garcon 04 / 2010

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DAS MAGAZIN FÜR ENTDECKER UND GENIESSER HEFT 4/2010 | 4€ GASTRONOMIE, HOTELLERIE & LEBENSART BRECHTS | DIENER | RUTZ MICHAEL BEUTHE | DIETER FUHRMANN | JÜRGEN HAMMER AUFBAUHAUS | GÜDEMESSER | ZÜRICHTRIP

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Garcon 04 / 2010

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heft 4/2010 | 4€

gastronomie, hotellerie & lebensart

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5 GARÇON

was mich in diesem Jahr besonders geärgert hat? Dass einige von Deutsch-lands Glotzenköchen nicht müde wer-den, nachdem sie sich mit Fernsehens Hilfe einen Namen gemacht haben, die-sen dann meistbietend zu verkaufen.

„Ohne gute Grundprodukte haben Sie keine Chance, gut zu kochen“, so oder so ähnlich verkündet beispielsweise Alexander Herrmann, fränkischer Ster-ne- und umtriebiger TV-Koch, auf vielen Kanälen eine kulinarische Binsenweis-heit. Zapp.

Alexander Herrmann fällt, vom Koch-stress ermattet, in seinen Sessel und preist eine Fix-und-fertig-Bouillon an: „Schmeckt wie vom Profi !“ Zapp.

Herrmann schließt die Augen: „Wun-derbar!“ Wahrscheinlich denkt er in diesem Moment an seinen Kontostand. Damit wir uns richtig verstehen, ich will hier keine Neiddebatte anzetteln. Sollen die Köche ihre Kohle machen.

Besser wäre es allerdings, wenn sie es mit engagiertem Werben für frische Lebensmittel und gesunde Ernährung tä-ten. Und noch besser, wenn sie ihre Po-pularität nutzten, um beispielsweise in Kitas, an Schulen oder Schulhorten den Märchenstunden der Süßwarenhersteller ein bisschen Wahrheitsfi ndung entge-genzusetzen.

Rund 2,8 Milliarden Euro jährlich gibt die deutsche Nahrungsmittel- und Ge-tränkeindustrie für Werbung aus. Der größte Einzelposten entfällt dabei auf die Schokoladen- und Zuckerwarenbran-che – 600 Millionen Euro im Jahr. Davon bezahlt werden zum Beispiel auch hun-derte Plakate, die derzeit an Berliner Straßenbahn- und Bushaltestellen für

Liebe Leserinnen und Leser,

mise en place

Yvonne Weinlich

[email protected]

den Kinderriegel werben. Einfach zum Anbeißen.

„Die geballte Gesundheitspower des Riegels besteht unter anderem aus But-terreinfett, Zucker, Emulgatoren und Aromen“, schreibt Thilo Bode in seinem lesenswerten Buch „Die Essensfäl-scher“. Der Chef der Verbraucherrechts-organisation foodwatch klärt auch gleich noch die Sache mit der Extra-Portion Milch auf, die Kinder ja so nötig brau-chen, weil darin das wertvolle Kalzium enthalten ist.

„Ein Kind muss 13 Riegel essen, um seinen Tagesbedarf an Kalzium zu de-cken. Und hätte damit dann auch 48 Stü-cke Würfelzucker und ein halbes Paket Butter verspeist.“ So.

Damit habe ich hoffentlich einigerma-ßen die Kurve gekriegt zum Weihnachts-fest, den möglicherweise freien Tagen danach und dem Jahreswechsel.

Ich wünsche Ihnen im Namen des ge-samten Garcon-Teams eine genussvolle Zeit. Und wenn es mit Ihren Koch- und Backkünsten nicht so weit her sein soll-te, viele Berliner und Brandenburger Re-staurants bieten erstklassige Festtags-Menüs. Einige, hoffentlich lohnenswerte Tipps, fi nden Sie auch in diesem Heft.

Mit kulinarischen Grüßen. Ihre

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77 gorgonzola

inhaltmise en place

titel traumhaftes berlinWeihnachtszauber

auf dem gendarmenmarkt

loKaltermin

De Maufel 16 Feinstes aus Luxemburg

Diener 23Promis und solide Küche

Kochen mit Brit 28 Was ist typisch berlinerisch?

Jubel im Brechts 30 Lob der Guides

Weingrün 34Auf Kreativkurs

Wiener Stüberl 38 Eine Weihnachtsgeschichte

No 45 40 Regionalküche am Kollwitzplatz

Las Malvinas 44 Steaks & Co.

Kopfsalat

Im Zeichen der Kirsche 48Dieter Fuhrmann zum 70.

Die Ausstatter 54Party Rent im Aufwind

Bistro, Bistro! 58Gerd Hammes schnelle Küche

Sowas von Salve! 64Wie geht s Peter Groboljsek

geschmacKssachen

Der Bauer und der Koch 68Tierisch gute Partnerschaft

Viva Gorgonzola 77Käsekampagne

30 jubel im brechts

6 traumhaftes berlin

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23 solide Küche im Diener

Weinlese

Wein braucht Wissen 80Interview mit Jürgen Hammer

Der Maßstab 82Billy Wagners Weinkolumne

bouQuet garni Nachrichten und Neuigkeiten 87

WerKZeugKunDe

Doc Knife 92Interview mit Karl-Peter Born

Kulinarische exKursion

Schweiz 98Luxus auf dem Zürichberg

Frankreich 102Tour d Alsace

Deutschland 113Zu Tisch bei Martin Luther

rubriKen

Fuhrmanns Früchtekorb 116

Lannis Mix 118

Herzogs Zigarren 120

38 ein herz für Kinder

102 tour d alsace

LUFFTICH STOREKNAACKSTRASSE 45 · 10435 BERLIN

MADE IN TEL AVIVDESIGNERMODE FÜR FRAUEN

FRAU BLAU · MAYA BASH · MORVEYOS · DELICATESSEN · KERENVEMICHAL

lebensart

Countdown läuft 122Aufbruch am Moritzplatz

Meiko ante portas 128

Gastroquiz 130

Impressum 131

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TITEL Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt

WEIHNACHTSZAUBER AUF DEM GENDARMENMARKTVON JÖRG TEUSCHER

Traumhaftes Berlin

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Traumhaftes Berlin

Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt TITEL

Traumhaftes Berlin

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TITEL Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt

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Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt TITEL

Wer nicht wirbt, stirbt. und so ver-künden die für Weihnachtsmarkt-pr zuständigen Damen und herren alle jahre wieder die mär, dass ihr markt der stimmungsvollste, lichterreichs-te oder kinderfreundlichste sei. Der Weihnachtsmarkt am gendarmen-markt verzichtet auf diese art super-lativer Werbung, kassiert sogar einen euro eintritt und schließt um 22.00 uhr seine pforten. trotzdem ist er proppenvoll.

und er wäre es sicher auch, hätte er sein Domizil nicht auf einem der schönsten plätze europas, sondern ir-gendwo am ende der stadt.

nicht umsonst heißt er Weihnachts-zauber. Zum optisch perfekten Weih-nachtsmotiv zwischen Konzerthaus, Deutschem und französischem Dom kommt etwas, das selbst die clevers-ten eventmanager nicht organisieren können. es ist die atmosphäre. ein Weihnachtmarkt fürs herz und einer für jene, die das besondere suchen. so gesehen hat nun doch der Weih-

nachtszauber auch seinen superlativ. er ist der Kulinarischste aller berliner märkte.

Da stehen die Küchen- und sous-chefs guter berliner restaurants und aus den galeries lafayette persönlich am herd und servieren das ganze ge-genteil von chinapfanne, billigglüh-wein und co.

Wiener schnitzel, Kalbsbäckchen, sauerbraten, Wildragout, coq au vin mit frischen Nudeln, Confi t de Canard mit selleriepüree, austern und schne-cken und eine feuerzangenbowle, die noch mit feuer zubereitet wird.

und da kommen feinkostproduzen-ten aus der ganzen republik, denen das feine in ihrer Kost noch wichtig ist.

Zum achten Mal fi ndet der Weih-nachtszauber auf dem gendarmen-markt statt. er ist, und auch das scheint bemerkenswert, ein Kind der bemühungen um eine gäste-freundliche-re stadt,

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TITEL Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt

ein resultat einer einrichtung die so spröde klingt und doch so viel bewegt, des runden tisches tourismus im ro-ten rathaus.

und da lag s wohl auch auf der hand, dass Klaus Wowereit persönlich kam, um den markt zu eröffnen und um spenden für leukämiekranke Kin-der zu bitten.

für andere da sein, um körperliche und seelische not lindern zu helfen, das war die botschaft als am 22. no-vember die Vertreter der josé-car-reras-stiftung auf die bühne kamen und für die aktion „berlin macht mut“ warben.

und es ist ein gutes gefühl zu wissen, dass gunda Kniep und helmut russ, die organisatoren des marktes, jedes jahr einen teil der Weihnachtszau-ber-einnahmen für wohltätige Zwecke spenden: für die frank-Zander- und jenny-De-la-torre-stiftungen, für die

berliner stephanus-schule, für die Kinder-

opern-

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Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt TITEL

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TITEL Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt

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Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt TITEL

gala im Konzerthaus, für die sozial-kommission des berliner bezirksamts mitte und für das sommercamp im österreichischen Zillertal, in dem Kin-der aus berliner brennpunktbezirken ferien machen können.

Das hat mehr mit Weihnachten zu tun als der adventssonntägliche Kauf-rausch und Konsumkrawall.

und noch etwas: menschen aus der halben Welt kommen täglich in die leuchtende Zeltstadt auf dem gen-darmenmarkt und erleben hier eine freundliche und fröhliche stadt. Wie nett kann berlin doch sein!

es ist nicht die Zahl der Weihnachts-märkte und auch nicht deren größe, die es in berlin weihnachtlicher wer-den lässt. es ist eher der umgang der menschen miteinander, mit fremden und freunden.

fröhliche Weihnachten!

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Das Garcon-Teamwünscht allen Lesern

gesegnete Weihnachtenund einen guten Jahreswechsel.

TITEL Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt

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DER NEUE HIGH PRESSURE LOBSTERHAT GANZ NEUE VORTEILE:

•Die fangfrischen Hummer werden nach tiergerechter Tötung in rohem

Zustand sofort tiefgekühlt.

•Durch die High Pressure-Technik wird das Fleisch im Panzer des Hummers

bereits gelöst und kann somit einfacher zubereitet oder verzehrt werden.

•High Pressure Lobster gibt es in Deutschland nur bei Ihrem FrischeParadies.

Als ganze oder halbe Hummer oder als pures Hummerfleisch.

Hummer niemehr durch Kochen töten.

REVOLUTIONÄR!

hilt-griesbaum.de

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Anz_210x297_Hummer_B:hgW 22.11.2010 14:02 Uhr Seite 1

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de maufel*feinstes aus luxemburgVon jörg teuscher

LOKALTERMIN De Maufel

* „De maufel“ bedeutet soviel wie „maul voll“ oder „mund voll“, bissen oder happen also.

Wenn der letzebuerger davon spricht, hat er meist glänzende au-gen, denn der maufel gehört zu den nationalgerichten des kleinen landes. jede hausfrau zwischen Differdange, echternach und troisvierges hat ihr eigenes, streng geheimes rezept, und

jedes letzebuerger Kaschthaus be-hauptet leidenschaftlich, die besten maufel weit und breit zuzubereiten.

Die Zubereitung scheint auf den ersten blick simpel, entpuppt sich je-doch bei den ersten maufel-Versuchen als ziemlich hohe hürde.

also: für den teig mehl, salz, but-ter, Wasser und zwei eier locker zu-sammenfügen, unter dem handballen

walken, zu einer Kugel formen und an einem kühlen ort zwei stunden ruhen lassen. für die füllung Kalb- und Schweinefleisch mit Kräutern und riesling marinieren und würzen.

Den teig ausrollen, füllen, formen, oben aber eine öffnung lassen, und als Krönung Weingelee einfüllen. Danach backen. Wenn alles geklappt hat: le-cker, lecker.

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feinstes aus luxemburgVon jörg teuscher

De Maufel LOKALTERMIN

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Luxemburg kulinarisch? — da zucken selbst die meisten professionellen Ber-liner Besseresser mit den Schultern. Ei-nige kennen die Sterneläden von Ilario Mosconi, Thierry Duhr oder Arnaud Mag-nier in der Hauptstadt des Großherzog-tums. Und, natürlich, die Restaurants der in Deutschland medial omnipräsen-ten Léa Linster in Frisange und Hellange im Süden des Landes, nahe der Grenze zu Frankreich.

Manche haben dort deren berühm-ten Lammrücken in der Kartoffelkruste probiert, mit dem sie 1989 den Bocuse d Or gewann, andere erzählen von der sämig-sättigenden Bouneschlupp, einem Luxemburger Bohneneintopf mit Kar-toffeln und Kochwurst oder den ebenso kalorienreichen Kniddelen, Luxemburger Mehlnocken, die traditionell mit Speck-sauce serviert werden. Aber das war s dann auch schon.

„Schade eigentlich“, sagt Luc Wolff, „denn die Luxemburger Küche verdient eine größere Aufmerksamkeit.“

Wolff, 56, breiter Scheitel, große Brille, Typ fröhlicher Studienrat, muss es wissen. Er stammt aus Luxembourg, lernte Gärtner und kam 1983 nach Ber-lin, um hier Gartenbau zu studieren.

Doch wie das Leben so spielt — Luc Wolff avancierte, wie so viele andere auch, zum berlintypischen Quereinstei-ger. Manager, Künstler, Dozent. „Mein bunter Lebenslauf“, sagt er rückbli-ckend.

Dann lernte er die Krankenschwester und Ernährungsberaterin Heike Kaschny kennen, die beiden wurden ein Paar, zu-erst im Leben und später auch im Beruf.

Den Anlass für Letzteres lieferte ein Besuch in der Luxemburger Philharmo-nie und der dortige Pausensnack: le-ckere Pastetchen und feiner Crémant. Dem leisen Jubel folgte eine Idee: „Wir wollten damit in Berliner Theatern den pappigen Brezeln Konkurrenz machen.“

Dass es dann doch nicht dazu kam, lag wiederum an einem Sonntagsspazier-gang, bei dem sie einen leeren Laden entdeckten, an einer freundlich-fairen Vermieterin und daran, dass die beiden entscheidungsfreudige Menschen sind.

LOKALTERMIN De Maufel

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Am 12. Dezember 2006 eröffneten sie kurzentschlossen in der Charlottenbur-ger Leonhardtstraße De Maufel, einen Mix aus Café, Bistro und Feinkostge-schäft.

Ein guter Ort, denn die Straße mit den überbreiten Bürgersteigen gilt längst als feine Meile: bei Broken English gibt es Delikatessen von der Insel, bei Feines aus Österreich Alpenlandspezialitäten. Dazu die Weinhandung Hertz und eben De Maufel.

Namensgeber ist die Maufel, eine fl eischgefüllte Pastete mit einer Art Auge aus Weingelee. Was zu Luxemburg gehört wie zu Deutschland der Döner bereitete den beiden allerdings größeres Kopfzerbrechen als gedacht. Luc besorg-te alte Rezepte aus seiner Heimat, holte sich Tipps von Freunden und Heike pro-bierte am heimischen Herd solange, bis die traditionelle Nationalspeise selbst die Botschafterin des Großherzogtums zu Jubelstürmen hinriss: „Génial!“

Das machte Mut, denn die Maufel ist, wie Luc es formuliert, „der Gradmesser

De Maufel LOKALTERMIN

gastgeber: heike Kaschny und luc Wolff

stammgäste: maria tolksdorf und Dr. norbert franke, v. li.

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für die Güte eines Luxemburger Fein-kostgeschäftes.“

Heike Kaschny experimentierte wei-ter: „Feierstengszalot“, ein Rindfl eisch-salat mit gebratenen Kartoffeln; „Rënds-britt“, hausgemachte Rinderbrühe mit Spinat und geriebenem Comté; Mini-Rouladen in Senfsauce, Bœuf Bourguig-non, dazu Tartes, Tartelettes und Tarti-nes, Pasteten, Terrinen und die täglich frisch gebackenen Brioche, ein Hefege-bäck mit zartem Butteraroma, dessen Herstellung einiges an handwerklichem Geschick erfordert.

Das Ergebnis: Cuisine luxembour-geoise ohne Anfl üge plumper Deftigkeit

oder gestelzter Nouvelle cuisine, immer phantasievoll und korrekt gekocht mit saisonalen, kritisch ausgewählten Pro-dukten.

Wenn das ganze noch dermaßen char-mant serviert wird wie im De Maufel, dann ist das schon mal einen Eintrag wert, sagten sich die Gault-Millau-Tester und vergaben eine Kochmütze und 14 Punkte. Kommentar: „Eigentlich sollten wir diese Adresse für uns behalten. Denn solche kulinarischen Orte, wo einem bei jedem Bissen das Herz aufgeht, verrät man doch nur seinen besten Freunden.“

Die größtenteils Charlottenburger Fan-Gemeinde gratulierte brav zur Lan-

dung auf einem hauptstädtischen Spit-zenplatz, locker vor dem Luxus-Steak-haus Grill Royal (12 Punkte) oder der Edel-Brasserie Desbrosses (12 Punkte) etwa und hofft nun sehnlich, dass sich der Ansturm in Grenzen hält. Vor allem, dass die Möchtegerngourmets mit ihrem affektierten Gehabe dem kleinen Laden nicht die Gemütlichkeit rauben.

Luc Wolff und Heike Kaschny hätten schon ganz gern ein paar Gäste mehr, schließlich haben sie vor einigen Mo-naten eine Profi -Köchin eingestellt, die bezahlt werden muss, und das ist längst nicht alles.

Isabella Monte, so heißt die neue Frau

LOKALTERMIN De Maufel

Chefi nnen am Herd: Heike Kaschny...

...und isabella monte

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am Herd, hat ihr Handwerk im Kreuzber-ger Le cochon bourgeois gelernt und in England, Frankreich und Luxemburg ge-arbeitet, bevor sie ins De Maufel fand. Der Grund: ein gutes Team und Spaß an einer Bistroküche mit Anspruch, die an einem Ort mit Wohnzimmeratmosphäre serviert wird.

Dass die Regale ringsum mit Feinkost gefüllt sind, die in Berlin Seltenheits-wert hat, gehört zum Wohlfühlflair des kleinen Ladens – und liefert Gesprächs-stoff.

Was macht den Luxemburger Senf so außergewöhnlich? Wer ist Madame Meu-bert, deren Konterfei die wunderbar nostalgischen Gries-, Graupen-, Linsen- oder Paniermehlpackungen ziert? Wie lange reift der Luxemburger Schinken? Was verbirgt sich hinter Quetschekraut?

Es gibt im De Maufel Butter, Essig, Ge-würze, Honig, Kaffee, Marmelade, Nu-deln, Öl, Schokolade aus der berühmten Luxemburger Konditorei Oberweis und ein paar Dutzend Spezialitäten aus den

Nachbarländern Belgien und Frankreich.„Beim Wein wollen wir noch eine

Schippe drauflegen“, erklärt Luc Wolff. Bisher kann man unter knapp 20 Ge-

wächsen wählen: Auxerrois etwa vom Château de Schengen, Rivaner, Riesling, Pinot blanc und Pinot gris.

Wolff ist in seinem Element. Er er-zählt, dass in Luxemburg zwar nur auf gut 1100 Quadratkilometern Wein an-gebaut wird, der Luxemburger mit ei-nem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von knapp 53 Litern aber zu den weltstärks-ten Weintrinkern gehört. Na bitte.

Darauf einen Crémant de Luxem-bourg. Einen zweiten auf das kleine Bist-ro De Maufel und einen dritten auf seine Mannschaft.

www.de-maufel.com

De maufel

Leonhardtstraße 1314057 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 – 31 00 43 99

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Diener-Tattersall LOKALTERMIN

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Berlin, Ausgang des 19. Jahrhunderts. Der städtische Vieh- und Schlachthof wird eröffnet, das erste Telefonbuch mit 200 Fernsprechteilnehmern erscheint. Robert Koch entdeckt den Tuberkelba-zillus, und der Mauermeister Rabitz mel-det die Erfi ndung der Rabitzwand zum Patent an.

Die Stadt zählt 1.700.000 Einwohner, 53 Bahnhöfe, 42 Bibliotheken, 28 Thea-ter, 25 Gymnasien und 8.500 Kneipen. Auf knapp 200 Einwohner kommt eine Wirtschaft, Tendenz steigend.

Bald existieren, wie der Berliner sagt, an jeder Kreuzung fünf Eckkneipen. Vie-le Wirte betreiben außerdem kleine De-stillen, in denen sie Liköre ansetzen und Schnaps brennen. Am meisten allerdings profi tieren die Lokale vom Bierumsatz. Im Jahr 1904 beispielsweise konsumie-ren die Berliner pro Kopf und Jahr 215 Liter Gerstensaft. Den Aktionären der

Schultheiß-Brauerei verhelfen sie damit zu einer Rekordrendite von 18 Prozent. „Das Trinken gibt dem Deutschen Kraft, es lebe hoch der Gerstensaft!“ — derart sinnige Sprüche weisen die Gäste auf ihre patriotische Pfl icht hin, die Profi te der Brauereien zu maximieren.

Während die Börsenkapitäne, Hypo-thekenritter und Industriemagnaten bei Borchardt, Dressel, Hiller oder Hüste mit Tournedos á la Rossini dinieren, sitzt der weniger privilegierte Rest der Gesell-schaft im Strammen Hund am Oranien-burger Tor, beim Groben Gottlieb in der Jägerstraße oder im Gasthof zum Nuß-baum in der Fischerstraße.

Die „Bedienung von zarter Hand“ ser-viert das Nationalgetränk Molle mit Korn und einen Happenpappen — Buletten, Bollenfl eisch, Löffelerbsen, Armen Rit-ter, Falschen Hasen, Stolzen Heinrich, Casseler Rippenspeer.

Vergangen, vergessen, vorüber. Die handfesten Deftigkeiten der Berliner Küche sind von den Speisenkarten der meisten Hauptstadtrestaurants ver-schwunden. Tradition — perdu.

Nur noch wenige Lokalitäten halten die Handwerker von ihren abgewetz-ten Tresen und nikotingeschwängerten Räumlichkeiten fern.

Noch geringer ist die Zahl derer, die unverwüstliche Klassiker servieren und auf einen Charme setzen, den es kaum noch gibt.

Uwe Hamacher, Küchenchef und Mit-inhaber des Diener-Tattersall in Charlot-tenburg, vergleicht es mit Männern, die Damen in den Mantel helfen. „Das ist inzwischen so selten, dass es auffällt.“

Schade eigentlich. Also heben wir heute mal das klassische Berliner Wirts-haus aufs Podest — bevor es endgültig zu spät ist.

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Sie können es sich leisten, in den bes-ten Restaurants Deutschlands zu essen, und sie tun es auch. Dori und Norbert Tscherwinka sind erfolgreiche Unterneh-mer, leben im Allgäu und haben es nicht weit nach München, Aschau und Rot-tach-Egern. Regelmäßig zu Gast sind sie allerdings auch in Baiersbronn, Bergisch Gladbach, Saarbrücken, Wittlich und Wolfsburg.

Als sie kürzlich geschäftlich in Berlin waren, baten sie um einen gastronomi-

schen Tipp der anderen Art. Nein, dies-mal nicht Lohse, Kempf oder Kemppai-nen — keine Gänseleberterrine, keinen Taschenkrebssalat, kein Zitronenthymi-anreis.

„Was typisch berlinerisches“, bat Nor-bert Tscherwinka am Telefon. Wir brain-stormten. Ein Lokal, in dem Arme Ritter mit Pfl aumenkompott, Verlorene Eier mit Senfsauce und ähnliche Deftigkeiten auf der Speisenkarte stehen? Hardtke und Heini Holl gibt es nicht mehr.

Die Schöneberger Weltlaterne? Die Schildkröte? Metzer Eck? Wirtshaus Wuppke? Zur letzen Instanz?

Letztlich schlugen wie das Diener-Tattersall vor — nicht ohne den erneu-ten Hinweis, dass es sich dabei um eine Wirtschaft handelt, deren Rustikalität sich nicht im Interieur erschöpft.

Begeisterungsstürme. Kommen, se-hen, siegen, ist jedoch nicht. Erstmal wirft das Gasthaus Fragen auf. Schon der Name — Diener-Tattersall?

Im dIeNeRpromis unD soliDe KÜcheVon hans-jÜrgen bergs

LOKALTERMIN Diener-Tattersall

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Rolf Honold, von 1969 bis 2003 Inhaber des Gasthauses und zufällig anwesend, hebt die buschigen Augenbrauen und stöhnt. Wie oft hat er wohl in den letz-ten Jahrzehnten die Frage beantwortet? Er kramt in einer Mappe und zückt einen Zettel. „Lesen kannste selber.“

Unter der Überschrift „Geschichte“ steht dort: „Tattersall = Reithalle, be-nannt nach dem englischen Pferdeauk-tionator Richard Tattersall.“ Tatsächlich ritten hier von 1896 bis 1942 die noblen

Herren und feinen Damen. 1945, nach einem Bombenangriff, brannte die Reit-halle ab, das zugehörige Restaurant blieb verschont.

