor und Kalium mangeln. Durch Stall¬
mist- und Jauchedüngung können dem Boden diese Elemente zugeführt wer¬
den; doch reicht auf einem Bauernhof selbst bei grossem Viehbestand der
Mist für den Ackerbau nicht aus. Man ist deshalb neben den natürlichen
auch auf industriell hergestellte Düngemittel angewiesen.
Als Stickstoffquellen dienten bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts
fast ausschliesslich die chilenischen Salpeterlager und das als Nebenpro¬
dukt der Steinkohlenverkokung anfallende Ammoniak. Die ständig steigende
Nachfrage nach Stickstoffverbindungen führte im Jahre 1905 zur industriel¬
len Gewinnung von Luftstickstoff nach dem Kalkstickstoff-Prozess. Im
gleichen Jahr erhielten Birkeland und Eyde ein Patent für die Her¬
stellung von Salpetersäure nach dem Lichtbogenverfahren. Die Bedeutung
dieser interessanten Synthese ging allerdings wieder verloren, als es 1913
nach langjähriger Arbeit gelang, Ammoniak grosstechnisch nach dem Ver¬
fahren von F. Haber und C. Bosch herzustellen. Fast um die gleiche
Zeit realisierte Ostwald die katalytische Verbrennung von Ammoniak zu
Stickoxyden. Da heute fast die Hälfte des Weltstickstoffbedarfes auf diesem
Weg erzeugt wird, werden die als Düngemittel wichtigen Nitrate mehrheit¬
lich aus Salpetersäure gewonnen.
Im Interesse einer wirtschaftlichen Produktion stellt sich die Frage,
ob es nicht möglich wäre, zur Nitratherstellung anstelle von Alkalicarbo-
naten die billigeren Chloride zu verwenden. Bei der Umsetzung von Sal¬
petersäure mit Alkalichloriden wird nun zwar Alkalinitrat gebildet, doch
reagiert die Salpetersäure auch mit dem freigesetzten Chlorwasserstoff,
wobei als Nebenprodukte Chlor und Nitrosylchlorid entstehen. Diese als
Königswasserreaktion bezeichnete Umsetzung kann kaum verhindert werden
-
- 10 -
und verbraucht stets einen beträchtlichen Teil der Salpetersäure.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Bildung von Nitrosyl-
chlorid bei der Umsetzung von Alkalichloriden mit Salpetersäure und mit
dessen Spaltung in eine Chlor- und eine Stickoxydkomponente mit dem Ziel,
die Erzeugung von Alkalinitraten aus Alkalichloriden ohne Verluste an ak¬
tivem Stickstoff durchzuführen.
-
- 11 -
I. Das Nitrosyl-Ion und die Nitrosylsalze
1. Historischer Ueberblick
Die Nitrosylsalze sind im grossen ganzen wenig bekannte Verbindungen.
Dies mag seinen Grund darin haben, dass ihre Konstitution erst relativ
spät, d.h. um 1930, aufgeklärt worden ist, obwohl das Königswasser, in
dem Nitrosylchlorid vorkommt, schon im 8. Jahrhundert von Geber be¬
schrieben wurde (1).
Das am längsten bekannte Nitrosylsalz ist wohl das Nitrosylhydrogen-
sulfat, das meist Nitrosylschwefelsäure genannt wird. Diese Verbindung
wurde erstmals im Jahre 1800 von H. Davy (2) hergestellt. 1806 wurde
die Nitrosylschwefelsäure auch in den Bleikammern der Schwefelsäure¬
fabriken beobachtet und 1862 analysiert (3) (4).
Nitrosylchlorid ist 1831 von E.Davy (5) zum erstenmal aus ge¬
schmolzenen Chloriden und Salpetersäure dargestellt und untersucht wor¬
den, wobei seine grosse chemische Affinität zu Gold und Platin besonders
hervorgehoben wurde. 1846 gewann A.Baudrimont (6) neue Erkennt¬
nisse. Beim Erhitzen von Königswasser erhielt er ein Gas, welches sich
bei starker Kühlung zu einer roten Flüssigkeit kondensieren Hess. Ohne
Zweifel handelt es sich dabei um Nitrosylchlorid, wenn auch A. Baudri-
mont selbst die Verbindung "acide chlorazotique" benennt und ihr die
Formel NO,Cl2 zuschreibt. Bemerkenswert ist die Feststellung dieses
Forschers, dass er das Nitrosylchlorid als den wirksamen Teil des Königs¬
wassers betrachte.
Zwei Jahre später untersuchte J. L. Gay-Lussac (7) gleichfalls
die Königswasserreaktion; die richtige Formel von Nitrosylchlorid wurde
aber auch von ihm nicht erkannt. W. A. Tilden (8) beschrieb als erster
die Darstellung desselben aus Nitrosylschwefelsäure und Chlorwasser¬
stoff und gab die richtige Formel NOC1 an. Nach Angaben von Ph.A.
Guye und G. Fluss (9) haben W. A. Tilden und Goldschmidt be¬
wiesen, dass die hypothetische Verbindung NOClg nicht besteht, sondern
als physikalische Lösung von Chlor in Nitrosylchlorid zu betrachten ist.
-
- 12 -
Einige Arbeiten befassten sich auch mit der Frage der Existenz von
Nitrylchlorid NOjCl. A. Geuther (10), J. J. Sudborough und J.H.
Miliar (11) und ferner auch W.C.Williams (12) nahmen an, dass
Nitrylchlorid nicht existiere und dass aus Chlor und Stickstoffdioxyd nur
Nitrosylchlorid und Sauerstoff entstehen können. Im Gegensatz dazu be¬
wiesen H.J.Schumacher und G.Sprenger (13, 14, 15) wie auch
W. A. Noyes (16) und R. A. Ogg (17) die Existenz des Nitrylchlorids.
Es konnte durch Oxydation von Nitrosylchlorid mit Ozon oder auch aus
Stickstoffdioxyd und Chlor hergestellt werden. Die Verbindung zerfällt al¬
lerdings oberhalb 160°C quantitativ. Eine Darstellungsmethode aus Sal¬
petersäure und Chlorsulfonsäure stammt von H. Petri und M. Schmeis-
ser (18).
2. Chemische Eigenschaften des Nitrosyl-Ions
Während das am längsten bekannte Nitrosylsalz, die Nitrosylschwefel-
säure, erstmals schon vor über 150 Jahren dargestellt worden war, wurde
das Nitrosyl-Kation als Bestandteil chemischer Verbindungen erst um 1930
aufgefunden. Die Hauptursache für die späte Entdeckung ist die Hydrolyse,
welcher alle Nitrosylsalze in Wasser unterworfen sind.
NO. X + HÖH »- NO. OH + HX
Es ist daraus ersichtlich, dass die für die Chemie der wässerigen Elektro-
lyte so typischen Ionenreaktionen mit Nitrosylsalzen nicht ausgeführt wer¬
den können. Erst in neuerer Zeit wurden Lösungsmittel gefunden, in denen
Nitrosylsalze nicht hydrolytisch gespalten werden, nämlich flüssiges
Schwefeldioxyd und Nitrosylchlorid. Die Löslichkeit der Nitrosylsalze in
diesen Solventien ist gut (19, 20, 21).
Die Lösungen sind in flüssigem Schwefeldioxyd farblos. Additions¬
produkte von Nitrosylchlorid an Metallchloride zeigen darin ein elektri¬
sches Leitvermögen wie Lösungen von starken Elektrolyten (22). Diese
Bestätigung der salzartigen Konstitution weist auf die Möglichkeit von Io¬
nenreaktionen in geeigneten Lösungsmitteln hin. Die Reaktionen des Nitro-
-
- 13 -
sylions in flüssigem Schwefeldioxyd lassen sich dabei mit den Reaktionen
des Wasserstoffions oder eines Metallions in wässeriger Lösung verglei¬
chen.
So verdrängt z.B. Natrium das Nitrosylion aus einer Lösung von Ni-
trosylchloroantimonat NO [SbClgl in flüssigem Schwefeldioxyd unter Ent¬wicklung von Stickstoffmonoxyd, analog der Entwicklung von Wasserstoff
in Wasser.
Tetramethylammoniumperchlorat fällt aus Nitrosylchloroantimonat-
lösung Nitrosylperchlorat, wie in ähnlicher Weise im wässerigen System
z. B. Natriumperchlorat aus Kaliumchloridlösung Kaliumperchlorat fällt.
N(CH3)4 cio4
Die Tetramethylammoniumsalze eignen sich wegen ihrer guten Löslichkeit
sehr gut als Reaktionspartner für Nitrosylsalze. F.Seel (22) hat bisher
die Umsetzungen von Nitrosylchloroantimonat mit den Tetramethylammo¬
niumsalzen einer grossen Zahl von Säuren verfolgt und die Reaktionen in
vier Gruppen eingeordnet:
1) Bildungvon flüchtigen Nitrosylverbindungen oder Nichtelektrolyten.
2) Ausfällung von schwerlöslichen Nitrosylsalzen.
3) Oxydation resp. Reduktion des Nitrosylions durch das Anion.
4) Sonstige Umwandlungen der primär gebildeten Nitrosylverbindungen.
Durch diese systematischen Untersuchungen konnte der Beweis er¬
brachtwerden, dass salzartige Nitrosylderivate nur von den stärksten Säu¬
ren möglich sind. So bildet auch die Schwefelsäure, welche in der zweiten
Dissoziationsstufe nur eine mittelstarke Säure ist, allein das bekannte
Mono-nitrosylhydrogensulfat, nicht aber ein Di-nitrosylsulfat. Dagegen
existiert das Dinitrosylsalz der Pyroschwefelsäure (NOLSgO,,, welche auch
in der zweiten Dissoziationsstufe eine starke Säure ist.
Die Tatsache, dass nur Nitrosylsalze der stärksten Säuren möglich
sind, ist dadurch erklärbar, dass die ihnen zugrunde liegende Base NO. OH,
normalerweise als HNO, geschrieben, eine Säure ist. Ihre basischen Ei¬
genschaften können deshalb nicht sehr ausgeprägt sein. Salze schwacher
Basen und schwacher Säuren zerfallen aber leicht durch Solvolyse oder
Hydrolyse.
NO SbClg = NOC104 + N(CH3)4] [SbClg
-
- 14 -
Einige Umsetzungen mit den Tetramethylammoniumsalzen eignen sich
besonders zum Nachweis von Nitrosylionen, so zum Beispiel die schon er¬
wähnte Perchloratfällung. Auf die sehr geringe Konzentration von Nitro¬
sylionen, welche man in Lösungen der flüchtigen Verbindungen wie Nitro¬
sylchlorid oder -bromid annehmen kann, sprechen die Jodid- und die Azid-
reaktion an:
NO' + J' —»- (NOJ) —»- NO + V2 J2
NO" + [N=NsN]' *• (N-0-N=NsN) "-NgO + Ng
Obwohl diese flüchtigen Nitrosylverbindungen Nichtelektrolyte sind, genügt
die Ionenkonzentration zum Nachweis.
Charakteristisch sind die Farbreaktionen des Nitrosylions, welche in
farblosen Lösungsmitteln durchgeführt werden können. So ergeben Chloride
und Bromide rotes Nitrosylchlorid, resp. braunes Nitrosylbromid.
Rhodanid, das in der Form von Ammoniumrhodanid angewendet wer¬
den kann, färbt Lösungen von Nitrosylsalzen unter Bildung von Nitrosyl-
rhodanid tiefrot.
Mit Nitriten bilden Nitrosylsalze das blaue Distickstofftrioxyd und
mit Acetaten das gelbe Nitrosylacetat oder Acetylnitrit CH,CO. ONO.
Mit Tetramethylammoniumsalzen gibt auch flüssiges Distickstoff-
tetroxyd diese Farbreaktionen, ebenso die Jodid- und Azidreaktion. Diese
Tatsache lässt sich verstehen, wenn man annimmt, dass das Distickstoff-
tetroxyd hierbei als Nitrosylnitrat reagiert:
NO.NOg + Cl' = NOC1 + NOg'
Es ist allerdings anzunehmen, dass nur ein sehr kleiner Teil der
Moleküle nach diesem Schema reagiert, da die Perchloratfällung mit Di-
stickstofftetroxyd nicht ausführbar ist. Die Ergebnisse physikalischer
Untersuchungen, z.B. die Auswertung des Ramanspektrums, sprechen für
eine symmetrische Struktur im Sinne der Konstitutionsformel O^N.NO, (23).
