sonderausgabe: tk-medienservice "gesundheitsreform - neuerungen zum 1.1.2011"
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Herausgeber: Techniker Krankenkasse • Pressestelle • Bramfelder Straße 140 • 22305 Hamburg Tel.: 040 - 69 09-17 83 • Fax: 040 - 69 09-13 53 • E-Mail: [email protected] TK-Medienservice im Internet: www.presse.tk.de.
Gesundheitsreform ‒ Was ändert sich? Neuerungen zum 1. Januar 2011 "Mehr Autonomie, Qualität und Wettbewerb statt staatlicher Regulierung"
Interview mit Professor Dr. Norbert Klusen, Vorsitzender des Vorstandes der TK,
zur Gesundheitsreform………………………………………………………………......................2
Maßnahmenpaket zur Gesundheitsreform: Gesetze, Ziele und Finanzierung ...................... 11
Zusatzangebote dürfen kein Hoheitsgebiet der PKV sein
TK fordert: Rahmenbedingungen für Wahltarife in der GKV anpassen ................................. 26
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Medienservice Dezember 2010 – Sonderausgabe Themen, Trends und Hintergründe
Hinweis für die Redaktionen:
Einige Illustrationsvorschläge zum Thema haben wir in dieses Dokument eingefügt. Diese und andere
Motive stehen Ihnen ebenso wie Fotos der zitierten Experten honorarfrei unter Angabe der Quelle
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TK-Medienservice Gesundheitsreform ‒ Was ändert sich? Neuerungen zum 1. Januar 2011
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"Mehr Autonomie, Qualität und Wettbewerb statt staatlicher Regulierung" Interview mit Professor Dr. Norbert Klusen, Vorsitzender des Vorstandes der TK, zur Gesundheitsreform
Für 2011 wurde ursprünglich ein Defizit von elf Milliarden in der ge-setzlichen Krankenversicherung (GKV) prognostiziert. Daher sollen auch die Mitglieder ihren Beitrag leisten, um die Finanzlücke zu stop-fen: Zum 1. Januar 2011 steigt der allgemeine Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent. Die Arbeitnehmer tragen hiervon 8,2 Prozent und der Arbeitgeberanteil wird auf 7,3 Prozent eingefroren. Was halten Sie von dieser Verteilung?
Klusen: Ich halte es nicht für richtig, die Arbeitnehmer künftige Kosten-
steigerungen im Gesundheitswesen allein tragen zu lassen. Man sollte die
Arbeitgeber nicht aus der finanziellen und solidarischen Verantwortung für
die künftige Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen entlassen. Sie
sollten anhand konjunktureller Kriterien an der Finanzierung beteiligt wer-
den: Wenn die wirtschaftliche Entwicklung bergauf geht, kann man den
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Arbeitgeberanteil erhöhen. Schließlich nutzt ein funktionsfähiges Gesund-
heitssystem den Betrieben. Im internationalen Vergleich stehen deutsche
Unternehmen bei den Arbeitgeberbeiträgen zur Krankenversicherung
übrigens gut dar. Das Argument der Regierung, man wolle zukünftig keine
Arbeitsplätze durch steigende Lohnkosten gefährden, ist daher nicht
schlüssig. Ein Wettbewerbsnachteil durch hohe Sozialbeiträge existiert
aus meiner Sicht hierzulande nicht.
Kommt eine Kasse nicht mit ihren Einnahmen aus, kann sie künftig Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe verlangen. Muss ein Mitglied mehr als zwei Prozent seines Einkommens für einen von der Regie-rung festgelegten fiktiven durchschnittlichen Zusatzbeitrag aufwen-den, soll ein Sozialausgleich greifen. Wie schätzen Sie die Entwick-lung bei den Zusatzbeiträgen ein und wie bewerten Sie den geplan-ten Sozialausgleich?
Klusen: Die geplanten Einsparungen in verschiedenen Leistungsberei-
chen und die Beitragserhöhung nehmen kurzfristig Druck aus dem
Gesundheitssystem. Das Problem wird dadurch allerdings nur um ein
oder zwei Jahre aufgeschoben. Gesundheit wird auch zukünftig ihren
Preis haben. Die Regierung rechnet für 2012 mit einem durchschnittlichen
Zusatzbeitrag von vier Euro im Monat, 2013 sollen es etwa neun Euro
sein und 2014 bereits 15 Euro. Spätestens 2013 werden viele Kassen
Zusatzbeiträge erheben müssen. Die TK ist wirtschaftlich stabil und wird
deshalb noch länger auf Zusatzbeiträge verzichten können. Besorgniser-
regend finde ich die Finanzierung des Sozialausgleichs. Für mich steht
fest, dass er von Anfang an vollständig aus Steuermitteln finanziert und
auch langfristig nicht aus dem Gesundheitsfonds beglichen werden darf.
Die Berechnungen sagen aber leider etwas anderes: Der voraussichtli-
che Sozialausgleich beträgt von 2012 bis 2014 kumuliert etwa 5,7 Mil-
liarden Euro. Damit liegt er deutlich über den zwei Milliarden Euro
Steuermitteln, die im Haushaltsbegleitgesetz für 2011 zusätzlich vor-
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gesehen sind. Das heißt im Klartext: Der Sozialausgleich wird über-
wiegend aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert.
Das ist aber nicht Sinn und Zweck der Liquiditätsreserve. Und 2014 wird
sie voraussichtlich nicht mehr ausreichen. Wenn der Bund dann nicht er-
neut für eine zusätzliche Finanzspritze sorgt, erhöht dies den durch-
schnittlichen Zusatzbeitrag. Dadurch steigt wiederum der erforderliche
Sozialausgleich und damit zwangsläufig der Zusatzbeitrag. Da beißt sich
die Katze in den Schwanz. Der Sozialausgleich darf nicht über die Liquidi-
tätsreserve finanziert werden. Dies widerspricht dem eigentlichen Ziel der
Liquiditätsreserve, Einnahme- und Ausgabenschwankungen des
Gesundheitsfonds abzufedern. Außerdem verfehlt diese Regelung die
politische Absicht, den Sozialausgleich gerechter zu gestalten. Entschei-
dend ist für mich, dass der Sozialausgleich aus Steuermitteln gerecht er-
folgt, damit niemand über Gebühr belastet wird und die Solidarität ge-
wahrt bleibt. Deshalb sollte ein Sondervermögen aus Bundesmitteln auf-
gebaut werden, aus dem der Sozialausgleich zu hundert Prozent finan-
ziert wird. Außerdem wird mit dem Sozialausgleich, wie er jetzt geplant ist,
das ganze System noch bürokratischer. Mit ihm kommt ein völlig neues
verwaltungstechnisches Verfahren auf uns zu, das zu erheblichem Mehr-
aufwand führt.
Die private Krankenversicherung (PKV) wird durch die Gesundheits-reform gestärkt. Unter anderem erleichtert die Bundesregierung Mitgliedern, deren Einkommen über der Versicherungspflichtgren-ze von 4.162,50 Euro im Monat liegt, den Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung. Wie beurteilen Sie die Maßnahmen?
Klusen: Hier werden Interessen bedient. Die Koalition stärkt den Privaten
den Rücken und schadet damit dem Solidarsystem. Bisher konnte man
als Gutverdiener nach drei Jahren in die private Versicherung wechseln.
