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HORVÁTH DIRECTIONS MAGAZIN FÜR WEGWEISENDE UNTERNEHMENSSTEUERUNG UND PERFORMANCEOPTIMIERUNG 02 2018 www.horvath-partners.com directions by Horváth & Partners IMPRESSUM Herausgeber: Deutschland: Horváth AG, Phoenixbau, Königstr. 5, 70173 Stuttgart, +49 711 66919-0 Österreich: Horváth & Partner Management Consulting GmbH, Galaxy Tower, Praterstr. 31, 1010 Wien, +43 1 5127508-0 Schweiz: Horváth & Partner AG, Seefeldstr. 279A, 8008 Zürich, +41 44 42123-00 Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Michael Kieninger Projektleitung: Caroline Müller und Oliver Weber Layout & Realisierung: Beaufort 8 GmbH Redaktion: Publik. Agentur für Kommunikation GmbH Redaktionelle Mitarbeit: Raphaela Reber Copyright: ©2018 Horváth & Partners Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung Kontakt: [email protected], +49 711 66919-3301 Hinweis: Redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Bildnachweise: Michael Jungblut, OGphoto Getty Images, Spike Mafford Getty Images, Adalberto Rios Szalay Sexto Sol Getty Images, Peggy Heidan EyeEm Getty Images, Gareth Hayman EyeEm Getty Images, Mike Hill Getty Images, Dove Lee Getty Images, Monty Rakusen Getty Images, d3sign Getty Images, bodym iStock.com, Cecilie_Arcurs iStock.com, Philip Lange Shutterstock.com TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH Drei Wege in die digitale Zukunft Seite 6 Turbo für bessere Entscheidungen Seite 21 Jetzt die Weichen stellen Seite 16 SYSTEMWECHSEL AUF SAP S 4HANA BUSINESS ANALYTICS SCHWERPUNKT

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Page 1: HORVÁTH DIRECTIONS - horvath-partners.com · ein Projekt in der Kategorie Supply-Chain-Management für die BMW Group und ... Die Péter Horváth-Stiftung hat AIDA Cruises mit dem

HORVÁTH DIRECTIONSMAGAZIN FÜR WEGWEISENDE UNTERNEHMENSS TEUERUNG UND PERFORMANCEOPT IMIERUNG

02 2018www.horvath-partners.com directions by Horváth & Partners

IMPRESSUM

Herausgeber: Deutschland: Horváth AG, Phoenixbau, Königstr. 5,

70173 Stuttgart, +49 711 66919-0

Österreich: Horváth & Partner Management Consulting GmbH,

Galaxy Tower, Praterstr. 31, 1010 Wien, +43 1 5127508 -0

Schweiz: Horváth & Partner AG, Seefeldstr. 279A, 8008 Zürich,

+41 44 42123-00

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Michael Kieninger

Projektleitung: Caroline Müller und Oliver Weber

Layout & Realisierung: Beaufort 8 GmbH

Redaktion: Publik. Agentur für Kommunikation GmbH

Redaktionelle Mitarbeit: Raphaela Reber

Copyright: ©2018 Horváth & Partners Nachdruck und

Verwendung nur mit Genehmigung

Kontakt: [email protected],

+49 711 66919-3301

Hinweis: Redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die

Meinung des Herausgebers wieder.

Bildnachweise: Michael Jungblut, OGphoto Getty Images,

Spike Mafford Getty Images, Adalberto Rios Szalay Sexto Sol

Getty Images, Peggy Heidan EyeEm Getty Images, Gareth

Hayman EyeEm Getty Images, Mike Hill Getty Images,

Dove Lee Getty Images, Monty Rakusen Getty Images, d3sign

Getty Images, bodym iStock.com, Cecilie_Arcurs iStock.com,

Philip Lange Shutterstock.com T R A N S F O R M A T I O N I M

F I N A N Z B E R E I C H

Drei Wege in die digitale Zukunft Seite 6

Turbo für bessere EntscheidungenSeite 21

Jetzt die Weichen stellen Seite 16

S Y S T E M W E C H S E L A U F S A P S 4 H A N A

B U S I N E S S A N A L Y T I C S

S C H W E R P U N K T

Page 2: HORVÁTH DIRECTIONS - horvath-partners.com · ein Projekt in der Kategorie Supply-Chain-Management für die BMW Group und ... Die Péter Horváth-Stiftung hat AIDA Cruises mit dem

INHALTEDITORIAL

unter dem Stichwort „Finance Transformation“ rollt die Digitalisierungswelle nun auch im CFO-Bereich. Zahlreiche Beispiele belegen das Potenzial für die Finanzorganisation und zeigen zugleich die Vielfalt möglicher Ansätze auf. Manchen Unternehmen fällt es jedoch mitunter schwer, den richtigen Weg in ihre digitale Zukunft zu finden und ihn konsequent umzusetzen. Dann macht sich Ernüchterung über die geringen Fortschritte breit. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Nach unseren Erfahrungen werden häufig die Tiefe und die Breite der Transformation unterschätzt. Digitalisierungsprojekte entfalten ihren vollen Nutzen erst dann, wenn die neuen Technologien dazu dienen, bestehende Arbeitsweisen, Prozesse, Metho-den und Strukturen grundlegend zu verändern. Die Mitarbeiter hierfür zu gewinnen, gehört zu den größten Herausforderungen des digitalen Wandels. Werden einzelne Digitalisierungsprojekte isoliert betrachtet, mag zudem der Aufwand für die erforderlichen Veränderungen im Finanzressort gegenüber dem Nutzen des jeweiligen Vorhabens wenig überzeugend erscheinen. Dann kann ein Zielbild der digitalen CFO- Organisation als „Big Picture“ den strategischen Entwicklungspfad aufzeigen, sodass sich einzelne Projekte klarer in die Finance Transformation einordnen lassen.

Die vorliegende Ausgabe der Horváth Directions zeigt verschiedene Wege in die digitale Ära. So verbindet die CFO-Organisation der Deutschen Bahn einen ganzheitlichen Ansatz mit einzelnen Digitalisierungs-projekten. Im Interview schildert der Leiter des Konzernprogramms „FINANCE 4 DB“, Wolfgang Heinrichs, wie das Unternehmen dabei vorgegangen ist. Der Finanzbereich von innogy wiederum nutzt die Einführung von SAP S 4HANA als Hebel für die Digitalisierung, während die Thüga Planung und Steuerung mithilfe von Advanced Analytics automatisiert. Bei E.ON haben sich die semantische Analyse und Machine Learning im Risikomanagement bewährt. Diese Einblicke und weitere Anregungen für Ihre Finance Transformation finden Sie natürlich auch digital unter www.horvath-partners.com directions.

Viel informatives Lesevergnügen wünscht IhnenIhr

Dr. Michael KieningerSprecher des Vorstands der Horváth AG

Liebe Leserin, lieber Leser,

EDITORIAL

PINBOARD

TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

Drei Wege in die digitale Zukunft

INTERVIEW MIT WOLFGANG HEINRICHS, DEUTSCHE BAHN

Leistungsfähiger durch Digitalisierung

CFO-STUDIE 2018: DIE TRENDS DER DIGITALISIERUNG UND

DIE AK TUELL GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN DER CFOS

SYSTEMWECHSEL AUF SAP S 4HANA

Jetzt die Weichen stellen

INTERVIEW MIT DR. ULRICH BORGDORF, INNOGY

„Wegbereiter für mehr Effizienz“ BUSINESS ANALY TICS

Turbo für bessere Entscheidungen DIGITALE PILOTPROJEK TE BEI DER THÜGA

Exakt planen auf Knopfdruck RISIKOMANAGEMENT BEI E.ON

Chancen und Risiken auf dem Radar GASTBEITRAG PROF. DR. MATHIAS KLIER

Traumjob Data Scientist

IMPRESSUM

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6

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SCHWERPUNK T

TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

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Beim Wettbewerb „Best of Consulting 2018“ des Magazins „Wirtschaftswoche“ hat Horváth & Partners zum wiederholten Mal eine Auszeichnung für exzellente

Projektarbeit erhalten. Die Managementberatung darf somit ein weiteres Jahr das Gütesiegel „Best of Consulting Project Excellence“ führen. Prämiert wurde

ein Projekt in der Kategorie Supply-Chain-Management für die BMW Group und deren Zulieferer, die ZF Friedrichshafen AG. Für Horváth & Partners ist es bereits

der achte „Best of Consulting“-Award in dem seit 2010 stattfindenden Wettbewerb.

Zum vierten Mal seit 2005 erhielt die Managementberatung in diesem Jahr zudem das „TOP 100“-Siegel und gehört damit erneut zu den innovativsten Unternehmen

im deutschen Mittelstand. Horváth & Partners überzeugte insbesondere in den Katego rien „Innovationserfolg“ und „Innovationsklima“. Bei der Erarbeitung innovativer Kundenlösun-

gen steht immer öfter die wertschöpfende Nutzung digitaler Technologien im Fokus. Intern koordiniert ein „Innovation Committee“ die Entwicklung neuer digitaler Konzepte

für Unternehmenssteuerung und Performanceoptimierung.

PINBOARD

Exzellenz bei Projektarbeit und Innovationserfolg

Zwei Gütesiegel für Horváth & Partners

Horváth & Partners steuert drei neue Publikationen zur Management-literatur bei. Im Strategiebuch „Touchdown. Wie Unternehmen unschlagbar

werden“ vermittelt Dr. Oliver Greiner, Partner bei Horváth & Partners, das Handwerkszeug, mit dem sich Unternehmen als Meister ihrer Märkte

positionieren. Denn wer angesichts immer radikalerer Veränderungen im Markt Kurs halten und erfolgreich sein will, muss anders und gleichzeitig

besser als seine Wettbewerber sein. Murmann Publishers, 2018, ISBN: 978-3867746090

www.horvath-partners.com buch_touchdown

Zudem liegen zwei maßgebende Werke zum Controlling nun auch auf Chinesisch vor. Dank Prof. Dr. Wang Xuyi von der Tongji-Universität in Shanghai gelang

die präzise Übersetzung der Erfolgsbücher „Controlling“ und „Das Controllingkonzept“ von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth und weiteren Controllingexperten von

Horváth & Partners. Interessenten wenden sich bitte an Christina Seez ([email protected]).