Bei den Nitrosylhalogeniden findet man in der Reihenfolge Fluorid-
Chlorid-Bromid- Jodid eine abnehmende Beständigkeit, entsprechend der
Bindungsverhältnisse. Das Nitrosylfluorid ist farblos, das Nitrosylchlorid
als Gas gelb, als Flüssigkeit kirschrot und das Nitrosylbromid braun. Das
Nitrosyljodid endlich ist nicht beständig und zerfällt sofort zu Stickstoff-
monoxyd und Jod.
-
- 15 -
3. Physikalische Eigenschaften des Nitrosyl-Ions
Von J. A. Ketelaar und K. J. Palmer (24) wurde das Nitrosyl-
chloridmolekül mittels Elektronenbeugung ausgemessen. Der für die Ab¬
klärung der Bindungsverhältnisse hauptsächlich interessierende Abstand
N-Cl beträgt 1,95 Â. Für eine kovalente Bindung berechnet sich diese Di¬
stanz zu 1,69 Â, für eine reine Ionenbindung hingegen aus der Summe der
Atomradien zu 2,64Ä. Da der gemessene Wert zwischen diesen Werten
liegt, entspricht die Bindung einem Uebergangstypus. Die geringe elektro¬
lytische Leitfähigkeit von Nitrosylchlorid, die fast null ist, scheint eine
Ionenbindung auszuschliessen; im Gegensatz dazu stehen aber das hohe
Dipolmoment und das Auftreten von Anlagerungsverbindungen:
:Ö::n:C1: -ar—: [:Os:N:]+ fei:]"
NOCl + SbCl5 = [NO]+
[SbClJ"
Die beschriebenen Reaktionen beweisen eindeutig die Existenz des Nitro¬
syl-Ions. Es soll im folgenden näher auf dessen Eigenschaften eingegangen
werden.
Im Vergleich mit andern zweiatomigen Molekülen, wie Sauerstoff,
Stickstoff oder Kohlenmonoxyd hat Stickstoffmonoxyd ein aussergewöhnlich
niedriges Ionisierungspotential.
Tabelle 1
Ionisierungspotentiale (25)
VN2co-co+
15,65 V
14,1 V
°2-°2NO-NO+
12,2 V
9,35 V
Au-Au 9,20 V
Cu-Cu+ 7,69 V
Ag-Ag+ 7,54 VNa-Na+ 5,12 V
K-K+ 4,32 V
-
- 16 -
Dies ist ein Grund dafür, dass Nitrosylionen im Gegensatz zu Og-, Ng-und CO+-Ionen nicht nur in Entladungsröhren, sondern auch in salzartigen
chemischen Verbindungen existenzfähig sind. Es ist allerdings verständ¬
lich, dass die Bindung nicht immer sehr fest ist.
Das kleine Ionisierungspotential von Stickstoffmonoxyd hängt vielleicht
damit zusammen, dass das Nitrosylion gleichviele Elektronen besitzt wie
die sehr stabilen Moleküle Stickstoff und Kohlenmonoxyd und das Cyanid-
Ion:
+ - +
:n::: n: [:n:::0:] :c:::o: [:c:::n:]
Das Auftreten der Dreifachbindung in diesen Molekülen ist von W. R.
Angus und A. H. Leckie (26) mittels Ramanspektren bewiesen worden.
Beim Nitrosylion wie auch bei Stickstoff und Kohlenmonoxyd trat ebenso
wie bei der Nitrosylschwefelsäure und beim Nitrosylperchlorat eine Fre¬
quenz im Gebiete der dreifachen Atombindungen auf.
Tabelle 2
Raman- Frequenzen (als Wellenzahlen angegeben)
NO(HS04) 2340 cm"1 CO 2140 cm"1
NO(C104) 2230 cm"1 Dreifach¬ 1800 bis
N2 2330 cm"1 bindung 2400 cm"1
4. Struktur der Nitrosylverbindungen
Schon bevor W.R.Angus und A. H. Leckie (26) die Raman-
Spektren von Nitrosylschwefelsäure und Nitrosylperchlorat aufgenommen
hatten, veröffentlichten A.Hantzsch und K. Berger (27) einen Be¬richt über die Konstitution dieser beiden Verbindungen. Es ging dabei um
zwei Fragen. Einmal sollte die Art der Bindung zwischen der Stickstoff¬
oxydgruppe und dem Rest des Moleküls aufgeklärt werden, andererseits
war zu entscheiden, ob eine Nitro- oder eine Nitrosoverbindung vorliegt.
-
- 17 -
Eine Molekulargewichtsbestimmung von Nitrosylschwefelsäure in
absoluter Schwefelsäure hat erwiesen, dass in der Lösung ein normaler,
völlig dissoziierter binärer Elektrolyt vorhanden ist (28). Dadurch ist eine
Hypothese von F. Raschig (29) widerlegt, wonach diese Verbindung
Nitrosulfonsäure sein soll, denn in diesem Fall müsste sie gleich der Ben-
zolsulfonsäure monomolar, d.h. unverändert gelöst sein. Für eine Dis¬
soziation spricht auch die erhebliche elektrische Leitfähigkeit einer Lösung
von Nitrosylperchlorat in Nitromethan.
Neben diesen physikochemischen Beweisen sind auch die folgenden
Reaktionen nur mit der Nitrosoformel, nicht aber mit der Nitroformel
vereinbar:
a) Saures Silbersulfat reagiert mit Nitrosylchlorid unter Bildung von
Nitrosylschwefelsäure. Die Nitroform könnte nur durch sekundäre Umla-
gerung erhalten werden.
AgHS04 + NOC1 AgCl + NOHS04
b) Nitrosylschwefelsäure bildet mit Aether Aethylschwefelsäure und
Aethylnitrit.
C2H5^n ONO O C2H5 0-N=0C«H-^°
+HO—Ss^O *" CHC CK ^O
'2"5"~ "
^2"5
HO-"3 =a= O
c) Nitrosylschwefelsäure lässt sich nicht zu Aminosulfonsäure redu¬
zieren, was mit Nitrosulfonsäure leicht und quantitativ erfolgen würde.
ON - O. Ja .ft O^ ,a H.
HO--S*0 -^*- 0**N\„^° —* H-N\„^°HC" X0 HO^ ^O
Im Gegensatz zu diesen Formulierungen steht die Ansicht F. Ra¬
se hi g s (30), wonach sich aus Schwefeldioxyd resp. schwefliger Säure
und Salpetersäure direkt Nitrosulfonsäure bilden soll. Zunächst scheint
die Beobachtung richtig; da sie aber neben den vorstehend beschriebenen
Reaktionen nicht bestehen kann, soll sie etwas näher untersucht werden.
-
- 18 -
Die Abklärung des Verlaufs dieser Reaktion ist dadurch erschwert,
dass keine Zwischenprodukte isoliert werden können. Beim Einleiten von
Schwefeldioxydinkonzentrierte Salpetersäure erwärmt sich die Lösung zu¬
nächst trotz vollständiger Absorption des Gases nur wenig. Scheinbar wird
das Schwefeldioxyd vorläufig nur physikalisch gelöst, während gleichzeitig
die sehr langsame chemische Reaktion beginnt. Wählt man die Reaktions¬
temperatur nicht unterhalb 5 C, so setzt plötzlich die exotherme chemische
Reaktion ein, wobei sich das Reaktionsgemisch meist zu einem grossen
Teil zersetzt. Sind hingegen von Anfang an genügend nitrose Gase in der
Säure vorhanden, dann wirken diese katalytisch. In diesem Fall kann die
Reaktion ohne jede Kühlung bei beliebiger Temperatur durchgeführt wer¬
den, ohne dass eine Zersetzung eintritt. Es scheint somit, dass die Re¬
aktion zunächst zu einer Zwischenverbindung führt, indem sich Schwefel¬
dioxyd und Salpetersäure zu Distickstofftrioxyd und Schwefelsäure um¬
setzen. Sekundär erfolgt die Addition zu Nitrosylschwefelsäure.
Nach F. Raschig:
o o oIl s flS + HO-N^ HO - S — N« X ii
O 0 0
Nach A. Hantzsch:
O O» II
0HO-S-OH HO-S-ONO
"* H°-N=°
O N=0 A IIo +
u+ o •- + | -— + o
I oO N=0 O0
H S HO-N =0 HO-S-OH" HO-S-ONO H
O fc I°
»O
Obwohl die Nitrosylschwefelsäure nach den angeführten physikali¬
schen und chemischen Untersuchungen eindeutig eine Nitrosoverbindung
ist, soll sie doch nach J. Biehringer und W. Bor sum (31) im Sinne
eines Gleichgewichtes zwischen der Nitro- und der Nitrosoform tautomer
reagieren. Damit soll indirekt die Existenz der Nitrosulfonsäure erwiesen
-
- 19 -
sein. Diese Angaben sind auch in verschiedene Lehrbücher eingegangen und
als typischer Fall von Isomerie einer einfachen anorganischen Verbindung
dargestellt worden. A. Hantzsch (27) hat aber gezeigt, dass diese For¬
mulierung nicht zutreffend ist.
Die Strukturformel, welche W.A. Tilden (8) 1874 angegeben hat,
stimmt auch mit den heutigen Erkenntnissen überein, wobei allerdings die
kovalente Bindung der Nitrosylgruppe durch eine Ionenbindung ersetzt wurde:
[NO]'
[S04H]'
Der Einfluss von Wasser auf die Beständigkeit von Nitrosylverbin-
dungen wurde von G. Hüttig (32) am Beispiel der Nitrosylschwefelsäure
untersucht. Die Abhängigkeit dieser Hydrolyse vom Wassergehalt der
Schwefelsäure ist nahezu linear.
Eine merkwürdige blauviolette Substanz, die im Bleikammerprozess
bei der Herstellung von Schwefelsäure auftritt, ist vielfach untersucht wor¬
den. Sie wird dort "violette Säure" genannt; früher trug sie den Namen
"blaue Säure". Analoge Verbindungen können aus Nitrosylperchlorat ge¬
bildet werden. Nach der Ansicht von W. Manchot (33) ist die violette
Säure eine lockere Verbindung von Stickoxyden mit Schwefelsäure und da¬
mit ähnlich den blauen bis blaugrünen Lösungen von Stickoxyden in Sal¬
petersäure. Die nicht zu stark mit Schwefelsäure verdünnten Lösungen ent¬
färben sich schon beim Schütteln, im Vakuum und beim Durchleiten von
indifferenten Gasen. F. Raschig (34) hatte gezeigt, dass sich die Lö¬
sungen der violetten Säure bei Zusatz von einem Tropfen Kupfersulfat noch
intensiver blauviolett färben. F. Raschig nahm an, dass die violette
Säure nur in kupferhaltiger Schwefelsäure entstehen könne. Diese Ansicht
wurde aber von W. Manchot (35) widerlegt.
K. Winnacker und E. Weingaertner (36) beschreiben die Ent¬
stehung der violetten Säure durch Einwirkung von Schwefeldioxyd auf eine
Lösung von Nitrosylschwefelsäure in 80%iger Schwefelsäure. Die Bildung
erfolgt ebenso beim Einleiten von Stickoxyden in schweflige Säure oder
Schwefelsäure.
2 NOHS04 + S02 + 2 H20 = 2 HgSOj.NO + H2S04
H2SOg + N02 = H2S04.NO
H2S04 + NO = H2S04.NO (unter Druck)
-
- 20 -
Die violette Säure ist somit eine einfache Anlagerungsverbindung von Stick¬
stoffmonoxyd an Schwefelsäure. In reiner Form ist sie aber noch nicht
isoliert worden.
Wenn in flüssigem Schwefeldioxyd Tetramethylammoniumnitroprussiat
und Nitrosylhexachloroantimonat zur Reaktion gebracht werden, so fällt
eine orangegelbe Verbindung der Formel [no]* [N(CHg)4]"
[Fe(NO)(CN)5]"im Gemisch mit [no]2 JFe(NO)(CN)J" aus. (Tetramethylammoniumni-trosylnitroprussiat und Dinitrosylnitroprussiat).