Neun Jahre später übernahm Franz Diener das Lokal. Boxer, nicht ganz so prominent wie Max Schmeling, aber immerhin auch mal Deutscher Schwer-gewichtsmeister. Der Laden stieg zur Künstlerkneipe auf.

Nach Dieners Tod kamen Lilo Wirthwein und eben Rolf Honold.

Auf sie folgte Heinz Kraehkamp, und ab Januar kommt Uwe Hamacher mit ins Boot. Noch Fragen?

Der Namensforschung folgt die Kopf-gymnastik. Rund 500 Bilder prominen-ter Gäste hängen an den dunkelbraunen Wänden. Heiteres Personenraten. Wer ist der? Bunte-Blätter-Leser haben Heim-spiel. Manfred Krug, Willi Millowitsch, Rainer Werner Faßbinder, Horst Jüssen, die Karte kommt. Hackepeter, Linsen-eintopf, Königberger Klopse. Für Touris

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gibt’s auch halbe Portionen, doch selbst die sind noch was für Bergarbeiter. Alt-Berlin lässt grüßen. Lecker, lecker, le-cker.

Kein Wunder, am Herd steht auch ein Könner. Uwe Hamacher, 36, geboren in Greifswald, Kochlehre im Interconti, hat sich durch diverse Berliner Sterneläden

gekocht und nun — wir sollten es ja nicht schreiben — die Schnauze voll von Chi-Chi und Mi-Mi.

Das Diener liegt ihm. Deftige Küche, ein bisschen leichter als früher und Gäs-te, die nicht meckern. Hamachers Rin-derroulade ist ein Gedicht. Dazu eine Flasche Chianti Classico — es ist einfach

schön, dass es sowas wie das Diener noch gibt. Das sagen nicht wir, sondern unsere Gäste, und die kennen sich aus.

Übrigens: Katharina Thalbach ist öf-ter hier, obwohl sie draußen in Kuhhorst wohnt. Das liegt am guten Essen, aber auch daran, dass Küchenchef Uwe Ha-macher ihr Lebenspartner ist.

LOKALTERMIN Diener-Tattersall

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www.diener-tattersall.de

Diener tattersall

Grolmannstraße 4710623 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 - 881 53 29

Diener-Tattersall LOKALTERMIN

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30 GARÇON

LOKALTERMIN Kochen mit Brit

kOCHeN mIt BRItWas ist typisch berlinerisch?ZWei schWestern antWorten

„Märkische Küche“, „Zil-les Lieblingsgerichte“, „Wie der Berliner speist“ — Jahr für Jahr landen solche Billigbüchlein als Last-minute-Geschen-ke der unter der Nordmanntanne, um später als Staubfänger zu dienen oder weitergeschenkt zu werden. Kein Wun-der: diese eins, zwei, fi x zusammenge-schusterten Kochhilfen präsentieren nur selten, was etwa junge Familien mögli-cherweise gerne mal in die Pfanne hau-en würden.

Glauben die Autoren wirklich, dass irgendwer noch eine blutige Kalbslun-ge von Sehnen und Häuten befreit, um dann daraus ein Haschee zu kochen? Aber eine lockere Bulette oder ein le-ckeres Gulasch — das schon eher.

Die Schwestern Brit Hartmann und Kitty Kahane, zwei waschechte Berline-rinnen und damit Angehörige einer mitt-lerweile seltenen Bevölkerungsgruppe, müssen das ähnlich gesehen haben und legten im vorigen Jahr „Kittys Berlin-Kochbuch“ vor (19,95 Euro).

Brit Hartmann ist normalerweise als Autorin für Agenturen und Zeitschriften tätig. Ihre Schwester Kitty Kahane ge-

„Märkische Küche“, „Zil-

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Kochen mit Brit LOKALTERMIN

hört zu den bekanntesten Berli-ner Malern und Illustratoren.

Das gemeinsame Buch — fl ott geschrieben und zauberhaft illus-triert — liefert 137 Rezepte der

Berlin-Brandenburger Küche, „alles ein bisschen ruppig und wenig fein-sinnig“. Dazu servieren Hartmann

und Kahane gute Beschaffungsadres-sen, von denen einige durchaus dem Anspruch „Geheimtipp“ genügen. Au-

ßerdem erzählen sie viel Wissenswer-tes, beispielsweise, was es mit dem Begriff „Landpomeranze“ auf sich hat, wer „Suppenlina“ war und was wirklich in ein „Raguh feng“ gehört.

Sie brechen eine Lanze für die Bowle, präsentieren ein 1-A-Sauerkrautrezept und verraten Theodor Fontanes Leibge-richt inklusive seiner Zubereitung. Wir haben es probiert und fi nden, dass es auch fürs Kulinarische zutrifft, was der Dichter des „Stechlin“ dort seinen Major Dubslav sagen lässt: „In der Mark Bran-denburg liebt man s bodenständig und nah an der Raelität.“

Kochkurs mit brit hartmann

geschrieben und zauberhaft illus-triert — liefert 137 Rezepte der

Berlin-Brandenburger Küche, „alles ein bisschen ruppig und wenig fein-sinnig“. Dazu servieren Hartmann

und Kahane gute Beschaffungsadres-sen, von denen einige durchaus dem Anspruch „Geheimtipp“ genügen. Au-

ßerdem erzählen sie viel Wissenswer-tes, beispielsweise, was es mit dem Begriff „Landpomeranze“ auf sich hat, wer „Suppenlina“ war und was wirklich in ein „Raguh feng“ gehört.

Sie brechen eine Lanze für die Bowle, präsentieren ein 1-A-Sauerkrautrezept und verraten Theodor Fontanes Leibge-richt inklusive seiner Zubereitung. Wir haben es probiert und fi nden, dass es auch fürs Kulinarische zutrifft, was der Dichter des „Stechlin“ dort seinen Major Dubslav sagen lässt: „In der Mark Bran-denburg liebt man s bodenständig und nah an der Raelität.“

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juBel Im BReCHtSDie grossen guiDes loben KÜche unD serViceVon anna Weber

LOKALTERMIN Brechts

tina nyström: „tisch 12 kann!“

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33 GARÇON 33 GARÇON

Ein paar Telefonnummern sollte man stets griffbereit haben: die eines men-schenfreundlichen Zahnarztes, die ei-nes Taxifahrers, der weiß, wo es lang geht und die eines Lokals mit sozialen Öffnungszeiten und ohne Ruhetag. Für Letzteres: das Brechts.

Nun hat der Guide Michelin seinen Bib Gourmand sicher nicht deshalb raus-gerückt, und auch der Gault Millau hat die Kochmütze und 13 Punkte wohl aus anderen Gründen vergeben — aber eine verlässliche Adresse für ein montägli-ches Mittagessen in Berlin ist nun mal seltener als Restaurants mit Meriten.

„Ein sympathisches Lokal in zentraler Lage“, nennt der Michelin das Brechts. Beides stimmt.

Als René Gamper, ein 35-jähriger Tiro-ler aus dem Lechtal, vor vier Jahren ins Brechts einzog, stimmte nur die Lage.

Die Sympathien mussten sich Gamper und seine Mannschaft erst erarbeiten — mit Freundlichkeit und Kompetenz.

Das Ergebnis: das Verhältnis zwischen Preis und Leistung ist im Brechts genau-so gut wie das Verhältnis zwischen Gast-geber und Gast.

Da ist zum Beispiel die Restaurantlei-terin Tina Nyström, schwedisch, blond und von jenem entwaffnenden nordi-schen Charme, dass man kleine Fehler sofort und größere eine Sekunde später

verzeiht. Oder Sommelier Christian Han-sen, Baden-Württemberger aus Ravens-burg, der selbst in der größten Hektik die Ruhe behält.

Die Speisenkarte ist klein und ge-horcht dem schönen Prinzip „multum, non multa“. Das heißt so viel wie: ver-schiedenes ja, aber niemals alles mögli-che. So konzentriert sich die Küchenbri-gade auf zwei Suppen, fünf Vorspeisen und sieben Hauptgerichte und kocht mit viel Geschmack.

Das Fleisch ist zart, die Saucen sind gut abgeschmeckt, die Gemüse haben erfreulichen Biss.

Die Küchenchefs Dennis Nörenberg und Steve Großmann sowie Souschef Raymond Werner kennen ihre Garzei-ten, Adlerfi sch und Weißer Heilbutt sind perfekt, das Entrecôte vom Simmentha-ler Weideochsen kommt aufs fotogenste rosig-rot. Und die Karte befriedigt — von der Tafelspitzterrine über die in altem Balsamico gebratenen Steinpilze, die in blaufränkischem Wein geschmorten Ochsenbäckchen bis zum Marillenknödel — so ziemlich alle Gelüste.

So sahen es auch die Tester des Gault Millau und notierten: „In dem gemütli-chen, unkomplizierten Bistro wird öster-reichisch gekocht mit ein paar internati-onalen Einsprengseln, gradlinig und ohne aufgesetzten Luxus — was dem Namens-patron wohl behagt hätte.“

Dessen Neugier war, wie man hört, keinesfalls kulinarischer Art. Von Kraut-fl eckerln, Krenfl eisch, Kaiserschmarren und Co. allerdings verstand er einiges — schließlich bekochte ihn Helene Weigel, und die stammte aus Wien.

Übrigens: Für manchen Gesellschafts-reporter wäre das Brechts ein gefunde-nes Fressen: Christoph Waltz mit Entou-rage, Lou Reed mit Freunden, eine junge Frau, deren Namen ich zwar nicht ken-ne, die aber — wie meine Nachbarn tu-scheln — wohl einen Dauerparkplatz auf den Leute-heute-Seiten diverser bunter Blätter hat.

Das ist zwar noch nicht der Borchardt-Promi-Faktor, aber immerhin...

Brechts LOKALTERMIN

brechts-inhaber rené gamper begrüßt österreichs botschafter in berlin, Dr. ralph scheide

Dennis nörenberg: „Kommt!“

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GARÇONFRAGEBOGEN

Dennis Nörenberg

Ihr Lieblingsgericht?Trüffelpasta Ihr Lieblingsge-tränk?Sauvignon Blanc „The-rese“ 2009, Weingut Erich & Walter Polz, Südsteiermark Ihr Lieblingsgewürz?Safran Ihr Lieblingsfisch?Loup de mer Ihr Küchenmotto?„Offen für das Neue, aber das Alte nicht außer acht lassen” Wen hätten Sie gern mal als Gast?Harald Wohlfahrt Welches Gericht mögen Sie gar nicht?alles mit Austern In welchem Restau-rant essen Sie am liebsten?Buddenbrooks im A-Rosa Travemünde Wie viele Kochbü-cher besitzen Sie?ca. 240 Stück

LOKALTERMIN Brechts

www.brechts.de

brechts

Schiffbauerdamm 6-710117 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 28 59 85 85

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Wir wagen mal eine Prognose: wenn die Mannschaft zusammen, mit Spaß bei der Sache und kulinarisch auf dem jetzt eingeschlagenen Kurs bleibt, werden die Damen und Herren Tester diverser Gui-des im nächsten Jahr an der Rôtisserie Weingrün wohl nicht mehr vorbeikom-men.

Das würde dann wahrscheinlich auch Inhaber Herbert Beltle freuen, obwohl er stets betont, dass seine Hauben und Sterne der Steuerberater vergibt. Anders gesagt: dem gestandenen Gastronomen ist Spitzenküche immer dann suspekt, wenn sie subventioniert werden muss. Also achtet er genau auf die Kosten und sagt: „Wer geangelten Wolfsbarsch für einen Kilopreis von 25 Euro einkauft, muss auch die Gäste haben, die bereit sind, für ein Gericht daraus 50 Euro zu bezahlen. Alles andere heißt in Schön-heit sterben.“

Für Philipp Liebisch, den neuen Wein-grün-Küchenchef, eine klare Ansage: „Köche müssen auch Kaufleute sein, in privat geführten Restaurants allemal.“

Liebisch kam im September ins Wein-grün, im Schlepptau Oliver Weber als Souschef. Beide arbeiteten zuvor in der Brigade von Sauli Kemppainen im Re-staurant Quadriga des Brandenburger Hofes.

Für den neuen Küchenchef war das übrigens nicht die einzige Top-Adresse seiner bisherigen kulinarischen Karriere: Schwarzer Hahn in Deidesheim (Stefan Neugebauer), Kastell in Wernberg-Köb-litz (Christian Jürgens), Lorenz Adlon in Berlin (Thomas Neeser). Auf die Frage nach dem Grund seines Wechsels in die — sagen wir mal — Normalgastronomie antwortet er knapp: „Ich wollte wie-der mehr Spaß am Kochen haben.“ Eine Antwort, die weitere Fragen aufwirft... Doch Liebisch wehrt ab, offenbar ein sensibles Thema.

Spaß hat er im Weingrün, das betont der 29-jährige Berliner, und das merkt man. Liebisch, Weber und Christian Poicke, der dritte Mann am Herd und schon länger im Weingrün, arbeiten ebenso konzentriert wie entspannt. Har-monie, die Kreativität fördert.

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LOKALTERMIN Rôtisserie Weingrün

VOllGaS Im WeINGRÜNrôtisserie auf KreatiVKursVon marc steyer

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Und noch etwas fällt auf: der blitzsau-bere Arbeitsplatz der drei Männer.

Die Küche glänzt jedoch nicht nur äußerlich. Köstlicher Kalbskopf mit Be-lugalinsen und jungem Knoblauch, ge-konnte Kaninchenterrine mit Karotten und Tahiti-Vanille, prächtige Frischkäse-mousse mit Parmesan und Olive — drei Vorspeisen, die einerseits das Können der Köche demonstrieren und anderer-seits noch gnädig kalkuliert sind.

Was vom Flammenwand- oder Lava-steingrill kommt, ist vielseitig und zu-verlässig wie eh und je: Paderborner Masthähnchen, Spare Ribs vom Saalower Kräuterschwein, gegrillte Kalbsleber, mit Salbei gratiniertes Kalbskotlett oder US-Beef mit Sauce Bérnaise. Die Küche bietet fünf verschiedene Beilagen, die kleinen gebratenen Kartoffeln mit Ros-marin, Olivenöl und Meersalz werden am meisten geordert.

Den I-Punkt liefert die Patisserie mit Kaltem Hund, mal ganz anders — eine beeindruckende, zum Glück nicht allzu süße Sünde. Behutsam haben Liebisch und seine Leute begonnen, in der Rôtis-serie Weingrün Neues auszuprobieren. Wir sagen: weiter so.

Der von Sylvia Haberstroh und Jana Metting geleitete Service zählt zu den weiteren Stärken des Hauses an der Gertraudenbrücke, weil er selbst bei knackvollem Restaurant kaum die Fas-sung verliert.

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Rôtisserie Weingrün LOKALTERMIN

Das Weingrün-team: jana metting, sylvia haberstroh, oliver Weber, philipp liebisch und christian poicke, v. li.

Der neue Küchenchef: philipp liebisch

Der neue souschef: oliver Weber

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LOKALTERMIN Rôtisserie Weingrün

www.rotisserie-weingruen.de

rôtisserie WeingrÜn

Gertraudenstraße 1010178 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 20 62 19 00

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BLACK LABELBLACK LABEL

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„Grüß Gott, Steffi“, „Servus, Hansi“ — die Münchnerin und der Wiener sind im Wilmersdorfer Kiez bekannt wie bun-te Hunde, und ihr Wiener Stüberl hat längst den Status einer gastronomischen Institution. Händler und Handwerker, Journalisten und Juristen, Künstler und Köche sind Stammgäste. Die Berliner Austro-Gemeinde trifft sich hier ebenso regelmäßig wie eine prominente Schaf-kopfrunde. Man macht Geschäfte, wälzt Probleme, quatscht über Gott und die Welt.

Steffi und Hansi, bürgerlich Stephanie und Hans Holyst, sie früher Übersetzerin an der Freien Universität, er Meistertän-zer am Theater an der Wien, servieren Blauen Zweigelt, Grünen Veltliner, Wie-ner Schnitzel und Wurstsalat.

Ihr Stüberl mit der wohltuenden Abge-griffenheit des Raumes ist eine behagli-che Konstante im hektischen Großstadt-getriebe.

Schon das wäre des Bemerkens wert in einer Zeit, deren Devise größer, jün-ger, bunter und gestylter lautet — übri-gens nicht nur, wenn es um Restaurants geht.

Noch bemerkenswerter ist allerdings die Tatsache, dass Stephanie und Hans Holyst an zwei Adventstagen das Wiener Stüberl für bedürftige Kinder und einsa-me ältere Menschen öffnenten, Schnit-zel, Gänsebraten und Getränke servier-ten, Geschenke überreichten.

„Das ist mehr als eine Symbolhand-lung“, kommentierte Pfarrerin Kathari-na Plehn-Martins von der Wilmersdorfer Auen-Gemeinde die Aktion, „es ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass wir alle etwas tun können, dass unsere Stadt ein menschenfreundlicheres Antlitz be-kommt.“

Sicher, langzeitarbeitslose Hartz-IV-Empfänger und arme Hartz-IV-Kinder sind selten zu Gast im Wiener Stüberl.

Hier verkehrt eher solventes Bürger-tum. „Das heißt jedoch nicht, dass uns die Sorgen derer, die am Rande der Ge-sellschaft leben, gleichgültig sind“, sagt Hans Holyst und fügt hinzu: „In Berlin gibt es 219.000 Menschen ohne Job, 80 Prozent davon sind Hartz-IV-Empfänger. Und nun pokern die Parteien um einen neu berechneten Regelsatz. Hartz-IV-Poker, schon das Wort ist menschenver-achtetend.“

Gegen die Armut und die damit ver-bundene seelische Not setzen Steffi und Hansi nachbarschaftliche Hilfe und ein ermutigendes Wort. Ein gutes Zeichen — erst recht im Advent.

www.wienerstueberl.de

Wiener stÜberl

Uhlandstraße 5210719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 88 67 93 88

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LOKALTERMIN Wiener Stüberl

GaStRONOmeN mIt HeRzeine Kleine aDVentsgeschichteVon marc steyer

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Steffi und Hansi: Ein Herz für Kinder

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LOKALTERMIN Restaurant No 45

PROjekt No 45regionalKÜche am KollWitZplatZVon anna Weber

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Restaurant No 45 LOKALTERMIN

no 45: gemütliches ambiente...

...und ein engagiertes team: stefan und matthias eggert, v. li.

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www.no45-berlin.de

restaurant no 45

Knaackstraße 4510435 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 030 - 44 04 13 25

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„Ohne alten DDR-Mietvertrag würde ich hier nicht mehr wohnen“, erklär-te Wolfgang Thierse, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, einem Fernseh-reporter.

Lassen wir mal die Tatsache unkom-mentiert, dass offenbar auch Spitzen-politiker mit einem Stein auf der Brust geboren werden — Tatsache ist, dass die Wohnungen rund um den Kollwitzplatz für Normalverbraucher kaum noch be-zahlbar sind.

Der einst so wilde Prenzlauer Berg ist bürgerlich geworden, ein Refugium der Besserverdienenden. Epizentrum des neuen dolce vita — der Kollwitzplatz.

„Wo, wenn nicht hier“, sagte sich der Pankower Gastronom und Majakowski-Inhaber Andreas Herrmann-Mai und übernahm 2009 das kleine Restaurant in der Knaackstraße, in dem zuvor einfache griechische Küche auf den Tisch kam.

Herrmann-Mai legte die Messlatte hö-her und hoffte auf das neue Bürgertum im Kiez. Umsonst. Die angepeilte Klien-tel kochte am heimischen Herd oder ging lieber zum Italiener.

Sein Glück, dass zwei junge Leute in den Mietvertrag einstiegen: die Brüder Stefan und Matthias Eggert, beide Berli-ner, beide Köche.

Nach ihrer Lehre folgten Wanderjah-re, die den einen in verschiedene Haupt-stadtrestaurants, den anderen nach Düs-seldorf und ins kanadische Vancouver führten.

Im Januar 2009 gründeten sie in Berlin gemeinsam die Firma 221: „Zwei Brüder, zwei Köche, eine Passion“.

Ihr Angebot, individuelles Catering, kam an. Stefan und Matthias Eggert be-treuen seitdem Hochzeiten, Betriebsfes-te, Familienfeiern und Grillpartys kuli-narisch. Ihr Motto klingt engagiert: Wir lieben, was wir tun.

Das Restaurant am Kollwitzplatz — die Eggert-Brüder nannten es No 45 — be-trachten sie als „Projektrestaurant“.

Was das bedeutet, erklärt Matthias Eggert, der Mann mit dem Hut, so: „Wir wollen diesen Ort nutzen, um uns be-kanntzumachen und unser kulinarisches Konzept vorzustellen.“

Und Stefan Eggert, der Mann mit den tätowierten Unterarmen, fügt hinzu: „Hier testen wir Produkte, entwickeln Gerichte, kombinieren Speisen und Wei-ne und arbeiten an einem Service, der stärker den Koch in den Vordergrund rü-cken soll.“

Das klingt nicht nur gut, sondern ist es auch. Vor allem die Küche punktet mit klarem Konzept. Regional, regionaler, am regionalsten.

„Wir wollen unsere Heimat kulinarisch entdecken, indem wir klassische Gerich-te neu interpretieren“, erläutert Kü-chenchef Stefan Eggert, der ältere der beiden Eggert-Brüder.

Das liest sich dann auf der Speisen-karte zum Beispiel so — Kohlroulade: Hecht, Spreewaldsenfgurke, Rotes Pü-ree — eisbein: Ferkelfilet, Erbsen, Senf — berliner leber: Milchkalbsleberpaté, Boskop, Sieglinde, Rote Zwiebel — ber-liner luft: Weiße Schokolade, Lavendel, Holunderblüte.

Ein Menü für 32 Euro, topfrisch die Produkte, einfallsreich die Verarbeitung, alles fein abgeschmeckt — allerdings wäre ein bißchen mehr auf dem Teller besser, auch auf die Gefahr hin, dass es drei, vier Euro teurer wird.

Den Verzicht auf die lieben Delikates-sen von Bressetaube bis Seeteufel und die famose Veredlung der regionalen Produkte von Hagebutte bis Hühnerherz goutierten zuletzt auch die tip-Tester.

Berlins bestes Gastro-Magazin — kei-ner entdeckt so viel Neues — lobte den kulinarischen Streifzug durch Berlin und Brandenburg: „...da fehlt jede Deftigkeit auf dem Teller“ und vergab Platz 2 in der Kategorie „Top 10 abends“.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Eggert-Brüder ihr Projekt nicht allzu schnell beenden. Vielleicht werden sie am Ende ja sogar sesshaft am Kollwitzplatz. Das könnte passen.

LOKALTERMIN Restaurant No 45

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AZ SIC+Buddy Garcon RZ zw.indd 1 09.12.2010 15:47:23 Uhr

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laS malVINaSsteaKs & co. am alexanDerplatZVon clauDia lerch

LOKALTERMIN Las Malvinas

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www.las-malvinas.de

las malVinas

Barnimstraße 1810249 Berlin-Friedrichshain

Tel. 030 - 24 72 70 04

Las Malvinas, das klingt gut und merkt sich leicht. Wohl kaum einer weiß aber, was sich hinter dem Namen verbirgt.

Las Malvinas, das sind die Falklandin-seln. Die gehören bekanntlich zu Argen-tinien, und nun haben die Menschen, die in der Gegend rund um den Alexander-platz unterwegs sind, auch eine Peilung.

Immer nur in Richtung Greifswalder Straße, an der Ecke Otto-Braun/Barnim-straße rechts ab — und schon kann die Fleischeslust gestillt werden.

Das Las Malvinas gehört zu jenen Steakhäusern, die weder den Berliner Beef-Kings vom Filetstück in der Schön-hauser Allee Konkurrenz machen wollen noch anderen Drang zu Höherem haben.

Das Las-Malvinas-Team tritt jeden Tag an, um einen guten Job zu machen — in der Küche, an der Bar, im Service.

Die Küche packt Fleisch von Rind, Schwein, Lamm und von ordentlicher Qualität auf den Grill, richtet opulente Teller an, und der freundliche Service bringt die gewaltigen Portionen mit der spitzbübischen Bemerkung, dass man hoffe, der Gast habe einen guten Appe-tit mitgebracht. Den haben die meisten.

Anwohner aus dem Kiez, Touristen aus Bayern und die Malvinas-Stammgäste lassen beim Filet-, Hüft- oder Rumpsteak nichts anbrennen.

Der zweite Grund des frappanten Gästezustroms sind mit Sicherheit die

ausgesprochen fairen Preise. Den Busi-ness-Lunch gibt es von Montag bis Frei-tag und dann von 11.30 Uhr bis 16 Uhr für 4,99 Euro, und auch am Abend wird kein Hauptgericht serviert, das nur an-nähernd in die Nähe der 20-Euro-Marke kommt.

Und wenn dann noch eine 50-Prozent-Rabatt-Aktion läuft — teurer Gast, was willst Du mehr.