Strategischer Leitfaden und Controllingstandards

Neue Publikationen

Forum digitale Unternehmenssteuerung in Düsseldorf

Mehrwert aus neuen Möglichkeiten schöpfen

Advanced Analytics, Machine Learning, Big Data und künstliche Intelli-genz ermöglichen innovative Formen der Unternehmenssteuerung. Diese

stehen am 21. März 2019 im Fokus des Forums digitale Unternehmens-steuerung in Düsseldorf. Dabei erhalten Fach- und Führungskräfte aus dem

CFO-Bereich in Vorträgen und Workshops branchen- und funktionsübergrei-fende Einblicke in innovative Lösungsansätze und Best Practices. Referenten

kommen dabei von Unternehmen wie Bayer, der Deutschen Bahn und innogy. Im Mittelpunkt der Konferenz steht der konkrete Mehrwert, den die digitalen

Möglichkeiten in der Unternehmenssteuerung schaffen. Darüber hinaus dient die Veranstaltung als Plattform für den Austausch mit anderen Experten und bie-

tet die Gelegenheit, Anregungen und Impulse für die eigene Arbeit mitzunehmen.

Mehr Informationen zu den Auszeichnungen unter www.top100.deund award.wiwo.de boc

Die Péter Horváth-Stiftung hat AIDA Cruises mit dem Green Controlling-Preis 2018 ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis, verliehen beim 32.

Stuttgarter Controlling & Management Forum, würdigt das „Green Cruising“- Projekt des Kreuzfahrtunternehmens. Mit der Auszeichnung werden seit 2011

in Kooperation mit dem Internationalen Controller Verein (ICV) innovative Controllinglösungen zur Gestaltung und Steuerung von ökologischen Strategien,

Programmen, Projekten und Maßnahmen in Unternehmen und öffentlichen Ein- richtungen gefördert.

Mehr Informationen unter www.icv-controlling.com > Der Verein > ICV-Awards > Green Controlling-Preis

Mehr zum Forum digitale Unternehmenssteuerung unter www.horvath-partners.com konferenzen digitalisierung

Mehr zu aktuellen Projekten bei der Deutschen Bahn und bei innogy in diesem Heft auf den Seiten 12 und 19.

AIDA Cruises erhält Green Controlling-Preis

Nachhaltigkeit in der Unternehmenssteuerung

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TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

Der digitale Wandel verändert die CFO-Organisation – und davon kann

das gesamte Unternehmen profitieren. Dank smarter Technologien

können der Finanzchef und sein Team nicht nur sehr viel effizienter

arbeiten, sondern auch deutlich bessere Erkenntnisse für erfolgs-

kritische Managemententscheidungen gewinnen. Für die Reise in diese

neue Ära bieten sich drei Wege an.

DREI WEGE IN DIE

DIGITALE ZUKUNFT

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ie Digitalisierungswelle hat das Finanzressort mit voller Wucht erfasst. Anders als noch vor zwei Jahren, als das Thema für die meisten CFOs eine untergeordnete Rolle spielte, steht es inzwischen ganz oben auf der Agenda:

Laut der aktuellen CFO-Studie von Horváth & Partners haben bereits zwei Drittel der Unternehmen im deutschsprachigen Raum Initiativen gestartet, um die Digitalisierung im Finanz- bereich voranzutreiben. Den grundsätzlichen Handlungsbedarf bezweifelt inzwischen niemand mehr. CFOS GERATEN IN ZUGZWANG

Die veränderte Haltung hat unterschiedliche Gründe. So steht heute nicht nur eine ganze Reihe leistungsfähiger neuer Tech-nologien wie Robotic Process Automation (RPA), Cognitive Computing und Advanced Analytics zur Verfügung, sondern die digitale Transformation spielt auch in der Öffentlichkeit und im eigenen Unternehmen eine immer größere Rolle. Hinter der bereits weit fortgeschrittenen Digitalisierung in Kernprozessen der Wertschöpfungskette wollen und können die Finanzverant-wortlichen nicht länger zurückstehen. Fertigungsunternehmen beispielsweise haben ihre Produktion unter den Stichworten „Industrie 4.0“ und „Internet of Things (IoT)“ schon hochgradig automatisiert. Das setzt CFOs unter Zugzwang, hier aufzuholen.

Für die mehr als 200 Finanzchefs aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Horváth & Partners für die CFO-Studie 2018 (siehe Seiten 14 und 15) befragte, ist Effizienzdruck – ne-ben anderen Trends – weiterhin einer der wichtigsten Treiber für ihre Transformation. Erste Erfahrungen zeigen, dass sich mit digitalen Werkzeugen durchaus signifikante Einsparungen realisieren lassen, insbesondere im Datenmanagement und bei transaktionalen Prozessen.

Den Anstoß für eine „Finance Transformation“ geben häufig auch Initiativen in anderen Unternehmensbereichen, die übergreifen-de organisatorische Fragen aufwerfen. Etwa wenn es darum geht, ein Analytics Competence Center zu etablieren, weil das Marketing mit modernen Analysemöglichkeiten neue Kunden ge-winnen will. Oder wenn zu klären ist, wer Betrieb und Governance einer unternehmensweiten Datenplattform verantwortet.

IN NEUER ROLLE MEHRWERT SCHAFFEN

Der alleinige Fokus auf eine effizientere Finanzfabrik greift zu kurz. Um umfassend von der Digitalisierung zu profitieren, muss

sich die Finanzfunktion neu positionieren. Zu klären ist, welche Rolle sie in Zukunft innerhalb des Unternehmens spielt, welche Kernkompetenzen sie besitzt und welche Aufgaben sie über-nimmt. Bei richtiger Weichenstellung bietet die digitale Trans-formation dem CFO und seinem Team vielfältige Chancen.

Denn mit neuen Technologien wie Analytics und Cognitive Computing, die riesige Datenmengen aus verschiedensten Quellen sekundenschnell auswerten und unterschiedliche Ent-wicklungen simulieren können, erhalten CFOs und Entscheider in anderen Abteilungen auf Knopfdruck steuerungsrelevante Informationen. Diese sind zudem viel genauer und aussagekräf-tiger als bisher. Werden sie mit modernen Kollaborationstools kombiniert, können Manager schneller und fundierter entschei-den, was die Leistung des Unternehmens insgesamt beträchtlich steigert. Die Finanzfunktion stellt sich viel dynamischer auf und schafft die Basis für eine effiziente und proaktive Unternehmens-steuerung.

CHANCEN UND RISIKEN AUF DEM SCHIRM

In einem solchen digitalen Steuerungssystem spielt ein aktives Chancen- und Risikomanagement eine zentrale Rolle, denn nur wer frühzeitig alle Chancen und Risiken für die Gesamtorgani-sation erkennt, kann vorausschauend agieren. Das Risiko-management darf sich nicht auf Compliance-Gesichtspunkte beschränken. Dabei haben jene Unternehmen einen Wettbe-werbsvorteil, die das Potenzial der riesigen Datenmengen, über die sie durch die Digitalisierung verfügen, auch ausschöpfen. Als intelligentes Steuerungstool hilft beispielsweise der soge-nannte Business Radar von Horváth & Partners dabei, diesen Schatz zu heben. Mit ihm erhalten Unternehmen in Echtzeit und unternehmensspezifisch eine strukturierte Sicht auf ihr komplettes Geschäftsumfeld – von öffentlichen Meinungen und Trends über Patentanmeldungen hin zu Treasury-Risiken. Der Energieversorger E.ON testet das Tool derzeit für die strategi-sche Unternehmenssteuerung (siehe Seite 27).

TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

D

Setzt die Finanzorganisation die neuen digitalen Werkzeu-ge und Methoden sinnvoll ein, profitieren alle Abteilungen im Unternehmen. Der CFO hat hier die Chance, sich mit seinem Team noch stärker als Business Partner zu positio nieren und sowohl das Management als auch andere Funktionen vom Einkauf bis zum Vertrieb auf Basis umfassenderer und besserer Erkenntnisse zu beraten. Außerdem gewinnt die Governance-Rolle der Finanzfunktion an Bedeutung, denn das digitalisierte Unternehmen ist auf einheitliche Sys- teme, Standards, Methoden und Richtlinien angewiesen, um die erforderlichen Datenplattformen aufzubauen und erfolgreich zu betreiben.

Die digitale Transformation bietet dem CFO und seinem

Team die Chance, strategischen Mehrwert für das gesamte

Unternehmen zu schaffen.

DREI ANSÄTZE FÜHREN ZUM ZIEL Als Leiter des Business -Segments Planung begleitet Michael Kappes, Partner bei Horváth & Partners, viele Digitalisierungs- projekte im CFO-Ressort. „Für die Reise zur digitalen Finanz- organisation gibt es nicht den einen, einzig richtigen Weg. Unternehmen können, entsprechend ihrer Kultur sowie indivi - du eller Anforderungen und Ziele, verschiedene Routen ein - schlagen“, sagt er. Drei Ansätze sind zu beobachten: zum einen, mit einer digi- talen Finanzstrategie zu starten, zum anderen, die Datenbasis

5 Neue Kompetenzen Statistikexpertise und die umfassende Kenntnis funktionaler Steuerung sind fester Bestandteil des Qualifikations profils im Finanzbereich

5 MERKMALE DER DIGITALEN FINANZORGANISATION

TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

1 Proaktiv-dynamische Steuerung Umfassende Zukunftsorientierung bei hoher Geschwindigkeit 2 Umfassende Ausrichtung

Integrierte funktionale und finanzielle Steuerungs- prozesse auf Basis gemeinsamer Plattformen

3 Effiziente Aufstellung Hoher Automatisierungsgrad erlaubt den Fokus auf kritische Fragestellungen

4 Veränderte Rollen Starker Schwerpunkt auf „Business Partnering“ und „Governance“ Methodenentwicklung

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kussionen aufzuhalten. Neutrale Projektleiter mit einem klaren Projektplan können hier sicherlich am besten gegensteuern. Da Unternehmen mit einer digitalen Finanzstrategie zunächst keine greifbaren Resultate erzielen, setzen viele Organisationen paral-lel dazu weitere Digitalisierungsprojekte auf. Ein Beispiel hierfür ist die Deutsche Bahn, die ihr umfassendes Transformationspro-gramm „FINANCE 4 DB“ mit konkreten Initiativen in einzelnen Bereichen flankiert (siehe Seite 12).