Diese Verbindungen enthalten die NO-Gruppe einmal als Kation und
anderseits als komplex gebundene Gruppe. F. Seel (37) hat gezeigt, dass
der NO-Rest im Komplex einfach positiv geladen ist. Das Nitrosylradikal
kann nämlich durch Ammoniak ersetzt werden, welches ungefähr den glei¬
chen Raum einnimmt. Das Anion der Nitroprussiate wird dann unter Aende-
rung der Ladung modifiziert:
[Fe11 (CN)5(NO)]"
[Fe11 (CN)5(NH3)]'"Es seien schliesslich noch zwei Nitrosylderivate von Eisensulfid er¬
wähnt: die beiden Roussin'sehen Salze. W. D. Treadwell und D. Hu¬
ber (38) konnten beweisen, dass das Eisen in diesen Komplexen einwertigist und das an Eisen gebundene Stickstoffmonoxyd eine Neutralmolekel
bleibt. Die Formeln lauten
für das rote Salz: (FefNOLs] K undfür das schwarze Salz: [Fe4(NO)7Sgl K
E. Zintl und A. Harder (39) fanden auch eine Verbindung, welche
ein negativ geladenes Nitrosylion enthält. Sie wurde gewonnen durch Ein¬
leiten von sorgfältig gereinigtem Stickstoffmonoxyd in eine wasserfreie
ammoniakalische Natriumlösung. Nach dem Abdampfen des Lösungsmit¬
tels blieb ein weisser, pulvriger Rückstand, dessen Analyse die Zusam¬
mensetzung (NaNO)n ergab. - Eine ähnliche Verbindung ist schon bekannt,das Natriumhyponitrit NagNgOg. Ein Vergleich der Debye-Scherrer-Dia¬gramme zeigte jedoch verschiedene Bilder. Es darf somit angenommen
werden, dass die Verbindung Natriumnitrosyl eine definierte, selbständige
Verbindung ist.
-
- 21 -
II. Herstellung und Analyse von Nitrosylchlorid
1. Bildung von Nitrosylchlorid bei der Umsetzung von
Salpetersäure mit Alkalichloriden
a) Einleitung
Salpetersäure und Alkalichloride reagieren miteinander unter Bildung
von Alkalinitraten und Chlorwasserstoff. Sekundär setzt sich der gebildete
Chlorwasserstoff in der sogenannten Königswasserreaktion mit weiterer
Salpetersäure um.
3 HN03 + 3 MeCl = 3 MeNOj + 3 HCl
HN03 + 3 HCl = NOC1 + Cl2 + 2 HgO
4 HNOg + 3 MeCl = 3 MeNOg + NOC1 + Cl2 + 2 HgO
Der Verlauf der Reaktion ist stark von der Temperatur und den Kon¬
zentrationen abhängig. Beim Arbeiten mit verdünnten Lösungen kann die
Königswasserreaktion vollständig unterdrückt werden. Obschon dabei keine
Stickoxydverluste auftreten würden, ist es wegen der notwendigen Rekon-
zentrierung der Lösungen energiemässig günstiger, die Königswasser¬
reaktion in Kauf zu nehmen und die entstehenden Gase in einem separaten
Prozess wieder zu trennen.
b) Abhängigkeit der Reaktion von der Art des Kations
Die Berechnung des Gleichgewichtes bietet wegen der komplexen
Löslichkeitsverhältnisse grosse Schwierigkeiten. Die Lage des Gleichge¬
wichtes, resp. die erreichbaren Ausbeuten wurden deshalb experimentell
bestimmt.
Das Gleichgewicht ist dabei umsomehr nach rechts verschoben, je
besser es gelingt, die gebildeten Produkte zu entfernen oder ihre wirksa-
-
- 22 -
men Konzentrationen zu vermindern. Daher wirkt sich eine geringere Lös¬
lichkeit des Alkalinitrates gegenüber dem -Chlorid günstig aus.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die molaren Löslichkeiten der in Be¬
tracht kommenden Salze.
Tabelle 3
Löslichkeiten von Alkalichloriden und -nitraten (40)
Werte in Mol/1000g HgO
Temperatur CsCl CsNOg KCl KNO3 NaCl NaNOg
0°C 9,61 0,47 3,76 1,30 6,10 8,62
20 10,98 1,26 4,61 3,08 6,13 10,31
40 12,34 2,61 5,40 6,22 6,21 12,39
60 13,61 4,52 6,15 10,89 6,33 14,70
80 6,92 6,83 16,78 6,50 17,42
100 16,07 10,10 7,51 24,50 6,70 20,64
Während das Natriumchlorid bei den tabellierten Temperaturen immer
eine geringere Löslichkeit aufweist als das Nitrat, ist das Kaliumchlorid
unterhalb 35 C besser löslich als Kaliumnitrat. Beim Caesium hingegen
liegt die Löslichkeit des Chlorides bei allen Temperaturen oberhalb der¬
jenigen des Nitrates.
Apparatur
Die Versuche wurden in einem Kölbchen von 30 ccm Inhalt durchge¬
führt, auf welches mittels einer Schliffverbindung ein Kugelkühler aufge¬
setzt war. Dieser trug auf seinem obern Ende einen Tropftrichter sowie
ein Gasableitungsrohr, durch welches die Gase nach dem Passieren eines
Manometers in eine Waschflasche gelangten.
-
- 23 -
Das Chlorid wurde während zwei Stunden bei ca. 200°C getrocknet
und im Kölbchen nach dem Abkühlen gewogen. Alsdann wurde letzteres mit
dem Schliffkühler verbunden und auf die Versuchstemperatur gebracht. Die
Salpetersäure wurde in kleinen Mengen durch den Tropftrichter eingeführt,
wobei darauf geachtet wurde, dass die Gasentwicklung nicht zu rasch er¬
folgte. Der Druck im System wurde konstant gehalten. Die Temperatur von
80 C konnte allerdings in der 1. Versuchsreihe nur innerhalb gewisser
Grenzen eingehalten werden, da der Rückfluss die Einstellung der Soll¬
temperatur beeinflusste.
1. Versuchsreihe
Temperatur: 80 C Dauer: lh
Eingeführte Menge Salz: 86,975 mMol NaCl, resp.
32,11 mMol KCl, resp.
33,135 mMolCsCl
Die zugesetzte Menge Salpetersäure betrug 4/3 der aequimolaren Salz¬
menge, wobei wegen der Benetzung von Tropftrichter und Kugelkühler die
experimentell bestimmte Menge von 0,10 ccm Säure dazugezählt wurde.
Normalität der Salpetersäure: 23, 77 n, entsprechend 99,3 % HNOg.
Resultate
Um die Resultate der drei Gruppen miteinander vergleichen zu kön¬
nen, sind die Angaben in der Tabelle in Molprozenten. Da für die einge¬
führte Chloridmenge 100 Molprozent gesetzt wird, entspricht der Total¬
menge Stickstoff resp. Wasserstoff der Betrag von 133 V3 %.
-
- 24 -
Tabelle 4
Ergebnisse der 1. Versuchsreihe
Kation Na K Cs
Salz 32,30 %N
82,20 %C1
20,63 %H
80,4 %N
34,3 %C1
14, 75% H
84.4 %N
30.5 %C1
14,05 %H
Lösung 74,55 %N
0,25 % Cl
70,35 %H
Reaktionsprodukt fest
Gas 26,20%N
17,54 %C1
42,35 %H
50,9 %N
65,7 %C1
118,6 %H
49,0 %N
69,5 %C1
119,3 %H
Die Zusammenstellung spiegelt eindeutig die Ueberlegenheit der Re¬
aktion mit dem Caesiumsalz wieder, wenn eine hohe Nitratausbeute ge¬
wünscht wird.
Fällt auch die grössere Ausbeute gegenüber dem Kaliumsalz nicht so
sehr ins Gewicht, so liegt doch in der durch die Löslichkeitsverhältnisse
bedingten besseren Trennungsmöglichkeit ein nicht zu unterschätzender
Vorteil.
Die Reaktion zwischen Natriumchlorid und Salpetersäure verläuft
ausgesprochen langsam. Obwohl das Salz in konzentrierter Salpetersäure
liegt, die gelöste Stickoxyde enthält, werden nur 17,5 % des Chlorides
umgesetzt, während der Umsatz beim Kaliumsalz 65,7%, beim Caesium¬
salz sogar 69,5 % erreicht.
-
- 25 -
c) Einfluss von Temperatur und Molverhältnis
2. Versuchsreihe
Diese Versuche sollen den Einfluss veränderter Mengenverhältnisse
und Temperaturen zeigen.
Entsprechend der theoretischen Reaktion ohne die unvermeidbaren
Nebenreaktionen wurden aequimolare Mengen Chlorid mit Salpetersäure
behandelt:
HNOg + NaCl = NaNOg + HCl
Chlorid-Einwaage: 91,65 mMol NaCl, resp.
55,95 mMol KCl, resp.
29,27 mMol CsCl
Totalmenge Chlorid = 100 Mol-%
Totalmenge Stickstoff = 500 Mol-%
In der 2. Versuchsreihe wurden die Reaktionsbedingungen in nachstehender
Reihenfolge variiert:
a) Reaktion Chlorid-Salpetersäure im Molverhältnis 1:1. Anfangs¬
temperatur = 20 C, keine Kühlung.
b) Erhitzen des Reaktionsgemisches während 1 Std. auf 100°C. Ab¬
kühlen auf Zimmertemperatur.
c) Zugabe eines vierfachen Salpetersäureüberschusses und nochma¬
liges Erhitzen während 1 Std. auf 100°C.
Nach jeder Teilreaktion wurden die entwickelten Gase analysiert und in
nachstehender Tabelle unter den entsprechenden Bezeichnungen a), b) und
c) zusammengestellt. Zur Vervollständigung wurden auch die Analysen
der flüssigen Reaktionsprodukte unter d) und der festen Reaktionsprodukte
unter e) angeführt.
-
- 26 -
Tabelle 5
Ergebnisse der 2. Versuchsreihe
Kation Natrium Kalium Caesium
Analyse Mol-% N Mol-% Cl Mol-% N Mol-% Cl Mol-% N Mol-% Cl
a
b
c
d
e
2,35
21,9
13,4
369,5
92,3
7,60
19,3
23,1
2,9
47,1
23,1 36,4 15,5 6,9
9,0 23,7 13,8 45,6
31,4 37,5 33,4 43,5
437,5 2,1 437,0 4,1
kein festes Reaktionsprodukt
Der Betrag der Umsetzung wurde anhand des Chlorgehaltes in den entwei¬
chenden Gasen beurteilt. Es kann bei der Reaktion nur soviel Chlor ent¬
weichen, als im Reaktionsgemisch durch Nitrat ersetzt wird.
Bei dieser Versuchsserie fällt es auf, dass die Umsetzung des Kalium¬
chlorides bei Zimmertemperatur mit 36 % weit höhere Werte erreicht als
diejenige des Natrium- und Caesiumchlorides (7,6 resp. 6,9 %).
Das Erhöhen der Reaktionstemperatur auf 100 C verbessert die Aus¬
beute beträchtlich, ebenso ein Ueberschuss von Salpetersäure. Bei Ver¬
suchsende waren noch 2,1 Mol-% des Kaliumchlorides, 4,1 Mol-% des
Caesiumchlorides und 50 Mol-% des Natriumchlorides unverändert.
Um den Einfluss von Temperatur und Molverhältnis zwischen Chlorid
und Salpetersäure noch genauer zu zeigen, sei hier eine Tabelle angefügt,
deren Werte nach Versuchen von W. Rutschmann (41) berechnet wurden.
-
- 27 -
Tabelle 6
Einfluss von Temperatur und Molverhältnis
Salz Temp. Molverhältnis bei
Einwaage (MeCl/HNOg)Molverhältnis Chlorid/Nitrat in fester Phase
nach Versuch
NaCl 20°C 1 : 3
1 : 1
3 : 1
1,58 : 1
2,15 : 1
7,70 : 1
100°C 1 : 3
1 : 1
3 : 1
0 : 1
0,325 : 1
3,45 : 1
KCl 20°C 1 : 3
1 : 1
3 : 1
0 : 1
1,71 : 1
5,80 : 1
0
100 C 1 : 3
1 : 1
3 : 1
0 : 1
0,27 : 1
3,25 : 1
Versuchsdauer = je 4 h
Es geht daraus hervor, dass die Nitratausbeute mit steigender Re¬
aktionstemperatur beträchtlich zunimmt. Die Umsetzung ergibt mit dem
Kaliumsalz bei allen Temperaturen etwas höhere Ausbeuten als mit dem
Natriumsalz. Ein Salpetersäureüberschuss beeinflusst die Reaktion mit
dem Kaliumsalz stärker.
