kationisierung von zellstoff unter homogenen reaktionsbedingungen

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 113 (1989)213 -218 (Nr. 2896) Institut fur Makromolekulare Chemie, Abteilung Cellulose- und Papierchemie, Technische Hochschule Darmstadt, AlexanderstraRe 24, D-6100 Darmstadt Kationisierung von Zellstoff unter homogenen Reaktionsbedingungen Gerhard Ott, Walter Schempp und Thomas Krause (Eingegangen am 20. Dezember 1988) ZUSAMMENFASSUNG: Es wurde der Versuch unternommen, durch Umsetzung von Zellstoffen mit Glyci- dyltrimethylammoniumchlorid im Ldsungsmittelsystem Dimethylacetamid/Lithium- chlorid kationische Cellulosederivate mit mtiglichst hohen Substitutionsgraden zu er- halten. Hierzu wurden Temperaturabhagigkeit, Reaktionsdauer und Molverh2,ltnis der Reaktanden untersucht. Als optimal erwies sich eine Reaktionsdauer von 8 h bei einer Reaktionstemperatur von 70 "C. Der Cellulosegehalt in Ldsung und das Molver- haltnis der Reaktanden mussen dem verwendeten Zellstoff angepaBt werden. SUMMARY: An attempt was made to obtain cationic cellulose derivatives of highest possible degrees of substitution by treating dissolving grade pulps under homogeneous condi- tions with glycidyltrimethylammonium chloride in the solvent system dimethylacet- amide/lithiumchloride. The influence of temperature, reaction time and molar ratio of the reagents was examined. A reaction time of 8 h and a temperature of 70 "C have been found to be optimal. The cellulose content in solution and the molar ratio of the reagents have to be adapted to the used pulp. 1. Einleitung Die Kationisierung von Zellstoffen in einer heterogenen Reaktion durch Umsetzung technischer Zellstoffe mit (3-.Chlor-2-hydroxypropyl)-trimethyl- ammoniumchlorid (CHMAC) in waljrig-alkalischem Medium ist bereits seit Jahren bekannt'. Jedoch ist die heterogene Reaktion nicht in der Lage, hochsubstituierte Produkte zu liefern. Der Grund hierfiir ist in der begrenz- ten Zuganglichkeit der inneren Oberflache der Cellulosefasern zu sehen. Legt man Wert auf die Erzielung hoher Substitutionsgrade, so liegt der Gedanke nahe, die Reaktion unter homogenen Bedingungen - also in einem dafur geeigneten Cellulloselosungsmittel - durchzufuhren. Ein nicht deri- 0 1989 Huthig & Wepf Verlag, Basel 0003-3146/89/$03.00 213

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 113 (1989) 213 -218 (Nr. 2896)

Institut fur Makromolekulare Chemie, Abteilung Cellulose- und Papierchemie, Technische Hochschule Darmstadt, AlexanderstraRe 24, D-6100 Darmstadt

Kationisierung von Zellstoff unter homogenen Reaktionsbedingungen

Gerhard Ott, Walter Schempp und Thomas Krause

(Eingegangen am 20. Dezember 1988)

ZUSAMMENFASSUNG: Es wurde der Versuch unternommen, durch Umsetzung von Zellstoffen mit Glyci-

dyltrimethylammoniumchlorid im Ldsungsmittelsystem Dimethylacetamid/Lithium- chlorid kationische Cellulosederivate mit mtiglichst hohen Substitutionsgraden zu er- halten. Hierzu wurden Temperaturabhagigkeit, Reaktionsdauer und Molverh2,ltnis der Reaktanden untersucht. Als optimal erwies sich eine Reaktionsdauer von 8 h bei einer Reaktionstemperatur von 70 "C. Der Cellulosegehalt in Ldsung und das Molver- haltnis der Reaktanden mussen dem verwendeten Zellstoff angepaBt werden.

SUMMARY: An attempt was made to obtain cationic cellulose derivatives of highest possible

degrees of substitution by treating dissolving grade pulps under homogeneous condi- tions with glycidyltrimethylammonium chloride in the solvent system dimethylacet- amide/lithiumchloride. The influence of temperature, reaction time and molar ratio of the reagents was examined. A reaction time of 8 h and a temperature of 70 "C have been found to be optimal. The cellulose content in solution and the molar ratio of the reagents have to be adapted to the used pulp.