DATEN UND PROZESSE HARMONISIEREN

Der zweite große Digitalisierungsansatz, zunächst die Daten und transaktionalen Prozesse zu optimieren, geht ein Schlüssel-problem vieler Organisationen an. In der aktuellen CFO-Studie

von Horváth & Partners beklagt immerhin jeder zweite CFO – das sind 20 Prozent mehr als im ver-gangenen Jahr – die fragmentier-te, heterogene IT-Landschaft im eigenen Haus. Sie bremst nicht nur

die Prozesse, sondern behindert auch Unternehmensentschei-dungen auf Basis konsistenter und valider Informationen. Hier schaffen zentrale Business-Plattformen Abhilfe. Viele Unterneh-men führen daher SAP S 4HANA ein, eine ERP-Suite, die dank In-Memory-Technologie sehr große Datenmengen in Echtzeit ver-arbeitet und unternehmensweit einheitliche Daten bereitstellt.

Auf diese Weise die Voraussetzungen für eine proaktiv-pro- gnostizierende Unternehmenssteuerung zu schaffen, ist relativ gut kalkulierbar und bringt auch ohne weitere Digitalisierungs-vorhaben enorme Vorteile. Allerdings ist dieser Weg oft lang-wierig und aufwendig – Projekte dieser Art können bis zu drei Jahre dauern. Daher gehen tendenziell eher größere Konzer-ne diesen Weg, etwa innogy (siehe Seite 19) oder Bayer. Der Life-Science-Konzern transformierte unter dem Namen „Data.One“ seine Finanzorganisation auf Basis integrierter Daten, Systeme und Prozesse und macht sie somit fit für die anstehende Digitalisierung.

EIN DIGITALER PROTOTYP ZUM AUSPROBIEREN Mit digitalen Prototypen für spezielle Anwendungsfälle kommen Unternehmen schnell und mit überschaubarem Aufwand zu greifbaren Ergebnissen. Bei entsprechenden Pilotprojekten geht es häufig um einzelne Analytics-Szenarien. Der Energieversorger Thüga entwickelte zum Beispiel einen erfolgreichen Piloten für die automatisierte Vertriebsplanung (siehe Seite 24). Derarti-ge Prototypen sind meist in wenigen Monaten umsetzbar. Als erster Einstieg in die Digitalisierung liefern sie Erkenntnisse für die nächsten Schritte und helfen, die Organisation durch kurz-fristige Erfolgsbeispiele für weitere Investitionen in die digitale Transformation zu gewinnen.

Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Datenbasis. „Solche Pilotpro-jekte scheitern öfter an der Qualität der benötigten Daten. Je besser die Datenbasis, desto höher ist die Erfolgswahrscheinlich-keit der digitalen Anwendungsfälle“, sagt Michael Kappes. Ob die Prototypen nachhaltig Nutzen für das Unternehmen stiften oder in erster Linie als Erkenntnisgewinn verbucht werden, hängt nicht zuletzt davon ob, ob sich die Prototypen in die Regelprozes-se einbinden lassen.

ÜBERGREIFEND DENKEN UND GELASSEN BLEIBEN Welchen Weg Unternehmen auch beschreiten – sie müssen stets die organisatorischen Veränderungen der Transformati-on berücksichtigen. Erfolgsentscheidend ist, sämtliche Digi-talisierungsmaßnahmen übergreifend zu planen und andere Bereiche und Funktionen einzubinden. Ein Silodenken ist ange-sichts zentraler, unternehmensweiter IT-Plattformen kontrapro-duktiv. Zudem integrieren künftig auch ureigene CFO-Aufgaben wie Planung, Reporting und Prognosen sowohl funktionale Daten als auch Finanzinformationen.

Laufende Digitalisierungsprojekte zeigen zudem, dass nicht immer alles läuft wie geplant. Wer Neuland betritt, erlebt Überraschungen. Dazu kommt, dass die technologische Ent-wicklung in rasantem Tempo weitergeht, sodass neu aufkom-mende Möglichkeiten kontinuierlich eruiert werden sollten. „Eine Trial-and-Error-Kultur, die auch Fehlschlägen Positives abgewin-nen kann, ist ein Schlüssel zum Erfolg“, betont Michael Kappes. Für die Projektsteuerung haben sich agile Methoden bewährt, die der Dynamik der Transformation gerecht werden. Das Change-Management spielt ebenfalls eine Schlüsselrolle. Früh-zeitige Kommunikationsmaßnahmen helfen, die Ängste der Mit-arbeiter zu verringern und Widerstände zu vermeiden.

LERNEN VON DEN PIONIEREN Erste Erfahrungen von Unternehmen, die sich frühzeitig auf den Weg gemacht haben, liegen inzwischen vor. Wer jetzt startet, kann von diesen Pionieren lernen. Zwar wird es noch Jahre dau-ern, bis diese Vorreiter die digitale Transformation ihrer Finanz-funktion abgeschlossen haben, doch der Druck auf die anderen CFOs wächst. Wer es jetzt verpasst, die Weichen für den Wan-del zu stellen, droht immer weiter hinter die vorausschauenden Wettbewerber zurückzufallen. Und nicht nur der Markt bestraft auf Dauer eine zu zögerliche Haltung; auch für Absolventen und junge Fachkräfte sind Unternehmen attraktiver, in denen die modernen Technologien eingesetzt werden, die sie bereits aus ihrer Ausbildung kennen. Gründe genug also, um den Weg in Richtung digitale Finanzorganisation jetzt einzuschlagen und konsequent weiterzuverfolgen.

Weitere Informationen unter www.horvath-partners.com video_cfo-organisation

Michael Kappes [email protected] Tel. +49 711 66919-1303

und die zugehörigen transaktionalen Prozesse zu verbessern, sowie als dritter Weg, konkrete Prototypen für einzelne digi- tale Anwendungsfälle zu entwickeln. „Wir sehen in unse-rer Beratungspraxis die drei Herangehensweisen annähernd gleich verteilt. Alle haben ihre Vor- und Nachteile“, betont Michael Kappes. „Unternehmen kombinieren oftmals mehrere Ansätze miteinander.“

STRATEGISCH IN DIE ZUKUNFT STARTEN

Wer den ersten Weg wählt und eine digitale Finanzstrategie entwickelt, geht ganzheitlich und systematisch vor. Der Ansatz betrachtet sämtliche Aspekte der Digitalisierung einschließlich der Prozesse und Verantwortlichkeiten. Unternehmen verschaf-fen sich so einen umfassenden Über-blick über den eigenen Status quo und erstellen auf dieser Basis ein Target Operating Model der künftigen CFO- Organisation samt einem detaillierten Fahrplan zum Ziel. Dieses Vorgehen verringert das Risiko, aufs falsche Pferd zu setzen, und erhöht die Chance, die gesamte Organisation in den Transformations-prozess einzubinden.

Diese Herangehensweise birgt allerdings die Gefahr, sich zu lange mit abstrakten, wenig wertschöpfenden Grundsatzdis-

JE BESSER DIE DATENBASIS, DESTO HÖHER IST DIE ERFOLGS- WAHRSCHEINLICHKEIT DER DIGITALEN ANWENDUNGSFÄLLE.

Mit Advanced Analytics ermög-licht das Finanzressort ein

effizienteres proaktiv-analyti-sches Controlling.

TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH TRANSFORMATION IM FINANZBEREICH

Orientierungshilfen

DREI ANSÄTZE ZUR WAHL

DIGITALE FINANZSTRATEGIE ENTWICKELN

01

03

02 DATENBASIS UND PROZESSEVERBESSERN

PROTOTYPEN FÜR DIGITALE AN-WENDUNGSFÄLLE ENTWICKELN

1110

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DIE DIGITALISIERUNG VERÄNDERT SÄMTLICHE GE-SCHÄFTSFELDER DER DEUTSCHEN BAHN RADIKAL. WIE STIMMT FINANCE 4 DB IHRE FINANZFUNKTION AUF DIESE TRANSFORMATION EIN? HEINRICHS FINANCE 4 DB treibt die Digitalisierung und die gemeinsame Veränderung der Finanzfunktion zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Dabei verfolgen wir zwei Ziele: zum einen, die operative Steuerung des Geschäfts noch gezielter zu unterstüt-zen, indem wir performanceorientierte Reporting- und Prognose-tools einsetzen und Daten in Echtzeit auswerten. Zum anderen können wir die Effizienz und die Exzellenz unserer eigenen Pro-zesse selbst steigern, indem wir unsere Prozess- und Systemland-schaften deutlich vereinfachen und vereinheitlichen.

WIE ERREICHEN SIE DIESE AMBITIONIERTEN ZIELE? HEINRICHS Wir setzen auf eine ganzheitliche Herange-hensweise. Daher haben wir vier Handlungsfelder definiert, die den Rahmen vorgeben und zugleich die Reihenfolge unse-rer Aktivitäten beschreiben: Prozesse & Strukturen, Methoden & Instrumente, Rolle & Selbstverständnis sowie Fähigkeiten & Zusammenarbeit. Inhaltlich sind wir mit einer umfassenden Bestandsaufnahme gestartet und haben daraus konkrete Fo-kusprojekte abgeleitet, um eine spürbare Verbesserung bei den wesentlichen Finanzprozessen zu erreichen. WELCHE PROZESSE NEHMEN SIE SICH ZUERST VOR? HEINRICHS Wir konzentrieren uns zunächst auf drei Fokuspro-jekte. Für Procure-to-Pay und Plan-to-Steer ist hierbei eine kon-sequente End-to-End-Prozessausrichtung handlungsleitend. In unserem dritten Fokusprojekt werden Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen durch die Konzeption einer integ-rierten Datenplattform angestrebt. In den kommenden Mona-ten werden wir gemeinsam mit der Konzernleitung und den Geschäftsfeldern detaillierte Konzepte entwickeln und diese ab dem ersten Quartal 2019 zügig umsetzen. WORIN ZEIGT SICH IHR GANZHEITLICHER ANSPRUCH?