-
- 28 -
2. Herstellung von Nitrosylchlorid
a) Allgemeines
Bei der Reaktion von Salpetersäure mit Alkalichloriden zur Herstel¬
lung von Alkalinitraten entstehen primär Natriumnitrat und Chlorwasser¬
stoff; letzterer bildet mit Salpetersäure Nitrosylchlorid als Nebenprodukt.
Zur Reindarstellung eignet sich diese Methode aber zufolge der
schwierigen Abtrennung des Chlors nicht. Zur Bestimmung des Atomge¬
wichtes von Chlor stellen Ph. A. Guye und N. Boubnoff (42) sehr rei¬
nes Nitrosylchlorid dar, indem sie Stickstoffmonoxyd in flüssiges Chlor
einleiten. A. F. Scott und C. R. Johnson (43) bevorzugen die Methode
von W.A.Tilden (8), wobei sie Salzsäuregas durch Nitrosylsehwefel-
säure leiten. M. Trautz (44-48) berechnet die Temperaturabhängigkeit
der von Ph. A. Guye und N. Boubnoff angewandten Reaktion. Er stellt
auch das Schmelzdiagramm Nitrosylchlorid-Chlor auf. L. Francesconi
und G. Bresciani (49) stellen das Produkt her, indem sie Stickstoff-
monoxyd und Chlor bei 35-70 C über Tierkohle leiten. Nach einer völlig
andern Reaktion arbeitet G. Rauter (50). Er lässt Siliciumtetrachlorid
auf Kaliumnitrit einwirken:
SiCl4 + 2 KN02 = 2 KCl + 2 NOC1 + SiOg
Die Anwesenheit von Nitrat ist zu vermeiden, da es die Bildung von Chlor
bewirkt, welches nur schwer wieder abgetrennt werden kann.
SiCl4 + KNOg = KCl + NOC1 + Cl2 + SiOg
-
- 29 -
b) Spezielle Darstellungsmethoden
oC) Darstellung aus Siliciumtetrachlorid
Die von G. R a u t e r (50) vorgeschlagene Methode der Nitrosylchlo-
ridherstellung aus Siliciumtetrachlorid und Kaliumnitrit wurde untersucht.
Das Siliciumtetrachlorid Konnte leicht aus den Elementen erhalten
werden (51). Ueberschüssiges Chlor wurde durch Destillation und Schütteln
des Produktes mit Quecksilber entfernt.
G. Rauter gibt an, das Gemisch von Kaliumnitrit und Silicium¬
tetrachlorid während 8 Std. auf 140-150 zu erhitzen und dann die Tempe¬
ratur langsam auf 350 steigen zu lassen. Der Siedepunkt des Silicium-
tetrachlorides liegt aber bei 57 C, so dass versucht wurde, geschmolzenes
Nitrit mit Siliciumtetrachlorid zu behandeln, welches aus einem Rückfluss¬
kühler in jenes eintropfte. Es war auf diese Weise möglich, Nitrosylchlo¬
rid zu erzeugen; die Anordnung hatte aber den Nachteil, dass das sich aus¬
scheidende Siliciumdioxyd über der Flüssigkeit eine Kruste bildete, die
verhinderte, dass weiteres Tetrachlorid mit der Lösung in Berührung kam.
Eine verbesserte Apparatur (Fig. 1) enthielt zwei Kolben, wobei der
eine (A) dazu diente, Siliciumtetrachlorid zu verdampfen. Das Gas wurde
mit Stickstoff in den Kolben B gefördert, wo die Umsetzung unterhalb der
Oberfläche von geschmolzenem Natriumnitrit erfolgte. Das entstehende
Nitrosylchlorid verliess die Apparatur durch den Rückflusskühler C, in
dem Siliciumtetrachlorid, welches nicht reagiert hatte, wiederum konden¬
siert wurde und in den Kolben A zurückfloss. Der Syphon D hatte den Zweck,
Gas- und Flüssigkeitsstrom in der gewünschten Weise zu lenken und den
Ueberdruck auszugleichen, der im Gefäss A entstand.
Das Produkt enthielt immer etwas gelöstes Siliciumtetrachlorid, das
sich nur schwer durch mehrmalige Destillation entfernen liess.
-
- 30 -
Figur 1
Herstellung von Nitrosylchlorid aus Siliciumtetrachlorid
T = 57°C
NaN02T = 280°C
/i ) Darstellung aus Nitrosylschwefelsäure
Das für die vorliegenden Untersuchungen verwendete Nitrosylchlorid
wurde nach einer modifizierten Methode nach W.A. Tilden (8) herge¬
stellt. Die Nitrosylschwefelsäure wurde aus rauchender Salpetersäure und
Schwefeldioxyd erzeugt. Durch Ausnützung der katalytischen Wirkung von
gelösten nitrosen Gasen konnte das Schwefeldioxyd so rasch in die Säure
eingeleitet werden, dass die Temperatur der Lösung auf 40°C stieg. Nach
dem Ausfallen der ersten Kristalle wurde die Schwefeldioxydzufuhr unter¬
brochen. Beim Erkalten erstarrte das Reaktionsgemisch zu einem Kristall¬
brei. Die Nitrosylschwefelsäure wurde in einem Kolben mit der gleichen
Menge Kochsalz gut vermischt. Das entstehende Gasgemisch, welches
hauptsächlich Nitrosylchlorid, daneben aber auch Chlor, Nitrylchlorid,
Chlorwasserstoff und Stickoxyde enthielt, wurde unter Kühlung mit Trocken¬
eis in Dewargefässen kondensiert. Die Gasentwicklung erfolgte vorerst bei
Zimmertemperatur, dann musste allmählich auf 100 erwärmt werden.
-
- 31 -
y) Reinigung
Das rohe Nitrosylchlorid war vor der Verwendung zu reinigen. Es
mussten vor allem Chlor und Chlorwasserstoff, aber auch Stickoxyde und
Nitrylchlorid abgetrennt werden.
Aus den Kühlgefässen wurde das Produkt verdampft und strömte durch
ein auf etwa 160 erhitztes Glasrohr, wobei das Nitrylchlorid zersetzt wurde
und dann durch ein U-Rohr, das mit Bimssteinkörnern und Phosphorpentoxyd
gefüllt war, um Spuren von Wasser zu binden. Anschliessend wurde das
Gas erneut kondensiert. Derart konnte der Hauptanteil der Nebenprodukte
abgetrennt werden. In einer zweiten Destillation wurde das Nitrosylchlorid
in einer Kolonne, die gegen Wärmeeinstrahlung isoliert war, rektifiziert.
Ein starker Rücklauf, der an einem Dephlegmator erzeugt wurde, sicherte
eine genügende Trennung der Nitrosylchloridfraktion von den begleitenden
Stoffen.
3. Technische Bedeutung von Nitrosylchlorid
Seit langer Zeit wurden Wege gesucht, die es erlauben, Chlor aus
Natriumchlorid herzustellen, ohne daneben noch Natriumhydroxyd zu er¬
zeugen. Die Königswasserreaktion eignet sich dazu, wenn das entstehende
Nitrosylchlorid oxydiert werden kann.
Das erste Patent zur Chlorherstellung aus Salpetersäure und Natrium¬
chlorid stammt von C. T. Dunlop (52). Ein Gemisch von Natriumnitrat,
Natriumchlorid und Schwefelsäure wurde in eisernen Zylindern erhitzt.
Das entweichende Gasgemisch wurde in Schwefelsäure von den nitrosen
Gasen und in Wasser von Chlorwasserstoff befreit. Das Restgas war Chlor.
G. Lunge (53) hat dieses Patent untersucht. Er fand, dass die Reaktion
im wesentlichen nach der folgenden Gleichung verläuft:
3 NaCl + NaNOg + 4 H2S04 = 4 NaHS04 + Cl2 + 2 HgO + NOC1
Es konnten 66 bis 72 % der eingeführten Chlorionen als Chlorgas gewonnen
werden. Die Reaktionstemperatur betrug bis 300 C.
-
- 32 -
J. Baumann (54) erwähnt ein ähnliches Verfahren. In einem Kolben mit
Rückflusskühler wird konzentrierte Salpetersäure zum Kochen erhitzt und
unter fortgesetztem Erhitzen eine gesättigte Kochsalzlösung eingetropft.
J. Baumann oxydierte das als Nebenprodukt anfallende Nitrosylchlorid
mit weiterer Salpetersäure, so dass er schliesslich 97,7 % des Chlors in
elementarer Form erhielt.
Nach R. E. Kirk und D. F. Othmer (55,56) lief 1947 eine Anlage
zur Grossherstellung von Chlor aus Natriumchlorid und Salpetersäure be¬
reits zehn Jahre. Vielfache Korrosionsschwierigkeiten haben nur mit be¬
trächtlichem Aufwand überwunden werden können. Das Verfahren wird nur
von der Solvay Process Co. in Hopewell (Va.) angewendet. Der Prozess
beruht darauf, aus Natriumchlorid und Salpetersäure Natriumnitrat zu ge¬
winnen, wobei sich gleichzeitig gebildeter Chlorwasserstoff mit Salpeter¬
säure zu Nitrosylchlorid und Chlor umsetzt. Das Nitrosylchlorid wird mit
heisser, konzentrierter Salpetersäure oxydiert. Obwohl die chemischen
Reaktionen durch Nebenreaktionen komplizierter sind, können die Haupt¬
reaktionen wie folgt dargestellt werden:
6 NaCl + 6 HN03 = 6 NaNOg + 6 HCl
6 HCl +2 HN03 = 2 NOC1 + 2 Cl2 + 4 HgO2 NOC1 + 4 HNOg = 6 NOg + Clg + 2 HgO6 N02 + 3 H20 + 3/2 02 = 6 HNOg
6 NaCl + 6 HNOg + 3/2 02 = 6 NaNOg + 3 Cl2 + 3 HgO
Nach dem 2. Weltkrieg wurden in Hopewell pro Tag in zwei Anlagen je 40 t
Chlor hergestellt.
Das Nitrosylchlorid selbst hat in neuerer Zeit praktische Bedeutung
erlangt. Die Herstellung des Waschmittels "Nytron" nimmt gegenwärtig
unter den Verbrauchern von Nitrosylchlorid die erste Stelle ein. Olefine
aus der Petroleumcrackung werden mit Nitrosylchlorid und anschliessend
mit einer Bisulfitlösung behandelt, wobei "Nytron" entsteht (57). Das Pro¬
dukt wurde 1948 erstmalig in der Literatur erwähnt. Später wurde es zum
Reinigen von mit radioaktiven Stoffen verschmutzten Oberflächen empfohlen
(58)(59). Nach verschiedenen Patenten von W. Lelgemann (60) kann
Nitrosylchlorid mit andern Katalysatoren, wie Calciumoxyd, Aluminium-
-
- 33 -
Chlorid, Aluminium oder dessen Legierungen, Bauxit oder Eisen-3-chlorid
in der Kohlenwasserstoffcrackung eine höhere Benzinfraktion und geringere
Kohlenstoff- und Teerabscheidung bewirken.
Früher wurde Mehl mit Mischungen von Chlor und Nitrosylchlorid
gebleicht (61,62). Obwohl J.A. Wesener und G.L.Teller zeigten,
dass kein Einfluss auf Nährwert und Verdaulichkeit von damit gebackenem
Brot festzustellen ist, wurde diese Anwendung von Nitrosylchlorid 1948 in
den Vereinigten Staaten verboten.
4. Analyse von Nitrosylchlorid
Da alle Stickoxyde ausser Stickstoffmonoxyd, wie auch Chlor und
Chlorwasserstoff in alkalischer Lösung zurückgehalten werden, wurde als
Absorptionsmittel für die Gase 2n-Natronlauge verwendet. Zur Oxydation
von Stickstoffmonoxyd wurde der Lösung auf 100 ccm 5 ccm 30%iges Was¬
serstoffsuperoxyd zugesetzt.
a) Chlorbestimmung
Die eingeleiteten chlorhaltigen Gase reagieren nach folgenden Glei¬
chungen:
Cl2 + 2 NaOH = NaCl + NaOCl + HgO
Das in der Lösung anwesende Wasserstoffsuperoxyd reduziert beim Kochen
das entstandene Hypochlorit zu Natriumchlorid (63):
NaOCl + H202 = NaCl + HjO + Og
Eine energetische Betrachtung zeigt, dass diese Reaktion vollständig von
links nach rechts verlaufen muss (64):Redox- Potential
1) OCr + H20 + 2 e = Cl' + 2 OH? 0,94 V
2) H202 + 2 H" + 2 e = 2 HgO 1,78 V
3) 4 OH* = 02 + 2 H20 + 4 e -0,40 V
oci* + h2o2 = er + o2 + h2o
-
- 34 -
Für die Potentiale wurde die Terminologie von G. N. Lewis und M.
