valerianin, ein tertiäres monoterpen-alkaloid aus baldrian

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Tabelle 12. Molare Leitfahigkeit von Thorium(lv)-halogenid- und Uran(1v)-halogenidkom- plexen in Nitromethan bei c % 10-3 mol/l. Komplex A (62-1 cm2 mol-1) 9.8 48.5 87.0 19.5 99.0 17.7 162.0 13.0 Komplex UCI4(HMPT): UBrdHMPT)Z 8. SchluDbetrachtung Das elektrostatische Model1 der Dissoziation ermog- licht eine weitgehende Beschreibung des Verhaltens von Ionenverbindungen in Losung. Fur den Losungs- vorgang wird die Solvatationsenthalpie verwendet, und das AusmaD der Dissoziation in Losung richtet sich im wesentlichen nach der Dielektrizitatskonstante des Mediums. Hingegen ist zur Beschreibung der Ionisation kovalenter Verbindungen eine koordina- tionschemische Wechselwirkung zwischen Gelostem und Losungsmittel oder einem hinzugefugten Kom- plexbildner erforderlich, wobei der Komplexbild- ner entweder Donor- oder Acceptorfunktion iiber- nimmt. Das AusmaD der Ionisation wird im wesent- lichen bestimmt durch die koordinativ bedingte Ioni- sation sowie durch die von der Dielektrizitatskon- [112] K. W. BagnaN, D. Brown, P. J. Jones u. J. G. H. du Preez, J. Chem. SOC. 1966, 737. [113] K. W. Bagnall, D. Brown, P. J. Jones u. P. S. Robinson, J. Chem. SOC. 1964, 2531. [114] K. W. Bagnall, D . Brown, P . J. Jones u. J. G. H. du Preez, J. Chem. SOC. 1965, 3594. [115] K. W. Bagnall, A. M. Deane, T. C. Markin, P. S. Robin- son u. M. A. A. Stewart, J. Chem. SOC. 1961, 1611. [116] K. W. Bagnall, D. Brown u. R. Cotton, J. Chem. SOC. 1964, 2,527. 10.1 [I121 11.3 HI21 22.7 I1121 F=wa 36.6 'I1151 275.0 11141 22.6 11161 stante des Mediums abhangende Dissoziation der Ionenassoziate. Aus den wenigen, willkiirlich gewahlten Beispielen ergibt sich die Bedeutung der koordinativ bedingten Ionisation kovalenter Verbindungen fur zahlreiche wichtige Reaktionstypen auf allen Gebieten der Che- mie und der Elektrochemie in waDrigen und in nicht- waDrigen Losungen. Die Donizitat ist eine mehr als qualitative, vielleicht sogar halbquantitative Kenn- groDe von Elektronenpaardonoren und erleichtert die Wahl eines geeigneten Losungsmittels zur Ionisation oder zur Ausfuhrung bestimmter Reaktionen. Aufgrund der dargelegten Zusammenhange konnen einige Widerspriiche oder Unklarheiten in der Litera- tur beseitigt und zahlreiche Einzeltatsachen unter den allgemeingiiltigen Gesichtspunkten sinnvoll eingeord- net werden. AuDerdem ergeben sich hieraus Anregun- gen zu weiteren systematischen, vor allem quantitati- ven Untersuchungen, z. B. in reaktionskinetischer, thermochemischer und struktureller Hinsicht. SchlieD- lich moge durch die vorliegenden Ausfiihrungen die Heranziehung starker Donoren oder Acceptoren so- wohl als Losungsmittel als auch als Reaktionspartner und damit die Chemie in nichtwahigen Medien ge- fordert werden. Eingegangen am 28. November 1969 [A 7921 ZUSCHRIFTEN Valerianin, ein tertiares Monoterpen- Alkaloid aus Baldrianrll Von Burchard Franck, Uwe Petersen und Fritz Hiiper[*l Herrn Professor Kurt Mothes zum 70. Geburtstag gewidrnet Obwohl seit langem bekannt ist, da13 der wegen seiner sedativen Wirkungen pharmakologischverwendeteBaldrian (Valeriana officinalis L.) Alkaloide enthalt [21, gelang es erst kurzlich, zwei quart5re Pyridinbasen daraus zu iso- lieren und deren Struktur aufzuklaren [31. Wir berichten nun uber ein neues, sedativ wirksames, tertiares Monoterpen-Alkaloid (8) aus Valeriana officinalis sowie uber seine Totalsynthese, die zugleich einen einfachen Zugang zu einer Gruppe verwandter Alkaloide aus Actini- diaceen und Bignoniaceen [41 bietet. Chromatographische Auftrennung (alkalisiertes Kieselgel, CHCI3/CH3OH, 10 : 1) der Tertiarbasen-Fraktion eines Methanolextraktes aus frischen Valerianu-Wurzeln ergab 200-208 oc OCH, ein als Hydrochlorid kristallisiertes Alkaloid Valerianin (Fp = 134 'C, [a]: = -10.5 ', c = 0.370 in CH3OH). Sum- menformel CI1H15N0, 1R-Bande (1585 cm-1 in KBr), UV-Absorption (Amax = 261, 269 nm in CH30H) und ein Angew. Chem. f 82. Jahrg. 1970 f Nr. 21 875