HEINRICHS Bei den Fokusprojekten bearbeiten wir stets alle vier definierten Handlungsfelder. So unterstützen moderne IT-Methoden und -Instrumente die identifizierten Prozessverbes-serungen. Parallel zur Prozess- und IT-Landschaft verändern sich auch die Rollen und Kompetenzen der in der Finanzfunktion tä-tigen Personen sowie die Art und Weise, wie sie in modernen Ar-beitswelten zusammenarbeiten. All diese Entwicklungen führen wir in einem umfassenden Zielbild zusammen.

WIE MOTIVIEREN UND BEGEISTERN SIE DIE MITARBEITER FÜR EIN PROGRAMM, DESSEN ERGEBNISSE ERST AB DEM ERSTEN QUARTAL 2019 SPÜRBAR WERDEN?

HEINRICHS Wir arbeiten parallel an sogenannten Schnell-booten, mit denen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung auch kurzfristig für uns nutzen. Dazu zählt etwa die Anbindung des Einkaufsportals an einen externen Marktplatzanbieter, wo-durch das Produktportfolio von aktuell 1,5 Millionen Artikeln auf 25 Millionen Artikel erweitert wurde. Rechnungen werden somit direkt verbucht, ohne das Shared Service Center zu be-lasten, und Prozessdurchlaufzeiten signifikant verringert. In einem anderen Schnellboot hat der Einsatz von RPA-Technolo-gie im Bereich Treasury zu einer Reduktion von zwei Stunden manueller Tätigkeit pro Tag geführt, was den Kollegen mehr Zeit für wertstiftendere Tätigkeiten einräumt. Solche einzel-nen Digitalisierungsprojekte machen die Vorteile des Wan-dels sichtbar und schaffen frühzeitig Akzeptanz.

WAS BEDEUTET FINANCE 4 DB FÜR DIE MITARBEITER DES FINANZBEREICHS? HEINRICHS Sie werden sich und ihre Fähigkeiten weiter-entwickeln und innerhalb des Unternehmens an Bedeutung gewinnen. Dank einfacher, intuitiver Anwendungen, die zum Beispiel wie Apps funktionieren, werden die IT-Systeme nutzer-orientierter. Inhaltlich wird die konzernweite Governance bei den Themen Standardisierung, Automatisierung und transpa-rente Datenstrukturen für die Mitarbeiter ebenso relevant wie der Aufbau von Data-Science-Kompetenzen. Auf diese Aufga-ben bereiten unter anderem digitale Lernmodule, Impulsvorträ-ge und Trainingseinheiten vor. Zudem fördern wir die stärkere Vernetzung innerhalb der Finanzfunktion und im DB-eigenen Digitalisierungs-Ökosystem. Von den Führungskräften erwarten wir, dass sie den Wandel aktiv gestalten, indem sie Freiräume für agiles Arbeiten schaffen und digitale Kommunikationska-näle aktiver nutzen.

WO STEHT IHRE FINANZORGANISATION IN DREI JAHREN?

HEINRICHS Ich sehe eine innovative, veränderungsstarke und kundenorientierte Funktion. Aktuell steht der mit FINANCE 4 DB eingeleitete Transformationsprozess allerdings noch ganz am Anfang. In diesem ersten Schritt spielt es für mich eine ent-scheidende Rolle, dass wir auf dem Weg zum Ziel unsere grund-sätzliche Haltung gegenüber Veränderungen selbst verändern. Denn der anstehende Wandel ist gleichermaßen Chance und Verpflichtung.

INTERVIEW MIT WOLFGANG HEINRICHS, DEUTSCHE BAHNINTERVIEW MIT WOLFGANG HEINRICHS, DEUTSCHE BAHNINTERVIEW MIT WOLFGANG HEINRICHS, DEUTSCHE BAHN

Die Finanzfunktion der Deutschen Bahn setzt mit einer ganzheitlichen

Strategie auf Digitalisierung und Veränderung. Das Ziel ist eine qualitativ

bessere Steuerung des Geschäfts, eine Steigerung der eigenen Effizienz

sowie Exzellenz und somit letztendlich ein Wertbeitrag zum Erfolg

der Deutschen Bahn. Wolfgang Heinrichs, Leiter des Konzernprogramms

„FINANCE 4 DB“, erläutert im Interview, wie sich die CFO-Organisation

wandelt und wie der Konzern insgesamt davon profitiert.

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Leistungs- fähiger durch Digitalisierung

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ZUSTIMMUNG VON FÜHRUNGSKRÄFTEN AUS DEM CFO-BEREICH

ZU DIGITALISIERUNGSTRENDS

CFO-STUDIE 2018

92 %+18* 

NEUE STEUERUNGS-MÖGLICHKEITEN DURCH EINE HÖHERE DATENVERFÜGBARKEIT 88 %+5*

RADIKALE VERÄNDERUNG DER ROLLEN UND KOMPETENZEN IN DER FINANZFUNK TION

83 %-11*

VERSCHL ANKUNG DER ROUTINEPROZESSE

+7*97 %WANDEL IN DER UNTERNEHMENSSTEUERUNG VON REAK TIV-ANALY TISCH ZU PROAK TIV-PROGNOSTIZIEREND

*Veränderung gegenüber 2017 in %

14

DIE AK TUELL GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN DER CFOS

CFO-STUDIE 2018

Mehr zur Studie unter www.horvath-partners.com cfo-studie-2018

TRANSFORMATION AUFGRUND FORTSCHREITENDER DIGITALISIERUNG77 %

*Veränderung gegenüber 2017 in %

64 % +14*ANPASSUNG DER CFO-ORGANISATION AN GEÄNDERTE GESCHÄFTSMODELLE

63 % +9*STEUERUNG HETEROGENER GESCHÄFTSMODELLE

63 % +3*BERÜCKSICHTIGUNG GESTIEGENER COMPLIANCE-ANFORDERUNGEN

54 % +19*HISTORISCH GEWACHSENE CFO-ORGANISATION

53 % +19*FEHLERHAFTE, FRAGMENTIERTE UND UNVOLLSTÄNDIGE DATEN

48 % +25*INEFFEK TIVE STEUERUNGSGRÖSSEN

NEU

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ür SAP-Kunden führt kein Weg an SAP S 4HANA vor-bei. Denn ab 2025 wird das Vorgängersystem SAP R 3 nur noch eingeschränkt weiterentwickelt und es fal-len höhere Wartungsgebühren an. Dennoch zögern viele Unternehmen, den Wechsel anzugehen. Dabei

könnte die Zeit schnell knapp werden, selbst wenn 2025 noch weit in der Zukunft liegt. Denn in den meisten Fällen wird ein solches Projekt deutlich über eine rein technische Migration hin-ausgehen. Schließlich bringt SAP S 4HANA zahlreiche fachliche Neuerungen, etwa die noch konsequentere Umsetzung des Ein-kreissystems aus Accounting und Controlling. Auch ange-sichts der zu beobachtenden Defizite bei bestehenden In-stallationen – etwa weltweit heterogene Templates, Un-stimmigkeiten zwischen inter-nem und externem Rechnungswesen sowie eine ungenügende Qualität der operativen Daten – bedeutet der Umstieg eine grundlegende Transformation der ERP- und Datenlandschaft. Die wichtigste Frage von Unternehmen ist daher, wie ein solch komplexes Vorhaben sinnvoll strukturiert werden kann.

VORSTUDIE: KLARHEIT SCHAFFEN

Am Anfang steht idealerweise eine Vorstudie. Dabei geht es dar-um, den Status quo der ERP-Landschaft fachlich und technisch zu verstehen und die Voraussetzungen für die weitere Projektarbeit zu schaffen. Die Vorstudie erfordert keine Detailanalyse auf Ebe-

SAP S 4HANA ermöglicht es nicht nur, Prozesse und Daten-

strukturen zu standardisieren, sondern bietet auch Potenziale

für die Digitalisierung und Automatisierung. Der Umstieg

auf das neue System bedeutet für die meisten Unternehmen

eine grundlegende Transformation ihrer ERP- und Daten-

landschaft. Um das komplexe Projekt erfolgreich zu stemmen,

kommt es auf ein gut strukturiertes Vorgehen an.

F

SYSTEMWECHSEL AUF SAP S 4HANA SYSTEMWECHSEL AUF SAP S 4HANA

ne des Buchungsstoffs, sondern arbeitet möglichst viele Aspekte in der Breite heraus. Dazu gehören die Eckdaten des Steuerungs-konzepts, die Integration von Accounting und Controlling, die Verknüpfung mit den logistischen Funktionen, organisatorische Fragen, Berichtsprozesse und -anforderungen, Schwachpunkte und notwendige Verbesserungen. Die Vorstudie zeigt, wie weit-reichend das ERP-System umgestaltet werden soll. Teilweise kann der Umstieg ja auch dazu dienen, weitere Potenziale der Digitalisierung und Prozessautomatisierung zu heben. In diesem Fall bietet es sich unter anderem an, die unternehmensinternen

Informationen mit externen Daten zu verknüpfen, um erweiterte Predictive- Analytics-Modelle zu ermöglichen. Dies ist ebenfalls im Rahmen der Vorstudie zu untersuchen. Ergebnis dieser Phase ist ein Fahrplan

mit Handlungsfeldern und einer Roadmap. Er beschreibt die Transformation der ERP-Landschaft, legt den zeitlichen Rahmen, die notwendigen Einzelschritte und Ressourcen fest und klärt, welche Abteilungen einzubinden sind.

KONZEPT: DURCH KOOPERATION ZUM ERFOLG

In der anschließenden Konzeptphase kommt es darauf an, das technische und fachliche Wissen eng zu verzahnen sowie alle relevanten Fachbereiche ins Projekt einzubeziehen. Allerdings zeigen sowohl bisherige SAP-ERP-Installationen als auch aktuelle S 4HANA-Projekte, dass Unternehmen diesen Erfolgsfaktor teil-

JETZT DIE WEICHEN STELLEN

DIE ERP -TRANSFORMATION

NUR EINE BEREICHSÜBERGREIFENDE KOOPERATION STELLT DIE UM- FASSENDE INTEGRATION VON DATEN UND PROZESSEN IM NEUEN ERP- SYSTEM SICHER.