Randall angewendet.
Der Chloridgehalt wird nach F.Mohr (65) titrimetrisch ermittelt.
Die alkalische Lösung, die neben Chlorid noch Nitrat und als Kation Natri¬
um enthält, wird mit Schwefelsäure genau neutralisiert. Als Indikator hat
sich Methylrot (pH 4,4-6,0) günstiger erwiesen als Methylorange (pH 2,9-
4,0). Nach Zugabe von 1 ccm 5%iger Kaliumchromatlösung auf je 50 ccm
zu titrierende Probe wird unter gutem Umrühren n/10 Silbernitratlösung
zugegeben.
Die molare Löslichkeit der verschiedenen Salze ist (66):
AgCl 1,1 . 10"5 Mol/1000 ccm H20Ag2Cr04 7,5 . 10"5 Mol/1000 ccm HgOAg2S04 2,6 . 10"2 Mol/1000 ccm H20
Die Tabelle zeigt, dass das Silberchromat nur wenig löslicher ist als das
Chlorid. Da der Unterschied weniger als eine Zehnerpotenz beträgt, ist
es begreiflich, wenn kleine pH-Abweichungen oder andere Chromatkon-
zentrationen einen ungenauen Endpunkt bedingen.
Bei genauem Befolgen dieser Vorschrift ist der Endpunkt der Titra¬
tion nie unscharf.
b) Stickstoff-Bestimmung
Die Stickstoffoxyde reagieren mit der Lauge in der Oxydationsstufe
von Distickstofftrioxyd oder -tetroxyd:
N203 + 2 NaOH = 2 NaNC>2 + HgO2 N02 + 2 NaOH = NaN02 + NaNOg + H20
Stickstoffmonoxyd wird mittels Wasserstoffperoxyd oxydiert. Letzteres
führt beim Kochen das Nitrit in das Nitrat über:
1) H202 + 2 H* + 2 e = 2 HgO E = 1,78 V2) 2 OH' + N02« = NOg' + H20 + 2e E = 0,0V
H202 + N02' = N03' + H20
-
- 35 -
Weil überschüssiges Wasserstoffperoxyd bei der Chloridtitration nach F.
Mohr stört, werden alle Lösungen, die Chlor und Stickstoff enthalten,
während drei Minuten in alkalischem Medium gekocht.
Die Bestimmung wurde nach einer von A. Devarda (67) modifizier¬
ten Methode nach J. Kjeldahl durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass
es genügt, wenn die Einwirkung der Devardalegierung vor dem Erhitzen
und Ueberdestillieren des Ammoniaks 30 Minuten dauert. Ein viertelstün¬
diges Kochen ist ausreichend für die quantitativen Bestimmungen.
c) Analyse des verwendeten Nitrosylchlorides
Flüssiges Nitrosylchlorid wird aus dem Vorratsgefäss in ein Wäge¬
gläschen gebracht. Die wegdampfende Substanz verhindert den Zutritt von
Wasserdampf, so dass reine Proben aus dem Wägegläschen entnommen
werden können (Fig. 2). Mittels Vakuum wird die zu analysierende Flüs¬
sigkeit in die mit einem Luftstrom sorgfältig getrocknete Ampulle A ge¬
saugt, die mit Trockeneiskörnern gekühlt wird. Die Ampulle wird zu etwa
2/3 gefüllt und kann, wenn die beiden Kapillaren keine Flüssigkeit mehr
enthalten, zugeschmolzen werden. Die gewogene Probe wird in eine 500 ccm
fassende Pulverflasche gelegt, die 200 ccm der Absorptionsflüssigkeit und
etwas Eis enthält. Das letztere verhindert die Erwärmung des Inhaltes,
so dass der Deckel nicht durch sich expandierende Gase abgehoben werden
kann. Nachdem die Ampulle durch kräftiges Schütteln zertrümmert worden
ist, wird ein leichtes Schütteln fortgesetzt, bis die weissen Dämpfe im
Gasraum verschwunden sind.
Fig. 2
Ampulle für NOC1-Analyse
-
- 36 -
Analyse einer abgewogenen Menge NOCl:
Einwaage: 1,5308 g
1,0471g
0,4837 g NOCl = 7,388 mMol NOCl
N- Bestimmung: 200 ccm von 250 ccm verwendet
Vorlage 25,00 ccm n/2 HCl
zurücktitriert 13,17 ccm n/2 NaOH
verbraucht 11,83 ccm n/2 HCl
N-Gehalt: 100,0%
Cl-Bestimmung: 10 ccm von 250 ccm verwendet
verbrauchte AgNO„-Lösung, n/10 2,95 ccm
Cl-Gehalt: 99,8 %
Analyse einer nicht näher bestimmten Menge NOCl zur Kontrolle des Ver¬
hältnisses N : Cl im Gas:
Probe gewonnen durch Einleiten von NOCl in 2n-NaOH-Lösung.
N-Bestimmung: 200 ccm von 250 ccm verwendet
Vorlage 25,00 ccm n/2 HCl
zurücktitriert 8, 97 ccm n/2 NaOH
verbraucht 16,03 ccm n/2 HCl
entsprechend für 250 ccm 10,019 ccm n HCl
C1-Bestimmung: 10 ccm von 250 ccm verwendet
verbrauchte AgNOo-Lösung, n/10 4,00 ccm
entsprechend für 250 ccm 10,00 ccm n AgNO,
Molverhältnis N : Cl in Nitrosylchlorid = 1,002 : 1,000
-
- 37 -
5. Materialfragen
a) Gegen Nitrosylchlorid beständige Materialien (68)
Das ausserordentlich reaktionsfähige Nitrosylchlorid greift in feuch¬
tem Zustand praktisch alle Metalle ausser Tantal an. Gegen das trockene
Gas sind Nickel und Platin oder auch Inconel und Pyrexglas beständig. Blei,
Koroseal und Saran genügen bei Zimmertemperatur. Als Zement ist eine
Mischung aus Wasserglas und Graphitpulver geeignet.
Inconel : 79,5 % Ni, 13 % Cr, 6,5 % Fe, 0,25 % Mn,
0,2 %Cu, 0,08 %C
Koroseal : plastisches Polyvinylchlorid
Saran : Vinylchlorid-Vinylidenchlorid-Mischpolymerisat
b) Sperrflüssigkeiten
Für die Ermittlung einer geeigneten Sperrflüssigkeit diente ein kleines,
200 ccm fassendes Gasometer aus Glas, das zuerst mit der zu untersu¬
chenden Flüssigkeit, dann mit Nitrosylchlorid gefüllt wurde.
a. Kochsalzlösung: Das Gasvolumen nahm hier rasch ab. In einer
halben Stunde war das Restgas vollständig entfärbt.
b. Kochsalzlösung, bedeckt mit dünner Paraffinschicht; Die ca. 3 mm
dicke Paraffinölschicht hemmte die Diffusionsgeschwindigkeit an
der Grenzschicht beträchtlich. Das Gas wurde in 45 Minuten ent¬
färbt und in 3 Stunden aufgelöst.
c. Schwefelsäure: Das Gas entfärbte sich in etwa 30 Min.
d. Konzentrierte Salpetersäure: 200 ccm Nitrosylchlorid wurden in¬
nerhalb einer Stunde aufgelöst, obwohl die Löslichkeit von Chlor
in Salpetersäure von 64 % HNO« nur 2-4 % beträgt.
-
- 38 -
e. Quecksilber: Dieses bildet mit Nitrosylchlorid Quecksilberchlorid
HgCl, und Stickstoffmonoxyd. Das Gasvolumen nimmt nicht ab, da¬
gegen findet eine Entfärbung statt. Das Mercurichlorid schützt die
darunterliegende Quecksilberoberfläche etwas vor weiterem Angriff;
beim Steigen oder Fallen des Quecksilberniveaus zerreisst aber die
Schicht sofort.
f. Paraffinöl: Dieses hat sich im Strömungsmesser für Nitrosylchlorid
gut bewährt. Im Gasometer hingegen wurden 200 ccm NOC1 in lV2
Stunden vollständig aufgelöst.
g. Chlornaphthalin: M. Bodenstein (69) benützte für seine Unter¬
suchungen an Stickoxyden Bromnaphthalin. Um eventuelle chemische
Reaktionen zu vermeiden, wurde Chlornaphthalin auf seine Eignung
als Sperrflüssigkeit geprüft. 200 ccm Nitrosylchlorid wurden aber in
einer halben Stunde vollständig gelöst.
h. Andere organische Flüssigkeiten: Es wurden noch weitere organische
Flüssigkeiten in Betracht gezogen. Weil Nitrosylchlorid leichter
löslich ist als Chlor, fielen chlorierte Flüssigkeiten, wie Tetra¬
chlorkohlenstoff, weg. Benzol und Ketone werden chloriert, Alkohole
in Nitrosoverbindungen übergeführt.
Es muss festgestellt werden, dass keine der untersuchten Flüssigkeiten
den Anforderungen als Sperrflüssigkeit genügt. Dies erschwert alle Unter¬
suchungen mit Nitrosylchlorid ausserordentlich und führt zu speziellen
Versuchsanordnungen.
-
- 39 -
III. Zerlegung von Nitrosylchlorid durch chemische
Bindung beider Komponenten
1. Oxydation von Nitrosylchlorid
Die Oxydation von Nitrosylchlorid ist in der Literatur mehrfach er¬
wähnt. Es lassen sich die folgenden Reaktionsmechanismen denken:
la) 2 NOC1 + 02 =2 NOgCl 2a) 2 NOC1 = 2 NO + Cl2lb) 2 NOgCl = 2 N02 + Cl2 2b) 2 NO + 02 =2 N02
H. J. Schumacher und G.Sprenger (15) haben den Zerfall von
Nitrylchlorid untersucht. Von I.Welinsky und H.A. Taylor (70)
stammen kinetische Betrachtungen über den Zerfall von Nitrosylchlorid.
M. Bodenstein (71) bestimmte die Oxydationsgeschwindigkeit von Stick¬
stoffmonoxyd zu Stickstoffdioxyd. N. N. Drozin und I. S. Galinker (72)
stellten fest, dass die Reaktion 2a) bei Zimmertemperatur von rechts nach
links verläuft. Die Geschwindigkeit der Reaktion 2b) ist etwa 1000-mal
höher als diejenige der Reaktion 2a). Der Unterschied wird bei steigender
Temperatur geringer. Aus dem Dissoziationsgleichgewicht von Stickstoff¬
dioxyd folgt, dass die Oxydation am besten unterhalb 300 C durchgeführt
wird.
Als Oxydationsmittel dienen Sauerstoff, Ozon, Wasserstoffperoxyd
oder über 70%ige Salpetersäure.
L.J.Beckham, W.A. Fessier und M.A.Kise (73) führen
31 Patente an, welche sich auf die Oxydation von Nitrosylchlorid beziehen.
-
- 40 -
2. Reduktion von Nitrosylchlorid
H.O.Jones und J.K.Matthews (74) berichten, dass ein Nitro-
sylchlorid-Wasserstoff-Gemisch Palladiumchlorid erzeugt, wenn es bei
gewöhnlicher Temperatur über einen Palladiumkontakt geleitet wird. Der
Stickstoff geht dabei zum Teil in die elementare Form über. Bei Tempe¬
raturen zwischen 100 und 230 wird der Katalysator nicht mehr angegrif¬
fen, es entsteht Ammoniumchlorid. Beim Arbeiten mit Platin- oder Nickel¬
katalysatoren wird ebenfalls Ammoniumchlorid gebildet; bei sehr langsa¬
mem Gasstrom erfolgt die Bildung von wenig Hydroxylamin-Chlorhydrat
neben Ammoniumchlorid und elementarem Stickstoff.
Die Reduktion von Nitrosylchlorid mit Wasserstoff wurde rechnerisch
untersucht.
a) Berechnung der Wärmekapazität von Nitrosylchlorid
C. M. Beeson und D. M. Yost (75) fanden für die Aenderung der
Wäremekapazität der Reaktion
2 NOC1 = 2 NO + Cl,D D O
den Ausdruck:
AC = 8,237 - 0,021 416 T + 14,525. 10"6 T2 cal/°K
Aus der Literatur standen folgende Werte zur Verfügung:
C (NO) =6,17 + 0,002 60 T - 0,000 000 66 T2 (76)C (Cl2) = 7,576 + 0,002 424 T - 0,000 000 965 T2 (77)
Daraus wurde berechnet:
C (NOC1) = 5,839 5 + 0,014 520 T - 0,000 008 405 T2
-
- 41 -
Vergleich der spezifischen Wärmen
Temperatur 273,2°K 298°K 500°K 100°K
Berechnung aus
Gleichung
Berechnung aus
spektroskopischenDaten
9,18 E.E. 9,44 E.E. 11,0 E.E. 11,96 E.E.
