mechanische verfahrenstechnik (bohnet/mechanische verfahrenstechnik) || zerkleinern

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4.4.8 Kriterien zur Auswahl von Fest/Flɒssig-Trennapparaten Die Entscheidung fɒr die Wahl eines bestimmten Verfahrens zur LɆsung eines Fest/Flɒssig-Trennproblems hȨngt von sehr unterschiedlichen Kriterien ab. In einem ersten Schritt muß das Trennproblem analysiert und ein Anforderungs- profil an die Trennergebnisse formuliert werden. Auf diese Weise kann die Auswahl des Trennverfahrens von der physikalischen Realisierbarkeit her eingegrenzt wer- den. Es schließen sich in der Regel Trennversuche im Labormaßstab an, um fɒr den jeweiligen Anwendungsfall und einen ins Auge gefaßten Apparatetyp die not- wendige Datenbasis zu bekommen. Unter Einbeziehung wirtschaftlicher und anderer Kriterien ist dann auf der Grundlage der Laborversuche meist ein Test im halbtechnischen Maßstab mit dem ins Auge gefaßten Apparatetyp notwendig. Hiermit sollen die apparatespezifischen Parameter untersucht werden, die mit dem einfachen Laborversuch nicht erfasst werden kɆnnen. Vom erfolgreich durchgefɒhrten Pilottest kann eine quantitative Hochrechnung auf die vorgesehene BetriebsgrɆße erfolgen. 5 Zerkleinern Nahezu alle festen Stoffe mɒssen bei Gewinnung und Verarbeitung zerkleinert wer- den; Beispiele dafɒr sind mineralische, pflanzliche und tierische Rohstoffe, Zwi- schen- und Endprodukte in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Pig- mente, Kunststoffe, Baustoffe und Abfallstoffe (z.B. Schrotte, Kunststoffe, Altpa- pier). Die Aufgabenstellungen beim Zerkleinern kɆnnen unterschiedlich sein und lassen sich nach folgenden Gesichtspunkten unterteilen: l PartikelgrɆßenverteilung: Im einfachsten Fall ist eine bestimmte charakteristische PartikelgrɆße, z.B. der Medianwert oder die Obergrenze, vorgegeben. ZusȨtz- lich kɆnnen auch Forderungen bezɒglich der Verteilungsbreite oder gar der Verteilungsfunktion gestellt sein. In manchen FȨllen wird eine untere Begren- zung der PartikelgrɆßenverteilung verlangt (staubfreies Produkt). Solch weiter- fɒhrende Forderungen kɆnnen im Allgemeinen nicht durch bloßes Zerklei- nern, sondern nur mit einer Kombination von Zerkleinerungsmaschinen und Klassiereinrichtungen erfɒllt werden. l Spezifische OberflȨche: Prinzipiell lȨsst sich die gleiche spezifische OberflȨche mit unendlich vielen PartikelgrɆßenverteilungen erreichen. Deshalb ist diese Anforderung meistens mit einer Vorgabe zum KɆrnungsaufbau, z.B. Median- wert oder KɆrnungsspanne, verknɒpft. l Aufschlussgrad: Die Partikeln von mineralischen und pflanzlichen Rohstoffen sowie von Abfallstoffen bestehen aus verschiedenen Komponenten. Das Zer- kleinern soll die Wertstoffe freilegen, um diese mittels eines Sortierprozesses gewinnen zu kɆnnen. 149 4.4 Abscheiden von Feststoffen aus Flɒssigkeiten

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Page 1: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Zerkleinern

4.4.8

Kriterien zur Auswahl von Fest/Fl�ssig-Trennapparaten

Die Entscheidung f�r die Wahl eines bestimmten Verfahrens zur L�sung einesFest/Fl�ssig-Trennproblems h�ngt von sehr unterschiedlichen Kriterien ab.

In einem ersten Schritt muß das Trennproblem analysiert und ein Anforderungs-profil an die Trennergebnisse formuliert werden. Auf diese Weise kann die Auswahldes Trennverfahrens von der physikalischen Realisierbarkeit her eingegrenzt wer-den. Es schließen sich in der Regel Trennversuche im Labormaßstab an, um f�rden jeweiligen Anwendungsfall und einen ins Auge gefaßten Apparatetyp die not-wendige Datenbasis zu bekommen.

Unter Einbeziehung wirtschaftlicher und anderer Kriterien ist dann auf derGrundlage der Laborversuche meist ein Test im halbtechnischen Maßstab mit demins Auge gefaßten Apparatetyp notwendig. Hiermit sollen die apparatespezifischenParameter untersucht werden, die mit dem einfachen Laborversuch nicht erfasstwerden k�nnen. Vom erfolgreich durchgef�hrten Pilottest kann eine quantitativeHochrechnung auf die vorgesehene Betriebsgr�ße erfolgen.

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Zerkleinern

Nahezu alle festen Stoffe m�ssen bei Gewinnung und Verarbeitung zerkleinert wer-den; Beispiele daf�r sind mineralische, pflanzliche und tierische Rohstoffe, Zwi-schen- und Endprodukte in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Pig-mente, Kunststoffe, Baustoffe und Abfallstoffe (z.B. Schrotte, Kunststoffe, Altpa-pier). Die Aufgabenstellungen beim Zerkleinern k�nnen unterschiedlich sein undlassen sich nach folgenden Gesichtspunkten unterteilen:l Partikelgr�ßenverteilung: Im einfachsten Fall ist eine bestimmte charakteristische

Partikelgr�ße, z.B. der Medianwert oder die Obergrenze, vorgegeben. Zus�tz-lich k�nnen auch Forderungen bez�glich der Verteilungsbreite oder gar derVerteilungsfunktion gestellt sein. In manchen F�llen wird eine untere Begren-zung der Partikelgr�ßenverteilung verlangt (staubfreies Produkt). Solch weiter-f�hrende Forderungen k�nnen im Allgemeinen nicht durch bloßes Zerklei-nern, sondern nur mit einer Kombination von Zerkleinerungsmaschinen undKlassiereinrichtungen erf�llt werden.

l Spezifische Oberfl�che: Prinzipiell l�sst sich die gleiche spezifische Oberfl�chemit unendlich vielen Partikelgr�ßenverteilungen erreichen. Deshalb ist dieseAnforderung meistens mit einer Vorgabe zum K�rnungsaufbau, z.B. Median-wert oder K�rnungsspanne, verkn�pft.

l Aufschlussgrad: Die Partikeln von mineralischen und pflanzlichen Rohstoffensowie von Abfallstoffen bestehen aus verschiedenen Komponenten. Das Zer-kleinern soll die Wertstoffe freilegen, um diese mittels eines Sortierprozessesgewinnen zu k�nnen.

1494.4 Abscheiden von Feststoffen aus Fl�ssigkeiten

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l Partikelform: F�r manche Anwendungen sind ann�hernd kubische, gerundeteoder scharfkantige Partikeln vorteilhaft. Diese speziellen Formen sollen dann�berwiegend vorhanden sein.

M�hlen, in denen feinstdisperses Material vielfach mit hohen Intensit�ten bean-sprucht wird (z.B. Schwingm�hlen), bewirken eine mechanische Aktivierung, diedann das Prozessziel ist, eine Zerkleinerung erfolgt gegebenenfalls als Vorstufe.

Nachfolgend werden wesentliche Aspekte der Grundlagen und Maschinentech-nik des Zerkleinerns besprochen; weiterf�hrende Darstellungen finden sich in[5.1]–[5.6].

5.1

Grundlagen

In Zerkleinerungsmaschinen erfolgt die Beanspruchung der Partikeln nur in Teilbe-reichen des Prozessraums, z.B. in den Kontaktbereichen zwischen den Mahlkugelnin Kugelm�hlen. Die Partikeln m�ssen in diesen Bereich, das aktive Volumen, ge-langen und ihn nach der Beanspruchung wieder verlassen. Zu den Grundlagen ge-h�ren deshalb die Definition des aktiven Volumens, die Bestimmung der Beanspru-chungsspektren, die Behandlung der Partikelbewegung im M�hlenraum und dieBeschreibung des Partikelbruchs, mit dem sich dieses Kapitel befasst.

5.1.1

Partikelbruch

Die Beanspruchung beim Zerkleinern verformt die Partikeln; es entsteht ein Span-nungsfeld. Beim Erreichen eines Bruchkriteriums wird ein Bruch ausgel�st. Durch-quert er die Partikel, dann ist diese zerbrochen. Beim Zerkleinern werden die Parti-keln dar�ber hinaus beansprucht, so dass auch entstandene Bruchst�cke zerbrechenk�nnen. Deshalb ist zwischen der ersten Phase bis zum Bruchpunkt und der zweitenPhase zu unterscheiden. Abbildung 5.1 zeigt das Belastungsdiagramm einer 300-�m-Marmorpartikel unter einer Druckbeanspruchung. Die erste Spitze markiert denBruchpunkt; der steile Kraftabfall resultiert aus der Zerst�rung der Partikel. Dernachfolgende Kurvenverlauf erfasst die Beanspruchung der Bruchst�cke.

Die Art der Beanspruchung wird durch die Bauart der Zerkleinerungsmaschinefestgelegt; f�r eine Klassifizierung eignen sich folgende Gesichtspunkte (Abb. 5.2 ):I Beanspruchungen zwischen zwei Werkzeugen

a) Druck-Schub-Beanspruchung von Einzelk�rnern oder Partikelgruppen,b) Schneidbeanspruchung, c) Scherbeanspruchung und d) Reissbeanspruchung,

II Beanspruchung an einem Werkzeuga) Prallbeanspruchung an einer Fl�che, b) Prallbeanspruchung an einerSchneide und c) Partikel-Partikel-Prall,

III Beanspruchung in Scherstr�mungen und Turbulenzfeldern,IV Sonderformen der Beanspruchung, z.B. durch Schockwellen, in Ultraschallfel-

dern, durch Funkenentladungen in Partikeln, durch Abschrecken.

150 5 Zerkleinern

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Abb. 5.1 Belastungsdiagramm einer 300-�m-Marmorpartikel, a) 1. Phase und b) 2. Phase derBeanspruchung

In Zerkleinerungsmaschinen erfolgt die Zerkleinerung vor allem mittels Werkzeu-gen. Bei der Druck-Schub-Beanspruchung wirken die Kontaktkr�fte von zwei Sei-ten, bei der Prallbeanspruchung hingegen von einer Seite. In Maschinen mit derBeanspruchung zwischen zwei Werkzeugen liegt die Beanspruchungsgeschwindig-keit unter 10 m s–1 und bei Prallbeanspruchung zwischen 20 und 150 m s–1. Scher-str�mungen und Turbulenzfelder bewirken kleine Beanspruchungsintensit�ten, dieim Allgemeinen nur zur Zerst�rung von nicht zu festen Agglomeraten ausreichen.Die Sonderformen m�gen f�r spezielle Anwendungen n�tzlich sein, haben jedochtrotzmancher Bem�hungen f�r die Zerkleinerungstechnik keine Bedeutung erlangt.