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Page 1: Valerianin, ein tertiäres Monoterpen-Alkaloid aus Baldrian

Tabelle 12. Molare Leitfahigkeit von Thorium(lv)-halogenid- und Uran(1v)-halogenidkom- plexen in Nitromethan bei c % 10-3 mol/l.

Komplex A (62-1 cm2 mol-1)

9.8 48.5 87.0

19.5 99.0

17.7 162.0

13.0

Komplex

UCI4(HMPT): UBrdHMPT)Z

8. SchluDbetrachtung

Das elektrostatische Model1 der Dissoziation ermog- licht eine weitgehende Beschreibung des Verhaltens von Ionenverbindungen in Losung. Fur den Losungs- vorgang wird die Solvatationsenthalpie verwendet, und das AusmaD der Dissoziation in Losung richtet sich im wesentlichen nach der Dielektrizitatskonstante des Mediums. Hingegen ist zur Beschreibung der Ionisation kovalenter Verbindungen eine koordina- tionschemische Wechselwirkung zwischen Gelostem und Losungsmittel oder einem hinzugefugten Kom- plexbildner erforderlich, wobei der Komplexbild- ner entweder Donor- oder Acceptorfunktion iiber- nimmt. Das AusmaD der Ionisation wird im wesent- lichen bestimmt durch die koordinativ bedingte Ioni- sation sowie durch die von der Dielektrizitatskon-

[112] K . W. BagnaN, D. Brown, P. J . Jones u. J. G . H. du Preez, J. Chem. SOC. 1966, 737. [113] K . W. Bagnall, D . Brown, P . J . Jones u. P . S . Robinson, J. Chem. SOC. 1964, 2531. [114] K . W . Bagnall, D . Brown, P . J . Jones u. J . G . H. du Preez, J. Chem. SOC. 1965, 3594. [115] K . W . Bagnall, A . M . Deane, T. C . Markin, P. S . Robin- son u. M. A . A . Stewart, J. Chem. SOC. 1961, 1611. [116] K . W. Bagnall, D . Brown u. R . Cotton, J. Chem. SOC. 1964, 2,527.

10.1 [I121 11.3 HI21

22.7 I1121

F=wa 36.6 'I1151

275.0 11141

22.6 11161

stante des Mediums abhangende Dissoziation der Ionenassoziate. Aus den wenigen, willkiirlich gewahlten Beispielen ergibt sich die Bedeutung der koordinativ bedingten Ionisation kovalenter Verbindungen fur zahlreiche wichtige Reaktionstypen auf allen Gebieten der Che- mie und der Elektrochemie in waDrigen und in nicht- waDrigen Losungen. Die Donizitat ist eine mehr als qualitative, vielleicht sogar halbquantitative Kenn- groDe von Elektronenpaardonoren und erleichtert die Wahl eines geeigneten Losungsmittels zur Ionisation oder zur Ausfuhrung bestimmter Reaktionen.

Aufgrund der dargelegten Zusammenhange konnen einige Widerspriiche oder Unklarheiten in der Litera- tur beseitigt und zahlreiche Einzeltatsachen unter den allgemeingiiltigen Gesichtspunkten sinnvoll eingeord- net werden. AuDerdem ergeben sich hieraus Anregun- gen zu weiteren systematischen, vor allem quantitati- ven Untersuchungen, z. B. in reaktionskinetischer, thermochemischer und struktureller Hinsicht. SchlieD- lich moge durch die vorliegenden Ausfiihrungen die Heranziehung starker Donoren oder Acceptoren so- wohl als Losungsmittel als auch als Reaktionspartner und damit die Chemie in nichtwahigen Medien ge- fordert werden.