47 GARÇON

laS malVINaS

Las Malvinas LOKALTERMIN

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Frank Sengers Berufsbekleidung ist branchenüblich: dunkler Anzug, helles Hemd, Krawatte. Der gebürtige Nie-dersachse arbeitet als Hoteldirektor-

einen wirklich guten Grund geben. Und den gab es am 8. Oktober. Sengers Ar-beitgeber, das Meliá Hotel Berlin, feierte seinen 4. Geburtstag.

Im Oktober 2006 startete das spani-sche Unternehmen Sol Meliá mit seinem Haus an der Friedrichstraße in den deut-schen Markt.

Eine offensichtlich goldrichtige Ent-scheidung, trotz des gesättigten Berliner Hotelmarktes, auf dem etliche Herber-gen mit einer Bettenauslastung von un-ter 50 Prozent klarkommen müssen.

Für Meliá Berlin ist das kein Thema und deshalb nach vier Jahren auch ein guter Anlass, das Jubiläum entsprechend zu feiern. Allerdings wohl nicht der ein-zige. „Zwei auf einen Streich“, mag sich das Management gesagt haben, „wir fei-ern und zeigen gleichzeitig, wie gut wir eine Feier organisieren und kulinarisch ausgestalten können.“

Marketing in eigener Sache sozusa-gen, denn Meliá Berlin will den Erfolg des Hotels nun auch auf die hauseigene Cateringsparte übertragen. Zuständig für die Umsetzung: Frank Senger.

„Wo sollen die Blumen hin?“, fragt ein Mann. „Wo sie gut aussehen“, antwor-tet Senger. Und weil das nicht klappt, nimmt er sich selbst der Sache an.

Wir sind im dbb-Forum, Friedrichstra-ße 169/170, es ist 14 Uhr. Senger küm-mert sich um eine Zapfanlage, die nicht so will, wie es der Zapfer gern hätte, schleppt Blumenkübel, regelt, richtet, repariert. Partner kommen, Sponsoren melden sich, der Executive Assistant lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Der Zeitplan ist das A und O“, sagt er, „und wir liegen gut.“ „Zwei, drei Fra-gen? Bitte. Weshalb wollen Sie auf dem Cateringmarkt mitmischen? Weil wir das Know how und gute Partner haben und

feSt mIt teStVier jahre meliá berlinVon yVonne Weinlich

Stellvertreter — offizielle Bezeichnung: „Executive Assistant“. Wenn Senger zu einem Termin mit Turnschuhen, Jeans und Pullover antritt, so muss es dafür

LOKALTERMIN 4 Jahre Meliá Berlin

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damit durchaus einen Markt für uns se-hen. Was können Sie besser als andere Caterer? Das weiß ich nicht, ich weiß nur, was wir können. Und was ist das? Wir bieten Qualität und Leidenschaft.“

Dementsprechend der Name der Un-ternehmung: Pasión Catering by Meliá Berlin. Pasión, das heißt Leidenschaft. Mit der Organisation der eigenen Ge-burtstagsfeier wollen Senger und sein Team das beweisen.

Rund 70 Meliá-Mitarbeiter sind an diesem Oktobertag im dbb-Forum tätig, hinzu kommen die Leute der Koopera-tionspartner für Ausstattung und Veran-staltungstechnik, Party Rent und DMG Veranstaltungsservice.

„Der Erfolg eines Events wird maßgeb-lich von der Qualität des kollektiven Zu-sammenwirkens der Partner bestimmt“, sagt Senger noch und macht sich auf den Weg ins Hotel.

Wenn die Vorbereitung der Veranstal-tung in ihre heiße Phase geht, will er im richtigen Outfit sein.

Klamotten wechseln, damit die Auto-rität nicht leidet? Senger winkt ab: „Wer sie in Jeans nicht hat, hat sie auch im Anzug nicht.“

Eine Stunde später ist der Hotelmana-ger wieder vor Ort. Küchenchef Marcel Scholtun und seine Brigade arbeiten in-zwischen mit Hochdruck in einer provi-sorischen Küche, denn Catering bedeu-tet zu allererst Verpflegung. Im Falle dieses Abends für rund 450 Gäste.

Gänseleber-Trüffel, Kartoffel-Lollis, Ziegenkäse-Croutinis, Lachsfilet, Sauer-braten, Biskuitrouladen, Mandelkuchen. Flying buffet und Show cooking.

„Was wir servieren, muss für Gaumen und Auge gleichermaßen attraktiv sein“.

Um 18 Uhr kommen die Gäste. Das Ca-tering steht. „Ein neues Produkt“, nennt es General Manager Klaus Kartmann in seiner Ansprache. Pasión Catering by Meliá Berlin.

Frank Senger und Marcel Scholtun kommen auf die Bühne. Premierenbei-fall. „Ihre Zufriedenheit und Ihr Erfolg sind das Ziel unserer Arbeit“, so lautet das Motto des Meliá-Caterings.www.meliaberlin.com

4 Jahre Meliá Berlin LOKALTERMIN

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IM ZEICHEn DER KIRSCHEDieter fuhrmann Zum 70. geburtstagVon jörg teuscher

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IM ZEICHEn DER KIRSCHEDieter fuhrmann Zum 70. geburtstagVon jörg teuscher

Zugegeben, heutige Grafi k-Designer würden das Firmenlogo moderner ge-stalten, aber nicht mit Dieter Fuhr-mann. Der Grund ist ein familiärer. Die beiden Kirschen hat vor Jahrzehnten Constanze, die Tochter des Großhänd-lers, gemalt. Wie ein Kind, das gut malen kann, eben Kirschen malt. Und dabei bleibt es.

„Er ist der Mann der drei F“, so cha-rakterisierte einmal ein guter Kunde den Altmeister des Obst- und Gemüse-großhandels. „Das erste F für Familie, das zweite für Firma, das dritte für Freunde.“

Am 23. Oktober 2010 feierte Dieter Fuhrmann seinen 70. Geburtstag — ohne große Party und eigentlich wider Willen. Garcon erfuhr dennoch davon und sagt dem langjährigen Partner un-seres Magazins zum gegebenen Anlass: Danke, Dieter!

Als Dieter Fuhrmann 1977 begann, Hotels und Restaurants mit Obst und Gemüse zu beliefern, hatte die Char-lottenburger Seelingstraße noch den Charme einer grauen Maus. Erst recht auf den Hinterhöfen.

Der Fotograf versuchte, die Fahr-zeuge von Fuhrmanns Fruchtgroßhan-del so ins Bild zu setzen, dass mög-lichst wenig vom bröckelnden Putz der Häuser zu sehen blieb. Immerhin woll-te Jungunternehmer Dieter Fuhrmann mit dem Foto werben. Stolz posierte er dafür vor seinen Transportern.

33 Jahre später ist der Hof in der Seelingstraße, in dem Fuhrmann einst in die Selbständigkeit startete, eine grüne Oase.

Die Fuhrmann-Flotte hat längst auf dem Fruchthof an der Beusselstraße ihren Heimathafen, fährt in Weiß vor und trägt als Zeichen zwei Kirschen.

Dieter Fuhrmann KOPFSALAT

IM ZEICHEn DER KIRSCHEDieter fuhrmann Zum 70. geburtstagVon jörg teuscher

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52 GARÇON

Jeder Mensch hat seine Marotte. Die von Dieter Fuhrmann: er hat wenig für Geburtstage übrig.

Das betrifft natürlich nicht die Ju-biläen von Freunden, Bekannten oder Kollegen — nein, da ruft er an, schickt Glückwünsche, bringt Geschenke vor-bei — sondern seine eigenen. Nur keine Feiern, schon gar keine Big Partys, am besten raus und weg.

Das hätte der Fruchtgroßhändler gern auch an seinem 70. so gehalten. Viel-leicht mit seiner Frau ein paar Tage nach Sylt, das Handy auf Rufumleitung, Spa-ziergänge, ein gutes Essen, eine Flasche Wein.

Seine Mannschaft jedoch wollte da diesmal nicht mitspielen. Heimlich or-ganisierten Vorarbeiter Andreas Kurtzky und Produktionsleiter Christian Mölder eine Hallen-Fete auf dem Fruchthof.

„Ein kleines Familienfest“, so Kurtzky, den alle nur Andy nennen.

„Eine Dankeschönparty“, so Mölder, vor 33 Jahren Dieter Fuhrmanns erster fester Mitarbeiter.

Die Überraschung gelang. Die Gratu-lationscour seiner Mitarbeiter, Blumen, ein riesiges Transparent.

Enge Freunde kamen, die seinen Weg begleiteten, manche seit Jahrzehnten. Einige Küchenchefs mit guten Informati-onsquellen. Die Familie. Beste Wünsche für den Jubilar, dem man die 70 nicht ansieht. Erinnerungen.

Dieter Fuhrmann, geboren im schlesi-schen Reichenbach, kam 1950 nach Ber-lin. Schulabschluss.

Im Hotel am Zoo absolvierte er eine Lehre zum Hotelkaufmann, im Hotel Windsor wurde er später Barchef. Zwi-schen Drinks und Longdrinks erlebte er die goldenen Jahre der Gastronomie in der eingemauerten Stadt.

Berlin galt zu dieser Zeit als Curry-wurst-Metropole und Heini Holls Kohl-rouladen als kulinarisches Nonplusultra. Fuhrmann ahnte den Wandel und sah den Mangel.

1977 stieg er deshalb in den Handel mit frischem Obst und Gemüse ein. In-terzonen-Geschäft hieß das damals in

der Branche, weil jeder Apfel, jede Ba-nane, Gurke oder Tomate von weit her über zwei Granzen herangekarrt werden musste.

Stundenlange Wartezeiten etwa in Dreilinden waren keine Seltenheit, ebenso wenig wie Vopo-Schikanen oder Glatteispisten.

Ob subjektive oder objektive Ursa-chen — für leicht verderbliche Ware be-deutete beides den Tod.

Spargel aus Beelitz, Erdbeeren aus Werder oder Kartoffeln aus der Ucker-mark — damals des Großhändlers Traum und der seiner Kunden, der Berliner Kü-chenchefs.

Was vor über 30 Jahren mit einem dunkelgrünen VW-Bully, einem Mitarbei-ter und bescheidenen Zielen auf einem Charlottenburger Hinterhof begann, mauserte sich mit der Zeit beträchtlich.

Dieter Fuhrmann stieg in die Liga je-ner Großhändler auf, die nicht mehr täg-lich Klinken putzen mussten, sondern die angerufen wurden — Bitte um Lieferung, Obst, Gemüse, Kräuter.

Das fuhrmann-team: Wir lieben obst und gemüse

KOPFSALAT Dieter Fuhrmann

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Manche machte der Erfolg mutig, an-dere leichtsinnig. Als Fuhrmann mit sei-ner expandierenden Firma 1980 auf den Berliner Fruchthof an der Beusselstraße zog, gab es dort 140 Großhändler. Heute sind es noch 50. Die Big Bosse des harten Geschäfts um Marktanteile schluckten die Winzlinge.

Fuhrmann behauptete sich — zum ei-nen, weil Qualität bei ihm Gesetz ist, zum anderen, weil er auf Spezialisie-rung setzte. Klein, fein, sicher, sauber und pünktlich — diese Attribute liebt er besonders. Deshalb sind ihm auch die kaum noch überschaubaren Gemischt-warenhandlungen ein Graus. Obst und Gemüse, das ist sein Ding — Fruchtgroß-händler, wer ist mehr!

Ein Gast hat ein Buch mitgebracht. Berliner Väter und ihre Kinder. Fotos und Zitate. Der Firmenchef Hermann Gerbaulert, der Veterinärwissenschaft-ler Dieter Großklaus. Und der Kaufmann Dieter Fuhrmann — gemeinsam mit sei-nen Kindern in einem Strandkorb. Ein Bild von nicht nur räumlicher Enge. constanze fuhrmann zeichnete als Kind das firmenlogo

bilder einer Überraschungsparty

Dieter Fuhrmann KOPFSALAT

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„Seine ständige Unruhe hat uns immer auf Trab gehalten. Ich habe viel von ihm gelernt“, gab Marcus Fuhrmann zu Proto-koll. Constanze Fuhrmann ließ notieren: „Nicht nur den schnellen, entschiedenen Schritt habe ich von meinem Vater ge-erbt, ich schätze sein Engagement und seinen positiven Weitblick.“

Dieter Fuhrmann ist ein Familien-mensch und stolz darauf. Seit 47 Jahren verheiratet, hat Fuhrmann — nicht eben üblich in seiner Branche — dem berufli-

chen Erfolg weder sein Privatleben noch seine Freizeit geopfert. Sicher, Kinder-erziehung im Hause Fuhrmann war größ-tenteils Frauensache. Kein Wunder bei den Arbeitszeiten eines Großhändlers — Mitternacht bis Mittag, das ist die Regel auf dem Fruchthof.

Was aus Constanze und Marcus gewor-den ist, hat viel mit Harmonie zu tun, weniger mit nächtlicher Abwesenheit und täglichem Schlaf. Fuhrmanns Toch-ter arbeitet als Oberstudienrätin an ei-

nem Freiburger Gymnasium, sein Sohn als Juniorchef in der Firma des Vaters. Gute Gründe also, stolz zu sein.

„Alles Gute, Herr Fuhrmann!“, „Auf Dein Wohl, Dieter!“, „Gute Gesundheit, Chef!“ — seine Leute und die Gäste der kleinen Party an einem kühlen Samstag-vormittag auf dem Berliner Fruchthof heben die Sektgläser.

In den wachen Augen des 70-Jährigen sieht man nun doch einen Hauch von Rührung...

KOPFSALAT Dieter Fuhrmann

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B e s t o f E v e n t s19./20. Januar 2011

CONGAAWARD

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Die Leipziger Straße an einem Freitag-abend im November. Es nieselt, die Luft ist kühl. Menschen hasten nach Hause.

Eine Fahrzeugschlange quält sich in Richtung Potsdamer Platz. Thorsten Geitel und Stephan Mahnecke fl uchen leise, weil es nur noch im Schritttempo vorwärts geht. Die beiden Männer sind spät dran. Endlich die Kreuzung Wil-helmstraße. Abbiegen Richtung Kreuz-berg. Rechts das Finanzministerium, ein dunkler Klops. Deutsche Beamte sitzen um diese Zeit längst hinterm Ofen.

Gegenüber das e-werk, eine — wie es in Reiseführern heißt — „Eventlocation der Superlative“ und das Ziel von Geitel und Mahnecke.

Lichtinstallationen weisen Grund und Weg. Heute — es ist der 12. November — verleiht die Kindernothilfe hier ihre Medienpreise 2010. Thorsten Geitel und Stephan Mahnecke haben mit dem Know-how ihrer Firma dazu beigetragen, dass die Gala einen dem Anlass entspre-chenden Rahmen erhält.

Die fi nanzielle Unterstützung der Kindernothilfe und der heutigen Veran-staltung liegt den beiden Geschäftsfüh-rern persönlich am Herzen. Sie betrach-ten ihr Engagement für das christliche Kinderhilfswerk als Teil ihrer Unterneh-menskultur.

„Außerdem“, sagt Geitel, „sind wir beide selbst Väter.“ „Väter von Kin-dern, die behütet aufwachsen“, fügt er hinzu. Mahnecke hat unterdessen eine Broschüre aufgeschlagen. Titel: Kinder-rechte sind Menschenrechte. Ein Satz ist unterstrichen. Er zitiert: “Heute müssen auf der Welt 180 Millionen Kinder wie Er-wachsenen arbeiten. 100 Millionen Kin-der können keine Schule besuchen.“

Es ist 18 Uhr. Die Schauspieler Heinz Hoenig, Anouschka Renzi, Dietrich Mattausch und andere Prominente grü-ßen vom roten Teppich. Christina Rau, Schirmherrin des Medienpreises und Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, Vorstandsvor-sitzender der Kindernothilfe, begrüßen die 400 Gäste und danken den Sponsoren des Abends. Thorsten Geitel und Ste-phan Mahnecke stehen im Hintergrund. Aber der Beifall gilt auch Ihnen.

Die party rents: stephan mahnecke und thorsten geitel, v. li.

DIE AUSSTATTERparty rent — eine berliner erfolgsgeschichteVon hans-jÜrgen bergs

KOPFSALAT Party Rent

DIE AUSSTATTERparty rent — eine berliner erfolgsgeschichteVon hans-jÜrgen bergs

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DIE AUSSTATTERparty rent — eine berliner erfolgsgeschichteVon hans-jÜrgen bergs

DIE AUSSTATTERparty rent — eine berliner erfolgsgeschichteVon hans-jÜrgen bergs

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Die beiden Eventprofis nehmen nicht an jeder Veranstaltung teil, die sie aus-statten, hier allerdings war es Ihnen ein Herzensbedürfnis.

„Was die Anforderungen an unsere Arbeit betrifft, war dieser Event keine allzu hohe Hürde“, so die beiden über-einstimmend. Sechs ihrer Mitarbeiter hatten die Aufgabe, in acht Stunden 140 Kubikmeter Equipment, zu transportie-ren, auf- und wieder abzubauen.

Auch für Mira Lottermoser, Bauinge-nieurin und seit einem Jahr bei Party Rent, war das Ganze eher ein Heimspiel, wie sie sagt. „Wir kennen weit schwie-rigere Kunden und weit kompliziertere Orte als das e-werk.“

Geitel und Mahnecke sind seit drei Jahren in der Eventbranche selbststän-dig. Kennengelernt haben sich die bei-den im Jahr 2000 auf der Expo in Han-nover. Sechs Jahre später entstand eine Idee — Geitel war inzwischen als Nieder-lassungsleiter für Party Rent, einen der drei größten deutschen Veranstaltungs-ausstatter in Dortmund tätig, Mahnecke arbeitete ebenfalls als Niederlassungs-leiter, für Käfer in Berlin.

„In der Hauptstadt weht noch keine Party-Rent-Fahne“, sagte Geitel. „Dann lass sie uns doch hochziehen“, erwiderte Mahnecke.

Schnell wurde das Vorhaben konkret. Am 1. April 2007 gründeten der Ho-tel- und der Restaurantfachmann ihre eigene Firma — als Franchisenehmer der Bocholter Party-Rent-Gruppe. Das minimierte einen Teil des Risikos und brachte Sicherheit. Beide erinnern sich noch gut an ihre erste Veranstaltung — eine Filmpremiere, „Die Schöne und das Biest“. Für die Jungunternehmer ein Er-folg. Es lief auch weiter gut. Berlin feier-te in Sälen aller Art, Geitel und Mahne-cke statteten die Orte aus. „Wichtig war, dass wir uns von Anfang an knallhart um unsere Kernkompetenz gekümmert ha-ben. Das heißt, Party Rent Berlin liefert Mietmöbel, Geschirr, Besteck und kom-plette Küchenausstattung, Rednerpul-te und rote Teppiche, bestückt Partys, Kongresse und Tagungen.“ Das Motto: „We create atmosphere“.

KOPFSALAT Party Rent

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BISTRo, BISTRo !gerD hammes schnelle KÜche im frischeparaDies Von jörg teuscher

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Gerd Hammes KOPFSALAT

„Willkommen im Paradies“, so wirbt Berlins größter Delikatessenmarkt, das FrischeParadies Lindenberg, für seine beiden Standorte in Moabit und Prenz-lauer Berg.

Und weil Feinkost — nomen est omen — eben auch was mit kosten zu tun hat, wird in der Moabiter Morsestraße nun ein Bistro gebaut.

In der Hermann-Blankenstein-Straße in Prenzlauer Berg gibt es bereits seit der Eröffnung des Paradieses im Mai 2009 eins.

Das in Berlin für solche Lokalitäten häufi g geltende Motto „Billige Ware — schnelles Essen — schnelles Geld“ kom-mentiert das FrischeParadies-Manage-ment mit einem müden Lächeln.

„Beste Produkte aus unserem Angebot werden schnörkellos und schnell verar-beitet und zu Preisen serviert, die zual-lererst den Gästen Spaß machen“, bringt Betriebsleiter Jörg Pöhlmann, seit 1995 in der FrischeParadies-Gruppe tätig, das Konzept auf den Punkt.

Was so einfach klingt, ist es aber nicht

und schon gar nicht, wenn — wie auch in Berlin vielerorts bistroüblich — drittklas-sige Suppenschmiede am Herd stehen. Das weiß natürlich Pöhlmann und zeigte Gespür für erfolgversprechende Mitar-beiter.

Wenn das Bistro am Standort Morse-straße fertig ist, wird dort Régis Louviot Regie führen, bis dahin noch Souschef im Fischers Fritz.

In Prenzlauer Berg steht seit ein paar Monaten Gerd Hammes am Herd — wie Louviot ein ausgesprochener Könner. Hammes gelingt es, klassische Rezeptu-ren mit nouveller Leichtigkeit zu verbin-den.

Sein Business-Lunch — Rotkohl-Apfel-Süppchen, Florentiner Steak mit Kar-toffelpüree und Salat (8,50 Euro) — war nuanciert abgestimmt und perfekt abge-schmeckt.

Das Marensin-Hähnchen mit Kürbis-Amarettini und Mesclun-Salat geriet so-gar zur kleinen Offenbarung.

Kein Wunder. Gerd Hammes gehörte zwar nie zu den kochenden Selbstdar-

stellern, zu den Besten seiner Branche aber allemal.

Geboren 1963 im rheinland-pfälzi-schen Bernkastel-Kues, kam er nach Kochlehre, Wanderjahren in Süddeutsch-land und der Schweiz sowie der Küchen-meisterprüfung über das Waldhotel Sonnora — in Dreis war er Souschef bei Helmut Thieltges — 1994 ins L Ecole nach Bad Laasphe. Hier erkochte er zwei Michelin-Sterne.

Leicht, subtil und delikat — so lernten auch die Berliner Feinschmecker Ham-mes Küche kennen — Ende der 1990er im Restaurant Harlekin des Grand Hotels Esplanade.

Das war den Inspektoren des roten Guides einen Stern und den Berlin-Part-ner-Juroren der Titel Berliner Meister-koch wert.

Nach weiteren Stationen auf Sylt und in Braunschweig arbeitete Gerd Ham-mes fünf Jahre lang als Küchenchef für Hans-Peter Wodarz Gastronomiethea-ter Pomp Duck and Circumstance und Palazzo.

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Vom sternekoch zum bistro-chef — gerd hammes sieht da keinen berufl ichen Abstieg:

„Koch ist Koch, ob in der Kan-tine oder im nobelrestaurant. und handwerk ist handwerk, ob man himbeeren komponiert oder apfelmus kocht.“2001: braunschweig1997: bad laasphe

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Nun also agiert der inzwischen 47-Jäh-rige in der Bistroküche des Frischepa-radieses. 45 Quadratmeter zwischen Fischstand und Weinabteilung, das ist Hammes Reich.

Eine kulinarische One-Man-Show, ge-diegenes Handwerk, mehr Klassik als Kreation, aber aromenstark und genuss-intensiv wie eh und je.

Häufig kommen Kollegen auf eine Bouillabaisse und ein Glas Wein: „Was gibt’s Neues? Salzwiesenrind von der Insel Öhe. Wo liegt denn das? Zwischen Rügen und Hiddensee. Und? Super, pro-bier mal.“

Man kennt sich, man vertraut sich. Und so gesehen ist Gerd Hammes nicht

nur Bistro-Chef, sondern auch Fri-scheparadies-Produkt-Botschafter.

Diese durchaus verkaufsfördernde Synergie hatte Betriebsleiter Jörg Pöhlmann wohl auch im Sinn als er den Franzosen Régis Louviot aus dem Sternerestaurant Fischers Fritz für das zweite Frischeparadies-Bistro in der Moabiter Morsestraße ins Boot holte.

„Bei Lindenberg ist immer was los!“ Gemeint sind die regelmäßigen Produktpräsentationen im Frische-Paradies Lindenberg, auf denen be-kannte und bisher unbekannte Pro-duzenten ihre Neuheiten vorstellen. Dabei kommt es durchaus vor, dass selbst gestandene Küchenchefs immer mal wieder staunen — beispielsweise über den High Pressure Lobster des Kanadischen Seafood-Unternehmens Clearwater, der sofort nach dem Fang tiergerecht getötet, mittels eines spe-ziellen Verfahrens von seinem Panzer getrennt und roh tiefgefroren wird.

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KOPFSALAT Gerd Hammes

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Zwischen den beiden aufnah-men auf diesen seiten liegen ungefähr 80 jahre und min-destens eine technische revo-lution in der Küche. Kohleofen und induktionsherd — das sind zwei Welten. Der Kohleofen, küchentechnisch ein Dinosau-

rier, der induktionsherd ein spaceshuttle. aber auch im Vergleich mit gaskochstellen und elektrokochplatten liegt die induktionstechnik meilen-weit vorn. Die gründe: mittels induktion ist ein schnellerer Kochprozess möglich, der rei-

nigungsaufwand minimiert sich entscheidend, die Küche wird nicht mehr aufgeheizt und vor allem — der energieverbrauch ist weit geringer, das Kochen damit kostengünstiger. Zum Vergleich: werden zum beispiel sechs gasbetriebene Kochstel-

Vom Kohleofen

Küchentechnikim Wandel

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zum InduKtIonsherd

len durch induktionstechnik ersetzt, schlägt eine jährliche einsparung an energiekosten von 1.629 euro zu buche. Der induktiontechnik gehört also die Zukunft — sowohl in der Profiküche als auch im privaten haushalt.