Zur Ausl�sung eines Bruches muss das Bruchkriterium erreicht werden, wof�rein Spannungsniveau notwendig ist, dessen H�he einerseits vom Mahlgut und an-dererseits von der Gr�ße der Materialfehler wie Mikrorisse und Strukturfehler ab-h�ngt. Das infolge der Verformung entstehende Spannungsfeld wird durch materi-alspezifische Gesetze bestimmt, die Dehnung und Spannung verkn�pfen. Diese un-terscheiden sich danach, ob sich das Material reversibel, d.h. elastisch, oderirreversibel, d.h. inelastisch, verformt und außerdem hinsichtlich des Einflussesvon Temperatur bzw. Dehngeschwindigkeit. Daraus folgen drei Grenzf�lle:

Elastisches Verformungsverhalten: reversibel, unabh�ngig von Temperatur undDehngeschwindigkeit (Glas, Quarz, viele Erze).

Elastisch-plastisches Verformungsverhalten: irreversibel, abh�ngig von Tempera-tur jedoch nicht von Dehngeschwindigkeit, Plastizit�t mit Temperatur zunehmend(Metalle).

Elastisch-viskoses Verformungsverhalten: irreversibel, abh�ngig von Temperaturund Dehngeschwindigkeit, Viskosit�t bei Abk�hlung bzw. Erh�hung der Dehnge-schwindigkeit abnehmend (Kunststoffe, organische Chemikalien, pflanzliche Roh-stoffe).

Bei inelastischen Verformungen entstehen kleinere Spannungen, und ein Anteilder zugef�hrten Energie wird dissipiert, folglich erfordert dann die Bruchausl�sungeine st�rkere Verformung und eine gr�ßere Energiezufuhr; das Zerkleinern wird er-

1515.1 Grundlagen

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Abb. 5.2 Beanspruchungsarten

schwert. Das Verformungsverhalten der Partikeln ist haupts�chlich vom Mahlgutentsprechend dem obigen Schema abh�ngig, doch im Feinkornbereich zus�tzlichvon der Partikelgr�ße (s. Abschnitt 5.1.2.1 Partikelfestigkeit).

In isotropen Materialen breiten sich Spr�dbr�che senkrecht zur maximalen Zug-spannung und Schubbr�che parallel zur maximalen Schubspannung aus. In Kris-tallen beeinflussen außerdem die Kristallebenen und in polykristallinen Materialiendie Korngrenzen den Bruchverlauf und modifizieren ihn, so dass die obigen Regelnnur approximativ gelten. In jedem Fall bestimmt das Spannungsfeld die Bruchaus-breitung und damit das Bruchfeld und die Form der Bruchst�cke. F�r unregelm�-

152 5 Zerkleinern

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ßig geformte Partikeln l�sst sich das Spannungsfeld nicht berechnen. Aus den be-kannten Theorien f�r druck- bzw. prallbeanspruchte Kugeln und experimentellenBefunden ergibt sich die Aussage, dass zwei typische Bruchfelder existieren, jenachdem, ob sich der Kontaktbereich �berwiegend elastisch oder inelastisch ver-formt (Abb. 5.3). Im ersten Fall entsteht im Kontaktbereich Feingut; bei Partikelngroßer Festigkeit kann sich auch ein schlauchf�rmiger Feingutbereich um die Ver-bindungslinien zwischen den entgegengesetzt wirkenden Kontaktkr�ften ausbilden.Außerhalb davon werden deutlich gr�ßere splittrige Bruchst�cke erzeugt. Bei in-elastisch verformten Kontaktbereichen bleiben diese unzerbrochen und die Partikelwird durch Br�che gespalten, die beim Kugelbruch als Meridianbr�che bezeichnetwerden und apfelsinenschnitzf�rmige Bruchst�cke erzeugen. Zwischen diesen bei-den Typen gibt es �bergangsformen je nach Ausmaß des inelastischen Verfor-mungsanteils. Diese Befunde gelten sowohl f�r die Druck- als auch Prallbeanspru-chung, allerdings mit dem Unterschied, dass bei Letzterer nur ein Kontaktbereichauf einer Seite existiert. Feingut – der Begriff »fein« ist hier im Verh�ltnis zur einge-setzten Partikelgr�ße zu verstehen – entsteht also nur in elastisch verformten Kon-taktbereichen, weil in diesen das Spannungsfeld eine große Energiedichte besitzt.Die Gr�ßenverteilung der Bruchst�cke ist mehrmodal (siehe auch Abschnitt 5.1.2).Der Zerkleinerungsgrad ist gr�ßer als bei Partikeln mit inelastisch verformtem Kon-taktbereich. Die mittleren und gr�ßeren Bruchst�cke sind in beiden F�llen splittrig;kubische Formen entstehen nicht direkt, sondern erst durch nachfolgende Bean-spruchungen, bei denen vorzugsweise Spitzen und Kanten abgebrochen werden.

Abb. 5.3 Schematische Darstellung der Bruchfelder in Kugeln; A: Druckbeanspruchung, links elastischeund rechts inelastische Verformung des Kontaktbereiches; B: wie A, jedoch Prallbeanspruchung; inschattierten Bereichen hohe Rissdichte (Feingutbereiche)

1535.1 Grundlagen

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5.1.2

Zerkleinerungstechnische Partikeleigenschaften

Die zerkleinerungsrelevanten Partikeleigenschaften charakterisieren den Wider-stand gegen eine Zerst�rung bzw. deren Ergebnis; zu den ersteren geh�ren Partikel-festigkeit, Bruchwahrscheinlichkeit sowie spezifische Bruchenergie und zu denzweiteren Bruchanteil, Bruchfunktion (Gr�ßenverteilung der Bruchst�cke), sowieZunahme der spez. Oberfl�che bzw. des Aufschlussgrades. Die Bestimmung erfolgtmit Testapparaturen f�r die Beanspruchung von einzelnen Partikeln oder Partikel-gruppen unter definierten Bedingungen. Mit den genannten Ergebnisgr�ßen wirdauch das Resultat von Zerkleinerungsprozessen beschrieben, das jedoch auch vonden Maschineneigenschaften und den Betriebsbedingungen abh�ngt und deshalbdie Partikeleigenschaften nicht repr�sentiert.

Das Zerkleinerungsergebnis ist von der Beanspruchungsintensit�t abh�ngig, dieentweder durch dynamische oder energetische Gr�ßen quantifiziert wird. Dynami-sche Gr�ßen lassen sich nur f�r die Druckbeanspruchung definieren, wobei f�r dieEinzelkorn-Beanspruchung die Kraft auf den Nennquerschnitt der Partikel und f�rdie Beanspruchung einer Partikelgruppe auf deren Querschnitt bezogen wird. Dieenergetischen Intensit�tsgr�ßen k�nnen sowohl f�r die Druck- als auch f�r diePrallbeanspruchung gemessen werden und ergeben sich aus der zugef�hrten oderumgesetzten Energie bezogen auf die Partikelmasse bzw. das Partikelvolumen. DerMassenbezug ist zwar �blich, doch der Volumenbezug sinnvoller, da bei elastischerVerformung die Spannungen proportional zur Quadratwurzel der Energiedichtesind. Bei der Prallbeanspruchung ist die zugef�hrte massenbezogene Energie pro-portional zum Quadrat der Prallgeschwindigkeit, deshalb wird auch diese als Inten-sit�tsgr�ße benutzt. Die umgesetzte Energie ergibt sich aus der zugef�hrten Ener-gie nach Abzug der R�ckdehnenergie und kann nur bei der Druckbeanspruchungbestimmt werden.

Die zerkleinerungsrelevanten Partikeleigenschaften lassen sich nicht aus den me-chanischen Stoffeigenschaften wie Elastizit�tsmodul, Fließgrenze, Zugfestigkeit,Bruchz�higkeit, H�rte u. �. ableiten, obgleich sie prinzipiell mit diesen verkn�pftsind.

5.1.2.1 PartikelfestigkeitDer Quotient der Kraft am Bruchpunkt und zum Nennquerschnitt der Partikel wirdals Partikelfestigkeit bezeichnet, die zwar formal die Definition einer Spannung be-sitzt, jedoch keiner Spannung des Spannungsfeldes in der Partikel entspricht. Dasist der wesentliche Unterschied zu den Festigkeitswerten der Materialpr�fung.Trotzdem ist die Partikelfestigkeit eine aufschlussreiche Vergleichsgr�ße. Abbildung5.4 zeigt die Abh�ngigkeit der mittleren Partikelfestigkeit von der Partikelgr�ße. F�rden starken Anstieg – etwa proportional zum Kehrwert der Partikelgr�ße – im Be-reich unter 1000 �m, gibt es zwei Gr�nde: 1) Kleinere Partikeln besitzen kleinereMaterialfehler, so ist ein h�heres Spannungsniveau zur Bruchausl�sung erforder-lich. 2) Im Bereich der Kontaktkr�fte entstehen außer den bruchausl�senden Zug-spannungen auch etwa dreifach gr�ßere Schubspannungen, die inealstische Verfor-

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Abb. 5.4 Partikelfestigkeit in Abh�ngigkeit von der Partikelgr�ße, Glaskugeln (1), Borcarbid (2),Quarz (3), Kalkstein (4), Steinkohle (5)

mungen bewirken k�nnen bevor das Bruchkriterium erreicht wird. Der Kontaktbe-reich verformt sich dann inelastisch, und zwar mit abnehmender Partikelgr�ße im-mer st�rker; zur Bruchausl�sung muss dann eine gr�ßere Kraft wirken.

5.1.2.2 BruchwahrscheinlichkeitDie Bruchwahrscheinlichkeit gibt die Verteilung der Partikelfestigkeit einer engenGr�ßenfraktion als Funktion einer der Intensit�tsgr�ßen an. Untersuchungen ha-ben ergeben, dass sich die Bruchwahrscheinlichkeiten f�r spr�de Materialien als lo-garithmische Normalverteilungen darstellen lassen, die am oberen und gegebenen-falls auch am unteren Ende begrenzt sind [5.7], [5.8]; ein Beispiel daf�r zeigt Abbil-dung 5.5, in der die Bruchwahrscheinlichkeit f�r die Prallbeanspruchung vonGlaskugeln im logarithmischen Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragen ist. Entspre-chend der Festigkeitszunahme mit abnehmender Partikelgr�ße verschieben sichdie Verteilungskurven zu h�heren Prallgeschwindigkeiten. Nach [5.9] l�sst sich dieBruchwahrscheinlichkeit der Prallbeanspruchung verschiedener Materialien undPartikelgr�ßen und sogar f�r wiederholte Beanspruchung in einer Kurve darstellen,deren Funktion durch �bertragung der Weibull-Statistik auf den Partikelbruch und�hnlichkeitsbetrachtungen abgeleitet wurde:

P ¼ 1� expf�f d k ðEM � EM;minÞg ð5:1Þ

Hier ist d die Partikelgr�ße; f ein Materialparameter; k die Zahl der Beanspruchun-gen; EM die massenbezogene Beanspruchungsenergie und EM;min der Schwellen-wert von EM .