Eingegangen am 28. November 1969 [A 7921

ZUSCHRIFTEN

Valerianin, ein tertiares Monoterpen- Alkaloid aus Baldrianrll

Von Burchard Franck, Uwe Petersen und Fritz Hiiper[*l

Herrn Professor Kurt Mothes zum 70. Geburtstag gewidrnet

Obwohl seit langem bekannt ist, da13 der wegen seiner sedativen Wirkungen pharmakologisch verwendete Baldrian (Valeriana officinalis L.) Alkaloide enthalt [21, gelang es erst kurzlich, zwei quart5re Pyridinbasen daraus zu iso- lieren und deren Struktur aufzuklaren [31.

Wir berichten nun uber ein neues, sedativ wirksames, tertiares Monoterpen-Alkaloid (8) aus Valeriana officinalis sowie uber seine Totalsynthese, die zugleich einen einfachen Zugang zu einer Gruppe verwandter Alkaloide aus Actini- diaceen und Bignoniaceen [41 bietet. Chromatographische Auftrennung (alkalisiertes Kieselgel, CHCI3/CH3OH, 10 : 1) der Tertiarbasen-Fraktion eines Methanolextraktes aus frischen Valerianu-Wurzeln ergab

200-208 oc OCH,

ein als Hydrochlorid kristallisiertes Alkaloid Valerianin (Fp = 134 'C, [a]: = -10.5 ', c = 0.370 in C H 3 O H ) . Sum- menformel C I 1 H 1 5 N 0 , 1R-Bande (1585 cm-1 in KBr), UV-Absorption (Amax = 261, 269 nm in CH30H) und ein

Angew. Chem. f 82. Jahrg. 1970 f Nr. 21 875

Page 2: Valerianin, ein tertiäres Monoterpen-Alkaloid aus Baldrian

NMR-Multiplett bei 8 = 8.37ppm (CDC13, TMS = 0, -CH=N-CH=) zeigen ein in den a-Positionen unsubsti- tuiertes Pyridin-Derivat an. Da nach dern NMR-Spektrum weiterhin die Gruppierungen CH3-CHC (1.32 ppm) und H3C-O-CH2-C< (3.40, 4.46 ppm) vorliegen, war fur Valerianin die Struktur (I) rnit Ausnahme der zunachst nur biogenetisch begrundeten Position der Methylgruppe an C-8 anzunehmen. Sie wurde durch Synthese bewiesen. Fur die Synthese ist 9-Methoxyiridodial (2) , das sich wie Glutardialdehyd[sl einem PyridinringschluD unterwerfen lassen sollte, eine Schlusselverbindung. Dien-Kondensation des aus 4-Methylbrenzcatechin leicht erhaltlichen Methyl- cyclopentenaldehyds (3) [61 rnit 1,3-Dimethoxypropen (4) 171 bei 200 bis 203 "C lieferte rnit 47 % Ausbeute den aus drei Diastereomeren bestehenden Dihydropyranylather (5). Da dessen Chiralitatszentren an den C-Atomen 2, 3 und 4 bei der Uberfiihrung in einen Pyridinring aufgehoben werden, erubrigen sich Trennungen der &/trans-Isomeren von (4) vor und der Diastereomeren von (5) nach der Dien- Kondensation. Der Ather (5) hydrolysiert in saurer Lo- sung zum gesuchten 9-Methoxyiridodial (2) , das ohne Isolierung mit Fe(NH4)(S04)2 [5al oder rnit NH20H [5bJ zu (I) kondensiert wurde (Ausbeuten 19 bzw. 20%). Das racemische Hydrochlorid von (I), c11H16NOCI1 Fp = 143 OC, ist nach RF-Wert, IR-, NMR- und Massen- spektren mit Valerianin-hydrochlorid identisch.

"3'*HzR H

'N

(9) (6). R = H (7), R = OH (8,J, R = OCHS

Der nach Racematspaltung rnit Dibenzoylweinsaure erhal- tene (-)-Antipode stimmt auch in der optischen Rotation ([a]: = --11.6', c = 1.13 in CH30H) gut rnit dem Alkaloid uberein. Da Valerianin ( 1 ) rnit seinem chiralen Chromo- phor und in der optischen Rotation dem Actinidin (6) ([a];1 = -7.2 O , c = 17.54 i n CHC13) I81 und dem Tecostidin (7) ([a]',' = -4", c = 1.221 in CHC13) [91 entspricht, durfte ihm wie diesen beiden Alkaloiden die S-Konfiguration und damit die vollstandige Strukturformel (8) zukommen. Es ist somit nicht unwahrscheinlich, da13 das Monoterpen Loganin (9) ebenso wie fur zahlreiche Monoterpen-, Iso- chinolin- und Indol-Alkaloide auch Biosynthesevorstufe des Valerianins (8) ist [lo]. Mit der Synthese des (-)-Valerianins (8) wurde erstmalig ein Derivat des (-)-Tecostidins (7) dargestellt [111. Auch Actinidin (6) lafit sich auf diesem Wege einfach gewin- nenL131.