2011 ist es bereits nach einem Jahr möglich, dem Solidarsystem den Rü-
cken zu kehren. Zwar tritt die Gesundheitsreform erst am 1. Januar 2011
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in Kraft, die Regelung zur Wechselfrist wird allerdings schon zum 31. De-
zember 2010 wirksam. Somit ist der Übertritt in die PKV schon zum Jah-
resanfang 2011 möglich. Das kostet die GKV mehrere Hundert Millionen
Euro. Die Privaten werden in mehrfacher Hinsicht auf Kosten der GKV
subventioniert. So soll die PKV auch im Rahmen des Arzneimittelmarkt-
Neuordnungsgesetzes (AMNOG) von den Preisverhandlungen profitieren,
die die gesetzlichen Krankenkassen ab 2011 mit den Pharmafirmen füh-
ren. Wenn die PKV von der Bundesregierung als Vorzeigeversicherung
propagiert wird, übersieht sie die Schwächen des Systems. Privat Kran-
kenversicherte mussten 2010 rund sechs Prozent durchschnittlich mehr
zahlen. Innerhalb der letzten zehn Jahre verteuerten sich einige Tarife um
mehr als 3.500 Euro pro Versichertem. Das ist das Ergebnis einer Unter-
suchung des Analysehauses Morgen & Morgen. Laut einer Umfrage von
"Spiegel Online" unter den 15 größten Privatversicherern sind für 2011
Preiserhöhungen von rund sieben Prozent geplant. Wer jung und gesund
ist, wird angelockt. Im Alter wendet sich das Blatt dann oft. Die Prämien
steigen viel schneller und drastischer, als dieses in der GKV jemals pas-
sieren könnte. Problematisch wird es auch, wenn der Kunde die Versiche-
rung wechseln möchte. Privatversicherte, die jenseits der 30 sind, werden
von anderen Versicherern kaum noch oder nur gegen hohe Prämien an-
genommen. Von einer Überlegenheit des privaten Krankenversicherungs-
systems kann keine Rede sein.
Rund 150.000 Kassenärzte und Psychotherapeuten können sich über einen warmen Geldregen freuen: Zunächst wurde ihnen für 2011 eine Milliarde Euro mehr zugedacht. Die Ärzte hatten sogar zwei Milliar-den, die Kassen eine Nullrunde gefordert. Trotzdem forderten die Ärzte einen weiteren Nachschlag von 175 Millionen Euro. Insbeson-dere die Bayern beschwerten sich, dass sie durch die Vereinheitli-chung des Honorars benachteiligt würden. Daraufhin wurde im Herbst 2010 beschlossen, dass die Kassenärzte und Psychothera-peuten zusätzlich 120 Millionen Euro erhalten. Dieses Geld soll linear
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über alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen hinweg verteilt werden. Was sagen Sie dazu?
Klusen: Ich halte das für eine Klage auf hohem Niveau. Die Ausgaben
der Kassen für die Ärztehonorare werden von 32 Milliarden Euro in die-
sem Jahr auf über 33 Milliarden anwachsen. Die Ärzte haben im Vergleich
zu anderen freien Berufen ein überdurchschnittliches Einkommen. Insge-
samt erhöht sich das durchschnittliche Jahres-Einkommen damit von
164.000 Euro um rund 7.320 Euro je Arzt. Ich gönne wirklich jedem, der
gute Arbeit leistet, auch eine gute Bezahlung. Allerdings halte ich die wei-
tergehende Forderung, der man dann auch noch nachgekommen ist, für
überzogen. Im Schnitt ist das Honorar der niedergelassenen Ärzte 2009
um elf Prozent gestiegen. Dass die Bayern sich darüber beschwerten, nur
den süßen Senf von der Weißwurst abzubekommen, ist in zweierlei Hin-
sicht inakzeptabel: Dadurch, dass jetzt noch zusätzliches Geld an die Ärz-
te fließt, die beim letzten Mal weniger bekommen haben, ufert der Hono-
rarzuwachs aus. Bezahlen müssen das die Kassen und schließlich die
Mitglieder. Besonders irritiert mich auch die Begründung, dass die Quali-
tät der medizinischen Versorgung in Bayern besser sei und die bayeri-
schen Ärzte damit eine höhere Bezahlung verdient hätten als ihre Kolle-
gen in anderen Ländern.
Die Regierung hat vorgegeben, dass die Honorarsteigerungen bei den Hausärzten begrenzt werden, um so 500 Millionen Euro einzu-sparen. Die Hausärzte sollen keine größeren Honorarzuwächse be-kommen als die Gesamtheit der anderen Arztgruppen. Bisher konnte ihr Verband in zahlreichen „Hausarztverträgen“ mit Krankenkassen einen Zuschlag auf das normale Honorar durchsetzen – unter ande-rem deshalb, weil die Kassen gesetzlich verpflichtet sind, diese Ver-träge abzuschließen. Versicherte können sich freiwillig in Hausarzt-verträge einschreiben. Die Hausärzte fühlen sich ungerecht behan-
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delt. Deshalb kam es sogar zu Streiks. Finden Sie die Proteste be-rechtigt?
Klusen: Grundsätzlich halte ich den Zwang des Gesetzgebers, Hausarzt-
verträge abschließen zu müssen und sogar den Vertragspartner vorzuge-
ben, für wettbewerbshemmend und falsch. Außerdem sollten bestehende
Verträge ein Sonderkündigungsrecht erhalten. Durch den Bestandsschutz
für bestehende Hausarztverträge, der ursprünglich bis zum 31. Dezember
2012 vorgesehen war und dann auch noch bis zum 30. Juni 2014 verlän-
gert wurde, kommt es zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen. Die
Kassen, die sich an den verpflichtenden Abschluss von Verträgen gehal-
ten haben, werden damit bestraft. Die TK hat die gesetzlichen Regelun-
gen beachtet. Ich erwarte auch von den Ärzten, dass sie sich an Verträge
halten. Sie dürfen den Streit um die hausarztzentrierte Versorgung kei-
nesfalls durch Schließungen von Praxen auf dem Rücken der Patienten
austragen. Die flächendeckende Gesundheitsversorgung der Versicherten
muss ohne Wenn und Aber gewährleistet sein. Im Übrigen werden die
Honorare für Hausärzte nicht gekürzt, sondern die Steigerungsraten be-
grenzt. Prinzipiell halte ich es für sinnvoll, die Rolle der Hausärzte zu stär-
ken, um so Arztbesuche und Arzneimittelverschreibungen zu steuern.
Damit ist für mehr Effizienz gesorgt. Ich erwarte allerdings auch eine qua-
litativ hochwertige Aus- und Weiterbildung und eine gute medizinische
Vernetzung der Hausärzte. Man kann nicht immer nur höhere Honorare
verlangen, sondern muss auch belegen, dass man die Patienten erfolg-
reich durchs Gesundheitssystem lotst. Wir werden sehr genau verfolgen,
ob die Verträge für bessere Qualität sorgen und wirtschaftlich sind. Wenn
die Verträge nur viel Geld kosten und keinen Nutzen bringen, sind sie
überflüssig.
Die Pharma-Hersteller beklagen sich darüber, dass ihnen zukünftig nicht mehr genügend Geld zur Verfügung stehe, um die besten Me-dikamente entwickeln zu können. Hintergrund: Das neue Pharma-
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sparpaket sieht unter anderem vor, dass die Hersteller Preise mit den Kassen aushandeln müssen. Die Arzneimittelpreise sollen da-durch sinken. Schließlich waren die Arzneimittelausgaben der Kran-kenkassen 2009 um rund 1,5 Milliarden auf mehr als 32 Milliarden Euro gestiegen. Wie beurteilen Sie die Einsparpläne? Klusen: Eins ist ganz klar: Das teuerste Medikament ist nicht immer das
beste. Außerdem investieren die Pharma-Hersteller mehr Geld in ihr Mar-
keting als in die Entwicklung. Grundsätzlich begrüße ich die Ansätze des
Sparpaketes. Die Rabattverträge sind ein guter Anfang und dämpfen den
Ausgabenanstieg wirksam. Allerdings sehe ich noch größeres Einsparpo-
tenzial: Es wäre zum Beispiel effizient, wenn die Kassen mehr Freiheiten
bekämen, eigene Verträge mit Arzneimittelherstellern für alle Medikamen-
te zu schließen. Jede Kasse sollte selbst bestimmen können, welche Arz-
neimittel sie für ihre Versicherten auswählt. Der Gesetzgeber kann den
Rahmen festlegen, zum Beispiel, dass Kassen Verträge für alle Wirkstoff-
gruppen abdecken müssen. Ist ein Produkt zu teuer, hätte man dann die
Möglichkeit, auf Alternativen auszuweichen. So wäre die Pharmaindustrie
gezwungen, über Preise zu verhandeln, und die Versicherten hätten ei-
nen weiteren Anhaltspunkt, um entscheiden zu können, welche Kasse die
beste Versorgung bietet. Sinnvoll wäre es auch, die Mehrwertsteuer für
Medikamente auf den reduzierten Satz von sieben Prozent zu senken.