Die Werte von f und EM;min sind experimentell zu bestimmen. Abb. 5.6 zeigt die

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Abb. 5.5 Bruchwahrscheinlichkeit von Glaskugeln bei Prallbeanspruchung

Ergebnisse f�r drei Typen von Polymethylmethacrylaten, zwei Typen von Polysty-rol, Kalkstein und Glaskugeln; die f -Werte f�r die Kunststoffe liegen bei 0,1 und f�rGlaskugeln bei 0,94 kg J–1m–1, die Werte f�r (d � EM;min) zwischen 3 und 6 bzw. bei0,1 kg J–1m–1.

5.1.2.3 Partikelgr�ßenverteilungen nach BeanspruchungDas Bruchfeld spr�der Materialien (s. Abb. 5.3) l�sst erwarten, dass bestimmte Gr�-ßenklassen bevorzugt besetzt sind; die Partikelgr�ßenverteilung erweist sich alseine Mischung von Teilkollektiven, die durch nach oben begrenzte Normalverteilun-gen dargestellt werden k�nnen [5.10]. Abbildung 5.7 zeigt dies f�r 5,0/6,3 mmQuarz-partikeln; es entstehen vier Teilkollektive. Die Medianwerte und Streuungsparameterder drei unteren Teilkollektive sind im untersuchten Bereich von 5 bis 18 mm na-hezu unabh�ngig von der Partikelgr�ße und der Beanspruchungsintensit�t. DerMedianwert des gr�bsten Teilkollektivs korrespondiert mit der Partikelgr�ße. Mit

Abb. 5.6 Masterkurve der Bruchwahrscheinlichkeit f�r die Prallzerkleinerung f�r verschiedene Kunst-stoffe, Kalkstein und Glaskugeln

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Abb. 5.7 Gr�ßenverteilung Q(d) und anteilige Verteilungsdichten �iqi(lnd) der Teilkollektive, Einzel-korn-Beanspruchung von Quarz 5,0/6,3 mm mit 0,67 J g–1, �i: Mengenanteil in Teilkollektiv i, �1 = 0,77,�2 = 0,15, �3 = 0,05, �4 = 0,03

zunehmender Beanspruchungsintensit�t �ndert sich die Besetzung der Teilkollek-tive, da der Mengenanteil im gr�bsten Kollektiv abnimmt und die anderen Kollek-tive aufgef�llt werden. Auch bei der Beanspruchung von Kornschichten mit kleinenIntensit�ten sowie in W�lz- und Kugelm�hlen entstehen die gleichen Teilkollektive[5.11].

5.1.2.4 Bruchanteil und BruchfunktionIn einer Partikelgruppe erfahren die Partikeln unterschiedliche Beanspruchungen,und nur ein Teil von ihnen wird zerbrochen. Deswegen ist es sinnvoll, die granulo-metrische �nderung mit dem Bruchanteil und der Gr�ßenverteilung der Bruch-st�cke, der so genannten Bruchfunktion, zu beschreiben. Bei der Einzelkornbean-spruchung ist der Bruchanteil mit der Bruchwahrscheinlichkeit identisch.

Bei Kugeln l�sst sich das Zerbrochensein leicht erkennen, f�r unregelm�ßig ge-formte Partikeln wird vereinbart, dass der Bruchanteil gleich dem Mengenanteil ist,der aus einer engen Gr�ßenfraktion herausgebrochen wird. Diese Vereinbarung un-tersch�tzt den wirklichen Bruchanteil, definiert jedoch eindeutig die Bestimmungs-methode und entspricht dem bei der Modellierung �blichen Formalismus (s. Ab-schnitt 5.3).

Bruchanteil und Bruchfunktion sind von Konfiguration, granulometrischer Zu-sammensetzung und Packungsstruktur der Partikelgruppe abh�ngig. Eine Sonder-form stellt das sogenannte ideale Gutbett dar, das den unendlichen Halbraum inso-fern repr�sentiert, als Wandeffekte f�r das Zerkleinerungsergebnis vernachl�ssigtwerden k�nnen. Diese Bedingung gilt f�r einen kreiszylindrischen Presstopf mit ei-ner Betth�he f�nfmal gr�ßer als das Maximalkorn und einem Durchmesser dreimalgr�ßer als die Betth�he. Untersuchungen mit Quarzfraktionen zwischen 200 und

1575.1 Grundlagen

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Abb. 5.8 Normierter Bruchanteil einer Quarzfraktion in Abh�ngigkeit des normierten Energieaufwands

4000 �m ergaben [5.12], dass sich der Bruchanteil durch eine Masterkurve in derForm einer Exponentialfunktion und die Bruchfunktionen als oben begrenzte Nor-malverteilungen darstellen lassen (Abb. 5.8 und 5.9).

P=P1 ¼ 1� exp f�ðEM=EM;cÞ�g ð5:2Þ

Hier ist P der Bruchanteil; P1 der obere Grenzwert von P ; EM die massenbezogenumgesetzte Energie; EM;c ein charakteristischer Wert von EM und � ein Kurven-formparameter.

F�r Quarz gelten folgende Werte: P1 ¼ 0; 89; � ¼ 0; 54; EM;c ¼ Kðdc=dÞ0;52;K ¼ 10 Jg�1; dc ¼ 60 �m. Der Einfluss der Partikelgr�ße ist beim Bruchanteil inEM;c und bei der Bruchfunktion im normierten Medianwert und der Standardab-weichung enthalten. EM;c erh�ht sich mit abnehmender Partikelgr�ße, was der zu-nehmenden Partikelfestigkeit entspricht. Der normierte Medianwert nimmt dabeizu und die Standardabweichung ab, d.h. der Zerkleinerungsgrad verringert sich,

Abb. 5.9 Bruchfunktion der Quarzfraktion 3200/4000 mm bei interpartikul�rer Beanspruchung mit dreiunterschiedlichen EM

*-Werten

158 5 Zerkleinern

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und die Verteilung der Bruchst�cke wird steiler. Diese beiden Verteilungsparametersind zudem von der Beanspruchungsintensit�t in der Form abh�ngig, dass mitderen Zunahme der Zerkleinerungsgrad w�chst und sich die Verteilung verbreitert.

In einem polydispersen Gutbett �ndern sich Zahl und Richtung der Kontaktkr�ftemit der granulometrischen Zusammensetzung, deshalb l�sst sich die Zerkleine-rung nicht durch eine anteilsgewichtete Addition der Ergebnisse von monodisper-sen Gutbetten berechnen. Prinzipiell gelten die Tendenzen, dass die feineren Parti-keln st�rker und die gr�beren weniger stark beansprucht werden. Diesem Effektwird in einem Modell [5.12] mit einer Energiesplittfunktion entsprochen, die dieAufteilung der Energie auf die Fraktionen erfasst. Experimentelle Untersuchungenhaben gezeigt, dass diese Funktion sowohl vom K�rnungsaufbau als auch von derBeanspruchungsintensit�t abh�ngt.

5.1.2.5 Spr�d-plastischer �bergangWie bereits besprochen, verformt sich der Kontaktbereich feiner spr�der Partikelnteilweise inelastisch. Dieser Effekt verst�rkt sich mit abnehmender Partikelgr�ßederart, dass die Partikel zu einem Fladen zusammengedr�ckt wird und kein Bruch-punkt existiert. In Abbildung 5.10 sind die Beanspruchungsdiagramme f�r eine83-mm- und eine 6,1-mm-Marmorpartikel und die REM-Aufnahmen nach der Be-anspruchung darstellt [5.13]. Bei der gr�ßeren Partikel sind der Bruchpunkt unddie Spitzen der Bruchereignisse in der zweiten Phase erkennbar. Die Bruchst�ckebesitzen Bruchfl�chen parallel zur Beanspruchungsrichtung, diese Br�che ent-sprechen den Meridianbr�chen in Kugeln bei inelastisch verformtem Kontaktbe-reich. Die 6,1-mm-Partikel wird zu einem Fladen von 1,2 mm mit Randbr�chenzerquetscht, und die Beanspruchungskurve verl�uft glatt. Es existiert offensicht-

Abb. 5.10 Belastungsdiagramme und Skizzen von REM-Aufnahmen von Marmorpartikeln, links 83 mmund rechts 6,1 mm

1595.1 Grundlagen

Page 12: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Zerkleinern

Abb. 5.11 Spr�d-plastische �bergangsbereiche, Borcarbid (1), kristallines Bor (2), Quarz (3), Zement-klinker (4), Kalkstein (5), Marmor (6), Steinkohle (7), Zucker (8), Kaliumchlorid (9)

lich ein Gr�ßenbereich, unterhalb dem kein Bruchpunkt mehr erkennbar ist; dieserwird als spr�d-plastischer �bergangsbereich bezeichnet (Abb. 5.11); unterhalb des�bergangsbereichs wird das Zerkleinern schwieriger.

5.1.3

Mechanische Aktivierung

Die mechanische Beanspruchung von Festk�rpern bewirkt bei gen�gend hoherIntensit�t Strukturfehler und erh�ht damit die freie Enthalpie der Festk�rper. DieserEffekt wird als mechanische Aktivierung bezeichnet. Bei einer intensiven Mahlungkann diese erheblich sein, und l�sst sichmit einer Kalorimeterm�hle durch Vergleichder zugef�hrtenmechanischen und der entstehenden thermischen Energie nachwei-sen. Die Differenz erfasst die Erh�hung der freien Enthalpie im Mahlgut. Die Ener-giedifferenz wird erst im Bereich der Feinmahlung merklich und kann �ber 10% derzugef�hrten mechanischen Energie betragen. Die mechanische Aktivierung l�st ver-schiedene Ph�nomene aus, die unter den Begriffen Mechano- oder Tribochemie sub-summiert werden; dazu geh�ren polymorphe Transformationen, Erzeugen von r�nt-genamorphen Bereichen, �nderungen des Ad- und Absorptionsverhalten, Erh�hungder L�slichkeit, Zerfall von Molek�len, chemische Reaktionen mit demMedium undFestk�rperreaktionen wie Agglomeratbildung mit chemischen Bindungen ausgleich- oder verschiedenartigen Partikeln, Umh�llen von Partikeln mit einem zwei-ten Material und mechanisches Legieren. Das ganze Gebiet ist komplex und die Lite-ratur umfangreich; auf einigeMonographien sei hingewiesen [5.14]–[5.16].