Eingegangen am 24. August 1970 [Z 271aI

[*I Prof. Dr. B. Franck Organisch-Chemisches Institut der Universitat 44 Miinster, OrlCans-Ring 23 Dr. U. Petersen, jetzige Anschrift: Farbenfabriken Bayer AG 509 Leverkusen Dr. F. Huper, jetzige Anschrift : Farbenfabriken Bayer AG 56 Wuppertal-Elberfeld

[l] 6. Mitteilung uber Pyridin-Alkaloide. - 5. Mitteilung: B. Franck u. M . Schiebel, Naturwissenschaften 48, 717 (1961). [2] 0. GeJner: Die Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa. C. Winter Universitatsverlag, Heidelberg 1953, S. 472. [3] K. TorsseNu. K. Wahlberg, Acta chem. scand. 21, 53 (1967). [4] W. C. Wildman, J . Le Men u. K. Wiesner in Taylor- Baftersby: Cyclopentanoid Terpene Derivatives. Marcel Dek- ker, New York 1969, S. 239. [5] a) Brit. Pat. 726378 (1955), BASF; Chem. Abstr. 50, 4237d (1956); b) W. Reppe, H. Paseduch u. M. Seefelder, DBP 944250 (1956), BASF; Chem. Zbl. 1957,1297.

[6] F. Korte, J. Falbe u. A. Zschocke, Tetrahedron 6, 201 (1959). [7] 1,3-Dimethoxypropen (4 ) wurde aus dem Tosylat von 1,3- Dimethoxypropan-2-01 mit CH30Na/DMSO gewonnen (Aus- beute 71°/,, cislrrans = 2.1 : 1). [8] T. Sakan, A . Fujino, F. Murai, Y. Butsugan u. A. Suzui, Bull. chem. SOC. Japan 32, 315 (1959); Chem. Abstr. 54, 3484g (1960). [9] Y. Hummouda u. J. Le Men, Bull. SOC. Chim. France 1963, 2901; Chem. Abstr. 60, 8073c (1964). [lo] K. Mothes u. H. R. Schurte: Biosynthese der Alkaloide. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1969, S. 602, 480. [ll] Nur der rechtsdrehende, unnaturliche Antipode des Teco- stidins wurde bisher in einer vielstufigen Partialsynthese aus ($)-Pulegon dargestellt [12], nachdem Versuche, Actinidin (6) an C-11 zu hydroxylieren, nicht zumZiel gefuhrt hatten [8, 121. [12] C. W. K. Cavil1 u. A. Zeitlin, Austr. J . Chem. 20, 349 (1967). [13] Indem man z. B. die nach Umsetzung von (5) rnit Fe(NH4)- (SO& erhaltene Reaktionslosung mit NaOH alkalisch macht und einer Wasserdampfdestillation unterwirft. Dabei wird das Valerianin (8) vollstandig zu Actinidin (6) reduziert, das mit den Wasserdampfen ubergeht.

Ein neuer Aminabbau

Von Burchard Franck, Jens Conrad und Peter Misbach [*I

Wir fanden ein einfaches Verfahren zur Uberfiihrung ter- tiarer Amine in sekundare, das in einer Kombination der Abbaureaktionen rnit Peroxiden [1121 und salpetriger Saure [1 I 31 besteht und unter besonders milden Bedingungen gute Ausbeuten liefert.

0 OH OH -(CH3)2C=0 R\ I

R<-CHzR' R' + (CH3),C\/ NOz * R' N-CHR' + HNOz

2-Nitropropan-2-hydroperoxid ( I ) , das bei der Autoxida- tion von 2-Nitropropan intermediar entsteht [41 und als Addukt einer hypothetischen ,,Persalpetrigsaure" an Aceton aufgefaBt werden kann, reagiert mit tertiaren, ali- phatischen Aminen unter Abspaltung eines Alkylrestes als Aldehyd und Bildung von Nitrosamin. Zur Durchfuhrung der Reaktion braucht das tertiare Amin nur in Pyridin mit 2-Nitropropan und CuCl unter 0 2 geschiittelt zu werden.

R\ ,N-R +

CzHs CzHs CH3 n-CsH7 CH3 CH3 CH3 i-C3H7 i-C3H7 i-CaH7 CzHs i-C3H7 i-CsH7 i-C3H7 CH3 t-CqH9 C2Hs t-CqH9 i-C3H, t-CqHg 4CHz)s-

50 59 17 7

60 21 65 60 15 59 58

876 Angew. Chem. 182. Jahrg. 1970 Nr. 21