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„SowAS von SAlvE!“Wie geht’s eigentlich … peter groboljseK?Von susanna Kraus

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Im Kiez war er bekannt wie ein bunter Hund. Seinen bürgerlichen Na-men allerdings — Peter Groboljsek —kannte kaum einer am Kollwitzplatz, alle nannten ihn liebevoll Grobi.

Wegen seiner ständigen Fröhlich-keit, seiner steten Hilfsbereitschaft und seiner vielen fl otten Sprüche.

Vier Jahre lang stand Grobi im Weinladen Schmidt hinterm Tresen —Markenzeichen Drei-Tage-Bart, Pfer-deschwanz und rote Schürze — und zelebrierte Verkaufskultur auf berli-nisch.

Stammkunden begrüßte er gro-bilike mit einem lauten „Salve“, bei längerer Abwesenheit kam der eu-

phorische Superlativ zum Einsatz: „ So-was von Salve!“

Schwellenangst? Nicht bei Grobi. „Al-ter Schalter, what will you drinking, red wine or white wine?“

Kein Gesäusel von samtigem Pfi rsich-duft, feinen Brombeeraromen, spritzi-ger Säure oder nachhaltigem Abgang. Stattdessen der Rat: „Auch beim Wein keine halben Sachen, dann fängt's an, Spaß zu machen!“

Grobi ist ein Unikum. Das fanden selbst die distinguierten Neuberliner, die in-zwischen den Prenzlauer Berg bevölkern und denen der Weinkauf mehr eine Pres-tige- denn eine Genussangelegenheit ist. Sie lauschten belustigt Grobis unkon-

ventionell vorgetragenen Erklärungen, zogen mit einer Rotwein-Cuvée vom Württemberger Weingut Aldinger oder einem badischen Salwey-Grauburgunder von dannen, kamen glücklich wieder und baten um neue Empfehlungen.

Grobi offerierte Fränkisches aus Volkach oder Pfälzisches aus Bad Dürk-heim, nicht ohne zu betonen: „Gibt kei-ne Pickel und schwarzen Füße.“

Als im Sommer publik wurde, dass Pe-ter Groboljsek den Weinladen Schmidt verlassen und in Moabit bei der Welifa-Getränkegroßhandlung anheuern wird, bastelten Freunde vom Kolle aus Gro-bis besten Sprüchen die Hymne „Merlot Meets Friends“. Idee, Text und Musik:

Peter Groboljsek KOPFSALAT

geschäftsführer mit sekretärin: birgit hanke, li. und thomas Dohnow

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Hartmut Horst, musikalischer Stamm-kunde und Stefan Bühler, weinliebender BossHoss-Gitarrist.

„Bäng, bäng, bäng — Tschaka, tscha-ka, tschaka — Do what you wanna do — Bäng, bäng, bäng — Tschaka, tschaka, tschaka — The minibar is open for you …“

Das Video zum Song machte auf You-Tube Furore und Grobi den Abschied vom Kollwitzplatz leichter. Seine neue Herausforderung: Leiter des Weinlagers Hag.

Welifa-Chef Thorsten Boss übernahm die vor gut 25 Jahren gegründete Groß- und Einzelhandelsfirma mit dem 1980er Werbeslogan „Hag’s Wein und Sekt —Qualität, die schmeckt!“, gliederte sie in sein Unternehmen ein und setzt nun auf die alten Hag-Kunden und auf Grobi.

Der 48-Jährige, geboren in Torgelow, Ausbildung zum Installateur, kam 1985 nach Berlin, „um Marzahn und Co. hoch-zuziehen“, wie er sagt. Mehr durch Zu-fall landete er 1990, Marzahn-und-Co.-Hochzieher waren nicht mehr gefragt, im Weingeschäft.

Grobi, DDR-typischer Biertrinker mit gelegentlichen Rosenthaler-Kadarka-Sei-tensprüngen, wurde Lagerarbeiter und Auslieferungsfahrer verschiedener Wein-handlungen, schließlich Außendienstmit-arbeiter.

Das nötige Weinwissen? „Zuhören, jeden Tag ‘ne Pfütze vom Glück mehr als andere trinken, die Do-it-yourself-Masche eben.“

2006 schließlich der Karrierehö-hepunkt: Filialleiter des Weinladens Schmidt am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg.

Längst hält Peter Groboljsek Blauf-ränkisch nicht mehr für eine Wandfarbe, kennt sich aus zwischen Baden und Bur-genland und — vor allem — Grobi weiß, was seine Kunden wollen.

Manchmal zitiert er Michael Broad-bent, den Präsidenten der International Wine & Foods Society: „Für schlechte Weine ist das Leben zu kurz.“ Oder: „Man muss sich entscheiden, wer der Solist ist, das Essen oder der Wein.“ „Broadbents Weinnotizen“ lassen grüßen.

Das Weinlager Hag auf dem Moabiter Welifa-Gelände soll ein Abholmarkt für jedermann werden, erklärt Grobi die Funktion seiner 400 Quadratmeter gro-ßen Halle.

Alkoholfreie Getränke, Biere, Spiritu-osen und natürlich jede Menge Wein — Schwerpunkt Deutschland, Österreich, Italien.

Ein kompletter Getränkemarkt eben — inklusive der Möglichkeit, Zapfanla-gen, Kühlschränke, Sonnenschirme und andere Party-Gerätschaften auszulei-hen. „Auf Wunsch trägt Grobi alles inn‘ Kofferraum.“

Peter Groboljsek bleibt auch hier das, was er immer war — ein Faktotum mit Herz und Schnauze. „Mach’s gut, Grobi.“ „Servus, Partner.“

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Weinlager hag

Sickingenstraße 9-1310553 Berlin-TiergartenTel. 030 – 61 39 50 55

KOPFSALAT Peter Groboljsek

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GESCHMACKSSACHEN Der Bauer und der Koch

Vor einigen Jahren im südfranzösi-schen Bonneux en Provence. Auf dem Weg zum Restaurant La Bastide de Ca-pelongue bieten wir einem jungen Mann in Gärtnerklamotten, der sich mit zwei schweren Kartoffelkörben müht, die Mit-fahrt an.

Nach dem Essen steht er an unse-rem Tisch, diesmal in weißer Kochkluft. Edouard Loubet, Zwei-Sterne-Koch und Eigenproduzent von vielem, was bei ihm in Töpfe und Pfannen kommt: Gemüse, Obst, Kräuter. Selbst sein Brotgetreide

baut er selbst an. Loubet zeigt uns seine weitläufigen Gärten, wir lächeln nach-sichtig. Wieso macht sich einer, der über Arbeitsmangel wahrlich nicht klagen kann, diese Mühe. Die Antwort des Kü-chenchefs: „Wer im Supermarkt kauft, hat in der Sterne-Liga keine Chance.“

Die meisten deutschen Spitzenköche formulieren zwar weniger ultimativ, aber in der Sache sind sie an der Seite ihrer französischen Kollegen.

Das war nicht immer so. Noch 1997 beklagte der Stuttgarter Vincent Klink,

dass sich in Deutschland selbst Top-Köche zu wenig für die Herkunft ihrer Zutaten interessierten und schätzte: „Bestenfalls zehn Prozent hinterfragen die Dinge.“

Das hat sich inzwischen geändert, auch in Berlin. Michael Hoffmann etwa, seit zehn Jahren Küchenchef des Res-taurants Margaux und seit sieben Jahren auch dessen Inhaber, baut im eigenen Garten Gemüse und Kräuter an. Drau-ßen im havelländischen Krielow wachsen alte Tomaten- und Spinatsorten, seltene

eine tierisch gute partnerschaftVon marc steyer

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Der Bauer und der Koch GESCHMACKSSACHEN

Bohnen, diverse Karotten und Kräuter, die Hoffmann beispielsweise zu einem Gemüsemenü verarbeitet, das nicht nur Vegetarier zu Jubelstürmen hinreißt. „Koch und Gärtner“ steht folgerichtig auf Hoffmanns Speisekarte.

Stephan Garkisch, Chef im Wilmers-dorfer Bieberbau, könnte „Koch und Sammler“ schreiben. An seinen freien Tagen zieht es ihn mit Familie und Bri-gade raus nach Brandenburg. Mal suchen sie Wildkräuter, mal pflücken sie Wild-birnen, und immer sind sie auf der Suche

nach regionalen Lebensmitteln, die ohne viel Chemie produziert werden.

Und dann ist da noch Marco Müller, seit Anfang 2004 Küchenchef in der Weinbar Rutz, Sternekoch und einer der besessensten Produktfahnder weit und breit. „Es gibt auch ein kulinarisches Leben jenseits der Allerweltslieferungen diverser Händler“, erklärt er.

Einerseits steckt hinter solchen For-mulierungen sicher der Ehrgeiz, Produk-te zu haben, die die Konkurrenz nicht hat — andererseits aber faszinieren den

Koch eben Lebensmittel, in denen, wie er sagt, „das Leben noch vorkommt.“ „Wo Schlachttiere wie technische Güter produziert werden, ist das nahezu aus-geschlossen.“

Während wir das Thema weiter wäl-zen, hält ein Auto vor der Tür. Ein weiß-haariger — wir schätzen Endfünfziger — öffnet den Kofferraum. Der Inhalt macht den Koch fröhlich. Er schnalzt mit der Zunge, bugsiert eine Kiste Palmkohl ans Licht und stellt den Überbringer vor: „Michael Beuthe aus Schwante“.

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GESCHMACKSSACHEN Der Bauer und der Koch

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Auf dem Weg in Richtung Norden. Schwante? Da war doch mal was. Ein Blick ins Buch bringt Aufklärung: Schwante. Samstag, 7. Oktober 1989. Gründung der Sozialdemokratischen Partei der DDR, kurz SDP.

Michael Beuthe wohnte damals in Frohnau und erfuhr von dem Ereignis durch die Tagesschau.

Den Namen des Ortes ein paar Kilo-meter westlich von Oranienburg vergaß er wieder. Dass Schwante in seinem späteren Leben mal eine wichtige Rolle spielen würde, hätte er sich also nicht mal im Traum vorstellen können.

„Aber erstens kommt es häufig anders und zweitens als man denkt“, sagt Mi-chael Beuthe.

Er empfängt uns am Hoftor, ruft sei-nen Hund zur Ordnung und fragt: „Erst die Schweine, dann Kaffee und Kuchen oder andersrum?“ Wir entscheiden uns für die Schweine, deswegen sind wir schließlich gekommen.

Hätten wir gewusst, dass daraus ein zweistündiger Rundgang mit agrarwis-senschaftlichem Vortrag werden würde, hätten wir uns wahrscheinlich zuerst ge-stärkt.

Beuthe, Jahrgang 1940, kam in Dres-den zur Welt, studierte in Berlin Garten- und Landschaftsbau, lebte einige Jahre in Kanada, kehrte zurück nach West-Ber-lin und richtete sich in der eingemauer-ten Stadt ein.

Eigene Firma, eigenes Haus, keine Not. In den Wendewirren kam der Unter-nehmer irgendwann mal nach Schwan-te. Und irgendwann später kaufte er hier 90.000 Quadratmeter märkisches Land.

Er kultivierte und rekultivierte, und Jahr für Jahr ein Stückchen mehr ent-stand ein beeindruckender Schaugarten. Lavendelflächen, Lotosblüten, asiatische Gehölze, seltene Obst- und Gemüsesor-ten. Ein klitzekleines Versailles gleich hinter der Berliner Stadtgrenze. Und weil Beuthe immer noch so viel ungenutztes Land hatte, kam der Mann aufs Schwein. Nicht auf ein x-beliebiges sondern auf die blonden, roten und schwalbenbäu-chigen Mangalitzas, die sogenannten Wollschweine.

Obwohl sich deren fettreiches, aber cholesterinarmes Fleisch ausgezeichnet für die Herstellung von Wurst und Schin-ken eignet, hatten moderne Fleischlie-feranten die alte Rasse fast verdrängt. Das Wollschwein gehört immer noch zur Gruppe der gefährdeten Haustiere, vor allem, weil es sich der industriellen Mast widersetzt.

Die intensive Haltung wirkt sich beim Mangalitzaschwein negativ auf die Fruchtbarkeit aus. Für Beuthe alles kein Thema. Fünfzig der wolligen Schweine leben derzeit auf seinem Hof und fühlen sich auch ohne Stall sauwohl.

Dann kam der Metzger, und Beuthe hatte mehr Fleisch als er brauchte.

Der Bauer und der Koch GESCHMACKSSACHEN

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Seine Frau Bärbel übernahm die Ver-marktung, indem sie erstmal alle guten Köche, die sie kannte — und sie kannte viele — mit E-mails bombardierte.

„Mangalitza zu verkaufen, schmack-haftes marmoriertes Fleisch!“

Einige der Angesprochenen reagierten tatsächlich. Marco Müller, Küchenchef im Rutz, war der erste. Sein Jubel über das herrliche Fleisch muss bis nach Schwante zu hören gewesen sein. Inzwischen ge-hört Müller zu Beuthes Stammkunden.

Wollschein gibt es auch in Frühsammers Restaurant, im Margaux und im Hugos. Schwein aus Schwante.

Beuthe, der immer betont, er sei kein Bauer, sondern Baumschulist, hat inzwi-schen tierisch aufgerüstet. Ungarische Jakobs- und Zackelschafe stehen bei ihm ebenso auf den Weiden wie die lustigen Girgentana-Ziegen, die ursprünglich aus Sizilien stammen, aber auch nicht zi-cken, wenn sie Brandenburger Gras fres-sen müssen. Die Köche freut s.

GESCHMACKSSACHEN Der Bauer und der Koch

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Der Bauer und der Koch GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Der Bauer und der Koch

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Eins muss man den Münchnern lassen: wie man Veranstaltungen — pardon — Events organisiert, davon verstehen sie wirklich was.

Die Agentur Kafka Kommunikation aus der Isarstadt beispielsweise startete im Auftrag des Consorzio per la tutela del formaggio gorgonzola, des Konsortiums zum Schutz des Gorgonzolas in Berlin eine Käsekampagne, die etlichen haupt-städtischen PR-Managern — wären sie dabei gewesen — die Neidblässe ins Ge-sicht getriebene hätte.

Also, man nehme einen Käse, der ge-nauso typisch ist wie Insalata caprese oder Spaghetti aglio e olio; einen Berli-ner Nobelitaliener in guter Lage wie das

Il Punto; eine des Italienischen mächtige Moderatorin wie die ZDF-Schönheit San-dra Maria Meier; einen frisch gekürten Koch-Weltmeister wie Florian Neumann aus dem Berliner Maritim-Hotel; kompe-tente Käse-Macher; wichtige Feinkost-Händler; kenntnisreiche Food-Journalis-ten und moderne Fernsehtechnik — mixe daraus ein informatives, unterhaltsames und schmackhaftes Programm — und flugs ist der Gorgonzola in aller Munde.

Wozu der ganze Aufwand, fragt man sich allerdings. Der Blauschimmelkäse aus Norditalien gehört doch ohnehin zu den weltweit bekanntesten Käsesorten — die jährliche Produktion beträgt rund 43.000 Tonnen. Ein Drittel dieser Menge

VIVA GORGONZOLAKÄseKampagne startete in berlinVon heiKo gralKi

Gorgonzola GESCHMACKSSACHEN

wird exportiert, vor allem nach England, Frankreich und Deutschland.

Renato Invernizzi, Präsident des Con-sorzio per la tutela del formaggio gor-gonzola, erklärt: „Auch ein erfolgreiches Lebensmittel kann nicht auf Werbung verzichten, vor allem deshalb nicht, weil inzwischen viele Imitate den Markt überschwemmen. Das ist der Grund für unsere Gorgonzola-Kampagne. Wir be-ginnen sie in Deutschland, weil es mit 3.800 Tonnen im Jahr einer der größten Abnehmer unserer Spezialität ist.“

Bei seinem Plädoyer für den vielleicht neben dem Parmegiano reggiano italie-nischstem aller Käse verweist Invernizzi vor allem auf die über 1.000-jährige

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Gorgonzola-Tradition. Im Jahr 879 n. Chr. soll der Käse zum ersten Mal in Gor-gonzola, einer Ortschaft 20 Kilometer nördlich von Mailand, hergestellt worden sein. Sie wurde schließlich auch sein Na-mensgeber.

Im Verlauf der Jahrhunderte avan-cierte der Gorgonzola zum Käseklassi-ker. Bereits 1955 wurde ihm das D.O.C.-Prädikat verliehen (Denominazione di origine controllata).

Es legt Herstellungsstandards und Pro-duktionsgebiete fest und wurde in Itali-en bisher an 26 Käsesorten verliehen.

Danach darf Gorgonzola nur aus Kuh-milch hergestellt werden, die aus der Lombardei oder dem Piemont kommt.

Der Milch werden Kalbslab sowie Kul-turen des Penicillium roqueforti zuge-fügt. Um das Edelschimmelwachstum zu fördern, werden die Käselaibe während der Reifung mit Kupfer- oder Edelstahl-nadeln durchbohrt, damit Sauerstoff in den Teig gelangt. Die Rinde wird regel-mäßig mit Salzwasser abgewaschen.

Der junge Gorgonzola trägt den Bei-namen dolce, reift innerhalb von 60 bis 75 Tagen und ist eher cremig und mild.

Der Gorgonzola piccante, der an sei-ner intensiven blau-grünen Farbe zu er-kennen ist, reift 80 bis 120 Tage. Er hat dann einen anhaltenden würzigen Ge-schmack und ist härter und trocken.

Viele Fakten, viele Diskussionen — der Gorgonzola ist eben in aller Munde.

GESCHMACKSSACHEN Gorgonzola

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FELICE ANNO NUOVO 2011

MENÜ

Assagini dello Chef con Bellavista Cuvée

**

Castelfranco und Wildkräuter

mit Steinbutt�ilet, Himalaya-Salz und natives Olivenöl aus der Toskana

**

Sellerie-Essenz mit Hummer-Ravioli und

Sellerie-Stäbchen

**

Filet vom Kalb mit Mangold im Teigmantel, glacierten

Mini-Gemüse und MarsalaTrüffeljus

**

Marmoriertes Sanddornparfait mit

Traubenkirschen-Con�it

Außerhalb unserer Räumlichkeiten stehen wir mit unserem Quadriga-Catering für jede Art der Veranstaltung zur

Verfügung.

Kontakt: [email protected]

Mobil: 0160-90 38 55 28

Page 80: Garcon 04 / 2010

82 GARÇON

Welche aufgabe hat die Deutsche Wein- und sommelierschule?Ganz allgemein: sie vermittelt professi-onelles Weinwissen und ist die einzige Institution in Deutschland, an der in ei-nem sechsmonatigen berufsbegleiten-den Kurs der Abschluss als IHK-geprüfter Sommelier bzw. IHK-geprüfte Sommeli-ère erworben werden kann. Darüber hinaus bieten wir auch eine Vielzahl von sogenannten Modulen an, durch die man sich im Thema Wein wei-terbilden kann. Hauptsitz der Schule ist in Koblenz am dortigen Gastronomischen Bildungszen-trum, Niederlassungen befinden sich in

WEINLESE Interview Jürgen Hammer

„Wein braucht Wissen“jÜrgen hammer Über Das angebot Der Deutschen Wein- unD sommelierschule

München, Hamburg, Würzburg und eben in Berlin.

für wen sind diese Kurse gedacht?Das Angebot richtet sich vor allem an Mitarbeiter von Hotels und Restaurants, die in ihrem Beruf mit Wein zu tun haben sowie an Weinhändler, die im Groß- oder Einzelhandel tätig sind. Natürlich können auch weininteressierte Privatleute Kur-se belegen. Für den Kurs IHK-geprüfter Sommelier gibt es allerdings Zulassungs-voraussetzungen. Wir verlangen eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Gastronomie, als Kaufmann oder Winzer sowie zwei Jahre Berufspraxis.

Wie hoch sind die Kursgebühren?Für den Kurs mit dem Abschluss IHK-ge-prüfter Sommelier bzw. Sommelière be-tragen sie rund 4.300 Euro. In einzelnen Fällen übernehmen Restaurantinhaber und Hoteliers, die Wert auf die Quali-fizierung ihrer Mitarbeiter legen, diese Kosten oder zumindest einen Teil davon. Die Module über einen bis zwei Tage kos-ten ab 200 Euro.

in den vergangenen jahren wechselte die berliner niederlassung der Deut-schen Wein- und sommelierschule häufig ihr Domizil. Gibt es nun endlich einen festen ausbildungsort?

jürgen hammer, geboren 1968 in Würzburg, studierte germanistik und romanistik auf lehramt und wechselte 1989 ins Weinfach.

nach lehrjahren in den schweizer stuben in Wertheim-bettingen folg-te er Dieter müller nach bergisch-gladbach und wurde chefsommelier in dessen restaurant auf schloss ler-bach. 1997 Wechsel ins Kölner Vin-tage. sechs jahre später rief berlin: chefsommelier im schlosshotel grune-wald, ein jahr später in gleicher funk-tion in der Weinbar rutz.

2007 dann machte sich jürgen ham-mer gemeinsam mit seiner partnerin manuela sporbert und einem ausge-wählten feinkost- und Weinsortiment in der Kreuzberger Körtestraße selbst-ständig.

im september 2010 erreichte ihn eine anfrage der Deutschen Wein- und sommelierschule, und einen monat später unterschrieb er den Vertrag als leiter der berliner niederlassung der renommierten ausbildungsstätte.

garcon sprach aus diesem anlass mit dem Weinexperten.

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83 GARÇON

Richtig ist, dass es in Berlin damit häufi g Probleme gab. Ein attraktiver Schulungs-ort hat aber einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg eines Kurses. Die Teilnehmer müssen sich wohlfühlen, und der Raum muss auch bestimmten technischen Anforderungen entspre-chen. Wir haben jetzt ein Domizil gefun-den, dass allen Anforderungen gerecht wird.

Wo werden die Kurse künftig stattfi n-den?In den Heckmannhöfen in Berlin-Mitte steht eine aufwändig sanierte Remise. Im Erdgeschoss beherbergt sie das Re-staurant NEU, im Obergeschoss werden 15 bis 18 Teilnehmer pro Kurs in Zukunft unterrichtet. Hier können wir dann auch besser deutlich machen, wie hochwertig die Ausbildung ist.Wann beginnt der nächste Kurs?Am 7. März 2011 starten wir. Ab 2012 sol-len dann zwei Kurse pro Jahr angeboten werden.

sie haben einige neuerungen genannt, welche weiteren wird es geben?Einige. Wir haben zum Beispiel den Schulungsplan aktualisiert und noch pra-xisbezogener gestaltet. Neue Themen wie Cocktails und ökolo-gischer Weinbau wurden aufgenommen. Neben den Exkursionen und einem Prak-tikum wird es auch ein praxisbezogenes Marketingprojekt geben. Und wir haben die in den vergangenen Jahren noch übliche Papierfl ut abge-schafft. Ab 2011 erhalten die Kursteil-nehmer alle Unterrichtsmaterialien, die übrigens komplett überarbeitet wurden, auf USB-Stick. Mein Ziel ist es außerdem, einen Berli-ner Dozenten-Pool zu schaffen, der den steigenden Ansprüchen der Ausbildung Rechnung trägt.

Können sie namen nennen?Natürlich sind einige der bisherigen Do-zenten gesetzt — Guido Hube zum Bei-spiel, Leiter von Jacques‘ Wein-Depot in der Hardenbergstraße und ein Experte für die Bereiche Weinbau, Kellertechnik

und Sensorik. Ich freue mich auch, dass wir den Weinjournalisten David Schwarz-wälder, Spezialist für Spanien und Por-tugal, für diese Themen gewinnen konn-ten. Außerdem hat Stuart Pigott zugesagt, ein oder zwei Sonderveranstaltungen zu bestreiten. Seine Frau, die Journalistin und Somme-lière Ursula Heinzelmann, wird voraus-sichtlich zu ihrem Herzensthema Käse unterrichten.

neue besen kehren gut und kräftig?Das mag sein, aber darum geht es nicht. Der gewachsene Stellenwert des Weins verlangt vor allem in der Gastronomie ein höheres Wissen, um die Gäste wirk-lich qualifi ziert beraten und auf Dauer im Wettbewerb mithalten zu können. Das zu vermitteln, dafür bündeln wir Kräfte und Kompetenzen.

bekommen sie auch die entsprechen-de resonanz?Die Resonanz der Kollegen ist bisher durchweg positiv, und ich bekomme in meiner neuen Funktion von vielen Seiten Unterstützung. Ich sehe es auch als meine Aufgabe, auf die Kollegen zuzugehen, etwa in Restau-rants, die nicht in der Sterneliga spielen und in denen die Restaurantleiter meist auch als Sommeliers tätig sind. Sie im Thema Wein fi t zu machen, scheint mir wichtig, nicht nur für ihre persönliche Entwicklung, sondern auch für die ihrer Restaurants. Besonders für diese Gruppe wollen wir ab 2011 neue, maßgeschnei-derte Module anbieten. Außerdem bin ich dabei, intensivere Kontakte nach Dresden, Leipzig, Mag-deburg und Potsdam zu knüpfen, weil gerade in der Gastronomie der neuen Bundesländer qualifi zierte Weinfachleu-te noch nicht so stark vertreten sind. Die Berliner Niederlassung der Deut-schen Wein- und Sommelierschule hat, und das will ich damit deutlich machen, nicht nur die Hauptstadt im Blick, son-dern schaut durchaus auch über deren Grenzen hinaus.www.weinschule.com

berliner niederlassung der Deutschen Wein- und sommelierschule: heckmannhöfe, berlin-mitte, oranienburger straße 32

Interview Jürgen Hammer WEINLESE

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84 GARÇON

WEINLESE Billy Wagners Weinnotizen

billy Wagner, restaurantfachmann, jahrgang 1981, geboren in mittweida, aufgewachsen in erlangen und ausge-bildet in herzogenaurach.

seine leidenschaft zu vergorenem traubensaft entdeckte er im res-

taurant essigbrätlein am nürnberger Weinmarkt.

nach stationen in grevenbroich, Köln und Düsseldorf folgte er dem ruf in die hauptstadt. seit 2008 ist er herr der Weine im rutz, bereits 2009 wur-

de er von einer unabhängigen jury mit dem titel berliner meistersommelier geehrt. an dieser stelle schreibt der „bärtig-bohemehafte billy Wagner“ (gault millau 2011) regelmäßig über sein lieblingsthema.