10,45 E.E. 10,64 E.E. 11,66 E.E. 12,94 E.E.
Die Berechnung der spezifischen Wärme von Nitrosylchlorid bei ver¬
schiedenen Temperaturen wurde nach O.A . Hougen und K.M. Watson
(78) durchgeführt. Die dazu nötigen Infrarotspektren wurden von verschiede¬
nen Forschern aufgenommen.
C.R. B a i 1 e y und A.B.D.Cassie (79) fanden 5 Bänder, jedoch
ohne ausgeprägte Maxima. Sie bezeichneten 3 Grundfrequenzen für die
Streckung der Valenzbindungen und die Befcgung des Valenzwinkels. C . M .
B e e s o n und D. M. Yost (75) vermuten auf Grund von experimentellen
Bestimmungen der Entropie von Nitrosylchlorid, dass einige jener Frequen¬
zen durch Superposition entstanden sind. Die Messungen von J. H. Wise
und J. T. Eimer (80) und von H. J. Bernstein und W. G. Burns
(81) stimmen sehr gut miteinander überein. Letztere berechneten die Wär¬
mekapazität von Nitrosylchlorid C/2ofl) zu 10, 63 cal/ K.Mol.
Die eigenen Berechnungen basieren auf den beiden letzten Literatur¬
zitaten.
b) Therroodynamische Berechnung der Reduktion von Nitrosylchlorid mitWasserstoff
Wird Nitrosylchlorid mit Wasserstoff reduziert, so können je nach
der Menge des zugeführten Wasserstoffs verschiedene Reaktionsmechanis¬
men formuliert werden. Nach der Umsetzung ist die Stickstoffkomponente
entweder in elementarer Form oder an Sauerstoff oder Wasserstoff ge¬
bunden, während die Chlorkomponente elementar oder als Chlorwasser¬
stoff auftritt.
-
- 42 -
A NOCl + 3 H2 = NHg + H20 + HCl
B 2 NOCl + 5 H2 = 2 NHg + 2 H20 + Cl2C 2 NOCl + 3 H2 = N2 +2 H20 + 2 HCl
D 2 NOCl + H„ = 2 NO + 2 HCl
Für die Reaktion A wird der Rechnungsgang ausführlich dargelegt; bei den
andern Reaktionen sind nur Zwischen- und Endresultate angeführt.
Tabelle 7
Verwendete Tabellenwerte (Gaszustand)
0*1°
*291 298 in kcal/Mol, Cin cal/Mol. K
n291 f298 Lit.
NOCl
NO
NHgH2HCl
+12,66
+21,6
-10,94
-57,826
-22,03
+16,01
+20,72
- 3,91
-54,507
-22,741
(82)
(83)
(82)
(82)
(82)
C (H2) = 6,974 - 0,000 20 T + 0,000 000 480 8 T2C (Cl2) = 7,576 + 0,002 424 T - 0,000 000 965 T2C (N2) = 6,50 + 0,001 00 TC (NOCl) = 5,84 + 0,014 52 T - 0,000 008 405 T2
C (NO) = 6,17 + 0,002 60 T - 0,000 000 66 T2
C (NHg) = 6,70 + 0,006 30 TC (H20) = 8,22 + 0,000 15 T + 0,000 001 34 T2C (HCl) = 6,70 + 0,000 84 T
(77)
(77)
(83)
(78)
(83)
(83)
(83)
Berechnung der Reaktion NOCl + 3H„ NHg + H3Q + HCl
Reaktionsenthalpie
Freie Reaktionsenergie
A H291 = -103,456 kcal
AFl98 97,168 kcalAC = -5,142 -0,006 63 T + 0,000 008 302 6 T2
-
Werte:folgendendieTemperaturen
verschiedenenbeihatGleichgewichtskonstantenderLogarithmusDer
RT
bestimmt.=KInAF°
GleichungderHilfemitK298=TbeiwurdeI'IntegrationskonstanteDie
T3,232+.10-6T2450,302+T557240,000-Tlog58782,-^âiL=Klog
ist:GleichgewichtskonstantediefürFormelausgerechneteDie
P+yîT+y*T+=oCC_
vorkommen:Wärmekapazitätdie
fürGleichungderinwelchedieselben,sindusw.yß,oC,FaktorenDie
~2_JL+T^_+tln*+
'*
R6R2RRT
I'++T"—*+T—^+TIn
—
+
=KIn
tO
ist:Esherleiten.wichtskonstante
Gleichge¬diefürBeziehungeinesichlässtHTAfürGleichungderAus
kcal-101,747=H°
cal-1709H°=68,2+-280,7-1496'3H*=H291
bestimmt:291°K=TbeiwurdeIntegrationskonstanteDie
calT357670020,000+T2315-0,003T-5,142H°=AH°
berechnet.Reaktionsenthalpieder
TemperaturabhängigkeitdiewurdedT.AC\=AHTGleichungderNach
-43-
-
- 44
Tabelle 8
Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten
T°K T°C logK
298 25 71,268
400 127 51,855
500 227 40,439
700 427 27,281
1000 727 17,286
Da es nicht möglich ist, aus den K -Werten direkt auf die möglichen
theoretischen Ausbeuten zu schliessen, wurde dafür eine Tabelle erstellt.
Bei Reaktionsbeginn seien 1 Mol NOC1 und 3 Mole H, vorhanden. Im
Gleichgewichtszustand finden wir:
(1-x) Mole NOC1
(3-3x) Mole H2x Mole NHo
x Mole HCl
x Mole RgO, total also 4-x Mole.
Befindet sich das System im Gleichgewicht, so ist
Kuy:
mm
x3(4-x)(1-x) (3-3x)3 P
Die nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die theoretische Ausbeute
bei verschiedenen Werten von K bei Normaldruck. Bei der Berechnung wur¬
den die Fugazitäten nicht berücksichtigt. Die Rechnung wurde für den Fall
durchgeführt, dass das entstehende Ammoniumchlorid noch in seine
Komponenten gespalten ist. Die Frage, in welcher Form gasförmiges
Ammoniumchlorid vorliegt, ist heute noch nicht restlos geklärt. In den
physikalisch-chemischen Tabellen sind zudem keine C -Funktionen für gas¬
förmiges Ammoniumchlorid enthalten.
-
- 45
Tabelle 9
Ausbeute als Funktion der Gleichgewichtskonstanten
Prozentuale Ausbeute log K (bei Normaldruck)
10 % - 3,658
20 % - 2,561
40 % - 1,182
60 % 0,027
80 % 1,580
90 % 2,923
99 % 7,033
99,9 % 11,043
Die Reduktion von Nitrosylchlorid mittels Wasserstoff wurde nicht
praktisch untersucht; die Rechnung zeigt aber, dass der Prozess vom
thermodynamischen Standpunkt aus durchführbar ist.
c) Zusammenstellung der Berechnungen
Tabelle 10
Gleichgewichtskonstanten als Funktion der Temperatur
Reaktion log K
A
B
C
D
^p9- - 2,5878 log T - 724,55.10"6T + 302,45.10-9T2 + 3, 232
^p£ - 4, 5969 log T - 1 390. 10"6T + 587, 3.10"9T2 + 3, 71
^°—- +1,8812 logT - 2 782. 10_6T + 657,45.10"9T2 - 2,91
S996-+3,566 logT-2 400. lO^T^46'8-10"9,12-1'83
-
- 46 -
Tabelle 11
Gleichgewichtskonstanten als Funktion der Temperatur
Reaktion logK
Temperatur °K
298° 400° 500° 700° 1000°
A 71,3 51,9 40,4 27,3 17,3
B 109,2 78,6 60,6 39,8 24,0
C 136,8 102,2 81,9 58,6 41,1
D 26,5 21,6 18,7 15,5 13,0
Tabelle 12
Theoretische Ausbeute der Reaktionen als Funktion der Gleich¬
gewichtskonstanten bei Normaldruck
Theoretische
Ausbeutelog K der Reaktion
(%) A B C D
10 -3,66 -5,91 -5,60 -3,77
20 -2,56 -4,07 -3,84 -2,41
40 -1,18 -1,66 -1,63 -0,86
60 0,03 0,31 0,05 0,35
80 1,58 2,98 2,18 1,73
90 2,92 5,31 3,94 2,83
99 7,03 12,49 9,15 5,98
99,9 11,04 19,50 14,17 9,00
-
- 47 -
Die Berechnungen zeigen, dass alle angeführten Reaktionen vom
thermodynamischen Standpunkt aus gesehen unterhalb von 1000°K spontanund vollständig ablaufen können. Es ist deshalb im praktischen Versuch zu
erwarten, dass vor allem die Reaktionen A, B und C nebeneinander zu be¬
obachten sind. Wenn es gilt, die Stickoxydkomponente in eine verwertbare
Form überzuführen, muss die Bildung von elementarem Stickstoff (Reaktion
C) verhindert werden.
Die Berechnungen ergeben somit die Durchführbarkeit der Reduktion
von Nitrosylchlorid mittels Wasserstoff, wobei aber die Reaktionen A und
B gegenüber C katalytisch bevorzugt werden müssen.
IV. Zerlegung von Nitrosylchlorid unter Bindung der
Chlorkomponente
1. Reaktionen mit Metallen und Salzen
Nach einer Literaturzusammenstellung sowie eigenen Untersuchungen
von J. R. Partington und A. I. Whynes (84) reagieren die folgenden
Metalle unter Anlagerung mit Nitrosylchlorid:
Ti, Mn, Fe, Pt, Cu, Au, Zn, B, AI, Ca, In, Sn, Sb und Bi.
Die Verbindungen sind von der Form PtCL..2 NOC1.
Die Metalle Pd, Ag, Cd, Hg, Tl und Pb sowie die Nichtmetalle S und
Se bilden mit Nitrosylchlorid unter gewissen Bedingungen die Chloride und
setzen Stickstoffoxyde in Freiheit. Die Untersuchungen der genannten For¬
scher sind im folgenden Ausschnitt aus dem periodischen System darge¬
stellt:
-
- 48 -
Fig. 3
Reaktion von Nitrosylchlorid mit den Elementen
? = Anlagerungsverbindung
E = Chloridbildung
(E) = keine Reaktion B C N 0 F
E = nicht untersuchtAI Si (P) S Cl
Ji V Cr Mn Ig Co Ni Qu is % Ge As Se Br
Zr Nb Mo 43 Ru Rh Pd Ag. Cd In umIIS Sb Te J
Hf Ta W Re Os Ir PI Au Hg. Tl Pb Ü Po 85
Einige Elemente reagieren mit Nitrosylchlorid derart, dass sie das
Chlorid bilden und Stickstoffmonoxyd in Freiheit setzen. Wenn zur Spaltung
von Nitrosylchlorid in einem Kreislauf gearbeitet werden muss, soll das
entstandene Chlorid wieder auf einfache Art gespalten werden können.
a) Reaktion mit Palladium
Die Reaktionsgleichungen lauten:
Pd + 2 NOC1 = PdCl2 + 2 NO (T = 20° oder höher) daraus sofort tilgen:
PdCl2 + 2 NO = PdCl2.2 NO und
PdCl2 + 2 NOC1 = PdCl2. 2 NOC1
Die Verbindung zerfällt bei 200 in trockenem Stickstoff:
PdCl2.2 NOC1 = PdCl2 + 2 NOC1
Bei Zusatz von Wasser entweichen aus der Anlagerungsverbindung Stick¬
oxyde:
Pd(N03)2 + 4 NOC1 = PdCl2. 2 NOC1 + 2N204 (T = 100°)
Die Reaktionen von Palladiummetall oder Palladiumnitrat mit Nitro¬
sylchlorid stellen gangbare Wege dar zur Spaltung des letzteren. Das ent¬
stehende Chlorid kann durch Erhitzen auf 500 leicht in seine Bestandteile
zerlegt werden.