160 5 Zerkleinern

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Polymorphe Transformationen sind h�ufig untersucht worden. Die Deutung derErgebnisse ist nicht immer einfach, doch besteht kein Zweifel daran, dass einegen�gend intensive Mahlung Kristallphasen erzeugt, die im Einsatzgut nicht vor-handen waren und ohne mechanische Aktivierung erst bei hohen Temperaturenauftreten.

Im Quarz entstehen bei langdauernder Beanspruchung in einer Schwingm�hler�ntgenamorphe Bereiche (Amorphisierung) [5.17]. Die Abbildung 5.12 zeigt R�nt-gen-Diffraktogramme des Ausgangsmaterials kleiner 200 mm sowie jene nach 40-und 200-st�ndiger Beanspruchung in einer Schwingm�hle. Die Intensit�t derR�ntgenlinien verringert sich ohne Verbreiterung und verschwindet nahezu. Diesist ein eindeutiger Hinweis auf das Entstehen r�ntgenamorpher Bereiche.

Der hydrometallurgische Aufschluss ist ein wichtiger Prozess zur Gewinnungvon Metallen. So gibt es eine umfangreiche Literatur zur Erh�hung der L�slichkeitdurch eine mechanische Aktivierung. Als ein typisches Beispiel zeigt Abbildung5.13 das Molybd�nausbringen durch Laugen eines Flotationskonzentrates von Mo-lybd�ndisulfid in einem Autoklaven in Abh�ngigkeit des spezifischen Energieauf-wands f�r die Aktivierung [5.18]. Ohne mechanische Aktivierung geht das Molyb-d�n nicht in L�sung, kann jedoch nach gen�gend intensiver Beanspruchung voll-st�ndig gel�st werden.

Die langdauernde Beanspruchung von Pulvermischungen in Mahlk�rperm�hlenzur Erzeugung eines Sinterpulvers wird als mechanisches Legieren; bezeichnet. DiePartikeln werden hierbei plastisch verformt, kalt verschweißt, zerbrochen und wie-der verformt, geschweißt, zerbrochen und so weiter, bis Partikeln gleicher Zusam-mensetzung und Mikrostruktur f�r die weitere pulvermetallurgische Verarbeitungentstehen. Auf diese Weise gelingt die Erzeugung neuartiger Struktur- und Funk-tionswerkstoffe. Ein technischer Durchbruch gelang mit den ODS-Legierungen(oxide dispersions strengthened), die eine gesteigerte Hochtemperaturfestigkeit

Abb. 5.12 R�ntgen-Diffraktogramme von Quarz vor (1) und nach einer 40- (2) und 200-st�ndigen (3)Beanspruchung in einer Schwingm�hle

1615.1 Grundlagen

Page 14: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Zerkleinern

Abb. 5.13 Molybd�nausbringen bei einer Drucklaugung in Abh�ngigkeit der spezifischenBeanspruchungsenergie in einer Schwingm�hle

besitzen. Die metallische Basis ist entweder Nickel oder Eisen bzw. deren Legierun-gen mit Chrom oder Aluminium [5.19].

Die Forschung zum mechanischen Legieren befasst sich seit etwa einem Jahr-zehnt mit sehr unterschiedlichen Stoffsystemen von metallischen und keramischenPulvern, um Werkstoffe mit besonderen Eigenschaften zu entwickeln. Die Literaturist sehr umfangreich; spezielle internationale Konferenzen werden veranstaltet, s.z.B. [5.20].

5.2

Zerkleinerungsmaschinen

Das sehr unterschiedliche Verformungs- und Bruchverhalten der zu zerkleinerndenMaterialien, der weite Dispersit�tsbereich von metergroßen Aufgabest�cken bis zunanometerfeinen Produkten, die zu verarbeitenden unterschiedlichen Massen-str�me von wenigen Kilogramm bis zu Hunderten von Tonnen pro Stunde und an-dere Gesichtspunkte, insbesondere jene, ob die Zerkleinerung in einem trockenenoder nassen Gesamtprozess eingebunden ist, ob in der M�hle gleichzeitig getrock-net oder klassiert werden soll, haben dazu gef�hrt, dass eine Vielfalt von Zerkleine-rungsmaschinen existieren. Eine pragmatische Klassifizierung unterscheidet nachdemDispersit�tsbereich, den konstruktivenMerkmalen und der Beanspruchungsart.

Hinsichtlich desDispersit�tsbereichs ergeben sich zweiHauptgruppen:Brecher f�rdie Grob- und M�hlen f�r die Feinzerkleinerung. Zu den Brechern geh�ren Zerklei-nerungsmaschinen f�r Aufgabeg�ter mit Maximalpartikeln gr�ßer als etwa 100 mm,alsM�hlen bezeichnetmanMaschinen, die Produkte feiner als etwa 10mmerzeugen.DieweitereUnterteilung erfolgt haupts�chlich nach konstruktivenMerkmalenund inmanchen F�llen nach den Beanspruchungsarten. In Tabelle 5.1 sind die Haupt- undUntergruppen zusammengestellt. DerArbeitsbereich vonM�hlenwird �blicherweisedurch die Produktfeinheit charakterisiert; die zugeordneten Partikelgr�ßen sindRichtwerte f�r die obere Begrenzung: Feinmahlung (50 bis 500 �m), Feinstmahlung(5 bis 50 �m),Mikrofeinmahlung (0,5 bis 5 �m) undNanofeinmahlung (< 0,5 �m).

162 5 Zerkleinern

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Tab. 5.1 Einteilung der Zerkleinerungsmaschinen

BRECHERBackenbrecherPendelschwingen-, Kurbelschwingenbrecher

KegelbrecherSteil-, Flachkegelbrecher

WalzenbrecherWalzenbrecher mit Nocken- oder Glattwalzen

Hammer- und PrallbrecherHammerbrecher, Shredder, Prallbrecher

M�HLENMahlk�rperm�hlenKugel-, Stab-, Autogen-, Planeten–, Schwing-, Zentrifugal-, R�hrwerkm�hlen

Walzenm�hlenW�lzm�hlen, Walzenst�hle, Gutbett-Walzenm�hlen

Prallm�hlenRotor-, Strahl-Prallm�hlen

Schneidm�hlen

Nachfolgend werden die charakteristischen Merkmale der wichtigsten Zerkleine-rungsmaschinen besprochen; weiterf�hrende Darstellungen sind in [5.1]–[5.6] zufinden.

5.2.1

Brecher

Backen- und KegelbrecherIn Backen- und Kegelbrechern wird das Brechgut durch Druck- und Schubkr�fte ineinem Brechraum beansprucht, der sich periodisch schließt und �ffnet (Abb. 5.14,5.15). Brecher eignen sich zur Zerkleinerung von mittelharten bis harten Materia-lien. Der Zerkleinerungsgrad wird durch das Verh�ltnis Maul- zu Spaltweite angege-ben; er liegt zwischen 8 und 10. Die Maulweite liegt bei Backenbrechern zwischen40 und 1800 mm und bei Kegelbrechern zwischen 50 und 1000 mm.

Abb. 5.14 Backenbrecher

1635.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.15 Flachkegelbrecher

WalzenbrecherIn Walzenbrechern (Abb. 5.16, 5.17) rotieren zwei gleich große Walzen gegensinnigund im Allgemeinen mit gleicher Geschwindigkeit. Die Spaltweite ist fest einge-stellt. Eine Walze ist so gelagert, dass sie bei �berlastung durch Fremdk�rper aus-weichen kann. Die Walzen von Grobbrechern besitzen Nocken oder Z�hne, die in-einander k�mmen, um einerseits den Materialeinzug zu verbessern und anderer-seits die Bruchausl�sung zu beg�nstigen. Walzenbrecher eignen sich f�r dieZerkleinerung von mittelharten und weichen Materialien. Da der Materialtransportdurch die Walzenrotation erfolgt, k�nnen auch schmierige Materialien verarbeitetwerden, die Backen- und Kegelbrecher verstopfen.

Die Obergrenze dmax im Brechgut wird durch den Walzendurchmesser D unddie Einzugsbedingungen bestimmt; so gilt f�r das Verh�ltnis (dmax=D) bei Glatt-walzen 0,04 bis 0,07 und f�r Nockenwalzen 0,08 bis 0,20. Das Verh�ltnis maxi-male St�ckgr�ße in der Aufgabe zur Spaltweite repr�sentiert den Zerkleinerungs-grad; bei Glattwalzen liegt er zwischen 4 und 6 und bei Nockenwalzen zwischen

Abb. 5.16 Glattwalzenbrecher

164 5 Zerkleinern

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Abb. 5.17 Nockenwalzen, Querschnitt (oben), Draufsicht (unten) (eine Walze um eine halbeNockenteilung gedreht)

5 und 12. F�r Glatt- bzw. Nockenwalzen sind Durchmesser bis 1800 bzw. 2500 mmund Umfangsgeschwindigkeiten u bis 20 bzw. 12 m/s �blich.

Die Sonderbauart Fl�gelbrecher (Abb. 5.18) besitzt zwei oder drei mit großen ge-sch�rften Z�hnen best�ckte Wellen, die mit etwas unterschiedlicher Drehzahl lau-fen. Diese Maschinen werden zur Vorzerkleinerung von Abfallstoffen eingesetzt.

Abb. 5.18 Fl�gelbrecher f�r Leichtschrotte

Hammer- und Prallbrecher, ShredderDas Gemeinsame dieser Maschinen ist die Beanspruchung des Brechgutes durchdie Werkzeuge, die beweglich oder starr an einem Rotor angebracht sind, der mit 20bis 60 ms–1 uml�uft. Erstere werden H�mmer oder Schl�ger genannt. F�r Hammer-brecher spezieller Ausgestaltungen f�r die Zerkleinerung von Schrotten hat sich derBegriff »Shredder« eingeb�rgert. Die Abbildungen 5.19 und 5.20 zeigen Prinzip-skizzen.

In Hammerbrechern befindet sich am Ende des Aufgabeschachtes ein Amboss,bei manchen Bauformen ein Rost, durch dessen Schlitze die H�mmer in den Auf-

1655.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.19 Hammerbrecher (links) und Prallbrecher (rechts)

Abb. 5.20 Shredder mit Austrag oberhalb des Rotors

gabebereich reichen. Die Zerkleinerung erfolgt zweistufig, zuerst durch eine Bean-spruchung zwischen den H�mmern und dem Amboss bzw. der Panzerung im Auf-gabeschacht und danach durch Prall an den H�mmern bzw. am Mahlbahnrost.Prallbrecher besitzen einen im Vergleich zu Hammerbrechern weitr�umigerenBrechraum und mehrere verstellbare Prallplatten, deren Abstand zum Rotor vonoben nach unter kleiner wird. Bei �berlastung k�nnen die Prallplatten nach obenausweichen. Hammer- und Prallbrecher werden mit Rotoren bis zu 2500 mmDurchmesser und einem L�nge/Durchmesserverh�ltnis zwischen 0,8 und 1,5 ge-baut und erreichen Zerkleinerungsverh�ltnisse von 15 bis 50.