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weise außer Acht lassen. Doch nur eine bereichsübergreifende Kooperation stellt die umfassende Integration von Daten und Prozessen im neuen ERP-System sicher. Am Konzept sollten daher außer dem Accounting und Controlling auch Abteilun-gen wie Vertrieb, Produktion, Logistik und Einkauf mitwirken.

Die Konzeptarbeit beginnt stets damit, das Steuerungsmodell zu prüfen und zu dokumentieren, da sich daraus zentrale Rah-menbedingungen für das ERP-System ergeben. Es gilt, folgen-de Aspekte zu klären: Was sind die wesentlichen Steuerungs-objekte? Welche Informationen sind auf den einzelnen Ebenen erforderlich? Wie sieht das entsprechende Management Re-porting aus? Darüber hinaus geht es um Fragen der Verant-wortung und der operativen Prozesse sowie darum, wie sich der betriebswirtschaftliche Mengen- und Wertefluss technisch abbilden lässt. Gerade hierfür muss neben betriebswirtschaft-lichen Kenntnissen auch technisches Know-how ins Projekt ein-fließen, damit das Konzept später auch umsetzbar ist. Im Hin-blick auf den Wartungsaufwand empfiehlt es sich, das System möglichst nah am Standard zu implementieren.

Im Zuge der Projektdurchführung können neue, agile Methoden und Design Thinking relevant werden. Diese sind kein Muss; wenn sie aber angewandt werden, sollten sie unbedingt an die Bedingungen eines komplexen ERP-Projekts angepasst werden.

UMSETZUNG: DIE HEISSE PHASE

Die längste und aufwendigste Projektphase ist die Umsetzung. Idealerweise haben Unternehmen schon während der Konzept-arbeit bestimmte Aspekte technisch erprobt oder einen Prototyp aufgebaut und sich so mit dem neuen System vertraut gemacht. Die Umsetzung wird auch davon bestimmt, ob SAP S 4HANA „on-premises“, also über einen eigenen Server, genutzt werden soll oder aus der Cloud. Zudem kommt es darauf an, ob der Umstieg auf Basis des Brownfield-Ansatzes erfolgt, bei dem die bestehenden Systeme migriert werden, oder ob auf Basis des

SYSTEMWECHSEL AUF SAP S 4HANA

Greenfield-Ansatzes ein ganz neues ERP-System aufzusetzen ist. Auch in dieser Phase spielt die bereichsübergreifende Zusam-menarbeit eine entscheidende Rolle. Unter der Federführung der IT-Abteilung haben die Fachbereiche unter anderem die Aufgabe, letzte Fragen zu klären und die inhaltliche Qualität sicherzustel-len. Darüber hinaus müssen Testfälle erarbeitet und Systemtests durchgeführt werden. Diese sind nichts für schwache Nerven, aber für den Erfolg von SAP S 4HANA essenziell.

Das Change-Management, das in der Konzeptphase beginnen sollte, erreicht nun seinen Höhepunkt. Damit die Veränderun-gen, die das neue System mit sich bringt, im Unternehmen ak-zeptiert werden, ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen erfor-derlich: neben verschiedenen Weiterbildungsangeboten auch Workshops, Einzelgespräche, themenbezogene Communities und die Möglichkeit, Fragen ans Projektteam zu adressieren. Klar ist, dass für die unterschiedlichen Hierarchieebenen jeweils adäquate Kommunikations- und Change-Maßnahmen ergriffen werden müssen.

NACH DEM START: DAS SYSTEM STABILISIEREN

Auf den erfolgreichen Systemstart nach der Umsetzung folgt die Phase der Stabilisierung, denn trotz aller Sorgfalt läuft ein voll-kommen neu aufgesetztes SAP-S 4HANA-System nicht vom ers-ten Tag an völlig reibungslos. Unternehmen sollten daher auch diese Phase einplanen und hierfür über ein kompetentes Team aus Fach- und Technikexperten verfügen. Nur so sichern sie von Anfang an den erfolgreichen Start von SAP S 4HANA. Weitere Informationen unter www.horvath-partners.com s4hana

Niko Hofmann

[email protected] Tel. +49 711 66919-1289

Das Energieunternehmen innogy SE schafft mit SAP S 4HANA die

Basis für seine Digitalisierung. Im Interview schildert

Projektleiter Dr. Ulrich Borgdorf, verantwortlich für den

Bereich Services Accounting Finance bei der innogy, die Erfolgs-

faktoren des „s4i-Projekts“, bei dem die agile Steuerung

eine Schlüsselrolle spielte.

Warum haben Sie Ihr S 4HANA-Projekt gestartet? BORGDORF Die innogy SE ist vor zwei Jahren aus einer grund-legenden Reorganisation des RWE Konzerns hervorgegangen und derzeit noch auf verschiedene SAP-Systeme und -Mandanten verteilt. Dies führt insbesondere in den Querschnittsfunktionen zu erheblichem Mehraufwand. Wir haben uns daher entschie-den, die innogy mit S 4HANA auf Basis neuester Technologie in einem einzigen ERP-System von Grund auf neu abzubilden. Daraus leitet sich auch der Projektname s4i ab. Mit dem neu-en System schaffen wir eine einheitliche Datenbasis und damit eine zentrale Voraussetzung für die digitale Ausrichtung unseres Unternehmens. Darüber hinaus dient das Projekt als Wegbe-reiter für deutlich höhere Effizienz durch Standardisierung und Optimierung der Prozesse und Systeme. Dabei orientieren wir uns an den SAP Best Practices und bauen die neuen Prozesse auf den SAP-Standardfunktionen auf. Unser Projektmotto lautet: „s4i Einfach | Einheitlich“.

INTERVIEW MIT DR. ULRICH BORGDORF, INNOGY

„Wegbereiter für

mehr Effizienz“

Um SAP S 4HANA erfolgreich einzuführen, müssen alle

relevanten Fachbereiche eng zusammenarbeiten.

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Was bedeutet das für Ihre Finanzbuchhaltung?

BORGDORF Zunächst einmal haben wir einen neuen, ein-heitlichen Kontenplan für alle innogy-Gesellschaften entwickelt. Gleichzeitig stellen wir auf die moderne Ledger-Technik zur Dif-ferenzierung der verschiedenen Rechnungslegungssichten um. Hinzu kommt der Belegsplit zur Abbildung der innogy-Segmente. Mit der neuen Einzelpostentabelle für Accounting und Con-trolling verfügen wir über eine „Single Source of Truth“ für die ge- samte Finanzberichterstattung. Zu guter Letzt ändert sich auch die Benutzeroberfläche: Mit SAP Fiori werden wir das neue System überwiegend über Apps und Kacheln im Browser bedienen.

Was war Ihre Motivation, das s4i-Projekt agil zu steuern?

BORGDORF Früher haben wir unsere Projekte nach der Was-serfall-Methode durchgeführt. Diese birgt das Risiko, dass man lange diskutiert und plant, aber schlussendlich wenig erreicht. Bei s4i gehen wir bewusst einen anderen Weg: Wir stützen uns auf die neue SAP-Activate-Methode, die Elemente aus dem agi-len Framework „Scrum“ nutzt. Die Methode orientiert sich an den Prozess standards der SAP Best Practices. Damit ist das Soll-Objekt gleich zu Beginn im Wesentlichen definiert und es werden nur noch Wünsche zur Modifizierung dieser Soll-Prozesse und etwaige zusätzliche Anforderungen diskutiert, nach unse-rem Grundsatz „Einfach und Einheitlich“ entschieden und für die weitere Umsetzung priorisiert. Ein weiterer Vorteil unserer agilen Vorgehensweise ist die Selbst organisation der Teams. In unserem Projekt arbeiten rund 200 Personen in 17 Teams, die in dreiwöchigen Arbeitsabschnitten, den Sprints, die geschäft-lichen Anforderungen priorisieren, umsetzen und testen. Dank der kurzen Zyklen können wir sehr schnell Ergebnisse im Sys-tem sehen und bewerten. Dieses regelmäßige Feedback sichert die Qualität und hilft, Zeitplan und Budget einzuhalten. Zudem können wir während der Implementierung flexibel auf sich än-dernde oder neue Anforderungen reagieren. Gerade in einem so großen Projekt sind schlichtweg nicht alle Anforderungen von Beginn an bekannt.

Wie kamen Ihre Teams mit dem neuen Ansatz zurecht?

BORGDORF Für die meisten Projektmitarbeiter war agiles Arbeiten bis dato unbekannt. Daher bedurfte es einer Einge-wöhnungsphase von mehreren Wochen mit entsprechend ein-geschränkter Produktivität. Durch gezielte Schulungen und

den Einsatz von Scrum-Coaches haben wir bestehende Un-sicherheiten aus dem Weg geräumt. Inzwischen haben die Teams die agile Methodik verinnerlicht und in ihren Ar-beitsalltag integriert, sodass deren Vorteile nun voll zum Tragen kommen.

Wie führen Sie die Anwender in die neue Welt von S 4HANA ein?

BORGDORF Parallel zur Implementierung haben wir ein be-darfsspezifisches Qualifizierungskonzept für die verschiedenen Anwendergruppen entwickelt. Mit unterschiedlichen Schu-lungsmethoden wie Präsenzveranstaltungen, Webinaren und E-Learnings transferieren wir derzeit das Wissen zum neuen S 4-System in die Organisation. Parallel dazu begleiten wir den Umstellungsprozess durch eine Reihe von Change- Management-Maßnahmen.

Wo stehen Sie aktuell?

BORGDORF Die Vorbereitungen für den Produktivstart sind weitgehend abgeschlossen. Hier hat sich bewährt, dass wir von vornherein die Entwicklungsphase auf den Zeitraum bis Ende September begrenzt haben. So konnten wir uns in den letzten zweieinhalb Monaten auf das umfangreiche Test- und Abnahme-programm sowie die Schulung der Anwender fokussieren. Die Zeit zwischen den Feiertagen werden die IT-Experten für die noch erforderlichen technischen Migrationsschritte nutzen.

Wie geht es nach dem Produktivstart weiter?