-
- 49 -
b) Reaktion mit Silbernitrat (85)
Silbernitrat und Nitrosylchlorid reagieren schon bei Zimmertemperatur:
AgNOg + NOC1 = AgCl + N204
Nach zweitägigem Erhitzen ist die Umsetzung quantitativ. Das ent¬
stehende Chlorid kann durch Reduktion in das Metall übergeführt werden.
Die Reaktion von Silber mit Nitrosylchlorid ist in der Literatur nicht
bekannt.
c) Reaktion mit Cadmium
Cadmium bildet nach tagelangem Erhitzen auf 100° Cadmiumchlorid.
d) Reaktion mit Quecksilber (86)
Bei -40 wird mit Nitrosylchlorid Quecksilberdichlorid gebildet. Die
Reaktion beginnt erst nach kurzem Erwärmen auf -20 . Bei +20 ent¬
steht die Anlagerungsverbindung HgClg.NOCl.
e) Reaktion mit Thallium
Das Monochlorid und das Oxyd bilden mit Nitrosylchlorid Thallium-
sesquichlorid und Stickoxyde:
2 T1C1 + NOC1 = T12C13 + NO
Die Reaktion verläuft bei -20° langsam, bei -10 etwas schneller.
TlgO + 3 NOC1 = T12C13 + 2 NO + N02
Aus Thalliumnitrat oder -nitrit entstehen mit Nitrosylchlorid das Thallium¬
monochlorid und Stickoxyde:
TINOg + NOC1 = T1C1 + N204
Mit reinem Thalliummetall ist erst nach mehrtägigem Erhitzen auf 100
eine Reaktion festzustellen.
Thalliumsesquichlorid zerfällt beim Erhitzen in Monochlorid und Chlor.
-
- 50 -
f) Reaktion mit Blei
Beide Substanzen wurden von J. R. Partington zwei Tage auf dem
Wasserbad erhitzt. Es wurden dabei 99,1 % des Bleinitrates in das Di-
chlorid übergeführt.
Pb(N03)2 + 2 NOC1 = PbCl2 + 2 N2C>4
g) Reaktion mit Schwefel und Selen
Nach E.Davy (5) und Ph.A.Guye und G.Fluss (9) entsteht
aus Nitrosylchlorid und Schwefel oder Selen das entsprechende Chlorid.
Messungen des Gleichgewichtes wurden von T.J.McGonigle durch¬
geführt (87).
2. Reaktion mit Schwefel
a) Thermodynamische Untersuchungder Reaktion 2NOC1+2S,, = S2Cl„+2NO
Die Bildungsenthalpie von flüssigem Schwefel wurde mit Hilfe folgender
Schritte berechnet:
A Srhomb. (291) + Srhomb. (392) AHj
B Srhomb. (392) + Sfl. (392) AH2
C Sfl. (392) *" Sfl. (291) AH3
r392 2 2AH. = )C .dT = 4,12 (T„-T,) +0,002 35 (T, -T?)
1291 p
l L l l
r291
*3"
S0'2CP
AH0 = yc„.dT = 5,4 (T,,-^)+ 0,002 5 (T, -T?)ino P & V ZI
AH2 = 13,2 cal/g = 423 cal/Mol
-
- 51 -
Wird Hgnj (S homb ) als null angenommen, so erhält man für
H2gl(Sfl ) = 282, 7 cal.
Es muss beim C -Wert des flüssigen Schwefels (AH,) beachtet werden, dassP J
die Gleichung
C = 5,4 + 0,005 T
zwischen 140 und 200°C nicht den wirklichen Werten entspricht. G. N.
Lewis und M. Randall (88) haben nachgewiesen, dass die Wärmekapa¬
zität in diesem Bereich höher liegt und bei 160 C als Spitzenwert den 1,8-
fachen Wert des aus der Gleichung entnommenen besitzt. Diese eigenartige
Tatsache hat als Grund vielleicht die Umwandlung von X - inj! -Schwefel
(s8^s6).Die übrigen aus der Literatur entnommenen Bildungsenthalpien sind:
H291(S2CVn. ="14'34kcal F298(S)fl. = 0,094 kcal
H291(NO)g =+21,5 kcal F298(NO)g =20>869kcal
Berechnung der freien Energie von Schwefelchlorür
Damit die Integrationskonstante berechnet werden kann, soll
AF(S2C12) nach
AF = H - TA S
bestimmt werden.
Mangels Literaturangaben wurde die Entropie mit zwei halbempiri¬schen Methoden ermittelt.
W. M. Latimer (89) zeigte, dass die Entropie von vielen Salzen als
Summe der Beiträge der einzelnen Atome dargestellt werden kann. Nach
der von ihm aufgestellten Regel beträgt die Entropie eines Formelgewichtes
S = Sj + S2 + ... = 3/2 R ln(ArA2...) - n .0,94
Aj, A2 = Atomgewichte der Molekülbestandteilen = Anzahl der Atome
-
- 52 -
Die Entropie von festem Schwefelchlorür ist demnach
S(W« 38,18 E.E.
Da die erwähnte Gleichung die Form
S = A log M + B
besitzt, wobei die Konstanten A und B für ähnlich gebaute Verbindungen
dieselben sind, ist es möglich, unbekannte Entropien zu schätzen. R. R.
Wenner (90) zeigt anhand von Beispielen die Genauigkeit der Methode.
Die Entropien werden gegen den Logarithmus des Molekulargewichtes auf¬
getragen und liegen auf einer Geraden.
Die berechnete Entropie stimmt mit derjenigen von CugClg, Hg2C12und HggBr, innerhalb der Fehlergrenze überein.
Für die Berechnung der Entropie von flüssigem Schwefelchlorür muss
die molare Schmelzwärme berücksichtigt werden, da sie ein Mass für die
Grösse der Kristallkräfte und die vergrösserte Zahl der Freiheitsgrade
der Substanz beim Uebergang in die flüssige Phase ist.
Die Entropiezunahme entspricht dem Quotient aus molarer Schmelz¬
wärme und absoluter Schmelztemperatur. Sie Liegt nach R. R. Wenner
(91) für die meisten anorganischen Verbindungen zwischen 5 und 7 E. E.
Weil die Schmelzwärme von Schwefelchlorür nicht bekannt ist, wurde die
Entropiezunahme zu 6 E. E. angenommen.
Somit ist die Entropie von flüssigem Schwefelmonochlorid (Dischwe-
feldichlorid)
S298(S2Cl2)fl = 44,2 cal/°K. Mol
Reaktion 2 Sfl + Cl2 = SgClgg fl
A
"291
ö298
-T.AS
0,566 -— -14,34
17,4 53,32 44,2
-14,91 kcal/°Mol
cal/°Mol
+ 7,90 kcal/°Mol
F°*298
+0,188 0 X - 7,01 kcal/°Mol
-
- 53 -
Die freie Energie von Schwefelchlorür berechnet sich demnach zu
F298(S2C12)fl -6,82 kcal/°Mol.
Die molare Entropie des flüssigen Schwefels wurde aus dem Tabellenwert
für rhombischen Schwefel, vermehrt um die Schmelzentropie, erhalten.
Reaktionsenthalpie der Umsetzung von Nitrosylchlorid mit Schwefel
AH°91 = 2,775 kcal/Mol
Die freie Reaktionsenergie ist
Ar0^*298
2,71 kcal/Mol
Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion wurde nach W. N e r n s t bestimmt.
Es gilt
log K =A-^— +JL1.75 log T + I
p4,57T
y
Bei der betrachteten Reaktion wird das zweite Glied null. Aus der Aende-
rung der freien Energie wurde log K bei 298 zu -1,99 berechnet.
Die folgende Tabelle zeigt die geringe Temperaturabhängigkeit der
Gleichgewichtslage, was mit den Messungen von T.J.Mc Gonigle (87)
übereinstimmt.
2 NOC1 + 2 Sfl. = S2C12 + 2 NO
Tabelle 13
Gleichgewichtskonstante K als Funktion der Temperatur
°K °C logKp
298 25 -1,99
400 127 -1,47
500 227 -1,18
700 427 -0,82
1000 727 -0,55
-
- 54 -
Es muss hier daran erinnert werden, dass bei der Rechnung infolge
mangelnder Daten Unsicherheitsfaktoren auftreten. Zudem treten im Re¬
aktionsraum Nebenreaktionen auf, von denen die Polymerisation von Schwe¬
felmonochlorid erwähnt werden soll. Das Molekulargewicht der normaler¬
weise dimeren Substanz ist abhängig vom Alter der Lösung, von der Tempe¬
ratur und von Begleitstoffen, wie W.A. Patrick und N.Hackerman
(92) fanden. Die beiden Autoren erklärten die Erscheinung durch die fol¬
genden Reaktionsgleichungen:
2S2C12—* S4C14-* S2C14 + S2 4 S2~* S8
Die Umsetzungvon Nitrosylchlorid mit Schwefel ist Gegenstand zweier
Patente der Solvay Proc. Co. (93, 94). Bei der Reaktion entsteht
Schwefelchlorür S^Cl,, welches durch Destillation in Gegenwart von Ka¬
talysatoren (z.B. FeCl«) in Schwefelverbindungen mit höherem Chlorgehalt
übergeführt wird. Durch Druckdestillation bei 10-11 at wird elementares
Chlor gewonnen.
Ein anderes Patent erwähnt die direkte Einwirkung von Nitrosylchlorid
auf Schwefelmonochlorid unter Druck bei 400 C. Die Gewinnung von Chlor
ist analog.
b) Experimentelle Spaltung von Nitrosylchlorid mit Schwefel
Die Versuche wurden bei verschiedenen Temperaturen, nämlich bei
-20°, + 78°, 130° und 180°C durchgeführt. So war es möglich, die Re¬
aktionsbedingungen bei flüssigem und gasförmigem Nitrosylchlorid und
festem und flüssigem Schwefel zu prüfen. Die Temperatur von 180 war ge¬
wähltworden, weil hier das entstehende Schwefelchlorür aus dem Reaktions¬
gemisch entweichen sollte.
Bei den Versuchen mit festem Schwefel bestand der Reaktionsraum
aus einem kleinen Reagensglas, in das ein Einleitungsrohr für Nitrosyl¬
chlorid bis zum Boden reichte. Die Untersuchungen mit flüssigem Schwefel
wurden in einem Glasgefäss vorgenommen, das eine horizontal liegende
Fritte aufwies. Der Gasstrom trat von unten durch die Fritte in den darüber
liegenden geschmolzenen Schwefel ein, was einen guten Kontakt zwischen
den beiden Reaktionspartnern gewährleistete.
-
- 55 -
1. Versuch
Temperatur = -20 C
Schwefel, feingepulvert
Nitrosylchlorid, flüssig
Versuchsdauer: 2x/2 Std.
0,947 g
7,58 g
29,5 mMol
115,9 mMol
Die Analyse von Nitrosylchlorid ergab gegenüber der reinen Substanz einen
Ueberschuss der Chlorkomponente von 27 %. Das Gas enthielt somit:
Gehalt der Endgase
im Schwefel
101,2 mMol N* 128,0 mMol Cl*
86,0 mMol N* 97,8 mMol Cl*
15,2 mMol N* 30, 2 mMol Cl*
Die Untersuchung zeigte, dass auch bei -20 C eine Reaktion zwischen Ni¬
trosylchlorid und Schwefel eintritt. Neben dem chemisch gebundenen Chlor
wurde ein Teil des aktiven Stickstoffs im Reaktionsraum zurückgehalten.
2. Versuch
Temperatur = +78°C
Schwefel, feingepulvert
Nitrosylchlorid, gasförmig
Versuchsdauer : 1 Std.
1,012 g
2,78 g
31,6 mMol
42,5 mMol
Das Gas wurde in langsamem Strom durch die Schwefelschicht geleitet.
36, 9 mMol N* 47,0 mMol Cl*
33, 5 mMol N* 33, 7 mMol Cl*
3,4 mMol N* 13, 3 mMol Cl*
Zugeleitete Menge
Gehalt der Endgase
im Schwefel
Die Trennung zwischen der Stickoxyd- und der Chlorkomponente war bei
dieser Temperatur eindeutig besser als bei -20 C.
3. Versuch
Temperatur = 130°C
Schwefel, flüssig
Nitrosylchlorid, gasförmig
Verhältnis N* : Cl* = 1 : 1
Versuchsdauer : 65 min.
3,46 g = 108 mMol
2,59 g 39,6 mMol
-
- 56 -
Die Temperatur von 130 war gewählt worden, weil hier sowohl der Schwe¬
fel als auch das entstehende Schwefelchlorür in der flüssigen Form vor¬
liegen.