Shredder unterscheiden sich von Hammerbrecher durch folgende Modifikation:Vergr�ßerung des Brechraumes, im Allgemeinen langer Rotor, Dosierung der

Aufgabe, z.B. durch Einzugskette oder -walze, und zus�tzliche Austrags�ffnungenf�r nicht oder nur schwer zerkleinerbare Schrottteile.

5.2.2

Mahlk�rperm�hlen

Die Mahlk�rperm�hlen bilden die gr�ßte Gruppe der Zerkleinerungsmaschinen.Zu ihnen geh�ren Autogen-, Stab-, Kugel-, Planeten-, Schwing-, Zentrifugal- undR�hrwerkm�hlen, also Maschinen �ußerst unterschiedlicher konstruktiver Aus-gestaltungen, deren gemeinsames Merkmal es ist, dass im Prozessraum eine

166 5 Zerkleinern

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Mischung von Mahlk�rpern und Mahlgut umgew�lzt wird. Hierbei ergeben sichSt�ße zwischen den Mahlk�rpern und zwischen Mahlk�rpern und Wand. Die Mahl-k�rper k�nnen verschiedene Formen haben und aus unterschiedlichen Materialienbestehen. Meistens werden Stahlkugeln eingesetzt, in Sonderf�llen auch Kugelnaus Hartmaterialien, Keramik oder Glas. Andere Formen sind St�be, Zylinderab-schnitte mit einer L�nge etwa gleich dem Durchmesser (Cylpebs) oder gerundetePartikeln aus harten Mineralen (Pebbles, Kiesel, Sand). Bei einer Autogenmahlungwirken die großen Partikeln des Mahlgutes als Mahlk�rper (Autogen-Mahlk�rper).Der Energieeintrag erfolgt entweder durch Drehen oder eine Schwingbewegung desMahlrohres oder durch ein R�hrwerk in der M�hlenf�llung.

Kugelm�hlenKugelm�hlen bestehen aus einem horizontal gelagerten kreiszylindrischen Rohr(Abb. 5.21), das im Allgemeinen mit Kugeln, in manchen F�llen auch mit Cylpebs,gef�llt und mit einer auswechselbaren Panzerung ausger�stet ist. Kurze Bauformenwerden als Trommel- und lange als Rohrm�hlen bezeichnet. Der Mahlraum vonRohrm�hlen kann durch eine Zwischenwand unterteilt sein, um die erste Kammermit großen und die zweite mit kleinen Kugeln zu f�llen. Der Materialeintrag erfolgtdurch eine zentrale ffnung in einer der Stirnw�nde. F�r den Austrag gibt es ver-schiedene Formen (Abb. 5.22). Bei Nassm�hlen ist der �berlaufaustrag die Regel.Trockenm�hlen besitzen �blicherweise eine Austragskammer; in diese fließt dasMahlgut durch die Schlitze der Austragswand, wird mit Hubelementen gehobenund rutscht �ber einen zentralen Konus in den Lagerhohlzapfen. Bei mittleren undkleineren Trockenm�hlen erfolgt der Mahlgutaustrag durch Schlitze in der Rohr-wand am M�hlenende. Die Baugr�ßen reichen von Laborm�hlen mit Abmessun-gen im Dezimeterbereich bis zu Großm�hlen mit Rohrdurchmessern bis zu 6 mund L�ngen bis zu 20 m, einer Kugelf�llung von mehreren Hundert Tonnen und ei-ner Kapazit�t bis zu mehreren Hundert Tonnen pro Stunde.

Die Betriebsbedingungen werden durch folgende dimensionslose Kenngr�ßengekennzeichnet: Kugelf�llgrad �K (Sch�ttvolumen der Mahlk�rper bezogen aufM�hlenvolumen), Gutf�llgrad �G (Sch�ttvolumen des Mahlgutes bezogen auf

Abb. 5.21 Kugelm�hle f�r Trockenmahlung mit Austragskammer, Sortierpanzerung und Zahnkranz-Ritzel-Antrieb

1675.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.22 Austrag bei Kugelm�hlen, a), b) �berlauf, c) Austragskammer, d) peripherer Austrag

Hohlraumvolumen in der Kugelsch�ttung), Suspensionsf�llgrad �S (Suspensions-volumen bezogen auf Hohlraum der Kugelsch�ttung), relative Drehzahl (Dreh-zahl zur kritischen Drehzahl nC entsprechend 2�n2CD ¼ g ). �bliche Einstellungensind: �K ¼ 0; 30� 0; 40; �G � 1; �S � 1; � 0; 65� 0; 80. Der Leistungsbedarf Pwird haupts�chlich durch die Bewegung der Kugelf�llung, also von der M�hlen-gr�ße (Durchmesser D und L�nge L) und die Kugeldichte �K bestimmt:

P ¼ KPg1;5�KLD

2;5 mit KP ¼ ðffiffiffi2

p�=4Þð1� "KÞð1þ kmÞð�Ksrel Þ: ð5:3Þ

Hier bezeichnet g die Erdbeschleunigung; "K die Porosit�t in der Kugelsch�ttung;km die Gut- bzw. Suspensionsmasse bezogen auf die Kugelmasse; srel den Abstanddes F�llungsschwerpunktes bezogen auf den M�hlendurchmesser.

Die einzige Unbekannte srel in Gleichung (5.3) ist von �K und sowie der innerenund �ußerenReibung abh�ngig. ImBereich �blicher Einstellungen liegt srel zwischen0,15 und 0,25 undKP zwischen 0,02 und 0,04. Die Kugelgr�ße dK beeinflusst P nichtdirekt, sondern nur indirekt �ber ihren Einfluss auf die Reibungsverh�ltnisse, be-stimmt jedoch entscheidend den Zerkleinerungsprozess, denn sie �bertr�gt die Ener-gie auf das Mahlgut. Mit abnehmender Kugelgr�ße wird die Kugelanzahl gr�ßer, an-dererseits reduziert sich die Stoßenergie. Wegen dieser f�r das Zerkleinern gegenl�u-figen Tendenzen gibt es einen optimalen dK-Bereich, der von Partikelgr�ße d und vonderMahlbarkeit abh�ngt. Die bekanntenGleichungendaf�r habendie Form:

dK � daD�b; ð5:4Þ

mit a = 0,4 bis 1 und b = 1/6 bis 1/3. F�r 10 mm-Partikeln sind Kugeln zwischen 50und 100 mm g�nstig. In Betriebsm�hlen werden Kugelmischungen eingesetzt; dieMehrzahl wird entsprechend der gew�nschten Feinheit des M�hlenproduktes aus-gew�hlt und die gr�ßten Kugeln nach den gr�bsten Aufgabepartikeln. Lange M�h-len sind mit Sortierpanzerungen ausger�stet, mit denen sich die großen Kugeln imEinlaufbereich konzentrieren (s. Abb. 5.21).

Schwingm�hlenSchwingm�hlen bestehen aus einem Mahlrohr oder mehreren Mahlrohren undstarken Federn als Lagerung. Dieses Schwingsystem wird durch einen Unwuchtan-

168 5 Zerkleinern

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Abb. 5.23 Zweirohr-Schwingm�hle

trieb mit einer Drehzahl oberhalb der Eigenfrequenz angeregt. Abbildung 5.23 zeigteine Zweirohr-Schwingm�hle mit einer zentralen Unwuchtwelle. Die Schwingbe-schleunigungen liegen zwischen dem Drei- bis Zehnfachen der Erdbeschleunigung.Schwingm�hlen besitzen eine h�here Leistungsdichte als Kugelm�hlen und eignensich deshalb im besonderen Maße f�r die trockene Feinst- und Mikrofeinmahlungsowie die mechanische Aktivierung. Als Mahlk�rper werden im Allgemeinen Ku-geln kleiner 20 mm eingesetzt; auch Cylpebs und St�be finden Verwendung.

Mahlk�rperf�llgrad und Drehzahl liegen zwischen 70 und 80% bzw. 1000 und3000 min–1. Rohrschwingm�hlen haben Durchmesser bzw. L�ngen zwischen 200und 700 mm bzw. 500 und 2000 mm; L�ngen bis zu 4000 mm sind m�glich. DerMahlgutaustrag erfolgt durch Schlitzplatten.

R�hrwerkm�hlenBei R�hrwerkm�hlen wird die Energie durch ein R�hrwerk zugef�hrt bzw. bei denspeziellen Bauformen mit einem spaltf�rmigen Mahlraum durch die Rotation einerder Mahlraumw�nde. Abbildung 5.24 zeigt die Prinzipskizze einer �blichen Bau-form (Vollraumm�hle) mit einem Lochscheibenr�hrer. Die Mahlsuspension wirdauf einer Stirnseite unter Druck eingespeist, durchstr�mt die Kugelf�llung und ver-l�sst den Mahlraum durch eine Trennvorrichtung zum R�ckhalten der Kugeln. Beivielen Bauformen l�sst sich der Mahlraum, in besonderen F�llen auch das R�hr-werk, k�hlen. F�r das Mahlen von abrasiven Materialien werden Mahlraumwandund R�hrwerk mit einem verschleißfesten Kunststoff beschichtet. Die M�hle istentweder vertikal oder horizontal ausgerichtet. Die Orientierung hat keinen Einflussauf den Zerkleinerungsvorgang. Bei horizontaler Anordnung k�nnen große M�h-len leichter angefahren werden.

1695.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.24 R�hrwerkm�hle mit Lochscheibenr�hrer, ! Mahlgutsuspension, K�hlwasser

Die R�hrelemente k�nnen unterschiedlich ausgestaltet sein. Gebr�uchlich sindLochscheiben oder Stifte. Bei Stiften ist im Allgemeinen auch die Wand mit Stiftenbest�ckt. Die Kugeln werden durch Trennvorrichtungen unterschiedlicher Ausge-staltung zur�ckgehalten (Abb. 5.25): durch einen zylindrischen Siebkorb oberhalbdes Mahlraums, eine Siebpatrone im Mahlraum oder einen Ringspalt mit einer ro-tierenden Spaltwand (Reibspalt) in der Stirnwand. M�hlen mit Siebkorb werden alsoffene M�hlen bezeichnet. Reibspalt und Siebpatrone ergeben sich aus der Forde-rung, geschlossene M�hlen zu bauen. Siebpatronen werden mit Schlitzen bis herabzu 50 �m gefertigt und k�nnen f�r Viskosit�ten bis zu einigen Pascalsekunden ein-gesetzt werden. Der Reibspalt eignet sich f�r h�here Viskosit�ten und strukturvis-kose Suspensionen; Spaltweiten bis herab zu 100 �m sind m�glich. Die Spaltweiteeiner Trennvorrichtung sollte kleiner als der halbe Kugelradius sein.