BORGDORF In den ersten Monaten nach dem Produktivstart werden wir das System in der „Hypercare“-Phase unter Einsatz intensiver Betreuung und zusätzlicher Schulungen in den Re-gelbetrieb überführen. Anschließend werden wir weitere Gesell-schaften der innogy-Gruppe auf das S 4-System migrieren. Dazu entwickeln wir aktuell einen Migrationsplan, der die Migrations-cluster und -termine für das Jahr 2019 festlegt. Mit dem letzten Go-live-Termin am 1. Januar 2020 endet das s4i-Projekt in der bisherigen Ausbaustufe.

BUSINESS ANALY TICS

TURBO FÜR BESSERE ENTSCHEIDUNGEN

Die Zeit ist reif für Analytics-Anwendungen im Finanzbereich, denn dank

zusätzlicher Daten und automatisierter Routinen lassen sich Entscheidungen

deutlich fundierter und schneller treffen und somit Wettbewerbsvorteile

erzielen. Analytics-Projekte sind zwar keine Selbstläufer und bergen stets auch

die Gefahr des Scheiterns, liefern aber in jedem Fall Erkenntnisgewinne.

Rechtzeitig Erfahrungen mit den neuen Methoden zu sammeln und daraus zu

lernen, sichert einen Vorsprung.

INTERVIEW MIT DR. ULRICH BORGDORF, INNOGY

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usiness Analytics ist das „Hype-Thema“ der Digitalisierung. Für den Vordenker Thomas H. Davenport existiert mit den „Analytical Competi-tors“ eine neue Klasse von Unternehmen, die durch diesen Ansatz spezifische Wettbewerbsvorteile er-

zielen. Entsprechend viele Initiativen gibt es bereits. Da Finanz-daten in den meisten Analytics-Anwendungen eine wichtige Rolle spielen, sollten die CFO-Ressorts möglichst auch in die-jenigen Projekte involviert sein, die sie selbst nicht originär betreffen. Nach anfänglichem Zögern sind die meisten Finanz-chefs hier mittlerweile deutlich aktiver. Einige stehen sogar an der Spitze der Digitalisierungsbemühungen in ihren Un-ternehmen. So diskutierte Marcus Kuhnert, CFO von Merck, bereits Anfang 2016 mögliche Anwendungsfälle für Ad- vanced und Big Data Analytics.

KOMPLEXE FRAGEN GEZIELT DURCHLEUCHTEN

Aus Sicht von Horváth & Partners gibt es im CFO-Ressort vier besonders nutzenstiftende Einsatzbereiche: die Analyse spezifi-scher Fragestellungen in einzelnen Projekten mit jeweils unter-schiedlichen Ansätzen, die Automatisierung des Forecasts mit-hilfe von Predictive Analytics, der Aufbau eines Risk Radars auf Basis semantischer Analytics sowie die regelbasierte Bewertung möglicher Optionen mit Prescriptive Analytics für die Entschei-dungsunterstützung.

Das erste Anwendungsgebiet von Business Analytics weitet das traditionelle Berichtsverständnis auf komplexe Fragestellungen aus. Neben das zunehmend automatisierte Standardberichts-wesen tritt dann ein leistungsfähiges Analyseberichtswesen, das die Finanzfunktion in ihrer Rolle als Business Partner un-terstützt. Dabei analysiert das CFO-Ressort gemeinsam mit operativ Verantwortlichen gezielt Aspekte mit Optimierungspo-tenzial und schafft den jeweils erforderlichen Analyserahmen individuell. Hierfür werden zunächst Hypothesen formuliert und die verschiedenen zugehörigen Daten identifiziert. Auf dieser Basis erfolgt eine Datenmodellierung, die Visualisierungen und Validierungen ermöglicht. Mit den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Maßnahmen identifizieren, um einerseits Einsparun-gen und andererseits zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

B

BUSINESS ANALY TICS

AUTOMATISIERTE PROGNOSEN, SEMANTISCHE SCREENINGS

Die Automatisierung von Forecasts ist der am weitesten verbrei-tete Anwendungsbereich von Business Analytics. Im Vergleich zu traditionellen statistischen Methoden ermöglicht Predictive Analytics effizientere Prognoseprozesse sowie qualitativ bessere Ergebnisse. Das liegt zum einen daran, dass dieser Ansatz deut-lich mehr interne und externe Daten einbezieht. Zum anderen ist er in der Lage, unter Tausenden möglichen Analyseansätzen den jeweils geeigneten auszuwählen und die Modelle mithilfe großer Datensätze zu „trainieren“. Inzwischen gibt es eine große Anzahl gelungener Anwendungen aus unterschiedlichen Bran-chen. Dabei zeigt sich, dass die Leistungsfähigkeit stark von der Qualität und Quantität der Daten sowie den eingesetzten Algorithmen abhängt.

Beim dritten Einsatzbereich von Business Analytics fungiert ein Risk Radar – wie der Global Risk Radar von Horváth & Partners – als intelligentes „Maschennetz“. Dieses hilft mit semanti-scher Analyse, aus unstrukturierten Massendaten qualita-tive Infor mationen aufzuspüren, intelligent zu verarbeiten und daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen (siehe Seite 27). Als zentrale Informationsquelle dient eine Datenbank mit mehr als 100 Millionen Textdokumenten. Mit einem solchen Risk Radar lässt sich die Unternehmenssteuerung stärker proaktiv ausrichten. So kann der Finanzbereich dem Ma-nagement als Business Partner Informationen zur Verfügung stellen, die ohne das Screening mit semantischen Big-Data- Analysen verborgen geblieben oder deutlich später entdeckt worden wären. VORAUSSCHAUEND GESCHÄFTSSZENARIEN SIMULIEREN

Der vierte Anwendungsbereich, die Nutzung von Prescriptive Ana lytics, ist im Finanzbereich noch selten. Prescriptive Ana-lytics hat das Ziel, regelhaft die optimale Lösung für eine Fragestellung zu ermitteln. Michael Kappes, Partner und Leiter des Beratungssegments Planung bei Horváth & Partners, ist da-von überzeugt, dass mächtige Simulationsmodelle künftig Teil jeder Unternehmenssteuerung sein werden: „Finanzbereiche,

BUSINESS ANALY TICS

CFO-Ressorts können mit Business Analytics spezifische Wettbewerbs-

vorteile erzielen, wenn sie die Heraus-forderungen entsprechender Projekte

meistern.

die als Business Partner anerkannt werden wollen, müssen auch komplexe Szenarien flexibel und effizient modellieren können. Die dafür notwendigen Simulationsmodelle werden zunehmend durch analytische Optimierungslogiken unterstützt.“

Beispielhaft hierfür ist die „Business Simulation“ von SBB Cargo, der im Güterverkehr tätigen Tochtergesellschaft der Schweiz erischen Bundesbahnen. Mit der Anwendung kann das Unternehmen fundiertere Entscheidungen treffen, indem es geschäftliche Fragestellungen mit unterschiedlichen Parame-tern simuliert und monetär bewertet. Auf diese Weise steigerte SBB Cargo die Rendite im Frachtgeschäft, die Investition in Prescriptive Analytics amortisierte sich also in kurzer Zeit.

AUF DEM WEG ZUM ANALYTICAL COMPETITOR

Um das Potenzial von Business Analytics im CFO-Ressort zu nutzen, ist eine Reihe von Herausforderungen zu stemmen. So müssen geeignete Anwendungsfälle identifiziert und aufsei-ten der Datenbasis die Voraussetzungen für den Einsatz von Business Analytics geschaffen werden. Zudem sind die Ana-lytics-Lösungen in die Regelprozesse einzubinden. Dafür müssen bestehende Werkzeuge für das Performancemanagement um

Analytics-Komponenten erweitert werden, bis hin zu einer auf Big Data ausgerichteten IT-Architektur. Darüber hinaus benöti-gen die Finanzabteilungen Analytics-Kompetenzen. Sie müssen entweder vorhandene Mitarbeiter entsprechend weiterqualifizie-ren oder neue Fachkräfte mit der begehrten Expertise einstellen. Und nicht zuletzt erfordert Business Analytics einen Kulturwan-del: Es gilt, die Angst vor der „Analytics-Blackbox“ zu überwin-den, damit alle Beteiligten die neuen Werkzeuge akzeptieren.

Finanzbereiche, die diese Herausforderungen annehmen und Analytics-Anwendungen in der Unternehmenssteuerung etablie-ren, kommen auf dem Weg zum „Analytical Competitor“ einen großen Schritt voran. Wir stehen also am Anfang einer spannen-den Entwicklung!

Weitere Informationen unter www.horvath-partners.com analytics

Stefan Tobias

[email protected] Tel. +49 711 66919-1408

FINANZBEREICHE, DIE ALS BUSINESS PART-NER ANERKANNT WERDEN WOLLEN, MÜS-SEN AUCH KOMPLEXE SZENARIEN FLEXIBEL UND EFFIZIENT MODELLIEREN KÖNNEN.

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EXAK T PL ANEN

AUF KNOPFDRUCK

DIGITALE PILOTPROJEK TE BEI DER THÜGA

Mit Advanced Analytics begegnet die Thüga AG, als Minder-

heitsgesellschafterin an rund 100 Versorgern in Deutschland be-

teiligt, den wachsenden Herausforderungen in der Energiebranche.

Das Unternehmen hat verschiedene Steuerungs- und Planungs-

szenarien auf diese Weise so erfolgreich automatisiert, dass bereits

die nächsten Prototypen in Arbeit sind.

er Wandel der Energiebranche setzt die Versorger unter Druck. Trends wie die dezentrale regene-rative Erzeugung, intelligente Stromzähler und steigende Komplexität im Energiehandel führen zu einem hochvolatilen Geschäftsumfeld. Dies

erfordert neue Wege in der Unternehmenssteuerung, um Organi-sationen erfolgreich in die Zukunft zu führen. Die Thüga-Gruppe, das größte Netzwerk kommunaler Energie- und Wasserversorger in Deutschland, beschloss bereits 2016, hierfür die Möglichkei-ten digitaler Technologien zu nutzen. Das Unternehmen unter-suchte verschiedene Verfahren, Methoden und Modelle auf ihre Tauglichkeit, identifizierte einzelne Anwendungsfälle und setzte Pilotprojekte auf, um konkrete Prototypen zu entwickeln.