Der Maßstabein plÄDoyer fÜr Die erfahrungVon billy Wagner

Ein individueller und mit hohem An-spruch gemachter Wein schmeckt jedem Menschen — allerdings zu unterschied-lichen Phasen in seinem Weintrinker-leben. Der Geschmack verändert sich, und die geschmackliche Bildung dauert mitunter ein Leben lang.

Es ist nicht so, dass man guten Wein nicht erkennen würde. Es ist viel mehr so, dass man am Anfang nicht erkennt wie gut ein Wein ist.

Die Ursache: man schmeckt noch nicht differenziert genug. Das bewusste Probieren — und das immer wieder auch blind — ist also für einen anspruchsvol-len Geschmack unabdingbar.

Tut man das nicht, spreche ich die Ur-teilsfähigkeit ab.

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Habanos SpecialistReinhard Fischer

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Wir wünschenunseren Kunden

genussvolle Feiertageund ein erfolgreiches

neues Jahr

Die Erfahrung ist ein wichtiger Teil dieser Urteilsfähigkeit. Köche, Winzer und natürlich auch Sommeliers müssen eine Vielzahl unterschiedlicher Speisen und Weine probiert haben, um zu wis-sen, wo der Maßstab liegt.

Ein ehemaliger Jungwinzer sagte mir kürzlich: „Ich habe 19 Jahrgänge ge-macht und bin erst heute auf dem Stand, dass ich den Wein produzieren kann, den ich jetzt mache.“

Deshalb kann ich den Hype um die Jungwinzer dieser Welt nicht mehr ver-stehen. Natürlich haben junge Menschen den Drang, guten Wein zu machen, aber die Erfahrung, was guter Wein ist, fehlt. Bei der Betrachtung des Kochstils eines Küchenchefs ist es genauso.

Ein Top-Koch aus Nürnberg mein-te letztens zu mir: „Wir kochen keine 100-Punkte-Parker-Gerichte mehr. Wir konzentrieren uns heute viel mehr auf das Wesentliche und kochen viel leiser als früher.“ Man muss also schon viel Erfahrung mitbringen, um den richtigen Weg zu finden.

Auch bei mir selber merke ich, dass ich mich verändert habe.

Mein Keller ist voller Wein, den ich heute nicht mehr kaufen würde. Es sind sicher sehr gute Weine, allerdings schmecken sie mir nicht mehr. Mein Geschmack hat sich verändert. Heute suche ich nach Frucht, Säure und Leich-tigkeit. Damals mochte ich auch Kraft, Fülle und Sinnlichkeit.

Durch jeden Generationswechsel kommen neue Gerichte und Getränke auf den Markt. Doch nur ein Teil wird die Chance haben, sich gegen das Altbe-währte durchzusetzen, weil nicht alles, was neu auch gut ist. Das Altbewährte ist häufig einfach größer und ausgereif-ter. Nur weil ein Wein neu und vielleicht auch innovativ ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er wirklich auch groß ist. Der Maßstab steigt mit der Erfah-rung. Heute meine ich sagen zu können, dass ich etwas von Geschmack verste-he, auch, wenn ich das schon vor acht Jahren dachte. In acht Jahren werde ich wahrscheinlich dasselbe denken.

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in den vergangenen jahren waren immer häufi ger Schlagzeilen wie die-se zu lesen: „auf dem Winterfeldplatz stinkt s nach faulen eiern“, „tischlein deck dich für Kanalratten“, „berlin braucht ‘ne spülung“ oder „Die berli-ner Wasserbetriebe sollen endlich was gegen den fi esen Gully-Geruch tun“.

Der grund für die beschwerden ist so simpel wie eklig: fett. Wir haben ein „fettes problem“. Wenn „oben“ die teller blank sind, wird es „unten“ umso schmutziger.

fette lösen sich nicht auf, sondern werden vom warmen spülwasser fort-geschwemmt. Das fett setzt sich in den abwasserkanälen ab, verstopft sie, fault und stinkt.

Vor 20 jahren noch ein seltenes problem, inzwischen aber vor allem in straßen mit vielen gaststätten allge-genwärtig.

Der grund: in berlin ist in den ver-gangenen 20 jahren vor allem durch den Zusammenbruch großer teile der industrie einerseits sowie durch moderne wassersparende technik andererseits der Wasserverbrauch drastisch — nämlich um die hälfte — gesunken. Das netz der abwasserka-näle ist in der gleichen Zeit aber um fast 1.000 Kilometer auf inzwischen gut 9.500 Kilometer ausgebaut wor-den, um die Stadt fl ächendeckend zu erschließen.

Wenn also durch immer mehr Ka-näle immer weniger abwasser strömt, dann fl ießt es immer langsamer. Die fette gelangen seltener mit dem ab-wasser in die Klärwerke, sondern blei-

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ben hängen, werden steinhart, stinken und faulen. und das bringt probleme.

Was als geruch nach faulen eiern in der nase sticht, ist schwefelwasser-stoff, der durch verwesendes fett ent-steht. und wo schwefelwasserstoff ist, da ist schwefelsäure nicht weit. Die sticht zwar nicht in der nase, ruiniert dafür aber stahl und beton in den Ka-nalschächten.

und schließlich bringen fette und fauliges abwasser probleme in den Klärwerken und führen dort zu stei-gendem aufwand.

es gibt also viele interessen, etwas dagegen zu unternehmen. Die ber-liner Wasserbetriebe haben bereits eine menge aufgeboten.

Kanäle werden mit teurer hoch-drucktechnik und Wasser gespült — manche sogar wöchentlich. Dosiersta-tionen für salze und eisenschlamm, die das faulen stoppen, wurden ge-baut. als feuerwehr-hilfe werden Duftgelmatten in den Kanälen ausge-legt. sie lindern das symptom, die ur-sache freilich nicht. Der aufwand geht bereits in die millionen und wächst so schnell wie die anzahl der gestank-meldungen.

Die berliner Wasserbetriebe haben daher 2008 ihre geschäftsbedingun-gen geändert.

Danach müssen eigentümer von grundstücken, auf denen infolge ge-werblicher tätigkeit stoffe anfallen, die leichter als Wasser sind — benzin, öle oder fette etwa — Vorrichtungen zur abscheidung dieser stoffe einbau-en und betreiben.

hinzu kommt ein umfassendes und kompliziertes regelwerk nach bun-des-Wasserhaushaltsgesetz, berliner Wassergesetz, indirekteinleiterver-ordnung sowie den Din-normen Din en1825-2 und Din 4040-100, wonach fettabscheider dem stand der technik entsprechend zu installieren sind.

allein lassen wollen die berliner Wasserbetriebe die gastronomen bzw. deren Vermieter dabei allerdings nicht. in abstimmung mit dem land berlin suchen mitarbeiter derzeit im

bezirk mitte alle gastronomie- und lebensmittelbetriebe — von imbiss über cateringunternehmen, hotels und Kantinen bis zum fleischer oder süßwarenhersteller — auf, um die be-schaffenheit des eingeleiteten abwas-sers zu bewerten.

Das ist deshalb notwendig, weil die nicht allein von der größe der Küche oder von der anzahl der produzierten essen abhängig ist, sondern auch von der anzahl der sitzplätze, dem um-fang der Kücheneinrichtung sowie der art der Zubereitung und der menge des genutzten Wassers. unsere spezi-alisten bitten die gastronomen, ihnen die Kücheneinrichtung zu zeigen und eine speisenkarte auszuhändigen.

auch wenn der aufwand der aktion hoch ist, so bildet eine Vor-ort-begeg-nung die einzige möglichkeit, objekti-ve und einheitliche entscheidungen zu treffen. Dies ist letztlich auch im inte-resse der betriebe.

bis ende 2012 wollen die berliner Wasserbetriebe in allen zwölf bezir-ken berlins die einleitbedingungen überprüft und entsprechende Zu-stimmungen für den einbau von fett-abscheidern bzw. befreiungen davon erteilt haben.

Durch entsprechende informationen weisen die berliner Wasserbetriebe zudem darauf hin, dass durch geeig-nete und gesetzlich ohnehin vorge-schriebene fettabscheider gestank und schäden in den Kanälen ausge-schaltet werden können.

Die hierfür erforderlichen investiti-onen stehen meist in keinem Verhält-nis zu den Kosten für die behebung von betriebsstörungen, die im eigenen und öffentlichen betrieb anfallen. und am ende werden es die umwelt, die berliner und ihre gäste ganz sicher zu schätzen wissen.

Das Fettabscheider-Merkblatt fi n-den sie unter: www.ihk-berlin24.de (Dok.-Nr.17375)sowie weitere informationen und checklisten unter:www.bwb.de/fettabscheider

berliner WasserbetriebeKoordination industriegeschäftbrigitte hesseneue jüdenstaße 110179 berlintel. 030 - 30 68 94 36e-mail: [email protected]

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Lupenrein.

Sie werden große Augen machen. Denn unserem Trinkwasser ist gar nicht anzusehen, wie gut es ist. Kein Lebensmittel bekommt uns von klein auf besser. Und keins wird intensiver kontrolliert. Berliner Wasser. Das ist Top-Qualität. Aus tiefen Brunnen unserer Region, naturbelassen und reich an Mineralien liefern wir es direkt ins Haus. Astreine Sache für lupenreine Qualität. www.bwb.de

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

„Gott mit dir, du Land der Bayern...“ — sie haben eine eigene Hymne, eine heimliche Hauptstadt, die Bavaria, BMW und Bayern München.

Auch kulinarisch kochen sie ihre eige-nen Süppchen und etikettieren sie weiß-blau. Damit der Ruf ihrer Haxn, Hendl, Knödl und Würstl auch über die Grenzen des Freistaates hinaus laut genug er-schallt, haben die fixen Bayern nun eine Botschaft ausgesandt: „ WeltGenussErbe Bayern“.

Staatsminister Helmut Brunner, in München zuständig für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten, klärte am 25. November auf: „Das Weltgenusserbe Bayern ist ein von der EU gefördertes Projekt zur besseren Vermarktung von fünf geschützten bayerischen Speziali-täten.“

Allgäuer Emmentaler und Allgäuer Bergkäse, Bayerisches Bier, Nürnberger Bratwürste und Bayerischer Meerret-tich sollen durch Aktionen im Handel, Internetauftritte, Pressearbeit und Pro-duktausstellungen national und inter-national noch stärker bekannt werden. Dass dieses 1,3-Millionen-Euro-Projekt, dessen Kosten zur Hälfte die EU trägt, nicht an der Isar, sondern im fernen und nicht sonderlich geliebten Berlin vorge-stellt wurde, hat wohl ganz praktische Gründe.

Erstens ist hier die Möglichkeit, dass Medien die Aktion publizieren am größ-ten und zweitens bietet Berlin für die Bayerischen Schmankerln einen lohnen-den Markt.

Deshalb kam neben weiteren Produ-zenten auch Hanns-Thomas Schamel aus

dem fränkischen Baiersdorf in die deut-sche Hauptstadt.

Schamel, Chef der 1846 gegründeten Ersten Bayerischen Meerrettichfabrik und Vertreter der Schutzgemeinschaft Bayerischer Meerrettich, ist stolz auf das Projekt „WeltGenussErbe Bayern“: „In dieser Zeit der Beschleunigung und Globalisierung sucht der Mensch nach Vertrautem. So werden regionale Spe-zialitäten mit zum Teil jahrhunderteal-ter Tradition zu Qualitätsankern für den Verbraucher. Auch unser Meerrettich, Bayerns schärfster Genuss, wie wir sa-gen, gehört dazu.“

Übrigens: viele Brandenburger Le-bensmittelproduzenten könnten sich an dieser Aktion durchaus ein Beispiel neh-men.www.weltgenusserbe.de

marKetingKampagne

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im aigner am gendarmenmarkt: henry levy und Küchenchef andreas Klitsch

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Köchetreffen Eine zufällige Begegnung im Aigner

am Gendarmenmarkt. Ist das nicht? Ja, er ist es. „Bonsoir, Maître Henry. Com-ment ça va?“ „Bonsoir. Je vais trés bien.“ Maître Henry, das ist Henry Levy, über den Wolfram Siebeck einst schrieb, dass „ihm in Berlin keiner die Schau stehlen könne.“ Das war 1977.

Der Franzose Henry Levy gehörte da-mals zu jenen acht Köchen in Deutsch-land, die mit zwei Michelin-Sternen am höchsten bewertet waren.

Sein Name wurde in einem Atemzug mit dem von Eckart Witzigmann ge-nannt, wenn vom deutschen Küchen-wunder die Rede war.

Levys Restaurant „Maître“ in Char-lottenburg erteilte den Berlinern Lekti-onen in savoir manger, dennoch musste es 1982 schließen. Der heute 76-Jährige, der längst wieder in seiner Heimatstadt Paris lebt, kommt aber immer noch ger-ne in die Stadt, in der er über 20 Jahre lang kulinarisch den Ton angab.

Garcon bat Henry Levy im Aigner auf ein Wort.

Kommen sie regelmäßig nach berlin?Zwei-, dreimal im Jahr bin ich hier. Ich liebe die Stadt und finde ihre Entwick-lung sensationell.

Wo gehen sie denn heute am liebsten essen, wenn sie in berlin sind?Es gibt eine ganze Reihe sehr guter Ad-ressen, aber das Aigner am Gendarmen-markt und das Facil am Potsdamer Platz besuche ich regelmäßig.

Werden sie eigentlich noch erkannt und angesprochen?Zu meiner Zeit waren Köche noch Herd-arbeiter und keine Superstars. Trotz-dem, manchmal sprechen mich Kollegen an, und heute musste ich sogar ein Au-togramm geben. Ein Gast hier im Aigner hat mich erkannt und bat darum, mein vor 30 Jahren erschienenes Maître-Koch-buch zu signieren. Entweder er hatte es zufällig dabei oder — was wahrscheinli-cher ist — er wohnt gleich um die Ecke und hat es schnell geholt.

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

KurZnachrichten+++ parc fermé moabit +++

Anfang Dezember wagte Gastgeber Aris Papageorgiou im Moabiter Meilen-werk einen Neustart. Dabei setzt er auf die beiden jungen Köche Dennis Ucak und Björn Swanson und auf deren Er-fahrung in Berliner Sternerestaurants. Küchenstil: Morgenland trifft auf abend-ländische Haute Cuisine. Klingt gut, hof-fentlich gibt’s keine Beulen. www.restaurant-parcferme.de

+++ Weinheuer tempelhof +++Der Ruf des Weins ist in Berlin weit

größer als der Umsatz damit. Dennoch treten immer neue Weinhandlungen an, um von dem Kuchen noch ein Stück ab-zubekommen. Jüngstes Kind der Bran-che: Der Weinheuer in Tempelhof. Über 1.000 Weine aus aller Welt, Champagner, Sekt, Prosecco, Mineralwasser. Der mög-licherweise wichtigste Wettbewerbsvor-teil — die 60 Parkplätze am Haus. www.weinheuer.de

+++ Kameha grand hotel bonn +++Dass Boris Becker kein Kostverächter

ist, hat er oft genug bewiesen. Nun hat der ehemalige Tennisstar dafür auch ei-nen offi ziellen Titel erhalten. In Bonn wurde er kürzlich zum „Genießer des Jahres 2011“ gekürt. Wie stark sich sein Urteil auf das Renommee eines Restau-rants auswirken wird, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Trotzdem, Maîtres: Achtung!

Winterspecial

Auch wenn ihm der Michelin standhaft den längst fälligen zweiten Stern ver-wehrt, wenigstens FEINSCHMECKER und Gault Millau haben entdeckt, wie zeit-gemäß die Küche von Michael Hoffmann ist — auch ohne Foie-gras-Partys und Trüffel-Orgien.

Manfred Kohnke, Chefredakteur des Gault Millau Deutschland, schwärmt: „Er lebt und schafft im Rhythmus der Jah-reszeiten…und lädt zu einer faszinieren-den Voyage de légumes ein, die authen-tisches, terroirbezogenes Kochen und Essen at its best bietet.“

Das hätte sicher auch bei diesem Gui-de zum „Koch des Jahres“ gereicht, aber DER FEINSCHMECKER war schneller.

Aus Anlass der ihm vom Hamburger Food-Magazin verliehenen Auszeichnung serviert Margaux-Küchenchef Michael Hoffmann bis zum 28. Januar 2011 (mon-tags bis freitags) ein spezielles FEIN-SCHMECKER-Menü.

Hoffmann präsentiert sechs Gänge aus Wintergemüsen und eingekochten Som-merfrüchten. Inklusive eines Aperitifs, vier begleitender Weine, Mineralwasser und Kaffee schlagen für das Winterspe-cial 140 Euro pro Person zu Buche. reservierungen unter tel. 030 - 22 65 26 11 und dem stichwort „feinschmecker“www.margaux-berlin.de

KöcheKauf

Wenn schon, denn schon, sagten sich 1997 die Initiatoren der Aktion Berliner Meisterköche und baten die KPM für die jährlich geehrten Herdkünstler um einen Erinnerungsteller, edles Porzellan, hand-bemalt. Als Jörg Woltmann, Inhaber der Privatbank Allgemeine Beamtenkasse, Anfang 2006 die damals schwer ange-schlagene Manufaktur als Alleingesell-schafter übernahm, behielt er die Teller-Tradition bei.

Nun engagierte sich der Berliner Un-ternehmer ein zweites Mal fi nanziell in „kulinarischen“ Dingen. Er kaufte die Ausstellung „Berliner Köche 1:1“ und rettete sie so davor, verramscht und in alle Winde verstreut zu werden.

Die einzigartige fotokünstlerische Exposition (Idee und Organisation: Ste-phan Falke, Realisierung: Susanna Kraus) wird nun ab Februar 2011 als Daueraus-stellung in der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur in Tiergarten den Berlinern und ihren Gästen zugänglich sein. Weit mehr als nur eine noble Geste — Chapeau, Jörg Woltmann.

jörg Woltmann, re. mit prof. großklaus

Page 91: Garcon 04 / 2010

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WERKZEUGKUNDE Güde-Messer

DOC KNIFEinterVieW mit Dem messermacher Karl-peter born

Von anna Weber

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95 GARÇON

Güde-Messer WERKZEUGKUNDE

„Good bye, Doc knife“, so verabschie-dete sich ein amerikanischer Händler im Frühjahr auf der Frankfurter Messe von Karl-Peter Born.

Unwahrscheinlich, dass sich der Ame-rikaner nicht mehr an den Namen sei-nes deutschen Geschäftspartners erin-nern konnte, eher war die Formulierung „Messer-Doktor“ wohl ein Ausdruck der Hochachtung.

Eine verbale Verbeugung vor einem Mann, dessen Unternehmen in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feierte und der mit Großvaters Produktionstechni-ken auch im globalisierten Messermarkt kräftig punktet.

Karl-Peter Born, Verzeihung, so viel Zeit muss sein, Dr.-Ing. Karl-Peter Born, Jahrgang 1955, studierte Maschinenbau in Karlsruhe und Berlin und promovier-te in Wuppertal zum Dr.-Ing. — Thema: „Entwicklung eines Motorrad-Fahrsimu-lators“.

Born hätte damit sicher einen gut dotierten Management-Posten im deut-schen Fahrzeugbau bekommen können. Der gebürtige Kaiserslauterer jedoch entschied sich für das Solinger Familien-unternehmen und damit für die manu-fakturelle Messerherstellung.

Das Deutsche Reich 1910. Das Land zählte 65 Millionen Einwohner, die indus-trielle Entwicklung schritt rasch voran, Natur- und Geisteswissenschaften erleb-ten eine Blütezeit.

Die Technischen Hochschulen erhiel-ten das Promotionsrecht, Philosophen wie Paul Natorp, Hermann Cohen und Ernst Cassirer bemühten sich um eine geistige Erfassung des naturwissen-schaftlichen Fortschritts, der Neokanti-anismus hatte Konjunktur.

Solingen, die Stadt im Bergischen Land, avancierte in dieser Zeit zur Hoch-burg der Messerherstellung. Rund 550 Betriebe produzierten Schneidwaren.

Jeder vierte Solinger arbeiten in die-ser Branche. Es herrschte Gründerboom. Auch Carl Güde eröffnete eine Messer-manufaktur, die in den 1920er Jahren von dessen Sohn Franz Güde übernom-

men wurde, dem Franz-Dietrich Güde folgte, der Onkel von Karl-Peter Born.

Der wiederum steuert die Geschicke der Güde-Manufaktur nun schon seit 1983 und in vierter Generation. „Das war damals nicht unbedingt mein Le-bensziel“, sagt der Ingenieur heute, „aber Tradition verpfl ichtet eben auch“. Dennoch, die Entscheidung fi el ihm nicht leicht.

Der Niedergang der Schneidwaren-branche ist in Solingen allgegenwärtig. Aus und vorbei hieß es in den vergange-nen Jahren beispielsweise für die stolze Jagdmesserfabrik Othello, den bekann-ten Besteckhersteller Kierdorf und das Traditionsunternehmen Hugo Pott.

Immer das gleiche Szenario: erst machte Billigware aus Fernost den Fir-men das Leben schwer, dann nahm sie ihnen die Luft gänzlich.

Güde überlebte in einer Nische. „Es war der Mangel an Mitteln für die Moder-nisierung“, sagt Karl-Peter Born. Hand-werkliche Fertigung von Anfang bis Ende für Kunden, die Qualität suchen — das ist sein Firmencredo, und das bestimmt den Betrieb. Massenproduzenten, wo auch immer auf der Welt, gehen andere Wege.

Born ist stolz darauf, dass der West-deutsche Rundfunk derzeit seine Fami-liengeschichte verfi lmt. Und er hat allen Grund dazu. Es gibt in der Klingenstadt Solingen nur noch wenige solcher Storys.

100 jahre güde: roter teppich...

...200 geladene gäste...

...erinnerungsfotos...

...messermacher, wer ist mehr!

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anläßlich der jubiläumsfeier zum 100-jährigen bestehen der güde mes-sermanufaktur sprach garcon-autorin anna Weber mit Dr.-ing. Karl-peter born.

Was bedeutet für sie tradition?Zukunft.

Wie lebt sie denn in ihrer manufaktur?Zum Beispiel darin, dass wir die Messer, die mein Urgroßvater und mein Groß-vater hergestellt haben, wieder aufle-gen. Die Serien heißen „Carl Güde“ und „Franz Güde“, jeweils fünf Edelstahl-Klingen mit Griffschalen aus Kirsch-baumholz.

Wie würden sie jemandem, der güde-messer nicht kennt, deren wichtigste Vorzüge beschreiben?Erstens: Made in Solingen, Germany, 100%ig. Zweitens: von der Spitze bis zum Griffende aus einem Stück geschmiedet. Drittens: Von 20 engagierten, erfahre-nen und hochqualifizierten Mitarbeitern in Handarbeit geschliffen, mit Griffscha-len versehen, in bis zu 60 Arbeitsgängen. Viertens: der Güde-Service. Das heißt, Reklamationen werden prompt erledigt.

sind güde-messer nun besser als die produkte ihrer Wettbewerber?Von der technischen Seite her machen natürlich auch andere Hersteller gute Klingen. Wer sich für ein Güde-Messer entscheidet, erwirbt ein in kleinen Stückzahlen manuell gefertigtes Kü-chenwerkzeug. Er erweist deutscher Handwerksarbeit seine Reverenz. Ich sage auch im-mer — nehmen Sie unsere Messer in die Hand — und dann ent-scheiden sie. Wir machen keine Leichtgewichte. Unser Kochmes-ser mit 21 cm Klingen-länge

zum Beispiel wiegt rund 320 Gramm, die wir perfekt ausbalanciert haben.

Wie viele verschiedene serien stellen sie her?Neben den bereits erwähnten Serien „Carl Güde“ und „Franz Güde“ produ-zieren wir seit 1990 die Serie Alpha mit Griffschalen aus Kunststoff. Hinzu kamen später Griffe aus Oliven-holz. Gemeinsam mit dem Sternekoch Harald Rüssel aus Rheinland-Pfalz haben wir Messer mit Griffen aus 100 Jahre alten Weinfässern, aus Fasseiche also entwickelt, und in Kooperation mit der Jeunes Restaurateurs d´Europe, der Ver-einigung junger europäischer Spitzenkö-che, sind Griffe aus Birnenholz entstan-den.

holz ist wieder ein thema?Auf jeden Fall. Holz ist ein natürlicher Rohstoff, der einfach gewonnen wird, nachwächst und sich handwerklich gut bearbeiten lässt. Holz wirkt durch seine arteigene Ästhetik und schmeichelt der Hand.

sie produzieren aber auch eine mes-serserie ausschließlich aus me-tall…Ja, bei den Messern der Kappa-Serie bestehen Griff und Klinge nur aus einem einzigen Stück

Chrom-Vanadium-Molybdän-Messerstahl. Sie ist unsere Antwort auf die japani-schen Global-Messer, die lediglich auf den ersten Blick aus einem Stück gefer-tigt scheinen.

Zum 100. firmenjubiläum haben sie wieder etwas neues aufgelegt?Natürlich, ein solches Jubiläum ist ja auch eine Verpflichtung. Bei der neuen Serie Delta besteht der Griff aus Me-tall mit einer leicht erhabenen Einlage aus Grenadill-Holz, das zu den weltweit schwersten Hölzern zählt und bisher fast ausschließlich für die Herstellung von Musikinstrumenten verwendet wurde. Für die Produktion dieser Messer, die wie alle anderen auch aus einem Stück geschmiedet sind, haben wir übrigens mit der Solin-ger Gesenk-Schmiede Julius Kirschner eine völlig neue Technologie erarbei-tet.

WERKZEUGKUNDE Güde-Messer

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ein „boy-toy“, ein richtiges männer-spielzeug. Das Kochmesser der neuen güde-serie Delta. Das komplette sor-timent der fallhammergeschmiedeten und handgeschliffenen messerserie besteht aus neun modellen und wur-de soeben mit dem interior innovation award 2011 ausgezeichnet. chapeau!

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Welche messer braucht Der mensch?

acht thesen

1. Die Ansicht, dass es jedes Küchen-messer irgendwie tut, ist falsch.

2. Billige Messer werden aus minder-wertigem Stahl gefertigt, sind schlecht geschliffen und von geringer Schnitthal-tigkeit, das heißt, sie bleiben nicht lan-ge scharf und machen die Küchenarbeit zum Kraftakt. Statt richtigem Scheiden grobes Fetzen.

3. Bei hochwertigen Messern kann das Wort „Kauf“ getrost durch „Inves-tition“ ersetzt werden — aber sie sind eine Anschaffung fürs Leben und eine Voraussetzung dafür, gut oder besser zu kochen.

4. Die erste Kaufentscheidung lautet: klassisches europäisches Messer oder traditionelle japanische Klinge. Japa-

nische Messer sind extrem scharf und schnitthaltig. Der Grund: sie werden aus nicht rostfreiem, sehr hartem Kohlen-stoffstahl gefertigt.

Sie kommen auf 56 - 62 HRC (Hardness Rockwell, die Maßeinheit für die Härte des Stahls), europäische Markenproduk-te auf 54 - 56 HRC. Diesen Unterschied bemerken aber in vielen Einsatzfällen nicht mal Küchenprofis.

5. Wer sich für ein klassisches euro-päisches Messersortiment aus rostfrei-em Messerstahl, sogenanntem Chrom-Vanadium-Molybdän-Stahl entscheidet, benötigt maximal ein halbes Dutzend Schneidwerkzeuge.

Als Grundausstattung ein universales Kochmesser, 16-26 cm lang, ein Schin-ken- oder Tranchiermesser und ein kleines Gemüsemesser. Dazu ein Filier-messer mit flexibler Klinge, ein Ausbein-messer und eine Brotsäge.

6. Zum drei- bis sechsteiligen Messer-set gehört ein unverzichtbares Duett:

www.guede-solingen.de

gÜDe gmbh

Katternberger Straße 17542608 Solingen

Tel. 0212 - 81 61 66

das Schneidbrett aus Holz oder Plastik und der Wetzstahl, am besten auch vom Messerhersteller. Japanische Messer sollte man ihrer Härte wegen auf einem Stein abziehen.

7. Für alle guten Messer sollte die Spülmaschine ebenso tabu sein wie als Aufbewahrungsort die Schublade des Küchenschrankes. Markenmesser gehö-ren in den Messerblock oder — noch bes-ser — an eine Magnetleiste.

8. Der Traum vom sagenhaften Kera-mikmesser kann schnell zum Albtraum werden. Es bleibt weder ewig scharf noch lässt es sich nachschleifen. Und ka-putt geht es, wenn es auf den Küchenbo-den fällt, auch schnell.

WERKZEUGKUNDE Güde-Messer

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Geschützt hinter den Dünen, direkt an der Strandpromenade gelegen, befindet sich Warnemündes kleine feine Adresse — das Strand-Hotel Hübner.Nach dem Betreten der Hotelhalle wer-den Sie es gleich merken, dass Sie auf dem richtigen „Dampfer“ sind: Helle, freundliche Farben, natürliche Materia-lien. Damit Sie bis zum Horizont schwimmen können, wurde hier der Wellnessbe-reich einfach mal auf’s Dach gesetzt. Im Schwimmbad und unter der Glaskuppel gibt es nicht nur die grandioseste Aus-sicht auf den Strand, das Meer oder den Sternenhimmel, sondern auch ein

traumhaftes Angebot an Wellnessan-wendungen und eine wahrlich wohltuen-de Saunalandschaft. Hier oben auf dem „Panoramadeck“ wird Entspannung zum Genuss. Ob bei sanften Massagen, Fit-nesstraining, einem Sauna- und Kneipp-gang, einem Sonnenbad oder bei frisch gepressten Säften im Deckchair — hier werden Sie sich wirklich wohlfühlen.Genau gegenüber, direkt am Kurpark ge-legen, heißt Sie das Park-Hotel Hübner herzlich willkommen.Auf zwei Etagen bietet Ihnen hier der 500 qm große, lichtdurchflutete Well-nessbereich einen wunderschönen Ort für Entspannung und Ruhe.

Mit Ausblick auf einen eigens gestalteten wunderschönen Naturgarten erwarten Sie täglich ein Schwimmbad sowie eine Saunalandschaft mit Dampf-, Trocken- und Finnischer Sauna.Das Massageangebot reicht von Teilkör-permassage, Fußreflexzonenbehandlung bis zur verwöhnenden Aromaölmassage. Oder Sie genießen ein warmes Bad in der Wellnesswanne. Mit verwöhnenden Aro-mazusätzen wird hier das Badeerlebnis zu einem Fest der Sinne.Verstärkung in Sachen „Schönheit“ be-kommt das Hübner-Team von Christine Heide, welche mit ihrem Team das Ange-bot um den Bereich Kosmetik erweitert.Ob als Hotel- oder Tagesgast, wer einmal die Seele baumeln lassen oder verspann-te Muskeln gelockert haben möchte, ist bei „Hübner“ genau richtig.

Auszeit am Meer...

Park-Hotel Hübner53 Zimmer mit Balkon · 500 qm Wellnessbereich mit Schwimmbad, Saunen, Beauty- und Anwendungsbe-reich · Restaurant „Gutmannsdörfer“ · Weinkeller · Bibliothek · Raucherlounge · Spielzimmer

Winterzauber…3 ÜN inkl. Frühstücksbuffet, - mmiwhcS sed gnuztuNbades mit Saunalandschaft, 1 Obstkorb zur Begrüßung, Bademantel und -schuhe, Aroma-Bad (30 min), Teil-körpermassage (25 min), Weinverkostung mit 5 Weinen der Saison (0,1 l) und Original Elsässer Flammkuchen

ab € 92,50 p.P./ Nacht im DZ

Strand-Hotel Hübner95 Zimmer und Suiten · Restaurant „Hübner“ ·

-ssenlleW mq 005 · kehtoilbiB tim remmiznimaKbereich auf dem Dach des Hauses mit Schwimm-bad, Saunalandschaft, Massagen und Cardio-Fitness mit Meerblick · 6 moderne Veranstaltungs-räume

Auszeit am Meer…3 ÜN inkl. Frühstücksbuffet, Nutzung des

tfahcsdnalanuaS tim sedab mmiwhcS , 1 Obstkorb zur Begrüßung, 2 Massagen (je 25 min), 1 Abend-essen der leichten Art, 1 Candle-light Dinner

ab € 105,00 p.P./ Nacht im DZ

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18119 Rostock-WarnemündeTel. 0381/ 5434 0 · Fax 0381/ 5434 [email protected]

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KULINARISCHE EXKURSION Zürich

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Die schweiz war schon immer das etwas teurere Vergnügen. in diesem Winter allerdings kommt es noch di-cker. so rechnet das Wirtschaftsfor-schungsinstitut baK in basel für die ski-saison 2010/2011 mit einem rück-gang der hotelübernachtungen um 1,5 prozent. entscheidender grund: der starke franken, der seit anfang des jahres gegenüber der europäischen einheitswährung kräftig zugelegt hat. Zum Vergleich: während touristen aus ländern der euro-Zone zu beginn des letzten Winters noch rund 1,50 fran-ken für einen euro erhielten, sind es heute nur noch 1,35 franken.

Die hamburger garcon-autorin re-nate peiler nahm es hanseatisch ge-lassen und machte sich auf den Weg gen süden. peilung – Zürich. Dort ent-schied sie: wenn schon, denn schon.

luxus auf Dem ZÜrichbergVon renate peiler

ALLES GUTEKOMMT VON OBEN

Das Dolder Grand Hotel ganz oben auf dem Zürichberg ist eine Fin-de-Siècle-Fachwerkschönheit, die der Schweizer Milliardär Urs E. Schwarzenbach vor ein paar Jahren aus einem langen Dornrös-chenschlaf erweckt hat — mit unendlich viel Geld und einem großen Architekten.

Der Engländer Sir Norman Forster hat dem stilsicher durchrenovierten Curhaus von 1899 rechts und links zwei Anbauten verpasst, die wie monströse Segelohren aussehen. Sie verleihen der ganzen An-lage, die auf 4.000 Quadratmetern mit einem fabelhaften Spa-Bereich unter-

polstert wurde, aber lustigen Schwung. Das aufs prächtigste von Londoner In-

terior Designern mit edlen Materialien und einer museumswürdigen Sammlung alter Meister und aufregender Contem-porary-Art-Exponaten ausgestattete The Dolder Grand ist für seine Gäste ein

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Zürich KULINARISCHE EXKURSION

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ALLES GUTEKOMMT VON OBEN

Rundum-sorglos-Paket. Sie müssen nur das ausreichende Kleingeld mitbringen. Übernachten kann die teure Klientel schon für 870 Schweizer Franken pro Nacht im Doppelzimmer, gesetzt den Fall, die nach Karajan benannte zweistö-ckige Maestro-Suite im Turm des histori-

schen Haupthauses für 14.600 Fränkli ist gerade nicht frei.

Frische Bergluft, fabelhafte Aussich-ten über das 9-Loch-Green auf Zürichsee und Alpenpanorama — das Hotel bietet den richtigen Rahmen für Menschen mit Sinn für Exklusivität, Erholung und Ge-

nuss. Letzterer kommt in einem Haus dieses Standards natürlich nicht zu kurz.

Schon vor der Wiedereröffnung 2008 hat man sich mit dem 38-jährigen Hei-ko Nieder aus Deutschland den richtigen Mann für eine Gourmet-Küche mit Ausru-fezeichen (!) geholt.

Und gerade eben hat der Fine Dining Chef dafür — fast zeitgleich mit dem ers-ten Kind, einer kleinen Lisa-Marie — den zweiten Stern bekommen.

Für den Guide Michelin ist Nieder in Zürich die unbestrittene Nummer Eins am Herd und einer der besten Köche der Schweiz.

Der deutsche Gault Millau machte ihn übrigens schon 2003 zur Entdeckung des Jahres — der gebürtige Reinbeker war damals Küchenchef im Kölner L Orquivit — und in der Schweizer 2011-Ausgabe glänzt Nieder mit 17 Punkten und drei Kochmützen.

Wer weiß, dass Heiko Nieder nach seiner Lehre im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten bei Josef Viehhauser im Le Canard in Hamburg und bei Dieter Kaufmann in der Traube in Grevenbroich gearbeitet hat, der weiß natürlich eben-falls, dass dem jungen Mann hier neben dem klassischen Küchenhandwerk auch wagemutiger Einfallsreichtum, penibles Qualitätsbewusstsein und Fleiß ohne Ende abverlangt und antrainiert wurden.

Ab 1996 folgten dann aufregende Ber-liner Jahre, junge Köche rockten die neue Hauptstadt.

Es waren damals alle da, die heu-te große Chefs sind: Buchholz, Hauser, Hoffmann, Kammeier Kellermann, King, Kleeberg, Nagler, Zacherl und eben Heiko Nieder.

Sie gesellten sich zu den Altmeistern Franz Raneburger, Karl Wannemacher und Herbert Beltle und kochten so furi-os, kreativ und ungewohnt neu, dass den kulinarisch nicht sonderlich verwöhnten Berlinern ganz schwindlig wurde von all den bisher nie gekannten kulinarischen Wonnen.

Heiko Nieder war 1997 der Mann der ersten Stunde bei Kolja Kleeberg im Ber-liner VAU, erst als Sous- und dann als Kü-chenchef. Und das so erfolgreich, dass

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KULINARISCHE EXKURSION Zürich

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es gleich nach einem Jahr den Michelin-Stern gab.

Auch jetzt, im Zürcher The Restau-rant, verblüfft der Chef mit einem sen-siblen Aromenspektrum ohne affi ge Ef-fekthascherei.

Jakobsmuscheln und Kalb mit Erd-nuss, Dill und Kaviar; Steinbutt auf frit-tierten Kutteln; Bretonischer Hummer, zur Hälfte klassisch serviert, die andere Hälfte unter Verveine-Schaum und mit einer schmeichlerischen Krustentier-Royale; Froschschenkel mit Kerbel und Silberzwiebeln; Gänsestopfl eber mit Quitten und Essig; Taube mit Wirz (Wir-sing), Blutwurst und Korinthen; Gianduja (Nougat)-Käse mit Olivenöl, Passions-frucht und Kaffee; als Dessert Maroni, Birnen und Süßholz und danach Pralinen mit Ginseng und grünem Tee — alles un-gewöhnlich. Ungewöhnlich gut.

Heiko Nieder weiß es zu schätzen, wenn seine Gäste bei ihm abschalten. Fehlende Offenheit für Neues hingegen ärgert ihn. Besonderen Beifall verdient übrigens, dass auch der ungeübte Ger-

ne-gut-Esser im eher klassischen Ambi-ente des Restaurants keine Schwellen-angst haben muss, zumal er vom Service freundlich und zurückhaltend empfan-gen und umsorgt wird.

Er sollte sich vielleicht bei einem mit-täglichen Business-Lunch (2 Gänge und Süßigkeiten für 72 CHF) mit Nieders Kön-

nen vertraut machen, ehe er abends à la carte isst oder ein mehrgängiges Menü mit der passenden Weinbegleitung ge-nießt (z.B. 5 Gänge für 178 CHF + 84 CHF Weinbegleitung).

Bei schönem Wetter gern auch drau-ßen auf der Terrasse mit fabelhaftem Blick bis hin zum Zürichsee.

jung geblieben: heiko nieder, li., 1997 im berliner Vau...

...und 2010 im Züricher the restaurant

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Zürich KULINARISCHE EXKURSION

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Im speziell für das The Restaurant designten gläsernen Winecube, der den Raum teilt, lagern über 1.220 wohl tem-perierte Flaschen. In der Weinkarte sind 100 Weiss- und 250 Rotweine und rund 30 Champagner gelistet.

Natürlich gibt es im Dolder auch ein Zweitrestaurant, das fröhlich-helle Gar-den Restaurant mit einer gigantischen Sonnenterrasse, die von einem Bach durchfl ossen wird.

Hier lässt der 41-jährige Schweizer Kü-chenchef Gion Fetz leichte europäische und modern interpretierte Alpenlandge-richte auftragen.

Saftiges Ceviche vom Thunfi sch zum Beispiel mit Pfälzer Karotten und Fava-Bohnen für 26 CHF, ein sehr leckeres Rindstatar mit Graham Toast und 12-jäh-rigem Macallan Whisky für 38 CHF und weitere schöne Dinge.

Leider ist die häupterreiche schwarze Brigade von der Qualität der weißen in der Küche meilenweit entfernt.

Die jungen Menschen im Service soll-ten sich ganz einfach besser koordinie-

ren. Aber das sind schnell vergessene Petitessen, weil das denn doch Servierte frisch und unkompliziert ist und richtig gut schmeckt.

Gion Fetz ist auch für die Lobby, für die Bar und den Room Service verant-wortlich, wo das mit dem Service vor-züglich klappt.

Auch wenn man sich wünschte, bei der sonntags zelebrierten Tea Time wür-den die Frühstücksbüffet-Marmeladen-gläser gegen feine englische Konfi türen in passenderen englischen Silberschalen mit Kristalleinsatz ausgetauscht. Dann könnte man den Tee aus den Fine Bone China Tassen noch viel besser genießen.

Es ist wie überall im schönen Haus auf dem Zürichberg: sympathischer Luxus mit kleinen Macken.

www.thedoldergrand.com

the DolDer granD hotel

Kurhausstraße 65CH-8032 Zürich

Tel. 0041(0)44 - 4 56 60 00

the restaurant: niederküche = hochgenuss

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TOUR D ALSACEeine Kulinarische exKursion - Dritter teilVon lee ann DörDrechter unD Wolfgang schuhmacher

Wolfgang Schuhmacher, pensio-nierter Manager, jahrelang für Merci Storck im Schokoladengeschäft tätig, ist gebürtiger Saarländer, bekam also die Genussfreude sozusagen in die Wiege gelegt.

Lee Ann Dördrechter wuchs in Hamburg auf, studierte in Berlin Mo-dedesign und betrieb jahrelang am Klausenerplatz ein kleines Café. Beide leben in Charlottenburg, kulinarische Reisen zählen zu ihren Leidenschaf-ten.

Im Herbst 2010 waren sie im Elsass und in Lothringen unterwegs – besuch-ten Dorfgasthöfe und Sternerestau-rants, waren bei Bauern und Winzern zu Gast und entdeckten ein kulinari-sches Konzept, dass noch als Geheim-tipp gehandelt wird.

Für Garcon dokumentierten sie ihre Tour in Wort und Bild. „Durchaus als Anregung zur Nachahmung empfoh-len“, erklärte Wolfgang Schuhmacher.Heute Teil 3 ihres Reiseberichts:

Von mackwillernach bitche

KULINARISCHE EXKURSION Elsass

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Elsass KULINARISCHE EXKURSION

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KULINARISCHE EXKURSION Elsass

Mackwiller106 GARÇON

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Elsass KULINARISCHE EXKURSION

metzgerei: bonjour tristesse...

Selbst im kulinarisch entwickelten El-sass, wo Kochen, Essen und Trinken eine weit größere Rolle spielen als etwa in Berlin oder Brandenburg, spüren Bäcker und Metzger die Macht der Supermärkte. Immer wieder sehen wir geschlossene Geschäfte und leere Schaufenster — In-dizien dafür, wie schwer es das Lebens-mittel-Handwerk selbst hier hat.

„Ich verteidige den Namen meines Großvaters und den meines Vaters“, sagt uns Patrick Gangloff, Metzgermeister in Mackwiller, einem Ort im nördlichen El-sass.

Die Kunden kommen aus der Gegend, aus dem gut 70 Kilometer weiten Stras-bourg und auch aus Saarbrücken, das knapp 40 Kilometer entfernt ist. Der Grund liegt auf der Hand: Patrick Gang-loff (Bild li., Mitte), sein Vater Marcel und Schwester Annick machen außer-gewöhnlich gute „Knacker“ — die elsäs-sische Variante der Wiener — und Ihre Pasteten und Terrinen gehören sogar zu den besten Frankreichs.

„Ich bin passionné“, kommentiert der Ausnahmemetzger seine Ehrungen, „ver-rückt“. „C est l amour de qualité qui rend ses objets d art unique!“, erklärt uns eine Kundin. „Es ist seine Liebe zur Qualität, die seine Kunstwerke so einma-lig machen!“ Tatsächlich, sie spricht von Kunstwerken. Als wir die Platten sehen, die der Meister für sie angerichtet hat, wissen wir, was die Frau gemeint hat.

www.gangloff-traiteur.com

gangloff traiteur

79, rue principaleF-67430 Mackwiller

Tel. 0033 - 3 88 00 40 94

...und eitel sonnenschein

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BaerenthalZugegeben, wir dinieren nicht jeden

Abend in einem Sternerestaurant. Im-mer nur Austern-Ravioli, Champagner-Sorbet, Seegurke und Safranschaum — das wäre auch langweilig.

Was wir jedoch in Baerenthal, im Res-taurant L Arnsbourg bei Drei-Sterne-Koch Jean Georges Klein erlebten, das hatten wir zuvor nicht für möglich gehalten.

Damit wir uns richtig verstehen — es geht jetzt erstmal nicht ums Kulinari-sche, nicht um angeblich neue Aggre-gatzustände, ausgefallene Produkte á la Australo-Trüffel oder Shimeji-Pilze oder um ausgeweitete Sensorik, sondern um etwas schlicht Menschliches — die Tat-sache nämlich, dass Eltern, die sich ein solches Restaurant leisten können, das Geld für eine Nanny sparen und ihren schätzungsweise neunjährigen Knirps einfach mit in die noble Stube schlep-pen. Auf, dass er sich zeitig daran ge-wöhne, dass es auf der Welt nicht nur Spaghetti mit Tomatensauce gibt oder aus welchem Grund auch immer.

Wir haben jedenfalls in Baerenthal solche Situation erlebt und gestaunt.

Keine abfällige Bemerkung, dass da ein Kind mit am Tisch sitzt, kein Neben-bei-Service mit Schnell-Gerichten. Statt dessen Freundlichkeit, Fürsorge und ein feines Kinder-Menü.

Wir haben uns gefragt, wie Küche und Service in einem Berliner Sterne-restaurant angesichts solcher Situation reagiert hätten.

Aber vielleicht tun wir den Herren Stars in Weiß, Grau oder Schwarz ja ge-danklich auch Unrecht, und die Berliner Spitzengastronomie ist kinderfreundli-cher als wir bisher geglaubt haben...

Nun zurück nach Baerenthal. Der Ort liegt hinter den sieben Bergen, abseits der großen Straßen und bereits in Loth-ringen, im Departement Moselle — bis zur deutschen Grenze ist es nur ein Kat-zensprung.

Jean Georges Klein betreibt hier ge-meinsam mit seiner Schwester Cathy das — wie es offiziell heißt — Relais & Cha-teaux Hotel-Restaurant L Arnsbourg. Im offiziellen Führer der exklusiven welt-weiten Hotelvereinigung heißt es übri-

KULINARISCHE EXKURSION Elsass

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Elsass KULINARISCHE EXKURSION

gens unter „L Arnsbourg“: „Children of all ages welcome“. Und genauso war es dann auch — siehe oben.

Insgesamt 548 Restaurants in Frank-reich tragen Michelin-Sterne, 26 davon mit drei Sternen die höchstmögliche Auszeichnung des Guides. Jean Geor-ges Klein ist seit 2002 mit drei Sternen geehrt und gehört damit etwa neben Alain Ducasse, Marc Haeberlin, Bernard Pacaud, Alain Passard oder Michel Trois-gros in die erste Reihe der französischen Grand chefs — obwohl er eigentlich be-ruflicher Spätstarter ist.

Der 1950 geborene Klein kam erst mit 39 Jahren zum Kochen — als er seine Mutter Lily ablöste und im elterlichen Wirtshaus erstmal brav á la maman tra-ditionelle Elsassküche servierte.

Nach einem Praktikum 1993 bei Pierre Gagnaire, der damals für seine avant-gardistische Küche gerade den dritten Michelin-Stern erhalten hatte, folgte die Initialzündung.

Kleins Küche liefert heute ein vollen-detes Geschmacksmirakel. Auf die Teller kommen kulinarische Kabinettstücke, prägnant gewürzt und famos angerich-tet. Gebratene Entenbrust etwa, die Klein mit Erbspüree, Brombeeren und einer Eukalyptusjus serviert oder eine Kalbsbriesnuss, im Heu gegart mit Zit-ronengrasessenz, die am Gaumen nur so dahinschmilzt. Noch eins drauf setzt das Milchlamm mit Reiscreme, schwarzem Knoblauchconfit, Karotten und Kumquat — was so prosaisch klingt, ist großes ku-linarisches Kino.

Dahinter steht ein Meister, den eupho-rische Gastro-Schreiber schon mal als „Rilke unter den Köchen“ feiern.

Na gut. Wir haben einen Mann ken-nengelernt, zu dessen Können Beschei-denheit und Liebenswürdigkeit kommen. Nicht mal ein Hauch von Starallüren — das ist phantastisch.

Am Rande bemerkt: das Restaurant gehört unserer Meinung nach nicht nur zu den besten sondern zweifellos auch zu den schönsten in Frankreich. Und das Hotel nebenan sicher zu den außerge-wöhnlichsten — 100 Prozent ökologisch, nur aus Holz und Glas.

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KULINARISCHE EXKURSION Elsass

www.arnsbourg.com

l arnsbourg

18, UntermühlthalF-57230 Baerenthal

Tel. 0033 - 3 87 06 50 85

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BitcheDie letzte Station unserer Elsass-Reise

ist die Festungsstadt Bitche, lange Zeit eher durch ihre kriegerische Geschichte als durch kulinarische Geschichten be-kannt.

Bis ein junger Brandenburger kam und die eher eintönige Verpflegungssituati-on derart drastisch umkrempelte, dass selbst die Michelin-Tester aus Paris nur so staunten und flugs einen Stern her-ausrückten.

Lutz Janisch heißt der erste Sterne-koch in Bitche seit der Michelin Sterne vergibt.

Die Franzosen sagen „Lütz Jahnísch“. Weil deutsche Namen in dieser Ecke Frankreichs durchaus üblich sind, halten ihn die meisten für einen Franzosen, zu-mal er ihre Sprache perfekt spricht und selbst den eigenartigen Dialekt der Ge-gend beherrscht.

Janisch stammt jedoch aus Hohen-brück, einem 100-Seelen-Dorf am Rand des Spreewaldes.

Geboren 1971, Schule, Ausbildung zum Landmaschinen- und Traktorenschlosser.

Dann kam die Wende. 1991 Bewerbung für einen Platz an der französischen Ho-telfachschule CEFPPA in Strasbourg, ein achtwöchiger Intensiv-Sprachkurs, da-nach das Studium.

Den praktischen Teil der Ausbildung beginnt er als Kellner, später wech-selt Janisch in die Küche. Er besteht das Fachabitur mit Auszeichnung und startet seine kulinarische Karriere bei Jean Georges Klein in Baerenthal. Spä-ter wechselt er nach Illhaeusern zu Paul Haeberlin und dessen Sohn Marc.

1997 schließlich kauft er gemeinsam mit seiner späteren Frau Cynthia das Hotel Le Strasbourg in Bitche und kocht seitdem hier so französisch als wäre er mit dieser Küche, die 2010 von der UNESCO in das Weltkulturerbe aufge-nommen wurde, groß geworden.

„Gute Produkte, die richtige Garzeit, Salz und Pfeffer - basta!“, Lutz Janisch zitiert Alain Ducasse, einen der berühm-testen Herdkünstler der Franzosen.

Drei Menüs stehen auf der Karte im Le Strasbourg, die Region lässt grüßen.

Elsass KULINARISCHE EXKURSION

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Janisch kocht demonstrativ puristisch, irgendwie angenehm normal.

Nichts lenkt ab, eine Rehterrine schmeckt animierend würzig, das ma-rinierte Kalbstatar mit Garnelen ist von erster Qualität, und so geht es weiter, Gang für Gang.

Fabelhaft die Froschschenkel, stimmig die Wachtelvariation mit einer feinen Zwiebellasagne.

Auffällig bei allen Gerichten: die gute Abstimmung zwischen dem wichtigsten Produkt auf dem Teller, der Sauce, den Beilagen und den Aromaten.

Cuisine francaise á la Janisch — „Wir waren im Reich der Zufriedenheit“, das schrieben dem Sternekoch erst kürzlich deutsche Besucher ins Gästebuch.

www.le-strasbourg.fr

le strasbourg

24, rue TeyssierF-57230 Bitche

Tel. 0033 - 3 87 96 00 44

Elsass KULINARISCHE EXKURSION

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Wittenberg KULINARISCHE EXKURSION

sachsen-anhalt, jüngstes der neuen bundesländer. 20.500 Quadratkilome-ter zwischen altmark im norden, saa-le-unstrut-Weinbaugebiet im süden, der Dübener heide im osten und dem harz im Westen. an der saale hellem strande stehen burgen stolz und kühn, an der straße der romanik Kirchen und Klöster von Weltgeltung.

sachsen-anhalt rühmt sich bedeu-tender forscher, gelehrter und Künst-ler: otto von guericke, georg fried-rich händel, joachim Winckelmann. Die Quedlinburgerin Dorothea erxle-ben promoviere 1754 in halle/saale und wurde erste deutsche Ärztin.

237 jahre zuvor hatte der in eis-leben geborene theologe und bibel-übersetzer martin luther seine 95 thesen zur erneuerung der Kirche an die tür der schlosskirche zu Witten-berg gehämmert.

Wir sind zu gast in der elbestadt, die seit 72 jahren den beinamen lu-therstadt führt und in der nicht nur ein Denkmal an den reformator er-innert. Der grund: eine kulinari-sche Veranstaltung im restau-rant alte canzley.

Das mittelalter lÄsst grÜssenVon susanna Kraus

ZU TISch BEIMARTIN LUThER

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Diese Geschichte hat eine Vorge-schichte, sie beginnt im Jahr 2003.

Archäologen des Landesamtes für Denkmalpfl ege und Archäologie Sach-sen-Anhalt entdeckten bei Ausgrabun-gen in dem Harzstädtchen Mansfeld eine Abfallgrube (Foto oben).

Sie gehörte zum Anwesen von Mar-garethe und Hans Luther, der Eltern des Reformators.

Die darin gefundenen Gegenstände stammen aus der Zeit nach 1485, als Martin Luther in diesem Haus seine frü-he Kindheit verbrachte.

Bei den Funden handelt es sich um Metall-, Keramik-, Glas-, Bein- und Holz-fragmente. Außerdem wurden Planzen-

alexandra Dapper: mittelalterarchäologinund autorin des buches „Zu tisch bei martin luther“

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reste, Tierknochen und Küchengeräte geborgen. Deren Bestimmung lieferte gleichsam eine Zutatenliste für die in diesem Haus vor über 600 Jahren zube-reiteten Speisen.

Die Mittelalter-Archäologin Alexandra Dapper aus Tilleda am Kyffhäuser nahm sich des Themas an und zog weitere Quellen hinzu. Es entstand das Buch „Zu Tisch bei Martin Luther“, sozusagen eine kulinarische Reise ins Mittelalter mit le-senswerten Informationen und interes-santen Rezepten.

Der Protagonist des folgenden Teils der Geschichte heißt Wolfhardt Schroe-dter, Berliner und in seinem Arbeitsle-ben Maschinenbau-Ingenieur.

Eine nette Finca auf Mallorca oder ein hübsches Ferienhaus auf Sylt, beides wäre möglich gewesen, als Schroedter in den Ruhestand ging.

Er entschied sich jedoch anders und kaufte in Golmenglin, einem Dorf in der Nähe von Lutherstadt Wittenberg, ein heruntergekommenes Forsthaus, sanier-te es und zog 2006 mit seiner Frau in die sachsen-anhaltinische Einöde.

Weil Schroedter jedoch ein Mensch ist, der auch im Alter Betätigung braucht, initiierte er in Wittenberg den Arbeitskeis KIK — „kreativ, initiativ, kon-struktiv“. Dessen Ziel: mittun bei der Entwicklung des Tourismus in der Lu-therstadt.

Das Thema „Essen wie im 16. Jahrhun-dert“ war die Auftaktveranstaltung des Arbeitskreises und brachte im Oktober im Restaurant Alte Canzley Wolfhardt Schroedter, Alexandra Dapper und er-staunlich viele Wittenberger zusammen. Das Mittelalter kulinarisch — ausgespro-chen spannend und offenbar gar nicht so fern. Einige Gastronomen holten sich Anregungen. Keine schlechte Idee, sich auf diese Weise mit unserer Geschichte zu beschäftigen.

www.alte-canzley.com

alte canZley

Schlossplatz 3-506886 Lutherstadt Wittenberg

Tel. 03491 - 42 91 10

Wolfhardt schroedter: initiator des kulinarischen mittelalterspektakels, li.

erstaunliches interesse: Wie schmeckt das mittelalter?

Das mittelalter kulinarischmichael Dapper: mittelalterarchäologe

Wittenberg KULINARISCHE EXKURSION

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RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb

fuhrmanns frÜchteKorbDie gesunDheitsgranateVon marcus fuhrmann

Wenn in berlin oder brandenburg ein weißer 7,5-tonnen-Kühltransporter mit dem Zeichen der Kirsche ein hotel, Krankenhaus, den Knast, eine Kantine oder ein restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: fuhrmann kommt. Dieter fuhrmann, chef des gleich-namigen fruchtgroßhandels und der grand old man seines berufsstandes in berlin, gehört zu den frischever-rücktesten, qualtitätsbesessensten und kenntnisreichsten männern sei-ner branche. lieber klein, dafür fein – mit diesem motto startete er 1977 auf einem charlottenburger hinterhof ins obst- und gemüsegeschäft. 1980 umzug auf den fruchthof an der beus-selstraße, 1996 eintritt seines sohnes marcus als juniorchef in die firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühl-

halle. inzwischen beschäftigen die fuhrmänner 28 mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und

in hoher Qualität. für garcon stellen Dieter und marcus fuhrmann im Wech-sel ihre früchte vor.heute: Der granatapfel

Manchmal kommt Werbung einfach nicht an. Auf meinem Schreibtisch liegt zum Beispiel ein halbes Dutzend Artikel aus verschiedenen Zeitschriften, die den Granatapfel als Gesund- und Schönma-cher loben. Die Berliner Autorin Ursula Heinzelmann etwa, die ich wegen ihrer Sachkunde besonders schätze, widmete der hartschaligen Frucht erst Ende Sep-tember in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine ganze Seite.

Trotzdem gehören Granatäpfel in Ber-liner und Brandenburger Restaurants bestenfalls zum dekorativen Beiwerk und werden dementsprechend wenig von deren Küchenchefs bei uns nachge-fragt. „Die meisten wissen einfach nicht, was sie mit dem kulturhistorisch bela-denen Symbol, das Fruchtbarkeit und Glück verheißt, in der Küche anfangen sollen“, resümiert Ursula Heinzelmann (FAS, 19.9.2010). Ich kann das nur unter-schreiben.

Dabei enthält der Granatapfel fast alle lebensnotwendigen Vitamine, Mineral-

juniorchef marcus fuhrmann

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Fuhrmanns Früchtekorb RUBRIKEN

stoffe und Spurenelemente in nennens-werten Mengen. Ernährungsexperten verweisen außerdem auf die antioxidati-ven sekundären Pfl anzenstoffe, im Falle des Granatapfels sind es insbesondere Polyphenole, die erstaunliche gesund-heitsfördernde Wirkungen entfalten sol-len. So heißt es, dass die antioxidative, also entzündungshemmende und krebs-vorbeugende Wirkung des Granatapfels weit höher als die etwa von Kulturhei-delbeeren ist.

Möglicherweise liegt die Zurückhal-tung vieler Köche gegenüber dem Gra-natapfel daran, dass es eine ziemlich „schmaddrige“ Angelegenheit ist, an Saft und Kerne unter der festen Schale zu kommen.

Deshalb dient der Granatapfel, den wir übrigens von Anfang August bis Ende Januar, vollreif geerntet, aus Ägypten, Israel, Spanien, Zypern oder aus der Tür-kei beziehen, leider oft nur dekorativen und weniger kulinarischen Zwecken. Wer sich aber erstmal überwunden hat und

die roten Saftspritzer beim Aufbrechen der Frucht nicht scheut, wird mit Sicher-heit zum dauerhaften Granatapfel-Fan.

Die Kerne sollte man über einer Schüs-sel mit kaltem Wasser ausklopfen. Dann schwimmen die lästigen weißen Häut-chen oben und lassen sich abgießen.

Ich bevorzuge Granatapfelkerne im-Müsli und zum Vanilleeis. In dem rechts abgebildeten Buch habe ich das Rezept einer orientalischen Granatapfelpizza entdeckt, das ich unbedingt probieren werde.

Der mit einer Zitruspresse gewon-nene Saft schmeckt besonders lecker zu Quark, Eis und Obstsalat, lässt sich (350ml Saft, 60g Zucker, 1 EL Zitronen-saft) zu einem herrlichen Sorbet verar-beiten oder ergibt mit Olivenöl, Pfeffer, Salz und etwas gemahlenem Kreuzküm-mel gemischt, ein erstklassiges Allround-Dressing. Deshalb mein Plädoyer an Profi - und Hobbyköche: mehr Mut zum Granatapfel! www.dieter-fuhrmann.de

Dr. Stephanie Grabhorn, Ärztin und Ernährungsberaterin, hat ein ebenso interessantes wie anspruchsvolles Buch über den Granatapfel geschrieben (joy-verlag). Schwere (Lese-)Kost also, aber immerhin 23 leicht nachkochbare Gerichte.

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RUBRIKEN Lannis Mix

Natürlich ist auch Andreas Lanninger, der Mann, der in Berlins Barkeepersze-ne eine Ausnahmestellung innehat, mit seiner Mannschaft auf dem Weihnachts-markt zwischen Deutschem und Franzö-sischem Dom am Start.

Für ihn, der wie wie kaum ein zwei-ter aus der Riege der hauptstädtischen

lannis mixberlins barKeeper nr. 1 prÄsentiert seine DrinKsheute: hot gm martini

Mix-, Rühr- und Schüttelprofi s die hohe Kunst der Drinks beherrscht, hunderte Rezepturen von krachenden Klassikern und softigen Schmeichlern im Kopf hat, war es Ehrensache, einen Weihnachts-cocktail „zu designen“, wie er neuer-dings sagt. Auch dem Hot GM Martini, für schlichtere Gemüter heißt er „Warmes

Goldstück“, ist — wie allen Lanninger-Kreationen — eins eigen: jener imaginä-re Schuss Lebensfreude, der aus einem schnöden Mixgetränk erst einen indivi-duellen Cocktail macht.

1988 landete der gebürtige Saarländer nach seiner Lehre im Restaurantfach in Homburg in Berlin. 17 Jahre lang war er Chef in Harry’s New York Bar, machte dann Le Bar zum Mittelpunkt des Mari-tim-Hotels und eröffnete schließlich un-ter dem Moabiter Abion-Dach Ende April 2008 sein eigenes Domizil.

Lanninger — der Name steht auch hier für die Sache — für 160 Cocktails, 120 Whisk(e)ys, eine Davidoff-Lounge und für jene Mischung aus Charme und Witz, die in Berlins Bars noch viel zu selten ist.

Sicher, das Angebot auf dem Gendar-menmarkt unterm Dach der Lafayette-Gourmet-Lounge fällt nicht ganz so üp-pig, dafür aber sehr weihnachtlich aus.

Und: Lannis Christmas Martinis fi nden ihre Fans: ob Apple Martini, Caramell, Disaromo oder eben Hot GM — alles typisch Lanninger.

l+l auf dem gendarmenmarkt: lafayette und lanninger

andreas lanninger, li. und jocelyn lebuhotel,leiter der gourmetabteilung im lafayette

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4 cl Grand Marnier1 cl Noilly Prat2 cl Roses Lime Juice1 cl Vanillesirupauf 80 º C erhitzen

fl üssige Sahne1 cl Grand Marnier1 dash Vanillesirupanschlagen und auf denCocktail fl oaten

mit Kumquatscheiben und Schokoladensauce dekorieren

Lannis Mix RUBRIKEN

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RUBRIKEN Herzogs Zigarren

herZogs ZigarrenWie schmecKen Zigarren?anmerKungen Zu einem buch

maximilian herzog, um korrekt zu sein, Dr. phil. habil. maximilian her-zog, kam 1988 aus Zürich nach berlin, um an der technischen universität sei-ne habilitationsschrift fertigzustellen. ein jahr hatte der schweizer dafür eingeplant. ein jahr wurde es auch. Was der psychologe allerdings nicht planen konnte, war der faktor liebe. herzog hatte sich in berlin verliebt und blieb, wurde privatdozent und unternehmensberater.im märz 1997 schließlich eröffnete er am Wilmersdorfer ludwigkirchplatz das erste Zigarrenhaus der deutschen hauptstadt. 2008 kam ein zweites hinzu, in der stralauer allee, direkt am hafen. au-ßerdem steht maximilian herzog als presidente der Zigarrenlounge la casa del habano im savoy-hotel vor. geballte Kompetenz also, die förm-lich danach rief, öffentlich gemacht zu werden. maximilian herzog entschloss sich also, ein buch zu schreiben. Des-sen titel: Der kleine herzog.

berlins Zigarrenkönig: maximilian herzog

Wein- und Zigarrenverkostungen ha-ben eine Schwierigkeit gemeinsam: Wie soll das, was ich geschmeckt habe, den andern mitgeteilt werden? Als ich mich Mitte der Neunzigerjahre entschloss, meinen berufl ichen Hintergrund als Psy-chologe mit dem Zigarrenhandel zu ver-binden, lag es nahe, mich mit solchen und andern Problemen der Zigarrenpsy-chologie auseinanderzusetzen. Endlich kann ich einen ersten kleinen Teil die-ser Arbeit vorlegen: Zigarrensensorik in Form eines Führers.

Die intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Produkt ist immer auch Teil

mit dem aWm-Verlag im nordrhein-westfälischen st. augustin fand der autor und connaisseur einen sachkun-

digen partner. Worum es in diesem Werk geht, beschreibt maximilian her-zog für garcon exklusiv so:

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Herzogs Zigarren RUBRIKEN

seines Genusses. Das will ich in diesem Büchlein relativ weit treiben. Jedenfalls gehe ich weiter als alle bisher bekannten Zigarrenführer. Es werden nicht einfach nur Marken oder deren Formate bewer-tet, sondern Produktionschargen.

In der Beschreibung des Geschmacks geht dabei der "Kleine Herzog" völlig neue Wege. Hierzu sind einige Bemer-kungen zu wissenschaftlichen Fakten nötig, mit denen sich ein Zigarrenführer auseinanderzusetzen hat.

Was wir "Geschmack" nennen, ent-steht im Zusammenspiel des eigentli-chen Geschmackssinnes mit dem Ge-ruchssinn. Während der Geschmackssinn nur süss, sauer, bitter und salzig empfi n-det, ist der Wissenschaft bekannt, dass es rund 10.000 Grundduftnoten gibt, die den Geschmack mitbestimmen.

Für die Benennung dieser Düf-te fehlen uns buchstäblich die Worte. Zur Beschreibung von Duft- und Ge-schmacksempfi ndungen behelfen wir uns sprachlich mit Gegenständen oder Situationen, an die uns die betreffende Empfi ndung erinnert. Beispiele: fruch-tig, holzig, nussig, blumig, faulig, erdig etc. Das ist beim Sehen anders, hier gibt es ein defi niertes Farbspektrum.

Beim Rauchen von Zigarren gibt es charakteristische Geruchs- und Ge-schmacksempfi ndungen, die wir mit Worten belegen, die für andere nicht un-bedingt angenehm wirken. Wer etwa an einem Bündel Zigarren schnuppert, das auch von guter Tabakqualität ist, wird immer wieder jenen unverwechselbaren schwülen Geruch eines warmen Kuh-stalls wahrnehmen. Eine solche Sprache führt zu Komplikationen.

Was dem Zigarrenfreund Wohlbehagen erzeugt, kann einem Anderen unange-nehm sein. Es kommt hinzu, dass die Er-innerungen, die mit dem Wort "Kuhstall" verbunden werden, in ihrer Bewertung ausserordentlich stark divergieren und schliesslich hat nicht einmal jeder einen Kuhstall je von innen gesehen.

Viel stärker als beim Sehen oder Hö-ren sind unsere Geschmacksempfi ndun-gen immer zugleich emotional-bewer-tend: "lecker" ist so ein Wort.

In der Fachsprache nennt man das eine "hedonisch-bewertende Reaktion". "Hedonisch" deshalb, weil solche Reakti-onen unsere Geschmacksempfi ndungen auf den einfachen Antagonismus gut-schlecht reduzieren. Ob wir wollen oder nicht: Jede sprachliche Beschreibung ei-nes Geschmackseindrucks ist entweder angenehm oder unangenehm.

Während etwa Rosenduft wohl mehr-heitlich mit positiver Reaktion einher-geht, so wird Kuhstall-Geruch vielfach negativ bewertet. Deshalb kommen wir beim Beschreiben von Zigarren in eine schwierige sprachliche Situation mit willkürlichen Bewertungen, die nur in den persönlichen positiven oder nega-tiven Erinnerungen des jeweiligen Rau-chers begründet sind.

In der Sensorik verwenden etwa Par-fumeure Farben für die „Beschreibung“ von Gerüchen. Diese Umsetzung ver-wendet auch der "Kleine Herzog" und vermeidet so weitgehend hedonisch-bewertende Reak-tionen auf Sprachbeschrei-bungen und die von Mensch zu Mensch ganz unterschied-lichen Erinnerungsassoziati-onen. Der „Kleine Herzog“ be-schreibt den Geschmacks einer Zigarre also mit einem Ausschnitt aus dem defi -nierten Farbspektrum.

Je breiter der Farbverlauf ist, desto komplexer sind die Geschmacksempfi n-dungen beim Rauchen.

Jeder Wein- wie auch jeder Zigarren-liebhaber weiss, dass die Beschreibung von Aromen manchmal von Aussenste-henden höhnisch als „Sprachverrenkun-gen“ disqualifi ziert werden. Ich sehe das eher als eine Unzulänglichkeit der Sprache, Sinneseindrücke adäquat wie-derzugeben. Da ist es handhabbarer, die defi nierte Struktur aus einem andern Sinnesbereich zu übernehmen.

Aus Erfahrung wissen wir, dass die anfänglichen Schwierigkeiten, Zigarren mit Farben zu "beschreiben" schon bald einem wohltuenden Gefühl weichen, mit dem vorgeschlagenen Farbspektrum we-sentlich objektiver arbeiten zu können.www.zigarren-herzog.com

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MORITZPLATZ 1910

Berlin, Anfang des vorigen Jahrhun-derts. Die Stadt wächst rasant. Mit der zunehmenden Industrialisierung setzt eine extreme Bevölkerungsexplosi-on ein. Im Jahr 1910 leben über zwei Millionen Menschen in der boomenden Metropole — zählt man die damals noch selbständigen Städte Charlotten-burg, Neukölln und Schöneberg hinzu, sind es sogar 2,7 Millionen.

Auch rund um den Moritzplatz, 1849 nach dem Feldherrn Moritz Nassau von Oranien (1567-1625) benannt, hat sich ein prosperierendes Stadtquartier entwickelt. Postkarten dieser Zeit zei-gen Geschäfte, Kontore, Restaurants und ein Warenhaus.

Bereits 1890 hatte Georg Wertheim am Moritzplatz sein erstes Berliner Geschäft eröffnet. Vier Jahre spä-ter vergrößerte es der Kaufmann und fügte seinem Namen die Bezeichnung „Warenhaus“ hinzu. Kein Kaufzwang, feste Preise, großzügiger Umtausch. Das neue Verkehrsmittel, die Straßen-bahn, schaffte die Käufer heran.

1913 ließ Wertheim, überwältigt vom Erfolg, am Moritzplatz ein neues Gebäude errichten — mit vier Eingangs-portalen, übersichtlichen Abteilungen und einem riesigen Konzert-Café.

Außerdem zahlte der Unternehmer in den 1920er Jahren fünf Millionen Reichsmark dafür, dass die Planer der in dieser Zeit entstehenden U-Bahn-Li-nie 8 einen Knick über den Moritzplatz verpassten.

Am 3. Februar 1945, beim größten Luftangriff auf die Berliner Innen-stadt, fi elen nicht nur das Wertheim-Kaufhaus, sondern auch die meisten anderen Gebäude am Platz in Schutt und Asche.

Den Rest besorgten die Enttrümme-rungsaktionen in den 50er Jahren. Der einst urbane Platz verkam.

„Brache mit U-Bahn-Anschluss“ ti-telte vor Jahren eine Berliner Tages-zeitung treffend.

WERTHEIM Moritzplatz 1926

Gruß aus demEtablissement Buggenhagen

Berlin, MoritzplatzDir. Albert Böhme

1909

Konzert-Restaurant Kaiserhallen 1916

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Der 20. Oktober 2010 war ein ausge-sprochen verregneter Tag.

Als Kranführer Andreas Wurzel mit Hilfe einer schwarzen Kiste und zwei Joysticks den mannshohen Richtkranz an seinem Kran über das Dach des Aufbau Hauses am Moritzplatz in den Kreuzber-ger Himmel hievte, wurde es plötzlich hell.

Für ein paar Minuten Sonnenschein, ein gutes Zeichen. Zimmermann Kai Rockstroh sagte den Richtspruch auf. Er wünschte Glück — dem Bau, dem Bau-herrn, den neuen Mietern.

Die meisten kamen zum Fest, lobten die Bauleute für ihr Tempo und suchten im Haus schon mal ihre künftigen Büros, Geschäfte oder Werkstätten.

Fast drei Jahre lang stand das ehema-lige Firmengebäude der C. Bechstein Pi-anofabrik AG leer.

Nun ist das Ende des Totentanzes am Moritzplatz nur noch eine Frage der Zeit.

Im Frühjahr 2011 werden die neuen

Mieter einziehen — an der Spitze Modu-lor, ein hochspezialisierter Material-händler für Architekten, Projektanten, Bühnen- und Szenenbildner und andere kreative Berufe. Planet Modulor, einer-seits kreativer Groß-, andererseits Ein-zelhändler.

Dazu kommen Farbberater, Fotokünst-ler, Galeristen, Modellbauer, Tapeten-designer, Werbeagenturen, ein Mosaika-telier, ein Büro für lateinamerikanische Lebensart und natürlich der 1945 in Ber-lin gegründete Aufbau Verlag, dem das Haus am Moritzplatz auch seinen Namen verdankt.

Das TAK — Theater Aufbau Kreuzberg mit 200 Sitzplätzen eröffnet hier seine Pforten, und es wird ein kulinarischer Ort entstehen, „Coledampf s Culinari-scher Ort“.

Für die Summe all dessen wählten die Hausherren den Begriff Kreativ- und Kul-turzentrum.www.aufbauhaus.de

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Der CountDown läuftenDe Des Dornröschenschlafs am moritZplatZVon hans-jÜrgen bergs

Countdown am Moritzplatz LEBENSART

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LEBENSART Countdown am Moritzplatz

Ein Ausstellungsstand auf der däni-schen Konsumgütermesse Formland. Andreas Langholz fotografi ert das Ob-jekt seiner Begierde von allen Seiten. Der Chef von Coledampf s CulturCen-trum mit Läden in der Wilmersdorfer Uhlandstraße und am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg sucht gestalterische Anregungen. Gemeinsam mit Freunden hat er eine Gesellschaft gegründet, die im Aufbau Haus am Moritzplatz ein Projekt von erheblicher Dimensi-on stemmen will. Titel: „Coledampf s Culinarischer Ort“. Dieser Ort muss ausgestattet werden, deshalb Lang-holz Interesse an unkonventionellen Einrichtungslösungen.

Garcon wollte darüber Genaueres wissen und führte deshalb die folgen-den „Orts“gespräche

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Countdown am Moritzplatz LEBENSART

sie werden ende des jahres 50, be-treiben zwei geschäfte für Küchen-werkzeuge in berlin, weshalb tun sie sich nun noch ein drittes projekt an ?Erstmal: „Coledampf s Culinarischer Ort“ wird kein Haushaltswarenladen im klassischen Sinn sein. Zweitens ist das, was wir am Moritzplatz tun werden, ein lang gehegter Wunsch, den ich jetzt gemeinsam mit Freunden verwirklichen kann. Und drittens — glauben Sie im Ernst, dass 50-Jährige nur noch daran denken, wie sie die Midlife-Crisis bewältigen und wo sie mal ihre Rente verjubeln?

Was ist denn nun „coledampf s culina-rischer ort“?Eine Bündelung kulinarischer Kompe-tenz. Auf rund 500 Quadratmetern wer-den wir im Aufbauhaus Kochbücher, Kü-chenwerkzeuge und Feinkost anbieten, es wird eine kleine Handwerksbäckerei und ein Bistro geben sowie Platz für Ver-anstaltungen.

Das klingt nach einkaufscenter und shop-in-shop-Konzept...Wird aber weder das eine noch das an-dere sein. In unserer Projektbeschrei-bung heißt es beispielsweise, dass wir eine optisch und funktional interessante Kommunikationsfl äche schaffen, auf der

die einzelnen Marken nicht durch Mau-ern getrennt sind.

Welche marken?An unserem „Culinarischen Ort“ kom-men zusammen: erstens „Kochlust. Die kulinarische Buchhandlung“, zweitens die „Essbare Landschaften GmbH“, ein Wildkräuterproduzent aus Mecklenburg-Vorpommern, der jetzt neue Wege geht und eben „Coledampf s CulturCentrum“.Wenn Sie so wollen, ist der „Culinari-sche Ort“ eine Art Holding, unter deren Dach wir uns versammeln und Kräfte konzentrieren, um den Besuchern eine kulinarische Dienstleistung zu bieten, die es in dieser Komplexität zumindest in Deutschland nicht an jeder Ecke gibt.Sie können also Kochbücher und kulina-rische Literatur bei „Kochlust“ kaufen, Küchenwerkzeuge bei „Coledampf s“, Feinkost und Weine bei „Essbare Land-schaften“. Sie können sich zeigen lassen, wie eine Nudelmaschine funktioniert, wie man einen Wetzstahl benutzt oder eine Ei-senpfanne richtig handhabt. Sie können Rezepturen erfragen und mit uns über alles reden, was Sie kulinarisch interessiert. Ich fi nde, der Begriff Kompetenzzent-rum trifft das, was wir hier vorhaben, ganz gut.

ihre Kompetenz sind Küchengeräte und -werkzeuge. Wird sich das angebot im aufbau haus von dem unterschei-den, was bisher in den „coledampf s“-geschäften angeboten wird?Also erstmal — beide Geschäfte bleiben am Markt. Im Aufbau Haus am Moritz-platz werden wir uns aber auf bestimm-te, hochwertige Produkte und damit Schwerpunktlieferanten konzentrieren.

haben sie beispiele dafür?Natürlich. Wir kooperieren beispielswei-se mit der Franz Güde GmbH in Solingen, die geschmiedete Messer manufakturell fertigt oder mit de Buyer Industries. Das Traditionsunternehmen in Leval d Ajol in den Vogesen produziert unter dem Label „inocuivre induction“ induktionstaug-liche Kupfertöpfe und -pfannen sowie erstklassige Eisenpfannen. Wir haben uns gesagt, was französische Spitzenköche schätzen, sollte auch auf dem deutschen Markt bestehen können.

Der „buschfunk“ verlautete, dass sie auch mit einem berliner produzenten gespräche führen...Das ist richtig. Die Verhandlungen mit der Königlichen Porzellanmanufaktur sind auf einem guten Weg.

Wie wählen sie ihre partner aus?Danach, ob sie Qualitätsprodukte produ-zieren, die sowohl Hobby- als auch Profi -köche überzeugen. Und danach, ob sie auch über die Lie-ferung dieser Produkte hinaus, mit uns kooperieren wollen. Um etwa Verfah-renswissen zu kommunizieren, planen wir produktbezogene Veranstaltungen mit den Herstellern.

Wie werden sie ihren „culinarischen ort“ ausstatten?Weder kuschelig barock noch cool ge-stylt. Wir haben uns auf vielen europä-ischen Messen umgesehen und Partner gesucht. Wir werden zum Beispiel alte Maschinen, auf denen einst Haushaltsge-räte hergestellt wurden, als Warenträger nutzen — lassen Sie sich doch einfach überraschen...

Andreas Langholz, 49, geboren in Eutin/Schleswig-Holstein, Studium der Kommunikations-wissenschaften an der Berliner Hochschule der Künste. Seit 1995 mit Coledampf s Cultur-Centrum Einzelhändler in der Haushaltswarenbranche.

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LEBENSART Countdown am Moritzplatz

sie sind kürzlich von der Küste nach berlin gezogen, um bei „coledampf s culinarischem ort“ mitzumischen. Wollen sie in Kreuzberg Wildkräuter anbauen?Nein, natürlich nicht.

Was dann?Die Essbare Landschaften GmbH besteht jetzt 10 Jahre. Mein Partner Olaf Schnel-le, der die Unternehmung 2000 mitge-gründet hat und ich sind der Meinung, dass es an der Zeit ist, neue Wege zu ge-hen. Deshalb mein Umzug. Olaf Schnelle übrigens bleibt an der Ostsee.

Was heißt „neue Wege“?Also, um Missverständnissen vorzubeu-

man sagt, der mann fürs geld und fürs personal?Wir haben uns im Team geeinigt, dass es eine klassische Aufgabentrennung — Ein-kauf, Verkauf, Finanzen, Marketing und Personal etwa — nicht geben wird. Seit einem Jahr treffen wir uns jeden Diens-tag, um alle Probleme des Projekts zu diskutieren und Lösungen zu fi nden. Natürlich, wenn man jahrzehntelang leitend im Management deutscher Un-ternehmen tätig war, zuletzt übrigens in der Storck-Gruppe, liegt es auf der Hand, dass einem bestimmte Sachen be-sonders am Herz liegen – eben alles, was mit Geld zu tun hat, mit Investitionen, Finanzierungen, Verträgen zum Beispiel. Und natürlich auch Personalfragen.

haben sie bereits mitarbeiter einge-stellt?Also erstmal: wir fünf werden das Ge-schehen im Aufbau Haus nicht aus der Ferne irgendwelcher Büros betrachten, sondern vor Ort und dort auch tätig sein — als, sagen wir mal, Gastgeber. Natür-lich haben wir auch schon Gespräche mit möglichen Mitarbeitern geführt und zwar sehr erfolgreiche. Wie es aussieht, wird ein erstklassiger Küchenchef ins Boot kommen. Wir sind mit einem Mar-ketingprofi ebenso im Gespräch wie mit einem jungen Mann, dessen Erfahrungen in unserer Branche ihn für eine Mitarbeit am „Culinarischen Ort“ geradezu prä-destinieren.

Was erwarten sie denn von künftigen mitarbeitern?Vor allem, dass sie Spaß an ihrem Job haben, teamfähig und bereit sind, all-

Ralf Hiener, 44, geboren in Bad Säckingen/Baden-Württemberg, Kochlehre, Arbeit in Basel, St. Moritz und in Born/Darß. Dort 14 Gault-Millau-Punkte. Im Jahr 2000 gemeinsam mit dem Gärtner Olaf Schnelle Gründung der Essbare Landschaft GmbH.

Wolfgang Schuhmacher, 65, geboren in Völklingen/Saar, Volkswirtschaftsstudium in Bonn. Manager. Bis 2009 Geschäftsfüh-rer des Schokoladenherstellers Merci.

gen, die Firma Essbare Landschaften bleibt bestehen. Olaf Schnelle und ich widmen sich in Zukunft allerdings fast ausschließlich der Produktentwicklung.

Das klingt ziemlich allgemein…Ich versuche, es fassbarer zu machen. Wir sind derzeit beispielsweise in Deutschland, Österreich und anderen Ländern auf der Suche nach Gemüsen und Kräutern, die kaum noch oder nicht mehr angebaut werden, die aber ein ho-hes geschmackliches Potential haben. Gemeinsam mit Gärtnern und Landwir-ten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wollen wir sie aus der Ver-senkung holen, konservieren und Saat-gut erzeugen. Die Resultate, wenn sie denn erfolgreich sind, werden wir über einen Essbare-Landschaften-Online-Shop vertreiben. Wir haben diese Methode kürzlich mal getestet — mit einer sel-tenen Rote-Bete-Sorte und dem Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler — es hat wunderbar funktioniert.

gibt es schon produkte, von denen auch otto normalverbraucher was hat?Ja, wir haben in den vergangenen Mo-naten beispielsweise besondere Apfel-gelees sowie spezielle Salze entwickelt, die derzeit im Berliner Bio-Handel ange-boten werden.

Was hat das ganze nun mit dem „culi-narischen ort“ im aufbau haus zu tun?Jede Menge. Hier wollen wir unsere neu-en Produkte exklusiv erproben. Die Gäste des Ortes sind dann unsere Versuchskaninchen. Wir bieten an, fra-gen, ob es passt und wenn ja, gehen wir damit an den Markt. Zuerst am Moritz-platz und dann in unserem Online-Shop.

sie werden also eine art produkt-scout?Wir, Olaf Schnelle und ich, sind es schon. Produktscouts und Produktentwickler. Außerdem werde ich das Team des „Cu-linarischen Ortes“ im Aufbau Haus in kochtechnischen und kulinarischen Fra-gen beraten.

round zu arbeiten. Ich mach s mal kon-kret: A zeigt ein Shark-Kräutermesser, B erklärt dessen Handhabung, C beant-wortet die Frage, welche sieben Kräuter in eine Frankfurter Grüne Sauce gehö-ren, D unterbricht, weil Tim Mälzer im Fernsehen gesagt hat, dass die meisten den Dill vergessen, C und D streiten sich, E weiss, dass irgendwo ein Buch sein müsste, in dem es aufgeschrieben ist... Sie verstehen, was ich meine?

ich denke schon. Wissen sie denn, welche Kräuter hineingehören?Sie wollen testen, ob ein Kaufmann auch was von Kulinarik versteht. Aber ich kann Sie beruhigen, sonst hätte ich mich bei „Coledampf s Culinarischem Ort“ nicht engagiert. Also: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauer-ampfer und Schnittlauch.

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Countdown am Moritzplatz LEBENSART

Weshalb ziehen sie von einem ort, an dem man Sie kennt und fi ndet, nach Kreuzberg?Der Mietvertrag für die Kochlust-Buch-handlung in der Alten Schönhauser Stra-ße läuft aus. Um die Konditionen eines neuen Vertrages erfüllen zu können, dürfte ich nicht mit kulinarischer Litera-tur handeln. So einfach ist das.

also besser das aufbau haus als ein standort j.w.d.?Sie fragen mit so wunderbar negativem Unterton. Also, das Aufbau Haus ist für mich eine große Chance. Das betrifft die größere Fläche und damit auch ein noch größeres Sortiment als es die „Kochlust“ bisher hat – und das sind immerhin rund 2500 Titel.

Was wird es noch neues geben?Ein kleines, gut sortiertes Antiquariat. Ein Zeitschriftenangebot, das auch das einbezieht, was in unseren Nachbarlän-dern sowie in England, Italien, Spanien und vieleicht auch in China herausgege-ben wird. Eine gemütliche Leselounge und natürlich viele Veranstaltungen mit Autoren, Köchen und Kritikern.

Was kommt bei „coledampf s culinari-schem ort“ auf die teller?Wir starten um 9 Uhr mit einem Früh-stücksangebot, frisch, leicht, vitamin-reich sind hier die wichtigsten Attribute.Das von Backhilfen aufgeplustere Bröt-chen, ein mickriges Salatblatt, Salami, Mayonaise, das wird es nicht geben. Da-für Müsli, Salate, Schnittchen, vielleicht eine Brennesselbouillon oder ein Lachs-tatar mit Dillschmand. Dabei lassen wir uns zum Beispiel von der Kopenhagener Smørrebrød-Königin Ida Davidsen inspi-rieren, vor allem aber werden wir vom ersten Tag an die Gäste fragen, was sie wünschen.

Woher sollen die gäste an dieser ziem-lich zugigen ecke denn kommen?Die ersten werden diejenigen sein, die im Aufbau Haus arbeiten. Dann deren Gäste und Kunden. Und wir hoffen na-türlich, dass auch kulinarisch interes-sierte Berliner unseretwegen ins Aufbau Haus kommen. Nebenbei gesagt: ich bin mir ziemlich sicher, das sich der Moritz-platz in den nächsten Jahren kräftig ent-wickeln wird.

sie eröffnen auch ein bistro?Ja, täglich ab 11 Uhr bietet unsere Bis-troküche Gerichte an, denen wir das Etikett bürgerlich-bodenständig verpasst haben. Für die ganz eiligen Gäste servie-ren wir kleine Flammkuchen und zwar nicht nur der klassischen Art, sondern beispielsweise auch süß und vegeta-risch. Daneben gibt es wechselnde Sup-pen, Tagesgerichte und Desserts. Hier bekennen wir uns klipp und klar zur Region. Es wird also weder Thunfi sch-

Brit Lippold, 49, geboren in Berlin-Köpe-nick, Studium der Kulturwissenschaften in Berlin. 2001 Eröffnung der kulinarischen Buchhandlung „Kochlust“ mit Kochschule.

Volker Rüger, 53, geboren in Elberfeld/Nordrhein-Westfalen, Kochlehre. Seit 1977 in Berlin. Selbständiger Gastronom (u.a. Bovril) und Cateringunternehmer.

tatar auf Avocadocreme noch Jakobs-muschelcarpaccio auf Reisnudelsalat geben.

um gottes Willen, was dann? etwa berliner eisbein?Warum nicht, etwa vom Knochen gelöst, ohne Fett, mit knusprig gebratenen fei-nen Schwartenstreifen in einer Erbsen-suppe?

geht es auch etwas leichter?Bitteschön. Brunnenkressesalat mit Räucherlachs und Meerrettichmousse, Gemüse-Spagetti mit Kohlrabisauce, Ta-felspitzsülze auf Feldsalat — reicht das?

Danke, das klingt nach feiner regio-nalküche...Genau das haben wir vor — frische Pro-dukte realistisch zubereitet. Keine Ex-perimente, eine klare Aussage auf dem Teller und ein bezahlbarer Preis. Das letzte Wort hat natürlich täglich der Küchenchef, auch darüber, was wir als hauseigene Convenience verkaufen. Auf jeden Fall wird es das geben, einge-weckte Rindsroulade zum Beispiel oder Königsberger Klopse — natürlich ohne Geschmacksverstärker und anderen E-Kram.

sie planen also, lebensmittel zu ver-kaufen?Richtig — einerseits Halbfertiges, dass wir selbst produzieren, andererseits ein ausgewähltes Feinkostangebot. Auch das wird mit wenigen Ausnahmen von deut-schen Produzenten kommen. Lediglich das, was hierzulande nicht oder unse-rer Meinung nach in nicht ausreichender Qualität hergestellt wird, holen wir aus dem Ausland. Olivenöl etwa kommt aus Piano di Mom-mio in der Toskana, Paniermehl für Wie-ner Schnitzel von Ankerbrot Wien.

alkoholisches scheint bei ihnen ganz außen vor zu bleiben?Nein. Wir starten zum Beispiel mit 26 Weinen, je zwei aus jedem deutschen Anbaugebiet. Andere Gewächse wird es bei uns nicht geben.

Wird das bistro abends zum restau-rant? Wir machen keine Abendgastronomie. Ausgenommen sind Veranstaltungen — sowohl solche, die wir selbst zu kulinari-schen Themen organisieren als auch die, für die wir den „Culinarischen Ort“ ver-mieten. Wer beispielsweise bei uns eine Firmenfeier bucht, bekommt natürlich auch das Angebot, dass wir uns um die Versorgung seiner Gäste kümmern.

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Ein Meiko-Prospekt spricht Bände. „Mit dieser Technik spült die Welt!“, heißt es da. Es folgen Bilder und Beispie-le. Der Deutsche Reichstag in Berlin, das Bundeskanzleramt, der Robinson Club in Göhren-Lebbin, Hotels in Bremen, Hamburg, Heidelberg, Köln, Weimar und Wolfsburg. Das alles sind gute Adressen, ausgezeichnete Referenzen, zumindest, wenn es um deutsche Kunden geht.

Amerikaner allerdings lieben es grö-ßer. Bei ihnen wirkt wohl eher die Tat-sache, dass etwa im Burj Al Arab Dubai, einem der luxuriösesten und teuersten Hotels der Welt, in jeder der 28 Etagen zwei Meiko-Spülmaschinen arbeiten.

Klaus-Peter Karnstedt, Geschäftsfüh-rer der Berliner Meiko Werksvertretung hofft, dass er mit diesem Gedanken richtig liegt.

Denn Karnstedt hat sich an einer Ausschreibung beteiligt, die, wenn sein Unternehmen den Zuschlag erhält, der Werksvertretung den größten Umsatz in ihrer bisherigen Firmengeschichte be-scheren könnte.

Es geht um die Hilton Company und um die Ausstattung ihres Berliner Wal-dorf-Astoria-Hotels, das derzeit im Charlottenburger Zoofenster-Hochhaus gebaut wird.

Das Fünf-Sterne-plus-Hotel für höchs-te Ansprüche soll im Herbst 2011 eröff-net werden und den ohnehin engen Ber-liner Hotelmarkt weiter aufmischen.

Bis dahin jedoch ist noch viel zu tun — und dazu gehört eben auch, dass Spültechnik auf den Etagen und in den Küchen des Hauses installiert wird. Spül-technik in Größenordnungen.

Karnstedt ist ein Profi und bleibt in der Regel ruhig, bis die Würfel gefallen sind. Diesmal jedoch ist das alles ein bisschen anders.

Ende des Jahres wollen die Hilton-Manager die Entscheidung treffen. „Das wäre ein Ding...“, sagt Karnstedt. Mehr allerdings ist aus dem Mecklenburger nicht herauszubekommen.

Auf der Rostocker Gastro-Messe Mitte November herrschte am Meiko-Stand in dieser Sache aber durchaus gute Stim-mung. Der Grund liegt auf der Hand: das

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Meiko ante portasspÜltechniK fÜr Das berliner WalDorf-astoriaVon yVonne Weinlich

LEBENSART Meiko ante portas

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Unternehmen hat etwas zu bieten — ein komplettes Spülmaschinenprogramm, angefangen beim kleinen Gläserspüler FV 28 G mit eingebautem Umkehr-Osmo-semodul bis zum Korbtransportautoma-ten K 160.

Karnstedt und seine Leute werden auch in Rostock nicht müde, vor allem das Umkehr-Osmosemodul zu erläutern und auf dessen Vorteile hinzuweisen: „Das Meiko-System bietet einen Rein-heitsgrad der Entsalzung des Wassers von ca. 98% und eine optimale Leistung auf kleinstem Raum. Das Polieren von Gläsern entfällt.“

„Das kann derzeit tatsächlich kein an-derer“, so Karnstedt.

Exklusivität überzeugt. Die Berliner Meiko Werksvertretung hat in den letz-ten zweieinhalb Jahren den Verkauf von Gläserspülmaschinen in ihrem Vertriebs-gebiet immerhin versechsfacht.

Möglicherweise sind auch das gute Argumente, wenn es um die Ausstattung des Waldorf-Astoria in Berlin mit mo-dernster Spültechnik geht.

131 GARÇON

Meiko ante portas LEBENSART

www.meiko.de

meiKo WerKsVertretung berlin

Industriestraße 2115366 Dahlwitz-Hoppegarten

Tel. 03342 - 4 20 24-0

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Deutschland, einig Weintrinkerland? Mitnichten. Lediglich die Westler und Südwestler können beim jährlichen Pro-Kopf-Genuss international einigermaßen mithalten.Der Rest — inklusive Hauptstadt — lan-det unter ferner liefen. Im deutschen Durchschnitt stehen damit nur rund 24,1 Liter zu Buche — das ist Platz 27 in der derzeitigen Weltrangliste.Angeführt wird sie von einem kleinen Land, dessen Einwohner pro Kopf und Jahr sage und schreibe 66,7 Liter Wein konsumieren.

Wir wollen heute wissen, wo auf der Welt der Wein-Pro-Kopf-Verbrauch am höchsten ist.

a in andorra?

b in liechtenstein?

c im Vatikan?

Ihre Antwort bitte an:

bildart media Verlag gmbh redaktion garÇonmarzahner promenade 2612679 berlin

e-mail: [email protected]

Die Gewinne, drei Kochbücher deut-scher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsen-deschluss ist der 31. Januar 2011. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.

gastroQuiZ

b in liechtenstein?

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HERAUSGEBERBild Art Media Verlag GmbHMarzahner Promenade 26, 12679 BerlinFon 0 30 - 28 86 79 70Fax 0 30 - 28 86 79 [email protected]/garcon24

REDAKTIONYvonne Weinlich (V.i.S.d.P.),Jörg Teuscher, Hans-Jürgen Bergs, Heiko Gralki, Claudia Lerch, Marc Steyer, Anna Weber, Aziza Soibnazarova (Praktikantin)

AUTOREN DIESER AUSGABELee Ann Dördrechter, Marcus Fuhrmann, Maximilian Herzog, Susanna Kraus, Andreas Langholz, Janusz-A. Lerch, Renate Peiler, Wolfgang Schuhmacher, Billy Wagner

GRAFIK & LAYOUTMaik Kleinhanns/davin-cwww.davin-c.de

TITELKarin Baetzwww.karindrawings.de

FOTOSHeiko Gralki, Jörg Teuscher, Ursula Cöbler, Dolder Hotel AG (Pablo Faccinetto, Peter Hebeisen, Stefan Schmidlin), Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Gerd Hammes (privat), Archiv Garcon, Archiv Diener, Archiv Feuerhorst, Archiv VAU, Archiv Zander

ANZEIGEN Yvonne Weinlich, Henriette Jü[email protected]

BEZUGSHINWEISEZu beziehen in Zeitschriftenhandlungen oder im Abonnement über den Verlag. Einzelheftbestellung: Jedes Heft kostet 4,00 € zuzüglich 1,80 € anteilige Versandkosten pro Sendung. Bezah-lung nach Erhalt der Rechnung oder im Lastschrifteinzugsver-fahren.

Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbil-dungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung be-darf der Zustimmung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Unterlagen und Fotos wird keine Haftung über-nommen. Über die Verwendung der Materialien entscheidet die Redaktion. Eine Rückantwort ist nicht vorgesehen, wenn nicht individuelle Absprachen dem entgegen stehen. Aufnahme in Online-Dienste, Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach schriftlicher Bestätigung des Verlages.

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