Das Nitrosylchlorid wurde durch eine Fritte, welche den Boden des
Reaktionsgefässes bildete, in den Schwefel eingeleitet. Das aus der Schwe¬
felschicht austretende Gas war farblos; es nahm beim Vermischen mit
Sauerstoff eine dunkelbraune Farbe an. Dies deutet darauf hin, dass die
aus dem Schwefel austretenden Gasblasen zur Hauptsache aus Stickstoff-
monoxyd bestanden. Das Reaktionsprodukt, das neben Schwefel und Schwe¬
felchlorür auch wenig Nitrosylchlorid und dessen Spaltprodukte enthielt,
war dunkelbraun gefärbt. Beim Abkühlen entwickelten sich darin gelbe
Schwefelkristalle.
Zugeleitete Menge
Gehalt der Endgase
in Schwefel
39,6 mMol N* 39,6 mMol Cl*
28,3 mMol N* 5,3 mMol Cl*
11,3 mMol N* 34,3 mMol Cl*
Die Analyse zeigt, dass 86,8 % der Chlorkomponente mit dem Schwefel
reagiert haben. Da 28,6 % der Stickstoffkompcnente zurückgehalten wur¬
den, ist der Trennfaktor 3,04 Cl* : 1 N*.
4. Versuch
Temperatur 180°C Versuchsdauer : 70 mir
Schwefel, flüssig : 4,39 g = 137 mMol
Nitrosylchlorid, gasfö rmig : 2,94 g = 44,9 mMol
Die Reaktionstemperatur von 180 sollte ermöglichen, dass das entstehende
Schwefelchlorür während der Reaktion aus dem Gemisch in eine besondere
Vorlage destillierte, was jedoch nicht gelang. Als Reaktionsraum diente
wiederum das Frittengefäss.
44,9 mMol N* 44, 9 mMol Cl*
37,5 mMol N* 10,4 mMol Cl*
7,4 mMol N* 34,5 mMol Cl*
Zugeleitete Menge
Gehalt der Endgase
im Schwefel
Das Ergebnis zeigt, dass 76,8 % der Chlorkomponente gegenüber 16,5
der Stickoxydkomponente vom Schwefel zurückgehalten wurden.
-
- 57 -
Resultat der Versuche
Die Untersuchungen über die Möglichkeit, Nitrosylchlorid-haltige
Gase mittels Schwefel zu spalten, führten zur Erkenntnis, dass die Reaktion
bei allen untersuchten Temperaturen zwischen -20 und +180 C eintritt. Die
Eigenschaft des Schwefels, die Stickoxyd- von der Chlorkomponente zu
trennen, ist bei höheren Temperaturen ausgeprägter. Das Verhältnis der
beiden Komponenten im Schwefel betrug bei 180 C 4,65 Cl* : 1 N*.
V. Zerlegung von Nitrosylchlorid mit Schwefelsäure
unter Bindung der Stickoxydkomponente
1. Allgemeines
Bei der Reaktion von Salpetersäure mit Alkalichloriden entstehen
Lösungen, in denen die Ionen H", Me', NO,', Cl' und OH' vorhanden sind.
Mit ihnen können gelöste Gase, wie Stickoxyde und Chlor, sowie verschie¬
dene Bodenkörper im Gleichgewicht stehen. Die hohe Anzahl der Stoffe,
von denen in vielen Fällen die Aktivitäten in konzentrierten Lösungen nicht
bekannt sind, verunmöglicht die Berechnung von Gleichgewichtszuständen.
Aus dem gleichen Grunde wurden die Untersuchungen zur Aufspaltung
der Reaktionsgase nicht mit diesen selbst durchgeführt. Vielmehr wurde
ein reines Gas, welches sowohl die Stickoxyd- als auch die Chlorkomponente
enthielt, nämlich Nitrosylchlorid, den Versuchen unterworfen. Weil dieses
im Verlauf der Spaltung in die gleichen Formen übergeführt wird, wie
Stickoxyde oder Chlor und Chlorwasserstoff, gelten die Ergebnisse mit
wenigen Einschränkungen auch für diese.
-
- 58 -
2. Probleme der Arbeitsweise und der apparativen Durchbildung
a) Vorteile der dynamischen Versuche
Es war vorerst geplant, statische Versuche durchzuführen, deren
Auswertung eine Gleichgewichtskurve ergeben würde. Gegen dieses Vor¬
gehen sprachen aber zwei Gründe:
Die statischen Versuche lassen nicht auf den Verlauf von dynamischen
Absorptionsversuchen schliessen, weil bei ihnen der Zeitfaktor keine Rolle
spielt. Der Zweck der vorliegenden Untersuchungen war aber, die Grund¬
lagen zur praktischen Trennung von Königswassergasen zu erforschen, die
bei der Herstellung von Alkalinitraten aus Salpetersäure und Chloriden an¬
fallen. Allfällig durchgeführte statische Versuche würden deshalb nicht
direkt zu einer Lösung des Problems beitragen und müssten in jedem Fall
durch dynamische Versuche ergänzt werden.
Eine Apparatur zur Untersuchung von statischen Absorptionen müsste,
damit der Druck konstant gehalten werden kann, mit einer entsprechenden
Einrichtung versehen sein. Es wurde bereits im Kapitel II, 5, gezeigt,
dass keine Sperrflüssigkeiten bekannt sind, welche inert sind gegen Nitro-
sylchlorid oder Gase, die Nitrosylchlorid enthalten.
Aus den erwähnten Gründen wurde auf eine statische Arbeitsweise
verzichtet. Damit die dynamischen Versuche nicht zu sehr von den langsam
verlaufenden Diffusionsvorgängen an den Grenzschichten zwischen Gas und
Flüssigkeit abhängig waren, wurde ein Apparat entworfen, in dem die Be¬
rührungszeit zwischen Gas und Flüssigkeit zwangsläufig lang war.
Steigt eine Gasblase in einem geneigten Rohr, das mit einer Flüssig¬
keit gefüllt ist, nach oben, dann befindet sich das eingeschlossene Gas
nicht in Ruhe. Es konnte an Nebelblasen in Wasser, hergestellt aus fester
Kohlensäure, gezeigt werden, dass kleine Gasblasen nur an der Oberseite
des Rohres abrollen, wobei die Bewegung im Innern minim ist. Dagegen
besteht in grossen Blasen eine intensive Durchwirbelung.
-
- 59 -
Fig. 4
Gasblasen in geneigten Rohren
b) Automatisches Niveaukontrollgerät für konzentrierte Schwefelsäure
Für die Durchführung von Absorptionsversuchen mit Schwefelsäure
verschiedener Konzentration in gefüllten Türmen wurde ein Steuergerät
geschaffen, welches in Verbindung mit einer Pumpe die Säure automatisch
in ein höhergelegenes Reservoir beförderte. Das Gerät erfüllte die Bedin¬
gung, auch bei konzentrierter Schwefelsäure trotz hohem elektrischen Wi¬
derstand einwandfrei zu arbeiten.
Die Absorptionsversuche selbst werden nicht beschrieben, weil in der
Apparatur, welche Absorption und Desorption vereinigte, wegen schwanken¬
der Schwefelsäurekonzentration unübersichtliche Verhältnisse herrschten.
Arbeitsweise des Gerätes (vgl. Fig. 5)
Erreicht der Schwefelsäurespiegel im Druckfass D den Kontakt A, so
wird das Thyratron Th durch eine positive Spannung am Gitter gezündet.
Der Anodenstrom bewirkt ein Aufziehen des Relais 1, das seinerseits Re¬
lais 2 zum Arbeiten bringt. Die Kontakte des letzteren lassen gleichzeitig
Relais 3 und 4 aufziehen. Ein Kontaktpaar von Relais 3 versorgt dieses
über einen Ruhekontakt von Relais 6 mit Strom, so dass es von jetzt an
auch ohne Relais 2 arbeitet. Zudem besitzt es Abfallverzögerung, so dass
es auch bei kurzem Ansprechen von Relais 6 angezogen bleibt. Ein weiteres
Kontaktpaar schaltet das Ventil für die Druckluft ein, die jetzt die Schwe¬
felsäure hochpumpt. Schliesslich wird der Platinkontakt C mit A verbunden.
-
M3O
C:
1
w
*—•
O
r-t-
5ET
SäurereservoirS^sa
Säurerücklauf
60
-
- 61 -
Relais 4, das gleichzeitig mit 3 aufgezogen hat, unterbricht den Kathoden¬
stromkreis des Thyratrons und schaltet Relais 5 ein. Gleichzeitig lässt es
ein Kontrollämpchen aufleuchten. Das arbeitende Relais 5 verhindert das
Aufziehen von Relais 6.
Durch den Unterbruch des Kathodenstromkreises des Thyratrons ist
Relais 1 stromlos geworden. Als Folge davon fallen sämtliche Relais ausser
Nr. 3 ab. Sobald der ursprüngliche Zustand wieder erreicht ist, zündet das
Thyratron wieder, da ja durch Relais 3 der Platinkontakt C an A gelegt
worden ist. Der ganze Vorgang wiederholt sich ununterbrochen etwa zwei¬
mal pro Sekunde.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Relais 3 in dem Mo¬
ment wo die Säure im Druckfass den Maximalstand erreicht, die Pumpe
einschaltet. Das Gerät untersucht anschliessend periodisch, ob die Säure
noch den Minimalstand erreicht. Wird dieser unterschritten, so zündet das
Thyratron nicht mehr. Nachdem alle Relais ausser Nr. 3 abgefallen sind,
kann Relais 6 über den Arbeitskontakt von Nr. 3 und die Ruhekontakte von
Nr. 1 und 5 zum Aufziehen gebracht werden. Es unterbricht den Stromkreis
von Relais 3, lässt ein Kontrollicht aufleuchten und hält sich durch Abfall¬
verzögerung so lange, bis Relais 3 abgefallen ist. Dadurch hat es den
Pumpvorgang abgestellt und wird selbst stromlos.
Das Gerät ist ferner mit einer Druckknopfsteuerung versehen, die
jederzeit das Einleiten oder den Unterbruch der Säureförderung erlaubt.
Bei ausgeschaltetem Apparat kann das Ventil auch mit einem Handschalter
direkt bedient werden.
3. Apparatur und Arbeitsweise für dynamische Absorptionsversuche
Unter Berücksichtigung der theoretischen Ueberlegungen (95) wurde
ein Absorptionsapparat aus Glas gebaut. Die zusammengestellte Versuchs¬
apparatur ist in Fig. 6 auf der folgenden Seite dargestellt.
Ein Gefäss mit reinem Nitrosylchlorid A steht in einem Dewargefäss.
Die Strömungsgeschwindigkeit von Nitrosylchlorid wird mit dem Hahn B
geregelt. Dem gleichen Zweck dient auch das Rohr C, durch welches ein
Luftstrom ins Innere des Dewargefässes gelangt und der Versuchssubstanz
-
- 62 -
Legende
Fig. 6
Apparatur für dynamische Absorptionsversuche
A Nitrosylchlorid-Gefäss
B Hahn zur Regulierung der Strömungsgeschwindigkeit
C Rohr für Luftstrom H Gasaustritt
D Strömungsmesser I Waschflasche
E Eintritt in die Spirale K Druckausgleichsgefäss
F Hahn für Probenahmen L Verschiebbares Rohr
G Einfülltrichter M Manometer
die zur Verdampfung nötige Wärmemenge zuführt. Nach Passieren eines
Strömungsmessers D tritt das Gas in den Absorptionsapparat ein, trifft bei
E mit der umlaufenden Schwefelsäure zusammer und perlt in einzelnen
Blasen durch die Spirale nach oben. Die Berührungszeit einer Gasblase
mit der Lösung beträgt etwa 50 sec; dabei legt die Blase in der Flüssigkeit
einen Weg von 135 cm zurück. Zur Entnahme von Säureproben wurde der
Hahn F benützt. Die Flüssigkeit aus dem toten Volumen wurde vor der
Probenahme entfernt. Nachher wurde jeweils eine gleiche Säuremenge bei
-
- 63 -
G eingefüllt. Zur Konstanthaltung der Temperatur befand sich die Spirale
in einem Thermostaten. Die Gase, welche von der Flüssigkeit nicht ab¬
sorbiert worden waren, verliessen das Gefäss bei H. Sie wurden in der
Waschflasche I zur Analyse zurückgehalten. Die Flasche K diente dem
Druckausgleich. Er wurde durch Ver
top related