STARKES NETZWERK, AGILES PROJEKT

Um die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, wählte die Thüga einen bewährten Ansatz. Innerhalb des Partnernetzwerks von 100 Unternehmen wurde schnell ein Partnerunternehmen gefunden, das die operative Expertise für den ausgewählten Anwendungsfall sicherte und von Anfang an in das Projekt ein-

gebunden wurde. Die Thüga konnte ihre Partner vor allem des-halb gewinnen, weil sie den konkreten Nutzen der ausgewählten Anwendungsfälle für deren Geschäft in den Fokus stellte und eine optimistische Neugier weckte. So entstand ein gemeinsa-mer Ressourcenpool, über den sich auch außerplanmäßige Auf-gaben erfüllen ließen. Um der Komplexität der Themen gerecht zu werden und schnell zum Ziel zu kommen, setzte die Thüga auf eine agile Projektsteuerung. Mit Erfolg: Einzelne Funktions-umfänge realisierte das Team nach vierwöchigen Entwicklungs-phasen. Dank regelmäßiger Feedbackrunden war es möglich, bei Fehlentwicklungen den Kurs frühzeitig zu korrigieren und zudem schnell auf neue Anforderungen zu reagieren. Ein wei-terer Erfolgsfaktor war, dass die Thüga bereits am Anfang des Projekts die notwendige Datenbasis für die Prototypen definier-te und mit der Datenbeschaffung begann. Denn gerade in Ad-vanced-Analytics-Projekten kommt es darauf an, dass die Daten frühzeitig in bereinigter Form zur Verfügung stehen. Dass das Projektteam stets eng mit dem jeweiligen Fachbereich zusam-menarbeitete, zahlte sich ebenfalls aus. Durch den intensiven Austausch identifizierten sich alle Beteiligten von Anfang an mit dem Entwicklungsvorhaben.

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DIGITALE PILOTPROJEK TE BEI DER THÜGA

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DIGITALE PILOTPROJEK TE BEI DER THÜGA

AUTOMATISIERT ZUR VERTRIEBSPROGNOSE

Um der Volatilität bei der Energiebeschaffung zu begegnen, beschloss die Thüga, ein Modell zu entwickeln, das die mittel-fristige Vertriebsplanung für die Geschäftsfelder Strom und Gas abbildet. Da die Rohmarge als Zielvariable diente, betrachtete das Projektteam die einzelnen Komponenten der Margenrech-nung, erarbeitete fachliche Treiber und identifizierte die be-einflussenden Daten, etwa Markt- und Beschaffungspreise. Für eine möglichst umfassende Datenbasis wurden die internen Daten mit externen Informationen ergänzt. Gerade sie spiel-ten für die Vertriebsplanung eine große Rolle, da sie Marktent-wicklungen sichtbar machen.

Das Projektteam setzte den Prototyp mit verschiedenen statis-tischen Verfahren und Modellen auf, darunter auch neuronale Netze. Im Betrieb entscheidet das System dann eigenständig auf Basis von Faktoren wie Umsatz, Preis und Menge, welches Modell sich im Einzelfall am besten für eine exakte Prognose eignet. Im Alltag bewährt sich das bestens: Die automatisier- te Vertriebsplanung erzielt durchweg bessere Prognosen als der bisherige manuelle Prozess. Zurzeit ermitteln mehrere Thüga-Partnerunternehmen ihre Vertriebsmargen mithilfe des digitalen Prototyps und nutzen diese planerische Grundlage in der Steuerung, um ihre aktuelle und künftige Situation zu be-werten. FINANZDATEN FIT GEMACHT

Als weiteren Anwendungsfall definierte die Thüga die Kosten-stellen- und Auftragsplanung in der Verwaltung. Der entspre-chende Prototyp sollte auf Basis sämtlicher Overhead-Kosten Vorschlagswerte für die Planung erzeugen. Zunächst galt es allerdings zu überprüfen, inwiefern der bisherige Prozess mit Ad-vanced Analytics beschleunigt oder sogar automatisiert werden könnte, denn gerade bei Finanzdaten ist das nicht immer ohne eine Anpassung der Datenbasis möglich. Oftmals gibt es hier strukturelle Veränderungen von Kostenstellen, Buchungssyste-matiken und Konten oder eine fehlende Historie bei Aufträgen.

Um dennoch eine ausreichende Informationsgrundlage zu schaf-fen, bereinigte das Projektteam die Daten umfassend mit manu-ellen und maschinellen Verfahren. Unter anderem wurden bei Auftragsdaten wiederkehrende Kleinaufträge aggregiert und prognostiziert. Damit lassen sich in der Planung zwar keine ein-zelnen Aufträge auswerten, das grundsätzliche Kostenaufkom-men ist jedoch hinreichend genau vorauszusagen. Auch bei der automatisierten Kostenstellenplanung wählt das System aus

verschiedenen statistischen Modellen dynamisch das jeweils ge-eignetste aus, um möglichst exakte Prognosen zu treffen. Die Praxis bestätigt diesen Ansatz. Die automatisierte Kostenstel-len- und Auftragsplanung erzielt durchweg sehr gute Ergebnis-se, die den Planungsaufwand deutlich senken werden.

MIT GREIFBAREN LÖSUNGEN ÄNGSTE ABBAUEN Advanced-Analytics-Prototypen für konkrete Anwendungsfälle zu entwickeln, ist für die Thüga nur ein Baustein in einem umfas-senden Digitalisierungsplan. Sie spielen allerdings eine wichtige Rolle, um Ängste und Widerstände von Mitarbeitern gegenüber dem digitalen Wandel abzubauen. Die interdisziplinäre Arbeit an greifbaren Lösungen verdeutlicht das Potenzial sowie die der zeitigen Grenzen digitaler Technologien.

Gleichzeitig trägt die enge Zusammenarbeit der Thüga AG mit ihren Partnerunternehmen dazu bei, innerhalb des Netzwerks Kompetenzen rund um Advanced Analytics aufzubauen. Das hat sich ausgezahlt: Dank ihres intensiven Austauschs identi-fizierten die Beteiligten bereits während des Projekts weitere Einsatzmöglichkeiten. Die nächsten Prototypen für neue Anwen-dungsfälle sind also bereits in Arbeit.

Carsten Bork [email protected] Tel. +49 69 2695898-1226

Big Data und Machine Learning haben das Potenzial,

das bestehende Risikomanagement substanziell weiterzuentwickeln.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Pilotprojekt des CFO-Programms

„Digital@Finance“ der E.ON SE mit dem intelligenten Textanalysetool

Global Risk Radar des Steering Lab von Horváth & Partners.

Aktuell prüft die Abteilung Group Risk Management des Energie-

versorgers konkrete Einsatzszenarien des Instruments für

das Credit Risk Management.

RISIKOMANAGEMENT BEI E.ON

CHANCEN UND RISIKEN AUF DEM

RADAR

Prototypen für konkrete Anwendungsszenarien helfen, Ängste gegenüber dem

digitalen Wandel abzubauen.

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ernende Algorithmen werten Massendaten extrem effektiv aus. Sie können in der für Menschen nicht mehr überschaubaren Datenflut relevante Informati-onen sehr schnell und auf intelligente Weise iden-tifizieren. Dieses Potenzial möchte die E.ON SE für

das Risk Management nutzen und testet dazu den Global Risk Radar von Horváth & Partners. Das Pilotprojekt ist vor allem für das Credit Risk Management des Unternehmens interessant. Denn die Abteilung will das Risikoprofil von Geschäftspart-nern, sogenannten Counterparties, anhand der maschinellen Textanalyse unstrukturierter Massendaten aus dem Internet künftig effektiver und zielgerichteter identifizieren.

Bernd Kälber, Program Manager Advanced Analytics & Artifi-cial Intelligence bei „Digital@Finance“, hatte auf der Konfe-renz Corporate Risk Minds 2017 die erste Live-Präsentation der neu entwickelten Anwendung verfolgt. Er war auf Anhieb von den Möglichkeiten des Tools angetan. „Die maschinelle Analyse von Massendaten wird in Zukunft unerlässlich sein, um wettbewerbsfähig strategische und operative Entschei-dungen treffen zu können“, ist der Physiker mit theoretisch- mathematischem Schwerpunkt überzeugt.

UNTERNEHMERISCHE TRANSFORMATION UNTERSTÜTZEN Das Pilotprojekt startete im November 2017. Bernd Kälber überprüfte gemeinsam mit den Experten für Machine Learning und Risikomanagement von Horváth & Partners, inwiefern zu-sätzliche entscheidende Informationen für die Einschätzung von Risiken mit dem Global Risk Radar generiert werden kön-nen. Der Fokus lag dabei zunächst auf Anwendungsfällen rund um die Themenkomplexe Solar- und Windenergie, innovative Speichertechnologien und Preisgestaltung im internationa-len Kontext. Im weiteren Verlauf zeigte sich, dass gerade bei Frühwarnindikatoren für potenzielle Ratingänderungen von Counterparties der Global Risk Radar besondere Stärken aufweist.

Angesichts zunehmend dezentraler Erzeugung aus zumeist wet-terabhängigen Energiequellen und der Entwicklung neuer digi-taler Technologien müssen sich Versorger zu digitalen, „grünen“, serviceorientierten Lösungsanbietern wandeln. „Diese Neuaus-richtung wirkt sich auf allen Ebenen unseres Unternehmens aus und verändert auch den Finanzbereich nachhaltig“, sagt Bernd Kälber. „Intelligente Algorithmen und maschinelles Lernen bie-ten großes Potenzial, diese Transformation zu unterstützen.“

ALGORITHMEN INTELLIGENT MACHEN

Machine Learning befähigt den Computer durch speziell entwi-ckelte Algorithmen, sehr große, komplexe und unstrukturierte Datensätze selbstständig zu analysieren sowie eigenständig Ergebnisse zu erarbeiten. In der Ausgangssituation hat der Algorithmus an sich dabei keinerlei spezifische Kenntnisse. Er muss für die jeweilige Fragestellung speziell angelernt werden.Dabei erfordern unterschiedliche Ausgangssituationen verschie-dene Ansätze. Diese kann man in drei Kategorien aufteilen: 1. Supervised Learning: Hierbei wird der Algorithmus gezieltmit bekannten Input-Output-Datensätzen trainiert, um ihm so den Zusammenhang zwischen den Daten anzulernen. 2. Unsupervised Learning: Der Input-Output-Zusammenhang ist von vorneherein nicht bekannt und der Algorithmus selbst klassifi-ziert die Daten und erkennt mögliche Muster in ihnen. 3. Reinforcement Learning: Ein Algorithmus erlernt eine spe-zifische Aufgabe durch den Versuch, sich anhand von Feed-backs aus dem Umfeld zu optimieren.