Der Kugelf�llgrad liegt im Bereich 70 bis 85%, die Umfangsgeschwindigkeit derR�hrelemente zwischen 2 und 20 ms–1 und die Zentrifugalbeschleunigung zwi-schen dem 30- und 500-fachen der Erdbeschleunigung. Es werden Kugeln aus Glas,keramischen Werkstoffen und Stahl zwischen 200 �m und einigen Millimetern ein-gesetzt. Die Feststoffbeladung der Suspension liegt zwischen 10 und 50% Volumen-anteil; die Suspension muss auch mit der Endfeinheit noch pumpbar sein. �blicheBaugr�ßen besitzen ein Mahlraumvolumen von 0,4 bis 1000 L mit Durchmessernvon 100 bis 600 mm.

Abb. 5.25 Trennvorrichtungen, a) Siebkorb, b) Siebpatrone, c) Reibspalt

170 5 Zerkleinern

5

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R�hrwerkm�hlen werden haupts�chlich f�r die nasse Feinst- und Mikrofeinmah-lung bzw. zur Zerteilung von Agglomeraten feinster Partikeln eingesetzt. Es k�nnenweiche bis sehr harte Stoffe verarbeitet werden. Im letzteren Fall werden M�hle undR�hrwerk mit Polyurethan beschichtet und arteigene Mahlk�rper eingef�llt. Eineumfangreiche Darstellung zu R�hrwerkm�hlen findet man in [5.21]. Zur Trocken-mahlung liegen einige Untersuchungen vor, die auch derartige Anwendungen zu-k�nftig m�glich erscheinen lassen.

F�r den Leistungsbedarf von Langsam- bzw. Schnelll�ufern gelten folgende Pro-portionalit�ten:

P � �0;5S 0;5S ðL=hÞD2;5R u2;5R bzw. P � �SðL=hÞD2

Ru3R: ð5:5Þ

Wobei �S bzw. S Dichte bzw. Viskosit�t der Suspension; L die M�hlenl�nge; h derAbstand zwischen den R�hrscheiben; DR der R�hrdurchmesser und uR die R�hr-geschwindigkeit bezeichnen.

Der Durchsatz hat keine Einfluss auf den Leistungseintrag, solange sich der Be-wegungszustand der F�llung nicht merklich �ndert, insbesondere so lange keineMahlk�rperverpressung im Ausgangsbereich auftritt. Dieses Ph�nomen begrenztden Durchsatz und ist an einem steilen Anstieg der Leistung oder des Druckes imM�hlenraum erkennbar. Die Verpressung verschiebt sich zu gr�ßeren Durchs�tzen,wenn Umfangsgeschwindigkeit, Kugelgr�ße und -dichte zunehmen bzw. Suspensi-onsviskosit�t und Kugelf�llgrad abnehmen.

Spaltraumm�hlen sind eine spezielle Bauform, die es in sehr unterschiedlichenAusgestaltungen gibt [5.21]. Abbildung 5.26 zeigt eine einfache Form. Der Mahl-

Abb. 5.26 Doppelkonus-Spaltraumm�hle

1715.2 Zerkleinerungsmaschinen

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raum hat einen kreisringf�rmigen Querschnitt, wobei der innere Konus rotiert. Inmanchen Spaltraumm�hlen sind die W�nde mit Stiften best�ckt. Im Vergleich zuVollraumm�hlen sind bei Spaltraumm�hlen die Leistungdichte im Mahlraumhomogener, die Verweilzeitverteilung des Mahlgutes enger und die K�hlung inten-siver.

5.2.3

W�lz- und Walzenm�hlen

In W�lz- und Walzenm�hlen wird das Mahlgut im Spalt zwischen zwei rotierendenWerkzeugen beansprucht. Bei Walzenm�hlen sind das zwei zylindrische Walzen, inW�lzm�hlen mehrere konische oder ballige Walzen, auch als Rollen bezeichnet,oder große Hohlkugeln, die gegen eine teller-, sch�ssel- oder ringf�rmige Mahlbahngedr�ckt werden. Walzenm�hlen k�nnen so konzipiert werden, dass eine Einzel-korn-Beanspruchung oder eine Beanspruchung von Kornschichten (Gutbett-Wal-zenm�hle) erfolgt. Walzenm�hlen mit Einzelkorn-Beanspruchung werden nur inwenigen Industriebereichen eingesetzt; der wichtigste davon ist die Getreidem�lle-rei. Diese Maschinen (Walzenst�hle) besitzen drei oder auch vier Walzen, die imAllgemeinen mit etwas unterschiedlichen Umfangsgeschwindigkeiten laufen; siewerden im Folgenden nicht behandelt.

W�lzm�hlenDer Aufbau von W�lzm�hlen ist in Abbildung 5.27 dargestellt. Im Maschinenge-h�use befinden sich unten das Mahlwerk und oben ein Windsichter. Abbildung 5.28zeigt vier Beispiel f�r Mahlwerke. DasMahlgut wirdmittig auf den rotierendenMahl-teller aufgegeben, rutscht nach außen, wird von denMahlwerkzeugen �berw�lzt undvom Teller abgeworfen. Die unten zugef�hrte Luft (bei Kohlemahlung Rauchgas)str�mt durch den D�senring, der den Mahlteller umschließt, und transportiert dasMahlgut nach oben. Der gr�bste Anteil f�llt unmittelbar zur�ck auf den Teller, derRest gelangt zum Sichter. Das Feingut wirdmit der Luft ausgetragen. Der innere Gut-kreislauf ist erheblich und kann das Zehnfache des Durchsatzes betragen.

F�r die Auslegung geometrisch �hnlicher M�hlen gilt unter den Voraussetzun-gen, dass erstens die Mahlkraft proportional zum Produkt Walzendurchmesser malWalzenbreite eingestellt wird, d.h. spezifische Mahlkraft Fsp ¼ const, und zweitensdie Zentrifugalbeschleunigung gleich bleibt, folgende Proportionalit�t f�r die Leis-tungsaufnahme PMW des Mahlwerks:

PMW � g0;5FspD2;5T ð5:6Þ

g ist die Erdbeschleunigung; DT der Tellerdurchmesser.Der Leistungsbedarf f�r das Gebl�se liegt im Bereich von 40 bis 100% von PMW.W�lzm�hlen eignen sich zur Feinmahlung von mittelharten Stoffen (z.B. Koh-

len, Minerale, Zementrohmehl), neuerdings werden sie auch f�r h�rtere Stoffe wieZementklinker und H�ttensande eingesetzt. W�lzm�hlen werden mit Mahltellernzwischen 0,8 und 6 m Durchmesser gebaut; der Durchsatzbereich liegt zwischen2 und 500 t h–1.

172 5 Zerkleinern

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Abb. 5.27 Blockschema zum Aufbau von W�lzm�hlen, a) Mahlwerk, b) D�senring, c) Windsichter(statisch oder dynamisch), d) Kegelradgetriebe, ! Mahlgut, Luft

Gutbett-Walzenm�hlenIn Gutbett-Walzenm�hlen (Abb. 5.29) wird eine Partikelschicht zwischen zweigleich großen Walzen beansprucht, die mit gleicher Drehzahl laufen. Die Lager-bl�cke einer Walze sind verschiebbar; der Walzenspalt im Betrieb stellt sich entspre-chend dem Kompressionsverhalten des Mahlgutes und der aufgepr�gten Mahlkraftein, die durch ein Hydrauliksystem aufgebracht wird. Der Druck auf das Mahlgutliegt zwischen 50 und 200 MPa, es agglomeriert in starkem Maße und verl�sst denWalzenspalt in Form von Sch�lpen, die vor der Klassierung deglomeriert werdenm�ssen. Dies geschieht im Allgemeinen im Windsichter, der gegebenenfalls mit ei-nem zus�tzlichen Rotor ausger�stet ist. Infolge des hohen Drucks entsteht bereitsbei einer Passage ein großer Anteil von Fertiggut, so dass sich ein deutlich kleinererKreislauffaktor als innerhalb von W�lzm�hlen ergibt.

Gutbett-Walzenm�hlen werden mit Walzen von 0,5 bis 2 m Durchmesser gebaut,das L�ngen-Durchmesser-Verh�ltnis liegt zwischen 0,3 und 1 und die Walzenge-schwindigkeit zwischen 0,5 und 2,0 ms–1. Die gr�ßten M�hlen leisten Durchs�tze

1735.2 Zerkleinerungsmaschinen

5

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Abb. 5.28 Beispiele f�r Mahlwerke in W�lzm�hlen, a) konische Rollen und Mahlbahnteller, b) konischeRollen und sch�sself�rmige Mahlbahn, c) ballige Rollen und muldenf�rmige Mahlbahn, d) Hohlkugelnund muldenf�rmige Mahlbahn, ! Mahlgut, Luft

Abb. 5.29 Gutbett-Walzenm�hle

bis zu 1200 t h–1, mit einem Kreislauffaktor von 3 bis 4 ergibt sich daraus ein Pro-duktdurchsatz von 300 bis 400 t h–1. Gutbett-Walzenm�hlen eignen sich zur Fein-und Feinstmahlung von Stoffen mit spr�dem Bruchverhalten wie Zementklinker,mineralische Rohstoffe und Erze.

5.2.4

Prallm�hlen

Der Gruppe der Prallm�hlen werden alle Maschinen und Apparate f�r die Feinzer-kleinerung zugeordnet, in denen die Beanspruchung der Partikel durch Prall er-folgt; der Stoßpartner kann ein Beanspruchungswerkzeug beliebiger Form oder

174 5 Zerkleinern

5

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eine Wand oder auch eine andere Partikel sein. Die kinetischen Energien von Parti-kel und Stoßpartner bestimmen die Beanspruchungsintensit�t. Der Energieeintragerfolgt entweder durch einen schnell laufenden Rotor oder durch mehrere Gas-bzw. Dampfstrahlen; demgem�ß wird zwischen Rotor- und Strahlprallm�hlen un-terschieden. In Rotorprallm�hlen �berwiegen Partikel/Werkzeug-, in Strahlprall-m�hlen Partikel/Partikel-St�ße. Die Umlaufgeschwindigkeiten der Rotoren liegenim Bereich von 20 bis 150 ms–1, in Sonderf�llen bis zu 200 ms–1. Die Gas- bzw.Dampfstrahlen erreichen mindestens Schallgeschwindigkeit. Prallm�hlen eignensich f�r die Fein- und Feinstmahlung von mittelharten und weichen, sowie visko-elastischen Stoffen.