Warum gilt für lebenswichtige Medikamente der volle Satz, während Ho-
telübernachtungen ermäßigt sind? Nach unseren Berechnungen hätte die
GKV allein im Jahr 2009 insgesamt 3,1 Milliarden Euro sparen können,
wenn für Arzneimittel der ermäßigte Steuersatz gelten würde.
Auch wenn die Gesundheitspolitik kein Wunschkonzert ist. Wie sieht ihre Zukunftsmusik für das Gesundheitswesen aus? Inwieweit sehen Sie durch die neueste Gesundheitsreform Chancen für mehr Wett-bewerb?
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Klusen: Ich wünsche mir mehr Autonomie, Qualität und Wettbewerb statt
staatlicher Regulierung. Das GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) bleibt
dahinter zurück. Die größte Wettbewerbsbremse ist die Verkürzung der
Wartefrist für Versicherte zum Wechsel von der gesetzlichen in die private
Krankenversicherung von drei Jahren auf ein Jahr. Das ist kein Beitrag
zur Stärkung des Wettbewerbs, sondern bedient partikulare Interessen.
Die Änderungen zum Vorteil der Privaten lassen bisher nicht die Bereit-
schaft erkennen, den Wettbewerb zwischen GKV und PKV in gleicher
Weise für beide Systeme auszubauen und funktionsfähiger zu gestalten.
Die meisten Gesundheitsreformen legen ihr Hauptaugenmerk auf die Fi-
nanzen. Das ist sicher ein wichtiger Faktor. Allerdings kommen dabei we-
sentliche Punkte zu kurz. Um das Vertrauen der Versicherten in das
Gesundheitssystem zu stärken, halte ich es für entscheidend, sich auf die
Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung und auf mehr
Transparenz zu konzentrieren.
Außerdem würde ich mir wünschen, dass die gesetzlichen Krankenkas-
sen mehr Autonomie bekommen, um im Interesse der Versicherten ent-
scheiden zu können. Die Abhängigkeit vom Staat hat das Gesundheits-
system bisher nicht verbessert. Ich bin dafür, dass die GKV eine private
Rechtsform erhält – und zwar im Sinne eines Unternehmens, das keine
wirtschaftlichen Gewinnziele für sich selbst verfolgt, sondern zum Beispiel
als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (das war die TK übrigens bis
1927) oder als Genossenschaft das Interesse ihrer Mitglieder vertritt.
Auch eine Beitragssouveränität wäre wünschenswert, weil sie den Wett-
bewerb wieder stärken würde. Der staatlich festgelegte Beitragssatz engt
die wettbewerblichen Spielräume der Krankenkassen zu sehr ein. Die
Aufhebung des Ein-Prozent-Deckels bei den Zusatzbeiträgen ist schon
einmal ein wichtiger Schritt, um den Preiswettbewerb unter den Kassen
zu fördern. Ein echtes Wettbewerbshemmnis ist dagegen der Gesund-
heitsfonds mit dem erweiterten Risikostrukturausgleich. Dieser so ge-
nannte Morbi-RSA setzt völlig neue – und falsche – Anreize. Für ein ge-
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sundes Mitglied erhalten die gesetzlichen Versicherer nur noch einen
schmalen Pauschbetrag. Der Morbi-RSA macht es lohnenswert, möglichst
viele Versicherte zu haben, die unter einer relevanten Krankheit leiden.
Das schafft Anreize für ein Volk von Dokumentationskranken. Außerdem
wird ein Versicherer, der zum Beispiel spezielle Angebote zur Linderung
von Volkskrankheiten wie Rückenschmerzen anbietet, in zweifacher Hin-
sicht bestraft: Einmal, weil er das Geld in das Programm investieren
muss, und darüber hinaus, weil er im Falle eines Behandlungserfolges
seinen Zuschlag aus dem Fonds verliert.
Außerdem brauchen wir mehr Wettbewerb auf der Ausgabenseite, so
zum Beispiel im Krankenhausbereich, in den rund ein Drittel aller GKV-
Ausgaben fließen. Für planbare Operationen und wählbare Leistungen
müsste es für die Kassen die Möglichkeit geben, nur Verträge mit Kliniken
abzuschließen, die nachweislich eine hohe Behandlungsqualität aufwei-
sen.
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Maßnahmenpaket zur Reform des Gesundheitswesens: Gesetze, Ziele und Finanzierung
In ihrem Koalitionsvertrag verständigten sich CDU, CSU und FDP Ende
2009 darauf, das Gesundheitssystem vor den Herausforderungen der
Zukunft stabiler, fairer und transparenter zu gestalten. Mit dem GKV-Änderungsgesetz (GKV-ÄndG), dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) und dem GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) sind umfassende sowohl kurz- als auch langfristig wirkende
Maßnahmen vom Gesetzgeber beschlossen worden.
Das GKV-Änderungsgesetz trat bereits am 1. August 2010 in Kraft.
Durch die im Gesetz festgeschriebene Erhöhung der Herstellerrabatte von
sechs auf 16 Prozent für Arzneimittel ohne Festbetrag soll im Gesund-
heitssystem ein neuer finanzieller Spielraum geschaffen werden. Um den
Anstieg der Arzneimittelkosten zu verringern, gilt für Medikamente, die zu
Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, bis
2013 ein Preisstopp. Der Zuwachs der Arzneimittelausgaben betrug allein
im Jahr 2009 5,3 Prozent. Vor allem Arzneimittel ohne Festbetrag (2009:
plus 8,9 Prozent) verursachten den Kostenanstieg von rund 1,5 Milliarden
auf insgesamt 32 Milliarden Euro.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, setzt die Bundesregierung
mit dem AMNOG auf einen Kurswechsel in der Arzneimittelpolitik. Dabei
wird nicht mehr allein auf kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Kosten-
dämpfung zurückgegriffen. So muss die pharmazeutische Industrie zu-
künftig den Zusatznutzen für alle neuen Arzneimittel nachweisen und Stu-
dien offenlegen. Dabei bleibt der freie Marktzugang erhalten und die Prei-
se werden mit der gesetzlichen Krankenversicherung verhandelt. Zudem
haben Versicherte künftig über eine Mehrkostenregelung die Möglichkeit,
ihr gewohntes Arzneimittel zu erhalten, auch wenn dieses nicht rabattiert
ist. Außerdem wird die unabhängige Patientenberatung als feste Leistung
etabliert. Der Bundestag hat dem AMNOG am 11. November 2010 zuge-
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stimmt. Im November und Dezember 2010 folgten Lesungen im Bundes-
rat zum Gesetz. Das AMNOG benötigt nicht die Zustimmung des Bundes-
rates und tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.
Mit dem Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz ‒ GKV-FinG) werden die am 6. Juli 2010 vorgelegten Eckpunkte "Für ein
gerechtes, soziales, stabiles, wettbewerbliches und transparentes
Gesundheitssystem" umgesetzt. Ziel des Gesetzes ist es, die Ausgaben
zu stabilisieren, die Finanzierung auf eine solide Basis zu stellen, Voraus-
setzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen und für
einen zielgenauen und gerechten Sozialausgleich zu sorgen. Das GKV-
FinG erhielt am 12. November 2010 grünes Licht von Bundestag. Weitere
Lesungen folgten im November und Dezember im Bundesrat, der aber
nicht zustimmen muss. Das GKV-FinG tritt zum 1. Januar 2011 in Kraft.
Die Regierungskoalition will mit dem Gesetz die Finanzausstattung der
gesetzlichen Krankenversicherung langfristig auf ein sicheres Fundament
stellen. Ursprünglich hatte die Regierung für 2011 ein Defizit von rund elf
Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung erwartet. Nach
jüngsten Schätzungen wird sich das Defizit bei etwa neun Milliarden Euro
bewegen.
Das Gesetz umfasst ein Bündel an Einsparungen und Ausgabenbegren-
zungen bei verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens wie Kran-
kenkassen, Ärzten und Krankenhäusern. Außerdem wird zur "Stärkung
der Finanzierungsgrundlagen" der allgemeine Beitragssatz zur gesetzli-
chen Krankenversicherung auf 15,5 Prozent erhöht.
Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) betragen die geplanten Ein-
sparungen durch das GKV-FinG zusammen mit den ausgabenbegren-
zenden Maßnahmen durch das GKV-ÄndG sowie das AMNOG im Jahr
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2011 rund 3,5 Milliarden Euro und 2012 rund vier Milliarden Euro. Durch
Beitragserhöhungen sollen etwa 6,3 Milliarden Euro in den Gesundheits-
fonds fließen. Der Bund füllt den Fonds durch einen einmaligen Steuerzu-
schuss von zwei Milliarden Euro auf.
Wer muss was bezahlen? Gesetzlich Versicherte: Ab dem 1. Januar 2011 wird für die rund 50 Millionen GKV-Mitglieder der
allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 14,9
Prozent des Bruttolohns auf 15,5 Prozent angehoben. Die Erhöhung von
0,6 Prozent wird zu gleichen Teilen vom Arbeitnehmer und vom Arbeitge-
ber (siehe dazu auch "Arbeitgeber" Seite 18) getragen. Somit hat der Ar-
beitnehmer ab 2011 von seinem Bruttogehalt 0,3 Prozent mehr zu bezah-
len. Der Krankenkassenbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung
beträgt dann für den Arbeitnehmer 8,2 Prozent (bisher 7,9 Prozent). Bei
einem Bruttoeinkommen von 1.000 Euro werden für einen Arbeitnehmer
82 statt 79 Euro im Monat fällig, bei 1.500 Euro sind es 123 statt 118,50
Euro, bei 2.000 Euro 164 statt 158 Euro. Auch Bezieher von Betriebsren-
ten und Selbstständige müssen ab Januar 2011 den Beitragssatz von
15,5 Prozent bezahlen. Nicht erwerbstätige Ehepartner und Kinder sind
weiterhin kostenlos mitversichert.
Durch die Beitragserhöhung sollen insgesamt etwa 6,3 Milliarden Euro in
den Gesundheitsfonds fließen. Seit dem 1. Januar 2009 organisiert der
Gesundheitsfonds die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen neu.
Wesentliche Merkmale sind: Es gibt für alle Kassen einen einheitlichen
Beitragssatz, den das Bundesministerium für Gesundheit festlegt; die Bei-
träge der Mitglieder fließen in einen gemeinsamen Topf, aus dem die
Kassen pauschale Zuweisungen für jeden Versicherten erhalten, sowie
ergänzende Zu- und Abschläge je nach Alter, Geschlecht und Krankheit
ihrer Versicherten.
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Die Grenze, ab der die Beiträge konstant bleiben und sich nicht mehr pro-
zentual am Einkommen orientieren (Beitragsbemessungsgrenze) sinkt
in der gesetzlichen Krankenversicherung von 45.000 auf 44.550 Euro im
Jahr. Im Monat beträgt das Bemessungslimit dann noch 3.712,50 Euro
statt bisher 3.750 Euro.
Während der Arbeitgeberbeitrag mit der neuen Höhe von 7,3 Prozent ein-
gefroren wird, müssen die Kassenmitglieder die steigenden Gesundheits-
kosten für Ärzte, Kliniken und Pharmaindustrie künftig allein tragen. Ent-
stehende Finanzlücken müssen die Mitglieder dann über Zusatzbeiträge
ausgleichen.
2011 steht den gesetzlichen Krankenkassen nach Ansicht des
Schätzerkreises (Fachleute des Bundesgesundheitsministeriums, des
Bundesversicherungsamts und des Kassen-Spitzenverbands) in der ge-
setzlichen Krankenversicherung ausreichend Geld zur Verfügung. Der
Gesundheitsfonds erwartet nach Berechnungen der Experten 181,1 Milli-
arden Euro. Die voraussichtlichen Ausgaben werden auf 178,9 Milliarden
Euro beziffert. Damit können im Jahr 2011 voraussichtlich alle Ausgaben
der Krankenkassen durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im
Durchschnitt gedeckt werden – so das Fazit der Schätzer. Für Beitrags-
zahler heißt das, dass die Kassen – zumindest im kommenden Jahr –
ganz überwiegend keine Zusatzbeiträge erheben müssen.
Sollte eine Kasse Zusatzbeiträge erheben, ist dieser ab dem 1. Januar
2011 nicht mehr prozentual an das Einkommen der Mitglieder gebunden.
Künftig gibt es keine Obergrenze für die Zusatzbeiträge. Die Regel, dass
Mitglieder höchstens mit Zusatzbeiträgen bis zu einem Prozent ihres Ein-
kommens belastet werden dürfen, fällt weg. Der Aufschlag wird nur noch
als Pauschale erhoben ‒ Gut- und Geringverdiener zahlen gleich viel. Die
betroffenen Kassenmitglieder sollen allerdings nicht mit mehr als zwei
Prozent ihres Bruttoeinkommens belastet werden, für höhere Beträge wird
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ein Sozialausgleich eingeführt. Im Schnitt wird der Zusatzbeitrag laut Re-
gierung 2012 rund fünf Euro betragen, 2013 bei etwa neun Euro und 2014
zwischen zehn und 16 Euro liegen. Experten erwarten bis zu 80 Euro im
Jahr 2020.
Auch Rentner und Bezieher von Arbeitslosengeld I müssen den Zu-
satzbeitrag zahlen. Für Hartz-IV-Empfänger wird er aus Bundesmitteln
finanziert. Ausgenommen sind auch Mitglieder, die Kranken-, Mutter-schafts- oder Elterngeld empfangen. Für Sozialhilfebezieher bleibt es
bei der derzeit bestehenden Regelung, dass für diese ein individueller
Zusatzbeitrag der Krankenkassen zur Anwendung kommt, dieser jedoch –
wie bisher – grundsätzlich von den Trägern der Sozialhilfe übernommen
wird. Studenten müssen den Zusatzbeitrag zahlen, wenn sie selbst Mit-
glied einer gesetzlichen Krankenkasse und nicht beitragsfrei über die El-
tern mitversichert sind. Das geht bis zum 25. Lebensjahr.
Ein Sozialausgleich soll die Regelung der Zusatzbeiträge gerechter ma-
chen. Hierbei wird vom Bundesministerium für Gesundheit im Einverneh-
men mit dem Bundesministerium der Finanzen nach Auswertung der Er-
gebnisse des Schätzerkreises das Kassen-Defizit für das jeweils folgende
Jahr geschätzt. Dieser Betrag wird durch die Anzahl der Mitglieder geteilt.
Das ergibt einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag. Dieser Durchschnitts-
wert wird im Oktober für das Folgejahr bekanntgegeben. Die Berechnung
und der Ausgleich sollen automatisch über die Beitragsabführung des
Arbeitgebers beziehungsweise der Rentenversicherung erfolgen. Das
heißt: Arbeitgeber beziehungsweise Rentenkasse berechnen für das Mit-
glied, ob der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des Lohns be-
ziehungsweise der Rente übersteigt. Ist das der Fall, wird der einkom-
mensabhängige Krankenversicherungsbeitrag um den übersteigenden
Betrag gekürzt. Alle anderen Personengruppen ‒ wie zum Beispiel
Selbstständige oder Menschen mit mehreren versicherungspflichtigen
Beschäftigungen ‒ müssen selbst einen Antrag bei der Kasse stellen.
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Da die Berechnungsbasis nicht der Zusatzbeitrag der Kasse ist, sondern
der offizielle Durchschnittswert, kann es sein, dass die Kasse eines Mit-
glieds überdurchschnittlich viel nimmt und er am Ende über den zwei Pro-
zent landet – oder umgekehrt.
Beispiel 1: Durchschnittlicher Zusatzbeitrag: 16 Euro
Beitragspflichtiges Einkommen: 800 Euro
Davon zwei Prozent: 16 Euro
Ergebnis: Ein Sozialausgleich findet nicht statt.
Beispiel 2: Durchschnittlicher Zusatzbeitrag: 20 Euro
Beitragspflichtiges Einkommen: 800 Euro
Davon zwei Prozent: 16 Euro
Ergebnis: Vier Euro werden ausgeglichen, d.h., der einkommensabhängi-
ge Beitrag wird um vier Euro vermindert.
Beispiel 3: Durchschnittlicher Zusatzbeitrag: 20 Euro
Geforderter Zusatzbeitrag der Kasse: 30 Euro
Beitragspflichtiges Einkommen: 800 Euro
Davon zwei Prozent: 16 Euro
Ergebnis: Vier Euro werden ausgeglichen und 26 Euro müssen aus eige-
ner Tasche gezahlt werden.
Wer den Zusatzbeitrag länger als sechs Monate nicht zahlt, muss mit ei-
ner Strafgebühr von mindestens 30 Euro rechnen (Säumniszuschlag).
Bleiben Säumniszuschlag und ausstehende Beiträge schuldig, wird der
Sozialausgleich ausgesetzt. Der Zahlungsrückstand soll von der Kasse
dafür an den Arbeitgeber gemeldet werden.
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Patienten: Für Patienten wird es ab dem 1. Januar 2011 eine neue Regelleistung
von der gesetzlichen Krankenversicherung geben: eine unabhängige Patientenberatung. Es handelt sich dabei um eine Anlaufstelle zur Orien-
tierung, bei der man neutralen Rat bekommt, wenn es zum Beispiel um
Behandlungen oder um Kostenübernahme geht.
Gesetzlich versicherte Patienten können sich anstelle des üblichen Sach-
leistungsprinzips für die Kostenerstattung entscheiden. Die Bindungsfrist
wird von einem Jahr auf ein Vierteljahr begrenzt. So ist jederzeit die
Rückkehr zum Sachleistungsprinzip möglich. Wer die Kostenerstattung
wählt, erhält zunächst vom Arzt eine Privatrechnung und muss diese
nach dem Vorkasse-Prinzip selbst bezahlen. Danach kann er diese bei
seiner Krankenkasse zur Erstattung einreichen. Die Kasse erstattet den
Betrag in Höhe der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Den Restbetrag muss der Patient privat bezahlen.
Für die Wahltarife "Prämienzahlung", "Kostenerstattung" und "Arzneimit-
tel der besonderen Therapierichtungen" wird die Bindungsfrist von drei
Jahren auf ein Jahr reduziert. Durch versicherungsmathematische Gut-
achten müssen die gesetzlichen Krankenkassen belegen, dass Einnah-
men, Einsparungen und Effizienzsteigerungen die langfristige Finanzier-
barkeit gewährleisten. Außerdem gilt das Sonderkündigungsrecht im Falle
der Einführung oder Anhebung des Zusatzbeitrags künftig auch bei den
Wahltarifen (Ausnahme: Krankengeld).
Patienten, die Generika verschrieben bekommen, die ihre eigene Kran-
kenkasse nicht erstattet, können diese künftig durch Zuzahlungen den-
noch erhalten. Dafür wird eine Mehrkostenregelung eingeführt. Der Pa-
tient zahlt das Medikament zunächst selbst und reicht die Rechnung bei
der Kasse ein. Diese erstattet die Kosten des Arzneimittels dann bis zu
der Höhe, die ein Rabattvertragspräparat gekostet hätte. Heute sind Pati-
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enten an wirkstoffgleiche Medikamente gebunden, für die ihre Kasse mit
den Herstellern Mengenrabatte vereinbart hat.
Mindestens zehn Prozent der gesetzlich Versicherten werden bis Ende
2011 eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) von ihrer Kasse er-
halten. Hierzu hat die Bundesregierung die Kassen verpflichtet. Das Ziel
der neuen Gesundheitskarte ist eine bessere Kommunikation unter den
Ärzten, indem die wichtigsten Daten für medizinische Notfälle gespeichert
sind. Als Termin zur Einführung war ursprünglich der 1. Januar 2006 ge-
plant. Der Testlauf dieser Gesundheitskarte fand vorab in einigen Teilen
Deutschlands statt.
Arbeitgeber: Mit rund drei Milliarden Euro im Jahr mehr schlägt der Beitragssatzanstieg
bei den Arbeitgebern zu Buche. Arbeitgeber zahlen zurzeit für ihre Arbeit-
nehmer einen Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe
von sieben Prozent des Bruttolohns. Durch die 0,6-prozentige Erhöhung
des allgemeinen Beitragssatzes, von denen der Arbeitgeber die Hälfte
übernehmen muss, zahlt er ab 1. Januar 2011 den Beitrag von 7,3 Pro-
zent. Allerdings wird dieser Arbeitgeberbeitrag eingefroren. Der Arbeitge-
ber wird somit künftig von weiteren Erhöhungen der Kassenbeiträge ver-
schont bleiben.
Steuerzahler: Die Versicherten sollen durch Zusatzbeiträge nur bis zu zwei Prozent ih-
res Einkommens belastet werden. Somit müssen die Steuerzahler für den
Sozialausgleich aufkommen. 2011 wird der bestehende Steuerzuschuss
vom Bund für die Kassen von 15,7 auf 15,3 Milliarden Euro gesenkt. Darin
ist ein Plus von zwei Milliarden enthalten. Ursprünglich war eine stärkere
Senkung geplant. Für 2012 ist ein Steuerzuschuss von 14 Millionen Euro
vorgesehen. 2011 bis 2014 soll der Sozialausgleich aus der Liquiditätsre-
serve des Gesundheitsfonds gedeckt werden. Die Regierung schätzt,
dass 2014 weniger als eine Milliarde Euro für den Sozialausgleich aufge-
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bracht werden muss. Danach sollen die Steuerausgaben für den Sozial-
ausgleich pro Jahr um knapp eine Milliarde steigen.
Private Krankenversicherung (PKV): Gutverdiener können ab 2011 nach einem Jahr statt nach drei Jahren die
GKV verlassen. Erstmals seit 50 Jahren sinkt außerdem die Verdienst-
grenze, ab der der Wechsel möglich ist – die so genannte Versiche-rungspflichtgrenze. Aktuell liegt sie bei 49.950 Euro im Jahr, ab 2011
reicht ein Verdienst von 49.500 Euro, um das Solidarsystem zu verlassen.
Dem Gesetz zufolge wird die neue Wechselregelung noch zum 31. De-
zember 2010 in Kraft treten, damit Personen, deren Gehalt die Grenze im
Jahr 2010 überstiegen hat, die aber noch nicht die Dreijahresfrist erfüllt
haben, bereits ab dem 1. Januar 2011 versicherungsfrei sind. Außerdem
profitieren die privaten Kassen zukünftig von den Rabattverhandlungen
der gesetzlichen Kassen mit den Arzneimittelherstellern. Bisher mussten
Privatpatienten den Listenpreis des Herstellers zahlen. Im Arzneimittel-
sparpaket (siehe auch TK-Medienservice "Das neue Arzneimittel-
Sparpaket", Sonderausgabe August 2010) ist vorgesehen, dass die Pri-
vatversicherer für neue Medikamente nur den Preis bezahlen müssen,
den die gesetzlichen Krankenkassen bei Rabattverhandlungen mit den
Herstellern vereinbaren.
Pharma: Künftig soll der Ausgabenanstieg für Medikamente gebremst werden. Das
ist ein erklärtes Ziel der Gesundheitsreform. Bei den Reformen des Arz-
neimittelsektors ist zwischen kurzfristigen Sparmaßnahmen und langfristi-
gen strukturellen Veränderungen zu unterscheiden. Die Regelungen des
GKV-Änderungsgesetzes (GKV-ÄndG), das bereits am 1. August 2010
in Kraft trat, zielen auf schnelle Einsparungen. So wurde der Rabatt, den
pharmazeutische Unternehmen für Arzneimittel ohne Festbetrag den
Krankenkassen einräumen müssen, von 6 auf 16 Prozent des Abgabe-
preises erhöht. Außerdem ist im Gesetz ein Preisstopp für Arzneimittel,
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die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden,
festgelegt. Die Regelungen gelten für den Zeitraum vom 1. August 2010
bis Ende 2013. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wird
die GKV damit um rund 1,15 Milliarden Euro pro Jahr entlastet.
Dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG), dessen
Entwurf im Sommer 2010 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, hat
der Bundestag am 11. November 2010 zugestimmt. Das Gesetz tritt zum
1. Januar 2011 in Kraft. Mit dem AMNOG sollen zwei Milliarden Euro
eingespart werden. Im Fokus stehen insbesondere neue Medikamente,
denn das BMG sieht sowohl bei der Preisbildung für innovative Arzneien
als auch bei deren Nutzenbewertung einen grundlegenden Korrekturbe-
darf. Das Ministerium verweist darauf, dass die wachsenden Ausgaben
für Arzneimittel vor allem auf hohe und stark steigende Preise bei der
Markteinführung zurückgehen. Die Ausgaben für Arzneimittel ohne Fest-
betrag stiegen laut BMG im Jahr 2009 um 8,9 Prozent.
Konkret sieht das Gesetz eine neue Form der Preisregulierung für patent-
geschützte Arzneimittel vor. Für alle neuen Arzneimittel muss der Herstel-
ler künftig Nachweise für einen Zusatznutzen vorlegen. Die Industrie wird
verpflichtet, bereits zur Markteinführung bzw. zur Zulassung neuer An-
wendungsgebiete ein Dossier vorzulegen, in dem sie vor allem den zu-
sätzlichen Nutzen des Präparates nachweist. Auf dessen Grundlage ent-
scheidet der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen (G-BA) innerhalb von drei Monaten, ob es sich um
ein Arzneimittel mit oder ohne Zusatznutzen handelt. Außerdem können
Medikamente gegen seltene Krankheiten, sogenannte Orphan Drugs,
auf ihren Nutzen hin geprüft werden, wenn sie einen Jahresumsatz von
50 Millionen Euro überschreiten.
Für Arzneimittel ohne Zusatznutzen wird die Erstattungshöhe auf den
Preis vergleichbarer Medikamente begrenzt, das heißt, sie werden in eine
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vorhandene Festbetragsgruppe eingeordnet. Für Arzneimittel mit Zu-satznutzen vereinbart der Hersteller mit dem GKV-Spitzenverband inner-
halb eines Jahres nach Marktzulassung einen zusätzlichen Rabatt. Kön-
nen die Verhandlungspartner in dieser Zeit keine Einigung erzielen, setzt
eine zentrale Schiedsstelle innerhalb von drei Monaten einen Rabatt fest,
der rückwirkend ab dem 13. Monat nach Markteinführung gilt. Als Ent-
scheidungsbasis sollen europäische Vergleichspreise dienen. Beide Sei-
ten können gegen diesen Schiedsspruch Einspruch erheben und eine
weitergehende Kosten-Nutzen-Bewertung verlangen. Kassen können
davon aber auch – entweder einzeln oder im Verbund – abweichende
Vereinbarungen mit den Arzneimittelherstellern treffen.
Die neue Nutzenbewertung und Preisbildung ist die wichtigste Neuerung
des AMNOG. Darüber hinaus enthält das Gesetz jedoch eine Reihe wei-
terer Reformen. Eine Auswahl:
• Für Patienten besonders wichtig: Eine unabhängige Patientenbera-tung wird nach einer Modellphase eine Regelleistung der gesetzli-
chen Krankenkassen.
Zusammensetzung des Arzneimittelpreises Bei einem rezeptpflichtigen Medikament, das 20 Euro kostet, fließen 3,19 Euro an den Fiskus, 8,35 Euro an die Apotheke, 64 Cent an den Großhandel und 7,82 Euro an den Herstel-ler.
Motiv zum Download unter www.presse.tk.de. Quelle: Techniker Kran-kenkasse
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• Generika-Rabattverträge: Patienten erhalten wieder mehr Wahlfrei-
heit im Rahmen des Aut-idem-Austausches und dürfen ihr gewohntes
Arzneimittel behalten, auch wenn ihre Krankenkasse einen Rabattver-
trag für den verschriebenen Wirkstoff geschlossen und der Arzt die
Abgabe eines Rabattarzneimittels zugelassen hat. So können Patien-
ten 2011 auch nicht rabattierte Arzneimittel auswählen. Allerdings
müssen sie dafür zunächst in Vorleistung treten und das Medikament
selbst bezahlen. Danach erstattet die Kasse die Kosten des Arzneimit-
tels bis zu der Höhe, die ein Rabattvertragspräparat gekostet hätte.
• Der Arzneimittel-Großhandel bekommt bisher einen prozentualen
Aufschlag, der mit steigendem Preis eines Medikaments sinkt. Das
AMNOG sieht eine neue Vergütungsstruktur für den Großhandel vor,
und zwar auf Basis eines preisunabhängigen Fixzuschlags und eines
prozentualen Zuschlags. Der Großhandelszuschlag wird mit Wirkung
zum 1. Januar 2012 neu geregelt. Die Marge soll dann bei 70 Cent
Euro pro Packung plus 3,15 Prozent auf den Abgabepreis des phar-
mazeutischen Unternehmers (ApU) – höchstens jedoch 37,80 Euro –
liegen. Nur der prozentuale Zuschlag ist rabattfähig. Bis zur Neurege-
lung des Großhandelszuschlags sollen die Großhändler im Jahr 2011
für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von
0,85 Prozent des ApU ohne Mehrwertsteuer den Krankenkassen er-
bringen. Hieraus ergibt sich laut BMG für 2011 ein Einsparbetrag von
rund 200 Millionen Euro. Als Konsequenz der Umstellung der Groß-
handelszuschläge erfolgt auch die Umstellung der Festbeträge erst
zum 1. Januar 2012.
• Der Rabatt, den Apotheker den gesetzlichen Krankenkassen auf je-
des verschreibungspflichtige Medikament gewähren müssen, wird für
2011 und 2012 von 1,75 Euro auf 2,05 Euro angehoben. Hierdurch
sollen die Apotheken einen Einsparbeitrag von jährlich etwa 200 Milli-
onen Euro erbringen. Nach zwei Jahren, also 2013, kann der Apothe-
kenabschlag vertraglich angepasst werden.
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Ärzte: Die rund 150.000 niedergelassenen Ärzte erhalten 2011 mehr Honorar:
Die Regierung beschloss eine lineare Anhebung der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung um 0,75 Prozent. Dies entspricht rund 180 Millionen
Euro. Zu dieser Grunderhöhung kommen geschätzte 350 Millionen Euro
für Leistungen hinzu, die außerhalb des Budgets bezahlt werden. Hierun-
ter fallen zum Beispiel ambulante Operationen und Vorsorgeuntersuchun-
gen. Zusätzlich sollten die Ärzte ein Honorarplus von zunächst 500 Millio-
nen Euro erhalten. Von den Ärzten wurde jedoch ein weiterer Nachschlag
von 175 Millionen Euro gefordert. Einzelne Länder wie zum Beispiel Bay-
ern beschwerten sich, dass sie durch die Vereinheitlichung des Honorars
benachteiligt werden. Daraufhin wurde Ende Oktober 2010 beschlossen,
dass sie weitere 120 Millionen Euro erhalten. Dieses Geld soll linear über
alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen hinweg verteilt werden.
Rekordniveau von über 33 Milliarden Euro Insgesamt können die Ärzte 2011 damit mit über einer Milliarde Euro zu-
sätzlich rechnen. Die Ärzte hatten zwei Milliarden, die Kassen eine Null-
runde gefordert. Damit erreichten die Honorare ein Rekordniveau von
geschätzten 33 Milliarden Euro. Bereits 2009 war das Honorar der Pra-
xisärzte nach Kassenangaben im Vergleich zum Vorjahr um 6,3 Prozent
auf 30,8 Milliarden Euro gestiegen.
Für extrabudgetär zu vergütende Leistungen (EGV) wie ambulantes
Operieren, Vorsorge- und Früherkennung wird ein Fallzahl- oder Hono-
rardeckel eingeführt. Die jeweiligen Vergütungen werden im nächsten
Jahr (2011) um den Grundlohnsummenanstieg, vermindert um 0,25 Pro-
zentpunkte, erhöht. Für 2012 gilt dann ein Abschlag von 0,5 Prozentpunk-
ten. Die Ausgabenbegrenzung gilt nicht für neue Leistungen sowie Prä-
ventions- und Früherkennungsleistungen, die gesetzlich vorgeschrieben
sind, oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses ba-
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sieren. Dazu gehören Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, das
Hautkrebs-Screening und der Gesundheits-Check-up.
Viele Hausärzte bekommen derzeit zusätzliche Honorare, wenn sie für
ihre Patienten als Lotse im Gesundheitssystem fungieren. Diese Rege-
lung geht zurück auf die schwarz-rote Regierung, die in der letzten Legis-
latur den Zwang zum Abschluss von hausarztzentrierten Versorgungsver-
trägen (HzV) für gesetzliche Krankenkassen eingeführt hat. Die Patienten
verpflichten sich dabei für ein Jahr, vor jedem Facharztbesuch ihren
Hausarzt aufzusuchen. Das soll unnötige Untersuchungen vermeiden.
Dieser Zwang wird auch 2011 nicht aufgehoben. Allerdings sollen bei
neuen Verträgen die Hausarzthonorare in Zukunft insgesamt nicht stärker
steigen als die anderer Kassenärzte. 500 Millionen Euro sollen so einge-
spart werden. Für die Hausarztverträge gibt es einen Bestandsschutz bis
zum 30. Juni 2014. Ursprünglich war dafür als Frist der 31. Dezember
2012 vorgesehen.
Bei den Zahnärzten werden die Vergütungen im nächsten Jahr (2011)
um den Grundlohnsummenanstieg, vermindert um 0,25 Prozentpunkte,
erhöht. Für 2012 gilt dann ein Abschlag von 0,5 Prozentpunkten.
Krankenhäuser: Die Krankenhäuser müssen weniger stark sparen als zunächst geplant.
Grund dafür ist, dass sich die Einnahmen der Krankenkassen wegen der
guten Konjunktur besser entwickeln als gedacht. Wegen der steigenden
Grundlohnrate sollen die Kliniken 400 Millionen Euro mehr behalten dür-
fen als ursprünglich gedacht. Allerdings dürfen die Ausgaben bei den
Krankenhäusern künftig nicht mehr so stark wachsen. Die jeweiligen Ver-
gütungen werden 2011 um den Grundlohnsummenanstieg, vermindert um
0,25 Prozentpunkte, erhöht. Für 2012 gilt dann ein Abschlag von 0,5 Pro-
zentpunkten auf die Veränderungsrate der Grundlohnsumme 2012. Da-
nach können die Fallpauschalenpreise 2011 um maximal 0,9 Prozent
erhöht werden. Im ersten Gesetzentwurf war im Ergebnis ein Anstieg um
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nur 0,25 Prozent vorgesehen. Im Jahr 2012 dürfen die Preise bei einer
geschätzten Grundlohnsummenentwicklung von 1,5 Prozent um ein Pro-
zent steigen (statt um die Hälfte, wie im ersten Gesetzentwurf vorgese-
hen). Geschätztes Einsparpotenzial: 150 Millionen Euro (zusätzlich rund
300 Millionen Euro in 2012). Für Mehrleistungen über vertraglich vereinbarte Leistungen hinaus wird
ein Abschlag von 30 Prozent eingeführt. Dadurch sollen 2011 bis zu 350
Millionen Euro gespart werden (nach vertraglicher Vereinbarung rund 270
Millionen Euro ab 2012).
Krankenkassen: Die Verwaltungskosten der gesetzlichen Kassen und ihrer Verbände
dürfen 2011 und 2012 im Vergleich zu 2010 nicht steigen. 2011 und 2012
sollen so je 300 Millionen Euro gespart werden. Die Verwaltungsausga-
ben in der GKV belaufen sich auf 128 Euro je Versicherten pro Jahr. Bei
der TK sind es nur 102 Euro.
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Zusatzangebote dürfen kein Hoheitsgebiet der PKV sein TK fordert: Rahmenbedingungen für Wahltarife in der GKV anpassen
Seit dem 1. April 2007 dürfen die gesetzlichen Krankenkassen (GKV)
Wahltarife anbieten. Damit haben auch Versicherte in der GKV die Mög-
lichkeit erhalten, ihren Versicherungsschutz ein Stück weit mit zu gestal-
ten. Im Rahmen der aktuellen Gesundheitsreform verfolgte die schwarz-
gelbe Koalition zunächst den Plan, der GKV bestimmte Zusatzangebote
zu verbieten. Dazu kam es letztlich aber nicht. Allerdings ist jetzt im GKV-
Finanzierungsgesetz geregelt, dass die Bindungsfrist für die Wahltarife
"Prämienzahlung", "Kostenerstattung" und "Arzneimittel der besonderen
Therapierichtungen" zum 1. Januar 2011 von drei Jahren auf ein Jahr
reduziert wird.
Was für die Versicherten auf den ersten Blick positiv erscheint, könnte
allerdings dazu führen, dass es für die GKV ungleich schwieriger wird,
diese Tarife überhaupt anzubieten. "Wenn die Regierung angibt, dadurch
die Wahlfreiheit der Versicherten stärken zu wollen, ist das zwar ein lo-
benswerter Gedanke – allerdings funktioniert das Ganze so nicht", sagt
Michael van der Heide-Wulfthüter, Experte für Wahltarife bei der Techni-
ker Krankenkasse (TK). Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass der Versi-
cherte mehr Freiheiten in seiner Wahl hat. Es ist allerdings fraglich, ob
sich das auf die Bindungsfrist beziehen sollte.
Verkürzung der Bindungsfrist gefährdet Wirtschaftlichkeit der Tarife
"Die Verkürzung der Mindestbindungsfrist bei einigen Tarifen birgt wirt-
schaftliche Risiken. Das gilt besonders für Tarife zur Prämienzahlung bei
Nichtinanspruchnahme von Leistungen, der so genannten Beitragsrück-
zahlung", erklärt van der Heide-Wulfthüter. "Diese Tarife finanzieren sich
im Wesentlichen durch die Deckungsbeiträge der gehaltenen PKV-
Kündiger. Durch die Bindung an den Tarif werden diese Versicherten
gleichzeitig auch an die GKV gebunden. Das muss man nicht hinter vor-
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gehaltener Hand sagen." Maßgeschneiderte Angebote tragen dazu bei,
gute Versicherungsrisiken in der GKV zu halten und somit das Solidarsys-
tem zu stärken. Die GKV muss deshalb die Möglichkeit haben, ihren Ver-
sicherten über Wahltarife eine sinnvolle Ergänzung des Krankenversiche-
rungsschutzes anzubieten.
Der TK-Experte plädiert auch für eine einheitliche Genehmigungspraxis
durch die Aufsichtsbehörden der Krankenkassen. "Heute profitieren regi-
onale Kassen – wie die AOKen – davon, dass die zuständigen Landes-
aufsichten oftmals Tarife genehmigen, die das Bundesversicherungsamt
als Aufsichtsbehörde für überregionale Kassen ablehnt", betont der Ex-
perte. Das führt zu ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrungen.
Wahltarife der TK im Überblick
Bei der TK gibt es zurzeit 20 Wahltarife, mit denen Versicherte zusätzliche
Leistungen bekommen, Prämien erhalten oder sich für besondere Versor-
gungsformen entscheiden können.
TK-Tarif Select: In diesem Tarif hat der Teilnehmer die Möglichkeit auf bis zu fünf be-
stimmte Leistungen zu verzichten und erhält hierfür eine jährliche Geld-
prämie. Dafür übernimmt er einen Teil der eventuell für ihn anfallenden
Kosten, den so genannten Selbstbehalt. Die Höhe der Prämie und des
Selbstbehaltes ist davon abhängig, wie viele der fünf möglichen Leistun-
gen der Teilnehmer abwählt.
TK-Tarif Traveller: Der TK-Tarif Traveller ist ein besonderer Selbstbehalttarif, bei dem der
Teilnehmer optional anstelle der Auszahlung einer kleinen Prämie kosten-
los ein Reiseschutzpaket des TK-Kooperationspartners Envivas erhält.
Das Reiseschutzpaket, das über einen gesonderten Vertrag mit der
Envivas abgeschlossen wird, besteht aus einer Auslandsreise-
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Herausgeber: Techniker Krankenkasse • Pressestelle • Bramfelder Straße 140 • 22305 Hamburg Tel.: 040 - 69 09-17 83 • Fax: 040 - 69 09-13 53 • E-Mail: [email protected] TK-Medienservice im Internet: www.presse.tk.de. Ausgabe: Dezember 2010
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Krankenversicherung TravelPlus und umfassenden Assistance-
Leistungen, die exklusiv für Teilnehmer am TK-Tarif Traveller erweitert
wurden. Alternativ kann auch eine Geldprämie gewählt werden. Der TK-
Tarif Traveller umfasst zwei Tarifstufen: Stufe 1 für Mitglieder ohne TK-
Familienversicherte und Stufe 2 für Mitglieder mit TK-
Familienversicherten.
TK-Tarife Selbstbehalt Prämie 100, 240, 400 & 600: Der Teilnehmer erhält eine jährliche Prämie, wenn er keine oder nur eini-
ge Leistungen in Anspruch nimmt. Je nach Tarif beträgt die Prämie 100,
240, 400 oder 600 Euro. Der Teilnehmer muss dafür einen Teil der even-
tuell für ihn oder seine mitversicherten volljährigen Familienangehörigen
anfallenden Gesundheitskosten übernehmen, den so genannten Selbst-
behalt. Ein Tarif mit höherer Prämie ist immer mit dem Risiko eines höhe-
ren Selbstbehaltes verbunden. Dabei steigt die Differenz zwischen
Selbstbehalt und Prämienzahlung von Tarif zu Tarif und somit auch das
persönliche finanzielle Risiko.
TK-Tarif Prämienzahlung: Der Teilnehmer erhält einen Teil der von ihm selbst getragenen Kranken-
versicherungsbeiträge zurück, sofern er und seine volljährigen Familien-
angehörigen in dem jeweiligen Jahr keine TK-Leistungen in Anspruch
genommen haben (Vorsorgeuntersuchungen sind davon ausgenommen!).
Die maximale Prämie beträgt im 1. Jahr 50 Prozent, im 2. Jahr 75 Prozent
und erst ab dem 3. Jahr 100 Prozent eines Monatsbeitrages (ohne Arbeit-
geberanteil). Voraussetzung ist immer, dass der gesamte Zeitraum leis-
tungsfrei war. Wurden in einem Jahr Leistungen in Anspruch genommen
und wurde deshalb keine Prämie ausgezahlt, beginnt der Prämienan-
spruch ab dem folgenden leistungsfreien Jahr wieder mit dem nächstnied-
rigen Prozentsatz.
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Tarif TK-Privat Natur Arznei: Das Mitglied und familienversicherte Angehörige können rezeptfreie, aber
apothekenpflichtige Arzneimittel der Homöopathie, Phytotherapie und
Anthroposophie nach Verordnung durch einen Vertragsarzt auf einem
Privatrezept über eine Apotheke beziehen und anschließend die Rech-
nung zur Erstattung bei der TK einreichen. Für die Teilnahme an dem
Tarif ist eine zusätzliche Prämie an die TK zu bezahlen, die sich nach
dem Alter richtet.
TK-Tarife Krankengeld: Wer krank wird, hat nicht nur den gesundheitlichen Schaden, sondern oft
auch finanzielle Ausfälle. Mit den TK-Tarifen Krankengeld können sich die
Teilnehmer individuell absichern. Besonders wichtig ist dieses für Selbst-
ständige, Künstler und Publizisten – und für Arbeitnehmer, die von ihrem
Arbeitgeber während einer Krankheit nicht wenigstens für sechs Wochen
weiter Entgelt erhalten. Je nach gewählter Tarifvariante kann man dabei
beeinflussen, wann die Krankengeld-Zahlung beginnen, wie lange sie
dauern und wie hoch sie sein soll. Bei allen Tarifen wird das Krankengeld
bereits ab dem ersten Tag gezahlt, wenn ein Krankenhausaufenthalt not-
wendig ist. Die monatliche Prämie richtet sich nach der gewählten Höhe
des Krankengeldes.
TK-Tarif Integrierte Versorgung: Der wichtigste Vorteil beim kostenlosen Wahltarif zur Integrierten Versor-
gung ist die verbesserte koordinierte Zusammenarbeit zwischen niederge-
lassenen Hausärzten, Fachärzten, Krankenhäusern und anderen Leis-
tungserbringern wie Apotheken oder Rehabilitationseinrichtungen. Damit
wird eine besonders effektive und sichere Behandlung auf hohem medizi-
nischem Niveau ermöglicht.
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Tarife für besondere Versorgungsformen: Teilnehmer eines Disease-Management-Programms (DMP) können sich
für eine Teilnahme am kostenlosen Wahltarif TK-Plus-Programm ent-
scheiden. Das Programm ist ein Angebot an chronisch Kranke, die an
Diabetes, Brustkrebs, Koronarer Herzkrankheit, Asthma oder an der
Chronisch obstruktiven Lungenkrankheit leiden. Es handelt sich um ein
Behandlungskonzept, bei dem Ärzte und medizinische Einrichtungen auf
der Grundlage derselben medizinischen Handlungsempfehlung eng mit
dem Patienten zusammenarbeiten.
Der Hausarzttarif richtet sich vorrangig an TK-Versicherte ab 15 Jahren.
Kinder unter 15 Jahren können von ihrem gesetzlichen Vertreter ange-
meldet werden. In Bayern und Baden-Württemberg gelten keine Altersbe-
schränkungen. Beim Hausarztmodell übernimmt der Hausarzt eine Lot-
senfunktion: Er koordiniert die Behandlung, bindet bei Bedarf Fachärzte
mit ein und kümmert sich um die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfs-
mitteln. Die Entscheidung zur Teilnahme ist freiwillig. Wer den Hausarzt-
vertrag wählt, ist für zwölf Monate daran gebunden. Teilnehmer des
Hausarzttarifs profitieren von den Sonderkonditionen des Vertrages: Der
Hausarzt bietet pro Woche mindestens eine erweiterte Sprechzeit an.
Auch sollte die Wartezeit für TK-Patienten mit Termin nicht länger als 30
Minuten dauern. Derzeit sind weitere Tarife in der Entwicklung, die das
Angebot der TK erweitern werden. Weitere Informationen gibt es im Inter-
net unter www.tk.de in der Rubrik "Versicherung & Tarife".
Wahltarife Seit dem 1. April 2007 dürfen die gesetzlichen Krankenkassen Wahltarife anbieten. Im GKV-Finanzierungsgesetz wird geregelt, dass die Bindungsfrist für die Wahltarife "Prämienzahlung", "Kostenerstattung" und "Arzneimit-tel der besonderen Therapierich-tungen" zum 1. Januar 2011 von drei Jahren auf ein Jahr reduziert wird.
Motiv zum Download unter www.presse.tk.de. Quelle: Techniker Krankenkasse