Die Fähigkeit der maschinellen Textanalyse des Global Risk Radar basiert im Wesentlichen auf dem ersten Ansatz, dem Supervised Learning. Für das Pilotprojekt analysiert der Radar mehrere Millionen Textdokumente aus Tausenden von Daten- quellen aus dem Internet. Dabei wird die semantische Ana- lysefähig keit des Tools durch das kontinuierliche maschinelle Lernen ständig verbessert.

DIE ERSTEN ANZEICHEN ERKENNEN

Im Programm „Digital@Finance“ von E.ON ist das Pilotpro-jekt der zentrale Bestandteil für Text Analytics. Für das Rating von Counterparties werden textbasierte Massendokumente aus dem Internet vom Global Risk Radar auf Frühwarnsigna-le hin analysiert. Damit können entscheidungsrelevante In-formationen deutlich vor der Veröffentlichung in klassischen Quellen, wie zum Beispiel Ratingagenturen, berücksichtigt werden. Nach dem Ende der Pilotphase wird der Energiever-sorger daher die operativen Einsatzmöglichkeiten des Tools für das Credit Risk Management prüfen.

Klaus Martin Jäck

[email protected] Tel. +49 711 66919-1505

L

RISIKOMANAGEMENT BEI E.ON

Durch die semantische Analyse wird der un- strukturierte Teil an Massendaten aus dem

Internet und insbesondere die darin enthaltenen Stimmungen messbar, sodass sie für die Risiko-

einschätzung genutzt werden können.

RISIKOMANAGEMENT BEI E.ON

Warum hat E.ON das Pilot projekt aufgesetzt?

KÄLBER Im Group Risk Management von E.ON bestand die Annahme, dass in der Masse der täglich im Internet veröffentlichten Textdokumente rele-vante Informationen für die Risikoein-schätzung vorliegen müssten, welche jedoch den gängigen Analysemodellen nicht zugänglich sind. Diese Hypothese wollten wir überprüfen. Unser Ziel war es, die „weißen Flecken auf der Land-karte der nutzbaren Daten“ mit der Glo-bal-Risk-Radar-Technologie so weit wie möglich zu eliminieren.

Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse? KÄLBER Durch die semantische Analyse strukturiert der Global Risk Radar den un-strukturierten Teil an Massendaten im un-ternehmerischen Kontext von E.ON. Mei-nungsbilder, welche in den Massen von Textdokumenten innerhalb des Internets verbreitet sind, werden damit messbar, sodass wir sie für die Risikoeinschätzung nutzen können. Darüber hinaus können maschinell trainierte Algorithmen selbst-verständlich auch ganz andere Aufga-ben übernehmen. Im Finanzbereich sind neben dem Risikomanagement auch die Planung, Forecasts oder modellba-sierte Steuerungsansätze möglich. Alle Prozesse, die in hohem Maße auf Daten und Regeln basieren, können zudem mithilfe von maschinellem Lernen in Verbindung mit Robotics teilweise oder sogar vollständig automatisiert werden.

Wo sehen Sie die größte Heraus-forderung für Quantitative Business Analytics?

KÄLBER Nur wenn wir über spezifische Rollen und Kompetenzen verfügen, kön-nen wir das Potenzial der neuen Tech-nologien vollständig nutzen. Das sind zum einen Data Scientists mit digitalem Expertenwissen und zum anderen Busi-ness-Experten, welche die Relevanz dieser Technologie für konkrete Einsatzzwecke einschätzen können. Letztere sind als Brü-cke zwischen hochkomplexer Technologie und unternehmerischen Anforderungen nahezu erfolgskritisch. Dieser spezifische Mix an Fähigkeiten ist aktuell jedoch be-sonders schwierig zu rekrutieren.

DREI FRAGEN AN BERND KÄLBER, PROGRAM MANAGER

ADVANCED ANALY TICS & ARTIFICIAL INTELLIGENCE

„DIGITAL@FINANCE“, CORPORATE HEADQUARTERS E.ON SE

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Mit der Digitalisierung stehen Unternehmen heute riesige Datenmengen – Big Data – zur Verfügung. Diese stammen aus zahlreichen Quellen: Soziale Me-dien, Diskussionsforen, Wikis oder Bewertungs-Com-munities im Internet gehören ebenso dazu wie unternehmensinterne Datenbanken oder Sensormes-sungen. Die gezielte und umfassende Analyse dieser Daten mittels statistischer und quantitativer Metho-den und Modelle hat gewaltiges betriebswirtschaft-liches Potenzial – für Unternehmensentscheidungen, Innovationsmanagement, Produktentwicklung, Mar-keting, Customer Relationship Management und das interne Wissensmanagement.

Viele Unternehmen richten daher sogenannte „Ana-lytics Labs“ ein, vom Tagesgeschäft losgelöste und von der Linienorganisation getrennte Einheiten. Wer dort arbeitet, hat laut dem Harvard-Wissenschaftler Thomas H. Davenport den „Sexiest Job of the 21st Century“: Data Scientist. Doch sind Analytics Labs und Data Scientists wirklich in der Lage, aus der Da-tenflut genau die Ergebnisse und Handlungsempfeh-lungen abzuleiten, mit denen Unternehmen effizien-ter und effektiver arbeiten können? Nicht unbedingt!

GEFÄHRLICHER FOKUS

Der Mehrwert einer Datenanalyse hängt maßgeblich von den Kompetenzen des Analytics-Teams ab. Hier muss ein tiefes Methodenverständnis für die Analyse von Big Data Hand in Hand gehen mit umfassender Kenntnis des Anwendungskontextes und des eigenen Geschäfts. Der Fokus auf hochspezialisierte Metho-denexperten aus Mathematik, Statistik oder Physik, Quantitative Analysts oder „Quants“ genannt, birgt Gefahren. Denn mögen die mathematischen Metho-den und Modelle noch so ausgefeilt sein – gefüttert mit falschen, fachlich nicht adäquaten oder quali-tativ schlechten Daten führen sie nach dem Prinzip „garbage in, garbage out“ unweigerlich zu fehler-haften Ergebnissen und zu Unternehmensentschei-dungen, die mehr schaden als nutzen. Gleiches gilt, wenn die Methoden und Modelle, die Data Scientists anwenden, die Realität nicht adäquat widerspiegeln und auf kritischen Annahmen basieren. Prominentes Beispiel ist die Finanzkrise. Hier trafen die verwende-ten Annahmen eben gerade nicht zu.

DIE MISCHUNG MACHT ’S

Für Unternehmen ist das Berufsprofil Data Scien-tist daher nur interdisziplinär interpretiert wirklich „sexy“. Das setzt voraus, dass auch die Hochschu-len ihre Lehre entsprechend weiterentwickeln, denn noch gibt es zu wenige fächerübergreifende Studien- gänge, Vorlesungen oder Projektarbeiten, die eine Kombination aus quantitativer Methodenkompetenz und betriebswirtschaftlichem Fachwissen vermitteln. Dabei haben gerade Wirtschaftswissenschaftler mit IT-Kenntnissen und mit Know-how in statistischen und quantitativen Methoden und Modellen beste Berufschancen in spannenden, interdisziplinären Tä-tigkeitsfeldern.

Viele Studierende wissen das längst. Nicht nur an der Universität Ulm gibt es einen regelrechten Ansturm auf Veranstaltungen, die Methoden zur Auswertung von Big Data in einem betriebswirtschaftlichen Kon-text behandeln. In der Praxis braucht es nämlich bei-des: zum einen Methodenexperten mit Domänenwis-sen, die die fachlichen Implikationen und Grenzen von Analysen verstehen und dies Kollegen und Ent-scheidern vermitteln können, und zum anderen Fach- und Domänenexperten, die über das notwendige

methodische Know-how verfügen, um Analyseergeb-nisse und deren Reichweite fachlich einzuschätzen und daraus die richtigen Konsequenzen abzuleiten.

Mit einem gezielt verzahnten Studium sind sowohl Wirtschaftswissenschaftler als auch Quants dafür gewappnet, das interdisziplinäre Anforderungsprofil zu bedienen. Damit können sie entscheidend dazu beitragen, dass Big Data Analytics Geschäfts- und Methodenkompetenz sowie technische und kommu-nikative Kompetenzen vereint. Sie gewährleisten so, dass die Auswertungen großer Datenmengen genau die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen liefern, die Unternehmen wirklich weiterbringen. Und dann schafft Big Data echten Mehrwert.

GASTBEITRAG

Unternehmen brauchen zweierlei, um das enorme betriebswirtschaft-

liche Potenzial von Big Data Analytics erfolgreich auszuschöpfen:

Methodenverständnis für die Analyse großer Datenmengen und Fach-

wissen für den Anwendungskontext. Professionals und Absolventen

mit interdisziplinärer Ausrichtung sind daher heiß begehrt.

TRAUMJOB DATA SCIENTIST

VON PROF. DR . MATHIAS KL I ER

Tiefes Methodenverständnis für die Analyse von Big Data

muss Hand in Hand gehen mit umfassender Kenntnis des

Anwendungskontextes und des eigenen Geschäfts.

PROF. DR . MATHIAS KL I ER ist Inhaber der Péter-Horváth-Stiftungsprofessur

für BWL mit dem Schwerpunkt betriebswirtschaft- liches Informationsmanagement am Institut für

Technologie- und Prozessmanagement (ITOP) der Universität Ulm. Er forscht unter anderem zu den

Themen Social Media, Big Data Analytics, Datenqualität und Customer Relationship Management und leitet

in diesen Bereichen neben grundlagenorientierten Arbeiten auch zahlreiche anwendungs- und transferorientierte

Drittmittelprojekte.

GASTBEITRAG

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