Rotorprallm�hlenIn Rotorprallm�hlen werden mineralische, pflanzliche und tierische Stoffe, dieunterschiedlichsten Substanzen der chemischen und pharmazeutischen Industriesowie Abfallstoffe verschiedener Arten gemahlen. Eine Begrenzung ergibt sich durchden Verschleiß; bei Mineralien soll die Mohsh�rte kleiner als 3 bis 4 sein. Die Fein-heit des Produktes wird in der Regel durch eine interne Sieb- oder Str�mungsklassie-rung bestimmt. Die Vielfalt der Mahlg�ter hat dazu gef�hrt, dass sehr unterschied-liche Bauformen entwickelt wurden. Prallm�hlen werden auch zur Kaltmahlung vonKunststoffen und Gew�rzen eingesetzt. Die K�hlung erfolgt mit Fl�ssig-Stickstoffentweder in einem vorgeschalteten K�hler oder durch Einspr�hen in denMahlraum.

Die Rotoren k�nnen eine kurze oder lange axiale Ausdehnung besitzen, alsoscheiben- oder walzenf�rmig sein. Werkzeuge am Rotorumfang sind feststehendePlatten, Stifte oder gelenkig aufgeh�ngte H�mmer (Hammerm�hlen) und an derRotorstirnseite Stifte oder Nocken. Die Werkzeuge der Mahlbahn sind auf jene desRotors abgestimmt; bei Platten und H�mmern sind es Leisten oder eine profilierteMahlbahn, bei Stiften und Nocken ebenfalls Stifte und Nocken. Diese sind am Ro-tor und Stator in mehreren Ringen so angebracht, dass sie ineinander greifen. Diemeisten M�hlen besitzen eine interne Klassierung, entweder mit Siebblechen inder Mahlbahn oder mittels einer Str�mungsklassierung. Im Folgenden werden ei-nige typische Bauformen besprochen.

Abbildung 5.30 zeigt eine M�hle mit Prallplattenrotor und Siebklassierung. DasMahlgut wird zentral aufgegeben, nach außen transportiert, passiert den Schlag-kreis der plattenf�rmigen Werkzeuge und wird von diesen beansprucht. Weitere Be-anspruchungen erfolgen an der Mahlbahn bzw. beim Wiedereintreten in denSchlagkreis bis die Bruchst�cke durch das Sieb den Mahlraum verlassen k�nnen. InAbbildung 5.31 ist eine Siebprallm�hle mit einem Scheibenrotor abgebildet, derstirnseitig mit Nocken best�ckt ist.

Hammerm�hlen (Abb. 5.32) besitzen meistens einen langen Rotor. Die Mahlgut-aufgabe erfolgt von oben. Die Mahlbahn ist mit leistenf�rmigen Werkzeugen undSiebblechen best�ckt. Die Rotorausr�stung kann unterschiedlich sein: eine Reihevon kr�ftigen Schl�gern, Pakete von d�nneren Blechen oder mehrfach aufgeh�ngteLeisten in Rotorl�nge.

Abbildung 5.33 zeigt eine Stiftm�hle mit einem Rotor. Das Mahlgut wird wie-derum zentral zugef�hrt. Rotor und Mahlbahn sind mit je vier Stiftreihen best�ckt.

1755.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.30 M�hle mit Prallplattenrotor und Siebklassierung

Abb. 5.31 M�hle mit Nockenrotor und Siebklassierung

Abb. 5.32 Hammerm�hle mit Siebklassierung, verschiedene Ausf�hrung der Rotorwerkzeuge

176 5 Zerkleinern

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Abb. 5.33 Stiftm�hle

Diese Anordnung hat auch eine Klassierwirkung, denn nur Partikeln, die fein ge-nug sind, um von der Luftstr�mung um die Stifte herum gelenkt zu werden, k�n-nen den Mahlraum verlassen. Stiftm�hlen werden auch mit zwei gegenl�ufigen Ro-toren gebaut, um h�here Beanspruchungsgeschwindigkeiten zu erreichen.

Die Abbildungen 5.34 und 5.35 zeigen zwei Plattenrotorm�hlen mit Str�mungs-klassierung. Bei der mit einem scheibenf�rmigen Rotor wird die Str�mung hinterdem Rotor zentral mittels eines Ventilatorrades auf der Rotorachse abgesaugt. DieTrenngrenze ist vom Durchmesser der Absaug�ffnung und der Rotordrehzahl ab-h�ngig. Eins�tze mit unterschiedlich großen Absaug�ffnungen erm�glichen eine�nderung der Trenngrenze bei gleicher Drehzahl. Die andere Variante besitzt einentrommelf�rmigen Rotor mit vertikaler Achse, der von einer profilierten Mahlbahnumschlossen ist. Die angesaugte Luft wird unten zugef�hrt. Die Mahlgutzugabemittels einer F�rderschnecke erfolgt am unteren Ende des Rotors. Gut und Luftstr�men im Mahlraum axial nach oben. �ber dem Rotor ist auf dessen Achse einFingerrad zum Klassieren und ein Ventilatorrad angebracht.

Abb. 5.34 M�hle mit Prallplattenrotor und Str�mungsklassierung

1775.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.35 M�hle mit walzenf�rmigem Prallplattenrotor und Str�mungsklassierung, Prallleistenkr�nzevon Scheibe zu Scheibe versetzt

Die Leistungsaufnahme von Rotorprallm�hlen wird durch den Impulsaustauschdes Rotors mit dem Medium einschließlich der Partikeln und den Lagerverlustenbestimmt. Eine allgemein g�ltige Beziehung daf�r l�sst sich nicht angeben. Experi-mentell wurde gefunden, dass Leerlaufleistung und Umfangsgeschwindigkeit �bereine Potenzfunktion mit einem Exponenten zwischen zwei und drei verkn�pft sindund der Mahlgutdurchsatz diese um 30 bis 80% erh�ht. Von einigen Herstellernwerden f�r M�hlenbaureihen Leistungsfaktoren angegeben, mit denen sich derMahlgutdurchsatz in Abh�ngigkeit von der Baugr�ße absch�tzen l�sst. Diese empi-rischen Faktoren gelten f�r gleiche Rotorgeschwindigkeiten und Produktfeinheiten.Danach steigt der Durchsatz mit einer Potenz zwischen 1,5 und 2,0 des Rotordurch-messers an.

Rotor-Prallm�hlen werden mit Rotoren von 200 bis 1600 mm gebaut, die maxi-malen Umfangsgeschwindigkeiten liegen zwischen 100 bis 140 ms–1 und die Motor-leistungen zwischen 5 und 150 kW.

Strahlprallm�hlenIn Strahlprallm�hlen erfolgt der Energieeintrag durch Gasstrahlen, in Sonderf�llendurch Dampfstrahlen, und die Zerkleinerung bevorzugt durch Partikel/Partikel-St�ße. Die Stoßgeschwindigkeiten sind gr�ßer als in Rotorprallm�hlen, und es wer-den h�here Feinheiten erreicht. Kontamination durch Verschleiß sowie Staubexplo-sionen sind vermeidbar. Wegen letzteren werden in der chemischen Industrie auchSubstanzen in Strahlm�hlen zerkleinert, die sich ebenso in Rotorprallm�hlen mah-len lassen, in denen jedoch Funkenbildung durch metallische Fremdteile zu be-f�rchten ist. Der Gasstrom wird direkt zur Klassierung genutzt. Es lassen sich vierBauformen unterscheiden: Spiral-, Ovalrohr-, Fließbett- und Gegenstrahl-Strahl-m�hlen. Die erste und dritte Bauform werden haupts�chlich eingesetzt und nach-folgend besprochen.

178 5 Zerkleinern

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Abb. 5.36 Spiralstrahlm�hle

Spiralstrahlm�hlenDie Mahlkammer von Spiralstrahlm�hlen (Abb. 5.36) hat die Form eines flachenZylinders. Das Treibgas wird �ber mehrere D�sen am Umfang schr�g eingeblasenund verl�sst den Mahlraum durch eine zentrale ffnung. Die Gutzugabe erfolgtvon oben mit einem Injektor. Bei nicht rieself�higen Mahlg�tern werden auch F�r-derschnecken eingesetzt. In der Mahlkammer entsteht ein komplexes, stark turbu-lentes Str�mungsfeld, das vereinfacht als eine spiralf�rmige Grundstr�mung miteingelagerten Freistrahlen betrachtet werden kann. Die Zerkleinerung erfolgt im Be-reich der Freistahlen und die Klassierung weiter innen infolge der Spiralstr�mung.

�bliche M�hlen haben einen Kammerdurchmesser von 150 bis 800 mm, Groß-m�hlen bis zu 1200 mm, Laborm�hlen bis herab zu 50 mm. Die Anstellwinkel derD�sen liegen zwischen 30 und 60 Grad. Der Feststoffdurchsatz ist von der Mahlbar-keit und der geforderten Feinheit abh�ngig; das Massenstromverh�ltnis von Mahl-gut und Gas liegt im Bereich von 0,02 bis 0,2.

Spiralm�hlen eignen sich zur Feinstmahlung nicht-abrasiver Materialien und las-sen sich einfach reinigen.

Fließbett-Strahlm�hlenEine Fließbett-Strahlm�hle (Abb. 5.37) besteht aus einem vertikalen schlanken zy-lindrischen Beh�lter mit mehreren horizontal ausgerichteten D�senlanzen im unte-ren und mindestens einer Klassiervorrichtung im oberen Bereich. Die D�senlanzensind in einer Ebene so angeordnet, dass sich die Strahlen in der Mitte treffen. Man-che Bauarten besitzen eine zus�tzliche vertikale D�se in der Bodenmitte. Das Mahl-gut wird seitlich unten oder oben mittels einer F�rderschnecke eingetragen. Die

1795.2 Zerkleinerungsmaschinen

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Abb. 5.37 Fließbett-Strahlm�hle

M�hlenf�llung muss die D�senebene reichlich �berdecken. Die Gasstrahlen bewir-ken Partikel/Partikel-St�ße und fluidisieren partiell die Gutsch�ttung. Das Gasstr�mt nach oben zur Klassierzone und tr�gt das Produkt aus.

Eine D�senlanze ist i. Allg. mit einer Laval-D�se ausger�stet; Zylinderd�sen ge-n�gen f�r leichter mahlbare Materialien bzw. bei geringer Produktfeinheit. Lan-zen mit mehreren D�sen erh�hen bei gleichem Gasdurchsatz die Strahlmantelfl�-che, wodurch sich der Partikeleinzug und damit der Zerkleinerungseffekt verbes-sern kann.