1. Einleitung

Die Kationisierung von Zellstoffen in einer heterogenen Reaktion durch Umsetzung technischer Zellstoffe mit (3-.Chlor-2-hydroxypropyl)-trimethyl- ammoniumchlorid (CHMAC) in waljrig-alkalischem Medium ist bereits seit Jahren bekannt'. Jedoch ist die heterogene Reaktion nicht in der Lage, hochsubstituierte Produkte zu liefern. Der Grund hierfiir ist in der begrenz- ten Zuganglichkeit der inneren Oberflache der Cellulosefasern zu sehen.

Legt man Wert auf die Erzielung hoher Substitutionsgrade, so liegt der Gedanke nahe, die Reaktion unter homogenen Bedingungen - also in einem dafur geeigneten Cellulloselosungsmittel - durchzufuhren. Ein nicht deri-

0 1989 Huthig & Wepf Verlag, Basel 0003-3146/89/$03.00 213

G. Ott, W. Schempp und Th. Krause

vatisierendes Llisungsmittel, das fur diesen Zweck geeignet scheint, ist das von Turbak et al.' untersuchte System Dimethylacetamid/Lithiumchlorid (DMAc/LiCl). Hierin wird die Cellulose komplexierend geldst und durfte daher besser fur das Kationisierungsreagenz Glycidyltrimethylammoni- umchlorid (GMAC) zuggnglich sein.

2. Experimenteller Teil

2. I Vorbereitung der Zellstoffe

Die lufttrockenen Zellstoffe werden vor dem Losen ca. 60 s in einer Kaffeemiihle zerfasert. AnschlieBend wird die Zellstoffprobe iiber Nacht im Kiihlschrank mit Was- ser gequollen. Am niichsten Tag wird 30 rnin tiber eine Fritte abgesaugt, dann 30 min in Dimethylacetamid stehengelassen und danach wieder 30 min abgesaugt.

2.2 Reaktiomdurch f iihrung

Man lost 18,O g (0,42 mol) Lithiumchlorid in 200 ml Dimethylacetamid. Zur klaren Losung gibt man unter Rilhren - abhilngig vom Polymerisationsgrad des verwende- ten Zellstoffs - eine bestimmte Menge an aktivierter Zellstoffprobe und 1 a t 12 h stehen (der Cellulosegehalt in Losung variierte zwischen 1 ,O und 2,3%, entsprechend einer Konzentration an Anhydroglucoseeinheiten (AGU) von 0,06 bis 0,15 mol/l). Die Celluloselosung bringt man unter Riihren auf 70 "C Reaktionstemperatur und gibt auf einmal - dem gewiinschten Molverhtiltnis der Reaktanden entsprechend - das GMAC zu. Nach 8 h setzt man eine dem Epoxid iiquimolare Stoffmenge 12,5 N Natronlauge zu, um unverbrauchtes Epoxid zu zerstoren und das Reaktionsprodukt auszufLillen. Nach dem Abkiihlen wird die Aminoalkylcellulose (AAC) abfiltriert und mit Aceton gewaschen. Zur Reinigung des Rohprodukts wird dieses in Wasser gelost, mit SalzsSlure neutralisiert und ultrafiltriert. Es wird eine Membran mit einem nomi- nellen cut-off von 300000 Dalton verwendet. Die von niedermolekularen Verunreini- gungen befreite Losung wird anschlienend gefriergetrocknet.

2.3 Analytik

Der Substitutionsgrad (DS) der Aminoalkylcellulosen wurde aus dem Stickstoffge- halt berechnet. Die Bestimmung des Stickstoffs erfolgte nach der Methode von Kjel- dahl. Da pro Anhydroglucoseeinheit drei reaktive Hydroxylgruppen zur Verfiigung stehen, kann der maximale Substitutionsgrad DS,, = 3 betragen.

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Kationbiemng von Zellstoff

3. Ergebnisse und Diskussion

3. I EinfluJ der Reaktionstemperatur

Die Temperaturabhangigkeit der Kationisierung wurde an Vorhydrolyse- Laubholz-Sulfatzellstoff mit einem Polymerisationsgrad (DP) von 1500 (LASA 1500) studiert. Die Reaktionszeit betrug 5 h, der Gehalt an Cellulose 1,4% (cAGU = 0,09 mol/l) und das Molverhi3ltnis nAGU : nGMAC = 1 : 3.

Wie aus Abb. 1 zu erkennen ist, erwies sich eine Reaktionstemperatur von 70 "C als optimal. Unter diesen Bedingungen konnte eine Aminoalkylcellulo- se mit einem DS = 0,74 hergestellt werden. Eine Temperaturerhohung uber 70 "C hinaus fuhrt wieder zu einer Verschlechterung der DS-Werte.

3.2 EinfluJo der Reaktionsdauer

Um die Zeitabhangigkeit zu untersuchen, wurde die Kationisierung bei 70 "C durchgefuhrt und nach unterschiedlichen Reaktionszeiten abgebro- chen.

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G . Ott, W. Schempp und Th. Krause

Abb. 2. EinfluR der Reaktionsdauer auf die Kationisierungsreaktion.

Abb. 2 la& eindeutig erkennen, dalj Reaktionszeiten von weniger als 8 h keine maximale Umsetzung zulassen. Im Bereich bis zu 8 h erhoht sich der Substitutionsgrad mit der Reaktionszeit. Erst ab 8 h wird ein maximaler Umsatz und damit ein maximaler DS-Wert erreicht.

3.3 EinJluJ des Molverhaltnisses nAGU : nGmC auf die Kationisierungsreaktion

Die Variation der Epoxidstoffmenge nGMAC wurde an mehreren ZellStOf- fen untersucht. Dabei wurde eine Reaktionstemperatur von 70°C und eine Reaktionszeit von 8 h eingehalten. Die erhaltenen Resultate sind in Tab. 1 zusammengestellt .

Betrachtet man die Versuche, die jeweils mit einer Zellstoffsorte durchge- fiihrt wurden, so zeigt sich, daB im Rahmen der untersuchten Ansatze mit ei- ner Erhijhung der GMAC-Konzentration auch eine DS-Erhohung verbun- den ist.

In Abb. 3 sind die Daten der Tab. 1 graphisch dargestellt.

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Kationisierung von Zellstoff

Tab. 1. EinfluB des Molverhaltnissses nAGU : nGMAC auf die Kationisierungsreak- tion.

Nr . Cellulose- cAGU Molver- Zellstoff DS gehalt haltnis (Yo) (mol/l) nAGU : nGMAC Sorte DP"

~ ~~

2 1,4 0,09 1 :2 LASA 1500 0,59 4 1,4 0,09 1 :3 LASA 1500 0,74 5 1,4 0,09 1 : 5 LASA 1500 1,20 8 195 0,l 1 : 8 LASA 1500 1 ,a

10 2,3 0,15 1 : 15 LASA 1500 2,22 13 293 0,15 1 : 30 LASA 1500 2,78 6 6-0 0,41 1 : 5 BUSI 600 1,78 7 4 4 0,31 1 : 7 BUSI 600 2,07

14 2,3 0,15 1 : 15 BUSI 1150 2,17 17 1,5 0,l 1 : 15 FISI 1 100 2,61

9 46 0,3 1 1 : 8 BUSI 600 2-64

1 1 1 ,o 0,06 1 : 15 Linters 5100 1,7 12 1 ,O 0906 1 : 30 Linters 5100 295

LASA 1500 + BUS1 600 0 BUS1 1150 0 FlSl 1100

Linters

I I 1 I -

0 1:s 1:lO 1:15 1:20 1:25 1:30 MolverhaLtnis nAGU :nGMA(

Abb. 3. EinfluB des Molverhaltnisses nAGU : nGMAC auf die Kationisierungsreaktion bei Verwendung verschiedener Zellstoffsorten.

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G . Ott, W. Schempp und Th. Krause

Aus Abb. 3 geht deutlich hervor, da13 die Kationisierungsreaktion bei Zell- stoffen mit hoherem DP schwieriger durchzufuhren ist. In diesem Zusam- menhang mu8 auch darauf hingewiesen werden, daD mit zunehmendem DP des Zellstoffs der Cellulosegehalt der Reaktionslosung vermindert werden muDte, da die Viskositat der Losung sonst stark zunahm. Ein zu hoher Cel- lulosegehalt fuhrt daher zu ungleichmafliger Durchmischung und bewirkt so- mit eine drastische Absenkung des erreichbaren Substitutionsgrades. Die Ausbeuten an Aminoalkylcellulose erreichten bei der Versuchsreihe Werte bis zu 92% der Theorie.

Weiterhin wurden Versuche unternommen, die Kationisierung in einer Zweistufenreaktion durchzufuhren. Es stellte sich jedoch heraus, daD zur Erreichung eines gleichen DS-Wertes wie bei der Einstufenreaktion, bei gro- Derem zeitlichem und apparativem Aufwand, mindestens die gleiche Menge an Kationisierungsreagenz notwendig war.

' *

M. Kaufer, Kationisierung von Zellstoffasern - Untersuchungen zur Kinetik und zur praktischen Anwendung, Dissertation, TH Darrnstadt 1982 Ger. 3027033 (1981), Deutsche ITT Industries GmbH, Erf.: A. F. Turbak, A. El- Kafrawy, F. W. Snyder Jr., A. B. Auerbach, C.A. 94 (1981) 123426s

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