Fließbett-Strahlm�hlen werden mit Durchmessern zwischen 0,2 und 2,5 m ge-baut. Die Zahl der D�senlanzen steigt von drei f�r kleine auf acht bis zw�lf f�rgroße M�hlen an. Der Mahlgutdurchsatz ist von der Mahlbarkeit und der geforder-ten Feinheit abh�ngig; das Massenstromverh�ltnis von Mahlgut und Gas kann et-was h�her als bei Spiralstrahlm�hlen eingestellt werden und �berstreicht den Be-reich 0,03 bis 0,4; so ergeben sich bei kleinen M�hlen Durchs�tze zwischen 10 und150 kg h–1 und bei großen zwischen 1 und 15 t h–1. Mit Fließbett-Strahlm�hlen las-sen sich auch harte Materialien verarbeiten, sie erweitern somit den Einsatzbereichder Strahlmahlung.

5.3Modellierung der Zerkleinerungskinetik

Die Zerkleinerungskinetik befasst sich mit der zeitlichen Zunahme der Dispersit�tin Mahlprozessen; Agglomerationsvorg�nge, die bei großen Feinheiten nicht aus-

180 5 Zerkleinern

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bleiben, werden nicht ber�cksichtigt. Die Modelle betrachten Massenbilanzen f�ralle Partikelgr�ßenklassen, �ber die sich das Mahlgut erstreckt. Im Folgenden wer-den die grunds�tzlichen Gesichtspunkte f�r den satzweisen und station�ren Pro-zess besprochen. Weiterf�hrende Darstellungen lassen sich in [5.1] und in Mono-graphien finden, z.B. [5.22]–[5.24].

Satzweiser ProzessDer Partikelgr�ßenbereich wird inN Klassen zwischen null und einer Partikelgr�ße,die gr�ßer ist als die maximale Partikelgr�ße des Aufgabegutes, eingeteilt. Die Num-merierung erfolgt vom Groben zum Feinen. Die Klassennummer richtet sich nachder oberen Begrenzung; die Klasse i enth�lt alle Partikeln diþ1 < d � di. Der Mas-senanteil mi �ndert sich durch Zufluss der Bruchst�cke aus den Klassen j < i undAbfluss der Bruchst�cke, die kleiner als di sind. Es ist sinnvoll die Klassengrenzengeometrisch zu stufen, so dass f�r i < N der Quotient di=diþ1 konstant ist. Nur f�rdie KlasseN gilt dies nicht, denn sie muss den Bereich bis herab zu d ¼ 0 erfassen.

Die Zerkleinerung wird durch die Zerkleinerungsraten sj und die Gr�ßenverteilun-gen BjðdÞ der Bruchst�cke dargestellt; Letztere werden als Bruchfunktionen be-zeichnet. Die Zerkleinerungsrate sj gibt den Massenanteil an, der pro Zeiteinheitdie Klasse j verl�sst. Die Bruchfunktionen BjðdÞ sind ebenfalls in diskretisierterForm einzuf�hren; die sich ergebenden Koeffizienten bi;j entsprechen jenem Mas-senanteil der Bruchst�cke aus der Klasse j (Mutterklasse), der in die Klasse i

(Tochterklasse) �bergeht. Nicht die als Index gew�hlten Buchstaben kennzeichnenMutter- bzw. Tochterklasse, sondern die Stellung der Indices. Es hat sich weltweiteingeb�rgert, dass der erste Index die Tochter- und der zweite die Mutterklasseangibt. Die b-Koeffizienten k�nnen nur f�r i > j verschieden von null sein. DerMassenanteil des Kollektivs in der Klasse i wird mit mi bezeichnet. Es gelten dieNormierungen:

XN

i¼1

mi ¼ 1 undXN

i¼jþ1

bi;j ¼ 1 ð5:7Þ

Die Darstellung der Zerkleinerung durch Zerkleinerungsraten und Bruchfunktio-nen ist deshalb sinnvoll, da diese unterschiedlichen Gesetzm�ßigkeiten gehorchen.

Nach diesen Definitionen wird die Zerkleinerungskinetik des satzweisen Prozes-ses durch folgendes System von Differentialgleichungen beschrieben:

dmi=dt ¼ �simi þXi�1

j¼1

sjbi;jmj i ¼ 1 bis N ð5:8Þ

Die Differentialgleichungen lassen sich einfach l�sen, wenn die Zerkleinerungsra-ten und Bruchfunktionen w�hrend des Prozesses konstant bleiben, also unabh�ngigvon der granulometrischen Zusammensetzung sind. Es ergeben sich dann lineareDifferentialgleichungen erster Ordnung. Dieser Sonderfall wird als lineare oder um-gebungsunabh�ngige Zerkleinerungskinetik bezeichnet. Die L�sung ergibt sich alsReihe von Exponentialfunktionen:

1815.3 Modellierung der Zerkleinerungskinetik

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miðtÞ ¼Xi

j¼1

Ai;j expð�sjtÞ

Ai;j ¼ 0 f€uur i < j Ai;i ¼ fi �Xi�1

�¼1

Ai;� Ai;j ¼Xi�1

�¼jbi;�s�A�;j=ðsi � sjÞ f€uur i > j

fi ¼ miðt ¼ 0Þ Anfangsbedingung ð5:9Þ

In vielen Untersuchungen wurde gefunden, dass die Trockenmahlung in Labor-Ku-gelm�hlen und die Nassmahlung in R�hrwerkm�hlen sich mit der obigen L�sungbeschreiben lassen. Hierbei werden die Koeffizienten der Zerkleinerungsraten undBruchfunktionen experimentell aus den Ergebnissen der Anfangsphase des Prozes-ses ermittelt und f�r die weiterf�hrende Mahlung �ber gr�ßere Prozesszeiten be-nutzt. F�r die trockene Feinstmahlung ist die lineare Zerkleinerungskinetik nur be-schr�nkt anwendbar.

Station�rer ProzessBeim station�ren Prozess ist die Partikelgr�ßenverteilung des M�hlenproduktes zuberechnen, also die Massenanteile pi in den Gr�ßenklassen. Wenn die Vorausset-zungen f�r die lineare Zerkleinerungskinetik erf�llt sind und weiterhin gilt, dassder Mahlguttransport in der M�hle nicht von der Partikelgr�ße abh�ngt, dann las-sen sich die pi durch Verkn�pfung der L�sung f�r die satzweise Mahlung mit derVerweilzeitverteilung berechnen. Die Dichte f (�) der Verweilzeitverteilung mulitpli-ziert mit dem Differential d� gibt die Wahrscheinlichkeit f�r die Aufenthaltsdauer� bis � + d� an. In der Zeit � wird aus dem Aufgabegut der Massenanteil mi(�)ermahlen. Folglich ergeben sich die pi-Werte durch die Integration von mi(� ) f (�)d� �ber alle Zeiten:

pi ¼ð1

0

mið�Þfð�Þd� i ¼ 1 bis N ð5:10Þ

Bekanntlich l�sst sich jede Verweilzeitverteilung in mehr oder weniger guter Ann�-herung durch eine Kaskade von NK R�hrkesseln beschreiben, und zwar in derForm einer Exponentialfunktion. Da auch die mi sich als Reihen mit Exponential-funktionen ergeben (s. Gl. (5.9)), ist das Integral (5.10) geschlossen l�sbar, und esresultiert das einfache Ergebnis:

pi ¼Xi

j¼1

��NKj Ai;j i ¼ 1 bis N ð5:11Þ

�j ¼ 1þ ðsj�m=NKÞ, �m mittlere Verweilzeit in der M�hle.

Die mathematische Ableitung ist in [5.1] dargestellt.Wenn auch die Voraussetzungen f�r die einfache Modellgleichung nicht immer

erf�llt sein d�rften, so ist sie doch als erste N�herung und als Basis f�r die Ausle-

182 5 Zerkleinern

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gung von M�hlen und f�r Regelalgorithmen n�tzlich, wenn nicht zu große Abwei-chungen um einen Betriebspunkt betrachtet werden.

Die Modellierung kann auch mit Matrizengleichungen formuliert werden, dieeinfacher zu handhaben sind, insbesondere f�r Anlagen mit M�hlen und Klassie-rern, siehe hierzu [5.1].

6

Agglomerieren

Durch Agglomerieren werden feindisperse Partikeln zu gr�ßeren Gebilden – Agglo-meraten bzw. Granulaten oder Pellets – zusammengef�gt, die als Sch�ttgut besserhandhabbar sind und bestimmte, erw�nschte Eigenschaften besitzen. Infolge dieser»Produktgestaltung« (s.u.) wird der feindisperse Zustand des Feststoffs – hervorge-rufen durch den Herstellungsprozess oder erforderlich f�r die Weiterverarbeitung –vor�bergehend aufgehoben. Agglomerierte Produkte neigen weniger zum Anhaf-ten, Stauben und Entmischen, verf�gen �ber ein definiertes Sch�ttgewicht und las-sen sich besser dosieren und transportieren. Ferner kann man mit verschiedenenVerfahren Agglomerate erzeugen, die schnell befeuchtet werden k�nnen undschnelles Dispergieren der Prim�rpartikeln erlauben. Die bequemere Handhabungsowie ein attraktiveres Aussehen eines Produkts sind im Bereich der Consumerpro-dukte weitere Motive, Pulver zu agglomerieren. Fortgeschrittene Verfahren zur Er-zeugung pulverf�rmiger Formulierungen erlauben die Herstellung von Agglomera-ten, die beispielsweise Inhaltsstoffe definiert freisetzen oder deren Verhalten sichmilieuabh�ngig ver�ndert (»intelligente«/»maßgeschneiderte« Partikeln). In vielenIndustriezweigen ist daher seit langem das Agglomerieren als Methode zur Verbes-serung der Eigenschaften disperser Feststoffsysteme �blich. Hierzu z�hlen auchAnwendungen, bei denen staubf�rmige Produktionsr�ckst�nde der Weiterverarbei-tung zug�nglich gemacht werden.

Nicht jede Methode zur Partikelvergr�ßerung kann f�r jeden Anwendungsfalleingesetzt werden. Auch ist es meist unm�glich, alle interessierenden Eigenschaf-ten eines Pulvers gleichermaßen zu optimieren, da in vielen F�llen einander wider-sprechende Forderungen zu erf�llen w�ren. Im allgemeinen ist daher zur Auswahldes Verfahrens eine Gesamtoptimierung erforderlich.

Agglomeration ist ein bekanntes Beispiel f�r Produktgestaltung, d.h. die Herstel-lung von gew�nschten Produkteigenschaften mit den Methoden der Verfahrens-technik [6.1].

6.1

Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Die Haftkraft ist »…der absolute Betrag einer Kraft, die im Schwerpunkt einer Parti-kel angreift und parallel zur ausw�rts gerichteten Fl�chennormalen des Substratswirkt, und als minimale Kraft zur Trennung der Verbindung zwischen Partikel undSubstrat innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne erforderlich ist« [6.2]. Systema-

1836.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte