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1 Die Reportage (Animal Planet) von Belice Bemont

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Die Reportage

(Animal Planet)

von

Belice Bemont

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Animal Planet

Dies ist das Jahr 2326. Vor über einem halben Jahrhundert landeten die

ersten Siedler auf einem Planeten, der beinahe wie ein kleinerer Bruder der

Erde wirkte. Neben der Größe unterschieden sich die Planeten nur

dadurch, dass es auf diesem Planeten keine eigene Tierwelt gab.

Gleich nach der Erschließung des Planeten, den die Siedler "Animal Planet"

tauften, verabschiedeten sie das "Allgemeingültige Petgesetz", das dafür

sorgte, dass Petplay nicht nur legal, sondern zum normalen und

allgegenwärtigen Alltag des Planeten wurde.

Heute leben mehr als fünfzig Millionen Menschen auf dem Planeten. Viele

von ihnen sind dort geboren worden, einige haben ihr gesamtes Leben dort

verbracht. Blühende Städte und verschlafene Dörfer haben sich überall auf

dem kleinen Kontinent entwickelt.

Nach dem Allgemeingültigen Petgesetz ist jeder Bürger des Planeten

verpflichtet, Besitzer von mindestens einem eigenen Pet zu sein. Wer gegen

das Gesetz verstößt oder sich freiwillig meldet, wird durch das

Ministerium für Pets, Halter und Züchter (MPHZ) selbst in ein Pet

verwandelt.

Einmal verwandelt, gibt es keinen Weg mehr zurück. Die Tierart und Rasse

lässt sich nicht mehr ändern, eine Rückverwandlung ist ausgeschlossen.

Gleichzeitig verliert das Pet alle seine Rechte und wird zum persönlichen

Eigentum des neuen Besitzers, der es benutzen, vermieten oder verkaufen

kann.

______________

3

Traumjob

"Gestern kam es zu einem Unfall in der Trakehnerstraße, als zwei

Kutschen mit hoher Geschwindigkeit kollidierten. Während die Fahrer

nur leichte Verletzungen davon trugen, wurden drei der vier beteiligten

Pferde schwerer verletzt und mussten in die nahe gelegene Petklinik

gebracht werden."

Cornelia seufzte und löschte den letzten Satz, um ihn in

leicht veränderter Form erneut einzutippen.

"Beide Fahrer wurden nur leicht verletzt, während drei der

Kutschpferde mit schwereren Verletzungen in die nahe gelegene

Petklinik gebracht wurden."

Sie las den Satz noch einmal durch, zuckte leicht mit den

Schultern und warf erneut einen Blick auf den Polizeibericht, den

sie gerade in einen Zeitungsartikel umwandelte.

"Kutsche A nimmt Kutsche B die Vorfahrt, uneinsichtige Stelle."

Cornelia seufzte erneut und begann wieder zu tippen.

"An der unübersichtlichen Kreuzung zur Hufeisengasse

missachtete einer der Fahrer der Kutsche die Vorfahrt..."

Vier Jahre Studium und sie schrieb einen Unfallbericht.

Wenn es die Ausnahme gewesen wäre, hätte Cornelia sich daran

vermutlich nicht gestört. Doch trauriger Weise war dieser Bericht

das Spannendste, was sie in dieser Woche gemacht hatte. Dabei

war sie anfangs so froh darüber gewesen, diesen Job bekommen

zu haben.

4

Es war inzwischen über ein halbes Jahr her, dass Cornelia

ihr Studium der Journalistik abgeschlossen hatte. Ihre Noten

waren zwar nicht herausragend, aber im Großen und Ganzen

ganz ordentlich gewesen. Anfangs hatte es auch noch ganz gut

ausgesehen, sie hatte direkt einen der begehrten

Praktikumsplätze bei einer der größeren Wochenzeitungen

ergattern können. Doch schon nach vier Wochen hatte sich

herausgestellt, dass es dort keinen Platz für eine Festanstellung

gab.

Die folgenden Monate hatte sie sich von einem Praktikum

zum nächsten gehangelt, ohne dabei einer Festanstellung wirklich

näher zu kommen. Als sie ihre Hoffnung bereits fast aufgegeben

hatte, bekam sie von einer Freundin den Tipp, sich bei der

Tillburg Post, einer größeren Tageszeitung n Richwood, zu

bewerben.

Ohne wirklich daran geglaubt zu haben, hatte Cornelia ihre

Bewerbung abgeschickt und war tatsächlich zu einem Gespräch

eingeladen worden. Vor knapp drei Monaten hatte sie schließlich

den Job bekommen, den sie sich immer gewünscht hatte, ihren

ganz persönlichen Traumjob. Kurzerhand war sie nach Tillburg

gezogen und konnte sich nun Junior Redakteurin der Tillburg

Post nennen.

Cornelia legte den Polizeibericht zur Seite und strich sich die

braunen Haare ihres Ponys aus dem Gesicht. Sie lehnte sich

zurück und überflog noch einmal den Text, den sie geschrieben

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hatte. Er war nicht gerade herausragend, aber was sollte sie aus

einem Unfallbericht auch großartiges machen?

In den Vorlesungen hatte sie viel darüber gelernt, wie man

sachlich berichtete, worauf man bei Interviews achten musste und

welche Vorzüge die verschiedenen Medien mit sich brachten. Ihre

Professoren schienen jedenfalls nicht davon ausgegangen zu sein,

dass ihre Studenten später Verkehrsnachrichten abtippten. Im

Gegenteil, nach deren Aussagen war es praktisch nur eine Frage

der Zeit, bis jeder einzelne Student einen der begehrten

Journalistenpreise gewann.

"Bis es mal so weit kommt bin ich vermutlich schon kurz vor

der Rente", dachte Cornelia und ließ den Blick durch das Büro

schweifen. In dem mittelgroßen Raum befanden sich ein halbes

Dutzend Schreibtische, an denen die Mitarbeiter der Zeitung ihre

Arbeit verrichteten. Das Tippen der Tastaturen erfüllte den

ansonsten ruhigen Raum und verstummte nur äußerst selten,

wenn eines der Telefone klingelte und der Angerufene so seine

Arbeit unterbrechen musste.

Bevor jemand auf sie aufmerksam wurde und vielleicht auf

die Idee kam, dass sie nicht genug zu tun hatte, beugte Cornelia

sich vor, senkte den Blick und begann mit ihrer nächsten

Aufgabe. Unmotiviert zog sie einen Stapel Papiere an sich heran,

die einer ihrer Kollegen mit Notizen vollgekritzelt hatte. Stumm

fragte sie sich, wie es jemanden geben konnte, der für so etwas

tatsächlich noch Papier benutzte. Normalerweise gab es dafür

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Tablets, doch zumindest Herr Nestler, der zwei Tische weiter saß,

schien davon nichts mitbekommen zu haben. Sie warf dem

schwarzhaarigen Mann, der jeden Tag ein weißes Hemd mit einer

karierten Krawatte trug und vermutlich noch nicht einmal ihren

Namen kannte, einen missmutigen Blick zu, ehe sie sich an die

Arbeit machte.

Sie hatte eine halbe Stunde gearbeitet, als ein Mann mit

kurzen dunklen Haaren durch das Büro und auf ihren Tisch zu

schlenderte.

"Hey Conny, wie immer fleißig bei der Arbeit?", fragte er mit

beinahe säuselnder Stimme und setzte sich grinsend auf die Ecke

ihres Schreibtisches. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr

er fort: "Ich seh schon, wie immer voll bei der Sache. Aus dir wird

noch einmal was!"

Cornelia sah zu ihm auf und gab sich Mühe, nicht die Augen

zu verdrehen. Erik Horn war so etwas wie der Star dieser

Zeitung, zumindest glaubte er selbst das. Seine schwarzen Haare

waren immer akurat mit einer Menge Haargel nach hinten

gebürstet, die Lippen permanent zu einem falschen Grinsen

verzogen. Zwar mochte sie ihn nicht gerade, aber immerhin

schien er nahezu der Einzige zu sein, der wenigstens ihren

Namen kannte - auch wenn Cornelia vermutete, dass dies bei

allen weiblichen Mitarbeitern zutraf. Sie bemerkte, dass Eriks

Augen kurz auf ihrem Dekolleté hafteten, ehe er ein kleines Gerät

aus der Brusttasche seines Hemdes zückte.

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"Du kannst mir doch bestimmt einen kleinen Gefallen tun?

Ich hatte gerade ein ganz unterhaltsames Interview mit Frau

Burke vom Stadtrat. Ging um diese Geschichte von neulich, der

Auftrag für die Wahlplakate. Ich brauch es nachher auf dem

Rechner, aber ich muss gleich zum Chef. Könntest du das für

mich transkribieren?"

Ein genervtes Seufzen unterdrückend nickte Cornelia mit

dem Kopf. "Klar, kann ich machen. Wie viel ist es denn?"

Erik drückte ihr das Aufnahmegerät in die Hand und

lächelte nun noch breiter. "Nicht viel, etwa eine halbe Stunde.

Danke, ich muss los!"

Sie sah ihm nach und legte das Aufnahmegerät stumm

fluchend vor sich auf den Tisch. Nicht viel war die Untertreibung

des Tages. Es würde vermutlich den halben Nachmittag dauern,

das Gespräch abzutippen. Noch schlimmer aber war, dass sie in

den kommenden Stunden andauernd die schleimige Stimme von

Erik würde anhören müssen.

Sie schob das kleine Gerät zur Seite und wollte sich gerade

wieder an die Notizen machen, als die übrigen Mitarbeiter ihre

Arbeit unterbrachen, sich erhoben und miteinander tratschend

das Büro verließen.

Cornelia warf einen kurzen Blick auf die Uhr und stellte fest,

dass die Mittagspause gerade angefangen hatte. Wie üblich

hatten ihre Kollegen sich auf den Weg zu einem der umliegenden

Restaurants gemacht, um zu Mittag zu essen.

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Sie selbst war noch nie gefragt worden, ob sie mitwollte.

Eigentlich kam ihr das nicht ganz ungelegen, denn die Schulden,

die sie während des Studiums angesammelt hatte, sorgten bei ihr

für einen äußerst schmalen Geldbeutel. Immerhin verdiente sie

jetzt endlich ein halbwegs anständiges Gehalt, doch die langen

Monate unbezahlter Praktika hatten ein tiefes Loch auf ihrem

Konto hinterlassen.

Vielleicht war das der Grund dafür, dass sie trotz der

frustrierenden und alles andere als erfüllender Arbeit gute Miene

zum bösen Spiel machte und sich nach Möglichkeit nichts

anmerken ließ. Sie durfte diesen Job nicht verlieren, ansonsten

würde sie noch größere finanzielle Probleme bekommen, als sie

ohnehin schon hatte. Zwar wünschte sie sich anspruchsvollere

Aufgaben, aber die würden sicher irgendwann noch kommen.

Die Zeitung würde sie kaum dauerhaft mit

Praktikantentätigkeiten beschäftigen - zumindest nicht für den

Lohn, den sie nun dafür bekam.

Rasch tippte sie den angefangenen Satz noch zu ende, ehe

sie ihren Rechner sperrte und sich erhob. Während sie nach ihrer

Handtasche griff, warf sie einen kurzen, prüfenden Blick in den

Spiegel, der nahe der Tür an der Wand angebracht war. Mit der

dunklen Schlaghose und der hellen Bluse wirkte sie ein wenig

älter, aber auch souveräner als in ihren abgetragenen

Freizeitklamotten, die sie immer zur Uni getragen hatte.

Normalerweise trug sie Blusen nicht besonders gerne, da sie

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zumeist ihre ohnehin schon recht große Oberweite noch

zusätzlich betonte, doch auf der Arbeit ging es nicht anders.

Kleine Opfer mussten nun mal gebracht werden, wie es so schön

hieß.

Cornelia strich sich noch einmal den Pony aus dem Gesicht

und verließ das Büro. Auch ihr Magen knurrte, so dass sie sich

wenigstens ein belegtes Brötchen aus der Stadt holen wollte.

Wenn sie schon nichts Interessantes zu tun hatte, wollte sie dabei

zumindest nicht hungern müssen.

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Die große Chance

Eine halbe Stunde Entspannung und ein Käsebrötchen

hatten Cornelias Stimmung deutlich gebessert. Mit einem Lächeln

auf den Lippen kehrte sie zurück zu ihrem Schreibtisch und gab

ihr Passwort ein. Zwar waren die Aufgaben über den Mittag nicht

spannender geworden, aber wenigstens würde sie in absehbarer

Zeit Feierabend haben. Da das Wochenende bevorstand, würde

sie zumindest die kommenden beiden Tage kreativer gestalten

können, als ihren Arbeitsalltag.

Sie hatte gerade wieder angefangen zu arbeiten, als Herr

Nestler zu ihrem Tisch herüber kam. Stumm wartete er, bis sie

ihre Aufmerksamkeit auf sie richtete, ehe er fragte: "Haben Sie

meine Notizen schon abgeschrieben?"

Cornelia schüttelte leicht mit dem Kopf. "Noch nicht, aber

ich bin gleich fertig. Die letzten paar Seiten fehlen noch."

"Gut. Bitte schicken Sie mir die Datei gleich rüber, wenn Sie

so weit sind", meinte er, drehte sich schon halb um, ehe ihm noch

etwas einfiel. "Ach ja, der Chef hat gesagt, sie sollen in sein Büro

kommen."

Verwundert erwiderte sie: "Okay? Hat er gesagt, worum es

geht?"

"Nein. Vergessen Sie meine Notizen nicht", antwortete Herr

Nestler, der sich bereits wieder auf den Weg zu seinem eigenen

Schreibtisch gemacht hatte.

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Cornelia überlegte kurz, ob sie die Notizen erst fertig

abschreiben sollte, doch die Aufforderung des Chefs schien ihr

wichtiger zu sein. Sie sperrte den Rechner erneut und überlegte,

was Herr Lütke wohl von ihr wollte. Für ihre Arbeit loben würde

er sie wohl kaum, schließlich hatte sie praktisch nur den Anderen

zugearbeitet. Oder hatte sich etwa einer ihrer Kollegen über sie

beschwert?

Verunsichert verließ sie das Büro und ging den Flur entlang.

Hatte sie vielleicht ihren Unmut über die Aufgaben nicht gut

genug versteckt? Wenn sie wirklich negativ aufgefallen war,

wurde es gefährlich für sie. Immerhin befand sie sich noch in der

Probezeit und sie brauchte den Job, um ihre Rechnungen zahlen

zu können und die Schulden zu begleichen. Viel Spaß brachte es

derzeit zwar nicht, aber das war alles noch besser, als wieder

Bewerbungen zu schreiben und unbezahlte Praktika machen zu

müssen.

Als sie vor der Bürotür des Chefs angekommen war, zog

sich ihr Magen unwillkürlich zusammen. Hoffentlich ging es um

etwas anderes, hoffentlich bekam sie keinen Ärger. Bei ihrem

Vorstellungsgespräch hatte Mr. Lüke einen netten und

zuvorkommenden Eindruck gemacht, aber was hatte das schon

zu bedeuten? Bei solchen Gesprächen waren schließlich alle

Menschen höflich, oder nicht?

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Cornelia klopfte gegen die Tür und versuchte sich zu

beruhigen. Eigentlich hatte sie doch gar nichts zu befürchten. Gut,

sie hatte bisher keine herausragenden Leistungen gezeigt, aber

man hatte ihr dazu ja auch keine Gelegenheit gegeben. Die

Aufgaben, die man ihr gegeben hatte, hatte sie immer ohne

Murren erledigt.

"Herein", war eine gedämpfte Stimme zu hören.

Sie legte die Hand auf die Türklinge, gab sich dann einen

leichten Ruck und öffnete die Tür.

Herr Lübke war ein älterer Mann mit ergrautem Haar, das

jedoch nicht über seine wachen Augen hinwegtäuschen konnte.

Er trug ein kurzärmliches Hemd und saß hinter seinem

Schreibtisch, der einen nicht unerheblichen Teil des Zimmers

einnahm. An den Wänden waren die eingerahmten Titelblätter

besonders erfolgreicher Ausgaben der Tillburg Post zu sehen.

"Sie wollten mich sprechen?", fragte Cornelia behutsam und

blieb in der Tür stehen.

Ihr Chef nickte und winkte ihr zu. "Richtig. Kommen Sie

herein Frau Steinfeld, setzen Sie sich bitte."

Cornelia betrat das Büro und stellte leicht überrascht fest,

dass sie nicht alleine waren. Auf einem der beiden schwarzen

Stühle, die vor dem Schreibtisch standen, saß Erik Horn und

schaute ihr mit seinem üblichen, breiten Lächeln entgegen.

Jetzt erst recht verunsichert ließ sich Cornelia auf den

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zweiten Stuhl sinken. Wenn Erik hier war, würde Herr Lübke sie

wohl kaum wegen ihrer unterdurchschnittlichen Motivation

kritisieren? Jedenfalls konnte sie sich nicht vorstellen, dass

ausgerechnet er sich über ihre Arbeitseinstellung beschwert hatte.

Aber warum hatte man sie dann hier her zitiert?

"Frau Steinfeld, wenn ich mich nicht irre, sind Sie nun knapp

drei Monate bei uns, richtig?", vergewisserte sich Herr Lübke. Er

hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und beobachtete

Cornelia und Erik gleichermaßen.

Noch immer leicht beunruhigt antwortete Cornelia: "Ja,

richtig. Ende kommender Woche sind es drei Monate." Das war

genau der Rahmen ihrer Probezeit. Ob er es darauf abgesehen

hatte? Sie legte ihre leicht zitternden Hände in ihrem Schoß

ineinander und versuchte, ganz entspannt zu wirken.

"Richtig, richtig", meinte Lübke und richtete den Blick nun

ganz auf seine junge Mitarbeiterin. "Frau Steinfeld, sind Sie

zufrieden mit der Art Ihrer Arbeit?"

Cornelia blinzelte einige Male und überlegte, was sie

erwidern sollte. Das Gespräch schien genau den Verlauf zu

nehmen, den sie befürchtet hatte. Was sollte sie nun sagen? Sie

durfte nicht zu schlecht über ihre Aufgaben sprechen, aber

vielleicht erwartete ihr Chef auch, dass sie nach Höherem strebte?

Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu, doch es gelang ihr nicht,

in seinem Gesicht eine bestimmte Tendenz zu erkennen.

"Ich bekomme einen guten Eindruck von der alltäglichen

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Arbeit und den verschiedenen Aufgabengebieten", erklärte sie

schließlich und wich damit der eigentlichen Frage aus.

Mr. Lübke lächelte wissend, sagte jedoch nichts. Mit seinen

wachsamen Augen musterte er Cornelia, bis sie schließlich

hinzufügte: "Aber... gegen ein wenig mehr Herausforderung hätte

ich auch nichts einzuwenden."

"Na, das will ich aber doch meinen!", mischte sich Erik ein

und schaute mehrfach zwischen Cornelia und ihrem Chef hin

und her. "Unsere Conny hier ist doch komplett unterfordert. Da

stellen wir eine Absolventin der Universität von Kingston ein und

geben ihr dann Aufgaben, die auch ein Schüler erledigen könnte -

nichts gegen dich Conny!"

Verdattert sah Cornelia ihn an. Sie hatte zwar nicht gedacht,

dass Erik sich über sie beschwert hätte, aber dass er sich so sehr

für sie einsetze, hatte sie für genau so unwahrscheinlich gehalten.

Sie hatte in den drei Monaten noch nie erlebt, dass Erik sich um

irgendwen außer sich selbst kümmerte.

Der Chef fasste zusammen: "Man könnte also sagen, dass Sie

mit Ihrer derzeitigen Arbeit unterfordert sind?"

Cornelia schluckte leise. Natürlich war sie das, doch sie

wusste noch immer nicht, was die Absicht der beiden Männer

war. Zwar deutete die Anwesenheit von Erik darauf hin, dass sie

mit interessanteren Aufgaben konfrontiert werden sollte, doch es

war auch möglich, dass der Chef zu dem Schluss gekommen war,

dass ihre Arbeit genauso gut von einer Praktikantin erledigt

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werden könnte, und man daher auf ihre weitere Mitarbeit

verzichten würde.

Sie bemerkte die gespannte Stille im Raum und antwortete

hastig: "Naja, also... ich denke schon, dass ich mit

herausfordernden Aufgaben zurecht kommen würde."

"Das habe ich mir gedacht", griff Erik ihre Worte auf, als

hätte er nur darauf gewartet.

Zu Cornelias großer Erleichterung schien ihre Antwort

richtig gewesen zu sein, denn auch auf dem Gesicht ihres Chefs

zeichnete sich ein sanftes Lächeln ab. "Ich habe mit Herrn Horn

gerade über ein größeres Projekt gesprochen, das gewisse

Vorbereitungen erfordert. Allerdings kann er das nicht alleine

machen, sondern braucht ein wenig Unterstützung."

"Und wer könnte dafür besser geeignet sein, als eine

motivierte Absolventin der Universität von Kingston?", warf Erik

mit einem besonders breiten Grinsen ein.

"Vielen Dank", erwiderte Cornelia erfreut, aber auch ein

wenig verwirrt. Sie hatte nie wahrgenommen, dass sie Erik

positiv aufgefallen sein könnte, auch wenn er sich immerhin

ihren Namen gemerkt hatte. Dass er sie nun als Unterstützung

vorschlug, war umso überraschender. Immerhin gab es weitaus

erfahrenere Mitarbeiter bei der Tillburg Post.

Sie spürte, wie sich ihr Puls und ihre Atmung ein wenig

beruhigten, nachdem die Gefahr einer möglichen Kündigung

sich als nichtig herausgestellt hatte. Stattdessen brandete nun

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Neugierde in ihr auf. "Um was für ein Projekt handelt es sich

denn?", erkundigte sie sich und schaute abgewechselt zwischen

den beiden Männern hin und her.

Ausnahmsweise hielt Erik sich zurück, so dass sein

Vorgesetzter das Wort ergriff: "Es geht um eine heikle Sache. Sagt

Ihnen "BioUdders" etwas?"

Cornelia überlegte kurz, ehe sie langsam nickte. "Ja, ich

glaube schon. Die Produzieren Biomilch, oder? Ich meine, das

mal im Supermarkt gesehen zu haben."

"Richtig", stimmte Lübke zu und erklärte: "Genau

genommen ist BioUdders der wohl größte Produzent von

Biomilch auf ganz Animal Planet. Den letzten veröffentlichten

Zahlen zufolge stehen in den Ställen des Unternehmens über

1.000 Rinder."

Die junge Frau lauschte aufmerksam und nickte leicht, um

zu zeigen, dass sie verstanden hatte. Das BioUdders so groß war,

hatte sie nicht gewusst. Es gab nur wenige Betriebe auf Animal

Planet, die eine derartige Größenordnung erreichten.

"Das Geschäft mit der Biomilch scheint sehr erfolgreich zu

sein, jedenfalls weißt der Betrieb seit Jahren gute Zahlen aus und

hat sich stetig vergrößert", berichtete Lübke weiter.

Cornelia konnte sich gut vorstellen, dass die Zahlen

stimmten, Obwohl Biomilch deutlich teurer war, bestand offenbar

eine reichliche Nachfrage. Zumindest in ihrem Supermarkt kam

es des Öfteren vor, dass das entsprechende Regal nahezu leer

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war.

"In den letzten Monaten häuften sich jedoch Gerüchte, dass

die Milch von BioUdders nicht ganz so sauber ist, wie sie

angeblich sein soll", griff Erik den Faden seines Vorgesetzten auf.

"Was genau meinen Sie damit?", hakte Cornelia nach. Ihre

Neugierde war entgültig geweckt, auch wenn sie sich mit dem

Thema bisher nie wirklich auseinandergesetzt hatte.

Erik begann zu erklären: "Du weißt doch sicher, dass

Biomilch einige Kriterien erfüllen muss, damit es als solche

bezeichnet werden darf. Die Kühe dürfen beispielsweise kein

Conticesens Sententiae oder ProMilk zugeführt bekommen.

Damit soll gewährleistet werden, dass die Milch so natürlich wie

möglich ist und sich darin auch keine Zusatzstoffe befinden."

"Und bei der Milch von BioUdders konnten diese Stoffe

nachgewiesen werden?", erkundigte sie sich mit leicht gerunzelter

Stirn.

"Nein, bisher jedenfalls nicht", entgegnete Erik. "Allerdings

muss das nicht unbedingt heißen, das sich wirklich keine

Zusatzstoffe darin befinden. Solche Tests werden ja immer nur

stichprobenhaft und nach Vorankündigung durchgeführt.

Außerdem ist es möglich, dass nur bei einem Teil der Kühe

verbotene Substanzen zum Einsatz kommen. Das sagen jedenfalls

unsere anonymen Quellen."

Cornelia ahnte, dass sie da an einer größeren Geschichte

dran waren. Sollten die Anschuldigungen stimmen, handelte es

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sich um einen der größten Lebensmittelskandale der letzten zehn

Jahre. "Also wollen wir darüber berichten?", fragte sie,

hauptsächlich, um auch etwas zur Diskussion beizutragen.

"Ja, aber nur auf Basis dieser anonymen Aussagen können

wir so etwas nicht veröffentlichen", gab Lübke zu bedenken. "Wir

haben keine Beweise, so dass BioUdders uns sofort verklagen

würde."

Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe. Daran hatte sie

nicht gedacht. Wenn sie ihre Aussagen nicht beweisen konnten,

würden sie damit auch nicht an die Öffentlichkeit gehen können.

Ansonsten wäre nicht nur die Zeitung, sondern auch der Ruf aller

beteiligten Journalisten ruiniert.

"Woher stammen denn die Anschuldigungen?", erkundigte

sie sich.

Lübke antwortete: "Zwei dieser Aussagen konnten wir zu

ehemaligen Mitarbeitern des Betriebs zurückverfolgen. Beweise

konnten sie uns aber nicht liefern, so dass es nicht sicher ist, ob sie

die Wahrheit sagen, oder nur ihrem ehemaligen Arbeitgeber

schaden wollen."

"Sieht also ganz danach aus, als ob wir uns die Beweise

selbst beschaffen müssen", schloss Erik. Er wirkte geradezu

begeistert über die Tatsache, dass der Artikel mit derartigen

Schwierigkeiten verbunden war. Vermutlich, weil er so seine

eigene Stellung als Besonderer Journalist noch ausbauen konnte.

"Wie sollen wir das machen?", fragte Cornelia ganz offen

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heraus. Ihr kamen verschiedene Möglichkeiten in den Sinn, doch

keine schien ihr besonders erfolgsversprechend zu sein. Sie

mussten irgendwie an belastbare Milch gelangen, und das fertige

Endprodukt aus dem Supermarkt schien dafür nicht geeignet zu

sein, weil in ihr keine verbotenen Substanzen nachweisbar waren.

Doch wie passte das mit den Anschuldigungen zusammen?

Wurde die Milch mit Unbelasteter gemischt, bis der Anteil gering

genug war, um nicht mehr aufzufallen?

Sie bemerkte, wie die beiden Männer einen kurzen Blick

tauschten, ehe Erik antwortete: "Darüber haben wir auch eine

Weile nachgedacht. Schließlich sind wir zu dem Schluss

gekommen, dass wir die Informationen von außen nicht

bekommen können. Das heißt, dass wir uns in den Betrieb

einschleusen müssen."

"Über unsere Kontakte ist es uns gelungen, Herrn Horn eine

Anstellung als Stallarbeiter bei BioUdders so beschaffen -

natürlich unter einer falschen Identität", erläuterte Lübke.

"Das alleine wird aber vermutlich nicht ausreichen, um die

Beweise zu erbringen. Wenn ich beispielsweise verräterische

Blutwerte bei einer Kuh finde, fehlen mir die nötigen

Vergleichswerte um aufzuzeigen, dass sie tatsächlich nur durch

Manipulationen seitens des Stallbetriebs zustande gekommen

sein können", bemängelte Erik.

Cornelia legte die Stirn in Falten. Sie hatte plötzlich eine

Ahnung, in welche Richtung dieses Gespräch gerade lief. Stumm

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hörte sie weiter aufmerksam zu.

"Aus diesem Grund braucht Herr Horn ihre Unterstützung",

offenbarte Lübke und sah sie nun mit seinen wachsamen Augen

genau an. "Wir würden Sie gerne ebenfalls in den Betrieb

einschleusen, allerdings nicht als Stallarbeiter, sondern als Kuh.

Dadurch könnten wir alle Vergleichswerte erhalten, die wir

brauchen."

"Ich... als Kuh?" Cornelia starrte ihn mit einem leicht

ungläubigen Blick an. Verlangte ihr Vorgesetzter wirklich, dass

sie sich in eine Kuh verwandeln ließ? Sie hatte nicht all die Jahre

studiert und sich durchgekämpft, um jetzt diesen Weg zu gehen.

"Keine Sorge, Ihre Verwandlung wäre selbstverständlich

nicht von Dauer", beschwichtigte Lübke, der offenbar Cornelias

Blick bemerkt hatte. "Wir haben bereits Rücksprache mit einem

befreundeten Mediziner gehalten. Er würde eine

Scheinverwandlung durchführen, die vollständig umkehrbar ist.

Er hat mir versichert, dass sie ihr Leben nach der Recherche

genauso weiterführen könnten, wie vor der Verwandlung."

Die Worte ihres Chefs beruhigten das Mädchen nicht

besonders. Sie hatte noch nie davon gehört, dass je eine

Verwandlung rückgängig gemacht worden war. Das Ministerium

für Pets, Halter und Züchter wies immer wieder darauf hin, dass

diese Veränderungen endgültig waren.

Und selbst wenn sie tatsächlich in ihr jetziges Leben

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zurückkehren könnte, so hieß das doch, dass sie zumindest eine

gewisse Zeit als Pet - oder um genauer zu sein als Kuh - leben

müsste. Natürlich war das ein Umstand, der auf Animal Planet

ganz natürlich zu sein schien. Pets gehörten auf diesem Planeten

zum Alltag und Cornelia, die hier geboren wurde, war damit seit

Kindheitsbeinen an vertraut.

Selbst Verwandlungen waren nichts vollkommen

Unbekanntes für sie. Während des Studiums war es hin und

wieder vorgekommen, dass sich Kommilitonen für diesen Weg

entschieden hatten. Zumeist, wenn sie Probleme mit dem

Studium hatten. Auch Cornelias Noten waren nicht immer so

ausgefallen, wie sie es sich gewünscht hatte, dennoch hatte sie

sich immer durchgebissen, statt diesen einfachen Ausweg zu

wählen. Überhaupt hatte sie sich immer eher auf der Seite des

Pethalters gesehen, so dass sie sich um das Leben als Pet nur

wenige Gedanken gemacht hatte.

Ein anderer Gedanke drängte sich ihr auf. "Warum gerade

ich?", erkundigte sie sich, an beide Männer gewandt. Es war

offensichtlich, dass die Entscheidung, sie für diese Rolle

auszuwählen, nicht so spontan gefallen war, wie es den Anschein

hatte.

Dieses Mal war es Erik, der ihr Frage beantwortete: "Aus

zwei Gründen: Zum einen kann dieser Part natürlich nur von

einer Frau erfüllt werden. Zum anderen bin ich der Meinung,

dass deine Fähigkeiten hier bisher noch nicht richtig zum Einsatz

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kommen konnten."

Cornelia nickte. Die Argumente ihres Mitarbeiters klangen

durchaus logisch. Natürlich schieden die Männer von vornerein

aus, so dass neben ihr nur zwei Mitarbeiterinnen übrig blieben.

Frau Lose war jedoch schon um die 50, so dass sie scheinbar nicht

in Frage kam. Und Frau Jäger war für die High Society zuständig

und alleine aufgrund ihrer persönlichen Kontakte unabkömmlich,

so dass nur sie selbst übrig blieb.

"Mir ist klar, dass der Vorschlag ein wenig unorthodox

klingt. Gleichzeitig ist es für uns aber auch eine große Chance.

Wenn wir einen Beweis finden, wird das der Artikel des Jahres",

merkte Erik an, der sie beobachtet hatte. "Es würde mich nicht

einmal großartig wundern, wenn wir damit den diesjährigen

Investigativpreis gewinnen würden."

Auch damit hatte der Mann vermutlich Recht. Der jungen

Frau war klar, welche Auswirkungen ein derartiger Skandal

hätte. Die Leistung der beiden daran beteiligten Journalisten

würde zweifelsohne Kreise ziehen. In der Zeitungsbranche würde

sie anschließend jedenfalls keine Probleme mehr haben, eine

Anstellung zu finden.

"Ja, das könnte schon stimmen", meinte sie vorsichtig, noch

immer voller Zweifel. Die Aussichten auf einen Erfolg waren

vielversprechend, doch dafür würde sie auch viel über sich

ergehen lassen müssen. Das Leben als Kuh klang für sie nicht

gerade angenehm, und je mehr sie darüber nachdachte, desto

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mehr negative Aspekte fielen ihr ein. Ständige Nacktheit, ein

entwürdigendes Leben im Stall, und da sie sich in einen

Milchbetrieb einschleuste, würde sie unter Garantie auch

gemolken werden. Sie bedachte ihre Oberweite mit einem kurzen

Blick. Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, wie es war,

Milch zu geben.

"Wie lange würde der Aufenthalt im Stall dauern?", fragte

sie.

"Wir rechnen mit vier bis sechs Wochen", antwortete Lübke.

"Selbstverständlich beziehen Sie in dieser Zeit volles Gehalt und

eine entsprechende Aufwandsentschädigung. Ihr Einsatz soll

schließlich nicht zu Ihrem Nachteil sein."

Cornelia kaute auf ihrer Unterlippe herum, ohne zu einer

Entscheidung zu kommen. Wenn sie das Angebot annahm,

würde sie mindestens einen Monat als Kuh leben müssen, hatte

gleichzeitig aber die Chance auf einen großen beruflichen Erfolg.

Zudem könnte sie so einen nicht unerheblichen Teil ihrer

Schulden abzahlen. Lehnte sie jedoch ab, ließ sie damit vielleicht

die beste Gelegenheit aus, die sich ihr jemals bot. Immerhin hatte

sie selbst nach mehr Herausforderung verlangt.

"Ich würde vorschlagen, dass Sie sich die Idee über das

Wochenende in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen",

unterbrach Lübke ihre Gedanken. "Für Montagnachmittag kann

ich ihnen einen Gesprächstermin bei dem Arzt verschaffen, der

Ihnen alle Details dieser temporären Verwandlung erklären kann.

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Danach können sie dann ihre Entscheidung fällen."

Dankbar über diesen Vorschlag stimmte Cornelia zu. Ein

wenig Zeit darüber nachzudenken und das Gespräch mit dem

Arzt waren sicherlich nicht verkehrt.

"Eine Sache noch", merkte der Chef an, "ich muss sicherlich

nicht erwähnen, dass dieses Thema strenger Geheimhaltung

unterliegt? Wenn BioUdders auf irgendeinem Weg von unserem

Vorhaben erfährt, könnte das für Erik und vor allem für Sie selbst

unkalkulierbare Gefahren herbeiführen.

"Natürlich, von mir erfährt niemand etwas", versicherte

Cornelia und erhob sich aus ihrem Stuhl. Sie bedankte sich noch

kurz bei Erik, ehe sie das Büro verließ. Jetzt brauchte sie erst

einmal ganz dringend einen Kaffee und etwas Ruhe.

25

Zuspruch

Cornelia lehnte mit dem Rücken an einen Laternenpfahl und

beobachtete die vorbeiziehenden Menschenmassen. Sie befand

sich vor einem Nebeneingang des Tillburg Ponyrace Stadiums

und wartete darauf, dass ihre Freundin Nadine endlich

auftauchte.

Nachdem sie den gesamten Samstag darüber gegrübelt

hatte, ob sie das Angebot, an dem Artikel über BioUdders

mitzuarbeiten, annehmen sollte oder nicht, war sie froh, sich ein

wenig ablenken zu können. Schon vor zwei Wochen hatte sie sich

mit ihrer besten Freundin für diesen Tag verabredet, um

gemeinsam das Rennen anzusehen.

Die Frühlingssonne meinte es gut mit den Sportbegeisterten,

so dass sich Cornelia für einen blauen, knielangen Rock und eine

dazu passende Bluse über einem weißen Top entschieden hatte.

Zum wiederholten Mal warf sie nun einen Blick auf ihre

Armbanduhr. Nadine war wie immer spät dran.

Erst als die meisten Besucher bereits im Stadion waren,

tauchte ihre Freundin endlich auf. Mit schnellen Schritten und

einem Lächeln, das breiter kaum sein konnte, tauchte sie vor

Cornelia auf.

"Hey Conny! Tut mir leid, ich bin etwas knapp dran",

entschuldigte sie sich, während sie sich gegenseitig einen Kuss

auf die Wange gaben. Nadine war einen halben Kopf größer als

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Cornelia und hatte lockiges, blondes Haar. Auch sie trug einen

Rock, der allerdings eine Handbreit kürzer war und zu ihrem

weit ausgeschnittenen Oberteil passte. Wenn gleich etwas

freizügig, wirkten die Sachen an ihr geschmackvoll.

Cornelia lächelte ebenfalls und erwiderte: "Schon gut, das

bin ich ja schon gewohnt."

"Das klingt ja fast so, als würde ich mich öfter verspäten",

beschwerte sich Nadine mit gespielter Empörung.

"Schon gut, lass uns lieber sehen, dass wir unsere Plätze

finden. Es müsste jeden Augenblick losgehen", meinte Cornelia.

Gemeinsam passierten sie die Drehtore, an denen die Tickets

kontrolliert wurden und folgten einigen Treppen nach oben, die

Tribüne hinauf.

"Hübscher Rock, hast du den neu?", lenkte Nadine das

Gespräch auf ein anderes Thema, um von ihrer Verspätung

abzulenken.

Cornelia schüttelte den Kopf. "Ne, den hab ich schon seit

dem dritten Semester." Tatsächlich hatte sie sich, von neuen

Kostümen und Blusen für die Arbeit abgesehen, schon seit

Monaten nichts mehr zum Anziehen gekauft. Ihre älteren Sachen

sahen immer noch ordentlich aus, zudem ließen ihr die Raten

ihrer Kredite nicht besonders viel finanziellen Spielraum.

"Sieht jedenfalls gut aus", stellte ihre Freundin fest.

Sie hatten die Etage ihrer Sitzplätze erreicht und traten ins

27

Freie. Der Großteil der Sitze waren bereits gefüllt, so dass sie sich

an einer Hand voll Leute vorbei drängeln mussten, ehe sie

endlich ihre eigenen Plätze erreicht hatten. Sie befanden sich auf

der Gegengeraden und lagen hoch genug, dass sie das gesamte

Oval der Rennstrecke gut überschauen konnten.

"Das Rennen läuft schon", ärgerte sich Cornelia. Tatsächlich

galoppierte ein Dutzend Hengste mit hohem Tempo über die

Strecke.

Nadine machte eine beschwichtigende Handbewegung.

"Das ist nur eins der Vorrennen, halb so wild."

Die Hengste bogen gerade auf die Gegengerade ein, so dass

ihre donnernden Hufschritte auf der Tribüne gut zu hören waren.

Bei der Veranstaltung handelte es sich um ein

Langstreckenrennen, im Volksmund auch Animal Planet-Meile

genannt, und erstreckte sich jeweils über drei Runden. Das Feld

hatte sich bereits etwas auseinander gezogen, so dass Cornelia

vermutete, dass sich die Tiere bereits in der zweiten Runde

befanden.

Die Pferde rannten vorbei und Nadine erkundigte sich: "Wie

läuft's auf der Arbeit? Hast du endlich mal eine vernünftige

Aufgabe bekommen?"

Cornelia sah den Hengsten nach, deren Schweife wild im

Takt ihrer schnellen Schritte durch die Luft wirbelten. "Naja, es

geht so. Vielleicht~", erwiderte sie schließlich nach einer kurzen

Pause.

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Ihre Freundin wandte den Blick von den Tieren ab und

musterte sie. "Klingt aber gar nicht überzeugt."

Da war es wieder, das Thema, das sie an diesem Tag am

liebsten komplett vergessen hätte. Eigentlich hatte sie sich auf das

Treffen mit Nadine vor allem deswegen gefreut, weil sie mal

nicht an die Arbeit denken musste. Andererseits wusste sie aber

auch, dass sie mit ihrer Freundin über alles reden konnte.

Vielleicht sollte sie ihr von dem Angebot erzählen?

"Ich hab die ganze Woche wieder nur stumpfen Mist

machen müssen", gestand sie schließlich mit einem leisen

Seufzen.

Nadine machte einen mitleidigen Gesichtsausdruck. "Du

musst denen dringend mal klar machen, dass du total

unterfordert bist!"

"Ja, sollte ich wohl...", entgegnete sie mit matter Stimme. Die

Pferde waren inzwischen in der letzten Runde und jagten dem

Ziel entgegen. Zwei Hengste hatten sich von der restlichen

Gruppe abgesetzt und machten den Wettkampf nun unter sich

aus, während ihre Konkurrenten sich Mühe gaben, den Abstand

nicht zu groß werden zu lassen.

"Am besten du gehst gleich Montag zu deinem Boss, so kann

das doch nicht weiter gehen", entschied Nadine.

Cornelia klatschte, als das erste Pferd die Ziellinie

überquerte. Sie spürte, dass sie ihrer Freundin gegenüber ehrlich

29

sein sollte, schließlich wollte sie ihr helfen.

Als der Jubel nachließ und die nächsten Pferde zu den

Startboxen gebracht wurden, berichtete sie Nadine von dem

Angebot, dass sie am Freitag erhalten hatte. Sie erwähnte zwar

nicht, um welches Unternehmen es sich handelte, ging aber

darauf ein, welche Rolle sie bei der Sache spielen sollte.

Nadine schien einen Augenblick sprachlos zu sein, dann zog

sie ihre Freundin an sich und drückte sie kurz. "Conny, das ist

doch super! Das ist genau die Chance, die du brauchst!"

Cornelia lächelte ihre Freundin nervös an. "Ich weiß nicht

recht. Ich möchte mich zwar beweisen, aber ist das nicht ganz

schön heftig? Mein Chef hat gesagt, dass ich mindestens vier

Wochen als Kuh leben müsste."

"So schlimm wird das schon nicht sein. Denk mal an all die

Freiwilligen, die sich in Kühe verwandeln lassen. Außerdem sind

die paar Wochen schnell vorbei", entgegnete Nadine.

Cornelia war sich nicht so sicher wie ihre Freundin, wenn sie

an all die Risiken und Unannehmlichkeiten dachte. "Irgendwie

kann ich mir das nicht so recht vorstellen. Einen Monat im Stall

leben, immer nackt, ohne sich verständigen zu können..."

Nadine antwortete nicht gleich. Ihr Blick haftete einige

Sekunden auf einer Leinwand, die Nahaufnahmen der

sprintenden Pferde zeigten. Das zweite Vorrennen war bereits im

vollen Gange. Dieses Mal lag das Feld knapper beieinander, so

dass die Entscheidung, welche Pferde sich für den Finallauf

qualifizieren würden, wohl erst auf der letzten Geraden fallen

30

würde.

Schließlich sagte sie: "Dann bist du eben einen Monat nackt,

du hast doch nichts zu verstecken. Außerdem erkennt dich da

doch ohnehin niemand, oder? Ich kann Kühe jedenfalls kaum

auseinander halten."

"Ja, hast schon recht", stimmte Cornelia zu. Kurz dachte sie

an Erik. Zumindest er würde sie sehen, und sicherlich auch

erkennen. Immerhin wollte er einige Tests durchführen, für die er

sie benötigte. Es war ihr nicht unbedingt angenehm zumute bei

dem Gedanken, sich ihrem Kollegen gegenüber nackt zeigen zu

müssen, zumal sie ihn nicht besonders mochte. Andererseits war

er auf sie angewiesen, so dass er sich ihr gegenüber sicher korrekt

verhalten würde. War es wirklich so schlimm, dass er ihren

nackten Körper sehen würde? Immerhin würde der Stall voller

nackter Frauen sein, so dass ihr Anblick kaum etwas Besonderes

sein sollte.

"Na also. Und wenn es doch nicht klappt mit eurem Artikel,

dann schreibst du halt ein Buch über dein kurzes Leben als Kuh.

Das würde sich bestimmt gut verkaufen!", schlug Nadine vor und

begann zu klatschen, als die Sieger des Vorrennens feststanden.

Cornelia musste bei der Idee ihrer Freundin beinahe lachen.

Auf so eine Idee konnte auch nur Nadine kommen. Andererseits

hatte sie vermutlich sogar Recht. Da noch nie eine Kuh wieder in

einen Menschen zurückverwandelt worden war, gab es einen

derartigen Erlebnisbericht sicher noch nicht.

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Es folgte eine kurze Rennpause, während die Pferde sich für

das Finale ausruhten. Die vier besten Hengste der beiden

Vorrennen würden gleich im großen Finale gegeneinander

antreten und wurden auf den Leinwänden nun noch einmal kurz

vorgestellt.

"Aber was, wenn das mit der Rückverwandlung doch nicht

klappt? Ich möchte mein restliches Leben nicht als Milchkuh

verbringen", gab Cornelia zu bedenken.

"Conny, mach dir doch nicht immer so einen Kopf",

entgegnete ihre Freundin. "Du hast doch gesagt, dass ein

Verwandlungsarzt dafür zuständig ist, oder? Der macht so etwas

doch nicht zum ersten Mal."

Kleinlaut wiedersprach sie: "Also die Rückverwandlung

vermutlich schon..."

Nadine drehte sich halb zu ihr um und schüttelte den Kopf.

"Wenn er dir versichert, dass er dich zurückverwandeln kann,

was soll dir dann großartig passieren? Meinst du der legt es

darauf an, von deiner Zeitung verklagt zu werden?"

Cornelia schüttelte den Kopf. Insgeheim gab sie ihrer

Freundin recht, dennoch brauchte sie ihren Zuspruch jetzt. Sie

hatte einfach Angst davor, dass etwas schief ging, und vielleicht

auch vor der Verantwortung, die dann auf ihr lasten würde.

Den Rest der Pause hatten sie damit verbracht sich etwas zu

trinken zu holen und kamen gerade in dem Moment zurück, wo

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hinter dem letzten Hengst die rückwertige Klappe der Startanlage

geschlossen wurde.

Der Finallauf startete und die beiden Frauen richteten ihre

Aufmerksamkeit auf das Rennen. Die Hengste preschten aus

ihren Startboxen und ließen die erste Gerade innerhalb von

wenigen Sekunden hinter sich. Erst, als sie in die erste Kurve

einbogen, zeichnete sich ab, wer sich an welcher Position

einordnete.

"Los Alabama, schneller!", feuerte Nadine eines der Tiere an.

In der Hand hielt sie einen Wettschein, den sie geholt haben

musste, ehe sie zu ihrer Freundin gestoßen war. Pferdewetten

waren weit verbreitet auf Animal Planet, doch Cornelia hatte im

Augenblick zu wenig Geld, um damit zu spielen. Bei ihrer

Freundin, die seit Jahren als Gehilfin eines erfolgreichen Anwalts

arbeitete, sah die finanzielle Situation hingegen etwas

entspannter aus.

Cornelia richtete den Blick auf die Leinwand und entdeckte

nach kurzer Suche den Hengst mit der Nummer 15, auf den

Nadine gewettet hatte. Es war ein großer Hannoveraner, dessen

Haut und Haare gleichmäßig sandbraun gefärbt waren. Mit

weiten Galoppschritten hielt er sich auf dem vierten Platz, als die

Pferde an ihnen vorbei rannten.

Gespannt beobachteten sie, wie Alabama in der zweiten

Runde den ersten Platz eroberte und das Feld bis zur letzten

Kurve anführte. Dort jedoch wurde er von einem großen Hengst

mit brauner Haut und schwarzen Haaren abgefangen und

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beendete das Rennen schließlich auf dem zweiten Platz.

"King of Glory gewinnt vor Alabama und Indigo!"

verkündete der Stadionsprecher das offizielle Ergebnis.

Die Zuschauer jubelten, und auch Nadine wedelte

ausgelassen mit ihrem Wettschein herum. "Super! Der zweite

Platz bringt mir immerhin noch 400 Credits!"

Cornelia umarmte ihre Freundin und gratulierte ihr.

"Siehst du Conny, man muss auch mal etwas wagen!", freute

sich die Frau mit den blonden Locken. "Komm, ich lade dich zum

Abendessen ein! Wer weiß, wann wir das nächste Mal die

Gelegenheit dazu haben."

Cornelia seufzte leise, nickte aber zustimmend. Nadine hatte

ja recht, man musste die Chancen nutzen, die sich einem boten.

Sie würde am kommenden Tag mit dem Arzt sprechen, und

wenn er ihr wirklich versicherte, dass er sie auf jeden Fall wieder

zurückverwandeln konnte, dann würde sie es machen.

Sie erhob sich von ihrem Sitzplatz, hakte sich bei ihrer

Freundin unter und nahm sich vor, den restlichen Tag zu

genießen und nicht weiter über die Arbeit nachzudenken.

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Sprechstunde

Die Tür öffnete sich mit einem vernehmlichen Summen.

Cornelia trat ein und fand sich im Empfangsbereich einer kleinen

Arztpraxis wieder. Die weiß tapezierten Wände waren mit

großen Bildern ihr unbekannter Künstler geschmückt, die über

die ansonsten vorherrschende sterile Atmosphäre

hinwegtäuschen sollten.

Sie trat an den kleinen Empfangsschalter heran, hinter dem

eine blondhaarige Frau mittleren Alters saß und den Blick auf

einen Monitor gerichtet hielt. Geduldig wartete sie, bis die

Arzthelferin den Kopf hob und sie mit einem fragenden Blick

ansah. "Hallo", sagte Cornelia und bemerkte, dass ihre Stimme

ein wenig nervös klang. Obwohl sie nur für ein Gespräch hier

war, verspürte sie dennoch eine enorme innere Anspannung. "Ich

bin Cornelia Steinfeld und habe einen Termin", stellte sie sich vor

und versuchte, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen.

Die Arzthelferin lächelte sie kurz an, warf einen Blick auf

ihren Bildschirm und nickte. "Der Beratungstermin, den Herr

Lübke arrangiert hat?", erkundigte sie sich höflich.

Cornelia nickte und fragte sich, wie viel die Frau über den

Grund ihres Besuchs wusste. Ihr Chef hatte zugesichert, dass es

sich um eine vertrauliche Angelegenheit handelte, doch

zumindest dem Arzt gegenüber hatten sie offen sein müssen. Ob

das auch für seine Angestellten galt?

"In Ordnung. Setzen Sie sich bitte noch einen Augenblick ins

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Wartezimmer, Doktor Collins wird sie dann zu sich rufen", bat

die Arzthelferin und lächelte sie noch einmal an, ehe sie ihre

Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zuwendete.

Cornelia hängte ihre Sommerjacke an die Garderobe und

trat durch eine gläserne Tür in das Wartezimmer. Nur einer der

zehn Stühle war belegt, so dass sie für eine Sekunde

unentschlossen stehen blieb, ehe sie sich auf einen Stuhl in der

Ecke setzte. Die zweite Person im Raum, ein älterer Mann mit

schütterem Haar, war so sehr in eine Zeitschrift vertieft, dass er

sie kaum zu bemerken schien.

Auch Cornelia nahm sich ein Magazin von dem kleinen

Tisch, der in der Mitte des Zimmers stand. "Pferdewoche", stand

auf dem Titelblatt, auf dem eine Gruppe von Rennpferden

abgebildet war. Lustlos blätterte sie ein wenig über die Seiten,

ohne sich wirklich für die Texte zu interessieren. In Gedanken

ging sie bereits die Fragen durch, die sie dem Arzt stellen wollte.

Sie hatte sich vorgenommen, jeden Zweifel zu beseitigen. Nur

wenn Doktor Collins ihr absolut sicher versprechen konnte, dass

sie nach der Rückverwandlung wieder ganz genau so sein würde,

wie jetzt, würde sie sich darauf einlassen. Bestand auch nur das

kleinste Risiko, dass sie ihr restliches Leben als Kuh fristen

müsste, wäre das Thema für sie beendet.

Der ältere Mann wurde in das Sprechzimmer gerufen und

Cornelia warf einen Blick auf die Uhr, die an der

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gegenüberliegenden Wand hing. Es war bereits nach fünf Uhr. Sie

hatte eine halbe Stunde eher Feierabend gemacht, um den Termin

wahrnehmen zu können. Viel länger hätte sie es an diesem Tag

aber ohnehin nicht auf der Arbeit ausgehalten. Heute war es

wieder besonders schlimm gewesen. Sie hatte den ganzen Tag

damit zugebracht, besonders stumpfsinnige Aufgaben zu

erfüllen. Der negative Höhepunkt hatte darin bestanden, dass sie

von Herrn Nestler losgeschickt worden war, um vom nächsten

Supermarkt neuen Kaffee zu holen. Selbst ein Praktikant konnte

sich in diesem Unternehmen besser verwirklichen, als sie.

Insgeheim hoffte sie, dass der Doktor ihre Zweifel beseitigen

konnte. Wenn sie die wenig reizvollen Wochen als

Untercover-Kuh hinter sich hatte, würde man sie nicht mehr mit

derartigen Aufgaben abspeisen können. Selbst wenn man es

versuchte, würde sie dann problemlos einen besseren Arbeitgeber

finden.

Cornelia blätterte weiter in dem Magazin und überflog

einige der Überschriften. Ein größerer Bericht widmete sich den

letzten Ergebnissen des Dressurnachwuchses und verglich die

Leistungen mit denen der Vorjahresteilnehmer. Offenbar gab es

bei den Stuten nach zwei sehr starken Jahrgängen einen größeren

Leistungsrückgang, der sich negativ auf die Zuschauerzahlen

auswirkte. Umso enger ging es dafür in der Amateurklasse zu, in

der eine Gruppe von Nachwuchsstuten das Feld aufmischten.

Eines dieser Pferde, eine Trakehnerstute namens Fire Lady, hatte

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sich in ihrem zweiten Jahr in der Klasse nach immerhin bereits

vier Wettkämpfen einen Platz in den Top 3 der Gesamtwertung

erkämpft und wurde von dem Magazin in einem halbseitigen

Porträt vorgestellt.

"Frau Steinfeld?", fragte eine angenehm dunkle Stimme und

lenkte ihre Konzentration wieder auf ihre Umgebung.

Sie hob den Kopf und erkannte, dass sich die Tür zum

Sprechzimmer geöffnet hatte. Ein großgewachsener Mann mit

dunkler Hautfarbe musterte sie durch eine halbmondförmige

Brille.

Cornelia legte die Zeitschrift zurück auf den Tisch und

erhob sich. Rasch trat sie auf den Doktor zu und reichte ihm die

Hand. "Die bin ich", erklärte sie überflüssigerweise.

"Schön Sie kennen zu lernen", erwiderte der Mann und

bedeutete ihr, in sein Sprechzimmer zu kommen.

Das Zimmer war kaum größer als das Wartezimmer. Ein

Schreibtisch aus Metall trennte ihn optisch in zwei Bereiche, die

Wände waren mit Bücherregalen zugestellt.

"Bitte setzen Sie sich", bat der Arzt, deutete auf einen

bequem wirkenden Besucherstuhl und nahm seinerseits auf

einem Bürostuhl hinter dem Schreibtisch platz.

Auch Cornelia setzte sich. Nervös faltete sie ihre Hände im

Schoß. Ihre Finger waren feucht und zittrig, obwohl es eigentlich

ja noch keinen Grund gab, so aufgeregt zu sein. Schließlich sollte

sie nur dem Arzt reden, mehr würde an diesem Tag nicht

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passieren.

"Herr Lübke meinte, sie hätten in Kingston studiert?",

erkundigte sich der Arzt und musterte sie durch seine

Brillengläser.

"Richtig, ich habe meinen Bachelor in Journalismus

gemacht", antwortete sie.

Doktor Collins lächelte. "Dann müssten sie auch auf dem

Campus Süd gewesen sein, richtig?"

Ein wenig überrascht nickte sie. "Ja, richtig. Woher wissen

Sie das?"

"Ich habe selbst in Kingston studiert, auch wenn es schon ein

paar Jahre her ist", erklärte Collins. "Ist das Essen in der Mensa

immer noch so schlecht wie früher?"

Cornelia musste unwillkürlich lachen. "Naja, so wirklich der

Hit ist es jedenfalls nicht. Wann haben Sie denn ihren Abschluss

gemacht?", erkundigte sie sich neugierig. Das Alter ihres

Gegenübers ließ sich nur schwer einschätzen.

"Sommersemester 2307", antwortete der Doktor.

"Ich glaube seitdem hat sich gar nicht so viel verändert",

schätzte Cornelia. Sie selbst war demnach erst sieben Jahre alt

gewesen, als Collins sein Studium bereits beendet hatte.

Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten über das

Studium, was dafür sorgte, dass Cornelia sich wieder ein wenig

entspannte. Zwar war sie noch immer aufgeregt, doch zumindest

zitterten ihre Finger nicht mehr.

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"Also, dann wollen wir mal zum Grund Ihres Besuchs

kommen", entschied Doktor Collins. "Herr Lübke meinte, dass sie

Fragen zu der temporären Verwandlung haben." Das war keine

Frage, sondern eher eine Feststellung.

"Richtig. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie das

funktionieren kann", erwiderte Cornelia. "Es heißt doch immer,

dass die Verwandlungen nicht wieder rückgängig gemacht

werden können."

Der Arzt nickte. "Das ist auch richtig, bei regulären

Verwandlungen ist es nicht möglich, den ursprünglichen Zustand

wiederherzustellen."

"Aber Sie haben einen Weg gefunden?", hakte sie nach und

hoffte, dabei nicht unhöflich zu klingen. Sie wollte die

Kompetenz des Mannes in keiner Weise in Frage stellen.

Doktor Collins musterte sie einige Augenblicke, ohne auf

ihre Frage zu antworten. Schließlich begann er zu erklären:

"Lassen Sie mich etwas weiter ausholen. Wenn wir von einer

normalen Verwandlung zu einem Rind ausgehen, welche

Maßnahmen werden dabei durchgeführt?"

Die Frage war offenbar nicht rhetorisch gemeint, sondern

tatsächlich an sie gerichtet. Cornelia überlegte kurz, ehe sie

aufzählte: "Die Haut wird gefärbt und die Stimmbänder

manipuliert. Außerdem werden doch die Haare entfernt, oder

nicht? Oh, und den Schweif hätte ich fast vergessen."

"Die Ohrenmarken fehlen noch", ergänzte der Doktor. "Das

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ist alles richtig, aber lassen Sie mich ins Detail gehen. Die

Entfernung der Haare ist dauerhaft, indem die Haarwurzeln

selbst vernichtet werden. Ausgenommen sind einzig die

Wimpern, um die Augen zu schützen. Auch die Färbung der

Haut wird mit einer speziellen Farbe vorgenommen, die tief

eindringt und die Pigmentierung nachhaltig verändert."

Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr: "In Ihrem Fall

würden wir ähnlich vorgehen, aber andere Mittel einsetzen. Ihre

Haare beispielsweise würden so behandelt werden, dass sie nach

einigen Wochen wieder nachwachsen. Natürlich dauert es ein

wenig, bis sie wieder die ursprüngliche Länge erreicht haben." Er

lächelte und zwinkerte ihr zu.

Cornelia lächelte unsicher. "Und was ist mit der Färbung?"

"Auch dafür gibt es eine ganz einfache Lösung. Wir nehmen

eine spezielle Farbmischung, die Wasserbeständig ist, sich aber

mit einem speziellen Lösungsmittel wieder abwaschen lässt",

erklärte der Doktor.

"Kann es da nicht passieren, dass sich die Farbe bereits

ablöst, während ich noch im Stall bin?", hakte sie mit skeptischer

Miene nach. Auch wenn es gut war, dass ihre Haut nicht ewig

wie die einer Kuh gefärbt war, wollte sie nur ungerne riskieren,

dass sie während ihrer Arbeit aufflog. Wie würden die

Mitarbeiter von BioUdders wohl auf eine Reporterin reagieren,

die sich in ihr Unternehmen eingeschleust hatte? Sie wollte es sich

nur ungerne vorstellen.

Der Arzt schüttelte den Kopf. "Wie gesagt, handelt es sich

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um ein ganz spezielles Lösungsmittel, das in einem Stall ganz

sicher nicht zum Einsatz kommt. Da brauchen sie sich wirklich

keine Sorgen machen."

"Okay, gut", meinte Cornelia, einigermaßen überzeugt.

"Aber was ist mit den restlichen Punkten?"

Collins begann zu erklären: "Der Schweif ist der größte

Eingriff, den wir vornehmen müssten. Hier können wir auch

keine großartigen Kompromisse eingehen, da so etwas bei einer

möglichen Tierärztlichen Untersuchung auffallen könnte."

Cornelia wollte lieber nicht daran denken, dass sie einer

näheren Untersuchung durch einen Tierarzt unterzogen wurde.

Sie hatte einmal einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen, und

die Veterinäre waren nicht gerade zimperlich mit den Tieren

umgegangen.

"Das heißt, dass wir Ihnen tatsächlich einen richtigen

Kuhschweif transplantieren müssen", schloss Doktor Collins. Als

er den erschrockenen Gesichtsausdruck der jungen Frau

bemerkte, fügte er eilig hinzu: "Keine Sorge, sobald Sie wieder

zurückverwandelt werden, nehmen wir den Schweif auch wieder

ab. Vielleicht bleibt eine kleine, fingernagelgroße Narbe an ihrem

Steißbein zurück, aber mehr auf gar keinen Fall."

Unwillkürlich verspürte Cornelia einen leichten Stich an

ihrem verlängerten Rücken. "Das klingt aber nicht gerade

schmerzfrei", gab sie zu bedenken.

Der Arzt lächelte verständnisvoll. "Selbstverständlich

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würden Sie eine Narkose erhalten. Ich versichere Ihnen, dass es

nicht annähernd so schlimm ist, wie Sie es sich gerade vorstellen."

Sie machte weiterhin einen zweifelnden Gesichtsausdruck,

woraufhin der Arzt lieber mit dem nächsten Punkt fortfuhr: "Die

Ohrmarken sind dafür sehr unkompliziert. Wie ich sehe, tragen

Sie Ohrringe. Wir benutzen leicht modifizierte Marken, die genau

wie Ohrschmuck funktionieren. Das abnehmen dauert dann

keine Minute."

Wieder kam Cornelia der Gedanke, dass sie vielleicht

auffallen könnte, falls sie ihre Ohrmarken durch einen blöden

Zufall im Stall verlieren sollte. Andererseits konnte sie sich nicht

daran erinnern, jemals einen Ohrstecker verloren zu haben -

zumindest nicht, so lange sie ihn trug. Schmuck verschwand

eigentlich immer nur dann, wenn sie ihn abnahm.

"Und was ist mit den Stimmbändern?", fragte sie und ging

damit auf einen Punkt ein, der ihr noch immer besonders viele

Sorgen machte. Ihre Stimme zu verlieren würde weitreichende

Folgen haben, die sie jetzt noch gar nicht überblicken konnte.

Der Doktor lächelte. "Auch hier brauchen sie sich keine

Sorgen machen. Normalerweise werden die Stimmbänder durch

einen chirurgischen Eingriff verändert, was auch nicht mehr

rückgängig zu machen ist. Bei Ihnen würden wir auf eine

Methode ausweichen, die zwar nicht von besonders langer Dauer

ist, aber dennoch gut funktioniert. Dabei handelt es sich um eine

Art Spray, das Ihnen in den Hals gesprüht wird und sich auf die

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Stimmbänder legt. Dadurch sind sie dann für knapp eine Woche

nicht dazu in der Lage, vernünftige Laute von sich zu geben.

Zugegeben, Ihr Muhen wird auch nicht besonders toll klingen,

aber gleichzeitig ist sichergestellt, dass Ihnen nicht versehentlich

ein Wort herausrutscht."

"Und das hinterlässt keine bleibenden Schäden?", fragte

Cornelia mit gerunzelter Stirn.

Der Arzt schüttelte den Kopf. "Nein. Das Spray wird von

Ihrem Körper auf natürlichem Wege abgebaut, so dass ihre

Stimmbänder nach etwa einer Woche wieder funktionieren.

Entsprechend muss bei längerem Aufenthalt im Stall dafür

gesorgt werden, dass das Spray einmal wöchentlich angewendet

wird."

"Das sollte kein Problem darstellen", überlegte Cornelia laut

und dachte an Erik, der sich als Stallarbeiter in den Betrieb

einschleusen ließ. Er würde ohnehin regelmäßig nach ihr schauen

müssen, so dass er diesen Part problemlos übernehmen konnte.

"Sehen Sie, alles halb so wild", resümierte der Arzt mit

einem breitem Lächeln auf den Lippen.

Cornelia nickte leicht. Eine Frage gab es noch, die sie klären

musste, ehe sie endgültig überzeugt war. Es hatte nicht direkt mit

der Verwandlung an sich zu tun, sondern eher damit, was sie im

Stall sonst noch erwartete. "Eine Sache wäre da noch", meinte sie

und überlegte, wie sie ihre Frage am besten formulieren sollte.

Das Thema war ihr ein wenig peinlich, doch außer dem Arzt

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würde ihr niemand dabei helfen können. "Wenn ich... also, naja,

wenn ich im Stall bin, dann wird es wohl zwangsläufig auch dazu

kommen, dass ich...", sie stockte, suchte nach den richtigen

Worten.

"Dass sie gemolken werden?", vervollständigte der Arzt ihre

unausgesprochene Frage.

Die junge Frau nickte. "Ja, genau. Wird das... ehm ich meine,

wird das Spuren hinterlassen?", sprach sie ihre Befürchtung

schließlich aus.

Collins schien einige Sekunden nachzudenken, ehe er zu

einer Antwort ansetzte: "Das kommt ein wenig darauf an, wie

lange ihr Aufenthalt im Stall letzten Endes sein wird. Der

Milchfluss selbst sollte innerhalb einiger Tage wieder versiegen

und schließlich verschwinden. Es kann aber sein, dass sich ihre

Brüste durch den Milcheinschuss langfristig ein wenig verändert

könnten."

"Wie würde sich das genau äußern?", fragte Cornelia und

spürte erneut Unsicherheit in sich aufsteigen. Ihre Brüste gefielen

ihr so, wie sie waren, eigentlich recht gut.

"Während Sie Milch geben, ist es recht wahrscheinlich, dass

ihre Brüste etwas größer und ihre Brustwarzen etwas länger

werden. Da der Zeitraum bei Ihnen jedoch stark begrenzt sein

wird, sollten sie sich wie bei einer normalen Schwangerschaft

jedoch wieder weitestgehend zurückbilden. Es kann jedoch sein,

dass sie anschließend nicht mehr ganz so straff sind, wie jetzt",

erklärte der Arzt behutsam.

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Cornelia nickte langsam. Sie hatte nicht vor, länger als die

angegebenen paar Wochen im Stall zu verbringen. So wie sie es

verstanden hatte, brauchte sie daher nicht viel zu befürchten. Da

sie ohnehin in ein paar Jahren Kinder haben wollte, konnte sie

sich mit kleineren Veränderungen arrangieren. Sie hatte nur

ausschließen wollen, dass sie den Rest ihres Lebens mit solch

riesigen Eutern herumlaufen musste, die viele Milchkühe ihr

Eigen nannten. "Okay, damit kann ich leben", sagte sie schließlich.

Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille in dem kleinen

Sprechzimmer. Cornelia dachte darüber nach, was der Arzt ihr

bisher alles erklärt hatte. Im Augenblick fiel ihr nichts ein, was zu

einem Ausschlussargument reichte.

"Haben Sie noch weitere Fragen?", erkundigte sich der Arzt

höflich und schaute sie über den Rand seiner Brillengläser

hinweg an.

Nach kurzem Überlegen fragte Cornelia: "Ich kann mich also

darauf verlassen, dass ich am Ende wieder genauso aussehe, wie

jetzt? Und auch wieder ganz normal reden kann?"

Der Arzt lächelte. "Bis auf die kleine Narbe an ihrem

Steißbein kann ich dafür garantieren."

Das war es gewesen, was sie hatte hören wollen. "Vielen

Dank", erwiderte sie.

Fünf Minuten später hatte Cornelia die Praxis verlassen. Sie

hatte Doktor Collins mitgeteilt, dass sie ihre Entscheidung in

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Kürze treffen würde und sehr dankbar dafür war, dass er sich die

Zeit genommen hatte. Den Termin musste sie ohnehin mit ihrem

Vorgesetzten absprechen, so dass sie mit dem Arzt noch nichts

weiter abmachen konnte.

Während sie die Straße in Richtung der nächsten

Bahnhaltestelle entlang schlenderte, wurde ihr bewusst, dass ihre

Entscheidung eigentlich bereits feststand. Der Arzt hatte ihr

versichert, dass sie vollständig wiederhergestellt werden würde.

Das war ihre Bedingung dafür gewesen, dass sie den Auftrag

annahm. Die Chance war einfach zu groß und ihre jetzige Arbeit

zu frustrierend, um sich dagegen zu entscheiden. Dennoch würde

sie vorsichtshalber noch eine Nacht drüber schlafen, ehe sie Herrn

Lübke ihre Entscheidung mitteilte. Noch immer verspürte sie eine

gewisse Nervosität, wenn sie an die Verwandlung und das Leben

im Stall dachte, doch dazwischen mischte sich auch bereits eine

gewisse Vorfreude auf die Herausforderung, die damit einher

ging. Und selbst, wenn sie bei BioUdders keine Vergehen

feststellen würden, konnte sie noch immer Nadines Idee

aufgreifen und ein Buch über ihre Erfahrungen schreiben. Je

länger sie darüber nachdachte, umso mehr musste sie sich

eingestehen, dass sie sich darauf freute.

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Recherche

Cornelia saß an ihrem Schreibtisch und war in ihre Arbeit

vertieft. Am Tag nach ihrem Besuch bei Dr. Collins hatte sie

ihrem Vorgesetzten mitgeteilt, dass sie an dem Projekt

teilnehmen würde. In der halben Woche, die seither vergangen

war, hatte Cornelia mehr Spaß an der Arbeit gehabt, als in den

letzten drei Monaten zusammen.

Sie arbeitete nun enger mit Erik zusammen und bereitete

den Aufenthalt im Stall vor. Bevor sie sich dort einschleusen

konnten, mussten sie eine Menge Details in Erfahrung bringen,

um nicht unangenehm überrascht zu werden oder irgendwelche

Fehler zu machen.

Erik achtete darauf, dass Cornelia in diese Arbeit mit

einbezogen wurde und keine anderen Aufgaben zu erledigen

hatte. Er übertrug ihr Aufgaben, hörte sich ihre Ergebnisse an

und diskutierte mit ihr über mögliche Problemstellungen. Genau

so hatte sie sich das Arbeiten in einer Redaktion immer

vorgestellt.

Die letzten zwei Tage hatte sie hauptsächlich damit

verbracht, alle offiziell veröffentlichten Informationen über

BioUdders zusammen zu tragen und aufzubereiten. Dabei war

ihr noch einmal deutlich geworden, wie groß der Betrieb

eigentlich war. Aus den Geschäftsberichten des letzten Jahres

hatte sie erfahren, dass in den insgesamt acht Ställen knapp 1.200

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Rinder gehalten wurden. Die Gebäude befanden sich allesamt ein

paar Kilometer nördlich von Kessal, einer kleinen Ortschaft etwa

50 Kilometer von Tillburg entfernt. Damit war es der größte

Milchbetrieb im ganzen Bundesland Dellaware und der größte

Produzent von Biomilch auf dem gesamten Planeten.

Neben der Anzahl der Rinder waren auch die weiteren

ausgewiesenen Zahlen bemerkenswert. Cornelia hatte

herausgefunden, dass BioUdders erst vor 20 Jahren gegründet

worden war, als zwei regionale Milchviehwirte ihre Betriebe

zusammengelegt hatten und auf die Produktion von Biomilch

umstiegen waren. Innerhalb der folgenden Jahre hatten sie die

Herde um ein mehrfaches vergrößert. Im letzten Geschäftsjahr

hatten sie einen Gewinn ausgewiesen, der im zweistelligen

Millionenbereich lag.

Die Vorstellung, in Kürze selbst in einem dieser Ställe zu

stehen und ein Teil der Herde zu werden, löste bei Cornelia noch

immer ein unangenehmes Gefühl aus. Sich mit dem Thema zu

befassen und sich so auf die Zeit im Stall vorzubereiten, gab ihr

zwar Sicherheit, führte ihr aber andererseits permanent vor

Augen, auf was sie sich da eigentlich eingelassen hatte.

Wäre es kein Stall für Biomilch gewesen, hätte sie mit

Sicherheit einen Rückzieher gemacht. Am Anfang der Woche

hatte sie über den Einsatz und die Wirkung verschiedener

Substanzen recherchiert, die bei der Milchviehhaltung

üblicherweise eingesetzt wurden.

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Besonders Conticesens Sententiae empfand Cornelia als

beängstigend. Zwar handelte es sich dabei um ein rein

biologisches Mittel, doch beeinflusste es die Gehirnaktivität und

wirkte sich bei regelmäßiger Einnahme besonders stark auf das

Gedächtnis des Tieres aus. Natürlich hatte die sie, wie viele

andere auch, gewusst, dass in der Milchwirtschaft ein derartiges

Mittel eingesetzt wurde, jedoch hatte sie sich nie näher damit

beschäftigt. Glücklicherweise war der Einsatz der Substanz bei

der Produktion von Biomilch verboten. Da er sich außerdem sehr

gut nachweisen ließ war Cornelia sich sogar sicher, dass sich

BioUdders auch an diese Vorschrift halten würde. Sollten sie

doch etwas Gegensätzliches feststellen hatte Erik ihr versprochen,

sie aus dem Stall zu bringen, ehe ihr Gehirn Schaden nehmen

konnte.

Nicht ganz so gut Nachweisbar war dagegen ein neues

Mittel namens ProMilk. Dabei handelte es sich um ein erst vor

zwei Jahren zugelassenes Serum, das die Milchleistung von

Kühen um bis zu zehn Prozent erhöhte. Zwar war es ein

durchschlagender Erfolg, durfte jedoch in Ställen, die das

Biosiegel führten, ebenfalls nicht eingesetzt werden. Cornelia war

aber skeptisch, ob diese Vorschrift auch wirklich eingehalten

wurde, denn soweit sie herausgefunden hatte, ließ sich die

Einnahme von ProMilk nur wenige Tage lang nachweisen. Da die

Kontrollen in der Regel eine Woche im Voraus angemeldet

wurden, war ein Missbrauch durchaus vorstellbar.

Die Euphorie vielleicht doch etwas finden zu können, ließ

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sie vorerst nicht weiter über die möglichen körperlichen

Auswirkungen nachdenken. Stattdessen konzentrierte sie sich auf

einen weiteren Artikel.

Cornelia griff nach dem Wasserglas, das neben ihrer

Tastatur auf dem Schreibtisch stand und runzelte dabei

nachdenklich die Stirn. Seit ein paar Minuten verfolgte sie einen

Gedankengang, der ihr eher zufällig in den Sinn gekommen war.

BioUdders hatte in den vergangenen Jahren stetig

expandiert und den Tierbestand immer weiter vergrößert. Da auf

Animal Planet ein Mangel an Milchkühen bestand, waren die

Preise jedoch entsprechend hoch. Das hatte dazu geführt, dass

größere Betriebe verstärkt darauf setzten, sich ihren eigenen

Nachwuchs zu züchten. Bei BioUdders wurde diese Strategie aber

scheinbar kaum verfolgt.

Sie stellte das Glas wieder zur Seite und scrollte einige Seiten

weiter, ehe sie den entsprechenden Absatz des Geschäftsberichtes

fand. Im letzten Jahr hatte es in den Ställen des Betriebes

gerademal ein knappes Dutzend erfolgreicher Zuchten gegeben.

Für die Größe von BioUdders war das erstaunlich gering.

Rasch überprüfte sie, was für Zahlen andere Bioställe

angaben. Ganz wie sie vermutet hatte, wiesen sie unabhängig von

der Betriebsgröße eine erheblich höhere Nachzuchtquote auf.

Soweit sie es erkennen konnte, gab es auch fast keine

Einschränkungen, die mit dem Biosiegel in Verbindung standen.

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Lediglich Fertilitätsspritzen zur Steigerung der Fruchtbarkeit

durften nicht eingesetzt werden.

Sie machte sich ein paar Notizen und scrollte weiter, bis sie

zu dem Teil des Berichts gekommen war, in dem es um die

Neuaquisitionen von Rindern ging. Auf den ersten Blick schien

alles normal zu sein, doch als sie die Daten mit den Bilanzen

verglich fiel ihr auf, dass fast alle Neuzugänge mit der gleichen

Abschreibungssumme aufgeführt wurden. Da die Preise für

Rinder normalerweise immer leicht schwankten und vor allem

von dem Alter der Tiere abhängig waren, hätten auch die

Buchpreise variierten müssen. Hier jedoch schienen die Kühe alle

zum identischen Preis und im gleichen Alter gekauft worden zu

sein.

Cornelia nahm noch einen Schluck Wasser und dachte

darüber nach, was sie mit dieser Information anfangen sollte.

Doch im Augenblick konnte sie sich keinen Reim darauf machen.

Sie tippte eine weitere Notiz und nahm sich vor, der Spur später

weiter nachzugehen. Erik hatte ihr aufgetragen, jeden Stein

umzudrehen, und wenn ihr etwas merkwürdig vorkam, ruhig

noch ein wenig tiefer zu graben. Wichtig war nur, dass BioUdders

davon nichts bemerkte.

Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es Zeit für ihre

tägliche Besprechung mit Erik war. Sie speicherte ihre Arbeit und

erhob sich von ihrem Stuhl. Kurz streckte sie sich, ehe sie das

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Büro verließ und über den Gang in das gegenüberliegende

Zimmer ging. Dort teilte Erik sich ein Büro mit Frau Jäger, die

jedoch gerade unterwegs zu sein schien.

"Ah Conny, setz dich doch", begrüßte Erik sie gewohnt

freundlich und deutete auf den freien Platz seiner Kollegin.

Sie ließ sich auf den Stuhl von Frau Jäger sinken und richtete

ihre Aufmerksamkeit auf ihren Kollegen. Sein Blick war auf den

Monitor gerichtet während er einige Zeilen eintippte und

schließlich zu ihr aufsah. "Kann ich dir einen Kaffee bringen?",

erkundigte er sich aufmerksam.

Cornelia schüttelte den Kopf. "Nein danke, ich bin auch so

schon aufgeregt genug", wehrte sie ab.

"Ach, das wird sich noch geben. Wenn du dich erst einmal

an das Zeug gewöhnt hast, kannst du gar nicht mehr ohne. Ich

bin sofort wieder da", entgegnete er, erhob sich und verschwand

in Richtung der Küche.

Cornelia lehnte sich zurück und schloss für eine Sekunde die

Augen. Sie war sich noch immer nicht wirklich sicher, was sie

von ihrem Kollegen halten solle. Auch, dass er ihr inzwischen das

Du angeboten hatte, änderte wenig daran, zumal er sie schon seit

jeher mit ihrem Vornamen angesprochen hatte.

Einerseits war er ein schmieriger und aufgeblasener Kerl,

aber andererseits musste sie sich eingestehen, dass er sich sehr für

sie eingesetzt hatte. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie

endlich keine stumpfsinnigen Hilfstätigkeiten mehr machen

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musste, sondern vernünftigen journalistischen Tätigkeiten

nachgehen konnte.

Natürlich war ihr bewusst, dass Erik dabei auch seine

eigenen Interessen im Hinterkopf hatte. Schließlich war ihr

Unternehmen nur möglich, wenn sie sich als Kuh einschleusen

ließ. Aber da auch sie an dem Erfolg teilhaben würde, kam es ihr

nicht übermäßig unfair vor. Immerhin würde auch Erik sich in

den Stall begeben, wenn auch nicht als Pet.

"So, schon wieder da", sagte Erik und riss sie damit aus ihren

Gedanken. Eine Tasse Kaffee in der Hand haltend lehnte er sich

an einen Schrank und schaute zu ihr herüber. "Wie sieht’s aus?"

Cornelia fasste zusammen, was sie in den letzten Stunden

gemacht hatte. Ausführlich berichtete sie über die Daten des

Unternehmens und erwähnte auch die Auffälligkeit, die sie bei

den neu gekauften Rindern bemerkt hatte.

Ihr Kollege nickte langsam. "Kannst du mir den Bericht

nachher gleich schicken?", bat er neugierig. "Dann kann ich später

noch mal drüber schauen."

"Klar, kein Problem", versprach Cornelia. Es erfüllte sie mit

einer gewissen Genugtuung, dass ihre Arbeit plötzlich so sehr

wertgeschätzt wurde. Zwar leitete und Erik das Projekt und

erteilte ihr Arbeitsaufträge, doch so lange er sie ernst nahm,

konnte sie damit umgehen.

"So weit, so gut. Ich habe meine Sachen bereits soweit fertig

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und auf mein Laufwerk gestellt. Wenn du kommende Woche

noch etwas Zeit hast, kannst du ja noch mal drüber schauen",

schlug Erik vor und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.

Cornelia nickte. In der kommenden Woche würde Erik seine

Stelle als Stallarbeiter bei BioUdders antreten und von da an

jeglichen Kontakt zur Redaktion vermeiden. Sie selbst sollte erst

eine Woche später folgen, damit er genügend Zeit hatte, sich dort

schon mal ein wenig umzusehen und sich an die Abläufe zu

gewöhnen. Allerdings stand auch noch ihre Scheinverwandlung

nebst einiger Voruntersuchungen an, die sicherlich eine Menge

Zeit beanspruchen würden.

Sie besprachen noch einige Details und machten aus, dass

sie sich kurz vor dem Feierabend noch einmal für ein paar

abschließende Minuten zusammensetzen würden.

"Wenn das alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen,

spring am Ende noch der Pulitzerpreis für uns dabei heraus",

meinte Erik und grinste breit.

Cornelia musterte ihn, ohne herausfinden zu können, wie

ernst er diese Aussage meinte. Ihr Kollege litt an einer gewissen

Selbstüberschätzung, doch soweit sie sich erinnern konnte, hatten

Andere den Preis schon für Weniger erhalten. "Schauen wir mal",

wich sie aus und lächelte ein wenig verlegen. Stumm fragte sie

sich, ob diese Auszeichnung vielleicht der Grund für den Elan

ihres Kollegen sein mochte.

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Als Cornelia das Büro schließlich wieder verlassen hatte und

zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehrte, spürte sie erneut das flaue

Gefühl in ihrem Magen. Nur eine Woche lag noch zwischen dem

Jetzt und ihrer Verwandlung. Ein paar wenige Tage, ehe sie

zumindest äußerlich in eine Kuh verwandelt und in den Stall

gebracht wurde. Sie hatte viel darüber gelesen, hatte aber

dennoch das Gefühl, sich auf das Leben als Pet kaum vorbereiten

zu können.

Sie vertrieb die Gedanken aus ihrem Kopf und machte sich

wieder an die Arbeit. Wenn sie Erfolg haben wollte, durfte sie

sich jetzt nicht unterkriegen lassen. Vielleicht hatte Erik sogar

Recht und sie war einer Auszeichnung näher als jemals zuvor.

Auf jeden Fall hatte sie die Hilfstätigkeiten und Praktika ein für

alle Mal hinter sich gelassen.

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Der Termin

Nervös rutschte Cornelia auf ihrem Stuhl hin und her. Sie

befand sich im Sprechzimmer von Dr. Collins und wartete

darauf, dass der Arzt Zeit für sie hatte. Unruhig huschte ihr Blick

durch den Raum, blieb hin und wieder an dem Titel eines der

Bücher hängen, die in dem großen Regal hinter dem Schreibtisch

standen, doch eigentlich nahm Cornelia gar nicht so richtig wahr,

was sie dort sah.

Nachdem sie bereits in den letzten Tagen die

Voruntersuchungen hinter sich gebracht hatte, war es heute so

weit: In den kommenden Stunden würde ihre

Scheinverwandlung durchgeführt werden. Obwohl sie wusste,

dass all diese Eingriffe nicht auf Dauer vorgesehen waren und

der Arzt ihr versichert hatte, dass keine bleibenden Spuren

zurückbleiben würden, verspürte sie eine starke Nervosität, die

sich schon fast eher als Angst beschreiben ließ. Immer wieder

musste sie daran denken, dass vielleicht etwas schief gehen

könnte, dass die Verwandlung doch nicht mehr rückgängig

gemacht werden könnte. Wie schon so oft rief sie sich das

Gespräch mit Dr. Collins ins Gedächtnis, ging im Geist noch

einmal jede Einzelne seiner Erklärungen durch. Es würde ganz

sicher nichts schief gehen, der Arzt wusste schließlich, was er tat.

Da war sie sich sicher, ansonsten würde sie nicht in diesem

Zimmer sitzen - zumindest versuchte sie krampfhaft, sich das

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einzureden.

Für den Fall, dass während ihres Aufenthaltes im Stall doch

etwas schiefgehen sollte, hatte sie Nadine einen Brief in den

Postkasten geworfen. Er beinhaltete den Schlüssel zu einem

Schließfach am Bahnhof und die Erklärung, dass sie ihn benutzen

sollte, falls sie nach acht Wochen nicht wieder aufgetaucht sein

sollte. In dem Schließfach hatte sie alle Informationen

hinterlassen, die Nadine brauchen würde, um sie zu finden.

Name und Adresse der Firma, eine kurze Beschreibung ihres

Vorhabens, die Anschrift von Dr. Collins und sogar die Details

ihrer falschen Verwandlung. Erik hatte für das Projekt einen

Zeitraum von vier bis sechs Wochen angegeben, so dass sie sich

sicher war, rechtzeitig vor Ablauf der achtwöchigen Frist wieder

in ihr normales Leben zurück zu kehren. Sollte dem nicht so sein,

würde es zumindest jemanden außerhalb der Zeitung geben, der

sie finden konnte.

Das Geräusch der sich öffnenden Tür riss Cornelia aus ihren

Gedanken. Sie drehte sich etwas auf dem Stuhl, so dass sie in die

entsprechende Richtung schauen konnte. Zusammen mit einer

Arzthelferin betrat Dr. Collins endlich den Raum.

"Hallo Frau Steinfeld. Wie fühlen Sie sich heute?",

erkundigte sich der Doktor und reichte ihr die Hand.

"Ein wenig aufgeregt", gestand Cornelia und schüttelte Dr.

Collins die Hand.

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Der Arzt lächelte. "Na, das ist wohl durchaus verständlich.

Darf ich Ihnen Frau Perez vorstellen? Sie wird mir bei der

Verwandlung assistieren."

Cornelia schüttelte auch ihr die Hand. Die Arzthelferin trug

genau wie der Doktor einen weißen Kittel, der ihre etwas

dunklere Hautfarbe zu betonen schien. Sie hatte schulterlanges,

schwarzes Haar und ein hübsches Gesicht.

"Ich habe die Praxis eben geschlossen, so dass wir für den

restlichen Tag ungestört sind. Wenn Sie auch so weit sind,

können wir dann jetzt anfangen", eröffnete Collins und musterte

Cornelia mit einem prüfenden Blick, als wolle er sich noch einmal

davon überzeugen, dass sie auch emotional bereit war.

Sie wusste, dass es die letzte Gelegenheit war, einen

Rückzieher zu machen. Doch nach all der Vorbereitung war es

dafür eigentlich schon längst zu spät. "Ja, ich bin bereit", sagte sie

daher mit einer etwas tonlosen Stimme, die ihrer Nervosität

geschuldet war.

"Sehr gut. Dann wird es jetzt ernst. War machen nun so

weiter, wie wir es zuvor besprochen haben", kündigte der Doktor

an.

"Kommen Sie bitte mit", bat die Arzthelferin und ging auf

eine Seitentür zu.

Cornelia folgte ihr mit stark pochendem Herzen in den

anliegenden Raum. Sie war erfüllt von einer Mischung aus Angst

und Entschlossenheit. Beide Gefühlte wechselten sich in kurzen

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Abständen ab und trugen damit nicht gerade dazu bei, dass sie

sich beruhigen konnte.

Der Raum, zu dem sie geführt wurde, war fast bis zur Decke

hoch gefliest, recht klein und mit einem weiteren Zimmer durch

eine offene Durchgangstür verbunden. Bis auf einen Stuhl in der

Mitte und eine Liege am Rand war er nahezu leer.

Perez schloss die Tür hinter ihnen und meinte: "Hat der

Doktor die Reihenfolge der Maßnahmen mit Ihnen besprochen?"

Die Arzthelferin machte einen professionellen, gleichzeitig aber

auch einfühlsamen Eindruck auf die zu Verwandelnde.

Cornelia nickte. "Ja, hat er. Zuerst die Haare, anschließend

der Schweif", fasste sie stark verkürzt zusammen, was man ihr

zuvor ausführlich erklärt hatte.

Die schwarzhaarige Frau nickte. "Ganz genau. Dann

entkleiden Sie sich bitte und setzen sich anschließend auf den

Stuhl."

Cornelia nickte. Etwas unschlüssig schaute sie sich in dem

Zimmer um, ehe sie zu der Liege herüber ging. Dort

angekommen zog sie sich zuerst ihre Schuhe aus, schob sie ein

wenig unter die Liege und warf einen fragenden Blick zu der

Arzthelferin. Da diese nichts weiter sagte, streifte sie als nächstes

ihr Oberteil ab, faltete es zusammen und legte es ordentlich auf

die Liege. Es war ein merkwürdiges Gefühl sich auszuziehen und

genau zu wissen, dass es Wochen dauern würde, bis sie wieder

etwas anhaben würde.

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Perez schenkte ihr keine besondere Aufmerksamkeit,

während Cornelia sich bis auf die Unterwäsche entkleidete. "Den

Rest auch?", erkundigte sie sich, woraufhin die andere Frau

nickte. Kurz zögerte sie, schlichtweg aufgrund der ungewohnten

Situation, sich vor einem fremden Menschen auszuziehen. In

diesem Moment wollte sie lieber nicht daran denken, dass sie in

den kommenden Wochen ständig nackt sein würde. Cornelia

öffnete ihren BH, zog sich das Höschen herunter und legte die

Unterwäsche zu ihren restlichen Sachen.

Die Arme ein wenig unsicher vor dem Oberkörper haltend

stand sie für einige Sekunden neben der Liege, ehe sie sich daran

erinnerte, dass sie sich setzen sollte. Perez ein kurzes, etwas

schüchternes Lächeln zuwerfend durchquerte sie den Raum und

setzte sich auf den metallischen Stuhl. Die Oberfläche war

unangenehm kalt, was unweigerlich dazu führte, dass ihre

Brustwarzen sich aufstellen. Mit leicht geröteten Wangen senkte

Cornelia den Kopf und wartete ab, was als nächstes passierte.

Die Arzthelferin trat seitlich an sie heran. Aus den

Augenwinkeln konnte Cornelia sehen, dass sie eine Schere in der

Hand hielt. "Keine Angst, ich muss Ihnen die Haare kürzen,

damit das Mittel nachher besser einwirken kann. Es geht ganz

schnell", versprach Perez, griff nach ihren Haaren und begann

ohne große Umschweife, sie nahe an ihrer Kopfhaut

abzuschneiden.

Große Büschel braunen Haares rieselten auf den Boden.

61

Immer wieder griff die Assistentin nach der nächsten

Haarsträhne, ließ sie etwas durch ihre Finger gleiten, straffte sie

ein wenig und schnitt sie anschließend dicht über ihrem Finger

ab. Es war ein merkwürdiges Gefühl, und obwohl Cornelia

gewusst hatte, was sie bei der vorgetäuschten Verwandlung

erwartete, hatte sie sich innerlich kaum darauf vorbereiten

können.

Nach wenigen Minuten legte Perez die Schere zur Seite.

Ohne Cornelia eine Pause zu geben, griff sie stattdessen nach

einem Rasierapparat. "Es ist gleich geschafft", meinte sie

aufmunternd, während sie das brummende Gerät im Nacken

ansetzte und langsam über ihren Kopf gleiten ließ.

Obwohl Cornelia in der Vergangenheit schon öfters kürzere

Haarschnitte getragen hatte, konnte sie sich nicht daran erinnern,

dass dabei jemals ein Rasierer zum Einsatz gekommen war. Es

fühlte sich merkwürdig an, wie er über ihre Kopfhaut glitt. Ein

beständiger Regen aus kurzen Haaren rieselte ihr ins Gesicht, was

dazu führte, dass ihre Nase kribbelte.

Unerwartet schnell war der Spuk vorbei. Perez schaltete den

Rasierer aus und wischte Cornelia mit einem Tuch die Haare aus

dem Gesicht.

Zögernd hob das Mädchen die Hand und tastete nach ihrem

Kopf. Dort, wo normalerweise ihre weichen Haare gewesen

waren, ertastete sie nun nur harte und borstige Stoppeln. Selbst

ihr letzter Freund hatte längere Haare gehabt.

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"Sehen Sie, das war doch gar nicht so wild", meinte die

Arzthelferin und lächelte sie aufmunternd an.

"Sie haben ihre Haare ja auch noch", erwiderte Cornelia,

ohne die Hand von ihrem Kopf zu nehmen.

Perez lachte. "Ja, das stimmt wohl. Aber keine Sorge, die

wachsen ja wieder nach. Kommen Sie, im Nebenraum geht es

weiter."

Cornelia erhob sich, warf einen kurzen Blick auf ihre Haare,

die abgeschnitten auf dem Boden lagen und drehte sich zur Tür.

Vielleicht war es besser, dass sie nun in einen anderen Raum

kam, ehe ihr bei dem Anblick doch noch die Tränen kamen. Perez

hatte recht, es waren nur Haare und sie würden nachwachsen...

aber dennoch war es für Cornelia ein sehr emotionaler Schritt und

nicht leicht, sich von ihnen zu verabschieden. Unsicher fasste sie

sich mit einer Hand an den Nacken, zuckte jedoch bei dem

Gefühl der Stoppeln gleich wieder zurück und verschränkte

stattdessen die Arme vor der Brust.

Der benachbarte Raum war ebenfalls gefliest und hatte eine

ähnliche Größe wie der vorherige. Bis auf eine etwas merkwürdig

anmutende Duschkabine war er jedoch vollkommen leer.

Neugierig sah Cornelia zu Perez herüber, die neben der Dusche

auf sie wartete.

"Kommen Sie bitte. Die restlichen Haare entfernen wir hier

unter der Dusche", erklärte sie und reichte ihr eine Atemmaske.

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Wenig begeistert nickte Cornelia und setzte die Maske auf.

Sie deckte ihren Mund nahezu perfekt ab und wurde durch ein

dünnes Gummiband, das um ihren Nacken lief, in Position

gehalten.

Die Arzthelferin trat näher an sie heran. "Ich werde ihnen

zwei Wattestopfen in die Nasenlöcher drücken. Durch die Maske

können sie ganz normal atmen." Kaum, dass sie ausgesprochen

hatte, drückte sie bereits zwei weiche Kugeln in Cornelias Nase.

"Okay", brachte diese nun etwas näselnd hervor. Zumindest

wurde Wert auf ihre Gesundheit gelegt.

"Stellen Sie sich jetzt bitte in die Kabine", forderte Perez und

öffnete die Tür zu der Dusche. Als Cornelia sie betrat stellte sie

fest, dass kleine Düsen an den Wänden angebracht waren, wie bei

einer der kostspieligen Duschen, wie wohlhabendere Menschen

sie gerne hatten.

"Um ihre Augen zu schützen, müssen sie diese Brille

tragen", meinte Perez und reichte ihr etwas, das Cornelia an eine

schmale Sportschwimmbrille erinnerte. Behutsam setzte sie die

Brille auf und spürte, wie sich die gummierten Ränder

unangenehm an ihre Haut drückten.

Perez prüfte noch einmal den Sitz der Brille, ehe sie die

Kabine verließ und die Tür hinter sich schloss. "Der Vorgang

wird einige Minuten dauern. Atmen Sie ruhig durch den Mund

und passen Sie bitte auf, dass die Brille an Ort und Stelle bleibt",

erklärte die Arzthelferin.

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"Gut", brachte Cornelia etwas gepresst heraus. Nervös

schaute sie sich um und wartete darauf, dass etwas passierte. Sie

konnte nicht leugnen, dass ihr in der Kabine überhaupt nicht

wohl war. Doch wenn das zur Scheinverwandlung gehörte,

musste sie es wohl oder übel auf sich nehmen. Stumm hoffte sie,

dass sich all diese Opfer wenigstens lohnen würden.

Die Arzthelferin drückte mehrere Knöpfe an einem kleinen

Schaltpult auf der Außenseite der Kabine. Ein leises Zischen

ertönte und ließ Cornelia erschrocken zusammenzucken. Aus den

kleinen Düsen, die sie schon zuvor bemerkt hatte, strömte ein

leicht bläulich schimmernder Dampf.

Mit stark pochendem Herzen beobachtete sie, wie sich der

Nebel rasch in der Kabine ausbreitete. Nach nicht einmal einer

Minute war er so dicht, dass Cornelia nicht einmal mehr die

Glaswand der Kabine erkennen konnte.

Wie ein dünner Film legte sich der Nebel auch auf ihre Haut.

Zuerst fühlte er sich nur feucht an, doch nach kurzer Zeit begann

es überall an ihrem Körper zu kribbeln. Cornelia unterdrückte

den Reiz, sich zu kratzen, und blieb so regungslos stehen, wie es

möglich war. Mit geschlossenen Augen versuchte sie sich darauf

zu konzentrieren, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen.

Was auch immer hier mit ihr passierte, war genauso vorgesehen.

Dr. Collins und seine Assistentin machten einen kompetenten

Eindruck auf sie und passten auf sie auf. In ein paar Wochen

würde sie wieder genauso aussehen, wie noch vor ein paar

65

Stunden - wenn auch mit etwas kürzeren Haaren.

Das Kribbeln legte sich und wurde stattdessen von einer

beinahe unangenehmen Wärme verdrängt. Cornelias Haut fühlte

sich an, als hätte sie am gesamten Körper einen Sonnenbrand. Sie

spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach und fokussierte sich

weiterhin auf ihre Atmung. Wenn sie jetzt in Panik ausbrach

würde sie am Ende noch etwas von diesem blauen Dampf

einatmen, und das wollte sie unbedingt vermeiden.

Für Cornelia verging eine gefühlte Ewigkeit, ehe sich das

Zischen der Düsen veränderte. Nach und nach wurde der Nebel

lichter, so dass sie wieder eine bessere Sicht bekam. Perez stand

auf der anderen Seite der Glasscheibe und hatte offenbar gerade

das Programm beendet.

Bis die Luft wieder komplett geklärt war, vergingen noch

einmal ein paar Minuten. Cornelia nutzte die Zeit und sah an sich

herunter. Der Boden zu ihren Füßen war voller kleiner Härchen.

Dafür schien ihre Haut nun komplett haarlos zu sein, zumindest,

soweit sie es erkennen konnte. Egal ob Arme, Beine oder ihr

Schritt - nirgends war auch nur die kleinste Spur eines Haares zu

erkennen. Sie grinste leicht, als ihr durch den Kopf ging, dass sie

sich nun zumindest in nächster Zeit nicht mehr rasieren musste.

Perez öffnete die Tür der Kabine und bedeutete Cornelia,

dass sie heraus kommen sollte. "Sie können die Brille, die Maske

und die Wattepropfen jetzt wieder abnehmen", meinte sie. In der

66

Hand hielt die Arzthelferin ein Handtuch, das sie Cornelia

reichte. Dankbar nahm das Mädchen es an und reichte der Frau

dafür die nun nicht mehr benötigten Utensilien. Es war

angenehm, wieder durch die Nase atmen zu können.

Während sie sich die letzten Spuren des feuchten Nebels

vom Körper wischte stellte Cornelia fest, dass ihre Haut

unglaublich glatt war. Selbst, wenn sie sich besonders sorgfältig

rasiert hatte, ein derartiges Ergebnis hatte sie nie erreicht. Sie hielt

in ihrer Bewegung inne und tastete mit einer Hand nach ihrem

Kopf. Auch dort war die Haut nun vollkommen glatt. Cornelias

Sinne schienen für einen Moment verwirrt zu sein, weil es ein so

vollkommen neues Empfinden war und sich dort nicht mehr ein

einziges Haar mehr befand.

"Wie lange bleibt das so?", erkundigte sie sich mit leicht

krächzender Stimme bei Perez, die neben ihr stand und sie

beobachtete.

Die Arzthelferin setzte wieder ihr freundliches Lächeln auf,

als sie erklärte: "Ungefähr acht Wochen. So lange ist das

Wachstum deiner Haare unterbrochen. Die Haarwurzeln sind

jedoch nicht vollständig zerstört, nur die oberen

Wachstumszellen wurden aufgelöst. Diese werden sich jedoch

auf natürliche Art und Weise regenerieren, so dass Ihre Haare

anschließend wieder ganz normal wachsen werden."

Cornelia nickte leicht, strich sich noch einmal über den Kopf

und schüttelte sich leicht. Sie würde sich erst daran gewöhnen

müssen, überhaupt keine Haare mehr zu haben.

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Als sie sich fertig abgetrocknet hatte, kehrten sie in den

Raum mit dem Stuhl und der Liege zurück. Während Cornelia in

der Kabine gestanden hatte, schien Perez hier für Ordnung

gesorgt zu haben. Zumindest konnte sie keine Spuren ihrer zuvor

abgeschnittenen Haare mehr entdecken.

"Legen Sie sich bitte auf die Liege. Ich werde Sie nun in

Narkose versetzen, damit der Doktor den Eingriff an ihrem

Steißbein vornehmen kann", bat Perez und deutete auf die Liege,

neben der Cornelia sich zuvor ausgezogen hatte. Genau wie ihre

Haare waren auch ihre Kleidungsstücke verschwunden. Stumm

fragte sie sich, ob man die Sachen für sie aufbewahren würde, bis

sie wieder zurückverwandelt wurde.

Cornelia kletterte auf die Liege und machte es sich so

bequem, wie es irgendwie möglich war. Sie versuchte sich nicht

darauf zu konzentrieren, dass sich die Liege unter ihrem

haarlosen Kopf sehr ungewohnt anfühlte und war froh, als Perez

neben ihr auftauchte.

Die Arzthelferin verabreichte ihr eine Spritze und drückte

ihr eine Atemmaske auf das Gesicht. "Atmen Sie einfach ganz

normal weiter", riet sie.

Cornelia drehte den Kopf etwas zur Seite, so dass sie eine

kleine Gasflasche sehen konnte, die durch einen Schlauch mit der

Maske in ihrem Gesicht verbunden war. Die Luft, die sie jetzt

atmete, schmeckte ein wenig süßlich.

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Es dauerte nicht lange, bis ihr Blick unscharf und ihre

Gedanken träge wurden. Kurz versuchte sie sich dagegen zu

wehren, doch schon nach kurzer Zeit fiel Cornelia in einen tiefen

und traumlosen Schlaf.

69

Kostümierung

Cornelias Bewusstsein kehrte nur langsam wieder zurück.

Als hätte sie einen Kater, fühlte sich ihr Kopf schwer, ihre

Gedanken träge an. Ohne die Augen zu öffnen wartete sie ab, bis

sich der Nebel in ihrem Kopf etwas lichtete.

Sie verspürte einen dumpf pulsierenden Schmerz an der

Stelle, an der sich ihr Steißbein befand. Dabei wurde ihr bewusst,

dass sie auf dem Bauch lag, was normalerweise nicht so häufig

vorkam. Irgendetwas lag auf ihrem linken Oberschenkel und

fühlte sich sehr eigentümlich an. Cornelia wähnte sich jedoch

noch nicht dazu in der Lage, sich umzudrehen und nachzusehen,

worum es sich handelte.

Ganz langsam erinnerte sie sich daran, was vor ihrer

Bewusstlosigkeit zuletzt passiert war. Die Scheinverwandlung,

der Termin bei Dr. Collins, das Entfernen ihrer Haare.

Unwillkürlich bewegte sie eine Hand und tastete nach ihrem

Kopf. Die Haut war dort vollkommen glatt, nicht ein einziges

Härchen war übrig geblieben. Der Gedanke an den Verlust ihrer

Haare beherrschte ihre trägen Gedanken, sie hatte bisher noch

keine Zeit gehabt, diese Sache richtig zu verarbeiten. Einzig das

Wissen, dass es nur ein paar Wochen dauern würde, bis ihre

Haare wieder ganz normal wuchsen, beruhigte sie ein wenig.

70

Schließlich öffnete sie doch die Augen. Cornelia blinzelte ein

paar Mal und schaute sich um. Der Raum in dem sie sich befand

kam ihr vertraut vor. Zwar war der Stuhl verschwunden, doch es

war zweifelsfrei der Raum, in dem sie auch eingeschlafen war.

Vor dem kleinen Fenster hing ein Rollladen, ein paar einzelne

Sonnenstrahlen schimmerten durch die schmalen Lücken in den

Raum hinein.

"Es ist ja hell draußen", murmelte sie leise zu sich selbst. Ihre

Verwandlung hatte am späten Nachmittag begonnen, so dass sie

offenbar die ganze Nacht über geschlafen haben musste.

Sie drehte den Kopf etwas über die Schulter. Mit einer

mühevollen Bewegung schob sie die dünne Decke zur Seite, die

ihren Körper bedeckte. Was sie dann sah, war gleichermaßen

faszinierend wie beängstigend. Aus ihrem Steißbein entsprang

ein Kuhschweif, der locker auf ihrem linken Oberschenkel lag. Er

schien übergangslos mit ihrer Hüfte verwachsen zu sein und war

- bis auf ein größeres Büschel längerer Haare an seinem Ende -

genauso haarlos wie ihre übrige Haut. Wenn sie es nicht besser

gewusst hätte und es nicht so ungewohnt ausgesehen hätte,

Cornelia hätte nicht daran gezweifelt, dass dieser Schweif schon

immer zu ihrem Körper gehört hatte.

Unschlüssig betrachtete sie ihr neues Körperteil. Sie glaubte,

ihn auch spüren zu können, wusste jedoch nicht, ob und wie sie

ihn bewegen konnte. Unsicher spannte sie verschiedene Muskeln

in ihrem verlängerten Rücken an, jedoch ohne Erfolg.

71

Cornelia sank wieder in ihr Kissen und schloss die Augen.

Natürlich hatte sie gewusst, dass sie einen Kuhschweif erhalten

sollte, schließlich würde sie ansonsten kaum unauffällig zwischen

den richtig verwandelten Rindern ihrer Aufgabe nachgehen

können. Doch es war etwas ganz anderes, sich so etwas nur

vorzustellen, als jetzt tatsächlich mit so einem neuen Körperteil -

das zudem auch noch eindeutig nicht besonders menschlich

wirkte - aufzuwachen. Das musste sie nun erst einmal

verarbeiten.

Besonders viel Zeit blieb ihr dafür jedoch nicht. Nur ein paar

Minuten, nachdem sie die Augen wieder geschlossen hatte,

wurde die Tür geöffnet. Unwillkürlich hob Cornelia den Kopf

und sah nach, wer den Raum nun betrat.

"Sehr schön, Sie sind ja schon wach!", wurde sie von Perez

begrüßt. Die Arzthelferin näherte sich ihr, warf einen prüfenden

Blick auf den Schweif und legte die Decke wieder ordentlich über

den nackten Körper ihrer Patientin. "Wie fühlen Sie sich?",

erkundigte sie sich anschließend und legte ihr gleichzeitig eine

Hand auf die Stirn, wohl um die Temperatur zu prüfen.

Cornelia überlegte kurz, was sie auf diese Frage antworten

sollte. "Ein wenig merkwürdig", meinte sie schließlich und

machte mit einer Hand eine Bewegung in Richtung ihres

Rückens.

Perez lächelte verständnisvoll. "Ja, das kann ich mir

72

vorstellen. Sie haben aber keine Schmerzen oder andere

Beschwerden?"

"Nein, nur mein Kreislauf scheint etwas angeschlagen zu

sein", entgegnete sie.

"Das ist ganz normal, das kommt von der Narkose. Ich habe

Ihnen etwas zur Stärkung vorbereitet, das wird helfen", versprach

Perez. Sie verschwand kurz, ehe sie mit einem Tablett zurück

kehrte und es auf einem kleinen Beistelltischchen neben dem Bett

abstellte.

Perez half Cornelia dabei, sich ein wenig aufzurichten.

Aufgrund ihres neuen Schweifes fiel es ihr schwer, sich

hinzusetzen, doch die Arzthelferin bog ihr neues Körperteil

vorsichtig zur Seite, so dass sie es sich einigermaßen gemütlich

machen konnte, und legte den Schweif dann seitlich an ihre

Hüfte, so dass er dicht an ihrem Schenkel lag.

"Keine Sorge, in ein paar Tagen können Sie ihn selbst

bewegen", versprach Perez.

Die Patientin ignorierte diese Aussage und warf stattdessen

einen prüfenden Blick auf das Tablett. Dort warteten zwei belegte

halbe Brötchen und ein Glas Wasser auf sie.

"Guten Appetit. Ich hole Sie in ein paar Minuten ab, damit

wir weiter machen können", verkündete die Arzthelferin, lächelte

Cornelia noch einmal zu und verschwand aus dem Raum.

Besonders viel Appetit verspürte Cornelia nicht, doch sie

73

hielt es für keine gute Idee, das Frühstück auszuschlagen. Ihre

Verwandlung war nun bereits zur Hälfte abgeschlossen, und

wenn sie erst einmal ein Rind war, würde es eine ganze Weile

dauern, bis sie das nächste Mal ein Brötchen zu Gesicht

bekommen würde. Während ihrer Recherchetätigkeit hatte sie

sich auch darüber informiert, was Rinder zu fressen bekamen.

Zwar waren bei den Biokühen keine Substanzen wie ProMilk

oder Conticesens Sententiae untergemischt, das Futter bestand

aber dennoch nur aus Pellets, Hafer und Getreide. Cornelia hatte

zwar nichts gegen Müsli zum Frühstück, doch die Aussicht auf

das zukünftige Futter öste nicht gerade Begeisterungsstürme bei

ihr aus.

So zerkaute sie mit langsamen Bissen die beiden

Brötchenhälften und warf dabei immer wieder einen Blick auf

ihren Kuhschweif, der bewegungslos an ihrer rechten Seite lag. Es

war wirklich ein sehr ungewohntes Gefühl, plötzlich ein

zusätzliches Körperteil zu haben.

Kaum, dass sie ihr Frühstück beendet hatte, kehrte Perez

auch schon wieder zurück.

"Sind Sie satt geworden?", erkundigte sie sich höflich, als sie

das Tablett wieder an sich nahm, zweifellos, um es aus dem

Raum zu bringen.

Cornelia nickte. "Ja, vielen Dank." Da sie ohnehin nicht

besonders viel Appetit gehabt hatte, war die Portion sogar mehr

als ausreichend gewesen.

74

"Sehr schön", freute sich die Arzthelferin, brachte das Tablett

aus dem Raum und stand gleich darauf wieder neben ihrer

Patientin.

Mit Hilfe von Perez stand Cornelia auf. Der Schweif reichte

zwar nicht ganz bis zum Boden, wirkte bei Cornelias ersten

Schritten aber dennoch irritierend. Unkontrolliert pendelte er

leicht hin und her, wobei er immer wieder ihre Waden berührte,

als sie zusammen mit der Arzthelferin ins Bad ging.

Einige leicht verstörende Minuten später, in denen sie sich

erleichtert und grob gewaschen hatte, befand sich Cornelia

wieder in einem Raum mit einer sonderlichen Kabine.

"Wie ich sehe, sind Sie in bester Verfassung!", wurde sie von

Dr. Collins begrüßt, der dort bereits auf sie gewartet hatte.

Cornelia lächelte schief. "Naja, ich habe mich schon wohler

gefühlt", gab sie ehrlich zurück. Zwar fehlte ihr nichts und auch

die Trägheit in ihrem Kopf hatte sich durch etwas kühles Wasser

im Gesicht gelegt, doch der Schweif machte ihr noch immer etwas

zu schaffen. Immerhin lenkte er sie von der Tatsache ab, dass sie

mit Ausnahme der Wimpern am ganzen Körper keine Haare

mehr hatte.

"Daran gewöhnen Sie sich ganz schnell. Ich bin mir sicher,

dass Ihnen der Schweif sogar fehlen wird, wenn wir ihn in ein

paar Wochen wieder entfernt haben", meinte der Arzt, während

er hinter das Mädchen trat und einen prüfenden Blick auf ihren

verlängerten Rücken warf.

75

"Na, ich weiß noch nicht so recht", erwiderte Cornelia.

Der Doktor tauchte wieder vor ihr auf und lächelte sie

zuversichtlich an. "Keine Sorge, es läuft alles genau so wie

geplant. Als nächstes werden wir nun die Färbung auf Ihrer Haut

auftragen."

Cornelia warf einen Blick auf die Duschkabine und

schluckte leise. Spätestens wenn dieser Schritt hinter ihr lag,

würde sie kaum noch als Mensch erkannt werden.

"Ihre Größe spielt uns dabei in die Karten, so dass wir es uns

etwas einfacher machen können", erklärte Dr. Collins und führte

weiter aus: "Da es von den körperlichen Gegebenheiten so gut

passt, werden wir Sie wie ein Angler Rind färben. Diese Rasse hat

eine einfarbige Hautfärbung, was uns eine Menge Feinarbeit

erspart."

Während der Arzt auf diese Details einging, wurden

Cornelia von Perez erneut Maske, Nasenstopfen und die Brille

gereicht. Sorgfältig setzte sie alles auf, ehe die Arzthelferin den

Sitz noch einmal überprüfte.

Zögerlich betrat Cornelia die Duschkabine. Perez verschloss

die Tür hinter ihr und Dr. Collins setzte die Maschine in Gang.

Ähnlich wie am Vortag drang feiner Nebel aus den Düsenleisten,

die in den Ecken der Kabine angebracht waren und sie durch den

geringen Abstand zueinander gleichmäßig besprühten.

Im Gegensatz zu dem Enthaarungsmittel, mit dem sie zuvor

76

eingesprüht worden war, hatte der Nebel dieses Mal jedoch eine

dunkelrote Färbung.

Cornelia verharrte Regungslos in der Kabine, während der

Nebel sich feucht auf ihre Haut legte. Es war ein wenig gruselig

mit anzusehen, wie sich die kleinen Farbpartikel auf die

Oberfläche ihrer Schutzbrille legten und ihr nach kurzer Zeit die

Sicht nahmen. Genau das Gleiche passierte gerade überall an

ihrem Körper mit ihrer Haut, schoss es ihr durch den Kopf.

Ein leises Rauschen erklang, dicht gefolgt von der Stimme

der Arzthelferin: "Bitte strecken Sie jetzt Ihre Arme nach oben,

damit auch Ihre Achseln zuverlässig gefärbt werden können."

Sie befolgte die Anweisung, auch wenn sie sich dabei noch

merkwürdiger vorkam. Sie konnte inzwischen absolut nichts

mehr erkennen und hoffte, dass es nicht mehr lange dauern

würde, bis sie die Kabine wieder verlassen konnte.

"Und jetzt stellen Sie bitte Ihre Beine weiter auseinander",

ertönte kurz darauf erneut die Stimme von Perez.

Cornelia tat wie ihr geheißen und stellte sich breitbeiniger

hin. Gleich darauf spürte sie, wie sie nun auch von unten

angesprüht wurde und fühlte sich an den Oberschenkeln und im

Schritt etwas klamm. Ihr war bewusst, dass auch ihr haarloser

Intimbereich von der Färbung nicht verschont bleiben konnte. Ein

paar tiefe Atemzüge nehmend hoffte sie, dass es wirklich keine

Rückstände der Farbe geben würde, wenn sie zurückverwandelt

wurde.

77

Es dauerte fast eine Stunde, bis Cornelia die Prozedur

überstanden hatte. Nachdem das Geräusch der Düsen immer

leise wurde und der dunkle Nebel schließlich abgesaugt worden

war, konnte sie hören, wie sich die Tür der Kabine öffnete.

"Nicht erschrecken, ich nehme Ihnen jetzt die Brille ab",

erklang die Stimme von Perez dicht neben ihr. Mit behutsamen

Bewegungen griff sie an Cornelias Kopf und löste die Brille.

Sie blinzelte ein paar Mal, ehe sie sich wieder an ihre hellere

Umgebung gewöhnt hatte. Während die Arzthelferin ihr auch die

Maske und die Nasenstopfen abnahm, hob Cornelia langsam ihre

Arme vor das Gesicht. Ihre Haut hatte nun einen kräftigen,

rotbraunen Farbton. Langsam schaute sie an sich herunter. Die

Färbung war absolut gleichmäßig und makellos.

"Sehr schön, das hat ja hervorragend geklappt!", freute sich

Dr. Collins, der nun die Kabine betrat, nachdem seine Assistentin

selbige verlassen hatte. "Jetzt müssen wir nur noch die letzten

Stellen im Gesicht nacharbeiten."

Cornelia betrachtete noch immer vollkommen fasziniert ihre

Haut, so dass sie die Worte des Arztes kaum wahrgenommen

hatte. Leicht verwirrt blinzelte sie ihn an.

"Keine Sorge, das geht ganz flott", versprach er. Perez reichte

ihm eine Schutzbrille und eine kleine Airbrushpistole, die an

einem längeren Schlauch befestigt war.

"Wenn ich Ihnen das Kommando gebe, dann halten Sie Ihre

Augen bitte möglichst entspannt geschlossen und die Luft an.

78

Den Mund lassen Sie bitte ebenfalls fest verschlossen", wies der

Arzt sie an.

Cornelia nickte nervös. Probeweise machte sie einen tieferen

Atemzug und hatte prompt das Gefühl, gerade in diesem

Augenblick besonders kurzatmig zu sein.

"Sind Sie bereit?", erkundigte sich Dr. Collins und musterte

sie mit einem prüfenden Blick.

Sie atmete noch ein paar Mal tief durch, ehe sie knapp und

mit tonloser Stimme antwortete: "Ja."

"Gut, dann jetzt bitte Luft anhalten, Mund und Augen zu!",

erwiderte der Doktor.

Cornelia nahm einen tiefen Atemzug und hielt die Luft an.

Sie drückte ihre Augen fest zu und presste die Lippen

aufeinander. Die Farbe war sicher nicht gerade gesund, immerhin

hatte sie in der Kabine nicht umsonst eine Maske tragen müssen.

Ein feiner, aber durch die Nähe zur Spritzdüse recht harter

Sprühregen traf ihr Gesicht. Unwillkürlich zuckte Cornelia etwas

zurück und presste Lippen und Augen noch fester zu.

"Ganz ruhig", ermahnte Dr. Collins, während er weiter das

Gesicht seiner Patientin einsprühte. Sorgfältig verteilte er die

Farbe auf die Stellen, die bisher geschützt gewesen waren.

Aufmerksam achtete er darauf, alle Stellen gleichmäßig

einzufärben und nichts zu übersehen.

Cornelia bekam gerade das Gefühl, dass ihr die Luft

ausging, als der Sprühnebel versiegte. "Sie können jetzt ganz

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vorsichtig durch die Nase atmen. Lassen Sie Augen und Mund

aber bitte noch weiter geschlossen", hörte sie die Stimme des

Arztes.

Erleichtert sog sie Luft durch die Nase ein. Ganz langsam

entspannte sich ihr verkrampfter Körper wieder. Zumindest

schien sie es jetzt weitestgehend hinter sich gebracht zu haben.

Nach ein paar Minuten durfte Cornelia ihre Augen wieder

öffnen. Perez geleitete sie aus der Kabine heraus und lächelte sie

aufmunternd an. "Jetzt haben wir es fast geschafft, es fehlen nur

noch Kleinigkeiten."

Cornelia fiel es schwer, das Lächeln zu erwidern. Gerade

war ihr Blick auf einen Spiegel gefallen. Das, was sie dort sah, zog

sie vollkommen in seinen Bann. Sie hätte sich selbst beinahe nicht

erkannt. Haarlos und mit einer dunklen, rotbraunen Haut, sah sie

überhaupt nicht mehr wie ein normaler Mensch aus. Verstärkt

wurde dieses Bild noch durch den Kuhschweif, der leicht hin und

her pendelte. Es war ein befremdlicher und irgendwie auch

erschreckender Anblick für die junge Frau. So also sah sie nun

aus? Jetzt fiel es ihr leicht zu glauben, dass sie zwischen den

Tieren nicht auffallen würde. Ob Erik so überhaupt dazu in der

Lage sein würde, sie unter den anderen Kühen ausfindig zu

machen?

"Ich werde Ihnen jetzt die Ohrmarken anlegen", kündigte die

Arzthelferin an und schaffte es damit nur für einen kurzen

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Moment, Cornelia aus ihren Gedanken zu reißen.

Mit Mühe löste sie ihren Blick von ihrem Spiegelbild und

betrachtete stattdessen die beiden gelben Marken, die Perez ihr

gerade zeigte. Beide bestanden jeweils aus zwei Teilen, einer

größeren Vorder- und einer etwas kleineren Rückseite. Auf der

Rückseite war unter dem Siegel des MPHZ eine längere Nummer

zu sehen. Selbige befand sich auch auf der Vorderseite, wurde

dort jedoch noch zusätzlich durch einen Strichcode ergänzt.

"Die Zahlen stehen für die Lebensnummer, unter der Sie die

kommenden Wochen geführt werden", erklärte Perez.

Cornelia wusste, was es mit den Zahlen auf sich hatte. Jedes

Pet bekam bei seiner Verwandlung eine individuelle Nummer.

Sie setzte sich aus verschiedenen Zahlen zusammen, die

beispielsweise für den Ort der Verwandlung, die Rasse und das

Alter standen. Etwas ratlos schaute sie auf die Zahlenkette, die

sich auf ihren Ohrmarken befand. "AR 084 02 71993" stand dort

geschrieben. Was genau man daraus ablesen konnte, wusste

Cornelia jedoch nicht.

"Stillhalten bitte", forderte Perez und griff nach Cornelias

linkem Ohrläppchen. Mit leichtem Druck hielt sie die vordere

Seite der Ohrmarke auf Cornelias Ohrmuschel, führte die

Rückseite von der anderen Seite heran und verband beide Teile

miteinander. Wenn man davon absah, dass es die untere Hälfte

ihres Ohres bedeckte und dort etwas ungewohnt drückte, fühlte

es sich jedoch tatsächlich fast wie ein Ohrring an.

"Und die gehen ganz sicher wieder ab?", erkundigte sich

81

Cornelia, den Blick inzwischen wieder auf den Spiegel gerichtet.

Der Anblick ihres kaum noch menschlichen Körpers gab dem

leisen Zweifel, der immer noch irgendwo in ihr geschlummert

hatte, neue Nahrung.

Die Arzthelferin ging einmal um sie herum und wiederholte

die Prozedur an ihrem anderen Ohr. "Ja, das ist überhaupt kein

Problem. Sie sitzen fest genug, damit sie sich nicht versehentlich

lösen, aber wir können sie leicht wieder abmachen", versprach

sie.

Cornelia zögerte kurz, dann forderte sie leicht erregt:

"Zeigen Sie es mir. Machen Sie die Ohrmarke wieder ab. Bitte."

Perez, die gerade die zweite Ohrmarke befestigt hatte, warf

ihr einen taxierdenden Blick zu. Fast schien sie innerlich zu

seufzen, ehe sie nickte. "Gut, ich werde es Ihnen zeigen."

Die Arzthelferin begann erneut, an Cornelias rechtem Ohr

herum zu nesteln. Es dauerte fast eine halbe Minute, doch dann

löste sich die Ohrmarke tatsächlich von ihrem Ohr.

"Bitte. Sehen Sie, das war überhaupt kein Problem", meinte

Perez und hielt Cornelia die Hand mit der Ohrmarke hin.

Cornelia fühlte sich unendlich erleichtert, dass es tatsächlich

geklappt hatte. Jetzt hatte sie fast ein schlechtes Gewissen, weil

sie darauf bestanden hatte, dass die Arzthelferin die Marke noch

einmal löste. "Danke...", murmelte sie halblaut und fügte dann

hinzu: "Tut mir leid, ich... bin einfach etwas nervös. Das ist jetzt

doch alles recht viel für mich."

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"Schon gut, ich verstehe das schon", antwortete Perez und

befestigte die Ohrmarke nun erneut an dem Ohr ihrer Patientin.

"Aber Sie können uns ruhig vertrauen, wir können alles

rückgängig machen."

Deutlich beruhigter als noch kurz zuvor kehrte Cornelia mit

Perez zusammen in den Nebenraum zurück. Während sie sich

auf die Liege setzte, verschwand die Arzthelferin kurz und kam

gleich darauf mit einer großen Tasche zurück.

"Jetzt fehlen nur noch die Hufschuhe und die Armfesselung,

dann sind wir soweit fertig. Das Spray für ihre Stimmbänder

macht der Doktor dann ganz am Ende", erklärte Perez das

weitere Vorgehen.

Cornelia nickte und stieg mit beiden Beinen bereitwillig in

die Schuhe, die ihr gereicht wurden. Es waren hohe Stiefel die ihr

bis über die Knie reichten und deren Farbe exakt ihrer neuen

Hautfarbe entsprach. Von Innen waren sie mit einem weichen

Material ausgestattet, dass sich angenehm an ihre Füße

schmiegte.

"Sie müssen den Fuß strecken, damit Sie ganz hinein

gelangen", erklärte die Assistentin und half ihr dabei, vollständig

in die Schuhe zu gelangen.

Warum diese Stiefel Hufschuhe genannt wurden, verstand

Cornelia an dem Augenblick, in dem sie von der Liege aufstand.

Sie hatte das Gefühl auf Zehenspitzen zu laufen, doch anders als

bei gewöhnlichen High Heels gab es keinen Absatz, der sie

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stützte. Stattdessen war die Sohle des Stiefels einem Huf

nachempfunden, auf dem sie nun balancieren musste.

"Huh...", entfuhr es ihr, als sie einen ersten zögerlichen

Schritt machte und beinahe das Gleichgewicht verlor.

Perez eilte ihr zu Hilfe und stützte sie an der Schulter.

"Keine Sorge, da gewöhnen Sie sich im Handumdrehen dran",

versicherte sie ihr.

Tatsächlich war das Laufen in den Hufschuhen nicht so

schlimm, wie Cornelia zuerst gedacht hatte. Zwar war ihr Fuß

sehr stark gestreckt, so dass sie wirklich nur mit den

Zehenspitzen auftrat, doch das Material im Inneren des Schuhs

stützte ihre Füße und gab ihr damit außergewöhnlich festen Halt.

Zusätzlich war die Auflagefläche der Hufe selbst recht groß, so

dass sie zumindest einen stabilen Stand hatte, wenn sie keine

Schritte machte. Sie stakste zwar noch ein wenig, doch immerhin

konnte sie ihr Gleichgewicht halten.

"Sehr gut", lobte Perez. Sie hatte Cornelia bei ihren letzten

Runden durch den kleinen Raum nicht mehr stützen müssen und

stattdessen weitere Gegenstände aus der Tasche geholt. "Reichen

Sie mir jetzt bitte Ihren linken Arm", bat sie.

Cornelia streckte selbigen aus und beobachtete, wie die

Arzthelferin ihr einen langen Handschuh anzog. Der Handschuh

reichte ihr bis über die Ellenbogen und hatte die gleiche Färbung

wie die Hufschuhe. Dort, wo normalerweise die einzelnen Finger

84

waren, befand sich jedoch nur ein einziger geräumiger

Fingerschaft, wie man es höchstens von Fäustlingen kannte. Ihre

Hand, zu einer lockeren Faust geballt, passte genau hinein.

"Jetzt den anderen", forderte Perez und wiederholte das

Vorgehen am rechtem Arm. Cornelia stellte fest, dass sie mit

ihren Fingern nun praktisch überhaupt nichts mehr machen

konnte. Sie war nicht einmal mehr dazu in der Lage, ihre Hand

richtig zu bewegen, und selbst wenn, hätte sie aufgrund der

Ausformung der Handschuhe nichts mehr greifen können.

Perez war nun hinter sie getreten und zog ihr die Arme

behutsam auf den Rücken. Ihre Unterarme wurden parallel

zueinander in eine horizontale Position gebracht, so dass die

Hände jeweils in der Armbeuge des anderen Arms lagen. Mit

mehreren Lederbändern fixierte die Arzthelferin die Arme nun,

so dass Cornelia sie nicht mehr bewegen konnte.

Es war ein sehr komisches Gefühl für Cornelia, derart

gefesselt zu sein. Weder konnte sie ihre Arme bewegen, noch ihre

Finger benutzen. Sie spürte eine selten starke Hilflosigkeit und

Unsicherheit, die durch die Hufschuhe noch verstärkt wurde.

"Das ist echt unangenehm...", merkte sie an.

"Kann ich mir vorstellen", meinte Perez, die nun einen

Schritt zurückgetreten war und ihr Werk begutachtete. "Können

Sie die Arme bewegen?"

Cornelia kannte die Antwort bereits, versuchte es aber noch

einmal. Doch so sehr sie sich auch mühte, sie konnte ihre Arme

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nahezu überhaupt nicht bewegen. Einzig beide Arme gleichzeitig

ein paar Zentimeter von ihrem Rücken anzuheben klappte,

jedoch war die Bewegung so anstrengend, dass sie es kaum

länger als ein paar Sekunden durchhalten konnte. "Nein, keine

Chance", sagte sie schließlich und gab auf.

"Sehr gut." Dr. Collins hatte während ihrer Anstrengungen

den Raum betreten und lächelte Cornelia breit an.

Ganz so toll wie der Arzt fand Cornelia die Tatsache, dass

sie fortan vollkommen hilflos sein würde nicht, doch immerhin

war ihre Verwandlung damit beinahe abgeschlossen.

"Gute Arbeit", lobte der Doktor seine Assistentin und besah

sich die Fesselung noch einmal selbst, indem er einmal um

Cornelia herum ging. "Fein. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?",

erkundigte er sich aufmerksam.

Cornelia betrachtete den Arzt stumm für einige

Augenblicke. Besonders wohl fühlte sie sich nicht und am

liebsten hätte sie besonders die Handschuhe sofort wieder

ausgezogen. Doch selbst, wenn sie es gewollt hätte, wäre sie

alleine dazu nun nicht mehr in der Lage gewesen. Von dieser

Tatsache abgesehen spürte sie jedoch keine Schmerzen oder

irgendetwas anderes, das sie davon abhalten würde, die

Verwandlung nun zu vollenden.

"Ja, alles in Ordnung", sagte sie schließlich und gab sich

Mühe, einen entschlossenen Gesichtsausdruck zu zeigen.

"Hervorragend", freute sich der Arzt. Perez reichte ihm eine

86

Spraydose, die Cornelia unwillkürlich an ein Deo erinnerte.

"Dann öffnen Sie jetzt bitte den Mund soweit Sie können."

Sie schluckte noch einmal, ehe sie langsam ihren Mund

öffnete, bis es nicht mehr weiter ging.

"Und nun die Zunge schön weit heraus strecken", forderte

der Doktor und hob die Spraydose auf Sichthöhe.

Cornelia streckte ihre Zunge heraus und sah, wie der Doktor

die Dose nun unmittelbar vor ihren Mund hielt. Im nächsten

Augenblick war das Zischen von entweichendem Gas zu hören

und sie konnte spüren, wie es in ihren Mund gesprüht wurde. Es

fühlte sich feucht an, trocknete ihren Rachen aber dennoch in

kürzester Zeit aus. Nur mit Mühe schaffte sie es, nicht reflexartig

den Mund zu schließen, sondern mehrere Sekunden abzuwarten,

bis Dr. Collins fertig war.

"Gut. Jetzt müssen wir kurz warten, bis es seine volle

Wirkung entwickelt hat", erklärte der Arzt und überreichte seiner

Assistentin die Spraydose.

Cornelia nutzte die Wartezeit, um sich noch etwas besser an

ihre neuen Schuhe zu gewöhnen. Jetzt, wo sie die Arme nicht

mehr bewegen konnte, war es wieder schwieriger, das

Gleichgewicht zu halten. Mit langsamen Schritten lief sie den

Raum auf und ab, was ihr immerhin dabei half, ihre Nervosität

zumindest ein wenig in den Griff zu bekommen.

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"Fünf Minuten sind um", verkündete Dr. Collins und

bedeutete Cornelia, zu ihm zu kommen. "Bitte versuchen Sie nun

einmal, etwas zu sagen."

Sie machte noch zwei Schritte, bis sie wieder bei dem Arzt

und seiner Assistentin angekommen war und öffnete zögernd

den Mund. Für einen kurzen Moment war sie sich nicht sicher,

was sie überhaupt sagen sollte, doch dann entschied sie sich

dafür, einfach zu fragen, was sie sagen solle.

Cornelia setzte dazu an, doch alles was aus ihrer Kehle kam,

war ein heiseres Krächzen, das ein unangenehmes Kratzen in

ihrem Hals nach sich zog. Sie versuchte sich zu Räuspern und

probierte es erneut, jedoch ohne Erfolg. Sie brachte kein Wort

heraus. Das Krächzen erweckte eher den Eindruck, dass ihr etwas

im Hals stecken geblieben wäre.

Obwohl sie wusste, dass es beabsichtigt war, dass sie nicht

mehr sprechen konnte, war es ein sehr unangenehmes und

beängstigendes Gefühl, jetzt tatsächlich nicht mehr sprechen zu

können. Nun konnte sie weder ihre Hände benutzen, noch

jemanden um Hilfe bitten. Sofort nagten wieder Zweifel an ihr, ob

es wirklich eine gute Idee gewesen war, sich auf die

Scheinverwandlung einzulassen.

"In Ordnung. Jetzt versuchen Sie mal ein Muhen!", forderte

Dr. Collins.

Cornelia warf ihm einen kurzen zweifelnden Blick zu. Sie

hatte noch nie versucht, das Geräusch einer Kuh zu imitieren.

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Etwas zögerlich öffnete sie erneut den Mund. "Mhuuhh!", brachte

sie etwas schief hervor. Leicht beschämt senkte sie den Blick und

betrachtete den Fußboden, als ob das Muster der Fliesen

besonders spannend wäre. Nackt, gefesselt und noch dazu

muhend kam sie sich nicht nur hilflos, sondern regelrecht

gedemütigt vor.

"Das klappt schon ganz gut. Niemand wird einen Verdacht

schöpfen", befand der Arzt. "Dann sind wir hier fertig. Es freut

mich, dass alles so reibungslos geklappt hat." Er machte eine

kurze Pause und lächelte Cornelia erneut an, die ihren Blick

wieder auf den Doktor gerichtet hatte. "Ich wünsche Ihnen in den

kommenden Wochen viel Erfolg! Wir sehen uns dann zu Ihrer

Rückverwandlung."

Unfähig, etwas zu erwidern, nickte Cornelia nur leicht mit

dem Kopf. Perez legte ihr eine Hand auf den Oberarm und

bedeutete ihr, den Raum zu verlassen. Behutsam, um ihre

Patientin nicht doch noch ins Stolpern zu bringen, führte die

Arzthelferin Cornelia durch die Praxis und schließlich durch eine

Nebentür nach draußen auf den Hof.

Noch bevor sierichtig realisierte, dass sie sich gerade

vollkommen nackt und mit dem Aussehen einer Kuh mitten in

einem meist recht belebten Dorf aufhielt, wurde Cornelia eine

kleine Rampe hinauf in einen Anhänger geführt.

"Du wirst gleich zu BioUdders gebracht", erklärte Perez.

"Während der Fahrt könnte es etwas wacklig werden also würde

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ich vorschlagen, dass du dich hinsetzt."

Cornelia nickte. Es war auf festem Boden schon schwer

genug, auf den Hufschuhen das Gleichgewicht zu halten. Mit

Hilfe von Perez setzte sie sich auf den Boden des Anhängers, von

dem sie alleine vermutlich nicht mehr aufstehen konnte.

Die Arzthelferin lächelte ihrer Patientin noch einmal zu, ehe

sie sich umdrehte und den Anhänger verließ. "Bis in ein paar

Wochen", rief sie ihr noch zu, ehe man die Rampe hochklappte

und den Anhänger damit verschloss.

90

Der Ring

Mit einem leichten Ruck kam der Anhänger zum Stehen. Für

einen kurzen Augenblick herrschte Stille, ehe Cornelia draußen

das Geräusch von zuschlagenden Fahrzeugtüren vernehmen

konnte. Die als Kuh getarnte Reporterin hoffte, dass sie nun

endlich ihr Ziel - die Ställe von BioUdders - erreicht hatte.

Im Verlauf der letzten paar Stunden hatten sie bereits zwei

Mal angehalten. Mit wild pochendem Herzen hatte sie jeweils

darauf gewartet, aus dem Hänger geholt zu werden, doch

stattdessen waren drei weitere Kühe aufgeladen worden.

Die ersten beiden hatten braune Haut mit einem wirren

Muster aus kleineren und größeren weißen Flecken sowie weiß

gefärbten Köpfen. Genau wie sie selbst schienen sie erst vor

kurzem verwandelt worden zu sein, zumindest entnahm sie das

den aufgeschnappten Gesprächsfetzen der beiden Fahrer. Die

Kuh, die als letztes zu ihnen gestoßen war, war ebenfalls weiß

gefleckt, hatte jedoch eine schwarze Grundfarbe. Schon auf den

ersten Blick hatte Cornelia ihr angesehen, dass sie bereits länger

als Kuh lebte. Ihre großen Brüste wirkten schwer und die

ungewöhnlich langen Brustwarzen standen deutlich vom Körper

ab. Cornelia hoffte, dass ihr Aufenthalt im Stall nicht so lange

ausfallen würde, dass sich ihr Körper auf ähnliche Weise

veränderte.

Der Anhänger wurde geöffnet und Cornelia aus ihren

91

Gedanken gerissen. Zwei Männer klappten die Rampe herunter,

während ein Dritter zu ihnen hinein kletterte. Er trug einen

grauen Ganzkörperanzug, auf dem das Logo von BioUdders

angebracht war. Laut klatschte er in die Hände und verkündete:

"Endstation!"

Bei diesem Wort musste Cornelia unwillkürlich schlucken.

Rasch rief sie sich in Erinnerung, dass sie nur für einige Wochen

als Kuh leben würde. Für sie war das hier nicht die Endstation.

Ganz im Gegenteil, es sollte vielmehr der Startschuss in eine

erfolgreiche Karriere werden.

Kraftvoll packte der Mann die Kühe an den Oberarmen und

half ihnen auf die Beine. Sie alle hatten die Fahrt sitzend

verbracht, und Cornelia war froh darüber gewesen, dass Perez ihr

diesen Tipp gegeben hatte. Zwischendurch hatte es doch ganz gut

geschwankt, so dass sie auf ihren neuen Hufschuhen ganz sicher

das Gleichgewicht verloren hätte.

Unsicher blieb Cornelia im Hänger stehen und auch die

beiden anderen frisch verwandelten Kühe warteten nervös ab.

Einzig die schwarz weiß gefleckte Kuh lief scheinbar seelenruhig

die Rampe herunter ins Freie.

"Na los, auf geht's!", rief der Mann und klatschte erneut

auffordernd in die Hände.

Mit langsamen und vorsichtigen Schritten setzten sich die

drei Kühe nacheinander in Bewegung. Cornelias Herz schien vor

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Aufregung durch ihre Rippen brechen zu wollen, als sie die

Rampe erreichte. Jetzt begann der eigentliche Teil ihrer Mission.

Sie konnte nur hoffen, dass alles so lief, wie sie es geplant hatte.

Der Anhänger stand auf einem großen Sandplatz, der von

einem hüfthohen Zaun begrenzt wurde. Ein breiter, hölzerner

Bogen war über der Einfahrt befestigt. Irgendwie war Cornelia

sich sicher, dass darauf von der anderen Seite "BioUdders" zu

lesen war. Sie schaute sich um und erkannte mehrere große und

langgezogene Gebäude. Das mussten die Ställe sein, in denen die

über 1.000 Rinder des Unternehmens gehalten wurden.

"Nicht trödeln, wir haben nicht ewig Zeit!", mahnte einer der

Fahrer und gab Cornelia mit der flachen Hand einen

antreibenden Klapps auf den Hintern.

Erschrocken machte sie einen Satz nach vorne und starrte

den Mann böse an. Als sie den Mund zu einem Protestschrei

öffnete, brachte sie jedoch nur ein kehliges Krächzen heraus. Ihre

Gedanken überschlugen sich: Gerade kochte noch die Wut über

den fremden Mann in ihr hoch, der ihr einfach auf den Hintern

geschlagen hatte, als sie sich an ihre neue Rolle erinnerte. Sie war

nicht nur vollkommen nackt und den Blicken der sie

umgebenden Männer - und Pets - schutzlos ausgesetzt, auch

sonst würde niemand auch nur die geringste Rücksicht auf ihre

Privatsphäre nehmen. So unangenehm das auch sein mochte, sie

würde sich in den kommenden Wochen damit arrangieren

93

müssen. Zum Glück hatten sie das Spray benutzt, ansonsten hätte

sie sich bereits verraten.

"Wer nicht hören will muss fühlen", lachte der Mann in der

Firmenkleidung und fügte hinzu: "An dem Muhen müssen wir

aber noch üben."

Wäre ihre Haut nicht gründlich gefärbt worden, hätte

Cornelias Kopf nun rot geglüht. Sie konnte nicht sagen, was ihr

peinlicher war: Vollkommen nackt vor den drei fremden

Männern zu stehen - was die ebenfalls nackten Kühe über sie

dachten kümmerte sie nicht so sehr - oder von ihnen wie ein Tier

behandelt zu werden.

Mit leicht gesenktem Blick folgte sie ihren Artgenossen zu

dem Zaun, wo sie sich nebeneinander aufstellen sollten. Cornelia

stellte sich zwischen die beiden Kühe mit den weißen Köpfen und

atmete erst einmal tief durch, um sich zu beruhigen.

"Dann prüfen wir mal, ob ihr uns auch die richtigen Kühe

gebracht habt", meinte der Mann, der zu BioUdders gehörte. Er

hielt ein kleines Tablet in der Hand und tippte darauf herum.

Unwillkürlich presste Cornelia ihre Oberschenkel

zusammen. Es war ihr sehr unangenehm, so vor den drei

Männern zu stehen, deren Blicke nun über die vier Kühe streiften.

Sie fühlte sich erniedrigt und hätte gerne ihre Brüste mit den

Armen verdeckt, doch die Fesselung ließ etwas Derartiges nicht

zu. So blieb ihr nichts anderes übrig, als die Prozedur über sich

94

ergehen zu lassen.

"Wenn sie nicht ausgetauscht wurden, während wir an einer

Ampel standen, sollte alles stimmen", scherzte einer der beiden

Fahrer. Cornelia war sich nicht sicher, ob ihm bekannt war, dass

sie nur eine Scheinverwandlung durchgemacht hatte. Falls ja, ließ

er sich zumindest nichts anmerken.

Der Angestellte von BioUdders lachte. "Man weiß ja nie.

Also, da hätten wir ein Hinterwälder Rind, Name Pieta,

Lebensnummer AR 273 07 12296. Frisch verwandelt", las er vor.

Einer der beiden Fahrer trat näher an die ganz außen

stehende Kuh mit dem weißen Kopf heran. Mit einer Hand griff

er nach ihrer Ohrnummer, warf einen kurzen Blick darauf und

deutete dann mit der anderen Hand auf die zweite Kuh mit der

gleichen Färbung. "Die in der Mitte."

Der Prüfer stellte sich zwischen Cornelia und die Kuh, auf

die der Fahrer gezeigt hatte. Kurz prüfte er deren Ohrnummer,

ehe er zufrieden nickte. "Dann wird das dort die Nummer AR 273

06 12297 sein?", meinte er, ging an Cornelia herum und

vergewisserte sich, dass er recht hatte.

"Genau, sind direkt nacheinander verwandelt worden",

bestätigte der Fahrer munter.

"Gut. Dann habe ich hier noch ein Angler Rind, Name

Conny, Nummer AR 084 02 71993", fuhr der Angestellte von

BioUdders fort, nachdem er einen kurzen Blick auf sein Tablet

geworfen hatte.

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Cornelia bemerkte, wie sich die Blicke der Männer auf sie

richteten. Erneut stieg ihr das Blut in den Kopf. Als der Prüfer

näher an sie heran trat, schwappte eine Welle der Nervosität

durch ihren Körper. Was, wenn mit ihrer Nummer etwas nicht

stimmte? Würde der Prüfer vielleicht bemerken, dass ihre

Ohrmarken nicht echt waren?

Doch der Mann warf nur einen flüchtigen Blick auf ihr Ohr,

ehe er bereits nickte und zu der vierten und letzten Kuh herüber

ging. "Und ein Black Holstein, Name Olve, Nummer AK 046 02

41833, bereits vor drei Jahren verwandelt", sprach er halb zu den

beiden Fahrern, halb zu sich selbst und überprüfte auch die

Ohrmarke der schwarz weiß gefleckten Kuh.

Cornelia atmete erleichtert auf. Der Mann schien nichts

bemerkt zu haben, Dr. Collins musste wirklich gute Arbeit

geleistet haben, wenn ihre Tarnung nicht einmal von einem

qualifizierten Viehwirt durchschaut wurde.

Während Cornelia sich langsam wieder beruhigte,

verabschiedeten sich die beiden Fahrer. Kurz, nachdem sie die

Männer hinter dem Anhänger hatte verschwinden sehen, konnte

sie die Türen des Wagens zuschlagen hören.

"Ab mit euch da rein!", befahl der Mitarbeiter von BioUdders

und deutete auf ein etwas kleineres Gebäude, das nicht weit von

ihnen entfernt war.

Eines der beiden Hinterwälder Rinder warf der Ausfahrt des

96

Hofes einen prüfenden Blick zu, als ob sie ihre Fluchtchancen

analysierte. Cornelia beobachtete sie aus dem Augenwinkel, doch

als ein weiterer Mitarbeiter von BioUdders auftauchte, schien die

Kuh ihre Fluchtgedanken erst einmal zu begraben. Es schien

ohnehin zweifelhaft, ob eine derartige Aktion besonders viel

genützt hätte. Eine Rückverwandlung war unter normalen

Umständen ausgeschlossen und damit gab es für Cornelias

Artgenossen eigentlich schon längst keine Hoffnung mehr. Selbst,

wenn sie von BioUdders fliehen könnten, würden sie ihrem

Schicksal kaum entgehen. Sie verspürte ein wenig Mitleid mit der

weißköpfigen Kuh. Ob sie gegen ihren Willen verwandelt worden

war? Viele Verwandlungen erfolgten auf eigenen Wunsch, doch

das Ministerium für Pets, Halter und Züchter konnte auch die

Zwangsverwandlung anordnen, wenn der oder die Betroffene

beispielsweise gegen die Petgesetze verstoßen hatte.

Obwohl sie auf Animal Planet aufgewachsen war und

Zwangsverwandlungen somit nichts Neues für Cornelia waren,

wurde ihr erst in diesem Moment schlagartig bewusst, wie

drakonisch diese Strafe tatsächlich war. Aller Rechte beraubt und

zu einem Tier degradiert, würde diese Frau den Rest ihres Lebens

in einem Stall leben und zur Milchproduktion genutzt werden.

Leicht besorgt fragte sie sich, wie es sich wohl anfühlen

wird, gemolken zu werden, ein Gefühl, das sie sich bisher kaum

vorzustellen vermochte. Vermutlich würde es nicht mehr lange

dauern, bis sie ihre ersten Erfahrungen damit machte.

97

Sie erreichten das Gebäude und fanden sich gleich darauf in

einem großen Raum wieder. Boden und Wände waren weiß

gefliest, nur an einer Wand war eine lange Metallleiste

angebracht. Cornelia nahm einen leicht klinischen Geruch wahr

und fragte sich, wo genau sie jetzt gelandet war. Mit einem Stall

hatte diese Umgebung wenig gemein.

Die beiden Angestellten führten die Kühe an den

Oberarmen einzeln zu der Wand mit der Leiste. Mit sanfter

Gewalt wurde Cornelia mit dem Rücken gegen die Wand

gedrückt. Ihre nackten Pobacken berührten die kalten Fliesen und

ließen sie unwillkürlich erschaudern. Zwei dicht

aufeinanderfolgende, schnappende Geräusche erklangen hinter

ihr, ehe der Mann sich der nächsten Kuh zuwandte.

Austestend versuchte Cornelia sich zu bewegen, doch sie

konnte sich weder von der Wand lösen, noch sich sonst wie von

der Leiste entfernen. Scheinbar waren ihre Oberarmfesseln

irgendwie mit der Metallleiste verbunden worden. Unruhig

verlagerte sie das Gewicht von einem Bein auf das Andere. Was

passierte jetzt mit ihr?

"Bist du fertig?", erkundigte sich der Mann, der einigen

Minuten zuvor die Ohrmarken der Kühe überprüft hatte, bei

seinem Kollegen.

Ein letztes Schnappen war zu hören, ehe er antwortete:

"Jap."

"In Ordnung, ich hole dann Dr. Marlow." Damit verschwand

98

er aus dem Raum.

Cornelia spürte erneut Angst und Nervosität in sich

aufflammen. Würden sie jetzt von einem Petarzt untersucht

werden? Ihre Scheinverwandlung hatte zwar ausgereicht, um

einen normalen Mitarbeiter von BioUdders zu täuschen, doch

würde sie auch den geübten Blicken eines Arztes standhalten

können? Und was, wenn ihre Tarnung aufflog? Die Fahrer waren

längst nicht mehr da, so dass sie kaum Hoffnung auf Rettung

hegen konnte. Ihr einziger Verbündeter war Erik, doch der

konnte sich gerade sonst wo auf dem riesigen Gelände aufhalten.

Sie hatte ihn bisher noch nicht einmal gesehen.

Schritte näherten sich und gleich darauf kam der Mann in

Begleitung des Arztes zurück. Er war in einen weißen Kittel

gehüllt und schien ein paar Jahre jünger zu sein als Dr. Collins. In

der Hand hielt er ein merkwürdiges Gerät, bei dem Cornelia

unwillkürlich an eine Zange denken musste. Hatten sie vielleicht

doch schon etwas bemerkt? Wollte der Arzt damit die Ohrmarke

zerschneiden, um sie anschließend vom Hof zu jagen?

Doch zu ihrer großen Erleichterung blieb Dr. Marlow vor

dem Hinterwälder Rind stehen, das neben Cornelia und der Tür

am nächsten stand. Er griff nach dem Gesicht der Kuh, doch was

er genau machte, blieb ihr verborgen, da sich in dem Moment

einer der beiden Tierpfleger in ihr Blickfeld stellte. Plötzlich

99

muhte die weißköpfige Kuh laut und schmerzerfüllt auf, doch der

Arzt ließ nicht von ihr ab. Unverständlich lang hantierte er an ihr

herum, ehe er zufrieden nickte.

Noch bevor Cornelia einen Blick auf ihre Artgenossin

werfen konnte, richtete Dr. Marlow seine Aufmerksamkeit nun

auf sie. Der Arzt trat unmittelbar vor sie, so nah, dass sein Arm

über ihre entblößten Brüste streifte, als er seine Hand hob um

nach ihrem Kinn zu greifen.

Cornelia wich so weit zurück, wie die kalte Wand hinter ihr

es zuließ. Eine Mischung aus Angst davor aufzufliegen, und

einem unguten Gefühl aufgrund des aufgebrachten Muhens der

anderen Kuh erfüllte sie. Egal was es war, ihr stand nichts Gutes

bevor. Mit einer heftigen Kopfbewegung versuchte sie sich

seinem Griff zu entziehen, jedoch ohne Erfolg. Sein Griff fixierte

ihren Kopf hart und kompromisslos.

Dr. Marlow hob die andere Hand, in der sich die Zange

befand. Aus der Nähe konnte Cornelia erkennen, dass es sich

nicht um ein normales Werkzeug handelte, wie sie zuerst gedacht

hatte. Stattdessen befanden sich an den Enden der Zange zwei

horizontal verlaufende Röhrchen, die perfekt aufeinander lagen,

wenn das Gerät geschlossen war. Außerdem schien ein weiterer

Mechanismus an der merkwürdigen Zange befestigt zu sein,

dessen Zweck sich ihr jedoch noch nicht erschloss.

Ihr Kinn noch immer unbarmherzig festhaltend, hob der

Doktor die Zange nun unmittelbar vor ihr Gesicht. Er öffnete sie

100

etwas, führte die Spitze mit den beiden Röhrchen etwas in ihre

Nase und drückte sie zu.

Erschrocken spürte Cornelia, wie die Röhrchen von beiden

Seiten gegen ihre Nasenscheidewand drückten. Sie begann

gerade zu realisieren, was der Arzt vorhatte, als ein stechender

Schmerz durch ihre Nase schoss. Sie stieß einen heiseren Schrei

aus und fühlte, wie etwas durch ihren Körper gestochen wurde.

Tränen schossen ihr in die Augen und sie versuchte erneut, den

Kopf weg zu ziehen. Doch nun griff der neben ihr stehende

Tierpfleger mit zu. Eine Hand legte sich über ihre Augen, die

andere fixierter ihr Kinn so kräftig, dass sie keine Chance hatte,

sich aus seinem Griff zu befreien, während der Arzt nun

ungehindert agieren konnte.

Der stechende Schmerz verebbte ein wenig, doch noch war

der Doktor nicht fertig. Er führte nun etwas durch das frisch

gestochene Loch in ihrer Nase und hantierte dann erneut mit

einer Zange herum, bis sie ein gänzlich neues Empfinden

verwirrte. Es fühlte sich kalt und schwer an, doch was Cornelia

am stärksten wahrnahm, war das schmerzhafte pulsieren in ihrer

Nase.

Schließlich ließ Dr. Marlow von ihr ab, um sich dem

nächsten Tier zuzuwenden. Er ließ die leicht zitternde Cornelia

zurück, deren Brustkorb sich schnell hob und senkte. Sie spürte

Metall, dass kühl und schwer unmittelbar über ihrer Oberlippe

auflag.

101

Ganz langsam begann sie zu realisieren, was gerade passiert

war. Der Doktor hatte ihr ein Piercing in die Nasenscheidewand

gestochen! Oder, wenn man es genau nahm, hatte er ihr einen

Führring durch die Nase gezogen!

Die Tränen, die ihr nun über die Wangen liefen, waren nicht

mehr dem Schmerz geschuldet, sondern blanker Wut. Wieso

hatte ihr niemand gesagt, dass man ihr einen Führring verpassen

würde? Erik, Perez, Dr. Collins, irgendwer musste doch davon

gewusst haben? Nicht einer von ihnen hatte auch nur im

Entferntesten durchklingen lassen, dass so etwas zur

Verwandlung gehörte!

Das ungewohnte Gefühl, das von dem Fremdkörper

ausging, brachte Cornelia dazu, ihre Nase unablässig zu

bewegen. Es schmerzte nicht nur, es war auch ein sehr

eigentümliches Gefühl, wie das untere Ende des Ringes an ihrer

Oberlippe lag. Neben sich hörte sie ihre Artgenossin erschrocken

muhen. Offenbar war auch ihre Nasenscheidewand gerade

durchstochen worden.

Aufgebracht fragte sie sich, warum sie nicht gewusst hatte,

dass so etwas auf sie zukommen würde. Wenn sie sich schon

nicht auf Dr. Collins verlassen konnte, hätte sie es dann nicht

wenigstens bei ihren eigenen Recherchen in Erfahrung bringen

müssen? Doch soweit sie sich erinnerte, gehörte ein Führring

nicht standartmäßig zur Verwandlung. Ja, sie hatte davon

gelesen, dass es bei Bullen häufig gemacht wurde, und seltener

102

auch bei aggressiven Kühen. Aber sie hatte niemals damit

gerechnet, selbst einen Ring zu bekommen. Bei BioUdders schien

es jedoch ganz normal zu sein.

Ganz langsam schaffte Cornelia es, sich wieder zu

beruhigen. Vielleicht hatten Perez und Dr. Collins tatsächlich

nichts davon gewusst. Der Einzige, der ganz sicher Bescheid

wusste, war Erik. Immerhin arbeitete er bereits seit einer Woche

in den Ställen von BioUdders.

Fairerweise musste sie zugeben, dass sie seitdem keinen

Kontakt mehr zu Erik gehabt hatte. Sie hatten ausgemacht, dass

sie nur im äußersten Notfall die Funkstille brachen. Und selbst,

wenn er ihr von dem Ring berichtet hätte, hätte das etwas

geändert?

Kurz überdachte sie diese Möglichkeit, während auch die

vierte Kuh ihren Ring bekam. Vermutlich hätte sie sich dennoch

nicht von dem Plan abhalten lassen. Ein paar ihrer Freundinnen

in der Uni hatten auch derartige Piercings getragen, wenn auch

mit schönerem Schmuck als einem schlichten Metallring. Wenn

sie wollte, konnte sie das Loch nach ihrer Rückverwandlung auch

einfach wieder zuwachsen lassen. Dennoch, sie hätte gerne

vorher gewusst, was auf sie zukommt. Man hatte ihr schließlich

versprochen, jedes einzelne Detail im Vorfeld mit ihr

durchzugehen.

Dr. Marlow hatte seine Arbeit inzwischen abgeschlossen.

103

Mit einem kleinen alkoholgetränkten Tuch ging er noch einmal

die kurze Reihe der Tiere entlang und tupfte kleine Blutstropfen

ab, ehe er sich wieder abwandte. "Die Black Holstein nehme ich

mit zur Untersuchung. Die frisch verwandelten Kühe könnt ihr in

den Stall bringen, die hat das MPHZ ja gerade erst

durchgecheckt."

"In Ordnung. Wir kommen nachher vorbei und holen dann

die Black Holstein ab", versprach der Mitarbeiter, der die Kühe

von dem Anhänger geholt hatte. Zusammen mit seinem Kollegen

löste er Conny und die beiden Hinterwälder Rinder von der

Leiste und fixierte sie zu ihrem Entsetzen an einer langen

Führkette, die durch ihre Nasenringe lief. Das Gewicht der Kette

und der Schock, so derart gedemütigt zu werden, trieben

Cornelia die Tränen in die Augen und versetzten sie in eine Art

Schockzustand. Apathisch starrte sie auf die Kette, die sie mit der

anderen Kuh verband. In ihrem Kopf schien vollkommene Leere

zu herrschen. Erst der Schmerz, als Zug auf die Kette ausgeübt

wurde, ließ sie wieder reagieren. Hastig folgte sie dem Zug, der

sie aus dem Raum führte.

104

Im Stall

Die Kette klimperte leise im Takt ihrer Schritte, als Cornelia

zusammen mit den beiden Hinterwälder Rindern über das

Gelände von BioUdders geführt wurde. Dicht hintereinander her

laufend folgten die Kühe den beiden Angestellten der Firma,

einen breiten Sandweg entlang. Lässig hielt der etwas Größere

von ihnen die Kette in der Hand und führte die kleine Gruppe an

einem großen Stall vorbei.

Obwohl sie sich Mühe gab, möglichst im Takt mit ihren

beiden Artgenossen zu laufen, ruckte die Kette immer wieder

unangenehm an Cornelias Nasenring. Bei jedem kleinen Schwung

der Kette wurde sie daran erinnert, dass man ihr gerade ohne ihre

Einwilligung einen Führring verpasst hatte. Stärker denn je hatte

sie das Gefühl nur noch ein Tier zu sein, wie einfaches Vieh

behandelt zu werden. Zwar hatte sie ungefähr gewusst, was auf

sie zukommen würde, doch wie schlimm es sich wirklich

anfühlte, hatte sie sich nicht einmal vorstellen können.

Eine Weile lief sie einfach nur mit leicht gesenktem Kopf

hinter der Kuh her, die sie Pieta genannt hatten. Cornelia wusste,

dass die Frau vor ihrer Verwandlung sicher einen anderen

Namen gehabt hatte, doch es war auf Animal Planet üblich, dass

mit der Verwandlung in ein Pet auch ein neuer Name festgelegt

wurde. Es sollte deutlich machen, dass man nicht mehr als

105

Mensch existierte, sondern ein neues Leben als Tier begonnen

hatte. Zugleich sorgte es zusammen mit der Diskretion des

Ministeriums dafür, dass es praktisch unmöglich war, jemanden

nach seiner Verwandlung aufzuspüren.

Auch ihr eigener Name war angepasst worden, zumindest

auf den gefälschten Papieren. "Conny" stand dort, was dem

Spitznamen entsprach, den sie schon ihr ganzes Leben lang trug.

Ihr kam in den Sinn, dass ein Name vermutlich eh keine Rolle

mehr spielen würde, sobald sie den Stall erreicht hatten. Wenn

überhaupt, konnte man sie nur noch über ihre Ohrmarken

identifizieren, und dort waren nur Strichcode und Nummer,

jedoch kein Name zu finden.

Conny löste den Blick von dem vor ihr pendelnden Schweif

der braun und weiß gefleckten Kuh und versuchte sich

stattdessen ein Bild von ihrer Umgebung zu machen. Abgesehen

von dem großen Stall, an dem sie gerade entlang gelaufen waren,

konnte sie noch drei ähnliche Gebäude erkennen. Aus den

Unterlagen, die sie zuvor studiert hatte, wusste sie, dass es

insgesamt 11 Ställe geben musste. Alle erschienen ihr enorm groß

und sahen beinahe vollkommen identisch aus. Die Wände mit

Blech verkleidet und die Dächer mit einer Vielzahl breiter Fenster

versehen ließen sie sich einzig an den großen Nummern

unterscheiden, die in schwarzer Farbe neben den Toren prangten.

Innerhalb weniger Minuten bekam Conny einen Eindruck

davon, wie groß BioUdders tatsächlich war. Wirkte das

106

Unternehmen schon auf dem Papier riesig, verstärkte sich diese

Wahrnehmung noch einmal, als sie zwischen den riesigen Ställen

entlang geführt wurden. Jedes einzelne Gebäude schien größer

als ein Fußballfeld zu sein und sie konnte nur raten, wie viele

Rinder sich jeweils im Inneren befanden. Bei über 1000 Rindern,

die BioUdders gehörten, mussten es an die hundert pro Stall sein.

Schließlich bogen die beiden Mitarbeiter von dem großen

Sandweg ab und steuerten auf einen der Ställe zu. Conny trat

einen halben Schritt zur Seite, was dazu führte, dass die Kette

unangenehm an ihrer Nase zog, doch sie konnte einen kurzen

Blick an Pieta vorbei auf das Gebäude werfen. Eine riesige 4

prangerte neben dem Tor. Dort also würde sie die nächsten Tage

und Wochen verbringen?!

Sie betraten das Gebäude durch ein großes, offen stehendes

Tor und folgten einem breiten Gang in den Stall hinein. Auch

ohne künstliches Licht war er gut beleuchtet, was an den großen

Fenstern lag, die Conny schon zuvor aufgefallen waren.

Während sie weiter liefen stellte Conny überrascht fest, dass

sie noch keine anderen Rinder sehen konnte. Einige büroähnliche

Räume erweckten jedoch den Eindruck, dass sie sich noch in dem

Teil des Stalles befanden, der den Menschen vorbehalten war.

Das die Kühe nicht weit sein konnten, machte Conny an der

Luft fest. Sie war ein wenig schwerer als auf dem Hof und trug

eine ungewohnte Mischung an Gerüchen mit sich. Conny glaubte

107

Stroh heraus zu riechen, tat sich jedoch schwer, weitere

Bestandteile eindeutig zu identifizieren.

Versunken in die Eindrücke, die der Stall ihr vermittelte,

wäre Conny beinahe gegen Pieta geprallt, als diese vor ihr stehen

blieb. Leicht erschrocken richtete sie den Blick nach vorne und

erkannte, dass sie eine blickdichte Absperrung erreicht hatten.

"Na los, rein da!" Einer der beiden Mitarbeiter öffnete ein

schmales Tor, durch die sein Kollege die drei Kühe führte. Der

Stallgeruch, den sie bereits zuvor wahrgenommen hatte, wurde

deutlich präsenter, als sie das Tor passiert hatte. Doch noch bevor

Conny ihre Umgebung mustern konnte, trat einer der Männer

nah an sie heran und versperrte ihr die Sicht. Unsanft zog er die

Kette durch ihren Führring, wobei er ihr ungeniert auf die

nackten Brüste starrte. Erst, als das letzte Glied der Kette rasselnd

durch den Ring glitt, trat der Mann einen Schritt zur Seite und

rollte die Kette geräuschvoll auf.

Ohne sich weiter um die Kühe zu kümmern verschwanden

die beiden Angestellten kurz darauf durch das Tor und ließen es

hinter sich zu fallen. Conny konnte deutlich hören, wie von der

anderen Seite ein Metallriegel vorgelegt wurde, dann entfernten

sich die Schritte der beiden Männer.

Erst jetzt erhielt Conny die Möglichkeit, ihre Umgebung in

Augenschein zu nehmen. Unsicher trat sie einen Schritt zur Seite

und schaute an ihrer Artgenossin vorbei. Sie befanden sich in

108

einem Bereich des Stalls, der durch kopfhohe Mauern vom Rest

des Gebäudes abgetrennt war.

Er war rechteckig und die gegenüberliegende Wand konnte

nicht mehr als zehn Meter von Conny entfernt sein. Zu den Seiten

hin war der Bereich jedoch weitläufiger. An der ihr näheren

linken Seite erkannte sie eine halbhohe Mauer und mehrere

Gestänge, so dass sie glaubte, dass dort der Futterbereich sein

müsse. Unmittelbar zu ihrer Rechten befanden sich mehrere

kleine, durch massive Metallstangen voneinander abgetrennte

und mit Stroh ausgelegte Bereiche.

Zwei Kühe hatten es sich dort gemütlich gemacht und

schauten interessiert zu ihnen herüber. Eine von ihnen hatte einen

auffallend weißen Kopf, während der Rest des Körpers in einem

satten Braunton gefärbt war. Die zweite Kuh hatte eine rötliche

Färbung und war mit einer Vielzahl großer, weißer Flecken

überzogen.

Die Wand, die sich hinter dem Liegebereich befand war

einige Meter entfernt, so dass Conny vermutete, dass dort noch

etwas anderes sein musste.

Bevor sie jedoch nachschauen konnte, trübte sich ihr Blick.

Unwillkürlich stiegen ihr Tränen in die Augen. Kurz versuchte

sie sich dagegen zu wehren, jedoch ohne Erfolg. Ihr entfuhr ein

heiseres Schluchzen und Tränen rannen ihr die Wangen hinab.

Ohne auch nur das Geringste dagegen machen zu können,

wurde Conny von ihren Gefühlen überwältigt. Woran es genau

109

lag, konnte sie nicht einmal sagen. Vielleicht an dem Führring,

der ihr ohne ihre Zustimmung in die Nasenscheidewand

eingesetzt worden war. Oder daran, dass sie wie Vieh an einer

Kette über den Hof geführt worden war. Auch die Hilflosigkeit,

mit der sie das alles über sich ergehen lassen musste, trug

sicherlich einen Teil dazu bei.

Conny sah, wie die beiden Hinterwälder Rinder ihr

mitfühlende Blicke zuwarfen. Unsicher blieben sie noch einige

Sekunden am Eingang stehen, ehe sie mit langsamen Schritten in

Richtung der abgegrenzten Liegeplätze gingen.

Noch immer weinend blieb Conny alleine zurück. Mehrere

Minuten sorgte die gerade erlebte Demütigung dafür, dass sie

kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Nur ganz langsam

gelang es ihr, sich ein wenig zu beruhigen. Ihr Atem ging noch

immer unruhig und stoßweise, als die Tränen auf ihren Wangen

bereits zu trocknen begannen.

Ganz allmählich erlangte Conny ihre Fassung wieder. Ein

beinahe spöttisches Lächeln huschte über ihr Gesicht, als ihr der

Gedanke kam, dass sie zumindest nicht erkannt worden war.

Obwohl sich ein Arzt an ihr zu schaffen gemacht hatte, war ihre

Tarnung nicht aufgeflogen. Wenn sie es bis hier her geschafft

hatte, dann würde sie sich nun wohl keine Sorgen mehr darum

machen müssen, vielleicht doch noch entdeckt zu werden.

Mit immer noch leicht feuchten Augen richtete Conny ihre

110

Konzentration wieder auf den Stall. Da sie nun wohl eine Weile

an diesem Ort bleiben würde, wollte sie zumindest wissen, wie

ihre Umgebung aussah.

Sie wandte sich nach links und ging ein paar Schritte auf die

dortige Konstruktion zu. Ganz wie sie vermutet hatte, schien es

sich hier um den Futterplatz zu handeln. Es gab eine etwa

hüfthohe Mauer, hinter der auf gleicher Höhe eine horizontale

Auflagefläche angebracht war. In Abständen von ungefähr einem

Meter trennten Metallgatter einzelne Plätze voneinander ab. Jeder

dieser Abschnitte hatte in der Mitte der Auflagefläche eine große

Aussparung, auf die sich Conny noch keinen richtigen Reim

machen konnte. Ungefähr einen halben Meter von der Wand

entfernt befand sich am hinteren Ende der Ebene eine Rinne, die

sich über die gesamte Länge der Wand erstreckte und durch

kleine Trennwände parallel zu den Metallgattern unterteilt war.

Conny ahnte, dass sie in absehbarer Zeit mit Futter gefüllt

werden würde.

Die Metallgatter reichten bis über die halbhohe Wand

hinaus in den Raum hinein. Zudem war der Boden vor der Wand

nicht wie im restlichen Stall massiv. Stattdessen befand sich dort

ein Gitterrost. Die Streben lagen eng genug beieinander, dass

Conny mit ihren Hufschuhen problemlos darauf laufen konnte,

doch sie vermutete, dass ein Finger problemlos hindurch gepasst

hätte. An den Seitenwänden dieses Abschnittes erkannte Conny

außerdem zwei langgezogene Tröge, die mit klarem Wasser

gefüllt waren und offensichtlich als Trinkplätze für die Kühe

111

gedacht waren.

Diese Eindrücke in sich aufnehmend drehte sie sich um

und machte sich nun auf den Weg zu den Liegeplätzen. Jetzt

erkannte sie, dass es auf jeder Seite jeweils vier Plätze waren, die

durch einen Mittelgang voneinander getrennt wurden. Jeweils

zwei Bereiche waren von ihrer Seite aus zugänglich, die übrigen

von der anderen Seite des Raumes aus, so dass sich ihre Nutzer

gegenüber lagen.

Alle Acht waren mit Stroh ausgelegt, obwohl offenkundig

nicht alle benutzt wurden. Die beiden Rinder, mit denen sie

angekommen war, hatten sich zwei der Boxen auf der linken Seite

des Mittelganges ausgesucht, während die zwei Kühe, die sich

bereits vor ihnen im Stall eingefunden hatten, zwei

gegenüberliegende Plätze auf der anderen Seite in Beschlag

genommen hatten.

Conny spürte die Blicke ihrer Artgenossen auf sich, als sie

zwischen den Liegeplätzen hindurch ging. Die Entscheidung,

welchen Platz sie sich aussuchte, schob sie noch einen Augenblick

auf. Stattdessen wollte sie sehen, was sich auf der anderen Seite

des Raums befand.

Als sie die Liegeplätze hinter sich gelassen hatte, stand sie

vor einer freien Fläche, die erst mit der Wand des Stalls endete.

Der hintere Teil dieser Fläche hatte ebenfalls einen Gitterboden,

wie sie es schon bei den Futterplätzen gesehen hatte. Der vordere

112

Bereich hingegen, in dem sie gerade stand, war ungefähr vier

Meter breit und unterschied sich nicht von der anderen Seite des

Stalls.

Mangels weiterer Dinge, die sie sich anschauen konnte,

wandte Conny sich erneut den mit Stroh bedeckten Liegeplätzen

zu. Etwas unschlüssig schaute sie zwischen den praktisch

identischen Plätzen hin und her, ehe sie mit langsamen Schritten

zu den beiden Boxen ging, die denen, der beiden Hinterwälder

Rinder gegenüber lagen.

Intuitiv wählte Conny die Box aus, die unmittelbar an die

Wand angrenzte und somit zumindest ein bisschen mehr Schutz

versprach, als die am Gang liegende. Vorsichtig ging sie

unmittelbar davor in die Hocke und ließ sich so behutsam es ging

vorneüber ins Stroh fallen.

Das Stroh war zwar nachgiebig und federnd, aber auch hart

und kratzig an ihrer Haut. Etwas mühsam brachte sich Conny in

eine halbwegs bequeme Position, was mit den auf den Rücken

gefesselten Händen alles andere als einfach war. Der Liegeplatz

bot genug Platz, dass sie sich ausgestreckt hinlegen konnte und

hatte ungefähr die Abmessungen eines schmalen Bettes.

Metallstangen grenzten ihn zu den umliegenden Boxen ab,

standen jedoch so weit auseinander, dass es ihr problemlos

möglich gewesen wäre, den Kopf hindurch zu stecken. Scheinbar

ging es einzig darum, die Boxen grob voneinander zu trennen

113

und jeder Kuh einen eigenen Platz zu sichern.

Conny hob den Blick und stellte fest, dass sie beobachtet

wurde. Eine der beiden Kühe, die zusammen mit ihr hier her

gebracht worden war, starrte zu ihr herüber. Da sie in

gegenüberliegenden Boxen lagen, wurden sie nur durch ein paar

Metallstangen voneinander getrennt, die Köpfe waren keine

dreißig Zentimeter voneinander entfernt. Der vollkommen weiß

gefärbte Kopf, der silberne Führring in ihrer Nase und die

großen, gelben Ohrmarken sorgten dafür, dass Conny sich

tatsächlich eher an ein Tier, als an einen Menschen erinnert fühlte.

Ob es ihrer Artgenossin bei ihrem Anblick genau so ging?

Sie schenkte der anderen Kuh ein kurzes, etwas unsicheres

Lächeln. Seit sie als kleines Mädchen im Zeltlager gewesen war,

hatte sie nicht mehr derart nahe neben anderen Frauen

geschlafen. Damals war es ihr spannend vorgekommen, sich

nachts leise flüsternd zu unterhalten, doch heute waren ihr die

unweigerliche Nähe und die mangelnde Privatsphäre eher

unangenehm. Und auch auf die Unterhaltungen würde sie wohl

oder übel verzichten müssen.

Ihren Gedanken nachhängend gelang es Conny, sich weiter

zu beruhigen und sich zumindest ein wenig an ihre neue

Umgebung zu gewöhnen. Die Weitläufigkeit, die selbst dieser

kleinere Stallabschnitt mit sich brachte, empfand sie noch als

etwas unangenehm, zumal sie das Gefühl hatte, dass es nahezu

114

verschwenderisch viel Platz für nur fünf Kühe war. Allerdings

deuteten die drei freien Liegeplätze darauf hin, dass er für mehr

Kühe gedacht war.

Conny vermutete, dass dieser Teil des Stalls zur

Eingewöhnung neu verwandelter Rinder diente. Zumindest die

beiden Hinterwälder Rinder, mit denen sie angekommen war,

hatten ihre Verwandlung gerade erst absolviert. Und das die

Holstein Kuh, die mit ihnen zusammen beim Arzt gewesen war,

noch immer nicht hier angekommen war, nahm sie als weiteres

Indiz. Vermutlich war Olve - den Namen hatte sie bei ihrer

Ankunft auf dem Hof aufgeschnappt - gleich in einen anderen

Stall gebracht worden. Schließlich hatte sie schon eine Zeit lang

als Kuh gelebt. Stumm fragte sich Conny, ob sie die Frau, oder

sollte sie doch eher Tier sagen, jemals wiedersehen würde.

Eine melodische Abfolge von Tönen hallte durch den Stall.

Conny, die sich unwillkürlich an eine Schulklingel erinnert fühlte,

hob den Kopf aus dem Stroh und versuchte zu ergründen, was

dieses Signal zu bedeuten hatte.

Die Töne verstummten, doch der Geräuschpegel im Stall

nahm daraufhin deutlich zu. Conny sah, dass die beiden Kühe,

die sich schon vor ihrer Ankunft hier befunden hatten, von ihren

Plätzen erhoben. Auch im Rest des Stalls schien plötzlich reges

Treiben zu herrschen, und auch wenn sie es nicht sehen konnte,

so vernahm Conny zumindest die daraus resultierenden

Geräusche, die über die Absperrung hinweg an ihr Ohr

115

gelangten. Stroh raschelte, Kühe muhten und man konnte

deutlich etliche Hufschuhe über die Bodenfliesen laufen hören.

Sie sah, wie ihre beiden Artgenossen in Richtung der Stelle

gingen, an der sie die Futterrinne gesehen hatte. Unschlüssig

überlegte Conny, ob sie ebenfalls dorthin gehen sollte. Wenn sie

an das Futter dachte, das man ihr nun vermutlich vorsetzen

würde, verspürte sie keinen besonders großen Appetit.

Andererseits hatte sie den ganzen Tag kaum etwas gegessen, so

dass ihr Magen wie aufs Kommando vernehmlich knurrte.

Mit einem innerlichen Seufzen rappelte sie sich auf. Zuerst

zog sie ihre Beine leicht an, nahm dann Schwung um sich auf die

Knie zu drehen und schaffte es schließlich, ihren Oberkörper

aufzurichten und das Gesicht aus dem Stroh zu heben. Ohne die

Arme benutzen zu können und zusätzlich durch die Hufschuhe

behindert, fiel es ihr schwer, gänzlich aus ihrem weichen

Strohbett aufzustehen. Sie musste sich mit der Schulter an die

Eisenstangen lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren,

ehe sie es schaffte, endlich auf die Beine zu kommen.

Aus den Augenwinkeln sah Conny, dass auch die beiden

Hinterwälder Rinder sich erhoben. Noch immer reichlich

unsicher blieb sie stehen und wartete, bis ihre beiden Artgenossen

zu ihr aufgeschlossen hatten. Auch wenn sie nicht miteinander

sprechen konnten, fühlte sie sich irgendwie mit den Beiden

verbunden, ohne jedoch genau sagen zu können, woher diese

116

Sympathie kam. Vielleicht rührte es einfach daher, dass sie

zumindest für eine gewisse Zeit das gleiche Schicksal teilten.

Zu dritt erreichten sie gleich darauf die halbhohe Wand.

Die beiden fremden Kühe, die einige Zeit vor ihnen dort gewesen

waren, hatten bereits angefangen zu fressen und nahmen keine

Notiz von ihnen.

Conny trat zwischen zwei der in den Raum hinein ragenden

Gatter. Unsicher, was sie machen sollte, warf sie erneut einen

Blick auf die bereits fressenden Kühe. Sie standen mit leicht

gespreizten Beinen unmittelbar vor der Wand, die Oberkörper

weit vorgebeugt und die Köpfe in die Futterrinne getaucht.

Kurz tauschte Conny einen Blick mit der weißköpfigen Kuh,

die unmittelbar neben ihr stand. Sie war sich nicht sicher, glaubte

jedoch, dass sie Pieta vor sich hatte. Das Hinterwälder Rind

zuckte leicht mit den Schultern, drehte den Kopf nach vorne und

begab sich in die gleiche Haltung wie ihre Artgenossen.

Conny atmete noch einmal tief durch und blies die Luft

durch die Nase wieder aus, ehe sie sich überwinden konnte.

Behutsam stellte sie ihre Beine so weit auseinander, dass ihre

Hüfte sich in der gleichen Höhe befand wie die halbhohe Wand.

Dann beugte sie ihren Oberkörper nach vorne, angestrengt darauf

achtend, einigermaßen das Gleichgewicht zu halten. Ihr Bauch

und ihre Schultern kamen auf der Ebene zum Liegen, doch ihre

Brüste fanden keinen Halt. Sie befanden sich genau über dem

ausgeschnittenen Bereich und hingen frei in der Luft. Es war ein

117

ungewohntes und vor allem unangenehmes Gefühl, doch Conny

vermutete, dass es für die Kühe möglicherweise noch

unangenehmer sein könnte, auf ihren Brüsten zu liegen, wenn

diese mit Milch gefüllt waren.

Den Gedanken daran vertreibend, dass auch sie diesen

Zustand sicherlich in absehbarer Zeit erreicht haben würde,

richtete Conny ihre Aufmerksamkeit nach vorne. Ihr Kopf befand

sich unmittelbar über der Futterrinne.

Sie bemerkte ein helles, rötliches Licht seitlich vor ihrem

Kopf und vernahm gleich darauf ein leises, bestätigendes Piepen.

Im nächsten Augenblick öffnete sich eine von ihr bisher

übersehene Klappe und eine Ladung Pellets ergoss sich daraus in

den Bereich der Futterinne, der vor ihr lag.

Zögernd betrachtete sie ihr Abendessen. Sie hatte gewusst,

was auf sie zukommen würde, hatte sich gründlich über die

Nahrung der Milchkühe informiert. Da sie sich in einem Biostall

befand, sollte auch keine direkte Gefahr davon ausgehen, denn

um die Standards für das Biosiegel zu erfüllen, musste das Futter

frei von Zusätzen sein. Das hieß jedoch noch lange nicht, dass es

zugleich auch besonders appetitlich sein musste.

Sie sah aus den Augenwinkeln, dass alle anderen Kühe

bereits fraßen. Da sie es ohnehin kaum schaffen würde, sich

wochenlang nur von Stallluft zu ernähren, gab sie schließlich

nach. Sie senkte den Kopf weiter in die Futterrinne hinein. Von

den Pellets ging ein dezenter Geruch nach Mais und Getreide aus,

118

der eigentlich ganz erträglich war. Etwas ungeschickt versuchte

sie ein einzelnes Futterstück mit den Lippen zu angeln, doch der

Führring, der nun von ihrer Nase aus gerade nach unten hing

und sich auf die Pellets legte, behinderte sie. Leicht genervt

senkte sie den Kopf noch weiter, so dass ihr Gesicht in den

Haufen Pellets eintauchte. Den Mund weit öffnend gelang es ihr,

gleich zwei von ihnen zwischen die Zähne zu bekommen.

Der Geschmack war nicht so schlimm, wie sie befürchtet

hatte. Auch waren die Pellets nicht trocken, sondern mit etwas

Flüssigkeit angesetzt. Das machte sie ein wenig klebrig und damit

einfacher zu fressen, allerdings beschmierte Conny sich auch das

halbe Gesicht. So wie es schien, wurde darauf im Stall jedoch

wenig Rücksicht genommen. Jetzt würde sie erst einmal ihren

Hunger stillen, ihr Gesicht konnte sie später am Stroh trocken

reiben.

Unbegeistert auf der recht geschmackslosen Masse, die ihr

Abendessen darstellte, herum kauend drehte Conny den Kopf

etwas zur Seite. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie Vieh

nebeneinander aufgereiht zu stehen, die Hintern herausgestreckt

und die Köpfe in eine Futterrinne getaucht. Erneut spürte sie das

Gefühl der Erniedrigung in sich aufwallen. Kaum einen Tag

verwandelt sehnte sie sich bereits wieder nach ihrem normalen

Leben. Mit Messer und Gabel zu essen, Kleidung zu tragen und

angemessen behandelt zu werden gehörten scheinbar zu den

Dingen, die man erst vermisste, wenn man auf sie verzichten

119

musste.

Sie schluckte den Gedanken zusammen mit den

zerkleinerten Pellets herunter. Der Stall war erfüllt von

verschiedenen Geräuschen. Das Kauen vieler Kiefer und das

Scharren einiger Hufe, ein dumpfes mechanisches Stampfen,

dessen Ursprung ihr unbekannt war, und das Muhen einiger

Kühe, die sich irgendwo hinter der Absperrung aufhielten,

vermischten sich zu einer lauten und verwirrenden

Geräuschkulisse.

Daher war es auch kein Wunder, dass sie leicht zusammen

zuckte, als Conny plötzlich Schritte hörte, die sich ihr von hinten

näherten. Sie hatte ihre Mahlzeit noch nicht beendet, und

versuchte unruhig einen Blick über die Schulter zu werfen, was

aus ihrer Position heraus gar nicht so einfach war. Aus den

Augenwinkeln konnte sie jedoch einen Mann erkennen, der mit

eiligen Schritten auf die kleine Gruppe an Kühen zukam. Wäre es

im Stall nicht so laut gewesen, hätte sie ihn vermutlich schon eher

bemerkt, doch jetzt war er bereits bis auf ein paar Meter heran

gekommen. Genau wie seine Kollegen trug er eine dunkelgraue

Arbeitshose und ein rotes Poloshirt, an der Brust war das Logo

von BioUdders zu erkennen.

Unwillkürlich musste Conny daran denken, was für einen

Anblick sie dem Mann gerade bieten musste. Sie stand mit halb

gespreizten Beinen und weit nach vorne gebeugtem Oberkörper

120

an der halbhohen Wand, so dass er unweigerlich einen perfekten

Blick auf ihren Schritt hatte. Zwar versperrte der Kuhschweif ihm

möglicherweise die Sicht auf ihre intimsten Stellen, doch das

reichte nicht aus, damit sie sich auch nur halbwegs vor seinen

Blicken geschützt fühlte. Auch war es kein großer Trost für sie,

dass sie nicht einmal sicher davon ausgehen konnte, dass der

Mann überhaupt noch ein körperliches Interesse an ihr verspürte.

Schließlich war sie in den Augen der Menschen nur noch ein Tier,

eine Kuh und keine begehrenswerte Frau mehr.

Conny wollte sich bereits von der Futterstelle lösen, doch

noch ehe sie dazu kam, hatte der Mann sie bereits erreicht. Er

blieb unmittelbar hinter ihr stehen und ehe sie etwas dagegen

unternehmen konnte, spürte sie einen kurzen, schmerzvollen

Stich an ihrem Hintern.

Ihr entfuhr ein kehliges Schnaufen, doch der Stallarbeiter

interessierte sich nicht weiter für sie. Kaum, dass er ihr die Spritze

gegeben hatte, war er bereits weiter gegangen, um auch Pieta eine

Injektion zu verpassen.

Leicht beunruhigt verfolgte Conny den Mann aus den

Augenwinkeln. Was genau hatte man ihr verabreicht? War es nur

ein Mittel, dass noch zur Verwandlung gehörte, oder vielleicht

doch etwas anderes? Eine kurze Welle der Aufregung erfasste sie.

War das etwa ein verbotenes Mittel gewesen? Eine der

Substanzen, nach der Erik und sie suchten?

121

Jede der fünf Kühe bekam eine Spritze, ehe der Mann

wieder verschwand. Conny, die nur die Hälfte ihrer Portion

geschafft hatte, dachte noch immer darüber nach, was genau man

ihnen verabreicht haben könnte, als sie den anderen Kühen

zurück zu den Liegeplätzen folgte. Wenn es tatsächlich ein

verbotenes Mittel gewesen war, würde ihr Aufenthalt im Stall nur

von kurzer Dauer sein. Hoffentlich tauchte Erik bald auf, um ihre

Blutwerte zu untersuchen!

122

Milch

Conny erwachte aus einem unruhigen und nicht besonders

tiefen Schlaf. Wieder und wieder hatten die ungewohnten

Geräusche des Stalls sie aus dem Schlaf gerissen, unzählige Male

hatte sie sich hin und her gewälzt, um mit ihren gefesselten

Armen eine halbwegs bequeme Liegeposition zu finden. Das

kratzige Stroh hatte sich dabei als nicht besonders angenehm

erwiesen und mehr als einmal war sie aufgewacht, weil sich ein

besonders widerspenstiger Strohhalm in ihre Haut gepiekt hatte.

Leise gähnend öffnete sie ihre Augen. Die Sonne stand

bereits hoch genug am Himmel, um den Stall durch die großen

Dachfenster ausreichend zu beleuchten. Wenn gleich in dem

Abschnitt des Gebäudes, in dem sie sich befand, noch alle Kühe

auf ihren Plätzen lagen, konnte sie aus dem nicht einsehbaren

Bereich bereits die Geräusche von Hufschuhen auf dem gefliesten

Untergrund vernehmen. Demnach konnte es nicht mehr lange

dauern, bis es etwas zu fressen geben würde, denn diese Aussicht

versetzte die Herde immer in Bewegung. So viel hatte sie

während ihres kurzen Aufenthalts an diesem Ort bereits gelernt.

Mühsam und noch immer nicht ganz wach, rappelte Conny

sich auf. Obwohl es bereits ihre zweite Nacht im Stall gewesen

war, hatte sie nicht besser geschlafen als in der vorherigen. Sie

hoffte, dass sie sich mit der Zeit noch an die Nächte im Stall

123

gewöhnen würde, denn ansonsten würde sie ihren Aufenthalt

hier bald in einem permanenten Dämmerzustand verbringen, der

für den eigentlichen Zweck ihrer Anwesenheit sicherlich nicht

gerade förderlich war.

Mit schwankenden Schritten betrat sie den Bereich im

hinteren Abschnitt des Stalls, dessen Boden vergittert war. Den

anderen Kühen den Rücken zugewandt stellte sie sich mit

möglichst weit gespreizten Beinen hin und schloss für einen

Moment die Augen. Conny musste ein paar Mal tief durchatmen,

bis sie sich soweit entspannt hatte, dass sie ihre Blase entleeren

konnte. Ein Wasserstrahl plätscherte durch das Gitter und machte

dabei so laute Geräusche, dass Conny die Augen beschämt

geschlossen ließ. Zweifelsfrei hörten auch die anderen Kühe, dass

sie sich gerade erleichterte.

Im Vergleich zum ersten Mal vor zwei Tagen fiel es ihr

jedoch recht leicht, sich zu erleichtern. Nur ungerne dachte sie an

diesen qualvollen ersten Abend im Stall zurück. Nach dem

Abendessen hatte sie sich ins Stroh gelegt und mühevoll

versucht, den steigenden Druck auf ihre Blase zu ignorieren.

Doch je länger sie gewartet und desto mehr sie sich darauf

konzentriert hatte es zu unterdrucken, desto schwerer war es

geworden.

Von ihrem Platz aus hatte sie beobachtet, wie die beiden

Kühe, die sich bereits vor ihnen im Stall befunden hatten, zu dem

Bereich mit dem Gitterboden gingen, der auf der

124

entgegengesetzten Seite zur Futterstelle lag. Breitbeinig hatten sie

sich mittig auf das Gatter gestellt und dann erleichtert, eine mit

leicht beschämtem Gesicht, jedoch beide ohne zu zögern. Einzeln

taten es die beiden Hinterwälder Rinder, die mit Conny

zusammen angekommen waren, ihnen gleich.

Conny hingegen hatte so lange gewartet, bis sie es nicht

mehr zurückhalten konnte. Beinahe wäre sie nicht rechtzeitig auf

die Beine gekommen, so dass sie um ein Haar das Stroh ihres

Liegeplatzes benässt hätte, doch sie hatte es gerade noch

rechtzeitig zu dem offensichtlich dafür vorgesehenen Bereich

geschafft.

Dort angekommen hatte auch sie sich mit gespreizten Beinen

hingestellt, es jedoch nicht geschafft, dem Druck, der auf ihrer

Blase lastete, nachzugeben. Mit glühendem Kopf und

schmerzender Körpermitte hatte sie dort gestanden und die

Blicke der anderen Kühe förmlich auf sich spühren können.

Vollkommen verkrampft und mit sich selbst ringend hatte es eine

gefühlte Ewigkeit gedauert, bis sie sich endlich erleichtern

konnte.

Als es ihr schließlich gelang, hatten der nachlassende

Schmerz und die daraus resultierende Erleichterung in ihrem

Schritt beinahe dafür gesorgt, dass sie laut gestöhnt hätte. Gerade

noch dazu in der Lage, den Laut zu unterdrücken, stand sie mit

gesenktem Kopf und wild schlagendem Herzen da, während ihr

Urin mit einem vernehmlichen Plätschern durch das Gatter

tropfte. Noch nie hatte sie sich derart geschämt und selbst die

125

Demütigung, dass sie am Vormittag mit einer Kette an ihrem

Nasenring über den Hof geführt worden war, erschien ihr im

Vergleich zu dieser Situation beinahe angenehm.

Die Zeit schien unwirklich langsam vergangen zu sein, oder

vielleicht hatte es einfach auch nur so unendlich lange gedauert,

bis sie ihre Blase endlich komplett entleert und endlich zu ihrem

Liegeplatz hatte zurückkehren können, um ihr Gesicht möglichst

tief im Stroh zu vergraben.

Eine Bewegung ganz in ihrer Nähe sorgte dafür, dass Conny

aus ihren Gedanken gerissen wurde. Pieta war inzwischen

ebenfalls aufgestanden und gesellte sich nun zu ihr. Die braun

und weiß gefleckte Kuh blieb kaum zwei Meter von ihr entfernt

stehen und spreizte ebenfalls ihre Beine.

Conny wandte den Blick ab und war froh, als sie den Bereich

mit dem vergitterten Boden verlassen konnte. Etwas

unentschlossen kehrte sie zu ihrem Liegeplatz zurück, entschied

sich dann jedoch dagegen, sich noch einmal ins Stroh zu legen.

Das hätte nur dafür gesorgt, dass sie erneut eingedöst wäre.

Wenige Minuten später ertönte der melodische Gong einer

lauten Klingel. War es vorher noch vergleichsweise ruhig

gewesen, kam nun Leben in den Stall. Connys Artgenossen

kamen auf die Beine und setzten sich in Bewegung, teilweise in

Richtung der Futterstelle, teilweise auch zuerst in die

entgegengesetzte Richtung.

126

Conny selbst erreichte die Futtergitter als Erste. Sich vor die

halbhohe Wand stellend beugte sie ihren Oberkörper so weit vor,

so dass sie mit den Schultern auf der Halterung lag und ihre

Brüste frei über der großzügigen Aussparung schwebten. Die

Reporterin hatte das Gefühl, dass sie schwerer und wärmer

waren als sonst, auch spürte sie ein leichtes, aber dennoch

unangenehmes Spannen, das am Vortag ganz sicher noch nicht so

deutlich gewesen war. Sie ahnte, dass es nicht mehr lange dauern

würde, bis auch sie Milch geben würde - schließlich befand sie

sich im Kuhstall eines der größten Biomilchproduzenten auf

Animal Planet - verdrängte den aufwühlenden Gedanken daran

jedoch lieber. Auch so gab es bereits genug Veränderungen in

ihrem Leben, an die sie sich erst einmal gewöhnen musste.

Ihre Gedanken stattdessen auf die bevorstehende Fütterung

gerichtet wartete sie, bis der rote Lichtstrahl aufblitzte, ihre

Ohrmarke scannte und mit einem leisen Piepen auf den Barcode

reagierte. Kaum, dass sie erkannt worden war, füllte sich die

Futterrinne vor ihr mit einer Mischung aus Getreide und einigen

wenigen getrockneten Früchten.

Während Pieta sich neben ihr ebenfalls zum Frühstück

aufstellte, begann Conny schmatzend zu fressen. Es war nicht

besonders lecker und der Mangel an Zucker sorgte dafür, dass ihr

"Müsli" überwiegend nach purem Getreide schmeckte. Doch

zumindest stillte es ihren Hunger. Schon jetzt freute sie sich

darauf, den Stall in ein paar Wochen wieder zu verlassen. Dann

würde sie tagelang nur ihre Lieblingsgerichte essen und die

127

wenig schmackhaften Mahlzeiten hoffentlich schnell vergessen

haben.

Nachdem sie ungefähr die Hälfte der sehr groß bemessenen

Portion gefressen und ihren Hunger damit vollständig gestillt

hatte, löste Conny sich von dem Futterbereich. Sie blieb noch kurz

an dem Wasserbecken stehen, trank ein paar Schlucke und kehrte

anschließend zu ihrem Liegeplatz zurück.

Mangels anderer Alternativen legte sie sich zurück ins Stroh

und machte es sich so gut es ging bequem. Den Kopf auf ein

erhöhtes Häuflein Stroh gebettet beobachtete sie ihre Artgenossen

dabei, wie sie ihr Frühstück zu sich nahmen. Sie selbst mitgezählt

waren sie inzwischen zu sechst, denn am Mittag des Vortages

hatten zwei Mitarbeiter von BioUdders eine weitere Kuh in das

Gehege gebracht. Sie war etwas kleiner als Conny und hatte rote

Haut mit einem weißen Fleckenmuster. Obwohl es sehr schwer

war, das Alter einer Person zu schätzen, wenn diese erst einmal

verwandelt war, ging Conny davon aus, dass die sechste Kuh

ungefähr in ihrem Alter sein musste. Sie schloss das aus dem

nicht mehr ganz so weich gezeichnetem Gesicht und den

Brustwarzen, deren Knospen und Vorhöfe bereits ausgeprägter

waren, als die bei den beiden jüngeren Hinterwälder Rindern.

Bis auf die Ankunft der Red Holstein Kuh war der vorherige

Tag nahezu vollkommen ereignislos verlaufen. Insgesamt drei

Mal hatte die Glocke geläutet und die bevorstehenden Mahlzeiten

128

angekündigt. Mittags war erneut ein Stallarbeiter aufgetaucht

und hatte ihnen allen eine Spritze gegeben, doch ansonsten war

praktisch überhaupt nichts passiert.

Im Prinzip war Conny das auch ganz recht, denn so hatte sie

zumindest ein wenig Zeit gehabt, um sich an ihre neue

Umgebung zu gewöhnen. Zwar gab es noch immer Dinge, mit

denen sie ihre Schwierigkeiten hatte, wie beispielsweise die

Entleerung ihrer Blase und ihres Darms, doch selbst diese

Tätigkeiten machten ihr von Mal zu Mal weniger aus.

Das Fehlen von Ereignissen bedeutete jedoch auch, dass

Conny bisher kaum Gelegenheit dazu bekommen hatte,

möglicherweise illegale Aktivitäten aufzudecken. Ihr war klar,

dass sie diesen Part ihrer Recherche ohnehin nur eingeschränkt

übernehmen konnte, doch so sehr zur Untätigkeit verdammt zu

sein, behagte ihr nicht. Sie wollte aktiv bei der Aufdeckung

helfen, doch das stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Da

sowohl ihre, als auch die Stimmbänder ihrer Artgenossen

modifiziert worden waren, konnte sie die anderen Kühe noch

nicht einmal befragen.

Schlimmer jedoch fand sie, dass sie Erik bisher noch nicht

begegnet war. Ihr Kollege, der sich unter die Mitarbeiter von

BioUdders gemischt hatte, hätte ihr vielleicht erklären können,

was es mit den Injektionen auf sich hatte. Doch bisher hatte er

sich nicht in ihrem Gehege blicken lassen. Stumm fragte sie sich,

ob er nur noch keine Gelegenheit dazu gehabt hatte, oder ob

vielleicht etwas dazwischen gekommen war. Schon einmal war

129

sie von dem Gedanken verfolgt worden, dass Erik sich

möglicherweise gar nicht mehr bei BioUdders befand. Es reichte

ja schon eine Kleinigkeit, ein unglückliches Stolpern

beispielsweise, und Erik würde mit einem Bruch in ein

Krankenhaus eingeliefert werden. Was würde dann aus ihr

werden? Würde ihr Chef davon erfahren, so dass er sie hier

herausholen konnte, oder war Eriks Tarnung so dicht, dass bei

der Zeitung keiner etwas davon erfahren würde?

Conny versuchte diese düsteren Gedanken zu verdrängen

und sich auf etwas Positiveres zu konzentrieren. Kurz lächelte sie

Pieta zu, die ihr Frühstück inzwischen ebenfalls abgeschlossen

und sich wieder auf den gegenüberliegenden Liegeplatz

niedergelassen hatte. Obwohl die beiden Kühe noch kein Wort

miteinander gesprochen hatten, führten die alltägliche Nähe und

die gemeinsame Situation dazu, dass sie sich einander verbunden

fühlten.

Einige Stunden später, das Mittagessen konnte nicht mehr in

allzu weiter Ferne liegen, öffnete sich das schmale Tor, das zu

ihrem Stallbereich führte. Conny hob neugierig den Kopf, erfreut

darüber, dass die andauernde Langeweile unterbrochen wurde.

Zwei Männer, deren dunkelgraue Arbeitshosen und rote

Poloshirts darauf hindeuteten, dass sie zu den Angestellten von

BioUdders gehörten, betraten das Gehege.

"Dann wollen wir mal schauen, wie es hier inzwischen

130

aussieht. Und du hast das tatsächlich noch nie gemacht?", fragte

der etwas älter wirkende der beiden Stallarbeiter. Sein Gesicht

war wettergegerbt und die kurzen braunen Haare betonten sein

kantiges Gesicht.

"Nein, wir haben nie frisch verwandelte Kühe bekommen,

zumindest nicht in der Zeit, in der ich dort war", antwortete der

Andere. Er war ein paar Zentimeter kleiner als sein Kollege und

schaute sich neugierig im Stall um.

Conny schnappte unwillkürlich nach Luft, als sie Erik

erkannte. In der Stallmontur machte er einen vollkommen

anderen Eindruck als in der Redaktion, wo sie ihn stets in Hemd

und eleganter Aufmachung gesehen hatte. Die Arbeiterhose und

das Poloshirt veränderten sein Aussehen so sehr, dass sie ihn erst

an seiner Stimme eindeutig erkannt hatte.

Gemischte Gefühle ergriffen die zum Schein verwandelte

Reporterin. Auf der einen Seite war sie ungemein erleichtert, Erik

endlich zu sehen. Sie hatte schon am Vortag mit seinem

Auftauchen gerechnet, und sein Fernbleiben hatte sie zunehmend

nervös werden lassen. Jetzt wusste sie zumindest, dass bei ihm

alles in Ordnung war und sie mit ihrem Plan so weiter machen

konnten, wie es vorhergesehen war.

Auf der anderen Seite sorgte die Anwesenheit ihres

Arbeitskollegen jedoch auch dafür, dass sie sich ihrer Nacktheit

plötzlich wieder bewusst wurde. Innerhalb der kleinen Herde

hatte es ihr inzwischen nichts mehr ausgemacht, schließlich

131

waren sie alle in der gleichen Situation. Keine von ihnen schien

sich besonders um das Aussehen der Anderen zu kümmern,

zumal die Färbungen und all die weiteren Modifikationen sie

nicht mehr besonders menschlich aussehen ließen. Doch nun

würde Erik zwangsläufig ihren nackten Körper sehen. Im

Gegensatz zu ihren Artgenossen würde sie mit ihm zukünftig in

der Redaktion zusammen arbeiten müssen und sie war sich

extrem unsicher, mit welchen Gedanken er sie dann betrachten

würde.

Conny blieb erst einmal im Stroh liegen und verdeckte somit

zumindest einen Teil ihrer Blöße. Sie spürte das Blut in ihrem

Kopf pulsieren und versuchte sich einzureden, dass Erik mit

seiner charismatischen Art sicherlich schon einige nackte Frauen

gesehen hatte und sich hoffentlich nicht übermäßig für ihren

Körper interessieren würde. Außerdem gab es bei BioUdders

hunderte von Kühen, so dass ihr Anblick ihm sicherlich kaum in

besonderer Erinnerung bleiben würde.

"Na, alles halb so wild. Viel hast du da eigentlich nicht

verpasst", meinte der Kollege von Erik. In der Hand hielt er ein

merkwürdiges Objekt, das entfernt an einen kleinen Hocker

erinnerte. "Nach der Verwandlung dauert es immer ein paar

Tage, bis die Milchproduktion in Schwung kommt. Wie lange das

genau dauert, ist von Kuh zu Kuh verschieden. Aber wenn wir

sie zu früh an die Melkmaschinen lassen, wirkt sich das meistens

132

negativ auf die Zitzen aus, deswegen müssen wir von Hand

nachsehen, welche Kuh schon so weit ist."

"Man sollte meinen, dass es heutzutage eine technische

Lösung dafür geben sollte", erwiderte Erik.

Sein Kollege nickte. "Schon, aber ist doch ganz gut so, sonst

hätten wir hier bald gar nichts mehr zu tun. Läuft ja auch so in

vielen Ställen schon fast alles automatisch. Wenn wir dieses

Biosiegel nicht hätten, wären sicher einige von uns überflüssig."

"Auch wieder wahr", pflichtete Erik ihm bei.

Von ihrem Liegeplatz aus lauschte Conny aufmerksam dem

Gespräch, während die beiden Männer auf die kleine Gruppe an

Kühen zu steuerten. So wie es aussah, hatte Erik sich bereits recht

gut eingelebt und seine Kollegen hatten nicht den Verdacht, dass

er vielleicht jemand ganz anderes sein könnte, als er vorgab zu

sein.

Stumm fragte sie sich, ob ihre Brüste auch bereits damit

begonnen hatten, Milch zu produzieren. Ihr kam das

unangenehme Spannen in den Sinn, dass sich mit zunehmender

Häufigkeit bemerkbar machte. Sicher konnte es auch bei ihr nicht

mehr lange dauern, bis sie das erste Mal mit der Melkmaschine in

Kontakt kam.

Die beiden Männer blieben ungefähr zwei Meter vor den

Liegeplätzen stehen. "So, schauen wir doch mal. Zwei der Kühe

sind bereits vor vier Tagen hier angekommen, bei denen sollte die

133

Milchproduktion schon recht weit fortgeschritten sein. Sieh mal

bitte auf deiner Liste nach", wandte sich der fremde Stallarbeiter

an seinen Kollegen.

Erik holte ein schmales Tablet aus seiner Hosentasche, tippte

mit dem Finger einige Male darauf herum und sagte schließlich:

"Richtig, eine Red Holstein und ein Hinterwälder Rind. Beide am

Freitag hier eingetroffen."

Sein Kollege nickte und ließ sich die Lebensnummer des Red

Holstein Rindes geben. Conny beobachtete, wie er neben der rot

und weiß gefleckten Kuh, die auf der anderen Seite des

Mittelweges lag, in die Knie ging und nach ihrer Ohrmarke griff.

"Jap, das ist sie", bestätigte er.

Conny bemerkte, wie Eriks Blick für einen kurzen

Augenblick suchend über die kleine Herde schweifte, ehe er an

ihr hängen blieb. Ohne sich etwas anmerken zu lassen musterte er

seine Reporterkollegin, die mit glühenden Wangen im Stroh lag

und froh war, dass Erik im Augenblick höchstens ihren Hintern

bewundern konnte. Für einen Moment war sie versucht, ihm

irgendein Zeichen zu geben, doch bevor sie sich dazu

durchringen konnte, hatte er seine Aufmerksamkeit wieder auf

den anderen Stallarbeiter gerichtet.

Leise durchatmend versuchte Conny sich zu beruhigen.

Stumm ärgerte sie sich über sich selbst. Warum war sie so

furchtbar nervös? Natürlich war es eine etwas peinliche Situation,

daran bestand kein Zweifel. Doch Erik hatte im Vorfeld alles mit

134

ihr abgesprochen und es gab nun wahrlich schlimmeres, als dass

er sie nun unverhüllt sehen würde. Immerhin lebte sie im

vierundzwanzigsten Jahrhundert und dazu noch auf Animal

Planet, auf dem man alle paar Meter ein nacktes Pet sehen

konnte!

Den Kopf zur Seite drehend konnte Conny erkennen, dass

die Red Holstein Kuh ihren Oberkörper aufgerichtet hatte und

nun in ihrer Box kniete.

Eriks Kollege schob mit dem Fuß das Stroh zur Seite und

stellte den Hocker vor der Kuh auf den Boden. Jetzt konnte

Conny erkennen, dass er an der oberen Seite nur aus einer Art

gepolstertem Ring bestand, der innen liegende Bereich war

ausgespart worden.

Die Hand auf den Rücken des Rindes legend drückte Eriks

Kollege den Oberkörper des Tieres nach vorne, so dass er auf

dem merkwürdigen Schemel zu liegen kam. Die Konstruktion

war nicht besonders groß, reichte jedoch aus, um den Oberkörper

etwa einen halben Meter über dem Boden schweben abzustützen.

"Bei der kannst du schon an den Eutern sehen, dass sie

bereits ordentlich Milch produziert. Sie sind ziemlich prall und

hängen schwer herunter", erklärte der Mann und winkte Erik

näher zu sich heran.

Dieser hockte sich neben seinen Kollegen und warf einen

genaueren Blick auf die Euter der Kuh, die bedingt durch die

135

Aussparung des Schemels frei herab hingen. "Ja, ich sehe, was du

meinst", stimmte er zu.

Den Kopf ein wenig drehend versuchte Conny einen

weiteren Blick auf die Szene zu erhaschen, doch Erik hatte sich so

hingekniet, dass er ihr die Sicht versperrte.

"Trotzdem müssen wir uns natürlich vergewissern", meinte

der Kollege von Erik und fuhr fort: "Du legst den Daumen auf die

eine, Zeige- und Mittelfinger auf die andere Seite der Brust. Etwas

außerhalb der Vorhöfe. So in etwa. Jetzt brauchst du nur ein

wenig fester zudrücken in deine Finger dabei in Richtung der

Brustwarzen streichen. Schau!"

Conny konnte noch immer nichts sehen, doch Erik reagierte

mit einem anerkennenden Pfeifen, das sie so von ihm auch in der

Redaktion schon ein paar Mal gehört hatte. Ganz offensichtlich

hatte der Angestellte von BioUdders Erfolg gehabt, was ihren

Kollegen scheinbar ziemlich begeisterte.

"Die hat schon so viel Milch in ihren Eutern, dass ich fast

nichts machen musste", meinte der Mann mit zufriedener

Stimme.

Erik, der sich nun wieder erhob, nickte eifrig. "Ja, das habe

ich gesehen. Beeindruckend, wie kräftig der Strahl bereits ist. Ich

würde sagen die ist bereit für die Melkmaschine."

"Richtig. Ändere den Status hinter ihrer Nummer, dann

machen wir mit der nächsten Kuh weiter", stimmte der

Stallarbeiter zu.

136

Conny beobachtete, wie die beiden Männer die Prozedur bei

dem Hinterwälder Rind wiederholten, das sich ebenfalls bereits

seit vier Tagen im Stall befand. Auch bei ihr gelang es den

Männern scheinbar mühelos, ein paar Tropfen Milch zu

gewinnen.

"Sehr gut. Zusätzlich haben wir noch drei weitere Kühe, die

nur einen Tag später angekommen sind. Bei denen sollen wir

auch gleich nachsehen. Die Milchdrüsen sollten auf jeden Fall

schon spürbar geschwollen sein, aber ob sie auch schon laktieren,

müssen wir testen", meinte Eriks Kollege und deutete mit einem

Kopfnicken in die Richtung, in der Conny, Pieta und die dritte

Kuh aus ihrer kleinen Gruppe lagen.

Sofort spürte Conny, wie ihr erneut das Blut in den Kopf

schoss. Hatte sie sich gerade noch damit abgefunden, dass Erik

sie nackt sehen würde, war es ein ganz anderes Szenario, von den

beiden Männern auch angefasst zu werden. Mit vor Schreck leicht

geweiteten Augen starrte sie Erik an, der nun mit langsamen

Schritten auf sie zukam.

"Die rot gefärbte Kuh gehört auf jeden Fall zu der Gruppe",

erklärte er nach einem erneuten Blick auf sein Tablet, auch wenn

er zweifelsfrei längst wusste, dass sich seine Kollegin hinter der

Maskerade des Angler Rinds befand. Beide Männer schritten nun

durch den Mittelgang und blieben unmittelbar neben Connys

Liegeplatz stehen.

137

"In Ordnung. Dann versuch du es jetzt mal selbst", ermutigte

der Mann mit dem kantigen Gesicht seinen Kollegen und

überreichte ihm den kleinen Schemel.

Erik nickte und trat näher an Conny heran. Die hatte sich

etwas auf die Seite gedreht, so dass sie die beiden Männer sehen

konnten, die am Fußende ihres kleinen Geheges standen. Beinahe

flehend schüttelte sie leicht den Kopf. Erik zögerte kurz, machte

dann jedoch eine auffordernde Handbewegung. "Na los, auf die

Knie! Du hast doch gesehen, wie es geht!"

Conny reagierte nicht. Mit angespanntem Körper blieb sie

im Stroh liegen, den Blick noch immer auf ihren Kollegen

gerichtet. Selbst, wenn sie gewollt hätte, in diesem Moment war

sie nicht dazu in der Lage, seiner Aufforderung nachzukommen.

Stumm starrte sie zwischen seinem Gesicht und dem Schemel hin

und her, während ihr Kopf sich anfühlte, als müsste er vor lauter

Hitze jeden Augenblick explodieren.

"Scheint nicht besonders helle zu sein, das Vieh." Der andere

Mann trat einen Schritt vor, so dass er neben Conny stand, und

beugte sich zu ihr herunter. Mit einer geübten Bewegung steckte

er einen Finger durch ihren Führring.

Conny schnappte krächzend nach Luft, als der Mann sie an

dem Ring unsanft in eine kniende Position zwang. Tränen

schossen ihr in die Augen, die zur Hälfte dem plötzlich

aufwallenden Schmerz in ihrer Nase, zur Hälfte der Demütigung

138

entsprangen.

"Lass dir von den Tieren nicht auf der Nase herumtanzen.

Wenn sie nicht so wollen wie du, dann benutz den Führring. Ich

hab noch keine Kuh gesehen, die dann noch herum gezickt hat",

meinte der Mann. Sein Fingerrücken drückte leicht gegen ihre

Nase, während er den Ring fest umschlossen hielt und Conny

keine Zweifel daran ließ, dass er nun die Kontrolle über sie hatte.

So auf ihren Knien sitzend, dass sie Erik zugewandt war,

konnte Conny nun verfolgen, wie er den Schemel vor ihr auf den

Boden stellte. Kaum, dass er den Bock richtig positioniert hatte,

wurde ihr Kopf an dem Führring nach unten gezogen. Ihr

Oberkörper landete leicht unsanft auf dem Schemel, dessen

gepolsterte Oberfläche ihren Schwung mit einem dumpfen

Geräusch abfing. Es war ein merkwürdiges Gefühl, rund um den

Brustkorb abgestützt zu werden, während ihre Brüste durch die

Aussparung nach unten hingen. Zwar unterschied sich ihre

Position nicht so sehr von der, in der sie ihre Mahlzeiten zu sich

nahm, doch der Schemel hatte eine schmalere Auflagefläche und

drückte sich beinahe unangenehm ins Fleisch.

Mit glühenden Wangen versuchte Conny den Kopf zu

heben, konnte jedoch bis auf die Hand des Stallarbeiters nichts

erkennen. Erik befand sich inzwischen neben ihr und hatte sich

dort mit einem Knie auf den Boden gehockt.

"Gut, dann versuch es mal. Ich halte das Vieh fest, damit du

139

in Ruhe arbeiten kannst", meinte der Mann und griff daraufhin

noch etwas fester in den Führring, was Conny erneut die Tränen

in die Augen trieb. Der Metallring wurde leicht von ihrem

Gesicht weg und zusätzlich etwas nach unten gezogen, so dass sie

den Kopf kaum noch bewegen konnte. Tatsächlich hätte sie es

kaum gewagt, sich jetzt zu bewegen, schon alleine aus der Angst

heraus, dass ihre Nasenscheidewand vielleicht längerfristig in

Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Dazu baute sich ein

leicht panisches Gefühl in ihr auf, als sie daran dachte, wie es sich

gleich anfühlen würde, von ihrem Kollegen berührt und sogar

gemolken zu werden.

In dem Augenblick, in dem sie eine kühle Hand an ihrer

linken Brust spürte, währe Conny am liebsten vor Scham im

Boden versunken. Leicht keuchend schloss sie die Augen und

versuchte nicht daran zu denken, was gerade mit ihr passierte.

Erik tastete einige Sekunden an Connys Brust herum, ehe er

die Finger etwas außerhalb ihrer Vorhöfe so positioniert hatte,

wie sein Kollege es ihm vorgemacht hatte.

Conny war alles andere als begeistert. Zwar hatte sie

gewusst, dass Erik sie im Stall sehen würde, und dass sie als Kuh

dabei nackt sein würde, war ihr ebenfalls bewusst gewesen. Sie

hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass er sie auch anfassen -

zumindest nicht unbedingt an ihren Brüsten - oder sie gar melken

würde! Doch mit dem Finger des zweiten Stallarbeiters an ihrem

Nasenring, ihren gefesselten Armen und manipulierten

140

Stimmbändern hatte sie absolut keine Chance, das nun

kommende zu verhindern. Resigniert und beschämt zugleich

hoffte sie darauf, dass es wenigstens schnell vorbei sein und Erik

dieses Erlebnis später für sich behalten würde.

Als Eriks Finger einen zunehmenden Druck auf ihre Brust

ausübten, sie knapp außerhalb ihrer Vorhöfe leicht

zusammendrückte und die Finger dann in Richtung der

Brustwarze bewegte, spürte Conny ein noch nie dagewesenes

Gefühl in ihrer Brust. Die Augen aufschlagend verharrte sie mit

sich überschlagenden Gedanken in ihrer Position, doch als Erik

erneut ansetzte, bewegte sie ihren Kopf behutsam nach unten.

Der Stallarbeiter ließ sie gewähren, so dass Conny einen Blick auf

ihren Oberkörper erhaschte.

Erik drückte ihre linke Brust erneut zusammen, und im

gleichen Augenblick zeigten sich weiße Pünktchen, die sich dann

zu einem kleinen Rinnsal sammelten und von ihrer Brustwarze

aus zu Boden tropften. Staunend und vollkommen perplex

beobachtete die Reporterin, wie ihr Kollege einen weiteren

dünnen Strahl Milch aus ihrem Körper heraus drückte, ehe er

nach ihrer anderen Brust griff und den Vorgang dort nicht

minder erfolgreich wiederholte.

"Es ist nicht so viel Milch wie bei den anderen Beiden",

stellte Erik nüchtern fest und ließ einen weiteren Milchstrahl auf

den Boden tropfen, als wollte er seine Worte damit untermauern.

"Aber es könnte schon fast für die Melkmaschine reichen, oder?"

141

"Wir sollten besser noch einen Tag warten", meinte Eriks

Kollege mit einem abschätzenden Blick. "Bis morgen Vormittag

sollte es dann aber auf jeden Fall genug sein."

Als wäre die Sache damit entschieden, ließ er Connys

Führring los und bedeutete Erik mit einer Handbewegung, dass

sie mit den beiden Hinterwälder Rindern auf der anderen Seite

des Gatters weitermachen würden. Der Reporter löste sich von

seiner Kollegin, stützte ihre Schulter mit der Hand und half ihr,

den Oberkörper wieder in eine aufrechte Position zu bringen.

Conny vermied es, Erik ins Gesicht zu sehen. Stattdessen

war ihr Blick auf die kleinen weißen Pfützchen gerichtet, die dort

auf dem Boden zurück geblieben waren, wo wenige Augenblicke

zuvor noch der Schemel gestanden hatte. Stumm versuchte sie zu

begreifen, dass diese Flüssigkeit gerade aus ihren Brüsten

gekommen war, dass sie soeben zum ersten Mal in ihrem Leben

Milch gegeben hatte.

Nur am Rande bekam sie mit, wie Erik sich nun neben Pieta

kniete, um auch ihren Brüsten ein paar Tropfen Milch zu

entlocken. Sie selbst war noch immer hin und hergerissen

zwischen der erneuten Demütigung, die durch den Führring und

die Tatsache, dass sie ausgerechnet von Erik gemolken worden

war, ausgelöst worden war, und der gleichzeitigen Faszination,

dass tatsächlich Milch aus ihren Brüsten kam. Da Conny erst

wenige Tage im Stall war hatte sie noch nicht damit gerechnet,

142

dass sie selbst schon dazu in der Lage war.

Obwohl es ihr nicht unbedingt wenig vorgekommen war,

schien die Milchmenge jedoch noch nicht auszureichen, um für

die kommerzielle Milchproduktion genutzt zu werden. Conny

empfand ihre Brüste jedoch noch immer als ungewohnt schwer

und war sich sicher, dass Erik längst nicht alles zu Tage gefördert

hatte, was sich darin befand. Mit ihren gefesselten Händen

konnte sie diese These jedoch nicht überprüfen, sondern musste

sich auf das Urteil des erfahrenen Stallarbeiters verlassen.

Während dessen hatten die beiden Männer auch die übrigen

Kühe getestet, einzig die erst am Vortag zu ihnen gestoßene Red

Holstein Kuh hatten sie ausgelassen. Zu welchem Schluss sie

dabei gekommen waren, hatte Conny nicht mitbekommen.

Überhaupt war sie gerade so sehr in ihre eigenen Gedanken

versunken, dass sie leicht überrascht zusammenzuckte, als sie die

Tür des Geheges zuschlagen hörte.

Irritiert schaute Conny sich um und stellte fest, dass Erik

und sein Kollege verschwunden waren. Kurz ärgerte sie sich

darüber, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatte, um Erik

irgendwie auf die Injektionen hinzuweisen, doch solange ein

weiterer Mitarbeiter von BioUdders dabei war, hätte sie sich

vermutlich ohnehin nicht verständlich machen können. Wie

genau sie ohne ihre Stimme nutzen zu können nun mit Erik

kommunizieren sollt, hatte sie sich sowieso noch nicht überlegt,

wie ihr erst jetzt bewusst wurde.

143

Einen letzten Blick auf die weißen Tropfen werfend ließ

Conny sich zurück ins Stroh sinken. Nach all der Aufregung war

sie froh, dass nun erst einmal etwas Ruhe einkehrte und sie Zeit

hatte, die neuen Empfindungen einzuordnen und ihre Gedanken

zu sortieren.

144

Erik

Schmatzend kaute Conny auf ihrem Abendessen herum. Mit

leicht gespreizten Beinen und weit vorgebeugtem Oberkörper

stand sie an der Futterstelle des Stalls, das Gesicht nur eine

Handbreit über der Futterrinne. Wie auch an den bisherigen

Abenden, die sie als Kuh erlebt hatte, bestand ihre Mahlzeit aus

mit lauwarmem Wasser angefeuchteten Pellets. Langsam

gewöhnte Conny sich an den etwas faden Geschmack der

klebrigen Mischung. Auch das Essen ohne Hände gelang ihr mit

jeder Mahlzeit zunehmend besser. Die als Kuh getarnte

Reporterin schluckte die zu einer breiartigen Masse zerkauten

Pellets in, die sich noch in ihrem Mundraum befanden, herunter,

ehe sie das Gesicht halb in die feuchte Masse tauchte. Die

Tatsache ignorierend, dass sie ihr Gesicht an der schmierigen

Masse einsaute, gelang es ihr, ein halbes Dutzend Pellets in ihren

weit geöffneten Mund zu befördern. Anfangs hatte sie versucht,

sich nach Möglichkeit nicht schmutzig zu machen, doch damit

hielt sie sich inzwischen nicht mehr auf. Es war einfacher, sich

das in der Tränke angefeuchtete Gesicht anschließend mit Stroh

zu säubern, als ständig den Mund nach einzelnen Bröckchen

spitzen zu müssen. Conny hob den Kopf wieder an, um besser

kauen zu können. Dass sie genau wie die anderen Kühe dabei

laut schmatzte, registrierte sie gar nicht, während sie auf den

Pellets herum kaute.

145

Nachdem Erik sich am Morgen davon überzeugt hatte, dass

ihre Brüste bereits mit der Milchproduktion begonnen hatten,

war der restliche Tag vergleichsweise ruhig verlaufen. Conny

hatte die meiste Zeit im Stroh gelegen und sich von dem Schock

erholt. Obwohl ihr Reporterkollege genug Milch aus ihren

Brüsten gefördert hatte, um eine kleine Pfütze auf dem Boden

ihres Liegeplatzes zu bilden, hatte das Spannen in ihren Brüsten -

oder war Euter vielleicht inzwischen zutreffender? - kaum

nachgelassen. Über den Verlauf des Tages war es sogar noch

stärker geworden und ließ Conny keinen Zweifel daran, dass sie

zunehmend mehr Milch produzierte. Gerade jetzt, hier an der

Futterstelle stand, war das Gefühl sogar besonders prägnant. Ihre

Euter, die durch die Aussparungen der Halterung frei unter

ihrem Oberkörper hingen, fühlten sich zunehmend schwerer an.

Conny empfand das Gefühl als merkwürdig und ein wenig

beängstigend, wusste jedoch, dass sie in ihrer aktuellen Lage

überhaupt nichts dagegen machen konnte. Immerhin sollte ihr

Aufenthalt im Stall nicht länger dauern als ein paar Wochen, so

dass sie sich hoffentlich nicht daran gewöhnen musste.

Während des Nachmittags waren noch einmal zwei

Stallarbeiter aufgetaucht. Zu Connys Erleichterung hatten sie

jedoch überhaupt kein Interesse an ihr gezeigt. Stattdessen hatten

sie das Red Holstein und das Hinterwälder Rind angeleint. Beide

Kühe hatten sich bereits im Stall befunden, als Conny an diesen

Ort gebracht worden war. Mit Hilfe einer dünnen Metallkette, die

an den Nasenringen der Beiden befestigt wurde, hatten die

146

beiden Männer sie schließlich aus dem Gehege geführt.

Gerade, als Conny den Kopf erneut in die Futterrinne

tauchte, vernahm sie hinter sich erneut das Geräusch der sich

öffnenden Gehegetür. Mit halb offenem Mund auf ein paar Pellets

herumkauend drehte sie den Kopf so gut es ging der

Geräuschquelle zu. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf eine

Gestalt in grauer Hose und rotem Polohemd, der typischen

Arbeitskleidung der Stallarbeiter von BioUdders. Das Auftauchen

eines Arbeiters während der Mahlzeiten war nichts

Ungewöhnliches und bisher jeden Tag vorgekommen. Damit

verbunden war zumeist die Injektionen, deren genauen Zweck

Conny bisher verborgen geblieben war. Zwar hoffte sie, dass es

sich darum um ein für Bio-Ställe nicht zugelassenes Mittel

handelte, vermutete jedoch, dass damit ausschließlich die

Milchproduktion der neuen Kühe angeregt werden sollte.

Der Stallarbeiter trat hinter die rötlich gefärbte Kuh mit dem

weißen Fleckenmuster, die erst vor einem Tag in den Stall

gebracht worden war. Sie stand kaum einen Meter von Conny

entfernt und stieß ein leises, leicht gequältes Muhen aus, als der

Stallarbeiter ihr eine Injektion in den herausgestreckten Hintern

gab.

Conny drehte den Kopf in Richtung der Red Holstein und

musterte den Arbeiter. Erst jetzt, da er kaum einen Meter von ihr

entfernt war, erkannte sie Erik. Die Reporterin spürte, wie ihr

147

unwillkürlich das Blut in den Kopf schoss. Sofort waren die

Erinnerungen an den Vormittag wieder da. Vor ihrem inneren

Auge konnte noch einmal sehen, wie sie auf dem Boden kniete,

während Erik nach ihren Eutern griff und ein dünnes Rinnsal

Milch aus ihnen herausdrückte. Bevor sie sich auf die falsche

Verwandlung eingelassen hatte, war ihr klar gewesen, dass ihr

Kollege sie im Stall nackt sehen würde. Entsprechend hatte sie

sich, so gut es denn eben ging, darauf eingestellt. Doch dass er sie

auch melden würde, damit hatte sie nie gerechnet.

Sie bemerkte, dass sie den Mann anstarrte und senkte den

Blick rasch wieder auf die restlichen Pellets, die vor ihr in der

Futterrinne lagen. Verunsichert überlegte sie, wie sie mit der

Situation umgehen sollte. Was sollte sie von Erik halten? Hielt er

sich nur an seine Rolle, oder war da noch etwas anderes? War die

Initiative nicht sogar von ihm ausgegangen? Schließlich hatte er

auf sie gezeigt und seinem Kollegen gegenüber angemerkt, dass

sie zu der gesuchten Gruppe gehörte. Hatte ihr Kollege geahnt,

vielleicht sogar gehofft, dass er sich selbst davon vergewissern

durfte, ob sie bereits laktierte? Connys Gedanken überschlugen

sich, so dass ihr regelrecht schwindelig wurde. Dabei erreichten

sie ein Tempo, bei dem sie selbst scheinbar kaum noch Einfluss

auf ihre Gedanken hatte. Eine scheinbar elementare Frage brannte

in ihrem Kopf: Wie sollte sie sich Erik gegenüber verhalten?

Die Kuh zuckte leicht zusammen, als der Mitarbeiter von

BioUdders hinter sie trat. Im Gegensatz zum Vormittag, als das

148

Stroh zumindest einen Teil ihrer Blöße verdeckt hatte, bot sie Erik

in diesem Augenblick einen nahezu uneingeschränkten Blick auf

ihre intimsten Körperregionen. Mit dem weit vorgebeugtem

Oberkörper und den leicht gespreizten Beinen verhinderte

lediglich ihr Kuhschweif, dass Erik einen perfekten Blick auf ihre

Scham hatte.

Kaum, dass sie den Gedanken beendet hatte, spürte sie auch

schon die Hand des Mannes auf ihrer linken Pobacke. Die Luft

anhaltend verharrte Conny in ihrer Position. Sie konnte fühlen,

wie Erik ihren Schweif ein wenig zur Seite schob. Jetzt war sie

seinen Blicken tatsächlich vollkommen ausgeliefert. Es vergingen

einige Sekunden, die ihr wie eine Unendlichkeit vorkamen, dann

verspürte sie einen kurzen, schmerzhaften Stich an ihrem Gesäß.

Erik hatte auch ihr eine Injektion gegeben.

Die Augen geschlossen und noch immer nicht dazu in der

Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, hörte Conny an ihrer

Seite ein halblautes Flüstern: "Hey Conny. Bisher ist alles gut

gelaufen. Niemand hat Verdacht geschöpft, deine Tarnung ist

perfekt. Selbst im System bist du ganz normal eingetragen, wie

jede andere Kuh hier auch."

Conny holte langsam Luft, während sie den Worten des

Stallarbeiters lauschte. Ihre Gefühlswelt war noch immer ein

Chaos, doch mit etwas Mühe gelang es ihr, sich auf Eriks leise

Stimme zu konzentrieren.

"Ich konnte mich schon ein wenig umsehen und habe ein

149

paar Ideen, an denen wir ansetzen können. Noch habe ich zwar

keine Beweise gefunden, aber ich bin mir sicher, dass wir auf der

richtigen Spur sind. Nicht erschrecken, ich nehme jetzt eine kleine

Blutprobe", warnte Erik.

Die Reporterin spürte einen weiteren Stich, dieses Mal

jedoch an ihrem auf den Rücken gefesselten Oberarm.

Währenddessen überlegte sie fieberhaft, wie sie Erik auf die

Injektionen hinweisen konnte. Zwar hatte er etwas von

verschiedenen Ansätzen gesagt, dabei jedoch offen gelassen, was

genau er meinte. Da ihre Stimmbänder jedoch im Augenblick nur

krächzende Geräusche zuließen, hatte sie keine Möglichkeiten,

sich dem Mann gegenüber verständlich zu machen.

Die Nadel löste sich von ihrem Arm. "Okay, das war es

schon. Ich schicke es gleich heute Abend ins Labor", versprach

Erik. "Mal sehen, ob deine Blutwerte schon eine Veränderung

zeigen. Die Injektionen sind auf jeden Fall eine Möglichkeit,

unerlaubte Substanzen einzusetzen."

Ein erleichtertes Lächeln huschte über Connys Gesicht. Also

war auch Erik auf diese Möglichkeit gekommen.

"Ist dir ansonsten etwas aufgefallen?", erkundigte er sich

halblaut und tat derweil so, als ob er an der Injektionsnadel

herumnesteln würde. Aus Eriks Verhalten schloss sie, dass der

Stall per Kameras überwacht wurde. Wenn Erik ohne Grund

neben ihr stehen bliebe, könnte man möglicherweise auf sie

aufmerksam werden.

Conny schüttelte langsam aber deutlich den Kopf, ehe sie

150

sich behutsam einen einzelnen Pellet angelte und ihn zwischen

ihren Zähnen zerrieb.

Erik gab ihr wie zur Bestätigung einen sanften Klapps auf

den Hintern, machte zwei Schritte zur Seite und gab nun der

nächsten Kuh die vorgesehene Injektion. Den Kopf leicht gesenkt

raunte er: "Wir machen so weiter, wie bisher. Morgen wirst du in

einen anderen Stall verlegt, aber mach dir keine Sorgen, ich finde

dich über das System leicht wieder."

Conny schluckte die Reste des Pellet herunter und nickte

dieses Mal leicht mit dem Kopf. Nachdem am Vormittag die

beiden Rinder abgeholt worden waren, die schon vor ihr im Stall

gewesen waren, hatte sie bereits damit gerechnet. Bei dem

kleinen Gehege, in dem sie bisher untergebracht worden war,

handelte es sich scheinbar um eine Art Initialisierungsgehege.

"Ich muss jetzt wieder weg, aber spätestens in zwei oder drei

Tagen komme ich wieder zu dir. Bis dahin habe ich sicher auch

die Werte aus dem Labor. Halt die Ohren steif!" Damit

verabschiedete sich Erik, der zwischenzeitlich auch der letzten

der vier Kühe ihre Spritze gegeben hatte.

Conny konnte hören, wie sich die Schritte des Mannes

entfernten, sich die Tür des Geheges schließlich öffnete und

gleich darauf wieder schloss. Einige Augenblicke verharrte sie

noch unbeweglich in ihrer Position, ehe sie erleichtert

durchatmete.

151

Obwohl es ihr äußerst unangenehm gewesen war, Eriks

Blicken derart ausgeliefert zu sein, war sie nun doch froh

darüber, dass er hier gewesen war. Seine Worte ließen keinen

Zweifel daran, dass er ihre Aufgabe ernst nahm und sich

gleichzeitig auch um Conny kümmerte. Die Tatsache, dass er so

professionell mit ihrem Undercovereinsatz umging, sorgte nun

sogar dafür, dass sie die Erlebnisse des Vormittages als weniger

dramatisch einstufte. War sie sich vor einigen Minuten noch

unsicher gewesen, welche Absichten Erik verfolgte, zweifelte sie

nun nicht mehr daran, dass es ihm einzig darum ging, die

illegalen Praktiken von BioUdders ans Licht zu bringen. Dazu

musste er sich nun einmal so unauffällig wie möglich verhalten,

damit er Zugang zu den internen Informationen des

Unternehmens erhielt.

Gespannt war Conny darauf, was die Analyse ihrer

Blutwerte ergab. Sie zweifelte nicht daran, dass die Injektionen

für ihre immer stärker werdende Milchproduktion verantwortlich

waren. Die Frage war nur, ob BioUdders sich dabei unerlaubter

Substanzen bediente.

Einzig bei dem Gedanken an den anderen Stall wurde ihr

ein wenig mulmig zumute. Die Verlegung bedeutete Zweifelsfrei,

dass ihr Körper bereit für die Melkmaschine war. Während ihrer

Recherche hatte sie sich Texte, Bilder und Videos zu dem Thema

angesehen und wusste daher zumindest in der Theorie, was sie

erwartete. Dennoch konnte sie nicht gerade behaupten, dass sie

sich auf diesen Teil ihrer Undercoverarbeit freute.

152

Conny stieß einen leisen Rülpser aus und leckte sich über

ihre verschmierten Lippen. Obwohl sie nur gut die Hälfte der

Pellets gegessen hatte, fühlte sie sich ausreichend gesättigt.

Behutsam richtete sie ihren Oberkörper auf und löste sich von der

Futterstelle. In Gedanken noch immer bei den Videos, die sie von

den Melkmaschinen gesehen hatte, machte sie sich auf den Weg

zur Tränke, um ihr verschmiertes Gesicht zu waschen.

153

Artgenossen

Die Vormittagssonne strahlte durch die großen Fenster des

Stalls, tauchte ihn in angenehm warmes Licht und ließ das Stroh

besonders intensiv duften. Conny lag mit halb geschlossenen

Augen auf ihrem Liegeplatz und versuchte das unangenehme

Spannen ihrer Brüste zu ignorieren. Über Nacht war es so stark

geworden, dass es beinahe schmerzte. Obwohl sie ein

unangenehmes, verunsichertes und etwas ängstliches Gefühl bei

dem Gedanken daran verspürte, wünschte sie inzwischen

beinahe den Moment herbei, in dem sie endlich gemolken wurde.

Als die Gehegetür geöffnet wurde, schlug Conny die Augen

auf und hob den Kopf. Zwei Männer hatten den Raum betreten

und näherten sich der kleinen Herde. Durch die Informationen,

die Erik ihr am Vortag gegeben hatte, ahnte die Reporterin

bereits, was die beiden Stallarbeiter wollten. Sie war nun lange

genug in diesem Gehege gewesen und würde in einen der großen

Ställe gebracht werden.

Conny war sich nicht sicher, ob sie aufstehen sollte, oder

lieber darauf wartete, dass die Männer zu ihr kamen. Doch noch

bevor sie reagieren konnte, kniete sich bereits einer der beiden

Arbeiter neben Pieta nieder und zog deren Ohrmarke zu sich

heran.

"AR 273 07 12296", las er die Lebensnummer der Kuh vor.

154

"Richtig, die kommt mit", bestätigte sein Kollege, der ein

kleines ePad in der Hand hielt.

Das Hinterwälder Rind, deren Box mit dem Kopfende direkt

an Connys Liegeplatz angrenzte, wurde unsanft auf die Beine

gezogen, was sie mit einem protestierenden Muhen quittierte. Die

Reporterin beobachtete, wie eine Metallkette am Führring von

Pietas Nase befestigt wurde, so dass sie dem Mann fortan in

kurzem Abstand folgen musste. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass

die Brüste der anderen Kuh auffällig prall wirkten und schwer

nach unten hingen. Bisher hatte sie sich ausschließlich auf sich

selbst konzentriert, doch nun, wo ihre Aufmerksamkeit darauf

fiel, wurde ihr klar, dass auch ihre Artgenossinnen bereits kräftig

laktierten.

"Das zweite Hinterwälder Rind hat die Nummer AR 273 06

12297", verkündete der Stallarbeiter mit dem ePad, worauf hin

sich der Andere kurz umsah und sich dann Romi zuwandte. Mit

einem routinierten Griff erfasste er gleich darauf deren gelbe

Ohrmarke, überprüfte sie kurz und zog auch sie am Nasenring

auf die Beine.

"Schön jung die beiden", stellte er zufrieden fest. "Die geben

noch Milch, wenn wir schon in Rente sind."

Unruhe breitete sich in Conny aus. Bisher hatte keiner der

beiden Männer sie auch nur eines Blickes gewürdigt. Hatte Erik

nicht gesagt, dass sie heute auf jeden Fall in einen anderen Stall

verlegt werden würde? Das schmerzhafte Spannen in ihren

155

Brüsten schien mit jedem Augenblick stärker zu werden. Je mehr

sie sich darauf konzentrierte, desto klarer bildete sich ein

Gedanke in ihrem Kopf heraus: Sie musste auch mit!

Mühsam drehte sie sich auf den Bauch. Behutsam schob sie

die Knie unter ihren Körper, sorgsam darauf bedacht, das

Gewicht nicht auf ihre Brüste zu verlagern. Mit Hilfe des

Metallgeländers, das ihren Liegeplatz eingrenzte, gelang es ihr

schließlich, auf die Beine zu kommen. Mit ein paar etwas

wackeligen Schritten auf ihren Hufschuhen ging sie auf den

Mann zu, der inzwischen auch Romis Nasenring mit Hilfe eines

Karabiners an der Führkette befestigt hatte.

Conny öffnete den Mund, wollte den Männern sagen, dass

sie auch mit musste. Gerade noch rechtzeitig hielt sie inne,

erschrocken über sich selbst. Auch, wenn sie nur krächzende

Laute herausgebracht hätte, hätte es vielleicht doch verdächtig

wenig nach einem Muhen geklungen.

Zumindest hatte sie jetzt die Aufmerksamkeit der beiden

Arbeiter. Halb überrascht, halb belustigt schauten sie die rötlich

gefärbte Kuh an, die erst so energisch auf sie zugekommen war,

und nun scheinbar unentschlossen vor ihnen stand. "Na, was

willst du denn?", fragte der mit dem ePad und grinste sie an.

Conny spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Mit noch

immer leicht geöffneten Mund schaute sie kurz zu den beiden

angeketteten Kühen, ehe sie den Blick wieder auf die Angestellten

von BioUdders richtete. Kurzentschlossen nahm sie all ihren Mut

156

zusammen. "Muuhu!", brachte sie zwar etwas krächzend, doch

mit leichtem Nachdruck hervor.

Die beiden Männer brachen in Gelächter aus. "Du, ich glaub

die will auch mit", meinte der Mann, der Pieta und Romi an der

Kette hielt.

"Ja, den Eindruck hab ich auch. Schau mal nach ihrer

Nummer, wir haben ja tatsächlich noch eine Kuh auf der Liste",

erwiderte sein Kollege mit sichtlich amüsiertem Tonfall.

Conny hielt still, als der Stallarbeiter nach ihrer Ohrmarke

griff und die Nummer vorlas. "AR 084 02 71993". Für einen

Atemzug schloss sie die Augen und hielt die Luft an. Obwohl sie

sich noch immer ein wenig dadurch erniedrigt fühlte, dass die

beiden Arbeiter in ihr nichts weiter sahen als ein namenloses,

nummeriertes Tier, hoffte sie doch, dass sie von ihnen

mitgenommen werden würde.

"Passt, dann haben wir alle", bestätigte der Mann nach einem

Blick auf sein ePad. Conny öffnete erleichtert die Augen. Das

bedeutete nicht nur, dass sie hoffentlich bald etwas gegen das

unangenehme Gefühl in ihren Brüsten machen konnte. Hinzu

kam auch noch die Erleichterung, dass ihre Tarnung nicht

aufgeflogen war und Erik sie bald wie geplant im nächsten Stall

aufsuchen konnte.

Der Mann ließ ihre Ohrmarke los und hob den silbernen

Metallring an, der durch ihre Nasenscheidewand lief und auf

157

ihrer Oberlippe lag. Mit einem leisen Schnappen hakte er den

Karabiner der Führkette in ihren Nasenring ein, nickte zufrieden

und gab den Ring gleich darauf wieder frei.

Ohne sich noch weiter mit den anderen Kühen im Stall

aufzuhalten, setzten sich die beiden Männer in Bewegung. Die

Metallkette, durch die die Nasenringe der Rinder miteinander

verbunden wurden, spannte sich, so dass sie dicht hintereinander

in einer Reihe folgen mussten. Conny drehte den Kopf ein wenig

zur Seite und warf einen letzten kurzen Blick auf den Ort, der in

den letzten Tagen so etwas wie ihr zu Hause gewesen war. Sie

war sich sicher, dass sie ihn nicht vermissen würde.

Wenige Augenblicke später hatten sie das Stallgebäude

verlassen und folgten einem weg, der sie über das Firmengelände

brachte. Conny spürte die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer

nackten Haut und eine seichte Briese, die ihren ungeschützten

Körper umspielte und ihren Schweif etwas zur Seite wehen ließ.

Es war ein etwas ungewohntes Gefühl, dass sich jedoch nicht

unangenehm anfühlte. Conny konnte sich nicht daran erinnern,

jemals komplett nackt draußen gewesen zu sein. Umso

interessanter empfand sie das Gefühl, wie der Wind über ihre

intimen Körperregionen strich.

Unerwartet ging ein Ruck durch die Kette und riss Conny

aus ihren Gedanken. "Hey, nicht so lahm da hinten!" Offenbar

158

waren sie den beiden Angestellten zu langsam geworden, als sie

in ihre Träumerei abgetaucht war. Sie musste mehrfach langsam

ein und aus atmen, um den stechenden Schmerz, der von ihrer

Nasenscheidewand ausging, zu vertreiben, während sie jetzt mit

schnelleren Schritten hinter den beiden Männern her liefen.

Brutal war sie daran erinnert worden, dass sie im Augenblick

nicht mehr war, als ein Rind. Die Demütigung brach wie ein

Wasserfall über ihr zusammen, durchtränkte ihre Gedanken und

sorgte dafür, dass der kurze, angenehme Augenblick in weite

Ferne rückte.

In der Folge achtete Conny aufmerksam darauf, dass die

Kette, die in der Hand des Stallarbeiters ruhte und mit ihrem

Nasenring verbunden war, immer schön locker durchhing. Den

Blick auf den fremden Mann fokussiert folgte sie ihm nun über

das Gelände von BioUdders, ohne auch nur einen weiteren Blick

zur Seite zu werfen. Im Augenblick war es ihr egal, wo genau sie

hingebracht wurde, so lange sie den Schmerz in ihrer Nase nicht

noch einmal ertragen musste.

Sie waren nicht weit gelaufen, als die beiden Männer stehen

blieben. "Das Angler Rind kommt in die Fünf. Ich bringe die

anderen Beiden in der Zwischenzeit schon mal rüber zur Sieben",

bestimmte der Mann, der das ePad bei sich trug.

"In Ordnung. Treffen wir uns gleich wieder hier?",

erkundigte sich der Andere, während er die Kette zwischen

159

Conny und Romi trennte und seinem Kollegen das Ende gab, an

dem die beiden Hinterwälder Rinder befestigt waren.

"Du kannst mir ja schon mal entgegen kommen", schlug der

erste Mitarbeiter von BioUdders daraufhin vor, nahm die Kette

mit den beiden Rindern und setzte sich in Bewegung.

Conny hatte keine Zeit, ihnen hinterher zu schauen. Fast

gleichzeitig wurde sie von der Kette an ihrem Nasenring in eine

andere Richtung gezogen. Sie verließen den großen Hauptweg

und folgten nun einer etwas schmaleren Straße, die direkt auf

einen Stallgebäude zuführte. Behutsam drehte sie den Kopf zur

Seite und warf einen letzten Blick auf die beiden Hinterwälder

Rinder, die in Richtung der weiteren Ställe davon geführt

wurden.

Stumm verabschiedete sich Conny von Pieta. Sie war sich

ziemlich sicher, dass sie die junge Kuh nie wieder sehen würde.

Ihr stand ein Leben als Milchkuh bevor, und daran würde nicht

einmal der Enthüllungsbericht über BioUdders etwas ändern, an

dem Erik und sie arbeiteten. Selbst, wenn Conny ihr während

ihres eigenen Aufenthalts noch einmal begegnen würde, erschien

es unwahrscheinlich, dass sie die weißgefleckte Kuh unter ihren

Artgenossinnen jemals wiedererkennen würde. Dabei hatte sie

sich in den letzten Tagen immer irgendwie mit ihr verbunden

gefühlt, obwohl sie nie auch nur ein einziges Wort gewechselt

hatten. Wieder einmal stellte sie sich die Frage, wie Pieta

überhaupt an diesen Ort gelangt war. Bei ihrer Ankunft hatte sie

160

Conny das Gefühl vermittelt, dass sie die Verwandlung nicht

freiwillig gemacht hatte. Doch mehr hatte sie in den letzten Tagen

nicht herausfinden könnten.

Sie erreichten das Stallgebäude und Conny wurde jäh aus

ihren Gedanken gerissen. Aus den Augenwinkeln konnte sie

gerade noch eine große Fünf erkennen, die von außen an dem

Gebäude angebracht war, ehe sie durch ein breites Tor traten. In

dem gleichen Augenblick, in dem die sanfte Briese auf ihrer Haut

verschwand, drangen die Eindrücke des Stalls auf sie ein. Sie

schritten durch einen nach oben offenen Vorraum, der über die

gesamte Breite des Gebäudes ging, jedoch nur einige Meter lang

war. Eine sichthohe Mauer grenzte diesen Bereich von dem Rest

des Stalls ab, zwei Durchgänge mit Drehkreuzen schienen in die

Halle zu führen.

An ihrer Kette wurde sie zur von dem ihr aus gesehen

rechten geführt, ehe der Arbeiter von BioUdders anhielt. "Bleib

stehen!", befahl der Mann, zog sie jedoch gleich etwas weiter an

sich heran und löste die Kette von ihrem Führring. Conny konnte

den Moment der Freiheit jedoch nicht lange genießen. Schon im

nächsten Augenblick griff er mit einem Finger durch den

Nasenring und sorgte so dafür, dass er ihre Bewegungen auch

weiterhin unter Kontrolle hatte.

Unsanft wurde Conny nun zu dem Drehkreuz geführt.

Durch die metallischen Gitterstäbe erhaschte sie einen kurzen

Blick auf den dahinter liegenden Bereich des Stalls. Aber noch

161

bevor sie etwas Genaueres erkennen konnte, spürte sie, wie der

Mann nach ihrer Ohrmarke griff. Mit der Marke drehte er ihren

Kopf zur Seite und drängte sie gleichzeitig, den Kopf anzuheben.

Im nächsten Augenblick ertönte ein lautes Piepen.

"Dann mal viel Spaß in deinem neuen Zuhause!" Der Mann

löste seinen Griff, übte einen kräftigen Druck auf ihren Rücken

aus und im nächsten Augenblick drehten sich die kühlen

Gitterstäbe mit ihr nach innen. Mit unsicheren Schritten taumelte

die leicht erschrockene Conny in das Innere des Stalls.

Conny fand nach wenigen Metern einen sicheren Stand.

Einen Blick über die Schulter werfend stellte sie fest, dass auf der

anderen Seite des Drehkreuzes niemand mehr war. Einmal tief

durchatmend versuchte sie, sich zu sammeln und richtete ihre

Aufmerksamkeit auf das, was vor ihr lag.

Der Anblick, der sich ihr bot, war unglaublich. Von dem

vorderen Abschnitt abgesehen schien der gesamte Stall aus einer

einzigen, riesigen Halle zu bestehen. Soweit sie es erkennen

konnte, schien es lediglich in der Mitte eine Trennung zu geben,

die aus zwei schier unendlich lang wirkenden Reihen von

Futterplätzen rechts und links eines Versorgungsganges bestand.

Von der schieren Größe abgesehen ähnelte der Aufbau jedoch

dem Gehege, in dem sie die letzten Tage verbracht hatte. Von den

Futterstellen ausgehend gab es in beide Richtungen breite

Gänge, jeweils flankiert von Doppelreihen aus Liegeplätzen.

Nach einem weiteren breiten Gang schloss sich der ihr schon

162

vertraute vergitterte Boden an, über dem die Kühe sich zu

erleichtern hatten.

Fast genau so überwältigend wie der Anblick des Stalls war

auch dessen Geruch. Schon das kleine Gehege hatte eine gewisse

Note gehabt, doch in diesem riesigen Kuhstall war sie um ein

vielfaches markanter. Es war eine Mischung der Gerüche von

nach Stroh, Erde, sowie den Körpergerüchen der Kühe und ihren

sonstigen Ausdünstungen, die schwer in der Luft hingen. Auch

die Geräuschkulisse war, nachdem sich ihre anfängliche

Verwirrung nun langsam legte, unvergleichlich laut. Conny

vernahm aus gefühlt allen Richtungen das Rascheln von Stroh,

leises und lautes Muhen und auch das Plätschern von

Flüssigkeiten.

Langsam den Blick schweifen lassend begann Conny zu

ahnen, wie viele Kühe sich in dem Stall befinden mochten.

Alleine auf dieser Seite der Futterrinne schätzte sie, mindestens

Fünfzig zu sehen. Alle hatten vollkommen haarlose, rot gefärbte

Haut, Kuhschweife und die auffallenden, knallgelben Marken an

beiden Ohren. Bis auf minimale Unterschiede bezüglich des

Körperbaus waren sie praktisch nicht voneinander zu

unterscheiden.

Während Conny noch immer die Eindrücke des Stalls

aufnahm, näherte sich ihr eine kleine Gruppe ihrer

Artgenossinnen. Neugierig umringten sie die Reporterin,

163

musterten sie und muhten sie sogar an. Irritiert und verunsichert

starrte Conny zurück. Die ganze Situation war so überwältigend,

dass sie überhaupt nicht wusste, wie sie nun reagieren sollte.

Stumm und bewegungslos verharrend schaute sie zwischen den

fremden Kühen hin und her. Selbst aus der Nähe betrachtet

waren sie sich erstaunlich ähnlich. Zwar konnte Conny bei

genauerer Betrachtung feine Unterschiede feststellen, doch bis auf

verschiedene Gesichtszüge und kleinere Unterschiede im

Körperbau glichen sie sich beinahe wie Schwestern. Wenn

Menschen um ihre Individualisierungsmerkmale wie Frisuren

oder Kleidung gebracht wurden, schien der Großteil der

körperlichen Unterschiede bedeutungslos. Conny ahnte, dass sie

selbst nicht viel anders aussah, als die Kühe, die sie umringten.

Außenstehende würden sie nie auseinander halten können,

geschweige denn sie identifizieren können.

Bei der Betrachtung ihrer Artgenossinnen stellte sie aber

auch fest, dass jede der Kühe ein paar Kilo mehr auf den Rippen

hatte, als unbedingt nötig war. Sie hätte keine von ihnen als

übergewichtig bezeichnet, doch es ließ sich nicht bestreiten, dass

sie an den üblichen Stellen ein paar Pfunde zu viel hatten. Conny

vermutete, dass dieses Phänomen mit den eingeschränkten

Bewegungsmöglichkeiten hier im Stall zusammen hing.

Allerdings kam ihr auch der Gedanke, dass es für eine Milchkuh,

die den Rest ihres Lebens in einem Stall verbringen würde, wohl

kaum große Anreize gab, sich in Form zu halten.

164

Als sie ihren Blick leicht senkte, wurde ihre Aufmerksamkeit

auf die Brüste der Kühe gelenkt. Schwer und voluminös hingen

sie an den Oberkörpern der Rinder herunter. Alle machten einen

prallen Eindruck, was eindeutig darauf hindeutete, dass es bald

Zeit wäre, sie zu melken. Bei dem sich ihr bietenden Anblick

empfand Conny den Begriff Euter plötzlich für sehr passend. Am

meisten faszinierten sie jedoch die Brustwarzen, oder wohl eher,

Zitzen. Bei den sie umringenden Rindern waren sie mehrere

Zentimeter lang und standen deutlich von den Eutern ab. Die

Reporterin war sich sicher, dass diese Form aus der Nutzung der

Melkmaschinen herrührte. Eilends unterdrückte sie das

unangenehme Gefühl, dass sich in diesem Moment in ihrer

Magengegend ausbreitete. Sie versicherte sich selber, dass sie

nicht so lange an diesem Ort sein würde, dass ihr Körper sich auf

ähnliche Weise verändern würde.

"Muuh!", gab die Kuh von sich, die unmittelbar vor Conny

stand. Als die Reporterin etwas erschrocken den Kopf hob,

bemerkte sie ein Lächeln auf dem Gesicht ihrer Artgenossin. Erst

jetzt wurde ihr bewusst, dass auch ihr Körper die ganze Zeit über

gemustert worden war. Obwohl sie sich von den anderen Kühen

kaum unterschied, war es ihr plötzlich ein wenig unangenehm.

"M...muh?", erwiderte sie leise und nun doch ein wenig

eingeschüchtert.

Ihre "Gesprächspartnerin" stieß einen weiteren Laut aus,

drehte sich herum und bedeutete ihr mit einer überdeutlichen

165

Kopfbewegung, ihr zu folgen. Conny warf einen fragenden Blick

zu den übrigen Kühen, doch auch die setzten sich bereits in

Bewegung. Leicht mit den Schultern zuckend beschloss Conny,

das Folgende einfach auf sich zukommen zu lassen. Immerhin

war sie nun inmitten einer großen Herde und damit vorerst an

ihrem Ziel angekommen. Hier würde sie niemandem auffallen -

im Gegenteil, sie hatte eher Angst, dass Erik sie zwischen den

anderen Kühen nicht finden würde - und konnte ihren Beitrag

dazu leisten, um BioUdders zu überführen. Jetzt musste sie nur

noch das schmerzhafte Spannen in ihren Brüsten - sie korrigierte

den Gedanken - in ihren Eutern loswerden.

Halb überwältigt und eingeschüchtert, halb damit

beschäftigt, die Eindrücke des riesigen Stalls zu verarbeiten,

folgte Conny den anderen Kühen. Sie bekam schnell das Gefühl,

dass sie gerade an so etwas wie einem Rundgang teilnahm. Ihre

Artgenossinnen führten sie zuerst zu dem Bereich an der

Außenwand des Stalls. Anders als in dem kleinen Gehege, in dem

Conny die letzten Tage verbracht hatte, entdeckte sie zusätzlich

zu dem vergitterten Boden auch Bereiche mit Duschbrausen und

mehreren sehr großen, etwas abschreckend wirkende Bürsten.

Conny benötigte einige Sekunden, ehe sie begriff, dass die

Vorrichtungen offensichtlich dafür gedacht waren, dass die Kühe

sich sauber halten konnten. Ihren eigenen, nach mehreren Tagen

im Stall nicht mehr ganz so angenehmen Geruch bemerkend,

beschloss sie, später davon Gebrauch zu machen.

166

Die kleine Besichtigungstour führte noch an einer Trinkstelle

vorbei, ehe sie die langen Reihen der Liegeplätze entlang gingen.

Es waren leicht erhöhte, mit Stroh bedeckte und durch

Metallstangen voneinander abgegrenzte Bereiche, die sich in zwei

doppelten Reihen der Länge nach durch den Stall zogen. Alle

zehn Liegeplätze wurden sie von einem Quergang unterbrochen,

in denen auch die Trinkstellen installiert waren. Der Großteil der

Liegeplätze war mit Kühen belegt, teilweise schlafend, teilweise

mit gelangweiltem Blick zu ihr aufschauend, aber alle der

gleichen Gattung angehörend. Erst im hinteren Drittel des Stalls

hielt die kleine Gruppe schließlich vor einem leeren Platz an.

"Muuh!", verkündete die Anführerin des Begrüßungskommitees

und nickte mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht in

Richtung des ungenutzten Liegeplatzes.

Conny zögerte kurz, näherte sich dann mit zwei kurzen

Schritten dem Liegeplatz und ließ sich behutsam ins Stroh sinken.

Das Stroh raschelte geräuschvoll, als sie sich etwas unbeholfen

auf ihren Hintern setzte und zum Gang drehte. "Muh", raunte sie

halblaut in dem Versuch, ihre Dankbarkeit auszudrücken. Zwar

war es ein etwas merkwürdiger Empfang gewesen, doch sie war

dennoch froh, dass jemand bemüht war, ihr zu helfen.

Die anderen Kühe erwiderten das Muhen, lächelten ihr

aufmunternd zu und verschwanden anschließend in

verschiedene Richtungen.

Conny atmete erst einmal tief durch. Den Blick langsam

167

schweifen lassend versuchte sie die letzten Minuten zu

verarbeiten. Sie war in dem großen Stall angekommen, niemand

hatte sie entdeckt, und die anderen Kühe hatten sie freundlich

aufgenommen. Ihre neue Umgebung war zwar sehr

gewöhnungsbedürftig, doch gleichzeitig verspürte sie auch ein

Gefühl der Sicherheit, dass sie in den letzten Tagen nicht gehabt

hatte. In der großen Masse der kaum auseinander zu haltenden

Kühe konnte sie problemlos untertauchen. Nur ihre Brüste

spannten noch immer äußerst unangenehm. Je mehr sie sich

beruhigte, desto deutlicher nahm sie dieses Gefühl wieder war,

dass sie in den letzten Minuten fast nicht gespürt hatte. Da ihre

Artgenossen ihr keine Melkmaschinen gezeigt hatten, vermutete

Conny, dass sich die Melkmaschinen in der Mitte des Stalls, bei

den Futterplätzen, befinden mussten.

Sie hob den Kopf etwas an und schaute sich um. Ihr Platz

lag am Mittelgang, in Richtung der Außenwand des Stalls. Die

Plätze, die unmittelbar an ihren angrenzten, waren bis auf den zu

ihrer Rechten bereits belegt. Die Nachbarin zu ihrer Linken

lächelte sie kurz an, als sie den Blick der Reporterin bemerkte,

was Conny eilends erwiderte. Die Box, die mit der schmalen Seite

an Connys Platz angrenzte, beherbergte eine weitere Kuh, die

entspannt vor sich hin döste. Offenbar hatte sie noch keine Notiz

von ihrer neuen Artgenossin genommen.

Ein wenig ratlos überlegte Conny, wie sie ihren Platz

wiederfinden sollte, wenn sie ihn einmal verlassen hatte.

168

Vielleicht sollte sie die Liegeplätze von einem Rand aus abzählen?

Sich selbst leicht zunickend ließ sie ihren Oberkörper ins Stroh

sinken. Sie brauchte jetzt erst einmal ein paar Minuten Ruhe, um

den kleinen Schock ihres neuen, vorläufigen Wohnortes zu

verdauen.

169

An der Melkmaschine

Conny hatte sich für etwa zwanzig Minuten ausgeruht, ehe

sie ihren Oberkörper wieder aufrichtete. Einen prüfenden Blick

durch den Stall werfend stellte sie fest, dass sich in der

Zwischenzeit überhaupt nichts verändert zu haben schien. Die

meisten Kühe lagen noch immer auf ihren Liegeplätzen, nur

einige wenige schlenderten scheinbar gelangweilt herum.

Während sie in den letzten Minuten ein wenig zur Ruhe

gekommen war, hatte sich der Gedanke an ein wenig

Körperhygiene zunehmend in ihrem Kopf breit gemacht. Seit

ihrer Verwandlung hatte sie keine Gelegenheit mehr dazu gehabt,

sich zu waschen, und die Tage im Stall waren nicht spurlos an

ihrem Körper vorbei gegangen. Eine feine Schicht aus Schmutz

und Schweiß klebte auf ihrer dunkelrot gefärbten Haut, zudem

verströmte sie einen nicht mehr besonders damenhaften Geruch.

Wenn sie so darüber nachdachte war sie beinahe froh, dass ihr

Kopf im Augenblick kahl geschoren war. Ihre Haare würden sich

ansonsten sicherlich in einem bedauernswerten Zustand

befinden.

Die Reporterin raffte sich mühsam auf, schüttelte etwas

Stroh von ihrem Körper und orientierte sich kurz. Sorgfältig

zählte sie den Platz ihrer Box ab, prägte ihn sich noch einmal ein

und nickte dann leicht mit dem Kopf. Es war der vierte Platz von

170

dem nächsten Quergang aus gesehen, auf der von ihr aus gesehen

rechten Seite.

Conny schaute in beide Richtungen und entschied sich dann

doch für den nahen Quergang, den sie nach wenigen Schritten

erreichte. Sie folgte ihm in Richtung des schmalen, jedoch

langgezogenen Bereichs mit dem vergitterten Boden, der sich

über die gesamte Seite des Stalls erstreckte.

Mit etwas vorsichtigeren Schritten betrat Conny das Gitter.

Die Streben lagen eng genug beieinander, dass sie mit ihren

Hufschuhen problemlos darauf laufen konnte, dennoch hatte sie

noch immer ein etwas unbehagliches Gefühl dabei. Es war

ähnlich dem Gefühl, dass sie früher gehabt hatte, wenn sie mit

hohen Schuhen über einen Gulli gelaufen war. Die Angst,

plötzlich mit dem Schuh stecken zu bleiben, war zwar in diesem

Fall überflüssig, aber dennoch in ihrem Unterbewusstsein

vorhanden.

Nicht weit entfernt konnte die Reporterin die Brausen und

Bürsten ausmachen, doch bevor sie damit begann, sich sauber zu

machen, wollte sie sich zuerst noch erleichtern. Obwohl es gerade

nicht dringend notwendig war, erschien ihr diese Reihenfolge

angebrachter.

Die Größe des vergitterten Bereichs irritierte sie jedoch

zunächst. Etwas unschlüssig machte Conny noch ein paar Schritte

in Richtung der Brausen, ehe sie schließlich stumm seufzte und

171

stehen blieb. Sie drehte den Rücken zum Stall, stellte die Beine

auseinander, schloss die Augen und versuchte sich trotz der

Umgebung zu entspannen. Ein plätscherndes Geräusch ertönte,

als sich ihre Blase entleerte. Mit leicht geröteten Wangen

verharrte Conny in ihrer Position und schaute sich um. Einige

Meter zu ihrer Rechten standen noch zwei weitere Kühe, die sich

ebenfalls gerade erleichterten. Sie machten jedoch einen völlig

entspannten Eindruck, was die Reporterin darauf schließen ließ,

dass sie sich schon länger im Stall befanden. Auch ihr fiel es mit

jedem Tag leichter, sich vor den anderen Kühen zu erleichtern.

Sie alle waren gleich, was diesen Punkt anging, und irgendwie

war es ja auch eine ganz natürliche Sache.

Die letzten Tröpfchen lösten sich aus ihrem Schritt und

fielen durch das Gatter. Conny blieb noch einen kurzen

Augenblick stehen und lauschte in ihren Körper. Ihre Blase war

nun leer, etwas anders sah es jedoch mit ihrem Darm aus.

Während ihr das Urinieren inzwischen einigermaßen leicht fiel,

machte ihr die Entleerung ihres Darms noch immer deutlich mehr

zu schaffen. Für einige Sekunden kämpfte sie mit sich selbst, doch

dann gab sie sich einen Ruck. Wenn sie es jetzt hinter sich

brachte, würde sie sich diesmal danach waschen können und

musste sich zumindest für den Rest des Tages nicht mehr darum

kümmern.

Conny ging ein wenig in die Hocke, schloss erneut die

Augen und gab sich Mühe, sich zu entspannen und gleichzeitig

einen leichten Druck in ihrem Unterkörper aufzubauen. Es

172

dauerte jetzt jedoch deutlich länger als bei ihrer Blase, bis es ihr

gelang, sich zu erleichtern. Es war für sie noch immer ein wenig

verstörend zu spüren, wie sich ihr Schweif bei dieser Prozedur

leicht hob. Der Körperteil war noch immer reichlich fremd für sie

und rief ihr zudem ihren - glücklicherweise nur vorübergehenden

- Status als Kuh besonders deutlich in Erinnerung.

Zum wiederholten Mal registrierte Conny, dass ihr

Stuhlgang weicher war, als sie es von vor der Verwandlung

gewohnt war. Zuerst war sie davon ausgegangen, dass es sich um

Nachwirkungen der Narkotika ihrer Verwandlung handelte,

doch inzwischen war sie davon überzeugt, dass es an dem Futter

lag, dass hier im Stall verfüttert wurde. Bei den anderen Kühen

sah der Stuhlgang ähnlich aus wie bei ihr selbst, was sie zum

einen in ihrer Theorie bekräftigte, sie gleichzeitig aber auch ein

wenig beruhigte.

Erleichtert registrierte sie, wie sich ihr Schließmuskel

entspannte und ihre Ausscheidungen durch das Gitter unter ihr

verschwanden. Conny empfand es als extrem entwürdigend, sich

auf diese Art und Weise entleeren zu müssen. Sie war nur froh,

dass ihr Schweif dabei sauber blieb. Anders als bei ihren

Stallgenossinnen hatte sie noch keine bewusste Kontrolle über

den neuen Körperteil. Nach ihren Studien würde es auch noch

einige Wochen dauern, bis sich die notwendigen Synapsen

bildeten. Conny hoffte nur, dass sie das nicht würde erleben

müssen, sondern vorher wieder in ihre ursprüngliche Form

zurückverwandelt werden würde.

173

Schließlich richtete die Reporterin sich wieder auf und ging

mit zügigen Schritten in Richtung der Brausen. Ihr Herz klopfte

noch immer wild in ihrer Brust, doch war sie gleichzeitig froh, es

hinter sich gebracht zu haben.

Conny erreichte eine der Brausen. Sie war in etwa zwei

Metern Höhe montiert und versprühte ganz automatisch über

einem großzügigen Radius dicht beieinander liegende, feine

Wasserstrahlen, die einem sanften Regenschauer glichen , als die

Kuh darunter trat. Unwillkürlich schnappte sie nach Luft, denn

das Wasser war kälter, als sie es erwartet hatte. Ein wenig Wasser

ausspuckend trippelte Conny ein paar Mal vor und zurück, ehe

sie sich an die bestenfalls lauwarme Temperatur gewöhnt hatte.

Als dieser Punkt jedoch erst einmal erreicht war, empfand sie die

kühle Dusche als eine echte Wohltat. Zwar konnte sie ihre Hände

nicht zur Hilfe nehmen um sich zu waschen, da ihre Arme seit

der Verwandlung fest auf ihrem Rücken fixiert waren, dennoch

konnte sie förmlich spüren, wie Schmutz und Dreck von ihrem

Körper gespült wurden.

Sie verharrte einige Minuten unter der Brause und genoss

das frische Wasser auf ihrer Haut. Verschiedene Gedanken

schossen ihr durch den Kopf, als ob sie nur darauf gewartet

hatten, endlich gedacht werden zu können. Besonders ihr eigener

Anteil an der Untersuchung beschäftigte sie. Bisher hatte sie nicht

das Gefühl gehabt, besonders viel zum Erfolg der Reportage

beisteuern zu können. Es gab keine Möglichkeit, mit den anderen

174

Kühen zu sprechen oder gar auf anderem Weg an Informationen

zu gelangen. Auch musste sie sich eingestehen, dass sie bisher

keine besonders aufmerksame Beobachterin gewesen war. Viel

mehr war sie in den letzten Tagen mit sich selbst beschäftigt

gewesen. Natürlich war ihr klar, dass es den Umständen

entsprechend durchaus zu entschuldigen war. Immerhin hatte sie

sich darauf eingelassen, sich in eine Kuh verwandeln zu lassen

und lebte seit mehreren Tagen wie Vieh in einem Stall. Doch

obwohl ihre Hauptaufgabe darin bestand, Erik verlässliche Werte

zu liefern, war sie mit ihrer bisherigen Leistung nicht vollends

zufrieden. Jetzt, wo sie sich einigermaßen mit ihrer neuen

Situation abgefunden hatte, würde sie mehr Energie daran setzen,

BioUdders zu überführen. Wenn das Unternehmen tatsächlich

gegen Auflagen verstieß - und davon war sie nach wie vor

überzeugt - dann musste es für sie als Kuh doch eine Möglichkeit

geben, Hinweise darauf zu entdecken.

Mit entschlossenem Gesichtsausdruck trat Conny zwei

Schritte zurück. Ein paar letzte Wassertropfen rannen von ihrem

kahlen Kopf über ihr Gesicht und tropften an ihrem Körper

herunter. Die Reporterin stieß etwas Luft aus, um das Wasser von

ihren Lippen zu pusten, und ging dann herüber zu einer der

großen und ein wenig bedrohlich wirkenden Bürsten. Sie war

etwas größer als Connys Torso und hing auch in einer

entsprechenden Höhe. Die Borsten selbst waren mehrere

Zentimeter lang und in einer leuchtend gelben Farbe gehalten.

175

Etwas unschlüssig, wie genau sie die Bürste benutzen sollte,

trat die Kuh zögerlich näher heran. Sie überlegte kurz, doch ihr

fiel nichts Besseres ein, als sich schlichtweg eng an das Gerät zu

stellen und ihren Oberkörper behutsam dagegen zu drücken. Zu

ihrer Überraschung setzte sich die Bürste im nächsten Moment in

Bewegung und begann damit, sich langsam zu drehen, so dass

die Borsten über den Körper der Kuh strichen.

Leicht erschrocken zuckte Conny zurück, woraufhin die

Bürste sogleich aufhörte, zu rotieren. Erst, als die Reporterin sich

erneut leicht dagegen lehnte, nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Die

Borsten waren nicht so hart, wie Conny vermutet hatte, aber auch

nicht gerade angenehm weich. Dafür ließ sich jedoch nicht

leugnen, dass sie äußerst effektiv waren. Sie trockneten nicht nur

die Haut der Kuh, sondern wischten auch die letzten,

hartnäckigeren Schmutzreste ab.

Sich langsam um sich selbst drehend ließ Conny zuerst ihren

Rücken und anschließend ihren Brustkorb und ihren Bauch

trocken bürsten. Das langsame Streichen der Borsten über ihre

Haut empfand sie dabei sogar als recht angenehm, nur bei ihren

spannenden Eutern mochte sie die dort deutlicher zu spürenden

Schläge der Borsten überhaupt nicht. Als ihr Oberkörper

größtenteils trocken war, drehte Conny sich noch einmal mit dem

Rücken zu der Viehbürste, streckte dieses Mal jedoch ihren

Hintern etwas hervor, bis auch dieser sowie ihr Schweif sauber

und trocken waren. Kurz überlegte sie, ob sie den Versuch

unternehmen sollte, ihre Beine abgewechselt anzuheben und

176

gegen die Bürste zu drücken, doch das Leder ihrer hoch

geschlossenen Hufschuhe machte bereits wieder einen

erstaunlich trockenen Eindruck. Da sie sich ohnehin nicht ganz

sicher war, ob sie überhaupt längere Zeit auf einem Huf stehen

konnte, ließ sie den Gedanken schließlich fallen.

Ein lauter Gong ertönte und hallte für einige Sekunden

durch die große Halle. Augenblicklich kam Leben in den Stall.

Beinahe ein wenig erschrocken beobachtete Conny, wie sich die

über fünfzig Kühe auf dieser Seite der Mittelbegrenzung des

Gebäudes allesamt von ihren Liegeplätzen aufrafften. Die

Geräuschkulisse schwoll binnen weniger Momente zu einem

Wirrwarr aus lautem Muhen und dem Getrappel von

Hufschuhen an.

Fasziniert betrachtete Conny ihre Artgenossinnen, die in

Richtung der langgezogenen Reihe von Futterplätzen strömten.

Während ihres Aufenthalts in dem kleineren Gehege hatte sie

etwas Ähnliches erlebt, doch die wesentlich größere Anzahl an

Kühen machte das Schauspiel deutlich einnehmender. Schnell

bildete sich ein für das ungeübte Auge der Reporterin kaum noch

zu überschauendes Wirrwarr aus einander unheimlich stark

ähnelnder Körpern, die sich auf die Futterplätze verteilten.

Conny war von dem Schauspiel so eingenommen, dass sie

sich erst nach einer kurzen Verzögerung auch in Bewegung

setzte. Sie folgte dem Quergang zurück, durch die Reihen der

177

Liegeplätze hindurch, bis sie zu ihren Artgenossinnen

aufgeschlossen hatte. Die Futterplätze lagen alle in einer langen

Reihe und waren durch metallene Aufbauten voneinander

abgegrenzt.

Da sie nicht wusste, ob es eine feste Platzordnung gab, blieb

Conny nichts anderes übrig, als die Reihe entlang zu gehen, bis

sie einen freien Futterplatz erreichte. Dabei boten die

vorneübergebeugten Kühe den etwas merkwürdig anmutenden

Anblick einer scheinbar endlosen Aneinanderreihung nackter

Hintern mit sich mehr oder weniger bewegenden Schweifen. Für

einen Augenblick schien sie zu verstehen, warum die Bewohner

des Stalls für die Mitarbeiter von BioUdders nicht mehr als Vieh

waren. Tatsächlich schien es kaum nennenswerte Unterschiede zu

geben.

Schließlich erreichte Conny endlich einen noch freien Platz.

Kurz nahm sie ihn in Augenschein, erkannte auf den ersten Blick

jedoch keinen Unterschied zu dem, was sie aus dem kleineren

Gehege bereits gewohnt war. Behutsam trat sie zwischen die

Metallstäbe, die den Platz von den angrenzenden trennten, und

etwas näher an die hüfthohe Brüstung heran. Dort stellte sie ihre

Beine ein wenig auseinander und ließ den Oberkörper langsam

nach vorne sinken, bis ihr Rücken eine horizontale Linie bildete

und ihre Schultern von einer gepolsterten Auflage abgestützt

wurden. Ganz wie sie es bereits gewohnt war, hingen ihre Brüste

unter ihrem Oberkörper durch eine großzügige Aussparung frei

178

nach unten.

Während das rote Licht eines Scanners nach dem Barcode

auf ihrer Ohrmarke tastete, richtete Conny den Blick nach vorne.

Unmittelbar vor ihrem Gesicht befand sich die Futterrinne.

Anders als sie es gewohnt war, befand sich dahinter jedoch keine

Wand, sondern in einem Abstand von einem geschätzten Meter

stand ihr eine andere Kuh gegenüber. Den Kopf in die Futterrinne

gesenkt war sie bereits laut schmatzend damit beschäftigt, ihre

Mahlzeit zu sich zu nehmen.

Ein leises Piepen erklang und eine gewohnt großzügige

Mischung aus feuchten Pellets ergoss sich vor Connys Gesicht in

die Futterrinne. Tatsächlich ein wenig hungrig senkte sie den

Kopf und fischte mit den Lippen gerade nach den ersten Pellets,

als sie etwas an ihrem Rücken spürte. Erschrocken drehte sie den

Kopf so gut es ging über die Schulter und erkannte, dass ein

gepolsterter Metallbügel zwischen den seitlichen Absperrungen

herunter geklappt war. Austestend versuchte sie, ihren

Oberkörper anzuheben, musste jedoch schnell feststellen, dass sie

damit keinen Erfolg hatte. Der Bügel war scheinbar eingerastet

und verhinderte so, dass sie sich von ihrem Platz entfernen

konnte.

Conny entfuhr gleich darauf ein erschrockener Laut, als eine

kühle Flüssigkeit über ihre Brüste gesprüht wurde. Sie drehte den

Kopf wieder zurück, konnte ihre Brüste jedoch nicht sehen, weil

eine Blende unter dem Schulterpolster dies verhinderte. Ihr Blick

179

war so auf ihre eigenen Schultern und die Futterrinne vor ihr

begrenzt.

Ihr Herz begann wild in ihrer Brust zu schlagen. Plötzlich

ahnte Conny, was als nächstes passieren würde. Sie würde

gemolken werden! Mit angehaltenem Atem verharrte sie in ihrer

Position, die Pellets vor ihr vollkommen ignorierend.

Ein schmaler zylinderförmiger Trichter näherte sich dem

herunterhängenden rechten Euter der Reporterin. Ein leises, aber

dennoch zu vernehmendes, saugendes Geräusch ging von ihm

aus. Unmittelbar unter ihrer Zitze schwebend sog er das Euter

der Kuh an, bis der gummierte Ring am Ende des Zylinders fest

auf ihrer Haut lag und sowohl Zitze als auch Vorhof sanft hinein

gesaugt wurden, woraufhin das Geräusch verstummte, jedoch

das permanente Gefühl eines spürbaren Unterdrucks hinterließ.

Conny stieß erneut einen erschrockenen, dieses Mal leicht

ängstlichen Laut aus, während sich innerhalb von wenigen

Sekunden ein zweiter Trichter an ihrem linken Euter festsaugte.

Noch bevor Conny ihre Gedanken sortieren konnte, nahm der

Unterdruck von einem auf den nächsten Moment deutlich zu, so

dass die Trichter nun fest an ihren Eutern hingen.

"Oh Gott, jetzt werde ich gemolken! Ich werde gemolken wie

eine Kuh", schoss es Conny durch den Kopf. Sie spürte die Hitze

in ihr Gesicht steigen und ihr Herz bis zum Hals schlagen. Hatte

sie den Augenblick noch vor kurzem beinahe herbeigesehnt, hätte

sie in diesem Moment liebend gerne auf die nun folgende

180

Erfahrung verzichtet.

Einen kurzen Moment lang passierte überhaupt nichts.

Conny verharrte angespannt in ihrer Position, versuchte sich

innerlich darauf vorzubereiten, was nun mit ihr passieren würde.

Doch selbst, wenn sie dafür eine ganze Stunde Zeit gehabt hätte,

richtig bereit wäre sie wohl dennoch nicht gewesen.

Die Melkmaschine erwachte zum Leben. Im inneren des

Trichters, der sich an Connys Euter festgesaugt hatte, stieg der

Unterdruck für einen kurzen Moment noch weiter an. Zugleich

zog sich eine feine Membran, die sich eng um ihre angesaugten

Zitzen und ihre Vorhöfe gelegt hatte, kraftvoll zusammen. Ein

feines Rinnsal weißer Milchtropfen löste sich aus der Zitze und

wurde durch den Unterdruck in die Maschine gesogen.

Conny stöhnte leicht gequält auf, als der Druck auf ihre

Zitzen erhöht wurde. Es fühlte sich fast so an, als ob jemand in

ihre Brüste gekniffen hätte.

Bereits nach einem Wimpernschlag weitete sich die

Membran wieder, was ein kurzes Gefühl der Entspannung nach

sich zog. Doch genauso schnell, wie die Membran sich gelockert

hatte, zog sie sich auch wieder um Connys Zitzen zusammen.

Stoßweise atmend stand Conny an der Futterstelle und

wurde zum ersten Mal in ihrem Leben gemolken. Natürlich hatte

Erik bereits zuvor ein paar Tropfen aus ihren Zitzen zutage

gefördert, doch das war überhaupt kein Vergleich zu dem, was

181

die Melkmaschine mit ihr machte. In einem schnellen Takt

wurden ihre beiden Euter von der Membran gemolken.

Unnachgiebig drückte die Maschine die Spitzen ihrer Euter

immer wieder zusammen, presste die Milch förmlich aus ihr

heraus, die in kurzen Strahlen aus ihren Zitzen befördert wurde.

Conny empfand das Saugen der Melkmaschine zunehmend

als unangenehm. Ihre Zitzen fühlten sich bereits nach kurzer Zeit

gereizt an, und mit jedem weiteren Pressvorgang der Membran

verstärkte sich das unangenehme Gefühl.

Gleichzeitig rang sie mit den verschiedenen Empfindungen,

die durch das Melken ausgelöst wurden. Auf der einen Seite war

sie fasziniert davon, dass ihr Körper tatsächlich Milch gab. Zwar

war sie irgendwie immer davon ausgegangen, dass sie eines

Tages laktieren würde, doch hatte sie es sich immer unter ganz

anderen Umständen vorgestellt. Stets hatte es in ihrer Vorstellung

einen liebenden Mann gegeben, dessen Kind sie anschließend

stillen würde. Nie hätte sie gedacht, stattdessen als Kuh

verwandelt an einer Melkmaschine zu stehen und Milch für die

Lebensmittelproduktion zu geben. Auch wenn sie wusste, dass

ihr Aufenthalt im Stall nicht von langer Dauer sein würde, die

Milch, die in diesem Augenblick aus ihren Eutern gewonnen

wurde, würde von BioUdders verkauft und anschließend

irgendwo auf Animal Planet verzehrt werden. Es war ein sehr

merkwürdiges Gefühl sich vorzustellen, wie irgendjemand ihre

Milch trank.

Auf der anderen Seite fühlte Conny sich jedoch auch erneut

182

gedemütigt. Unwillkürlich wurde sie sich ihrer Situation bewusst.

Körperlich in eine Kuh verwandelt, stand sie nackt in einer Reihe

mit dutzenden von Milchkühen. Sie lebte in einem Stall und

wurde nun sogar wie Vieh gemolken. Dabei hatte sie das

Geschehen nicht einmal ansatzweise steuern können. Die Pfleger

von BioUdders hatten ihren Körper dazu gebracht zu laktieren,

und nun gab es für sie keinen anderen Weg, als sich melken zu

lassen. Da die Melkvorrichtung an der Futterstelle angebracht

war, bestand nicht einmal die Option, das Spannen ihrer gefüllten

Brüste zu ignorieren. Spätestens, wenn sie aus Hunger etwas

fressen wollte, würde sie zwangsläufig auch gemolken werden.

Conny versuchte ihre Gedanken zu beruhigen. Noch immer

pumpte die Melkmaschine die Milch aus ihren Eutern. Die

unangenehmen Gefühle in ihren Zitzen hatten sich zunehmend in

Schmerzen verwandelt, die auch in den kurzen Augenblicken der

Entspannung, wenn die Membran sich lockerte, nicht mehr

abklangen.

Die Melkmaschine nahm darauf jedoch keine Rücksicht. Die

Reporterin verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als die Membran

sich ein weiteres Mal eng um ihre Euter schloss, sie unnachgiebig

zusammen drückte und einen weiteren Strahl Milch aus ihren

Zitzen förderte.

Um sich irgendwie abzulenken, drehte Conny den Kopf ein

wenig zur Seite und beobachtete die anderen Kühe. In zwei

scheinbar endlosen Reihen standen sie sich an den Futterplätzen

183

gegenüber, kaum voneinander zu unterscheiden. Zweifelsfrei

wurden auch sie alle gerade gemolken. Einige stießen hin und

wieder ein leises Muhen aus, doch die meisten von ihnen

schienen sich kaum daran zu stören und widmeten sich

stattdessen den Pellets, die in der Futterrinne vor ihnen lagen.

Angestrengt stieß Conny die Luft aus. Unwillkürlich

versuchte sie ihren Oberkörper anzuheben und sich damit von

der Melkmaschine zu befreien, doch der Bügel über ihrem

Rücken machte diesen halbherzigen Fluchtversuch unmöglich.

Die Augen der Reporterin füllten sich mit Tränen. Sie konnte

nicht genau sagen, warum sie weinte. Vielleicht waren es die

Schmerzen, die von ihren Zitzen ausgingen, vielleicht wurde sie

auch einfach von all den Gefühlen überwältigt oder beides kam

zusammen.

Während ihr ein paar stumme Tränen über die Wangen

kullerten und in die Futterrinne tropften, biss Conny so gut es

irgendwie ging die Zähne zusammen. Ihr anfänglicher Hunger

war vollkommen verschwunden, die Pellets hatte sie komplett

ausgeblendet. Unruhig und schnell atmend verharrte sie in ihrer

Position, darauf hoffend, es bald überstanden zu haben.

Es dauerte noch eine gefühlte Ewigkeit, bis das Pressen der

Membrane plötzlich aussetzte. Einige Sekunden lang rechnete

Conny damit, dass sie sich jeden Augenblick wieder

zusammenziehen würden, und erst als kurz darauf auch der

184

Unterdruck der Zylinder schwand und selbige sich mit einem

leisen "Plop" von ihren Eutern lösten, atmete die Reporterin

erleichtert durch.

Sie musste noch einen kurzen Moment warten, in dem ihre

Euter erneut mit einer kühlen Flüssigkeit besprüht wurden.

Zumindest für einen wunderbaren kurzen Augenblick linderte

sie die Schmerzen, die noch immer von Connys Zitzen ausgingen.

Schließlich vernahm sie ein Klicken von dem Metallbügel über

ihrem Rücken und sah gleichzeitig aus den Augenwinkeln, dass

einige der anderen Kühe ihren Futterplatz verließen. Rasch, als ob

sie befürchtete, ansonsten gleich noch einmal gemolken zu

werden, richtete auch Conny ihren Oberkörper auf und machte

ein paar schnelle Schritte rückwärts.

Ziemlich mitgenommen reihte Conny sich zwischen ihren

Artgenossinnen ein. In langsamem Tempo kehrte sie zu ihrem

Liegeplatz zurück und ließ sich erschöpft ins Stroh sinken. Von

ihren Zitzen ging ein unangenehmer, pulsierender Schmerz aus.

Auch konnte sie erkennen, dass sie eindeutig leicht geschwollen

waren. Gerötet und ungewöhnlich fest aufgerichtet standen sie

von ihren Eutern ab. Um ihre Vorhöfe waren deutlich die Stellen

zu erkennen, an denen sich die Zylinder festgesaugt hatten. Im

Gegenzug hatte immerhin das Spannen nachgelassen und schien

mit jedem weiteren Moment weiter abzuklingen. Ein wenig

erschrocken stellte Conny fest, dass ihre Brüste im Vergleich zu

vor dem Melken doch einiges an Fülle verloren hatten und dafür

185

nun sogar etwas an ihrem Oberkörper herunter hingen. Stumm

fragte sie sich, wie viel Milch die Melkmaschine eigentlich gerade

aus ihren Eutern gepumpt hatte. Behutsam drehte sie sich auf den

Rücken und schloss für einen Moment die Augen, um sich erst

einmal wieder richtig zu beruhigen.

186

Erfolgsaussichten

Conny stieß ein halblautes, langgezogenes Stöhnen aus. Am

ganzen Körper angespannt hielt sie für einen kurzen Moment die

Luft an, in der Hoffnung den Druck des Melkvorgangs so besser

ertragen zu können. Die Membranen, die sich eng um die Spitzen

ihrer Euter gelegt hatten, weiteten sich wieder und Conny

schnaufte erleichtert auf.

Mit halb geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund

verharrte sie mit vorne über gebeugtem Oberkörper an der

Melkmaschine. Der gepolsterte Bügel über ihrem Rücken fixierte

sie in ihrer auf Dauer doch recht unbequemen Position und

zwang sie dazu, die Prozedur des Melkens ein zweites Mal an

diesem Tag über sich ergehen zu lassen.

Unnachgiebig saugte die Maschine Milch aus Connys

Eutern. Die Membranen zogen sich erneut fest zusammen und

pressten feine, weiße Strahlen aus ihren Zitzen heraus. Der Takt

der Maschine war schnell und erbarmungslos. Ein Melkzyklus

dauerte nie länger als zwei Herzschläge, und dabei pochte

Connys Herz bereits so heftig wie unmittelbar nach einem

Kurzstreckenlauf.

Die Reporterin sog scharf die Luft ein, als die Membranen

sich erneut zusammenzogen und ihre Zitzen damit zugleich tiefer

in die Melkzylinder drückten.

187

Obwohl sie sich den gesamten Nachmittag in ihrer Box

ausgeruht hatte, war es Conny so vorgekommen, als ob seit ihrem

ersten Mal an der Melkmaschine kaum Zeit vergangen war. Ihre

Zitzen hatten sich noch immer überempfindlich angefühlt, als der

Gong erneut erklungen war und die Kühe zum abendlichen

Fressen und Melken gerufen hatte.

Zuerst war sie sich nicht sicher gewesen, ob sie überhaupt

aufstehen sollte. Immerhin wusste sie ja, was sie erwartete, wenn

sie zu der Futterstelle ging. Einmal im Futtergestell fixiert, war es

praktisch unmöglich, nicht gemolken zu werden.

Doch schließlich hatten zwei Dinge sie dazu bewogen, sich

doch aufzuraffen und trotz der ihr bekannten Konsequenzen zu

der Futterstelle zu begeben. Zum einen hatte sie schlichtweg

Hunger. Am Mittag war sie zu abgelenkt gewesen um zu fressen,

doch kaum, dass der Gong erneut durch den großen Stall gehallt

war, hatte ihr Magen mit einem lauten Knurren geantwortet.

Zum anderen hatten Connys Euter zu ihrer Überraschung erneut

angefangen, unangenehm zu spannen. Nachdem die

Melkmaschine eine ihrer Meinung nach nicht geringe Menge

Milch aus ihren Zitzen befördert hatte, war sie zunächst davon

ausgegangen, eine ganze Weile Ruhe zu haben. Doch ihr Körper

belehrte sie eines Besseren.

Da seit dem letzten Mal an der Melkmaschine nur ein paar

Stunden vergangen waren, hatten sich auch Connys Zitzen längst

188

noch nicht vollständig von der resoluten Behandlung der

Maschine erholen können.

Das hatte zur Folge, dass Connys empfindliche Zitzen

bereits nach wenigen Zyklen an der Melkmaschine wieder

unangenehm schmerzten.

Mit beinahe hechelndem Atem gab die Reporterin sich

Mühe, sich nicht auf die mit jeder Minute zunehmenden

Schmerzen zu konzentrieren. "Als ob das Gefühl, gemolken zu

werden, nicht auch so schon merkwürdig genug gewesen wäre",

dachte sie aufgebracht.

Sachte schüttelte sie den Kopf, vertrieb den Gedanken aus

ihrem Kopf und richtete den Blick auf die Pellets, die in der

unmittelbar vor ihrem Gesicht angebrachten Futterrinne lagen.

Obwohl ihr Magen noch vor wenigen Minuten mit lautem

Knurren auf sich aufmerksam gemacht hatte, verspürte sie kaum

Appetit. Zu einnehmend waren die Gefühle, die von der

Melkmaschine in der jungen Frau ausgelöst wurden.

"Du musst etwas essen!", ermahnte sie sich selbst. Kurz

innehaltend wartete sie ein weiteres Zusammenziehen der

Membran ab, kniff schmerzerfüllt die Augen zusammen und

senkte anschließend den Kopf. Mit ihrer Zunge beförderte sie

eine Hand voll Pellets in ihren weit geöffneten Mund und begann

lustlos, auf ihnen herum zu kauen. Sie scherte sich dabei nicht

einmal um die laut schmatzenden Geräusche, die sie dabei von

sich gab, oder um die Tatsache, dass die feuchten Pellets ihr das

189

halbe Gesicht verschmierten, wenn sie es in die Futtermasse

tauchte, um ihren Mund zu füllen. In diesem Augenblick war sie

nur eine von insgesamt wohl über 100 Kühen, die ihr Fressen zu

sich nahmen und gleichzeitig von den Melkmaschinen gemolken

wurden.

Stoisch kaute sie auf den Pellets, schluckte die zerkleinerten

Brocken herunter und tauchte ihr Gesicht erneut in die

Futterrinne. Obwohl sie versuchte, sich einzig auf das Fressen zu

konzentrieren, schweiften ihre Gedanken immer wieder ab und

fanden sich nach kurzer Zeit beim gleichen prominenten Thema

wieder: Der Melkmaschine. Das Fressen und ihre Gedanken

lenkten sie aber zumindest soweit von den Schmerzen ab, dass sie

diese nun doch einigermaßen ertragen konnte.

Conny angelte sich mit der Zunge ein einzelnes, besonders

feuchtes Pellet, sog es durch gespitzte Lippen ein und versuchte

es mit ihrer Zunge an ihrem Gaumen zu zerdrücken.

Was sie am meisten erstaunte war die Tatsache, dass ihre

Euter bereits nach so kurzer Zeit erneut prall gefüllt gewesen

waren. Nachdem sie von der Melkmaschine zurückgekehrt war,

hatten ihre Brüste merkbar an Volumen verloren. Doch während

der paar Stunden, die bis zum nächsten Gong vergangen waren,

hatten sie wieder die pralle Form angenommen, die sie zuvor

gehabt hatten. Selbst das Spannen hatte sich bereits nach kaum

zwei Stunden wieder eingestellt, wenngleich es nicht so

190

unangenehm stark gewesen war, wie noch am Vormittag. Conny

war sich jedoch sicher, dass es bis zum kommenden Morgen

schnell zu regelrechten Schmerzen angewachsen wäre, wenn sie

sich nicht erneut zur Melkmaschine begeben hätte.

Ihren Hunger hatte Conny bereits seit einer Weile gestillt,

doch verdrossen kaute sie weiter auf den matschigen Pellets

herum, um sich weiterhin abzulenken. Hin und wieder jappste

sie etwas nach Luft, wenn die Maschine besonders schmerzhaften

Druck auf ihre Zitzen ausübte, doch zumindest schien die Zeit

schneller zu vergehen, so lange sie kaute.

Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit - in Wahrheit war

kaum mehr als eine Viertelstunde vergangen - beendete die

Maschine das Melken, glich den Unterdruck in den Zylindern aus

und gab Connys Euter wieder frei. Die Reporterin zuckte kurz

zusammen, als die lindernde Flüssigkeit auf ihre überreizten

Euter gesprüht wurde und richtete anschließend ihren

Oberkörper auf, sobald der Bügel über ihrem Rücken sich

gelockert hatte.

Mit vollem Bauch und leeren Eutern machte sie einen

kurzen Umweg zu einem der Wasserbehälter, trank ein wenig

und reinigte sich so gut es ohne Hände ging das verschmierte

Gesicht. Anschließend trottete Conny mit langsamen Schritten

hinter einer kleinen Gruppe ihrer Artgenossinnen her, in

191

Richtung ihrer Liegebox.

Den Kopf gesenkt musterte sie ihre Euter. Erneut hatten sie

deutlich an Volumen verloren und hingen nun leicht herunter.

Ihre Zitzen waren deutlich gerötet und durch den Unterdruck der

Melkzylinder noch immer ein wenig größer und länger, als es

normalerweise der Fall war. Ein wenig nervös dachte Conny

daran, dass die Zitzen der anderen Kühe, die sich schon länger

hier befanden, dauerhaft deutlich länger und größer waren als bei

normalen Frauen. Wie lange würde es dauern, bis sich auch ihre

Brustwarzen unter dem Einfluss der Melkmaschine dauerhaft

verändern würden?

Wieder bei ihrer Box angekommen ließ Conny sich ins Stroh

sinken. Mit einem erleichterten Stöhnen drehte sie sich auf den

Rücken und atmete erst einmal tief durch. Obwohl die Schmerzen

in ihren Zitzen dieses Mal deutlich stärker gewesen waren und

auch jetzt noch spürbar anhielten, hatte sie ihr zweites Mal an der

Melkmaschine als weniger schlimm empfunden. Und jetzt hatte

sie eine wunderbar lange Nacht vor sich, in der sich ihre

malträtierten Zitzen erst einmal erholen konnten. Bei der Menge,

die sie gegessen hatte, würde sie vielleicht auch am Morgen nicht

so hungrig sein, so dass sie vielleicht auch erst am Mittag wieder

zur Melkmaschine zurückkehren musste. Jedoch kam ihr der

Gedanke, dass ihre bis dahin sicherlich spannenden Brüste

vielleicht ein eindringlicher Grund sein würden, um sich doch

zum Frühstück zu begeben.

192

Conny nahm eine Bewegung ganz in ihrer Nähe wahr und

hob den Kopf ein wenig an. Eine andere Kuh war unmittelbar vor

ihrem Liegeplatz stehen geblieben und musterte sie nun aus

grünen Augen, die im Kontrast zu dem vollständig braun

gefärbten Körper der Kuh besonders auffällig waren.

Überrascht beobachtete die Reporterin, wie die fremde Kuh

kaum einen halben Meter vor ihr entfernt auf die Knie sank.

Conny anlächelnd beugte sie sich vor und senkte ihren Kopf

zwischen die erschöpft ausgebreiteten Beine der Reporterin, noch

ehe diese das Geschehen begriff.

Im nächsten Augenblick spürte Conny den warmen Atem

ihrer Artgenossin auf ihren Schamlippen. Vollkommen

überrascht wie sie war, reagierte sie zunächst überhaupt nicht,

sondern starrte nur mit weit geöffneten Augen in Richtung der

Kuh, die zwischen ihren Beinen kniete.

Conny wusste überhaupt nicht, wie ihr geschah. Ein sanfter

Schauer lief durch ihren Körper, als die fremde Kuh ihr Maul

öffnete und mit ihrer warmen, feuchten und weichen Zunge

langsam und mit sanftem Druck durch Connys Schritt leckte.

Zärtlich verteilte sie etwas Feuchtigkeit auf den haarlosen

Schamlippen, ehe sie ihre Zunge nahe Connys Damm ansetzte

und mit etwas mehr Nachdruck nach oben schleckte, so dass sie

die Lippen dabei sachte auseinander drückte.

193

Conny starrte noch immer auf den Kopf der fremden Kuh,

der zwischen ihren gespreizten Oberschenkeln vergraben war.

Was passierte hier gerade mit ihr? Für einen Augenblick war sie

sich nicht sicher, ob sie vielleicht nur eingeschlafen war und einen

etwas obskuren Traum hatte. Seit Tagen umgeben von nackten

Frauen und einer gewissen sexuellen Unbekümmertheit

ausgesetzt war es durchaus möglich, dass ihr Unterbewusstsein

ihr eine derartige Vision schickte.

Ihr entfuhr ein leises Seufzen, als die weiche Zunge der

anderen Kuh zärtlich über ihren Kitzler strich. Nein, das konnte

kein Traum sein, es fühlte sich viel zu real an!

Sie konnte spüren, wie ihr Körper langsam auf die

Liebkosungen ihrer Artgenossin reagierte. Ein leichtes Verlangen

kam in ihr auf und ein feines Glitzern breitete sich zwischen ihren

Schamlippen aus, das von ihrer aufkommenden Lust kündete.

Ihre zunehmende Erregung wurde natürlich auch von der

anderen Kuh rasch bemerkt. Noch einige Male glitt die Zunge der

Länge nach zwischen ihren Schamlippen entlang, drückte sie

immer wieder auseinander und verteilte die Feuchtigkeit

gleichmäßig zwischen ihnen. Als die andere Kuh mit ihrem

Ergebnis zufrieden war, hob sie den Kopf ein paar Zentimeter

weiter an und widmete sich nun ausgiebig Connys Kitzler. Sanft

umspielte sie mit der Zungenspitze den kleinen Knopf, der rasch

auf die Liebkosungen reagierte und sogleich noch ein wenig

fester wurde.

194

Conny stöhnte leise, als sie auf diese Art und Weise berührt

wurde. Ihr Körper reagierte so, wie die Natur es vorgesehen hatte

und verlangte nach mehr, doch in ihrem Kopf herrschte ein

wilder Kampf. Verlangen, Verwirrung und Scham fochten eine

Schlacht und beherrschten ihre Gedanken. Auf der einen Seite

wollte sie sich gehen lassen, die Liebkosungen der anderen Kuh

annehmen. Hatte sie nach all den Strapazen nicht ein wenig Spaß

und Entspannung verdient? Niemand hier kannte sie, niemand

würde sie deswegen verurteilen. Und sie konnte nicht leugnen,

dass die weiche Zunge in ihrem Schritt sich äußerst angenehm

anfühlte. Doch so sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht,

sich zu entspannen. Zu sehr nagten die Zweifel an ihr. War sie

innerhalb weniger Tage tatsächlich zu einer Kuh geworden, die

überhaupt keine Scham mehr kannte und sich von einer

vollkommen unbekannten befriedigen ließ? Hatte sie nicht

eigentlich ihr ganzes bisheriges Leben auf Männer gestanden?

Wie konnte eine andere Frau - noch dazu in dieser

unmenschlichen, animalischen Form - sie überhaupt so stark

erregen?

"Muuh!", brachte Conny aufgebracht hervor. Obwohl die

Erregung in ihrem Schoß mit jeder weiteren Liebkosung zunahm,

drückte sie ihre Oberschenkel entschlossen zusammen und

zwang die andere Kuh damit dazu, sich von ihr zu lösen.

Die Fremde hob ihren Kopf und musterte Conny mit einem

verwirrten und leicht empörten Blick. Ihr Mund und ihr Kinn

195

glitzerten Feucht, was der Reporterin ein wenig peinlich war. Sie

drückte ihre Knie zusammen und stieß ein entschuldigendes

"Muuhu~" aus.

Sich über die Lippen schleckend richtete die Fremde sich

endgültig auf und kam nach einigen Sekunden wieder auf die

Beine. Noch einmal warf sie Conny einen nun etwas beleidigten

Blick zu, ehe sie gleich darauf mit einigen klackernden Schritten

aus dem Blickfeld der Reporterin verschwand.

Connys Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Takt

ihrer aufgebrachten Atemzüge. Sie konnte nicht genau sagen,

warum sie so reagiert hatte und war sich auch nicht ganz sicher,

ob sie es nun bereute, oder nicht. Doch in diesem Augenblick war

es einfach zu viel für sie gewesen.

Es dauerte einige Minuten, bis die Gedanken in ihrem Kopf

sich nicht mehr überschlugen und sie langsam wieder zur Ruhe

kam. Noch einmal tief durchatmend setzte sie sich aufrecht hin

und ließ den Blick durch den Stall schweifen. Schon nach kurzer

Suche entdeckte sie zwei Paare von Kühen, bei denen jeweils eine

zwischen den Beinen der anderen kniete und sie oral befriedigte.

Stumm fragte sich Conny, wie oft so etwas bereits passiert

war, seit sie hier war. In dem kleinen Gehege, in dem sie ihre

ersten Tage verbracht hatte, war ihr jedenfalls nichts Derartiges

aufgefallen. Hier, in dem großen Stall, konnte sie es aber nicht

einmal ausschließen. Zu viele Kühe befanden sich in dem

Gebäude, als das sie jede von ihnen andauernd im Blick hatte.

196

Ihr Herz klopfte noch immer deutlich schneller als sonst in

ihrer Brust. Für einige Sekunden beobachtete sie eines der Paare,

ehe sie geniert den Blick abwandte.

Mit dem Rücken an das Metallgatter ihrer Liegebox gelehnt

hing Conny eine ganze Weile ihren Gedanken nach, ehe sie

merkte, dass jemand den Stall betreten hatte. Eine kleine Gruppe

von Kühen hatte sich um einen Mitarbeiter von BioUdders

versammelt, der scheinbar vor kurzer Zeit in das weitläufige

Gehege gekommen war.

Conny beobachtete die Szene von ihrem Platz aus. Obwohl

ihre Artgenossinnen ihr immer wieder die Sicht versperrten,

erkannte sie schließlich Erik. Ihr Kollege, der sich auf eine

weniger demütigende Art und Weise in das Unternehmen

eingeschleust hatte, prüfte mit einem leicht verzweifelten

Gesichtsausdruck die Ohrmarken der ihn umgebenden Rinder.

Ein leichtes Grinsen umspielte Connys Lippen. Erik war

offensichtlich auf der Suche nach ihr. Doch da die Kühe in diesem

Stall sich bis auf winzige Details fast genau glichen, blieb ihm

nichts anderes übrig, als die Nummern auf den gelben

Ohrmarken zu überprüfen, bis er sie gefunden hatte.

Conny beobachtete das Geschehen noch zwei oder drei

Minuten von ihrem Platz aus. Sollte Erik sich ruhig ein wenig

anstrengen. Er konnte sich immerhin frei bewegen und war nicht

in diesem Stall gefangen, ständig bangend, ob er auch wieder

197

auftauchte und den Kontakt mit ihr aufrechterhielt.

Sie war froh, dass ihr Kollege nicht schon etwas früher im

Stall aufgetaucht war. Sie hatte bereits einige Demütigungen über

sich ergehen lassen müssen, und insbesondere die Überprüfung

ihrer Milchproduktion durch Erik war ihr sehr unangenehm

gewesen. Doch es musste nun wirklich nicht sein, dass er sie auch

noch dabei beobachtete, wie sie sich von einer vollkommen

fremden Kuh oral befriedigen ließ. Erik hatte nun wirklich schon

genügend Einblick in ihr Privatleben gehabt.

Schließlich war sie dann doch der Meinung, dass sie ihren

Kollegen lange genug hatte leiden lassen. Etwas mühsam stand

sie auf, schlenderte auf ihren Hufschuhen durch den Stall und

gesellte sich zu der kleinen Gruppe ihrer Artgenossinnen, die sich

um den Mitarbeiter von BioUdders versammelt hatte.

"Muuh!", gab sie halblaut von sich und lächelte Erik an.

Zuerst schien ihr Laut in den Geräuschen des Stalls

untergegangen zu sein, doch dann drehte der Mann sich in ihre

Richtung. Für einen Augenblick musterte er sie mit leicht

gerunzelter Stirn, dann hob er die Hand und griff nach der gelben

Marke, die an ihrem linken Ohr befestigt war.

Ein wenig überrascht, dass selbst Erik sie nicht erkannte,

hielt Conny still, bis sich auf dem Gesicht des Mannes ein

erleichtertes Lächeln ausbreitete.

"Na endlich, ich dachte schon, dass ich jede Kuh einzeln

überprüfen muss", seufzte Erik und warf ihr einen leicht

198

vorwurfsvollen Blick zu. "Versuch nächstes Mal schneller bei mir

zu sein, ja? Wenn ich hier stundenlang herumsuche, fällt das noch

meinen Vorgesetzten auf."

Conny nickte und biss sich leicht auf die Lippe. Erneut hatte

sie vergessen, warum sie eigentlich hier waren. Erik und sie

arbeiteten undercover bei BioUdders, um einen Betrug des

Unternehmens nachzuweisen. Wenn sie nicht riskieren wollte,

dass ihr Vorhaben scheiterte, musste sie sich in Zukunft wirklich

mehr zusammen nehmen.

"Muuh", raunte sie entschuldigend und senkte den Blick.

"Schon gut, noch ist ja nichts passiert", beschwichtigte Erik.

"Dreh dich mal etwas, so dass du mit der Seite zu mir stehst...!"

Conny nickte erneut leicht mit dem Kopf, trippelte auf ihren

Hufschuhen etwas ungeschickt auf der Stelle und drehte Erik

dabei ihre Schulter zu. Jetzt, wo sie bei ihm war, freute sie sich

über die Gesellschaft des Mannes. Er erinnerte sie daran, dass sie

keine echte Kuh war, dass sie sich hier nur eingeschlichen hatte,

um etwas aufzudecken. Sofort schien ihr Kopf wieder klarer, ihre

Gedanken wieder fokussierter zu sein.

"Nicht erschrecken, ich nehme dir noch einmal ein paar

Tropfen Blut ab", verkündete Erik. Im nächsten Augenblick

spürte Conny auch schon den Stich. Sie atmete einmal tief durch,

um sich etwas zu beruhigen, dann hatte sie die Prozedur auch

schon hinter sich.

"Sehr gut, das sollte reichen", stellte Erik zufrieden fest. Er

199

ließ die kleine Ampulle, die kaum die Größe einer Fingerkuppe

hatte, in einer seiner Taschen verschwinden.

Noch einmal nach Connys Ohrmarke greifend sprach er

halblaut: "Ich habe heute Mittag die ersten Ergebnisse aus dem

Labor erhalten. Bei deinen Blutwerten haben unsere Experten

einige Auffälligkeiten festgestellt. In den nächsten Tagen werden

sie analysieren, wodurch sie verursacht worden sind."

Obwohl diese Nachricht eigentlich recht beunruhigend war,

stellte sich augenblicklich ein Hochgefühl in Conny ein. Sie hatten

tatsächlich eine Spur!

"Mit der neuen Probe sollten wir die Werte dann verifiziert

können. Wir sind da auf jeden Fall an etwas dran!", versicherte

Erik ihr. Auch auf seinem Gesicht war nun ein zuversichtliches

und von Genugtuung geprägtes Grinsen zu sehen.

"Dreh dich jetzt noch mal etwas mehr zu mir und mach den

Mund auf. Deine Stimmbänder müssten sich langsam erholt

haben. Wir sollten kein Risiko eingehen", warnte ihr Kollege.

Conny wusste, was er damit bezweckte und kam der

Aufforderung nach, öffnete den Mund weit und streckte die

Zunge ein wenig heraus, so wie sie es auch in der Praxis von Dr.

Collins getan hatte. Gleich darauf hielt Erik eine kleine Spraydose

vor ihr Gesicht und ein feiner Nebel wurde in ihren Rachen

gesprüht.

Conny hustete leise, hatte sich jedoch schnell wieder unter

Kontrolle. Sie verspürte ein leichtes Brennen in ihrem Hals, das

200

jedoch schnell wieder nachließ. Zumindest war nun auch für die

nächsten Tage sichergestellt, dass sie sich nicht versehentlich

verraten konnte. Bis die Wirkung des Sprays nachließ, würde

kein verständliches Wort über ihre Lippen kommen.

"Ich muss jetzt los, bevor meine Kollegen sich wundern, wo

ich abgeblieben bin", erklärte Erik mit einem nervösen Blick auf

die Armbanduhr, die sich an seinem Handgelenk befand. "Ich bin

in ein paar Tagen wieder hier und halte dich auf dem Laufenden!

Sobald unsere Laborratten die genaue Ursache für deine

Blutwerte gefunden haben, sag ich dir Bescheid. Gut möglich,

dass wir kommende Woche schon an unserem Sensationsartikel

schreiben!" Er gab Conny einen freundlich gemeinten Klapps auf

das nackte Hinterteil, zwinkerte ihr noch einmal zu und bahnte

sich anschließend mit zügigen Schritten einen Weg aus dem Stall

heraus.

Die Reporterin schaute ihm breit grinsend hinterher. Sie

wusste nicht genau, worüber sie sich mehr freute. Darüber, dass

sie etwas gefunden hatten und sie schon in absehbarer Zeit Ruhm

und beruflicher Erfolg erwartete, oder über die Tatsache, dass sie

diesen Ort schon bald hinter sich lassen würde und wieder ihrem

normalen, zivilisierten und ganz und gar menschlichen Leben

nachgehen konnte. Nach all den Strapazen, die sie in den letzten

Tagen über sich hatte ergehen lassen müssen, würde sie erst

einmal Urlaub nehmen, sobald sie den Artikel über BioUdders

veröffentlich hatten.

201

Vielleicht sollte sie sich sogar eine etwas längere Auszeit

nehmen, und die Idee von Nadine in die Tat umsetzen. Ein Buch

mit den Erlebnissen, die sie hier gemacht hatte, würde sich auf

Animal Planet bestimmt gut verkaufen. Nur die Episode mit der

vor ihr knienden Kuh würde sie wohl doch besser auslassen. In

Gedanken bereits ein Inhaltsverzeichnis erstellend, schlenderte

Conny wieder zurück zu ihrem Liegeplatz.

202

Keine Ergebnisse

Gelangweilt trottete Conny den langen Weg entlang, der

zwischen den Liegeplätzen der Kühe der Länge nach durch den

Stall führte. Die meisten der Plätze waren belegt. Es war später

Vormittag und der Großteil ihrer Artgenossinnen verbrachte

seine Zeit damit, dösend im Stroh zu liegen. Besonders viele

Alternativen dazu gab es jedoch auch nicht, was den Alltag im

Stall nicht besonders spannend machte.

Die Reporterin bog gerade in einen der quer verlaufenden

Gänge ab, der in Richtung der äußeren Wand des Stall führte, wo

die Kühe sich erleichtern konnten, als etwas Leben in die Herde

kam. Aus der Richtung des Eingangs war eine menschliche

Stimme zu hören, und Conny drehte neugierig den Kopf in diese

Richtung. Sie hoffte darauf, dass es Erik war, ihr Kollege, den sie

inzwischen schon seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen hatte.

Langsam wurde es Zeit, dass er nach ihr schaute, das Spray auf

ihre Stimmbänder sprühte und hoffentlich auch noch ein paar

gute Neuigkeiten mitbrachte.

Doch statt Erik entdeckte sie einen ihr unbekannten

Mitarbeiter von BioUdders, der eine Kuh zu der stählernen

Drehtür führte, durch die auch Conny einst diesen Stall betreten

hatte.

Eine Mischung aus Neugierde und Langeweile veranlasste

203

Conny dazu, zusammen mit einigen anderen Kühen in Richtung

der Drehtür zu gehen. Je näher sie kam, desto besser konnte sie

erkennen, was dort vor sich ging. Gerade löste der Stallarbeiter

eine Metallkette von dem Nasenring der Kuh, die von ihm leicht

gegen die Gitterstäbe der Drehtür gedrückt wurde. "Viel Spaß in

deinem neuen Zuhause", wünschte er ihr mit emotionsloser

Stimme, und im nächsten Augenblick taumelte die Kuh

überrascht und sichtlich verunsichert in den Stallbereich, als die

Gitterstäbe vor ihr nachgaben und sich geräuschlos drehten, ehe

sie wieder einrasteten.

Conny und die anderen Kühe, die zusammen mit ihr zur

Drehtür gekommen waren, versammelten sich um den

Neuankömmling und musterten das neue Mitglied der Herde mit

neugierigen und abschätzenden Blicken.

Genau wie die anderen Kühe in diesem Stall, war ihre Haut

in einen rotbräunlichen Farbton gehalten und sie hatte auch in

etwa die gleiche Größe, wie ihre Artgenossinnen.

Conny, die schräg vor der Neuen stand, konnte jedoch

gleich auf den ersten Blick erkennen, dass die Kuh erst vor kurzer

Zeit verwandelt worden war. Dazu reichte ein kurzer Blick in die

ängstlich geweiteten Augen des Neuankömmlings. Noch

einfacher ließ es sich jedoch an ihrem Körper ausmachen. Ihre

Euter waren noch nicht so prall und ihre Zitzen noch nicht so

lang, wie es bei Milchkühen nach einer Weile üblich war.

204

Leicht unsicher warf Conny einen prüfenden Blick an sich

selbst herunter und verglich ihren eigenen Körper mit dem des

Neulings. Obwohl die Verwandlung dafür gesorgt hatte, dass sie

alle sich sehr ähnlich sahen, was insbesondere aus dem Mangel

an Kopfhaaren und der exakt gleichen Hautfarbe resultierte,

konnte sie dennoch einige Unterschiede ausmachen.

Das begann damit, dass sie zugeben musste, dass ihr

Gegenüber sichtlich schmaler gebaut war, als sie selbst. Während

das neue Mitglied ihrer Herde in etwa die gleiche, zwar nicht

perfekte, aber doch zweifelsfrei als relativ schlank zu

bezeichnende Figur hatte, mit der auch Conny hier angekommen

war, konnte sie das von sich selbst nicht mehr behauten. Genau

wie ihre übrigen Artgenossinnen hatte Conny inzwischen

eindeutig ein paar Pfund zu viel auf den Rippen. Sie hatte keine

Gelegenheit dazu gehabt, sich zu wiegen, schätzte jedoch, dass sie

ungefähr 10 Kilo zugenommen hatte, seit sie ihren

Undercoverauftrag begonnen hatte. "Und da heißt es immer, man

wird nur von Süßigkeiten dick", dachte sie und erinnerte sich

dabei an die geschmacklosen Pellets, die ihr zu jeder einzelnen

Mahlzeit vorgesetzt wurden.

Doch es gab noch einen weiteren Unterschied, der Conny

deutlich stärker beunruhigte: Ihre Euter. Die überschüssigen

Pfunde würde sie wieder abtrainieren, sobald sie den Stall

verlassen hatte und wieder ihrem ursprünglichen Leben

nachging. Doch bei ihren Eutern würde sich das Problem nicht so

leicht lösen lassen. Natürlich war es ihr selbst schon aufgefallen,

205

dass sie sich in dieser Hinsicht zunehmend den übrigen Kühen

angepasst hatte, doch das ganze Ausmaß der Veränderung wurde

ihr erst jetzt deutlich, als sie ihre eigenen Euter mit denen der

neuen Kuh vergleichen konnte. Connys auch schon vor ihrer

Verwandlung recht ausladenden Brüste waren um mindestens

eine, vermutlich eher zwei Körbchengrößen gewachsen. Und da

ihr letzter Besuch an der Melkmaschine auch schon wieder einige

Stunden wieder her war, waren sie nun deutlich prall, was sie

sogar noch zusätzlich größer erscheinen ließ. Aber auch ihre

Zitzen hatten sich verändert. Bei der neuen Kuh waren sie

aufgerichtet und standen - vermutlich wegen der kalten Luft auf

dem Weg zum Stall - keck von den Brüsten ab. Doch obwohl sie

aufgrund der gleichmäßig rotbraun gefärbten Haut auf den

ersten Blick etwas ungewohnt aussahen, ließen sie sich noch ohne

weiteres als Brustwarzen bezeichnen. Das konnte Conny von

ihren Eigenen nicht mehr behaupten. Die regelmäßige

Beanspruchung durch die Melkmaschine hatte dafür gesorgt,

dass sie inzwischen so lang waren, wie zwei Glieder eines kleinen

Fingers. Und obwohl der letzte Besuch an der Melkmaschine

schon eine Weile her war, wirkten sie noch immer ein wenig

geschwollen. Der Begriff Zitze schien auf sie um einiges

passender, als Brustwarzen.

Die kleine Gruppe aus Kühen setzte sich mit langsamen

Schritten in Bewegung. Wie jedes neue Mitglied der Herde wurde

auch dieser Neuankömmling einmal durch den Stall und

206

schließlich zu seinem Liegeplatz geführt.

In Gedanken versunken folgte Conny ihren Artgenossinnen,

den Blick auf die neue Kuh gerichtet. In den letzten Tagen hatte

sie sich wenig darum gekümmert und hatte mehr oder weniger

von einem Tag in den nächsten gelebt, doch jetzt, da ihr ihre

eigene Veränderung so deutlich vor Augen geführt wurde,

überlegte sie, wie lange sie eigentlich schon an diesem Ort war.

Es ärgerte sie, dass sie darauf keine klare Antwort geben

konnte. Unmittelbar nach ihrer Ankunft hatte sie die Tage noch

gezählt, die sie als Kuh verbracht hatte. Doch irgendwann, es

muss in ihrer dritten Woche in diesem Stall gewesen sein, hatte

sie damit aufgehört. Jetzt schien es ihr unmöglich zu sagen, wie

viel Zeit seitdem vergangen war. Sicher war nur, dass es mehr

war, als geplant!

Während sie darüber nachdachte, gelang es ihr, den

Zeitraum zumindest einzugrenzen. Anhand des Rhythmus ihres

Körpers vermutete sie, dass sie bisher mehr als zwei, jedoch

weniger als drei Monate als Kuh verbracht hatte.

Eine Gänsehaut jagte über ihren Körper. Ursprünglich war

sie lediglich von ein paar Wochen ausgegangen, doch nun waren

schon mehrere Monate vergangen. Und der Gedanke lag nahe,

dass es noch eine Weile dauern würde, ehe sie endlich wieder wie

ein normaler Mensch würde leben können. Denn bisher war es

weder ihr noch Erik gelungen, eine heiße Spur zu finden. Zwar

waren in ihren Blutwerten einige Unregelmäßigkeiten

aufgetaucht, doch die wurden mit der Umstellung ihres Körpers

207

auf das Leben als Milchkuh in Verbindung gebracht und reichten

bei weitem nicht aus, um gegen BioUdders vorzugehen.

Die kleine Gruppe erreichte den Bereich mit dem

vergitterten Boden. Conny, die ursprünglich auf dem Weg zu

diesem Abschnitt des Stalls gewesen war, löste sich von ihren

Artgenossinnen und ging ein paar Schritte in Richtung der

Außenwand des Stalls, so dass sie auf dem vergitterten Boden

stand. Conny stellte ihre Hufe soweit es einigermaßen bequem

möglich war auseinander, bewegte ihren Schweif zur Seite und

begann ohne weitere Umschweife damit, sich zu erleichtern.

Sie bemerkte den Blick, den das neue Mitglied der Herde ihr

zuwarf, störte sich jedoch nicht daran. Während ihres inzwischen

doch recht langen Aufenthalts im Stall hatte sie sich an diese

Dinge gewöhnt, und es machte ihr nichts mehr aus. Sie erinnerte

sich aber gut daran, dass sie sich anfangs auch gewundert hatte,

wie leicht es einigen Kühen scheinbar fiel, sich trotz der

Anwesenheit von Anderen zu erleichtern. "Da kommst du auch

noch hin", dachte sie für sich, wartete, bis die letzten Tropfen

durch das Gatter zu ihren Füßen gefallen waren und kehrte

anschließend zu der kleinen Gruppe zurück.

Der Rundgang endete einige Minuten später vor einem

leeren Liegeplatz, der von nun an von der neuen Kuh genutzt

werden würde. Conny registrierte, dass es einer der letzten freien

Plätze in ihrem Stall gewesen war. Nahezu ausnahmslos waren

208

sie inzwischen belegt, und selbst wenn mal einer von ihnen

wieder frei wurde - was jedoch in Connys Anwesenheit bisher

nur selten vorgekommen war - dauerte es nie lange, bis er wieder

belegt war.

Was mit den Kühen passiert war, die den Stall verlassen

hatten, wusste Conny nicht. Sie konnte nur spekulieren, dass sie

in eines der anderen Gebäude gebracht worden waren, die sie

gesehen hatte, als sie hier her geführt worden war. Es bestand

auch die Möglichkeit, dass sie verkauft worden waren und sich

gar nicht mehr auf dem Grundstück von BioUdders befanden.

Als sie daran dachte, dass auch sie wie ein Stück Vieh verkauft

werden könnte, wenn Erik nicht auf sie aufpasste, erschauderte

Conny. Plötzlich konnte sie den Nasenring schwer auf ihrer

Oberlippe aufliegen spüren. Nein, sie durfte gar nicht erst an so

etwas denken. Warum sollte BioUdders sie auch verkaufen

wollen? Schließlich produzierten ihre Euter literweise kostbare

Milch, die das Unternehmen teuer verkaufen konnte. Zwar

wusste sie nicht, wie viel Milch sie genau produzierte, doch Erik

hatte ihr signalisiert, dass es diesbezüglich überhaupt keine

Probleme geben würde. Sie schien sich also durchaus mit ihren

Artgenossinnen messen zu können. Kurz kam ihr in den Sinn,

was für ein abstruser Gedanke das war, mit anderen Frauen, die

allesamt zu Kühen verwandelt worden waren, darum zu

konkurrieren, aus wessen Eutern am Tag die meiste Milch

gepumpt wurde.

209

Von sich selbst genervt schüttelte sie den Kopf, vertrieb den

Gedanken aus ihrem Kopf und beschloss, zum wiederholten Male

die Anzahl der Kühe in dem Stall zu zählen. Sie wusste, dass es

mit dem Neuankömmling 59 sein mussten, doch da sie ohnehin

nichts Besseres zu tun hatte, konnte sie diese These auch noch

einmal überprüfen. Schaden konnte es schließlich nicht, und

vielleicht würde diese Information zu irgendeinem Zeitpunkt

noch einmal wichtig sein.

Conny hatte ihre Artgenossinnen zwei Mal gezählt und war

gerade auf dem Rückweg zu ihrem eigenen Liegeplatz, als der

Klang einer Glocke durch den Stall hallte. Augenblicklich

verspürte Conny ein starkes Hungergefühl und war sich sogar

sicher, dass ihr Magen im nächsten Moment laut knurren würde.

"Pawlow lässt grüßen", dachte sie, verzog das Gesicht

unwillkürlich zu einem Grinsen und machte auf der Stelle kehrt.

Statt zu ihrem Liegeplatz begab sie sich zu der langen

Doppelreihe aus Melkmaschinen, die den Stall längsseits in zwei

Hälften teilten.

Routiniert stellte sie sich mit etwas gespreizten Beinen an

einen der Melkplätze, beugte ihren Oberkörper weit vor und ließ

ihn behutsam auf die gepolsterte Auflage fallen, so dass ihre

Euter durch die große Aussparung frei unter ihrem Körper

hingen. Ihre Aufmerksamkeit galt jedoch weniger der Maschine,

sondern viel mehr der Futterrinne, die sich nur wenige Sekunden,

nachdem ein Scanner den Barcode an ihrer linken Ohrmarke

210

ausgelesen hatte, mit einem beachtlichen Berg an Pellets füllte.

Jetzt tatsächlich das Knurren ihres Magens vernehmend

tauchte Conny ihr Gesicht in die leicht angefeuchtete Masse und

begann hungrig zu fressen. Nur am Rande nahm sie wahr, wie

die Maschine unter ihrem Oberkörper zum Leben erwachte, ihre

Euter kurz desinfiziert wurden und sich gleich darauf die

Melkzylinder an ihren Zitzen festsaugten.

Conny kaute laut schmatzend auf den wenig

geschmacksintensiven Pellets herum, während die Melkmaschine

in einem schnellen Rhythmus die Milch aus ihren Eutern pumpte.

Doch weder davon, noch von ihrer Umgebung ließ die Reporterin

sich ablenken. Sich einzig darauf konzentrierend, ihren Hunger

zu stillen, schaffte sie es nicht nur, die umstehenden Kühe,

sondern sogar das aufgebrachte und gequälte Muhen des neuen

Herdenmitglieds auszublenden.

Nachdem sie den ersten Heißhunger überwunden hatte, hob

Conny ihren Kopf wieder ein wenig an und zerkaute die Pellets

in einem nun langsameren Tempo. Im Takt der pumpenden

Melkmaschine zerrieb sie die graubraunen Futterstückchen

zwischen ihren Zähnen. Ihre Umgebung nun etwas stärker

wahrnehmend bedachte sie die neue Kuh mit einem

mitfühlenden Gedanken. Conny konnte sich nur zu gut daran

erinnern, wie sie sich gefühlt hatte, als sie zum ersten Mal an der

Melkmaschine gestanden hatte. Das kraftvolle Saugen an ihren

Zitzen war zuerst unangenehm und nach kurzer Zeit schmerzhaft

211

gewesen, dazu konnte sie sich auch im Nachhinein an keinen

Augenblick ihres Lebens erinnern, in dem sie sich derart

entwürdigt gefühlt hatte.

Inzwischen hatte sie sich nicht nur geistig, sondern auch

körperlich an den Melkvorgang gewöhnt. Mindestens drei, wenn

ihre Euter besonders spannten sogar bis zu vier Mal am Tag

folgte Conny dem Ruf der Glocke. Zwar waren ihre Zitzen direkt

nach dem Melken noch immer ein wenig geschwollen, doch das

war mehr oder weniger ein Dauerzustand und ging auch nicht

mehr mit Schmerzen einher. Ganz im Gegenteil, je nachdem in

welcher Stimmung Conny sich befand, empfand sie das Melken

teilweise sogar als anregend. Anfangs hatte dieses Gefühl sie

ziemlich verwirrt, doch auch in dieser Beziehung hatte sie ihre

anfängliche Scham schnell verloren.

Den weichen Brei in ihrem Mund herunterschluckend

richtete Conny ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Futterrinne.

Der Großteil ihrer Portion war bereits in ihrem Magen, doch da

die Melkmaschine noch immer unablässig Milch aus ihren Eutern

pumpte, konnte sie auch noch die restlichen Pellets fressen. Den

Hals ein wenig streckend füllte sie ihren Mund noch einmal mit

Futter und wartete schmatzend darauf, dass die Maschine ihr

Werk endlich vollendete.

Als sich die beiden Zylinder schließlich von ihren Zitzen

lösten, war die Futterrinne vor Conny vollkommen leer. Satt, mit

212

leeren Eutern und zufrieden stieß die Reporterin einen Rülpser

aus, leckte sich über ihre vom feuchten Futter verschmierten

Lippen und richtete sich auf, sobald der Bügel, der zuvor auf

ihrem Rücken gelegen und sie fixiert hatte, sich lockerte.

Conny folgte zwei Ihrer Artgenossin zu einer der Tränken,

soff ein paar kräftige Schlucke Wasser und spülte sich dabei so

gut es ohne Hände ging das Gesicht sauber. Obwohl sie noch

immer mindestens jeden zweiten Tag duschte und sich im

Rahmen ihrer Möglichkeiten wusch, machte sich Conny kaum

noch einen Gedanken darum, wie dreckig oder eingesaut sie war.

Unter ihren Artgenossinnen fühlte sie sich derart anonym, dass es

praktisch keine Rolle spielte. Niemand der sie hier sah, würde sie

mit ihrem eigentlichen Leben in Verbindung bringen. Die einzige

Ausnahme war Erik, doch ihr Kollege, der sie all diesen

Strapazen aussetzte und täglich hunderte von Kühen zu sehen

bekam, würde es nicht wagen, sie deswegen zu verurteilen.

Stattdessen sollte er lieber froh sein, dass sie dieses

entwürdigende Spiel so lange mitspielte, und nicht schon längst

darauf gepocht hatte, den Einsatz abzubrechen.

Der Gedanke daran war ihr schon öfter in den Sinn

gekommen, doch noch wollte sie nicht aufgeben. Sie hatte zu viel

über sich ergehen lassen, um am Ende mit leeren Händen

dazustehen. Nein, ganz im Gegenteil. Jetzt, wo sie hier war und

sich einigermaßen an das erniedrigende Leben einer Kuh

gewöhnt hatte, würde sie auch lange genug durchhalten, bis sie

213

BioUdders etwas nachweisen konnten. Conny hoffte allerdings,

dass es nicht noch einmal zwei Monate dauern würde, bis sie

endlich etwas gegen den Konzern in der Hand hatten.

214

Initiative

Zärtlich schleckte Conny der Länge nach durch die ihr

dargebotenen, feucht glänzenden Schamlippen und drückte sie

mit ihrer weichen Zunge sanft auseinander. Den keck

hervorragenden Kitzler erreichend hielt sie kurz inne und

verharrte für einen Augenblick in dieser Position. Ein sanftes

Zittern ging durch die Oberschenkel ihrer Artgenossin, die weit

gespreizt zu beiden Seiten ihres Kopfes lagen.

Conny lächelte kurz, ehe sie mit der Zungenspitze einen

feinen Kreis um den Kitzler zeichnete. Ihre Bewegungen wurden

sofort mit einem wohligen Seufzen belohnt. Davon ermutigt

setzte sie ihre Zunge nun etwas fester auf den Kitzler und begann

ihn langsam, aber mit sanftem Druck zu lecken.

Die andere Kuh stieß ein genüssliches Muhen aus. Conny

kannte noch nicht einmal ihren Namen, doch das spielte keine

Rolle. Im Stroh der Liegebox kniend und mit weit vorgebeugtem

Oberkörper konzentrierte sie sich auf die glitzernden

Schamlippen und den empfindsamen Kitzler unmittelbar vor

ihrem Gesicht.

Während ihres zunehmend länger werdenden Aufenthalts

im Stall war es für Conny mit der Zeit zur Normalität geworden,

dass die Kühe sich auf diese Art und Weise gegenseitig Freude

bereiteten. Genau genommen gab es auch wenig Alternativen,

denn ihre Hände konnten sie nicht benutzen und einen Bullen

215

hatte sie in all den Wochen nicht ein einziges Mal zu Gesicht

bekommen. Davon abgesehen stellte es auch einen

ausgezeichneten Zeitvertreib dar, um die Phasen zwischen den

Melkvorgängen ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten, als

nur träge im Stroh zu liegen.

Conny beugte sich noch ein bisschen weiter vor, legte ihre

Lippen fest um den Kitzler der anderen Kuh und begann

behutsam, daran zu saugen. Dabei schmiegte sie die Spitze ihrer

Zunge zärtlich gegen die empfindsamste Stelle des weiblichen

Körpers. Auch für sie war es ein äußerst intensives Erlebnis, die

Lust ihrer Artgenossin so deutlich spüren, schmecken und

riechen zu können. Mit allen Sinnen konzentrierte sie sich auf das

Verlangen ihres Gegenübers.

Der Erfolg stellte sich sofort ein. Die Kuh, die vor Conny im

Stroh lag, begann sich vor Lust zu winden, hob und senkte ihre

Hüfte, als wolle sie die sie liebkosenden Lippen abschütteln.

Doch Conny hatte längst genügend Erfahrung gesammelt,

um es besser zu wissen. Hartnäckig folgte sie jeder Bewegung

und ließ nicht für eine Sekunde von dem Kitzler ab.

Die Oberschenkel der Kuh begannen noch kräftiger zu

Zittern und im nächsten Augenblick pressten sie sich von beiden

Seiten fest an Connys Kopf. Ein lautstarkes Muhen hallte durch

den Stall. Ihre Zunge fest, aber bewegungslos an den Kitzler

schmiegend, erlebte Conny den Orgasmus ihres Gegenübers aus

allernächster Nähe mit. Ganz behutsam bewegte sie ihre Zunge

216

immer wieder für feine Nuancen und entlockte der Kuh damit

noch weitere lustvolle Zuckungen der Hüfte.

Als deren Höhepunkt schließlich abgeklungen war, löste

Conny sich ganz behutsam von der Kuh und richtete sich auf.

Schwer Atmend lag ihre Artgenossin im Stroh ihres Liegeplatzes,

die Augen halb geschlossen und noch immer auf Wolke Sieben

schwebend.

Conny konnte nicht anders, als zufrieden zu grinsen. Sie

warf einen letzten Blick auf die befriedigte Kuh, ehe sie sich zum

ersten Mal seit etwas längerer Zeit wieder auf ihre Umgebung

konzentrierte. Der letzte Melkvorgang war ungefähr zwei

Stunden her, so dass es noch ein wenig dauern würde, bis es

wieder so weit war. Daher lagen die meisten ihrer

Artgenossinnen dösend im Stroh und hingen ihren eigenen

Gedanken und Träumen nach, um die Zeit totzuschlagen. Conny

konnte noch mindestens zwei andere Kühe ausmachen, die

gerade oral verwöhnt wurden, ehe sie auf der anderen Seite des

Stalls einen Stallarbeiter bemerkte. Eigentlich war es

verwunderlich, dass sie ihn nicht auf den ersten Blick gesehen

hatte, denn er hob sich schon alleine dadurch von den einheitlich

gefärbten Kühen ab, dass er Kleidung trug.

Erst auf den zweiten Blick erkannte Conny, dass es sich bei

dem Mann um Erik handelte. Erfreut setzte sie sich in Bewegung

und blieb kurz darauf unmittelbar vor ihm stehen.

217

Bei dem prüfenden Blick des Mannes musste sie

unwillkürlich lachen. Noch immer hatte ihr Kollege erhebliche

Schwierigkeiten damit, sie unter ihren Artgenossinnen zu

erkennen.

Bereitwillig drehte sie den Kopf etwas zur Seite, so dass der

Mann die Nummer auf ihrer Ohrmarke ablesen konnte. Offenbar

gelang es ihm auch nach all den Wochen nur mit Hilfe dieser

Nummer, sie zu identifizieren.

"Also doch. Ich war mir dieses Mal fast sicher!", versicherte

Erik und lächelte ein wenig verlegen.

Conny nickte leicht mit dem Kopf. Sie bemerkte, wie der

Blick des Reporters einige Sekunden an ihrem noch von der

Feuchtigkeit der anderen Kuh feuchten Kinn hängen blieb. Nun

war sie es, die Verlegen war. Doch zu ihrem Glück ging Erik nicht

weiter darauf ein und richtete den Blick kurz darauf wieder auf

ihre Augen.

"Ich habe ein wenig nachgedacht", begann Erik halblaut zu

erklären, "im Augenblick machen wir keine besonders großen

Fortschritte. Die letzte Analyse deiner Blutwerte hat nicht einmal

den kleinsten Hinweis ergeben, dass irgendwelche illegalen

Mittel eingesetzt werden.

Conny nickte leicht mit dem Kopf. Auch sie selbst hatte

absolut nichts feststellen können, was auch nur den kleinsten

Ansatzpunkt für ihre Vermutungen bot. Natürlich konnte sie

nicht ausschließen, dass sich irgendeine Substanz im Futter

218

befand, doch dann hätten sie längst Hinweise finden müssen.

Tatsächlich war ihr in den letzten Tagen der unangenehme

Gedanke gekommen, dass ihre Unternehmung vielleicht

tatsächlich erfolglos sein könnte. Schließlich waren sie nur

Gerüchten und Beschuldigungen nachgegangen, doch Beweise

dafür hatten sie dafür trotz all ihrer Bemühungen nicht auftreiben

können. "Aber irgendwas muss dahinter stecken, wenn so viele

Zeugen unabhängig voneinander Hinweise gegeben haben",

dachte sie und machte sich damit selbst Mut. Sie wollte sich nicht

eingestehen, dass ihre Verwandlung in eine Kuh, die Wochen im

Stall, die Veränderungen an ihrem Körper und nicht zuletzt all

die Demütigungen am Ende umsonst gewesen sein sollten. Hatte

sie all das etwa auf sich genommen, nur um nachzuweisen, dass

BioUdders ein wirklich tolles Unternehmen war? Sie hatte das

Gefühl, dass ihr gleich die Tränen kommen würden.

"Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass wir hier

etwas finden können", meinte Erik und riss Conny damit aus

ihren negativen Gedanken. Sie richtete den Blick auf ihren

Kollegen und schaute ihn hoffnungsvoll an.

"Wenn haben bisher keine verwertbaren Ergebnisse

bekommen, aber bisher gab es für BioUdders eigentlich auch

keinen Anlass dazu, etwas zu unternehmen. Du machst keine

Probleme und deine Milchleistung liegt sogar leicht über dem

Durchschnitt", umfasste Erik die Situation.

Conny legte den Kopf leicht schief und warf dem

219

Stallarbeiter einen neugierig fragenden Blick zu. Bisher hatte er

ihr gegenüber nie auch nur ein einziges Wort darüber verloren,

wie viel Milch eigentlich jeden Tag aus ihren Eutern gepumpt

wurde.

Erik bemerkte ihren Blick, hielt kurz inne und versuchte ihre

unausgesprochene Frage zu ergründen. "Du... willst wissen, wie

viel Milch du gibst?", rätselte er mit leicht gerunzelter Stirn. Seine

Frage wurde durch ein eifriges Kopfnicken der ernst

dreinblickenden Journalistin bestätigt.

"Spielt zwar keine Rolle, aber ich schätze wenn es jemanden

etwas angeht, dann wohl dich, hm?", meinte Erik und lächelte

nun wieder. "In der letzten Woche hast du im Schnitt jeden Tag

knapp über viereinhalb Liter Milch gegeben. Damit liegst du

momentan etwa 100 Milliliter über dem Durchschnitt dieses

Stalls."

Conny starrte Erik mit offenem Mund an. Natürlich hatte sie

gewusst, dass es nicht gerade wenig Milch war, die sie jeden Tag

produzierte. Doch diese Menge erschreckte sie nun doch. Mehr

als vier Liter... das waren mehr als vier Packungen Milch! Und

das an jedem einzelnen Tag! Sich die Menge zu Verbildlichen,

schien sie zusätzlich noch größer zu machen.

Doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie mit einer

derartigen Größenordnung rechnen müssen. Immerhin hatte sie

sich während ihrer Recherchen auch darüber informiert, wie

produktiv die Kühe in den Ställen von BioUdders waren. Und

irgendwie musste es sich für BioUdders ja auch rentieren.

220

"Ja, in der Tat sehr beeindruckend", lobte Erik und zwinkerte

ihr zu. Conny funkelte ihn für eine Sekunde finster an, entspannte

sich dann jedoch wieder. Ihr Kollege meinte es nicht böse, auch

wenn er keine Ahnung hatte, was sie für diese ganze Aktion

eigentlich auf sich genommen hatte. ER musste ja schließlich

nicht alle paar Stunden an die Melkmaschine.

Erik fuhr fort: "Wie gesagt, für BioUdders gibt es damit

eigentlich keinen Grund, überhaupt aktiv zu werden. Da können

wir noch Monate hier drinnen verbringen, und es würde sich

vermutlich nichts daran ändern. Außer vielleicht, sie kommen auf

die Idee, dich in der Zucht einzusetzen."

Der letzte Satz war als Scherz gemeint, doch Conny lief ein

eiskalter Schauer den Rücken herunter. Das würde sie unter

keinen Umständen über sich ergehen lassen! Es war schon

schlimm genug, dass ihr Körper dazu gebracht worden war, zu

laktieren, doch eine Schwangerschaft war noch mal ein ganz

anderes Kaliber!

"Keine Sorge, das wird sicher nicht passieren",

beschwichtigte Erik, als er Connys aufgebrachten Blick bemerkte.

"Das Zuchtprogramm bei BioUdders ist praktisch nicht existent,

es wird nur das absolut notwendigste gemacht, um die

steuerlichen Subventionen einzustreichen. Und die dafür

notwendigen Kühe sind festgelegt, so dass für dich keine Gefahr

besteht. Mach dir keine Sorgen!"

Conny nickte leicht mit dem Kopf, atmete ein paar Mal tief

221

durch und hatte sich und ihre Gedanken anschließend wieder im

Griff. Tatsächlich war das eine der Tatsachen gewesen, die ihr bei

der Recherche aufgefallen waren. Statt selbst zu züchten, bezog

BioUdders fast alle Rinder von einer anderen Quelle. In diesem

Augenblick war sie unendlich froh darüber, dass es so war.

"Ok... zurück zum eigentlichen Thema", meinte Erik, nun

deutlich mehr darauf bedacht, Conny durch seine Worte nicht

erneut in Panik zu versetzen. "Ich habe eine Möglichkeit

gefunden, die Auswertungen für die Milchmengen der Kühen zu

manipulieren. So lässt sich der Eindruck erwecken, dass du

weniger stark laktierst und damit entsteht ein Handlungsbedarf

für sie. Kannst du mir folgen?"

Conny nickte leicht mit dem Kopf. Natürlich konnte sie

folgen, der Plan war nun wirklich nicht besonders kompliziert.

Sorgte ihr Äußeres dafür, dass Erik sie langsam aber sicher für

eine einfältige Kuh hielt?

"Also auch wenn sich in Wirklichkeit gar nichts verändert,

werden die Werte in den kommenden Tagen sinken und sich

deutlich unter dem Durchschnitt einpendeln. Ich werde dafür

sorgen, dass es auch noch bei ein paar anderen Kühen passiert,

dann lenkt es nicht zu viel Aufmerksamkeit auf dich. Das gibt uns

die Möglichkeit zu überprüfen, wie BioUdders reagiert und ob sie

dann etwas unternehmen, was gegen die Auflagen verstößt."

Erneut nickte Conny leicht mit dem Kopf. Besonders

222

begeistert war sie von dem Plan allerdings nicht. Natürlich

mussten sie etwas unternehmen, damit sie nicht den Rest ihres

Lebens als Spion in diesem Stall verbringen musste, ohne auch

nur den geringsten Hinweis zu finden. Doch auf der anderen

Seite hatte sie auch Angst, BioUdders zu einer Aktion zu

provozieren. Ehrlich gesagt war sie nicht besonders scharf darauf,

dass etwas mit ihr gemacht wurde, was "gegen die Auflagen

verstößt". Andererseits wäre das endlich der Beweis, den sie

brauchte, um wieder in ihr normales Leben zurück zu kehren.

Ein anderer Gedanke manifestierte sich in ihrem Kopf und

ließ sich nicht mehr vertreiben. Was wäre, wenn BioUdders nicht

reagierte, wenn sie nicht auf illegale Weise versuchten, die Stärke

der Laktation zu erhöhen? Dann würde sie sich entgültig

eingestehen müssen, dass die Verwandlung in eine Kuh und die

Monate im Stall vergebens gewesen wären. Und wie könnte

BioUdders dann sonst noch reagieren? Was, wenn Conny

schlichtweg für unrentabel gehalten würde und verkauft wurde?

Sie hatte hin und wieder Kühe aus dem Stall verschwinden sehen,

ohne jemals dahinter zu kommen, was mit ihnen passiert war.

Was, wenn BioUdders auch sie verkaufte? Sie selbst konnte kaum

etwas dagegen unternehmen, ihr waren im wahrsten Sinne des

Wortes die Hände gebunden. Doch es gab ja immer noch Erik. Er

würde sicherstellen, dass so etwas nicht mit ihr passieren würde -

zumindest hoffte sie das mit jeder Faser ihres Seins.

"Also, dann machen wir es so", schloss Erik mit einem

223

Kopfnicken. "Ich werde versuchen, möglichst oft hier

vorbeizukommen, damit wir schnell reagieren können, wenn

BioUdders etwas macht."

Er lächelte Conny aufmunternd an. Selbst durch die

Maskerade hindurch konnte er wohl erkennen, dass sie von

seinem Vorhaben weniger begeistert war, als er selbst.

"Halt durch Conny, wir haben es bald geschafft! Sei weiter

so stark wie bisher, dann kann dir nichts passieren!" Er gab ihr

einen freundschaftlichen Klapps auf den nackten Hintern, ehe er

sich umdrehte und sich einen Weg aus dem Stall heraus bahnte.

Conny sah ihm lange nach. "Hoffentlich hast du recht,

hoffentlich dauert es wirklich nicht mehr lange...", dachte sie und

seufzte leise. Auch wenn sie sich an das Leben im Stall

inzwischen gewöhnt hatte und der Alltag ihr nichts mehr

ausmachte - sie vermisste ihr richtiges Leben mit jedem Tag mehr.

224

Gegenmaßnahmen

Entspannt, mit halb geschlossenen Augen, lag Conny im

Stroh. Um weder auf ihren auf den Rücken gefesselten Armen,

noch auf ihren Eutern liegen zu müssen, hatte sie sich seitlich in

ihre Box gelegt. Den Kopf auf einen etwas erhöhten Strohhaufen

abgelegt, hing sie ihren Gedanken nach und döste hin und wieder

ein wenig ein. Es war später Nachmittag und ihre Artgenossinnen

hielten es ähnlich wie sie, so dass es im Stall, trotz der

überwältigenden Anzahl an Kühen, annähernd leise war.

Zwei Tage waren vergangen, seit Erik mit ihr seinen neuen

Plan besprochen hatte, um BioUdders aus der Reserve zu locken.

Sie hatte die Zeit genutzt, um ausführlich darüber nachzudenken

und war zu dem Schluss gekommen, dass sie diesen Schritt

einfach gehen mussten, auch wenn die Konsequenzen

möglicherweise einige Gefahren bargen. Die Alternative bestand

darin, weiterhin abzuwarten, und es war nicht wahrscheinlich,

dass sie auf diesem Wege zu Ergebnissen kommen würden.

Conny hatte eingesehen, dass Erik Recht hatte. Warum sollte

BioUdders etwas unternehmen, wenn es dazu überhaupt keinen

Anlass gab? Wenn sie bisher keinen Grund dazu gehabt hatten,

illegale Mittel einzusetzen, würde sich das ohne besondere

Veranlassung auch in den kommenden Wochen kaum ändern.

Bisher hatte Eriks Plan jedoch noch keine Früchte getragen.

225

In den letzten zwei Tagen war absolut nichts passiert, was auch

nur in irgendeiner Weise darauf hindeutete, dass BioUdders auch

nur registriert hatte, dass ihre Milchmenge gesunken war.

Natürlich war das nicht tatsächlich der Fall, zumindest hatte

Conny in dieser Hinsicht keine derartige Entwicklung feststellen

können. Da Erik nur die Computer manipulieren wollte, war sie

jedoch auch nicht davon ausgegangen, dass sie weniger stark

laktieren würde. Andererseits war sie sich auch nicht sicher, ob

sie eine geringe Abnahme der Milchmenge überhaupt bemerkt

hätte. Schließlich konnte sie nicht sehen, wie viel Milch die

Melkmaschine täglich aus ihren Eutern förderte und sie

überzeugt, dass sie es nicht einmal spüren würde, ob sich nun ein

paar Milliliter mehr oder weniger in ihnen befanden. Dafür war

die Gesamtmenge einfach zu groß.

Sie hörte, wie sich Schritte näherten, hob den Kopf jedoch

nicht an. An den dumpfen Geräuschen ließ sich leicht erkennen,

dass es sich um Hufschuhe handelte. Vermutlich hatte eine ihrer

Artgenossinnen sich aufgerafft, um sich zu erleichtern.

Die Augen schließend kuschelte sie sich tiefer in das Stroh.

Lange würde es nicht mehr dauern, bis die Glocke durch den

Stall hallte und sie alle zu den Melkmaschinen gerufen würden.

Es wurde auch langsam Zeit, ihre Euter waren bereits wieder

voller Milch und begannen unangenehm zu spannen.

- - -

226

Eine Hand stieß gegen ihren Oberschenkel. "Hey, da bist du

ja. Conny? Aufwachen!"

Verwundert die Augen aufschlagend hob Conny den Kopf,

blinzelte ein paar Mal, um sich wieder an das helle Licht im Stall

zu gewöhnen und hob anschließend den Kopf. Überrascht stellte

sie fest, dass Erik unmittelbar vor ihrem Liegeplatz kniete.

Noch immer etwas verschlafen richtete die Journalistin sich

auf. Nach dem morgendlichen Melken hatte sie sich wieder

hingelegt und war eingeschlafen, so dass sie offensichtlich nicht

mitbekommen hatte, dass Erik in den Stall gekommen war. Sie

war ein wenig erstaunt darüber, dass er sie dennoch gefunden

hatte. Wie lange hatte er wohl nach ihr suchen müssen?

"Soso, während ich hier arbeite, machst du also einfach ein

Nickerchen?", stichelte Erik. An seinem Lächeln war zu erkennen,

dass er froh darüber war, Conny gefunden zu haben.

Die Journalistin zog die nicht mehr vorhandenen

Augenbrauen hoch. "Du kannst dich ja mal an die Melkmaschine

stellen und dich über einem Gitter erleichtern", dachte sie

verärgert.

Erik hob abwehrend die Hände. "Schon gut, schau nicht so

finster drein. Ich wollte nur nach dem Rechten schauen und mich

bei der Gelegenheit um deine Stimmbänder kümmern."

Connys Ärger verflog so rasch, wie er gekommen war.

227

Etwas ungelenk begab sie sich auf ihre Knie, beugte sich etwas

vor und öffnete ihren Mund soweit sie konnte.

Der Blick ihres Kollegen schweifte für einen kurzen

Augenblick über den nackten Körper, der sich ihm darbot. Doch

bevor er Conny erneut verärgerte, zog er rasch eine kleine

Sprühdose aus der Hosentasche und hielt sie vor das Maul der

Kuh.

Es war ein unangenehmes, kaltes Gefühl, als das Spray in

ihren Mund gesprüht wurde. Conny schluckte einige Male und

räusperte sich kurz, um nicht husten zu müssen. Hoffentlich

konnte sie den Stall bald verlassen und musste diese Prozedur

nicht mehr oft über sich ergehen lassen.

Nachdem dafür gesorgt war, dass ihre Stimmbänder noch

mindestens eine weitere Woche ihren Dienst versagen würden,

verstaute Erik die Dose wieder in seiner Tasche.

"Ich hatte direkt nach unserem Gespräch die Gelegenheit,

die Formel für die Auswertungen zu verändern. Dich

eingeschlossen wird die ausgewiesene Milchmenge bei drei

Kühen aus diesem Stall täglich zurückgehen, bis ihr deutlich

unter dem Durchschnitt liegt.

Conny nickte leicht mit dem Kopf und lauschte den wohl

einzigen menschlichen Worten, die sie an diesem Tag hören

würde.

"Ist bei dir alles in Ordnung? Oder hast du noch etwas

228

brauchbares herausgefunden?", erkundigte sich Erik.

Kurz die Stirn runzelnd überlegte die Reporterin, wie sie auf

diese Fragen antworten sollte. Schließlich hatte Erik gerade selbst

dafür gesorgt, dass sie auch in den nächsten Tagen nicht wie ein

normaler Mensch sprechen, sondern bestenfalls unverständliche

Laute von sich geben konnte.

Schließlich nickte sie erst überdeutlich mit ihrem Kopf, hielt

dann kurz inne und schüttelte ihn anschließend langsam aber

deutlich, um damit auch die zweite Frage zu beantworten.

Erik nickte langsam und fuhr fort: "Bei einem einzelnen Tag

werden sie vermutlich noch an einen Ausreißer glauben, aber es

sollte nicht mehr lange dauern, bis sie der Sache nachgehen

werden. Die nächsten beiden Tage habe ich frei, aber

anschließend schaue ich sofort wieder nach dir." Damit erhob er

sich und ließ Conny alleine zurück, die ihm unschlüssig nachsah.

Normal hatte sie sich nie sonderlich dafür interessiert, wo Erik

sich nun genau herumtrieb, solange er sie nur nicht vergaß. Doch

jetzt, wo sie wusste, dass er die kommenden Tage nicht in der

Nähe sein würde, war ihr doch etwas unwohl bei dem Gedanken.

- - -

Rhythmisch saugte die Melkmaschine an Connys Eutern. In

dem schnellen Takt, an den sie sich inzwischen so sehr gewöhnt

hatte, zogen sich die feinen Membranen um ihre Zitzen

zusammen und pressten die Milch förmlich aus ihr heraus, nur

229

um sich im nächsten Augenblick wieder zu lockern, ehe sie sich

erneut eng anschmiegten und die Zitze etwas tiefer in den

Melkzylinder saugten und die Milch dabei aus den Eutern

förderten.

Das Gesicht in den Futtertrog getaucht kaute die Journalistin

ungeniert schmatzend auf den feuchten Pellets herum. Ganz

unbewusst hatte sie sich dabei dem Takt der Melkmaschine

angepasst. Sie machte sich nicht die Mühe, den Kopf während des

Kauens anzuheben, sondern verharrte dabei mit der Nase halb in

dem matschigen Fressen. Sobald die Pellets zwischen ihren

Zähnen zerrieben waren, öffnete sie ihren Mund etwas weiter

und füllte ihn mit einer weiteren Portion.

"Wenn ich hier raus bin, muss ich mir wieder bessere

Tischmanieren angewöhnen", schoss es ihr durch den Kopf. Doch

hier im Stall gab es keinen Grund, sich vornehm zu verhalten. Mit

der Zeit hatte sie sich an eine Lebensart gewöhnt, die frei von

jedem Schamgefühl war. Das begann bei der Tatsache, dass sie

und ihre Artgenossinnen jederzeit nackt waren und endete bei

dem Umstand, dass sie sich im Beisein anderer erleichtern

mussten. Zumindest hatte diese Zwanglosigkeit aber auch dafür

gesorgt, dass zwischen den Kühen keine Scham entstand, wenn

sie sich gegenseitig ein paar kleinere Freuden bereiteten.

So sehr Conny ihr richtiges Leben auch vermisste, war sie

sich nicht sicher, ob das ungenierte und unkomplizierte Leben

der Kühe nicht auch etwas für sich hatte. Hatte man sich erst

230

einmal daran gewöhnt, erleichterte es viele Dinge.

Natürlich, in Gesellschaft anderer Menschen hätte sie ihre

Mahlzeit nie auf die Art und Weise zu sich genommen, die sie

sich in den letzten Wochen angewöhnt hatte. Conny musste selbst

zugeben, dass sie fraß, wie ein Tier. Aber da sie gerade wie Vieh

gemolken wurde, war das wohl auch ihr gutes Recht.

Conny spürte, wie sich jemand näherte. Ein paar Pellets

zerkauend hob sie den Kopf nun doch etwas an, drehte ihn etwas

zur Seite und versuchte einen Blick über die Schulter zu werfen.

Bedingt durch ihre Fixierung an die Melkmaschine war das

jedoch gar nicht so einfach. Nur aus den Augenwinkeln konnte

sie den Bereich hinter sich erkennen.

Die typisch gefärbte Kleidung eines Stallarbeiters streifte

durch ihr eingeschränktes Blickfeld. Ob das Erik war? Nein, das

konnte nicht sein. Er hatte angekündigt, dass er an diesem Tag

frei haben würde. Vermutlich war gerade Wochenende... für

Conny jedoch unterschieden sich die einzelnen Wochentage nicht

voneinander.

Die Journalistin zuckte erschrocken zusammen, als eine

Hand nach ihrem Schweif griff und ihn resolut zur Seite drückte.

Es kam nur selten vor, dass einer der Stallarbeiter überhaupt

diesen Stallbereich betrat und noch seltener, dass man sie

berührte. Zum ersten Mal seit längerer Zeit fühlte sie sich

ausgeliefert.

231

Den Kopf soweit es die Fixierung erlaubte drehend, konnte

Conny aus den Augenwinkeln erkennen, wie der Stallarbeiter in

einer Hand ihren Schweif und in der Anderen eine Spritze hielt.

Also doch!

Im nächsten Augenblick spürte sie den Einstich in ihren

Hintern. Die noch immer pumpende Melkmaschine und das

Futter vor ihr für einen Moment vergessend versuchte sie

auszumachen, ob der Mann ihr Blut abnahm, oder ihr etwas

verabreichte. Doch so sehr sie sich auch darauf konzentrierte, sie

konnte es beim besten Willen nicht erkennen. Jedenfalls dauerte

es nicht lange, bis der Spuk wieder vorbei war.

Doch der Stallarbeiter trat nun noch näher an sie heran.

Ihren Schweif loslassend trat er neben sie, streckte die Hand aus

und presste sie für einen kurzen Augenblick auf Connys Mund.

Vollkommen überrumpelt konnte die Journalistin nichts

dagegen machen. Sie registrierte, dass der Mann ihr etwas in den

Mund geschoben hatte, etwa in der Größe eines Kaubonbons.

Gleich darauf löste er sich wieder von ihr und verschwand

genauso schnell, wie er gekommen war.

Mit stark pochendem Herzen versuchte Conny ihre

Gedanken zu ordnen. Mit der Zunge versuchte sie den

unbekannten Gegenstand in ihrem Mund zu ertasten, doch er

hatte sich mit den halb zerkauten Pellets vermischt, die sie noch

nicht heruntergeschluckt hatte.

Unfähig, den Bonbon auszumachen, blieb ihr schließlich

232

nichts anderes übrig, als den Inhalt ihres Mundes

herunterzuschlucken. Was hätte sie auch anderes machen sollen?

Erik würde erst am nächsten Tag wieder hier sein, also hatte sie

ohnehin keine Gelegenheit, ihm den Gegenstand zu zeigen.

Doch viel wichtiger war die Frage, was man ihr gerade

verabreicht hatte. Und was hatte es mit der Spritze auf sich? Jetzt

war zumindest klar, dass Eriks Plan aufgegangen war. BioUdders

hatte tatsächlich reagiert. Jetzt mussten sie nur noch

herausfinden, was genau man ihr verabreicht hatte!

Eine Welle der Euphorie schoss durch ihren Körper. Das war

die Spur, auf die sie so lange gewartet hatte! Sie hatte all das nicht

umsonst auf sich genommen!

Nur noch am Rande nahm sie wahr, dass die Melkmaschine

noch immer ihren Dienst verrichtete und Strahl für Strahl Milch

aus ihren Eutern pumpte. Vollkommen in Gedanken versunken

fraß sie den Rest ihrer großzügig bemessenen Portion auf,

während sie darüber nachdachte, wie sie Erik von dieser neuen

Entwicklung in Kenntnis setzen sollte. Bedingt durch die

Tatsache, dass sie nicht mit ihm sprechen konnte, würde es gar

nicht so einfach werden. Doch sie hatte bis zum nächsten Tag

Zeit, sich etwas auszudenken. Bis Erik wieder hier war, würde sie

eine Lösung finden!

233

Der Beweis

Aufmerksam ließ Conny den Blick durch den Stall

schweifen. Ein Tag war vergangen, seit der Mitarbeiter von

BioUdders ihr etwas verabreicht hatte, was mit an Sicherheit

grenzender Wahrscheinlichkeit ihre Milchproduktion erhöhen

sollte. Doch obwohl Erik gesagt hatte, dass er die Werte von

mehreren Kühen manipuliert hatte, war es ihr bisher nicht

möglich gewesen, ähnliche Vorgänge bei ihren Artgenossinen zu

beobachten. Sie vermutete, dass der Stallarbeiter die anderen

Kühe ebenfalls während des gestrigen Melkvorgangs aufgesucht

hatte, so dass es ihr schlichtweg entgangen war.

Die Journalistin stand mit weit gespreizten Beinen über dem

vergitterten Boden am Rande des Stalls. Ihren Schweif soweit es

ihr möglich war zur Seite drückend, leerte sie gerade ihre Blase,

ohne diesem Vorgang jedoch besondere Aufmerksamkeit zu

schenken. Es war zur Routine geworden und so lenkte sie das

leise Plätschern auch nicht mehr von ihren schweren Gedanken

ab.

Bisher war Erik noch nicht aufgetaucht, doch er hatte

versprochen, dass er an diesem Tag nach ihr schauen würde. Sie

brannte darauf ihm klar zu machen, dass BioUdders während

seiner freien Tage etwas unternommen hatte. Wie genau sie das

anstellen sollte, war ihr jedoch noch immer nicht klar. Da ihre

234

Stimmbänder durch das Spray lahmgelegt waren, würde sie wohl

improvisieren müssen. Doch irgendwie würde sie sicher einen

Weg finden, Eriks Aufmerksamkeit zu erregen.

Sie musste ihren Kollegen unbedingt dazu bringen, ihr ein

paar Tropfen Blut abzunehmen. Sie zweifelte nicht daran, dass

sich nun endlich Hinweise auf verbotene Substanzen darin finden

lassen würden.

Das Plätschern versiegte und Conny trottete zu den

Duschen, die ein paar Meter entfernt angebracht waren. Ein

Sensor aktivierte automatisch einen kühlen Wasserschauer, als

Conny unter die Brause trat.

Für einen Augenblick schloss die Journalistin die Augen.

Zum ersten Mal seit fast einem Tag gelang es ihr, sich ein wenig

zu entspannen. Nach mehreren ereignislosen Wochen hatten die

Geschehnisse des Vortages sie ziemlich aus der Bahn geworfen.

Aber wer konnte ihr das auch verübeln? Nach all den Wochen im

Stall hatte sie endlich eine heiße Spur und die Rückverwandlung

in einen zivilisierten Menschen vor Augen.

Als sie unter dem frischen Wasser zu frösteln begann, setzte

sie sich erneut in Bewegung, bis sie die großen Bürsten erreicht

hatte, an denen sie sich säubern und trocknen konnte.

Dass es hier im Stall nicht gerade einfach war, sich sauber zu

halten, war eine der ersten Lektionen gewesen, die Conny nach

ihrer Verwandlung gelernt hatte. Zwar bot sich ihr theoretisch

235

jederzeit die Möglichkeit, Dusche und Bürste zu nutzen, doch

selbst wenn es ihr gelang, die Spuren des Stalls von ihrer

gefärbten Haut zu waschen, dauerte es nie lange, bis sie wieder

an ihr hafteten.

Entsprechend hatte sie sich nach einer Weile darauf

beschränkt, grobe Verunreinigungen abzuspülen und mit der

feinen Schmutzschicht aus Schweiß und Dreck zu leben, die sich

wie eine weitere Hautschicht auf ihren Körper gelegt hatte. Die

meisten Kühe hielten es so, und Conny empfand es als einen

praktikablen Kompromiss.

Der Klang einer Glocke hallte durch den Stall und rief die

Kühe zu den Melkmaschinen. Auch Conny folgte dem Ruf und

dem plötzlich auftretenden Knurren ihres Magens.

Für wenige Augenblicke bildete sich am Durchgang

zwischen den Liegeplätzen in Richtung der Melkmaschinen eine

kurze Schlange, was eine erstaunliche Unruhe in die Herde

brachte und für lautes Muhen sorgte. Manchmal konnte Conny

nachvollziehen, dass es den Stallarbeitern leicht fiel, sie als Vieh

zu betrachten. Nicht nur das Aussehen der Kühe war nicht mehr

besonders menschlich, sondern auch ihr Verhalten.

Als sie an einem freien Platz angekommen war, beugte

Conny sich weit vor und ließ den Oberkörper routiniert auf die

gepolsterte Auflagefläche sinken. Ganz leicht drehte sie den Kopf

zur Seite, damit ihre Ohrmarke schneller erkannt wurde.

Tatsächlich dauerte es kaum eine halbe Sekunde, bis der

236

schwächliche rote Laser den Barcode abgetastet hatte und sich

nach einem kurzen Piepen eine große Ladung matschiger Pellets

in die Futterinne vor ihr ergoss.

Conny wusste nicht genau, wie viele Tage sie bereits im Stall

verbracht hatte, doch es waren zumindest so viele, dass auch der

Aufenthalt an der Melkmaschine für sie längst zur Routine

geworden war. Mit Ausnahme der ersten Woche wurde sie jeden

Tag mindestens drei, meistens sogar vier Mal gemolken, denn

nur selten ließ sie die spätabendliche Möglichkeit aus, ihre Euter

vor der Nacht noch einmal auspumpen zu lassen.

Dieser Routine verdankte Conny es zudem, dass es ihr trotz

der Melkzylinder auf ihren Zitzen und dem kräftigen Pumpen

gelang, sich auch auf die Vorgänge in ihrer Nähe zu

konzentrieren. Anders als sonst nahm sie ihr Futter mit einem

gewissen Bedacht zu sich und achtete darauf, nicht zu viele

Pellets auf einmal in den Mund zu nehmen. Den Kopf während

des Kauens immer wieder leicht anhebend, gelang es ihr, ihre

unmittelbare Umgebung aus den Augenwinkeln zu beobachten.

Die Futterrinne war noch nicht halb geleert, als Conny

erneut eine Person bemerkte, die sich ihr von hinten näherte.

Unruhig pendelte ihr Schweif zwischen ihren leicht gespreizten

Oberschenkeln, während sie hastig die halb zerkauten Pellets in

ihrem Mund herunterschluckte. Ein paar Krümel blieben in ihrem

Hals stecken und ließen die Journalistin husten.

237

"Nana, du brauchst dich doch nicht gleich zu erschrecken",

scherzte der Stallarbeiter und tätschelte ihr beruhigend den

Rücken.

Conny hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefasst und

schnaufte einmal kurz durch. Sie war sich nicht sicher, ob sie die

Stimme des Mannes schon einmal gehört hatte, doch zumindest

war sie sich sicher, dass es nicht Erik war. Es wäre wohl auch zu

einfach gewesen, wenn man ihren Kollegen damit beauftragt

hätte, ihr die gesuchten Mittel zu verabreichen. Kurz kam ihr der

verwirrende Gedanke, dass Erik doch auf diesem Weg längst viel

einfacher an die mutmaßlich unzulässigen Substanzen hätte

kommen können.

Doch bevor sie eine Gelegenheit dazu hatte, diesen

Gedanken weiter zu verfolgen, war der fremde Mann an ihre

Seite getreten, hatte ihr die Hand vor den Mund gelegt und ihr

ein Kaubonbon zwischen die Zähne geschoben. Einige Sekunden

lang wartete der Stallarbeiter bewegungslos ab, ehe er seine Hand

von ihr löste und irgendwo hinter ihr verschwand. Hatte er damit

sichergehen wollen, dass sie den Bonbon nicht gleich wieder

ausspuckte?

Doch Conny hatte nicht vor, den Kaubonbon in die

Futterrinne zu spucken. Dort würde Erik schließlich keine

Gelegenheit haben, ihn zu untersuchen. Stattdessen bugsierte sie

ihn mit Hilfe ihrer Zunge in ihre rechte Backentasche. Im

Gegensatz zum Vortag, an dem sie vollkommen überrascht

238

worden war, hatte sie dieses Mal keinen Brei aus halb zerkauten

Pellets im Mund. Wenn sich das Kaubonbon nicht zu schnell

auflöste, hatte sie vielleicht eine Chance, es an einen Ort zu

bringen, an dem sie es für Erik aufbewahren konnte.

Mit aufgeregt pochendem Herzen wartete Conny darauf,

dass ihre Euter endlich leer gemolken waren und sie die

Melkmaschine verlassen konnte. Nervös tastete sie mit ihrer

Zungenspitze immer wieder nach dem Gegenstand in ihrem

Mund. War er bereits kleiner geworden? Verdammt! Wenn er von

ihrem Speichel zersetzt wurde, bevor sie eine Gelegenheit hatte,

ihn in Sicherheit zu bringen, konnte sie ihn Erik nicht zeigen!

Doch im Augenblick konnte sie nichts weiter machen, als

abzuwarten. Der Bügel, der in dem Moment über ihrem Rücken

zugeklappt war, als ihre Ohrmarke gescannt worden war,

verhinderte zuverlässig, dass sie sich zu früh von diesem Ort

entfernte. Es war schon erschreckend, wie einfach eine Maschine

ihre Handlungen einschränken konnte. Und wie paradox war es

doch, dass sie sich selbiger immer wieder freiwillig auslieferte.

Conny schnaufte leise und zwang sich dazu, Ruhe zu

bewahren. Mit halb geschlossenen Augen lauschte sie den

pumpenden Geräuschen der Melkmaschine und konzentrierte

sich für eine Weile auf das rhythmische Saugen an ihren Zitzen.

Jetzt, da ihr Körper sich an die maschinelle Behandlung gewöhnt

hatte, empfand sie es sogar als recht angenehm. Das kraftvolle

Zusammenpressen und Saugen ihrer empfindsamen Zitzen

239

wirkte durchaus stimulierend. Zumeist schenkte Conny diesem

Gefühl keine weitere Beachtung, da sie ihre Konzentration auf

das Fressen richtete. Doch heute schied diese Art der Ablenkung

aus, so dass sie sich ein Stück weit darauf einließ. Ohne weiter auf

ihre Umgebung zu achten, fokussierte sie sich auf die

Kontraktionen der Maschine. Abgewechselt spannten sich die

Membrane um ihre Zitzen, pressten sie kraftvoll zusammen und

gewährten im nächsten Augenblick das erleichternde Gefühl der

Befreiung, während der Vorgang sich an Connys anderem Euter

wiederholte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit lockerten sich die

Membranen ein letztes Mal, der Unterdruck der Zylinder wurde

ausgeglichen und Connys Zitzen wieder freigegeben.

Leicht den Kopf schüttelnd löste Conny ihre Gedanken von

ihren Eutern. Sie ignorierte die deutlich spürbare Feuchtigkeit in

ihrem Schritt - sie hatte jetzt keine Zeit, um sich von einer

anderen Kuh befriedigen zu lassen - und tastete mit der Zunge

behutsam nach dem Kaubonbon. Zwar hatte sie den Eindruck,

dass sein Umfang etwas geschrumpft war, doch er war noch

immer groß genug, damit Erik etwas damit anfangen konnte.

Conny warf einen leicht wehmütigen Blick auf die restlichen

Pellets, die unangetastet in der Futterrinne lagen. Obwohl sie

etwa die Hälfte der beträchtlichen Portion gefressen hatte, fühlte

sie sich nicht besonders satt. Doch im Augenblick war es

wichtiger, das Bonbon in Sicherheit zu bringen. Bis zum nächsten

240

Gong würde es nur ein paar Stunden dauern, und bis dahin

würde sie schon nicht verhungern. Ohnehin hatte sie in den

letzten Wochen genug zugenommen, dass sie sich darum wohl so

schnell keine Sorgen machen musste. Im Gegenteil, wenn sie

endlich aus dem Stall heraus war, würde sie erst einmal eine Diät

machen müssen!

Sobald sich der Bügel über ihrem Rücken gelockert hatte,

richtete Conny sich auf und setzte sich in Bewegung. Die

Journalistin verzichtete auf den obligatorischen Halt an der

Tränke, zu groß war die Angst, dass sie ihr wertvolles

Beweisstück versehentlich verschluckte. Zwar hatten die Pellets

sie wie immer durstig gemacht und ihr Gesicht verlangte leicht

juckend danach, gewaschen zu werden, doch sie ignorierte diese

Gefühle und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe.

Monatelang hatte sie im Stall ausgeharrt, ohne je das Gefühl

zu haben, einen wirklichen Beitrag zu Eriks und ihrer Recherche

leisten zu können. Natürlich, sie hatte ihre Umgebung beobachtet

und auch ihre Blutwerte waren sicherlich hilfreich gewesen. Doch

erst jetzt hatte sie die Gelegenheit, wirklich etwas beizusteuern.

Dieses Gefühl erfüllte sie mit einem Tatendrang, den sie in den

letzten Wochen nicht annähernd so stark gespürt hatte. Die Tage

vergingen nun nicht mehr nur einfach, während sie das Leben

einer Kuh führte, sondern sie hatten wieder Sinn und Ziel!

In kürzester Zeit hatte Conny ihren Liegeplatz erreicht.

241

Behutsam ließ sie sich auf die Knie sinken, beugte den

Oberkörper vor und spuckte den Kaubonbon behutsam in das

Stroh.

Zum ersten Mal hatte sie selbst Gelegenheit, es zu

betrachten. Ihr Beweisstück war von leicht beiger Farbe und

klebte feucht von ihrem Speichel schnell an ein paar Strohhalmen

fest. Besonders groß war es nicht mehr, während des langen

Melkvorgangs hatte es dann doch recht deutlich an Umfang

eingebüßt. Conny war jedoch zuversichtlich, dass der kaum

fingerkuppengroße Gegenstand die Beweise liefern würde, die sie

brauchten.

"Wenn das Zeug legal ist, fresse ich mein Stroh", dachte sie

grimmig und vertrieb den Gedanken ganz schnell wieder. Sie

musste positiv denken!

Die Zeit verging. Längst hatten Connys Artgenossinnen sich

wieder auf ihre Liegeplätze verteilt und eine gewisse Ruhe hatte

sich im Stall ausgebreitet.

Conny hatte sich seitlich ins Stroh gelegt und wartete auf

Erik. Immer wieder huschte ihr Blick auf das Kaubonbon, das

unweit von ihr zwischen ein paar Halmen lag. Als wollte sie sich

selbst versichern, dass es noch immer dort lag, ließ sie es kaum

aus den Augen. Auch ihren Durst unterdrückte sie noch immer.

Sie hatte sich vorgenommen, das Beweisstück zu bewachen, bis es

sicher in Eriks Tasche verschwunden war.

Stumm fragte sie sich, was für Wirkstoffe wohl genau in

242

dem Bonbon steckten. Da BioUdders dachte, dass ihre

Milchmenge sank, handelte es sich vermutlich um Mittel, die ihre

Laktation steigern sollten. Conny hielt einen Hormoncocktail für

wahrscheinlich, jedoch kannte sie sich in solchen Dingen zu

wenig aus, um wirklich sicher zu sein. Denkbar war auch

irgendeine Chemikalie. Das wäre zwar für ihre Recherche gegen

BioUdders ganz praktisch, sie selbst war allerdings weniger stark

begeistert von dieser Idee. Selbst wenn es sich um etwas

halbwegs Legales handelte, würde es seine Wirkung vermutlich

nicht verfehlen. "Das letzte, was ich jetzt brauche, ist noch mehr

Milch zu produzieren...", grollte sie und dachte an ihre ohnehin

schon enormen Euter. Ob ihre Zitzen der erhöhten Belastung

überhaupt noch standhalten würden? Doch sie hatten sich mit

der Zeit so gut an den jetzigen Zustand angepasst, dass sie wohl

auch noch ein paar Milliliter mehr wegstecken konnten. Eine

ganz andere Frage war, wie Conny aussehen würde, wenn dieses

Abenteuer endlich vorbei war. Inzwischen glaubte sie kaum

noch, dass ihre Euter und Zitzen sich ohne chirurgische Hilfe

wieder in eine halbwegs menschliche Form zurückbilden

würden.

Mehrere Stunden waren vergangen und Conny befürchtete

langsam, dass die Glocke erneut klingeln würde, ehe Erik in den

Stall kam. Sie war unschlüssig, was sie in diesem Fall machen

sollte. Einerseits wollte sie das Bonbon nicht aus den Augen

lassen, doch andererseits hielt sie es für keine gute Idee, nicht zur

243

Melkmaschine zu gehen. Schon die normale Zeitspanne zwischen

zwei Glockenschlägen reichte aus, damit ihre Euter leicht zu

spannen begannen. Ein paar zusätzliche Stunden würden

vermutlich höchst unangenehme Gefühle, wenn nicht sogar

ausgewachsene Schmerzen mit sich bringen. Dazu kam das

zunehmend stärker werdende Hungergefühl. Das hatte sie nun

davon, dass sie nur die Hälfte ihrer Portion gefressen hatte.

Eine halbe Stunde lang überlegte sie hin und her, wie sie

dieses Problem lösen konnte, ehe es sich von einem Augenblick

zum anderen in Luft auflöste. Eine Gestalt in einem der

auffälligen Overalls von BioUdders hatte soeben den Stall

betreten und schaute sich suchend um. Ruckartig hob Conny den

Kopf, so dass sie sich fast den Hals verrenkte und erkannte zu

ihrer großen Erleichterung Erik.

Die Journalistin richtete sich hastig auf und stieß ein lautes

Muhen aus, um ihren Kollegen auf sich aufmerksam zu machen.

Nur ungern wollte sie ihren Liegeplatz und damit auch ihre Beute

jetzt noch aus den Augen lassen. Erik hatte ihren Platz schon

einmal gefunden, so dass er sich eigentlich daran erinnern sollte,

wo er sie treffen konnte.

Conny muhte noch zwei Mal, konnte jedoch keinen Erfolg

verzeichnen. Ihre Laute animierten lediglich einige ihrer

Artgenossinen dazu, es ihr gleich zu tun, so dass der Lärmpegel

im Stall deutlich anstieg.

244

"Das gibt es doch nicht...", fluchte sie innerlich, warf einen

letzten prüfenden Blick auf das Kaubonbon und lief gleich darauf

mit eiligen Schritten auf Erik zu.

Ihr Kollege prüfte gerade die Ohrmarke einer anderen

Milchkuh, als Conny ihn erreichte. Ungeduldig wartete sie

darauf, dass er auf sie aufmerksam wurde. Als es ihr zu lange

dauerte, senkte sie kurzerhand den Kopf und stieß die Stirn

unsanft gegen Eriks Schulter.

"Hey!", stieß der falsche Stallarbeiter aus, löste den Blick von

der gelben Ohrmarke der anderen Kuh und richtete seine

Aufmerksamkeit auf Conny. Kurz funkelte er sie böse an, ehe er

sie erkannte. "Ach, du bist es!".

Conny verzog das Gesicht. Wen hatte Erik denn sonst

erwartet, hier zu treffen? Sie nickte leicht mit dem Kopf und

machte sogleich einen Schritt zurück, um Erik zu ihrem Platz zu

führen.

Doch ihr Kollege dachte nicht daran, ihr zu folgen.

Stattdessen lächelte er entschuldigend und hob beschwichtigend

die Hände. "Ich hätte dich schon noch gefunden, keine Sorge."

Innerlich seufzend nickte Conny erneut. Erik schien nicht zu

verstehen, dass sie es eilig hatte. Davon abgesehen, dass sie das

Bonbon nicht noch länger unbewacht lassen wollte, dauerte es

dem aufkommenden Spannen in ihren Brüsten nach nicht mehr

lange, bis der Gong erneut erklingen würde. Und dessen Ruf

würde sie folgen müssen, wenn sie nicht zu sehr auffallen und

245

zudem das Bindegewebe ihrer Euter unnötig herausfordern

wollte.

"Wie geht es dir? Hat sich am Wochenende etwas ergeben?",

erkundigte sich Erik nun nach ihrem Wohlbefinden. Das war ihre

Chance!

Conny nickte wild mit dem Kopf, drehte sich dann um und

kehrte schnurstracks zu ihrem Platz zurück. Auf diese Weise ließ

sie Erik keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Verbal konnte sie

ihm ohnehin nicht erklären, was passiert war. Oder hatte er

vielleicht vergessen, dass sie seit Monaten kein einziges Wort

gesprochen hatte?

Ihre Nervosität legte sich, als sie ihren Liegeplatz erreichte

und nach einem prüfenden Blick feststellte, dass ihr Beweisstück

noch immer dort war, wo sie es zurückgelassen hatte.

"Was ist los? Ist hier irgendwas?", fragte Erik, als er zu ihr

aufgeschlossen hatte. Neugierig schaute er sich um, konnte

jedoch scheinbar nichts erkennen.

Conny verdrehte die Augen. Wenn man nicht alles selber

machte... Behutsam machte sie ein paar Schritte in die Box,

mühevoll darauf bedacht, auf dem weichen Stroh mit ihren

Hufschuhen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Unmittelbar

neben dem Kaubonbon blieb sie stehen, senkte den Blick und

wartete, bis Erik ihre Botschaft verstand.

246

Es dauerte einige Sekunden, bis ihr Kollege endlich ihrem

Blick gefolgt war und den kleinen Gegenstand entdeckte, der dort

im Stroh lag. Rasch machte er zwei Schritte in Connys Richtung,

bückte sich und pflückte das Bonbon aus dem Stroh. Fasziniert

betrachtete er es eine Weile, ehe er den Blick hob und Conny

ansah. "Du bist genial!", sagte er vollkommen baff.

Conny grinste. Endlich, nach Stunden der Anspannung,

konnte sie sich etwas entspannen. Alles war gut gegangen, jetzt

musste Erik ihr Beweisstück nur noch sicher aus dem Stall

bringen und genau unter die Lupe nehmen.

Erik betrachtete den Kaubonbon noch einmal ganz genau,

wobei er hin und wieder mit dem Kopf nickte. "Das ist es. Conny,

das ist es! Du bist einfach großartig!", murmelte er und ihm war

anzusehen, dass er seiner Kollegin am liebsten um den Hals

gefallen wäre.

Sorgfältig steckte Erik den kleinen Gegenstand in seine

Tasche. "Jetzt haben wir unseren Beweis! Conny, in ein paar

Tagen sind wir hier raus!"

247

Die Flucht

Gierig tauchte Conny ihr Gesicht in den Trog und füllte ihr

Maul mit dem erfrischen Wasser. Kleine klebrige Reste der Pellets

lösten sich von ihren Backenzähnen und ihr trockener Hals fühlte

sich schon nach dem ersten Schluck deutlich besser an. Ihr

Fressen war an diesem Abend nicht so feucht gewesen, wie es

normalerweise der Fall war. Das hatte dafür gesorgt, dass die

Pellets gefühlt jeden Tropfen Feuchtigkeit aus ihrem ohnehin

recht trockenen Rochen aufgesogen hatten.

Eine Woche war vergangen, seit es ihr gelungen war, Erik

das Kaubonbon zukommen zu lassen. Ihr Kollege hatte es noch

am gleichen Tag einem Labor zur Untersuchung gegeben,

dennoch hatte es eine ganze Weile gedauert, bis sie endlich ein

Ergebnis erhalten hatten. In der Zwischenzeit war die Journalistin

damit beauftragt worden, weitere Kaubonbons unbedingt zu

fressen. Man erhoffte sich davon, dass sich die Testergebnisse

durch ihre Blutwerte bestätigen lassen würden. Zudem sei es

unumgänglich, um BioUdders lückenlos nachweisen zu können,

dass diese Kaubonbons nicht nur kurzfristig, sondern tatsächlich

systematisch und längerfristig eingesetzt wurden.

Conny war naturgemäß wenig begeistert von dieser Idee. Sie

wollte ihrem Körper nicht noch mehr schaden, als sie es ohnehin

schon getan hatte. Andererseits würde sie höchstwahrscheinlich

248

schon in wenigen Tagen wieder zurückverwandelt werden, so

dass sie dieses Risiko nun auch noch auf sich nehmen konnte.

Zumindest hatte sie bisher noch keine Auswirkungen der

Bonbons feststellen können. Von ihrer guten Laune abgesehen,

hatte sich die letzte Woche nicht von den vorherigen

unterschieden. Bis auf das tägliche Kaubonbon, das ihr immer zur

dritten Mahlzeit des Tages verabreicht wurde, ging alles seinen

ganz normalen Gang. Schlafen, sich erleichtern, Fressen und

Melken, repeat. Auf Dauer nicht sehr erfüllend, doch sie würde es

schließlich bald hinter sich haben.

Am Vortag schließlich war Erik mit einem breiten Grinsen

zu ihr gekommen. "Die Testergebnisse sind da", hatte er gesagt,

und sie anschließend einige furchtbar lange Sekunden auf die

Folter gespannt. Dann war er endlich mit der Sprache

herausgerückt: "Die Analyse ist eindeutig. In dem Kaubonbon ist

eine hohe Dosierung eines Präparats gefunden worden, das

"Pro-Milk" sehr ähnlich ist. Wir glauben sogar, dass es vom

gleichen Hersteller sein könnte. Für uns ist aber am Wichtigsten,

dass es auf jeden Fall gegen die Bio-Auflagen verstößt."

Wären ihre Arme nicht fest auf ihrem Rücken fixiert, wäre

Conny ihrem Kollegen in diesem Augenblick vermutlich um den

Hals gefallen, so glücklich war sie gewesen. Das war die

Nachricht, auf die sie so lange gehofft hatte. Sie hatten nun den

Beweis, ihr Aufenthalt im Stall hatte einen Sinn gehabt - und was

nicht minder wichtig war, er würde bald vorbei sein!

249

Nachdem sie endlich Gewissheit hatten, blieb nur noch eine

letzte Herausforderung übrig: Sie mussten Conny aus dem Stall

heraus bringen und wieder in ein menschliches Wesen

verwandeln. Das klang leichter, als es tatsächlich war, denn Erik

warf ein, dass BioUdders kaum zulassen würde, dass eine der

Milchkühe einfach entwendet wurde. Auf der anderen Seite

wollte er die gewonnenen Informationen jedoch auch nicht

veröffentlichen, bevor Conny in Sicherheit war. Es bestand

durchaus noch die Gefahr, dass BioUdders die Journalistin

einfach verschwinden ließ und leugnete, die Kaubonbons jemals

eingesetzt zu haben. Einzig Connys Blutwerte, in Verbindung mit

ihrer Zeugenaussage, konnten den unumstößlichen Beweis

liefern.

Aus diesem Grund hatte Erik entschieden, dass sie Conny

heimlich vom Gelände des Unternehmens schaffen würden.

Einen Plan hatte er scheinbar schon im Hinterkopf, zumindest

hatte er seiner Kollegin versprochen, an diesem Abend zurück zu

kehren. "Leg dich bloß nicht schlafen, ich komme auf jeden Fall

noch einmal vorbei, hörst du?", hatte er sie eindringlich gewarnt.

Den ganzen Tag über hatte sich eine zunehmend stärker

werdende Aufregung in Conny breit gemacht. Sie ahnte, dass

Erik sie noch an diesem Tag aus dem Stall holen wollte. Jetzt, wo

es endlich so weit war, konnte sie es kaum noch erwarten.

Natürlich, sie hatte sich in den letzten Monaten an das Leben im

250

Stall gewöhnt, aber doch hauptsächlich deswegen, weil sie sich

irgendwie mit den Umständen arrangieren musste, um sie

ertragen zu können.

Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, kehrte Conny zu

ihrem Liegeplatz zurück. Vielleicht zum letzten Mal überhaupt

ließ sie sich in das Stroh sinken. Ihr Blick streifte durch den Stall.

Viele ihrer Artgenossinnen hatte sie auf eine ganz merkwürdige

Art und Weise kennen gelernt. Ohne je auch nur ein richtiges

Wort mit ihnen gewechselt zu haben, war sie einigen von ihnen

näher gekommen, als einer anderen Frau jemals zuvor. Dennoch,

eigentlich kannte sie die Kühe, mit denen sie die letzten Monate

jeden Tag verbracht hatte, überhaupt nicht. Sie wusste nichts über

ihre Vergangenheit oder über ihre Gedanken - allerdings waren

ihr über die Zeit zumindest bei einigen ihrer Artgenossinnen

verschiedene Verhaltensweisen aufgefallen. So stand die Kuh aus

der gegenüberliegenden Box beispielsweise immer erst sehr spät

auf und nahm die Dusche seltener in Anspruch, als die meisten

anderen. Doch das waren erschreckend wenige Erkenntnisse in

Anbetracht der Zeit, die sie auf engstem Raum miteinander

verbracht hatten. Innerhalb der Herde herrschte trotz der

körperlichen Nähe eine gewisse Anonymität, die Conny

allerdings hin und wieder auch sehr zu schätzen gewusst hatte.

Ein wenig taten ihr die Kühe leid, die vermutlich ihr

gesamtes restliches Leben in einem dieser Ställe verbringen

würden. Sie war heilfroh, dass ihr Aufenthalt an diesem Ort nun

251

bald beendet sein würde, doch das war die Ausnahme.

Normalerweise gab es keine Rückverwandlung. Einmal in ein Pet

verwandelt, war man endgültig ein Pet. Falls Conny in einigen

Monaten oder gar Jahren für eine Reportage über BioUdders an

diesen Ort zurückkehren sollte, würden ihre momentanen

Artgenossinnen noch immer hier sein und mehrmals täglich dem

Ruf der Glocke zu den Melkmaschinen, dem täglichen Trott

folgen.

Eine halbe Stunde, nachdem Conny zu ihrem Platz

zurückgekehrt war, tauchte Erik wie versprochen im Stall auf.

Beinahe andächtig erhob sich die Journalistin, warf einen

hoffentlich letzten Blick auf ihren Liegeplatz und ging zwischen

ihren Artgenossinnen hindurch auf ihren Kollegen zu.

Es hatte lange gedauert, doch in den letzten Tagen hatte Erik

endlich den Dreh raus bekommen. Ohne einen Blick auf ihre

Ohrmarke werfen zu müssen, erkannte er Conny und lächelte sie

zur Begrüßung an.

"Okay, hör gut zu. Auf dem Parkplatz vor dem

Firmengelände steht ein Transporter, der dich zu Dr. Collins

zurückbringen wird. Das Gelände selbst wird jedoch von

Kameras überwacht, daher werde ich dich an einer Führleine

nach draußen bringen. Das ist wesentlich unauffälliger und

täuscht hoffentlich auch den Sicherheitsdienst im

Überwachungsraum. Lange muss die Tarnung ja schließlich nicht

mehr halten, nicht wahr?", erklärte Erik seinen Plan.

252

Conny nickte zustimmend. Endlich! Sie bekam ihr normales

Leben wieder! In diesem Augenblick war es ihr recht egal, wie

genau der Plan ihres Kollegen im Detail aussah. Die Hauptsache

war nur, dass sie endlich aus diesem Stall herauskam, dass sie

sich nicht mehr an die Melkmaschine stellen musste, dass sie

wieder ein Mensch wurde!

"Gut, dann lass uns aufbrechen. Um diese Uhrzeit ist auf

dem Hof nicht mehr viel los, da stellt uns niemand blöde Fragen.

Das nutzen wir aus!", beschloss Erik. Mit einer Hand griff er nach

Connys Nasenring, hob ihn leicht an und ließ einen kleinen

Karabiner zuschnappen, der fest mit einer feinen Metallkette

verbunden war.

Während der letzten Monate hatte die Journalistin den Stall

nicht ein einziges Mal verlassen, entsprechend war auch der

Nasenring nicht benutzt worden. Jetzt, wo dort wieder eine Kette

eingehakt war, empfand sie es wieder, diese Demütigung, das so

erniedrigende Gefühl, nicht mehr zu sein, als ein Tier.

Erik setzte sich in Bewegung und die Metallkette spannte

sich. Gerade noch rechtzeitig setzte sich auch Conny in

Bewegung, so dass der Ring sich unter dem Zug der Kette zwar

leicht von ihrer Oberlippe hob, jedoch nicht an ihrer

Nasenscheidewand zog.

Wie Vieh an der Leine geführt folgte sie ihrem Kollegen

durch den Stall. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust, doch das lag

nicht nur an der Demütigung. Mit jedem Schritt wuchs ihre

253

Aufregung und ihre Vorfreude. Endlich würde sie diesen Ort

hinter sich lassen!

Connys Euphorie erreichte einen vorläufigen Höhepunkt,

als sie an dem stählernen Drehgitter ankamen, durch das sie vor

vielen Wochen in den Stall gebracht worden war. Unter normalen

Umständen drehte es sich nur, wenn es von außen aktiviert

wurde, so dass die Kühe keine Gelegenheit dazu hatten, den Stall

zu verlassen. Doch Erik brauchte nur einen kleinen Chip an eine

bestimmte Stelle der Verblendung halten, und schon setzte es sich

in Bewegung.

Die Journalistin mit der Leine eng bei sich haltend, bugsierte

Erik seine Kollegin aus dem Stallbereich heraus. Der Kette nun

wieder etwas mehr Spiel gebend, führte er sie anschließend durch

den angrenzenden Vorraum des Gebäudes.

Wenige Sekunden später traten sie durch eine offene Tür ins

Freie. Kühle Nachtluft empfing die nackte Journalistin und eine

frische Brise ließ sie frösteln. Im Stall hatte immer die gleiche

Temperatur geherrscht, ganz gleich, welches Wetter draußen

geherrscht hatte.

Doch selbst wenn sie kniehoch in Schnee gestanden hätte,

wäre es Conny in diesem Augenblick egal gewesen. Tief sog sie

die frische Luft ein und hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit

langer Zeit richtig atmen zu können. Sie füllte ihre Lungen mit

der kalten Nachtluft, die so herrlich nach Freiheit schmeckte. Erst

254

jetzt, da sie es nicht mehr roch, wurde ihr bewusst, wie sehr sie

sich an die Gerüche des Stalls und der anderen Kühe gewöhnt

hatte. Den Kopf behutsam etwas zur Seite drehend, um die Kette

nicht zu stark zu spannen, stellte Conny fest, dass auch sie selbst

nicht gerade angenehm roch. Bei ihrem ersten Bad würde sie

sicher eine ganze Tube Duschgel verbrauchen!

Leise klirrte die Kette, die den Ring in Connys Nase mit der

Hand ihres Kollegen verband. Kaum zwei Schritte hinter ihm

folgte sie dem Zug der Kette über das weitläufige Gelände von

BioUdders.

Hohe Laternen erleuchteten den breiten Weg, der zwischen

den Stallgebäuden entlang führte. Ihr Stall, in dem sie so viele

Wochen verbracht hatte, lag bereits weit hinter ihr. Kurz war sie

versucht, sich nach ihm umzusehen, doch die straff gespannte

Führkette hielt sie davon ab. Erik hatte ein ordentliches Tempo

drauf, das sie in ihren Hufschuhen kaum mithalten konnte.

Immer wieder hob sich der Ring bedrohlich von ihrer Oberlippe,

doch bisher hatte sie es immer gerade noch rechtzeitig geschafft,

den Abstand zu Erik rechtzeitig zu verkürzen, bevor das Piercing

unsanft an ihrer Nasenscheidewand zog. Auf diesen Schmerz

wollte sie nach Möglichkeit verzichten.

Stall um Stall verschwand hinter Conny in der Nacht. Trotz

ihres eigenen Aufenthalts in einem dieser Ställe, fiel es ihr nach

wie vor schwer zu realisieren, dass hinter jeder einzelnen dieser

255

Fassaden an die hundert Kühe lebten. Bis vor einer halben Stunde

war sie eine von ihnen gewesen, hatte die klebrigen Pellets

gefressen, ihre Euter melken lassen und sich ungeniert über

einem Gitter erleichtert. Doch das war jetzt Vergangenheit!

Connys Augen füllten sich mit Tränen. Sie war nicht

unglücklich, sondern viel mehr erleichtert, doch sie konnte nicht

verhindern, dass ihr ein paar Tropfen über die Wangen rollten.

"Bleib stark, du hast es gleich hinter dir", ermahnte sie sich selbst.

Sie vertrieb die Erinnerungen an ihr Leben als Kuh für den

Moment und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Weg, der vor

ihr lag. Nur noch ein großes Gebäude zeichnete sich im Licht der

Laternen gegen die Dunkelheit ab. Wenn sie daran vorbei waren,

müssten sie bereits den Parkplatz erreichen!

Zielstrebig setzte Conny einen Fuß vor den anderen. Ihre

Hufschuhe erzeugten bei jedem Schritt ein dumpfes Geräusch,

wenn der schwere Huf auf den gepflasterten Boden des

Gehweges traf. In der ruhigen Nacht wirkte es unnatürlich laut

und die Journalistin war sich beinahe sicher, dass jeder

Mitarbeiter auf dem gesamten Gelände es hören musste.

Doch mit jedem Schritt kam sie der Freiheit ein weiteres

Stück näher! Am liebsten wäre sie losgerannt, hätte jede Vorsicht

fallen lassen. Sie machte einige schnellere Schritte und schloss

rasch zu Erik auf. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schüttelte

leicht den Kopf. "Jetzt nicht leichtsinnig werden. Halte dich an

den Plan!", zischte er ihr zu.

256

Conny atmete tief ein, nickte leicht mit dem Kopf und ließ

sich wieder etwas zurückfallen, so dass die Führkette sich ganz

leicht spannte. "Du hast leicht reden", dachte sie grimmig, gab

ihrem Kollegen jedoch insgeheim recht. Sie hatten es fast

geschafft, jetzt durften sie sich keine Fehler erlauben.

Als sie fast auf der Höhe des letzten Stalls waren, erkannte

Conny zwei Personen, die ihnen entgegen kamen. Ihr Herz

machte sofort einen Satz, doch sie ermahnte sich zur Ruhe. "Die

arbeiten hier, das ist ganz normal. Nur keinen Verdacht erregen."

Stumm hoffte sie, dass die beiden Mitarbeiter von

BioUdders einfach an ihnen vorbei gingen, doch wenige Meter

vor ihnen blieben sie stehen.

"Nanu, wohin denn noch so spät?", erkundigte sich einer der

beiden.

Erik ging noch einen Schritt weiter, ehe auch er stehen blieb.

Die freie Hand zum Gruß hebend erwiderte er: "Nur eine

Verlegung nach dem abendlichen Melken."

Conny war einen halben Meter hinter Erik stehen geblieben

und musterte die beiden Fremden. Es waren zwei Männer, beide

in den typischen Uniformen von BioUdders gekleidet. Der Linke

hielt ein Tablet in der Hand und kam ihr vage bekannt vor.

Vermutlich hatte sie ihn irgendwann schon einmal gesehen. Doch

es musste bereits eine ganze Weile her sein, denn es gelang ihr

nicht, sein Gesicht einer bestimmten Erinnerung zuzuordnen.

257

"Ach Erik, du bist es. In dem Licht habe ich dich fast nicht

erkannt", meinte der Rechte und lächelte seinen vermeintlichen

Kollegen freundlich an.

Erik lachte. "Kann passieren, halb so wild. Bei euch alles in

Ordnung?"

Conny entspannte sich ein wenig. Scheinbar kannte Erik die

beiden, so dass sie ihm vertrauten. Sie war sich ziemlich sicher,

dass ihre "Verlegung" nicht angemeldet war und war froh, dass

ihnen eine genauere Kontrolle erspart blieb.

"Wie man es nimmt. Gab jedenfalls schon ruhigere Nächte",

erwiderte der Mann mit dem Tablet.

"Wieso, ist etwas passiert?", erkundigte sich Erik in besorgter

Stimmlage. Conny war sich nicht sicher, ob seine Sorge nur

gespielt war.

Der Mann winkte ab. "Ach, halb so wild. Ein Transporter hat

unseren Parkplatz blockiert und wollte sich partout nicht davon

überzeugen lassen, dass er dort nichts zu suchen hat."

"Richtig, hat immer etwas davon gefaselt, dass er etwas

abholen soll, dabei ist bei uns überhaupt keine Lieferung

verzeichnet", stimmte sein Kollege zu.

"Hat sich erst überzeugen lassen, als ich es ihm schriftlich

bestätigt habe, dass bei uns nichts abzuholen ist", lachte der Mann

mit dem Tablet. "Hat ganz schön blöd geguckt. Als ob wir um die

Uhrzeit noch Transfers durchführen würden..."

Erik stimmte in das Gelächter der beiden Männer mit ein,

258

während Connys Herz für eine Sekunde stehen blieb. Bei dem

Transporter konnte es sich nur um ihr Ticket heraus aus dieser

Hölle handeln, und nun hatten diese beiden übereifrigen

Angestellten dafür gesorgt, dass ihr Weg zurück in ein normales

Leben versperrt war.

"Na komm, wir begleiten dich ein Stück", schlug Eriks

Kollege vor. Dem Journalist blieb kaum etwas anderes übrig, als

zustimmend zu nicken und sich etwas unentschlossen erneut in

Bewegung zu setzen.

Verunsichert folgte Conny ihrem Kollegen und den beiden

weiteren Mitarbeitern von BioUdders, die nebeneinander den

Weg entlang schlenderten.

Sie achtete darauf, dass die Kette nicht an ihrem Ring zog

und zerbrach sich den Kopf darüber, wie es nun weitergehen

sollte. Der Transporter war weg, dafür hatten die beiden Männer

offenbar höchst erfolgreich gesorgt.

Auch Erik schien diesen Gedanken gehabt zu haben und bog

in Richtung des letzten Stallgebäudes ab. Conny hätte vor Frust

beinahe laut aufgeschrien, doch das Spray auf ihren

Stimmbändern sorgte dafür, dass sie nur einen schiefen, kratzigen

Laut hervorbrachte.

"Oha, damit gewinnt die aber keinen Wettbewerb", lachte

einer der Männer und warf einen kurzen Blick über die Schulter.

Conny senkte den Kopf. Erneut hatte sie Tränen in den

Augen, dieses Mal jedoch vor Frustration. Sie war ihrem Ziel so

259

unglaublich nahe gewesen! Sie war bereits draußen, hatte den

Hof beinahe verlassen... warum mussten diese beiden Idioten

ausgerechnet jetzt auftauchen und ihren Fluchtplan

durchkreuzen?

Am Gebäude angekommen hielt Erik die Leine etwas

kürzer, so dass Conny ihm ganz dicht durch den Vorraum folgen

musste. Sie blieben erst stehen, als sie vor einem weiteren

Drehgitter angekommen waren.

Hilfesuchend schaute Conny ihrem Kollegen in die Augen.

Er hielt ihrem Blick einige Sekunden lang stand, deutete sogar ein

leichtes Zwinkern an. Da die beiden Wachhunde des

Unternehmens in Hörweite waren, konnte er schlecht mit ihr

reden, so dass sie nur hoffen konnte, dass diese kleine Botschaft

bedeutete, dass er sie retten würde, sobald er seine Kollegen

abgeschüttelt hatte.

Erik gab ihr einen leichten Schubs, das Drehgitter setzte sich

in Bewegung und Conny stolperte dem Ort entgegen, von dem

sie gerade noch gedacht hatte, dass sie ihn hoffentlich nie wieder

sehen musste. Vergessen war die frische Luft und die kühle Brise

der Nacht, zurück waren die schwere Luft des Kuhstalls und die

ihr so vertraute, immer gleiche Temperatur. Sie umschlangen die

junge Journalistin wie ein stählernes Band und nahm ihr die Luft

zum Atmen. Tränen strömten über ihr Gesicht, als sie hörte, wie

das Drehgitter hinter ihr einrastete. Es hatte einen fürchterlich

260

endgültigen Klang.

261

Blind Date

Die Augen halb geschlossen lag Conny auf ihrem Liegeplatz.

Leicht genervt bewegte sie ihre Hüfte ein wenig vor und zurück,

um das Stroh unter ihr in eine angenehmere Position zu rücken.

Doch so sehr sie sich auch bemühte, einige der Halme stachen ihr

noch immer unangenehm in die Haut.

Resignierend drehte sie sich auf die andere Seite. Ihr Blick

fiel auf den Rücken der Kuh in der angrenzenden Box. Conny

seufzte leise und schloss frustriert die Augen. Eigentlich hätte sie

längst keine Kühe mehr sehen sollen - zumindest nicht aus der

Nähe. Sie war der Rückkehr in ein normales Leben so nah

gewesen, doch jetzt schien es ungewisser als je zuvor zu sein, ob

sie die Ställe von BioUdders irgendwann würde verlassen

können.

Tatsächlich verspürte Conny zum ersten Mal seit ihrer

Scheinverwandlung in ein Rind wirkliche Angst. Es hatte nichts

mit dem Unbehagen zu tun, das sie bei den Gedanken hatte, dass

ihr Aufenthalt im Stall vielleicht keine Ergebnisse bringen würde.

Nein, seit der gescheiterten Flucht verspürte sie eine

tiefgreifende, allgegenwärtige Angst, den Rest ihres Lebens als

Kuh verbringen zu müssen. Sie konnte diesem Gefühl nicht

entfliehen, konnte die Gedanken daran nicht verdrängen.

Mehrere Tage waren bereits vergangen, seit Erik sie aus dem

262

Stall geholt und über den Hof geführt hatte. Doch anstatt am

Ende des Tages das Gelände der Firma zu verlassen und wieder

in die Freiheit zurück zu kehren, war sie in einem anderen

Stallgebäude gelandet.

Von der Art und Weise her unterschied er sich praktisch

nicht vom dem Ort, an dem sie die letzten Wochen und Monate

verbracht hatte. Der Bereich, in dem sie sich nun befand, war

jedoch deutlich kleiner und beherbergte nicht einmal 20 Kühe.

Auch was ihre Artgenossinnen anging, gab es einen

Unterschied zum größeren Stall. Während die Herde dort nur aus

Angler Rindern bestanden hatte, die einander mit der einheitlich

rotbraun gefärbten Haut sehr stark ähnelten, gab es hier

Vertreterinnen mehrerer Rinderrassen. Die Kuh in der

angrenzenden Box beispielsweise hatte einen braun gefärbten

Körper und einen komplett weißen Kopf. Conny, die sich vor

ihrer Verwandlung eingehend mit dem Thema befasst hatte,

wusste, dass es sich bei ihr um ein Hinterwälder Rind handeln

musste. Zu den weiteren Bewohnern des Stalls gehörten

außerdem auch gefleckte Rinder der Rassen Red und Black

Holstein, die für eine besonders ergiebige Milchproduktion

bekannt waren.

Bedingt durch die kleinere Herde und die unterschiedlichen

Rassen hatte Conny das Gefühl, dass die Anonymität nicht ganz

so groß war wie im vorherigen Stall. Natürlich, sie alle waren

Kühe und saßen im gleichen Boot, doch zumindest war es

263

möglich, die einzelnen Individuen recht problemlos

wiederzuerkennen. Ob das nun etwas Positives war oder nicht,

konnte die Journalistin jedoch noch nicht sagen. Sie hoffte, dass

sie nicht genug Zeit hatte, um eine Studie darüber aufstellen zu

können.

Ob es einen Grund dafür gab, dass es in diesem Stall keine

Trennung nach den unterschiedlichen Rassen gab, war Conny

unbekannt. Wenn sie ehrlich war, interessierte es sie jedoch auch

nicht besonders. Sie hatte lange genug als Kuh gelebt und sehnte

sich nur noch danach, endlich wieder zurückverwandelt zu

werden.

Den ersten Tag, nachdem Erik sie an diesem Ort abgeliefert

hatte, hatte Conny genutzt, um ihre Umgebung sehr genau zu

untersuchen. Sie hatte darauf gehofft, eine Fluchtmöglichkeit zu

finden. Doch schon nach kurzer Zeit hatte sie feststellen müssen,

dass eine Flucht ohne Hilfe von außen kaum gelingen würde. Der

Stallbereich war so gesichert, dass sie absolut keine Chance hatte,

ihn auf eigene Faust verlassen zu können. Überhaupt gab es nur

zwei Zugangspunkte zum Stall, und beide waren so gesichert,

dass sie sich nur mit Hilfe eines Transponders öffneten. Testweise

hatte sie versucht, ihre Ohrmarke in die Nähe des Scanners zu

halten, doch das hatte die Gatter natürlich nicht geöffnet.

Wenn sie ohne Erik aus dem Stall entkommen wollte,

musste sie darauf hoffen, dass einer der Pfleger einen Fehler

machte oder so unaufmerksam war und das Tor offen stehen ließ.

264

Das zumindest diese Möglichkeit bestand, stellte einen

gewissen Hoffnungsschimmer für Conny dar, an den sie sich nur

zu gerne klammerte. Überhaupt war in diesem Stall wesentlich

mehr Präsenz der Stallarbeiter zu spüren, als sie gewohnt war.

Oftmals sogar mehrmals an einem Tag betraten einer oder

mehrere der Angestellten den Stall. Was genau sie hier wollten,

war ihr bisher nicht klar geworden, doch meistens schauten sie

nach einer oder zwei Kühen, schienen sie kurz zu untersuchen

und verschwanden genauso schnell wieder, wie sie gekommen

waren. Häufig prüfte Conny anschließend, ob sich die

stählernen Drehtüren des Stalls auch wirklich wieder

verschlossen hatten. Bisher war es immer der Fall gewesen, doch

sie würde nicht aufgeben. Schließlich kostete es sie nicht

besonders viel Mühe, hin und wieder die paar Meter zum

Eingang zu laufen und sich leicht gegen die Gitterstäbe zu

lehnen.

Conny hob den Kopf und beobachtete zwei Angestellte von

BioUdders, die den Stall gerade betreten hatten. Sich munter

miteinander unterhaltend schlenderten sie durch den Stall.

"Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll, aber ich

denke wir werden schon noch erfahren, was da genau passiert ist.

Macht keinen großen Sinn, sich jetzt den Kopf zu zerbrechen",

meinte einer der beiden Stallarbeiter.

Die Journalistin spitzte die Ohren und rappelte sich auf, so

265

dass sie im Stroh kniete. Sie wusste nicht genau, worum es bei

dem Gespräch ging, doch hoffte sie, irgendwelche Neuigkeiten

über Erik zu erfahren. Es war ungewöhnlich, dass er sich so lange

nicht bei ihr blicken ließ - vor allem nachdem er sie so ungeplant

in diesen Stall verfrachtet hatte. Einen so langen Zeitraum hatte er

sie noch nie alleine gelassen, und inzwischen dürfte sogar die

Wirkung des Sprays nachgelassen haben, so dass sie behutsam

sein musste, sich nicht durch eine menschliche Äußerung zu

verraten.

"Wir werden sehen. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen,

dass es dazu eine offizielle Info geben wird", entgegnete die

Kollegin des Angestellten.

Neugierig musterte Conny sie. Obwohl sie nun schon eine -

viel zu - lange Zeit bei BioUdders war, hatte sie nur bei zwei oder

höchstens drei Gelegenheiten eine nicht verwandelte Frau

gesehen. In einem Kuhstall zu arbeiten war wohl ein klassischer

"Männerberuf".

Die Angestellte hatte lange, blonde Haare, die zu einem

Pferdeschwanz zusammengebunden waren und trug die gleiche

Uniform, wie ihre männlichen Kollegen. Conny schätzte, dass sie

höchstens ein paar Jahre älter war als sie selbst. Ob sie hin und

wieder Mitleid mit ihren Geschlechtsgenossinnen verspürte, die

hier ein entwürdigendes Dasein als Milchkühe fristeten? Die

Journalistin war sich zumindest sicher, dass sie selbst diesen Job

nicht machen wollen würde.

266

"Kümmern wir uns erst einmal um die Arbeit. Das hier

müsste sie sein, richtig?", hakte der Mann nach, als sie vor

Connys Liegeplatz angekommen waren.

Die Frau nickte. "Die Lebensnummer lautet AR 084 02 71993.

Überprüfst du es vorsichtshalber noch einmal?"

Conny brauchte einige Sekunden um zu realisieren, dass die

Angestellten von BioUdders über sie sprachen. Abgesehen von

einer unheimlich demütigenden Untersuchung durch einen

Tierarzt und den kurzen Besuchen der Pfleger, um ihr das

Präparat zu verabreichen, hatte sich in den vergangenen Monaten

keiner der Angestellten sonderlich um sie gekümmert. Umso

erstaunter war sie, dass sie nun scheinbar das Interesse der

Stallarbeiter geweckt hatte. Sie hoffte nur, dass es nicht mit ihrem

Fluchtversuch zusammenhing. Waren sie etwa aufgeflogen? War

das der Grund dafür, dass Erik schon so lange verschwunden

war?

Der männliche Stallarbeiter kniete sich vor Conny auf den

Boden und griff nach ihrem Nasenring. Unsanft zog er ihren Kopf

zur Seite, so dass er freien Blick auf die gelbe Ohrmarke hatte. "Ja,

die Nummer passt", bestätigte er, den Kopf der Journalistin

weiter festhaltend.

Conny schloss die Augen. Sie hasste es, wenn der Ring, der

gegen ihren Willen durch ihre Nasenscheidewand gestochen

worden war, dazu benutzt wurde, sie zu kontrollieren. Es löste

ein Gefühl der Demütigung in ihr aus, gab ihr das Gefühl, nicht

267

mehr zu sein als ein Tier.

"Gut. Laut der automatischen Aufzeichnungen der

Infrarotscanner am Melkstand dürfte der Zeitraum gerade vorbei

sein. Wir sollten zur Sicherheit aber eine Vaginalmessung

durchführen, um das zu bestätigen. Schließlich ist sie gerade erst

hier her verlegt worden", erklärte die Frau, die einen Schritt

hinter ihrem Kollegen stehen geblieben war und die Daten auf

ihrem Tablet studierte.

Der Mann nickte zustimmend. "Ja, das kann nicht schaden.

Einen Augenblick, ich mache das schon".

Connys Kopf noch immer durch den Nasenring in Position

haltend, zog der Stallarbeiter einen schmalen Stab aus einer der

Taschen seiner Arbeitshose.

Die Journalistin hielt die Augen geschlossen, als der Mann

ihren Kopf unsanft nach unten zog. Ihr blieb keine andere

Möglichkeit, als nachzugeben, bevor der Ring zu schmerzvoll an

ihrer Nasenscheidewand riss. Mit einem leisen Rascheln landete

ihr Oberkörper im Stroh, während ihre Hüfte nun den höchsten

Punkt bildete, da sie noch immer kniete. Conny biss die Zähne

zusammen, als ein Teil ihres Gewichts auf ihren Eutern zur Ruhe

kam. Obwohl sie erst vor wenigen Stunden an der Melkmaschine

gewesen war, spannten sie bereits wieder unangenehm. Durch

den zusätzlichen Druck wurde dieses Gefühl nun noch zusätzlich

verstärkt. Offenbar hatten die Kaubonbons ihre Wirkung

schließlich doch noch entfaltet. So wie sich ihre Euter anfühlten,

gab sie vermutlich mehr Milch als jemals zuvor.

268

Als der Mann den schmalen Gegenstand im nächsten

Augenblick zwischen ihre Schamlippen hielt und ohne weitere

Vorwarnung in ihre Scheide schob, konnte Conny ihrem

imaginären Tagebuch eine weitere demütigende Erinnerung

hinzufügen. Nur mit größter Mühe konnte sie sich einen

erschrockenen Laut verkneifen. Der Gegenstand war kühl und

fühlte sich furchtbar unangenehm an. Was passierte hier mit ihr?

So etwas war in all den Monaten noch nie vorgekommen!

Ein leises Piepen ertönte und der Stallarbeiter zog den

schmalen Stab mit einem leichten Ruck aus Conny heraus. Die

Journalistin schnappte leise nach Luft, die Augen fest zusammen

gepresst. Bis auf Stroh und den Boden ihres Liegeplatzes hätte sie

vermutlich ohnehin nichts gesehen.

"So... schauen wir mal. Du hast recht, wie haben den

Zeitpunkt um ein paar Tage verpasst. Schade eigentlich", meinte

der Mann, wischte den Gegenstand kurzerhand an Connys

Oberschenkel ab und verstaute ihn wieder in einer seiner

Taschen.

Seine Kollegin erwiderte: "War ja klar, das ist irgendwie

jedes Mal so. Aber gut, da kann man nichts machen. Vielleicht

sollten diese Experten so etwas mal überprüfen, bevor sie eine

Verlegung beantragen."

Der Mann gluckste. "Das wäre mal was Neues. Aber ich

glaube es ist besser, wenn wir das selbst machen."

"Auch wieder wahr", stimmte die Frau zu. "Was meinst du,

269

sollen wir sie trotzdem rüber bringen? Diese Woche war sonst

keine dran und so könnte sie ein wenig Erfahrung sammeln.

Dann weiß sie, was sie erwartet, wenn sie heiß ist. Außerdem

braucht der Bulle auch ein wenig Erleichterung, der ist gerade

alles andere als ausgeglichen.

Conny riss die Augen auf. Die Worte der Frau hallten in

ihrem Kopf nach. Bulle? Worum ging es hier überhaupt? Was

hatten die beiden mit ihr vor? Sie versuchte den Kopf zu drehen,

doch der Mann hielt den Ring noch immer fest im Griff und

nahm ihr damit jede Möglichkeit, ihren Oberkörper zu bewegen.

"Ja, warum eigentlich nicht. Dann ist sie beim nächsten Mal

entspannter", stimmte der Stallarbeiter zu. "Hast du einen Würfel

dabei?"

"Ja, Sekunde...", antwortete die Frau gut gelaunt.

Der Mann zog Connys Kopf an ihrem Nasenring ein wenig

nach oben. Eine andere, schmalere Hand legte sich über ihren

Mund und schob ihr dabei etwas zwischen die Lippen.

Die Journalistin versuchte den Mund geschlossen zu halten,

doch schon nach einem kurzen Augenblick kniffen ihr zwei spitze

Fingernägel in die Nase und drückten selbige zu. Für einige

wenige Momente rang Conny mit sich selbst, dann öffnete sie

schließlich doch ihren Mund, um zu atmen. Sofort wurde ihr das

Objekt zwischen die Zähne geschoben. "Wieder so ein illegales

Mittel von BioUdders?", fragte sich Conny im selber Moment und

270

versuchte vergeblich, das scharfkantige Teil aus ihrem Mund zu

schieben.

Ein süßlicher Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus.

Der würfelförmige Gegenstand schien auf ihrer Zunge regelrecht

zu schmelzen, so schnell löste er sich in eine Unmenge kleiner

Körner auf, die sich in ihrem Mund verteilten und mit ihrem

Speichel vermischt unwillkürlich verschluckt wurden.

Ihre Nase wurde wieder freigegeben, nur damit im nächsten

Augenblick ein silberner Karabinerhaken in ihren Nasenring

einschnappte. Er bildete das Ende einer kurzen Führleine, wie

auch Erik sie vor einigen Tagen benutzt hatte.

"Los, hoch mit dir!" Am befehlsmäßigen Ton erkannte

Conny, dass die Worte des Mannes dieses Mal an sie gerichtet

waren. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, der jedoch nur

dazu führte, dass er mit einem leichten Ruck an der Leine zog.

Der Journalistin schossen die Tränen in die Augen, als der Ring

äußerst schmerzhaft nach vorne gezogen wurde und an ihrer

Nasenscheidewand riss.

Aufgebracht wie seit Tagen nicht mehr rappelte Conny sich

auf. Angst, Wut und Demütigung beherrschten ihre Gefühle, als

sie den beiden Angestellten von BioUdders durch den kleinen

Stall folgte. Einige ihrer Artgenossinnen verfolgten sie mit ihren

Blicken, doch Conny war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um

das überhaupt zu bemerken. Die Wut über die grobe Behandlung

271

ebbte ein wenig ab, doch dafür nahm die Angst vor der

Ungewissheit im gleichen Maße zu. Sie wusste nicht, was sie

erwartete, wohin sie gebracht wurde und was man ihr gerade in

den Mund gesteckt hatte. Der kleine Würfel hatte sich binnen

weniger Sekunden vollständig aufgelöst, seine Wirkung jedoch

noch nicht offenbart. Wollte man ihre Milchproduktion etwa noch

weiter steigern? Conny war sich nicht sicher, ob ihre Euter das

schaffen würden. Seit die Wirkung der Kaubonbons sich voll

entfaltet hatte, schien ihr Körper an seiner Belastungsgrenze

angekommen zu sein. Ihre Euter waren schon kurze Zeit nach

dem Melken erneut prall und begannen zu spannen, ihre Zitzen

durchgängig gereizt und ständig leicht geschwollen.

Die Journalistin verdrängte die Gedanken und zwang sich

dazu, auf das Hier und Jetzt zu achten. Sie hatten einen der

beiden Ausgänge des Stalls erreicht - jedoch nicht jenen, durch

den sie an diesen Ort gebracht worden war. Ein Piepsen ertönte,

als die Stallarbeiterin einen Transponder an die Lesemarke hielt,

und im nächsten Augenblick öffnete sich die mit Metall

beschlagene Tür.

Die Führleine spannte sich erneut und Conny folgte den

beiden Angestellten in einen mittelgroßen Raum. Boden und

Wände waren gefliest, auf zwei großen Tischen standen

Monitore. Am auffälligsten war jedoch das, was sich ungefähr in

der Mitte des Raums befand.

Die Journalistin blieb wie angewurzelt stehen, was ihr

272

sogleich einen äußerst schmerzhaften Zug an ihrem Nasenring

beschwerte. Mit geweiteten Augen stolperte sie hinter dem Mann

her, den Blick noch immer auf das seltsam anmutende

Möbelstück gerichtet. Auf vier leicht angewinkelten Beinen

stehend befand sich eine leicht schräge, auf der Oberseite

abgerundete Auflage, die mit dunklem Leder überzogen war.

Conny wusste, was für ein Gerät das war. Während ihrer

Recherchen hatte sie Bilder und einmal sogar ein Video davon

gesehen. Es handelte sich um einen klassischen Zuchtbock!

Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Für einige

Sekunden stellte sie sich die lächerliche Frage, was das zu

bedeuten hatte, doch die Antwort dämmerte ihr genauso schnell,

wie ihr die Frage in den Sinn gekommen war. Sollte sie etwa auf

den Zuchtbock? Nein, das konnte nicht sein. Das durfte nicht

sein! Das war nie Teil des Plans gewesen! BioUdders verfügte nur

über ein rudimentäres Zuchtprogramm. Aus den Zahlen war klar

ersichtlich, dass es hier nicht ernsthaft darum ging, die

Population der Rinder zu vergrößern, sondern nur die

Mindestvoraussetzungen erfüllt wurden, um steuerliche Vorteile

genießen zu können.

Ging es bei der kleinen Herde in diesem kleineren Stall etwa

um die Zucht? Befanden sich deswegen Kühe verschiedener

Rassen in einem gemeinsamen Gehege? Doch ihr war nicht eine

einzige schwangere Kuh aufgefallen. Wie konnte das sein?

273

Während Conny noch versuchte, ihre Gedanken zu ordnen,

waren sie an dem Zuchtbock angekommen. Mit einer Hand an

ihrer Hüfte, bugsierte der Stallarbeiter sie vor die schmale Seite

des Bocks. Ihre Flanke stieß gegen das kühle Leder und ließ sie

unwillkürlich zurückschrecken. Doch der Angestellte von

BioUdders war inzwischen seitlich neben den Zuchtbock getreten

und streckte den Arm mit der Führleine aus, so dass Conny ihren

Oberkörper immer weiter vorbeugen musste, bis er schließlich

auf der kühlen Oberfläche des Bocks auflag.

"Sehr gut", lobte der Mann. Er befestigte einen schmaleren

Karabiner an ihrem Nasenring. Er war durch eine kurze Kette mit

dem Bock verbunden und würde zuverlässig verhindern, dass

die Journalistin sich von ihm löste.

Connys Herz schlug kräftig in ihrer Brust. Ihr Kopf kam

nicht damit hinterher zu verarbeiten, was gerade mit ihr

passierte. Mechanisch reagierte sie, als der Mann nach ihrem Bein

griff und ihr Knie auf eine halbhohe Plattform setzte. Mit einer

Lederschlaufe fixierte er es in dieser Position, ehe er den Vorgang

an Connys anderem Bein wiederholte. Zu guter Letzt griff er nach

ihrem Schweif, zog ihn unsanft zur Seite und fixierte schließlich

auch ihn.

Die Journalistin kniete nun praktisch auf dem Zuchtbock,

die Beine weit gespreizt und durch die Schlaufen sicher fixiert.

Die Auflage des Bocks war nicht ganz waagerecht, sondern in

Richtung des Kopfendes leicht abfällig, so dass Connys Hüfte den

höchsten Punkt ihres Körpers bildete. Immerhin wurden ihre

274

Euter nicht zu sehr belastet, zwei Vertiefungen sorgten dafür,

dass ihr Gewicht nicht auf ihnen lastete. Dafür war die Kette des

Karabiners so kurz, dass sie einen permanenten Zug an ihrem

Führring verspürte.

"Wie sieht es aus?", erkundigte sich die Frau, die bei den

Tischen stehen geblieben war und sich ihnen nun scheinbar

wieder näherte. Die enge Fixierung an ihrem Nasenring

verhinderte, dass Conny den Kopf drehen konnte. Was sich nicht

unmittelbar vor ihr befand, lag damit außerhalb ihres Blickfeldes.

Der Mann gab Conny mit der flachen Hand einen kräftigen

Klapps auf den nackten und herausgestellten Hintern. "Gut,

siehst du doch!", lachte er.

Seine Kollegin stimmte kurz in das Lachen mit ein, ehe sie

etwas nüchterner fortfuhr: "Da es ihr erstes Mal ist, werde ich sie

zusätzlich noch ein wenig eincremen."

"Gute Idee", stimmte der Stallarbeiter zu.

Mit gespreizten Beinen auf dem Zuchtbock liegend und

vollkommen bewegungsunfähig, blieb Conny nichts anderes

übrig, als zuzuhören und abzuwarten. Sie spürte, wie jemand nah

hinter sie trat und vermutete, dass es die Frau war, denn den

Mann wähnte sie weiter zu ihrer Seite.

Erschrocken zuckte sie zusammen, als sich zwei feuchte

Finger auf ihre Schamlippen legten. Ihre Intimregion schien für

alle Anwesenden problemlos zugänglich zu sein.

275

"Ganz ruhig!", ermahnte die Angestellte, während sie eine

schmierige Creme zwischen den Schamlippen der Journalistin

verteilte. Ein paar Mal drang sie dabei mit den Fingerspitzen ein

paar Zentimeter weit in ihre Scheide ein, um die Creme auch dort

zu verteilen.

Trotz der Erniedrigung, die mit der ganzen Situation einher

ging, verspürte Conny irgendwo ganz tief in ihrem Inneren eine

leichte Erregung aufkeimen. Das Gefühl war nur ganz zart und

verwirrte die junge Journalistin nur noch mehr. Wie konnte sie

diese entwürdigende Situation nur als Erregend empfinden? Sie

war wie ein Tier auf diesen Bock gespannt worden. Niemand

hatte sie nach ihrem Einverständnis gefragt. Und doch... sie

konnte nicht leugnen, dass sie das Reiben der Finger in ihrem

Schritt als angenehm empfand.

"Das sollte reichen", entschied die Stallarbeiterin und löste

ihre Hand von Connys Unterleib. Als ihr Kollege einen

zustimmenden Laut von sich gab, fügte sie neckisch hinzu: "Na,

reizt dich der Anblick gar nicht? Sieht doch einladend aus."

Der Mann lachte. "Nein danke, ich stehe nicht auf Tiere. Lass

uns lieber den Bullen holen, der hat mehr Spaß mit der Kuh als

ich."

Seine Kollegin fiel in das Lachen mit ein und stimmte ihm

gleich darauf zu: "Na, da hast du auch wieder recht. Geht mir mit

den Bullen ja genauso." Ihre Schritte entfernten sich von dem

Zuchtbock. "Moment, ich will mir nur kurz die Hände waschen."

276

Conny konnte hören, wie ein Wasserhahn aufgedreht wurde

und das Wasser einige Sekunden lang in ein Becken sprudelte.

Nachdem das Geräusch verstummte waren erneut Schritte zu

hören, die schnell leiser wurden. Offenbar hatten die beiden

Angestellten den Raum verlassen.

Stille umgab Conny, als sie mit ihren Gedanken alleine

gelassen wurde. Eine Vielzahl von Emotionen kochte in ihr hoch.

Sie war wütend auf die beiden Stallarbeiter, hatte Angst davor,

was als nächstes mit ihr passieren würde. Dazu kam ein immer

deutlicher werdendes Gefühl der Lust, das sich zwar dezent, aber

dennoch unaufhaltsam in ihr ausbreitete und sie nur noch mehr

verwirrte. Man konnte getrost sagen, dass Conny mit der

augenblicklichen Situation vollkommen überfordert war.

Als ihre Gedanken immer wilder und unstrukturierter

wurden, zwang Conny sich zur Ruhe. Sie kniff für einen

Augenblick die Augen zu und atmete einige Male tief durch.

"Nur nicht in Panik verfallen", ermahnte sie sich selbst. Wenn sie

einen Ausweg für diese Situation finden wollte, musste sie ruhig

bleiben.

Darum bemüht, immer nur einem Gedankengang zur Zeit

zu folgen, reflektierte sie ihre Situation. Sie befand sich in einer

sehr unmissverständlichen Position auf einem Zuchtbock, was

wohl kaum Zweifel daran zuließ, was man mit ihr vorhatte.

Sowohl ihre Beine als auch ihr Nasenring waren fest fixiert, so

dass sie keine Möglichkeit hatte, sich aus eigener Kraft aus dieser

277

Lage zu befreien. Das trug zwar nicht unbedingt zu ihrer

Beruhigung bei, doch wenn sie an der Lage nichts ändern konnte,

musste sie sich damit abfinden und auf etwas anderes

konzentrieren. Offenbar war sie durch den gescheiterten

Fluchtversuch irgendwie im Zuchtgehege von BioUdders

gelandet. Nüchtern betrachtet war es ein reines Versehen, doch

musste es etwas ausgelöst haben, weshalb man sie ohne weitere

Prüfung in das Zuchtprogramm aufgenommen hatte. Conny gab

sich Mühe ruhig zu bleiben. Es gelang ihr, sich die Worte der

beiden Angestellten in Erinnerung zu rufen. "Wir haben den

Zeitraum knapp verpasst." Das konnte nur bedeuten, dass sie sich

an einem Punkt in ihrem Zyklus befand, an dem ein Deckakt

eigentlich wenig Sinn machte. Erleichtert atmete die Journalistin

tief durch. Sie würde zwar nicht verhindern können, dass ein

Bulle sie bestieg, doch zumindest schien es unwahrscheinlich zu

sein, dass dieses Ereignis Folgen haben würde.

Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, war sie sogar ein

wenig neugierig auf den Bullen. Obwohl sie sich seit mehreren

Monaten in den Ställen von BioUdders befand, war ihr noch nie

ein männliches Rind begegnet.

Bedingt durch ihre Fesselung war sie jedoch nicht sicher, ob

sie den Bullen überhaupt zu sehen bekommen würde. Schließlich

konnte sie den Kopf nicht drehen, um ihn sich anzusehen.

Ein sanfter Schauder jagte ihr über den Rücken, als sie daran

dachte, dass sie nicht einmal sehen würde, wer gleich hinter ihr

278

stehen würde. Doch ganz gleich wer es war, er würde einen

hervorragenden Blick auf ihren entblößten und zur Schau

gestellten Schambereich haben.

Conny konnte nicht leugnen, dass sie diesen Gedanken

erregend fand. Beinahe sehnte sie nun den Augenblick herbei, in

dem die Stallarbeiter zurück kehrten und ihr einen Bullen

mitbrachten. Sie stellte sich vor, wie das kraftvolle Tier zum

Zuchtbock geführt wurde und sich anschließend an ihrem ihm

vollkommen ausgelieferten Körper vergnügte.

Sie konnte nicht genau sagen, was mit ihr passierte. Die

Erregung, eben noch kaum spürbar, hatte längst die vollständige

Kontrolle über ihren Körper und ihre Gedanken übernommen.

Immer mehr Feuchtigkeit bildete sich zwischen ihren

Schamlippen, während sie sich verträumt vorstellte, von einem

Bullen genommen zu werden. Immer leiser wurden Angst und

Zorn, bis sie schließlich ganz verstummten und Conny

vollkommen ihrer Lust überließen.

Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, näherten sich

Schritte. Ganz deutlich konnte Conny die dumpfen Geräusche

der Hufschuhe heraushören, die auf dem gefliesten Boden

besonders deutlich klangen.

Sie verstummten erst, als sie schon so nah waren, dass die

Journalistin jeden Moment damit rechnete, dass der Bulle in sie

eindrang. Vor Erwartung und Lust zitternd verharrte sie mit halb

279

geschlossenen Augen auf dem Bock, während sich ein feiner

Tropfen ihrer Feuchtigkeit von ihren Schamlippen löste und zu

Boden tropfte.

Conny vernahm das Rasseln einer Kette und das Schnappen

eines Karabiners unmittelbar über ihrem gefesselten Körper.

Offenbar trug auch der Bulle einen Nasenring und war nun in

unmittelbarer Nähe angekettet worden.

"Na dann mal viel Spaß mit der Kleinen", sagte die

Stallarbeiterin. Ein lautes Klatschen ertönte, als sie dem Bullen

mit der flachen Hand auf den Hintern schlug.

Conny hielt die Luft an, als sie spürte, wie man sich ihr von

hinten näherte. Der Bulle trat zwischen ihre gespreizten Beine

und streifte mit der Spitze seines Gliedes ihren linken

Oberschenkel.

Hitze wallte durch ihren Körper. Unruhig wand sie sich in

ihren Fesseln, reckte ihren Hinter noch etwas einladender in die

Höhe, streckte ihm ihren nassen Schoß entgegen.

Das Glied des Bullen löste sich für einen kurzen Moment

von ihr, um sich kaum einen Herzschlag später an ihre

tropfnassen Schamlippen zu schmiegen.

Conny hielt es nicht mehr aus. Ihre Lust war so groß, dass

sie am ganzen Leib zitterte. Mit jeder Faser ihres Körpers

wünschte sie, dass der Bulle näher trat, dass er in sie eindrang,

dass er sie vögelte. Sie wollte nichts anderes mehr, als seinen

Schwanz in sich zu spüren.

280

Mit einem kraftvollen Stoß drang der Bulle in sie ein. Einen

halben Schritt nach vorne machend drückte er seine Hüfte gegen

Connys prallen Hintern. Seine Eichel teilte ihre Schamlippen,

drückte ihre Muskeln auseinander und drang tief in ihren Körper

ein.

Conny atmete scharf ein und hätte vor lauter Lust am

liebsten laut geschrien. Der Bulle drang immer weiter in sie ein,

bis sich seine weichen Hoden gegen ihre nassen Schamlippen

schmiegten. Erst jetzt, als sein Glied bis zur Wurzel in ihrem

Schoß ruhte, hielt er für einen Augenblick inne, offensichtlich das

Gefühl auskostend, wie er von ihren feuchten, warmen Muskeln

umschlossen wurde.

Lange, qualvolle Sekunden verharrte der Bulle

bewegungslos in ihr. Mühevoll besann sich Conny mit dem

letzten noch funktionierenden Rest ihres Verstandes darauf, sich

nicht versehentlich zu verraten. Kurzentschlossen biss sie sich auf

die Lippe, ehe sie den Bullen unabsichtlich mit deutlichen Worten

dazu anfeuern konnte, sie endlich zu vögeln.

Doch auch ohne ihre Worte setzte der Bulle sich schließlich

in Bewegung. Langsam zog er seine Hüfte zurück, bis nur noch

seine Eichel in ihrem Körper ruhte. Erneut hielt er für eine

Sekunde inne, die Conny an den Rand der Verzweiflung brachte.

Zu groß war ihre Lust, zu groß war ihr Verlangen!

281

Ein kraftvoller Ruck ging durch Connys Körper. Der Bulle

hatte seine Hüfte mit einer energischen Bewegung nach vorne

schnellen lassen und trieb die Journalistin im nächsten

Augenblick mit einer Kaskade harter Stöße gegen den Zuchtbock.

Vor Lust schreiend wand sich Conny in ihren Fesseln. Jede

Bewegung des Bullen löste eine kleine Welle der Erregung in

ihrem Schritt aus, die durch ihren Körper brandete und ihren

Verstand vernebelte. Ihre entwürdigende Lage auf dem

Zuchtbock, die Anwesenheit der Pfleger, sogar das schmerzhafte

Ziehen des Nasenrings blendete sie vollkommen aus. Ihre

gesamte Wahrnehmung richtete sich auf den harten Schwanz, der

mit schneller Geschwindigkeit ihre empfindsamsten Stellen

massierte.

Ihr Schrei ging in ein lustvolles Stöhnen über, als der Bulle

das Tempo ein wenig reduzierte und Conny dafür nun mit

deutlich festeren Stößen nahm. Kraftvoll ließ er seine Hüfte in

einem gleichmäßigen Takt gegen ihr Gesäß stoßen. Sein Glied

drang bei jedem einzelnen Stoß mit der vollen Länge zwischen

ihre heißen Muskeln und ließ Conny vor Ekstase wimmern.

Die Wellen der Lust, die durch den Körper der Journalistin

geschwappt waren, schienen sich nun in ihrer Hüfte zu sammeln.

Mit jedem weiteren Stoß des Bullen nahm das sanfte Kribbeln

unter ihrem Bauchnabel zu, breitete sich auf die Innenseiten ihrer

Oberschenkel aus und wurde immer stärker.

282

Die glasigen Augen halb geschlossen stöhnte Conny im Takt

der Bewegungen ihres Liebhabers. "Hör jetzt bloß nicht auf!",

flehte sie innerlich, als ihre Lust immer weiter zunahm.

Ein weiteres Mal glitt das Glied des Bullen fast aus ihr

heraus. Ihre Schamlippen wurden gerade noch von seiner Eichel

auseinander gedrückt, ehe das kraftvolle Tier seine

Bewegungsrichtung umkehrte und seinen Schwanz mit einer

entschlossenen Bewegung zurück zwischen ihre warmen, nassen

Muskeln rammte.

"Iiiaaaaahh!", kreischte Conny lauthals, als alle Dämme

brachen und die aufgestaute Lust wie ein Tsunami durch ihren

Körper brandete. Am ganzen Leib wild zuckend wurde sie von

dem Orgasmus überrollt, der sie vermutlich von dem Bock

gerissen hätte, wenn der Stallarbeiter sie nicht so gut

festgebunden hätte. Der Höhepunkt brandete in ihren

kribbelnden Fingern und Zehen sowie der Spitze ihres Schweifes,

ehe er noch immer kraftvoll zurück durch ihren Körper

schwappte und im Zentrum ihrer Lust eine zweite, jedoch etwas

kleinere Welle auslöste.

Der Orgasmus ebbte ein wenig ab, doch Conny erhielt keine

Gelegenheit, sich zu beruhigen. Der Bulle schien von ihrem

Höhepunkt nicht sonderlich beeindruckt zu sein und nahm sie

noch immer mit gleichbleibend festen Stößen.

Der Journalistin lief bei der kompromisslosen Lust des

Tieres ein warmer Schauer über den Rücken. Obwohl er

283

überhaupt nicht auf ihre Bedürfnisse einging und sie einzig und

allein nach seinen eigenen Vorlieben vögelte, konnte die

Journalistin sich nicht daran erinnern, jemals so befriedigenden

Sex gehabt zu haben. Oder war es gerade dieses animalische

Verhalten, diese ungehemmte Lust, die sie so sehr erregte?

Bevor sie den Gedanken richtig erfassen konnte, erhöhte der

Bulle das Tempo und zog ihre Aufmerksamkeit damit wieder auf

sich. Mit zunehmend schnelleren Stößen drang er in sie ein und

ließ seine Hüfte kraftvoll gegen ihren Hintern Klatschen.

Der Raum war erfüllt von den Geräuschen der

zusammenstoßenden Körper, dem Schmatzen ihrer nassen

Scheide und der lustvollen Laute, die Conny dabei von sich gab.

Sie hatte längst keine Kontrolle mehr darüber, was ihren Lippen

entkam, doch in diesem Augenblick war es ihr auch vollkommen

egal.

Das Holz des Zuchtbocks knarzte unter ihrem gefesselten

Körper, als ihr Liebhaber zum Finale ansetzte. Mit zunehmend

wilder werdenden Stößen trieb er sein Glied immer wieder tief in

ihre Scheide.

Conny spürte, wie seine weichen Hoden im schnellen Takt

gegen ihre nassen Schamlippen schlugen, wie ihre Muskeln bei

jedem Stoß kraftvoll auseinander gedrückt wurden, wie das

warme Glied immer und immer wieder unnachgiebig tief in ihren

Körper eindrang, wie sie bei jedem Stoß regelrecht gegen den

Zuchtbock getrieben wurde und ihr Schamhügel dabei über das

284

Leder rieb.

Ein zweiter Orgasmus erschütterte Connys Körper und ließ

sie abermals vor Erregung schreien. Sie spürte, wie der Bulle mit

einem letzten energischen Stoß besonders tief in sie eindrang und

sich kraftvoll an sie presste. Die gesamte Länge des Gliedes in

sich spürend stöhnte Conny lüstern auf. Es fühlte sich so

unbeschreiblich gut an, so ausfüllend und warm, das sie sich

wünschte, er möge sich nie wieder aus ihr zurückziehen.

Viel zu sehr auf ihre eigenen Empfindungen fokussiert

spürte Conny das rhythmische pulsieren des Gliedes nicht, jedoch

fühlte sie die zusätzliche Wärme in ihrem Schoß, als sich seine

Samen tief in ihr ergossen.

Die Journalistin lauschte dem lauten, tiefen Muhen des

Bullen, als dieser seinen Höhepunkt erreichte. Sie selbst war so

sehr außer Atem, dass sie außer einem heiseren Stöhnen keinen

Ton mehr heraus brachte.

Das Tier hinter ihr ließ seine Hüfte noch einige Male leicht

vor und zurück schwingen, ehe er sich von ihr löste und sein

Glied leise schmatzend aus ihr heraus glitt.

Sofort tauchte der männliche Stallarbeiter an ihrer Seite auf.

Er löste die Führleine des Bullen von der Befestigung, die

irgendwo über dem Zuchtbock angebracht sein musste, und

führte das Tier langsam aus dem Raum.

285

Conny hingegen wurde noch einige Augenblicke lang auf

dem Bock liegen gelassen. Ihr Körper zitterte noch immer vor

Erregung, während sie nach Atem ringend versuchte, sich zu

beruhigen.

Ihr jagte ein Schauer über den Rücken, als ein Teil der

Samen aus ihrer geweiteten Scheide heraus lief und langsam von

ihren Schamlippen auf den Boden tropfte. Deutlich konnte sie

den Spermageruch wahrnehmen, der die Luft um sie herum

zunehmend zu erfüllen schien.

Die Stallarbeiterin trat neben sie. Ohne etwas zu sagen, löste

sie die Schlaufen, die Connys Beine in Position gehalten hatten.

Nicht gerade besonders rücksichtsvoll griff sie nach den

Hufschuhen der Journalistin und zwang sie dazu, ihre Beine zu

strecken und die Hufe wieder auf den gefliesten Boden zu setzen.

Obwohl sie sich sicher war, dass sie nicht länger als eine

halbe Stunde auf dem Zuchtbock verbracht hatte, fühlten sich

Connys Beine verspannt und steif an. Ihre Kniekehlen spannten

unangenehm, als sie gestreckt wurden, doch wenn sie nicht

riskieren wollte, halb von dem Bock zu rutschen und sich dabei

die Nasenscheidewand zerreißen zu lassen, musste sie dieses

unangenehme Gefühl aushalten.

"Hat sich doch ganz gut angestellt, die Kleine", ertönte die

Stimme des männlichen Stallarbeiters aus Richtung der Tür.

Schritte näherten sich zügig, ehe Conny einen harten Klapps auf

286

ihr Hinterteil bekam. Beinahe beiläufig löste er die Fixierung an

ihrem Schweif, nachdem er zuvor einen ausführlichen Blick auf

Connys spermaverschmierten Schambereich geworfen hatte.

Seine Kollegin, die gerade nach dem Karabiner an Connys

Nasenring gegriffen hatte, drehte den Kopf in seine Richtung.

"Zumindest scheint sie ihren Spaß gehabt zu haben."

Connys, deren Lust langsam abklang, versuchte die Worte

der Angestellten zu ignorieren. Sollten sie sich nur über sie lustig

machen, das machte ihr nichts aus. Zu lange lebte sie nun schon

als Kuh, als dass sie sich über derartige Dinge noch den Kopf

zerbrach. Dennoch konnte sie nicht leugnen, dass die Worte

verletzend waren, auch wenn sie sich Mühe gab, sie nicht an sich

heran zu lassen. Rasch konzentrierte sie sich auf das warme

Gefühl, dass noch immer von ihrer Hüfte aus durch ihren Körper

strahlte.

Die Stallarbeiterin löste die Kette von dem Zuchtbock und

half Conny dabei, sich wieder aufzurichten. Erst jetzt spürte sie,

wie viel Kraft ihr Intermezzo mit dem Bullen sie gekostet hatte.

Mit steifen und zitternden Beinen stakste sie einige Schritte durch

den Raum. Trotz der Schamlosigkeit, an die sie sich in den letzten

Monaten in den Ställen von BioUdders gewöhnt hatte, begannen

Connys Wangen zu glühen, als ein Schwall Sperma aus ihrer

Scheide lief und sich mit einem leisen Platschen auf den Boden

ergoss. Bei jedem weiteren Schritt lösten sich weitere Tropfen der

Samen von ihren Schamlippen und benetzten den Boden, wenn

287

sie nicht zuvor auf ihrem Oberschenkel landeten und langsam an

ihren Beinen hinab rannen.

Während sie aus dem gefliesten Raum geführt wurde,

versuchte Conny zu begreifen, was mit ihr passiert war.

Langsam, mit zunehmend klarer werdenden Verstand, wurde ihr

bewusst, was der Bulle mit ihr gemacht hatte.

"Wie... ich war wie weggetreten...", schoss es ihr durch den

Kopf, halb entschuldigend, halb erklärend für ihr eigenes

Verhalten. Sie hatte jede Sekunde mit dem Bullen genossen, das

war ihr bewusst. Noch immer spürte sie eine sanfte Erregung,

wenn sie an das Erlebnis auf dem Zuchtbock dachte. Doch wie

hatte es überhaupt so weit kommen können?

Ein Gedanke jagte durch ihren Kopf und sorgte dafür, dass

sich ihr Magen schmerzhaft verkrampfte. Was, wenn dieses

Intermezzo nicht ohne Folgen blieb? Was, wenn der Bulle das

geschafft hatte, wofür er zu ihr gebracht worden war? Was, wenn

nicht alle seine Samen wieder aus ihr heraus tropften? Was, wenn

sie schwanger war?

Ihr Herz schlug so stark, dass es förmlich schmerzte. Panik

machte sich in ihren Gedanken breit, beherrschte ihren Kopf und

vernebelte ihre Sinne. Das konnte nicht sein! Das durfte einfach

nicht sein!

Conny war so sehr mit ihrer Angst beschäftigt, dass sie

kaum mitbekam, dass sie an ihrem Liegeplatz angekommen war.

288

Erst, als die Stallarbeiterin den kleinen Karabiner der Führleine

von ihrem Nasenring löste, nahm sie ihre Umwelt wieder

bewusst war.

"Das lief ja problemlos", freute sich ihr Kollege. Die Arme

locker in die Hüfte gestemmt starrte er ungeniert auf Connys

Spermaverschmierten Schritt.

Die Angestellte von BioUdders verstaute die Führleine in

einer ihrer Taschen und nickte zustimmend. "In etwa drei

Wochen sollte sie aufnahmefähig sein. Hoffen wir mal, dass es

dann genau so unkompliziert wird."

Conny, die nur mit einem halben Ohr zugehört hatte, wurde

jäh aus ihren Gedanken gerissen. Wie erstarrt sah sie die beiden

Stallarbeiter an, die sich noch immer miteinander unterhaltend

langsam von ihr entfernten. Mühsam versuchte sie, den letzten

Satz zu rekapitulieren. In drei Wochen würde sie aufnahmefähig

sein? Das musste bedeuten, dass sie es im Augenblick nicht war!

Ein gewaltiger Stein fiel ihr vom Herzen. Erleichtert ließ sie

sich in das Stroh ihrer Box fallen. Jetzt, wo sich der Nebel aus

Furcht in ihrem Kopf lichtete, glaubte sie sich daran zu erinnern,

dass die beiden Angestellten von BioUdders so etwas bereits

angedeutet hatten, ehe sie zum Zuchtbock geführt worden war.

Conny atmete ein paar Mal tief ein und aus. Eine Träne der

Erleichterung kullerte ihre Wange herunter, doch sie schenkte ihr

keine große Beachtung. Die beiden Stallarbeiter waren wieder

verschwunden und hatten die junge Journalistin mit ihren

289

Gedanken alleine gelassen.

Erschöpft ließ sie sich hinterrücks ins Stroh fallen. "Oh mein

Gott... es wird Zeit, dass ich hier heraus komme... langsam wird

mir das alles zu viel", dachte sie und schniefte leise. Bei dem

Gedanken daran, das gerade erlebte in ihrem geplanten Buch zu

schildern, verzogen sich ihre Mundwinkel für einen kurzen

Moment zu einem Grinsen. Die ganze Situation war aber auch

einfach zu absurd. Sich dem Gefühlschaos hingebend kuschelte

Conny sich eng ins Stroh, gleichzeitig weinend und lachend. Sie

konnte nicht mehr, war seelisch und nervlich am Ende.

Gleichzeitig erinnerte sie der markante Geruch, der von ihren

verschmierten Schamlippen ausging, an die wahnsinnig tollen

Gefühle, die sie zusammen mit dem fremden Bullen erlebt hatte.

Conny wischte sich die Wangen im Stroh ab und atmete

noch einmal tief durch, um zur Ruhe zu kommen. Sich wieder auf

den Rücken rollend brachte sie ihre Euter in eine angenehmere

Lage. Sie spannten bereits ziemlich schmerzhaft, es konnte nicht

mehr lange dauern, bis es Zeit war, zur Melkmaschine zu gehen.

Bis dahin würde sie sich ein wenig von dem Treffen mit dem

Bullen erholen. Hoffentlich holte Erik sie hier heraus, bevor die

drei Wochen um waren!

290

Zukunftsvisionen

Erschöpft lag Conny im Stroh. Ihr Brustkorb hob und senkte

sich noch immer etwas schneller als gewöhnlich, doch mit jeder

weiteren Minute gelang es ihr, Atmung und Puls weiter zu

verlangsamen. Auch ihr Verstand wurde mit jedem Atemzug

klarer, der betörende Schleier aus Lust und Verlangen verzog sich

langsam.

Die Journalistin war erst vor kaum fünf Minuten wieder zu

ihrem Liegeplatz zurückgebracht worden. Die vergangene Stunde

hatte sie zum wiederholten Male in dem gefliesten Raum

verbracht, genau genommen auf dem ledernen Zuchtbock, mit

einem kräftigen Zuchtbullen zwischen ihren gespreizten

Schenkeln.

Conny drehte sich ein wenig auf die Seite, so dass ihre

verschmierten Oberschenkel im Schritt nicht mehr unmittelbar

aufeinander lagen. Sie mochte das Gefühl der klebrigen Samen

nicht besonders, die nun auf ihrer Haut hafteten und sich erst

nach einer sehr ausgiebigen Behandlung durch die rauen Borsten

bei den Duschen Stück für Stück wieder von ihr lösen würden.

Ein wenig die Nase rümpfend versuchte sie den markanten

Geruch des Spermas zu ignorieren, der ihren Körper umgab. Aus

der Erfahrung der letzten Wochen wusste sie, dass er eine Weile

erhalten bleiben würde, Dusche hin oder her. Da sie mit ihren

gefesselten Händen keine Möglichkeit hatte, sich im Schritt so

291

ausgiebig zu waschen, wie es in diesem Fall nötig gewesen wäre,

musste sie sich zumindest für den Rest des Tages mit dem Geruch

arrangieren.

Schwer seufzend verdrehte Conny die Augen. Es war bereits

etwas mehr als zwei Wochen her, seit man sie zum ersten Mal auf

den Zuchtbock geschnallt hatte. Seitdem hatten die Angestellten

von BioUdders sie noch drei weitere Male "zum Üben" in den

gefliesten Raum geführt. Der Ablauf war dabei jedes Mal

identisch gewesen, und mit Hilfe des obligatorischen

Zuckerwürfels wurde souverän dafür gesorgt, dass sie die Treffen

mit den Bullen regelrecht entgegen fieberte. Tatsächlich musste

Conny sich eingestehen, dass sie den Sex an sich sehr genoss. Die

Zuchtbullen machten ihrem Namen alle Ehre und hatten bisher

noch jedes Mal für absolute Hochgefühle in ihrem Lustzentrum

gesorgt, wie die Journalistin sie noch nie erlebt hatte. Auch an

diesem Tag hatte sie wieder einen derart heftigen Orgasmus

erlebt, dass sie für einige Augenblicke regelrecht weggetreten

war. Tatsächlich war sie erst wieder richtig zu sich gekommen,

als der Bulle ebenfalls zum Höhepunkt gekommen war und sich

bereits aus ihr zurückzog.

Zuvor war sie jedoch für einige Tage nicht mit den Bullen

zusammen gebracht worden, was allerdings daran lag, dass sie

eine ganz bestimmte Phase ihres Zyklus erreicht hatte. Hier im

Stall empfand Conny es als besonders unangenehm ihre Tage zu

292

bekommen, doch dieses Mal hatte sie dem Ganzen zum ersten

Mal seit ihrer Verwandlung etwas Positives abgewinnen können.

Zumindest hatte sie endlich die Gewissheit, dass sie nicht

schwanger war!

Wenn nicht bald etwas passierte, konnte sich dieser Zustand

jedoch ganz schnell ändern. Conny musste kein Biologiestudium

absolviert haben, um sich ausrechnen zu können, dass der

Zeitpunkt, an dem sie "aufnahmefähig" sein würde, wie die

Stallarbeiter es gerne nannten, unaufhaltsam näher rückte. Schon

heute hatte sie ein mulmiges Gefühl gehabt, als sie kurz nach dem

morgendlichen Melkvorgang zum Zuchtbock gebracht worden

war. Einzig die Worte der Stallarbeiterin, dass es langsam mal

Zeit für die Generalprobe würde, beruhigten sie ein wenig. Doch

ihr war klar, dass es sich höchstens noch um wenige Tage

handeln konnte, bis der Bulle mehr in ihrem Schoß zurücklassen

würde, als eine großzügige Ladung seines Spermas.

Verschiedene Dinge machten Conny in letzter Zeit Angst,

darunter die Tatsache, dass sie Erik nicht mehr gesehen hatte, seit

er sie an diesen Ort gebracht hatte, oder ihrer Befürchtung, dass

sie noch deutlich länger als Kuh leben musste, als sie geplant

hatte. Doch am meisten Sorgen machte sie sich darum, dass sie

tatsächlich schwanger werden könnte. Sie hatte überhaupt keine

Ahnung, was sie dann machen sollte. Hier im Stall konnte sie die

Dinge ohnehin nicht beeinflussen, sondern musste sich nach dem

richten, was BioUdders mit ihr anstellte. Was genau das war,

293

wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Ihre Zukunft sah im

Augenblick auch so schon nicht besonders rosig aus, da musste

sie sich nicht auch noch vorstellen, den Rest ihres Lebens als

Zuchtkuh zu verbringen und ein Kalb nach dem nächsten auf die

Welt zu bringen. Es schien ein absurder Gedanke zu sein, doch

Conny war sich inzwischen nicht mehr sicher, ob nicht auch er

zur Realität werden konnte, wenn sich nicht bald etwas änderte.

Während ihrer Recherchen hatte sie sich nicht besonders

ausführlich mit dem Thema Zucht beschäftig, da es bei

BioUdders eigentlich nur eine sehr untergeordnete Rolle spielte.

Davon abgesehen hatte sie nicht einmal in ihren kühnsten

Träumen damit gerechnet, dass sie zur Zucht eingesetzt werden

könnte. Bei über 1000 Kühen, die in den Ställen von BioUdders

ihr Leben fristeten, und der minimalen Zuchtquote, hatte sie es

von vornerein ausgeschlossen. Außerdem hatte sie eigentlich nur

einige wenige Wochen an diesem Ort verbringen sollen, so dass

die Wahrscheinlichkeit noch weitaus geringer hätte sein sollen.

Schließlich war kaum damit zu rechnen gewesen, dass

ausgerechnet eine gerade erst verwandelte Kuh, deren

Milchleistung noch gar nicht bekannt war, zur Zucht ausgewählt

würde.

Dennoch hatte sie natürlich ein paar Artikel über das Thema

gelesen, um zumindest einen groben Überblick zu bekommen.

Die Details, an die sie sich nun erinnerte, waren jedoch alles

andere als beruhigend. So war es Beispielsweise insbesondere bei

294

Rindern inzwischen gängige Praxis, dass die Chance auf

Mehrlingsgeburten durch den Einsatz von Hormonpräparaten

drastisch erhöht wurde. Natürlich waren derartige Mittel in

Bioställen nicht erlaubt, doch Conny konnte nun wirklich gut

darauf verzichten, BioUdders auch noch bei diesem Verstoß zu

überführen.

Doch selbst ohne Hormonpräparate war das Leben als

Zuchtkuh alles andere als ein Zuckerschlecken. Laut den

Statistiken, die Conny überflogen hatte, brachte eine Zuchtkuh in

ihrem Leben durchschnittlich zwischen acht und zwölf Kälber auf

die Welt. Um diese hohen Zahlen zu erreichen, wurden die Kühe

in der Regel möglichst schnell nach der Geburt erneut besamt.

Auch kam es nur in Ausnahmefällen vor, dass eine Kuh nach nur

einer oder zwei Geburten nicht mehr weiter für die Zucht

eingesetzt wurde. Wurde eine Kuh erst einmal für zuchttauglich

befunden, gab es kein Zurück mehr.

Conny schüttelte leicht den Kopf und versuchte, die

Gedanken zu vertreiben. Daran durfte sie jetzt noch nicht denken.

Noch war es schließlich nicht passiert. Doch die Tage verflossen

genauso schnell, wie die Milch in ihren Eutern nach schoss. Wie

konnte sie sich nur vor dem Unausweichlichen schützen?

Und selbst, wenn ihr in den kommenden Wochen eine

Flucht gelingen sollte, wenn sie zuvor von den Bullen

geschwängert wurde, würde dennoch ein Kälbchen in ihrem

Bauch heranwachsen. Und was dann?

295

Es gab nur einen Ausweg, sie musste endlich aus dem Stall

heraus! Von Erik jedoch hatte sie schon so lange nichts mehr

gehört, dass sie sich nicht sicher war, ob er noch rechtzeitig zu

ihrer Rettung eilen würde.

Conny hielt nur noch einen einzigen Trumpf in ihrer Hand:

Da Erik ihre Stimmbänder schon seit mehreren Wochen nicht

mehr eingesprüht hatte, müsste sie dazu in der Lage sein, zu

sprechen. So hatte sie die Möglichkeit, die Stallarbeiter auf sich

aufmerksam zu machen, ihre Tarnung fallen zu lassen und auf

diese Weise dem Treffen mit dem Zuchtbullen zu entgehen.

Bisher zögerte sie jedoch, von dieser Möglichkeit tatsächlich

Gebrauch zu machen. Es war absolut unvorhersehbar, wie

BioUdders auf sie reagieren würde. Im schlimmsten Fall sorgte

sie nur dafür, dass sie endgültig in eine Kuh verwandelt wurde.

Doch wenn nicht bald etwas passierte, würde ihr nichts anderes

übrig bleiben. Lieber gab sie ihre Tarnung auf, als zu einer

Zuchtkuh zu werden, deren Lebensinhalt daraus bestand, sich

alle 9 Monate von einem Bullen besamen und ein Kälbchen nach

dem anderen in sich heranwachsen zu lassen.

Die Journalistin schreckte zusammen, als sie einen Mann

bemerkte, der vor ihrem Liegeplatz stehen geblieben war. An der

Kleidung erkannte sie sofort, dass es ein Angestellter von

BioUdders war, doch sein Gesicht kam ihr nicht bekannt vor.

Entweder war sie ihm in den vergangenen Wochen schlichtweg

noch nicht begegnet, was aufgrund des doch recht

296

übersichtlichen Stalls nicht sehr wahrscheinlich wirkte, oder er

gehörte nicht zu dem üblichen Personal dieses ganz speziellen

Geheges.

Der Mann griff nach Connys rechtem Ohr, drehte die

Ohrmarke unsanft ins Licht und prüfte augenscheinlich die

aufgedruckte Nummer. Nachdem er die Zahlenkette kontrolliert

hatte, ließ er einen kleinen Karabiner an Connys Nasenring

einschnappen. Offenbar hatte er die Kuh gefunden, die er gesucht

hatte.

Conny blieb nichts anderes übrig, als sich aufzurappeln und

dem Zug der Führleine zu folgen. Verwundert fragte sie sich,

wohin sie wohl gebracht wurde. Es konnte nicht schon wieder

der Zuchtbock sein, denn die Samen des letzten Bullen waren

noch nicht einmal vollständig getrocknet.

Der Mann schlug jedoch auch einen anderen Weg ein. Er

führte Conny nicht in den gefliesten Raum, sondern geradewegs

durch die Eingangstür und aus dem Stallgebäude heraus.

Wie schon an dem Abend, als ihr Fluchtversuch gescheitert

war, verspürte Conny das jähe Gefühl der Freiheit, als sie durch

die Stalltür hindurch ins Freie trat. Ein kalter Luftzug strich über

ihre nackte Haut und ließ sie frösteln, doch die Journalistin

genoss den Augenblick. Tief einatmend saugte sie die frische Luft

ein. Sie schmeckte so herrlich sauber, so frisch, so frei.

Eine Flamme der Hoffnung flackerte in Conny auf. Was,

297

wenn dieser Mann von Erik oder sogar von ihrem Chef geschickt

worden war, um sie endlich zu befreien? Sie konnte sich nicht

daran erinnern, ihn jemals auf dem Gelände von BioUdders

gesehen zu haben - lag es vielleicht daran, dass er noch gar nicht

so lange hier war, oder gar nicht zu BioUdders gehörte?

Ihr Herz machte einen Satz, beflügelt von dem Gedanken an

Freiheit und Normalität. Am liebsten hätte sie den Mann

angesprochen, hätte ihn gefragt, ob er ihr Ritter in strahlender

Rüstung war. Doch gerade, als sie sich dazu durchgerungen

hatte, ihn anzusprechen, erreichten sie das Ende der kleinen

Zufahrt. Entgegen jeder Hoffnung wandte der Stallarbeiter sich

nicht in Richtung des Parkplatzes, sondern in Richtung der

großen, alles überragenden Stallgebäude.

Conny war kurz stehen geblieben, den Blick voller Wehmut

auf den unweit entfernten Parkplatz gerichtet, doch ein höchst

schmerzhafter Ruck der Führkette an ihrem Nasenring motivierte

sie dazu, dem Mann rasch zu folgen. Mit jeder Faser ihres

Körpers sträubte sie sich gegen die eingeschlagene Richtung.

"Nein, nein, nein! Zum Parkplatz! Dort lang!", schrie sie innerlich,

traute sich jedoch nicht, die Worte auch tatsächlich

auszusprechen.

Sie folgten dem breiten Weg, der zwischen den Kuhställen

hindurch über das Gelände führte. Die kühle Vormittagsluft

sorgte dafür, dass Conny sich wieder ein wenig beruhigte. Auch

wenn es nun doch nicht danach aussah, dass sie endlich ihre

298

Freiheit zurückbekam, schien sie immerhin in einen anderen Stall

gebracht zu werden. War etwa doch ein kleines Wunder

geschehen, das sie davor bewahrte, als Zuchtkuh zu enden?

Vielleicht hatte man bemerkt, dass sie nur versehentlich in den

Stall gebracht worden war, dass sie dort eigentlich gar nichts

verloren hatte? Unter diesen Umständen konnte Conny damit

leben, erst einmal wieder in ihren alten Stall zurückgebracht zu

werden - zumindest für eine Weile. Lieber verbrachte sie noch

drei weitere Monate in den Ställen von BioUdders, als sich von

den Bullen erneut besteigen und am Ende doch noch schwängern

zu lassen.

Doch auch die großen Stallgebäude waren nicht das Ziel des

Arbeiters. Unerwartet bog er auf einen kleineren Nebenweg ab,

der zu einer Ansammlung kleinerer Gebäude führte.

Conny, die diesen Teil des Geländes noch nie bewusst

gesehen hatte, musterte die vor ihr liegenden Häuser

aufmerksam. Sie schienen mit den Ställen recht wenig gemein zu

haben und erinnerten mehr an einen schmalen Komplex aus

Verwaltungsgebäuden, ganz ähnlich dem Ort, an dem sie bei

ihrer Ankunft untersucht und beringt worden war.

Der Stallarbeiter hielt kurz vor einer der Türen, öffnete sie

mit Hilfe eines Transponders und führte Conny anschließend

durch einen kurzen Flur. Die weißen Fließen, die bis zur Decke

reichten, gaben dem Raum einen klinischen, fast sterilen Stil.

Tatsächlich fühlte die Journalistin sich an eine Klinik erinnert.

299

Sofort keimte Unruhe in ihr auf. Wurde sie vielleicht zum

Tierarzt gebracht, um zu überprüfen, ob der Bulle bereits

erfolgreich gewesen war? Doch selbst mit der modernen Technik

des vierundzwanzigsten Jahrhunderts würde es nur eine Stunde

nach dem Geschlechtsverkehr kaum möglich sein, diese Frage zu

beantworten. Aber warum hatte man sie dann an diesen Ort

gebracht?

Sie erreichten eine weiß lackierte Tür. Der Mann klopfte

kurz mit dem Knöchel an, ehe er die Klinke herunter drückte und

eintrat.

Dem Zug der Führleine folgend betrat auch Conny den

Raum. Er war fast komplett leer und ebenso steril gestaltet, wie

der Flur. "Wo bin ich hier?", wunderte sie sich, während sie den

Raum mit den Augen absuchte. Doch ein leerer Tisch und ein

Bürostuhl waren die einzigen Möbelstücke.

Der Angestellte von BioUdders blieb stehen und zog Conny

zu sich heran. Erst als sie unmittelbar neben ihm stand, bemerkte

sie eine fingerdicke Metallstange, die vor ihr aus dem Boden ragte

und ihr ungefähr bis zur Hüfte reichte. An der Spitze befand sich

ein stählerner Ring, an dem eine kaum unterarmlange Metallkette

angebracht war. Ohne große Hektik befestigte der Stallarbeiter

diese an Connys Nasenring und zwang sie damit in eine

vorgebeugte und äußerst unbequeme Position. Wortlos löste er

die längere Führleine von ihrem Nasenring, drehte sich um und

verschwand aus dem Raum.

300

Verunsichert drehte die Journalistin den Kopf und sah dem

Mann nach. Die Tür war hinter ihm ins Schloss gefallen, so dass

einzig den spartanisch eingerichteten Raum betrachten konnte.

Stumm fragte sie sich, warum sie an diesen merkwürdigen

Ort gebracht worden war. Er schien keine bestimmte Aufgabe zu

erfüllen, zumindest konnte sie nicht erkennen, wozu er diente.

Mehrere Minuten vergingen, ohne dass etwas passierte.

Immerhin ließ die Kette ihr ein klein wenig Bewegungsspielraum,

so dass sie das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagern

konnte, ohne gleich einen unangenehmen Zug an ihrer Nase zu

verspüren. Doch das Verharren in der vorgebeugten Position war

anstrengend für ihren Rücken und ihre Euter, die schwer unter

ihrem Oberkörper hingen. Unablässig pendelte ihr Schweif hin

und her, ein deutliches Anzeichen für ihre Nervosität.

Conny fuhr herum, als die Tür sich schließlich erneut

öffnete. Ein Mann von hochaufragender Statur betrat den Raum,

schloss die Tür hinter sich und warf der Journalistin einen

taxierenden Blick zu.

Den Blick erwidernd versuchte Conny einen Eindruck von

dem Mann zu bekommen. Ihr Gegenüber war im mittleren Alter,

trug einen kurzen, gepflegten Bart und sauber gekämmtes,

dunkles Haar. Ungewohnt für die Journalistin war, dass er nicht

die typische Kleidung von BioUdders trug, sondern einen

dunkelblauen Anzug, weißes Hemd und eine passende Krawatte.

301

Offenbar hatte sie es nicht mit einem gewöhnlichen Angestellten

zu tun.

"Schön, jetzt lernen wir uns auch endlich mal persönlich

kennen", begrüßte er die Journalistin. Seine Stimme war genau so

kalt und unpersönlich, wie das aufgesetzte Lächeln in seinem

Gesicht. Er hatte etwas an sich, das Conny zur Vorsicht riet.

Dieser Mann war gefährlich!

"Mein Name ist Leif Eklund, Vice President von BioUdders.

Aber ich vermute, dass ich Ihnen damit nichts Neues erzähle",

fuhr er fort, sein Gegenüber immer fest im Blick behaltend.

Conny runzelte für einen Augenblick die Stirn, bis sie

erkannte, was an dem Satz merkwürdig war. Dann fiel es ihr wie

Schuppen von den Augen! Eklund hatte sie Gesiezt! Es war

Monate her, seit sie zum letzten Mal so angesprochen worden

war. Niemand siezte eine Kuh!

"Nun Conny, oder sollte ich lieber sagen, Frau Cornelia

Steinfeld? Jetzt, da wir einander vorgestellt haben, sollten wir

über das Geschäftliche sprechen", schlug Eklund vor. Zumindest

für einen kurzen Augenblick schien sein Lächeln echt zu sein.

302

Demaskiert

Connys Herz setzte für einen Schlag aus, nur um

anschließend mit ungekannter Brutalität gegen ihre Rippen zu

schlagen. Geschockt und angsterfüllt starrte sie den Mann mit

weit aufgerissenen Augen an. Er wusste es! Er hatte sie enttarnt,

kannte ihren Namen!

Die Journalistin spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Wenn

Eklund ihren Namen kannte, dann hatte es ihn sicherlich nicht

viel Mühe bereitet, umfassende Informationen über sie zu

erlangen. Zweifelsfrei wusste er, dass sie für die Tillburg Post

arbeitete. Das herauszufinden dürfte auch nicht sonderlich

schwer gewesen sein, denn sie hatte ihre Freude über den lang

ersehnten Job gleich in mehreren sozialen Netzwerken

kundgetan.

"Es ist mir eine ganz besondere Freude Ihnen mitteilen zu

können, dass Ihre hinterhältige Verschwörung gegen BioUdders

gescheitert ist!", verkündete der hochgewachsene Mann. Mit fast

schon herausfordernd entspannter Körperhaltung hatte er sich

gegen die Schreibtischkante gelehnt, den Blick fest auf Conny

gerichtet. "Ich muss zugeben, dass es durchaus beeindruckend

war, wie Sie es geschafft haben, sich unbemerkt in unsere Ställe

zu schmuggeln. Damit haben Sie uns einige wichtige Hinweise

darauf geliefert, wie wir unser internes Sicherheitssystem

303

optimieren können."

Fassungslos starrte Conny den Vice President von

BioUdders an. Er wusste alles! "Wie...?", brachte sie mit

krächzender, trockener Stimme hervor. Die Antwort wollte sie

eigentlich gar nicht hören. Die Beine der Journalistin zitterten vor

Angst so stark, dass sie Mühe hatte, nicht das Gleichgewicht zu

verlieren. Ihre erzwungene Position war dabei alles andere als

hilfreich. Fast fühlte es sich an, als ob ihre schweren Euter sie

regelrecht zu Boden ziehen wollten.

Ein Ausdruck der Genugtuung spiegelte sich auf Eklunds

Gesicht wieder. "Wie wir Ihren auf die Spur gekommen sind?",

sprach er den Rest der Frage aus, die Connys Gedanken erfüllte.

"Eigentlich sehe ich keinen großen Bedarf, Ihnen die Einzelheiten

zu erklären. Aber da Sie ohnehin keine Gelegenheit mehr dazu

haben werden, irgendjemandem davon zu berichten, werde ich es

Ihnen erklären. Sehen Sie es als kleine Anerkennung für Ihre

Mühen."

Connys Blick verfinsterte sich. Die herablassende Art des

Managers ließen die Erinnerungen an die vielen Erniedrigungen

der vergangenen Monate wie einen Film vor ihrem inneren Auge

erscheinen. Wann hatte man sie entdeckt, und was hatte man sie

in den letzten Wochen ganz bewusst dennoch durchleben lassen?

Sicherlich war es auch kein Zufall, dass sie auf diese spezielle Art

304

und Weise angekettet worden war. Von ihrer Position aus musste

sie zwangsläufig zu Eklund aufschauen, während er auf sie hinab

blicken konnte. Ein kleines psychologisches Spielchen, dessen

Wirkung noch durch die Tatsache verstärkt wurde, dass Eklund

bekleidet war, während ihr Körper nackt und vollkommen

ungeschützt seinen Blicken ausgeliefert war.

Wut kochte in ihr hoch, doch sie brachte keinen Ton hervor.

Ein Chaos an Gedanken vernebelte ihren Verstand und ließ klares

Denken kaum zu.

Die Journalistin biss sich auf die Unterlippe. Der Schmerz

half ihr, sich wieder einigermaßen zu fangen. "Lass ihn reden",

schoss ihr durch den Kopf, "so verraten sich die Schurken in

Filmen doch auch immer!" Es gab immer noch Erik! Er war noch

irgendwo da draußen und wartete sicher auf eine Gelegenheit, sie

zu befreien. Je mehr sie wusste, desto besser!

Eklund betrachtete sie mit einem süffisanten Lächeln. "Oh,

machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Wenn ich sage, dass

Sie Ihre Geschichte niemandem mehr erzählen können, dann

meine ich das auch so. Oder glauben Sie, dass wir Ihren Kollegen

noch nicht erwischt hätten? Seine Tarnung ist schon vor mehreren

Wochen aufgeflogen."

Conny wusste nicht, wie ihr geschah. Die ganze Tarnung,

die sie zusammen mit Erik aufgebaut hatte, war einfach

zusammen gestürzt. Obwohl sie sich über die lange Zeit an die

305

permanente Nacktheit gewöhnt hatte, kam sie sich plötzlich

furchtbar entblößt und verletzlich vor. Tränen stiegen ihr in die

Augen und verklärten ihre Sicht. Wie hatte das nur passieren

können? Und noch wichtiger: Was würde nun mit ihr passieren?

"Nun... ich habe keine Zeit, Ihnen alles ausführlich zu

erklären. Jedoch kann ich Ihnen versichern, dass Sie schon seit

einiger Zeit unter besonderer Beobachtung stehen. Ihre

Milchproduktion hatte sich wirklich hervorragend entwickelt,

doch dann gab es vor einiger Zeit einen ganz und gar

unerklärlichen Einbruch. Natürlich betraf das mehrere Kühe,

doch unser Qualitätsmanagement hat Sie seit diesem Zeitpunkt

aufmerksam beobachtet. Wir vermuteten zuerst eine Krankheit,

doch wie sich herausstellte, waren Sie bester Gesundheit. Also

haben wir die Datenwerte genauer untersucht und mussten leider

feststellen, dass sie manipuliert worden waren. Dank unserer

Zutrittskontrollen war der Verantwortliche schnell gefunden. Als

Herr Horn kurz darauf versuchte, Sie von unserem Gelände zu

schaffen, wussten wir auch, dass eine der betroffenen Kühe mit

ihm unter einer Decke stecken musste. Ein wirklich kühner Plan,

das muss man Ihnen lassen. Wir hätten nie damit gerechnet, dass

sich jemand als Kuh in unsere Stallungen einschleusen lässt",

erklärte Eklund. Bei seinem letzten Satz schaute er sie mit einem

Blick an, der irgendwo zwischen Verachtung und Anerkennung

zu schwanken schien.

"Aber machen Sie ihrem Mitverschwörer keine allzu großen

306

Vorwürfe. Auch ohne seine Fehler wären wir Ihnen inzwischen

auf die Spur gekommen. Wie meine Mitarbeiter mir berichtet

haben, hatten Sie sich auf dem Zuchtbock nicht besonders gut

unter Kontrolle, Frau Steinfeld. Es kommt wirklich nicht

besonders häufig vor, dass eine Kuh den Bullen beim Deckakt

regelrecht anfeuert."

Heiß rannen die Tränen über Connys vor Scham glühende

Wangen. Erstaunlich, wie sehr man eine Person schon nach

wenigen Minuten hassen konnte! Eklund schien keine

Gelegenheit auszulassen, um sie zu erniedrigen und mit seinen

Worten zu verletzen.

Das durfte alles nicht wahr sein! So lange wusste BioUdders

schon von ihrer wahren Identität? Es schien eine Ewigkeit her zu

sein, seit sie Erik das Kaubonbon gegeben hatte, seit sie dieses

Gefühl des Triumphs verspürt hatte und sich sicher gewesen war,

die Ställe bald verlassen zu können.

"Wo ist Erik?", brachte sie schluchzend hervor. Ihr Blick war

auf den Boden gerichtet, sie hatte einfach nicht mehr die Kraft,

Eklund ins Gesicht zu sehen. Zu groß war der Schock, dass er sie

enttarnt hatte, zu groß war die Angst, die sie vor diesem Mann

verspürte.

Eklund schien kurz zu überlegen, ob er Conny auch diese

Frage beantworten sollte. Einige Sekunden vergingen, ehe er mit

sorgfältig gewählten Worten erklärte: "Herr Horn hat diesen

307

Planeten bereits vor mehr als einer Woche verlassen. Wir haben

ein sehr ausführliches Gespräch mit ihm geführt und sind

einvernehmlich zu dem Schluss gekommen, dass er seine

Fähigkeiten zukünftig unserem Unternehmen zur Verfügung

stellt und sich dafür an einen von uns vorgeschlagenen Ort

begibt. Das schien ihm besser zu gefallen, als Ihr Schicksal zu

teilen und den Rest seines Lebens als Rind zu verbringen."

Ein Schluchzen entfuhr Conny. "Nein, das glaube ich nicht.

Sie lügen!", flüsterte sie mit tonloser Stimme. Sie konnte die

Worte des Mannes einfach nicht glauben. Erik hätte sie niemals

im Stich gelassen. Sie hatten diesen Auftrag zusammen

angenommen und er hatte ihr versprochen, dass er auf sie

aufpassen würde. Niemals wäre er einfach abgehauen und hätte

sie an diesem Ort zurückgelassen.

Ein freudloses Lachen schallte der Journalistin entgegen.

"Oh doch, ich sage die Wahrheit, Frau Steinfeld. Ob Sie mir

glauben oder nicht, spielt jedoch absolut keine Rolle. Es war nett,

Ihre Bekanntschaft zu machen, doch nun entschuldigen Sie mich

bitte. Ich habe keine Zeit, mich noch weiter mit Ihnen zu

unterhalten. Um alles weitere werden sich meine Mitarbeiter

kümmern." Mit diesen Worten löste Eklund sich von dem

Schreibtisch, durchquerte den Raum mit zügigen Schritten und

verschwand ohne ein weiteres Wort durch die Tür, die hinter ihm

geräuschvoll ins Schloss fiel.

308

Die nachfolgende Stille herrschte nur für wenige Sekunden

in dem kargen Raum. Aus dem leisen Schluchzen der Journalistin

wurde ein herzzerreißendes Weinen. Conny konnte einfach nicht

anders. Tränen tropften in rascher Folge auf den gefliesten Boden,

als sie Angst, Verzweiflung und Enttäuschung nicht mehr länger

im Zaum halten konnte. Als es sie regelrecht schüttelte, gaben

ihre Knie endgültig nach.

Wie ein Häufchen Elend sackte sie auf dem Boden vor dem

Pfahl zusammen, an dem sie angekettet war. Nur die kurze Kette

an ihrem Nasenring zwang sie, den Oberkörper aufrecht und den

Kopf halbwegs erhoben zu halten. Aus eigenem Antrieb hätte sie

es nicht mehr geschafft.

Wieso hatte sie sich nur auf die ganze Sache eingelassen? Sie

hätte auf ihr erstes Gefühl hören sollen! Hatte sie nicht von

Anfang an Zweifel gehabt? Wie hatte sie nur so töricht sein

können! Während der ganzen Vorbereitung hatte sie sich nur

darum gesorgt, dass sie nackt sein würde und ob ihre Brüste

später noch genau so fest sein würden, wie vorher. Doch um die

wirklich wichtigen Dinge hatte sie sich kaum Gedanken gemacht!

Nie hatte sie selbst daran gedacht, einen Fluchtplan zu

entwickeln! Dabei hätte ihr doch klar sein müssen, dass

BioUdders sie nicht einfach so entkommen lassen würde! Und

jetzt, jetzt war alles zu spät!

Conny wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als die Tür

309

sich erneut öffnete. Noch immer völlig aufgelöst erkannte sie

durch ihre verheulten Augen die verschwommene Gestalt eines

Mitarbeiters von BioUdders, der durch die typische Farbgebung

der Arbeitskleidung selbst unter diesen Bedingungen leicht als

solcher zu erkennen war.

Rasch näherte er sich ihr, befestigte eine Führkette an ihrem

Nasenring und befreite sie dafür von dem Pfahl. Mit einem

leichten Ruck an der Kette gab er ihr zu verstehen, dass sie auf

die Hufe kommen sollte.

Die Journalistin starrte den Mann durch ihre verquollenen

Augen verständnislos an. Ihr fehlte einfach die Kraft, sich jetzt

wieder aufzuraffen, dem Zug der Leine zu folgen und einen

weiteren Schritt in Richtung ihres eigenen Verderbens zu gehen.

Doch schon nach wenigen Augenblicken sorgte ein weiterer,

dieses Mal deutlich schärferer Zug an der Führleine dafür, dass

Conny der Aufforderung dann doch folgte und sich mit

zitternden Knien erhob. Erneut mit Tränen in den Augen, dieses

Mal jedoch aufgrund der Schmerzen, die von ihrer pulsierenden

Nasenscheidewand ausgingen, stolperte sie hinter dem Mann her

und aus dem Gebäude heraus.

Hatte sie die kühle Luft und den feinen Wind auf ihrer

nackten Haut noch kurz zuvor als angenehm und befreiend

empfunden, fühlte Conny sich nun nur noch ungeschützt. Der

310

kalte Wind ließ sie frösteln und die niedrige Temperatur

verdeutlichte ihr, wie schutzlos ihr Körper eigentlich war.

Dieses Mal schlug der Mann die Richtung ein, die sie sich

zuvor so sehr erhofft hatte. Über den großen Weg führte er

Conny in Richtung des Parkplatzes. Hatte sie diesen Ort immer

sehnlichst erreichen wollen, insbesondere nach dem gescheiterten

Fluchtversuch, wartete dort nun nicht mehr die Freiheit, sondern

eine höchst ungewisse Zukunft.

Conny verlangsamte ihre Schritte. Sie durfte nicht dorthin

gebracht werden! Man würde ihr die Stimme nehmen, die

Verwandlung endgültig und unumkehrbar machen!

Die Führleine spannte sich und hob den Nasenring von ihrer

Oberlippe. Doch Conny dachte nicht daran, weiter blind in ihr

Verderben zu rennen! Entschlossen setzte sie ihre Hufe auf den

Boden und blieb stehen.

Überrascht von dem plötzlichen Widerstand der Kuh blieb

auch der Angestellte stehen. Die Stirn in Falten gelegt, drehte er

sich halb zu ihr um. Sie erkannte den Mann, der sie vor wenigen

Stunden aus dem Zuchtstall geholt hatte. "Na komm schon!",

forderte er, leicht an der Führleine ziehend.

Der Journalistin traten erneut die Tränen in die Augen, als

der Ring schmerzhaft an ihrer Nase zog. Doch sie blieb stark,

bewegte sich nicht von der Stelle. "Nein!", erwiderte sie, mit

leiser, aber entschlossener Stimme.

Den Mund leicht geöffnet, starrte der Stallarbeiter sie einige

311

Sekunden lang an. Entweder hatte sein Vorgesetzter ihn nicht

eingeweiht, was es mit Conny auf sich hatte, oder er empfand

eine sprechende Kuh einfach als zu merkwürdig. Einige Male

schien er dazu ansetzen zu wollen, etwas zu sagen, fand jedoch

offenbar nicht die richtigen Worte.

Schließlich warf er Conny einen mitleidigen, fast schon

traurigen Blick zu und drehte sich wieder um. Die Führleine

spannend machte er einen langsamen Schritt nach vorne.

Conny jaulte auf, als der Ring kraftvoll, aber immerhin ohne

einen all zu heftigen Ruck an ihrer Nase zog. Dem Schmerz

unwillkürlich nachgebend stolperte sie einen Schritt nach vorne.

Vor Zorn kochend stemmte sie sich gegen die Leine, doch der

Angestellte von BioUdders blieb nicht noch ein weiteres Mal

stehen.

Obwohl sie es mit jeder Faser ihres Seins ablehnte, konnte

Conny nicht anders, als dem Mann zu folgen. Der Ring, der am

Tag ihrer Ankunft durch ihre Nasenscheidewand gestochen

worden war, stellte sich als furchtbar effektiv heraus. Der

Schmerz war einfach zu stark und zu scharf, um ihm ernsthaft

wiederstehen zu können.

So erreichte das ungleiche Gespann schließlich den

Torbogen am Rande des Geländes. Für Conny war es ein

merkwürdiges Gefühl, das Tor zu passieren, das von dem

Grundstück des Konzerns zum Parkplatz führte. Lange schon

312

hatte sie es endlich passieren wollen, doch nun fühlte es sich

überhaupt nicht so an, wie sie es sich vorgestellt hatte. Nie hätte

sie sich träumen lassen, dass sie in diesem Moment am liebsten

umgedreht und schnurstracks zurück in den Stall gelaufen wäre -

fort von all der Angst und Ungewissheit, die hier draußen auf sie

wartete und zurück an den Ort, der zwar nicht besonders

angenehm war, aber an dem Erik oder irgendwer anders sie

finden könnte.

Der Angestellte von BioUdders blieb erst stehen, als sie

einen kleinen Transporter erreicht hatten, der auf dem ansonsten

verlassenen Parkplatz stand. Ohne Connys Führleine loszulassen,

klappte er die hintere Tür herunter, die so gleichzeitig als kurze

Rampe diente und in den hinteren Bereich des Wagens führte.

"Rein da", meinte er kurz angebunden in Richtung der

Reporterin. Als sie zögerte, warf er ihr einen grimmigen Blick zu,

trat selbst auf die Rampe und zog Conny kurzerhand an der

Führleine in den Transporter.

Im Inneren des Fahrzeugs war es dunkel und eng. Der

Boden bestand aus einem einfarbigen Kunststoffbelag, der jedoch

nicht so glatt war, wie er zuerst gewirkt hatte. Durch zwei

schmale Fenster strahlte gerade genug Tageslicht hinein, damit

Conny überhaupt etwas sehen konnte. Allerdings waren sie so

hoch angesetzt, dass sie nicht nach draußen sehen konnte.

Der Stallarbeiter befestigte ihre Führleine mit einem

einfachen Knoten an einem großen Metallring, der an der

313

Rückwand der Fahrerkabine angebracht war. Kurz versicherte er

sich, dass die Journalistin sicher angebunden war, ehe er aus dem

Wagen kletterte, die Rampe zuklappte und damit die Tür schloss.

Conny, deren Augen sich an das Tageslicht gewöhnt hatten,

konnte ihre Umgebung zunächst kaum erkennen, so dunkel war

es nun um sie herum. Sie konnte hören, wie die Tür verriegelt

wurde und ließ den Kopf hängen.

Kurz darauf ging ein leichter Ruck durch den Wagen, als

jemand in die Fahrerkabine stieg. Eine Tür schlug zu und gleich

darauf wurde der Motor gestartet. Wie bei allen Fahrzeugen auf

Animal Planet war es ein Elektromotor, doch selbst dessen leises

Surren erschien Conny vergleichsweise laut, nachdem zuvor fast

vollkommene Stille geherrscht hatte.

Als das Fahrzeug sich in Bewegung setzte, wäre Conny um

ein Haar gestützt. Immerhin war die Führleine lang genug, dass

sie einen Schritt nach hinten machen konnte, um ihr

Ungleichgewicht wieder auszugleichen.

Verunsichert ging Conny ein wenig in die Hocke und kniete

sich auf den Boden. Es war zwar alles andere als bequem, da das

polsternde Stroh fehlte, an das sie sich so sehr gewöhnt hatte,

doch es war ganz sicher besser, als am Ende doch noch zu

stürzen. Leise weinend starrte sie an die dunkle Wand des

Transporters, während der Transporter weiter beschleunigte.

Conny hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie konnte nicht

314

sagen, ob sie erst wenige Minuten, oder doch schon mehrere

Stunden unterwegs waren. Im dunklen Anhänger fehlte ihr

jegliche Möglichkeit, einen Zeitbezug herzustellen. Das Licht aus

den beiden schmalen Fenstern schien ein wenig schwächer

geworden zu sein, doch das konnte auch täuschen. Nur die

Tatsache, dass ihre Euter inzwischen ziemlich schmerzhaft

spannten, ließ die Journalistin vermuten, dass sie doch schon

etwas länger unterwegs waren.

Hin und wieder stoppte der Wagen kurz, setzte sich jedoch

immer wieder in Bewegung. Conny, die nach einer Weile nicht

mehr groß darauf achtete, war in ein unruhiges Dösen verfallen.

Das leichte Schaukeln des Wagens sorgte für eine unangenehme

Übelkeit, die aber zumindest nicht so schlimm wurde, dass sie

sich übergeben musste. Eigentlich hätte sie diesen Verbrechern

nur zu gerne in den Wagen gekotzt, doch da sie nicht wusste, wie

lange sie selbst noch an diesem Ort verweilen musste, sah sie

davon ab und versuchte ihren Magen zu beruhigen, indem sie

ruhig und gleichmäßig atmete.

Einmal blieb der Wagen deutlich länger stehen, so dass

Conny sich sicher war, dass sie nicht nur an irgendeiner Ampel

warteten. Tatsächlich hörte sie nach einer Weile die Fahrertür auf

und nach einer Weile wieder zugehen. Auch glaubte sie, Stimmen

gehört zu haben, doch die Wände des Wagens waren zu dick, um

einzelne Worte zu verstehen.

315

Endlos erscheinende Sekunden später ging die Fahrt jedoch

noch einmal weiter. In ihrer Angst hatte sie sich schon vor einer

der Kliniken zur Wandlung von Pets gesehen. Sie fragte sich, wie

lang die Fahrt wohl noch dauern mochte. Inzwischen drang nur

noch wenig Licht durch die beiden schmalen Fenster in das

Innere des Fahrzeugs. Als Ausgleich hatten sich Connys Augen

ganz gut an die Lichtverhältnisse gewöhnt, doch an diesem Ort

gab es ohnehin nichts zu sehen, was sie hätte ablenken können.

Ihre Tränen waren irgendwann während der Fahrt versiegt.

Geblieben war die Angst. Wohin genau würde man sie bringen?

So lange wie sie unterwegs waren, schien es nicht einfach nur

zum nächstbesten Petarzt zu gehen. Vielleicht eine

Sicherheitsmaßname, damit sie nicht so schnell gefunden wurde?

Das würde immerhin bedeuten, dass Eklund damit rechnete, dass

irgendjemand nach Conny suchen würde. Ein schwacher Trost,

denn spätestens wenn ihre Haut nachhaltig gefärbt und ihre

Stimmbänder operiert waren, gab es für sie keine wirkliche

Rettung mehr. Selbst wenn man sie danach noch aus den Ställen

herausholte, was für ein Leben wartete dann noch auf sie?

Conny ahnte, dass sie sich ihrem Schicksal ergeben musste.

Natürlich würde das nicht von heute auf morgen gehen und ganz

sicher nicht leicht werden, doch irgendwo in ihrem

Unterbewusstsein war ihr klar, dass dieser Schritt irgendwann

unvermeidlich sein würde. Es war ein Schutzmechanismus ihres

Körpers, ein ganz natürlicher Prozess, um überleben zu können.

Noch war sie jedoch nicht bereit dafür. So lange es noch einen

316

kleinen Funken Hoffnung gab, würde sie sich daran klammern.

Die Sonne war bereits untergegangen, als der Wagen erneut

anhielt. In dem Augenblick, als das leise Surren des

Elektromotors erstarb, wusste Conny, dass sie ihr Ziel erreicht

hatten. Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille, dann hörte

sie die Fahrertür aufgehen. Schritte entfernten sich, kurz darauf

konnte sie mehrere undeutliche Stimmen hören.

Conny, die bisher in Fahrtrichtung gesessen hatte, drehte

sich halb um die eigene Achse. Angespannt starrte sie auf die

verschlossene Tür des Wagens. Wuchtig schlug ihr Herz gegen

ihre Rippen, während sie voller Angst wartete.

Mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür. Das

künstliche Licht einer Straßenlaterne ließ die Journalistin die

Augen zusammenkneifen. Gleich mehrere Personen hatten sich

dort draußen versammelt.

Ganz langsam gewöhnten sich ihre Pupillen an die neuen,

helleren Lichtverhältnisse. Doch Conny blinzelte weiter. Sie war

sich sicher, dass ihre Augen ihr einen Streich spielten. Der Mann,

der mit einem weißen Kittel bekleidet hinter dem Fahrzeug

gestanden hatte und nun gerade die Rampe hinauf kletterte, war

niemand anderes, als Dr. Collins. "Schön dich zu sehen, Conny!",

begrüßte er sie mit einem breiten Lächeln.

317

Schritt für Schritt

Wieder einmal stiegen ihr die Tränen in die Augen. Beinahe

ein wenig verwirrt über sich selbst blinzelte Conny ein paar Mal,

konnte jedoch nicht verhindern, dass eine kleine Träne von ihren

Wimpern tropfte. "Jetzt reiß dich zusammen", ermahnte sie sich

selbst. Langsam und konzentriert atmete sie ein paar Mal tief

durch und schaffte es schließlich, ihre Fassung zurück zu

erlangen.

Ganz behutsam riss sie ein paar Blätter des Klopapiers ab,

dessen weiche Oberfläche ihr diesen kleinen Gefühlsausbruch

beschert hatte. Für einen normalen Menschen musste es geradezu

lächerlich wirken, doch für sie war etwas derart einfaches nach

dem langen Aufenthalt im Stall keine Selbstverständlichkeit

mehr. Conny brauchte einige Sekunden, um sich den Schritt zu

wischen. Ihr Arm schien bei jeder Bewegung zu protestieren, die

Muskeln hatten sich während der langen Fixierung stark

zurückgebildet. Doch Dr. Collins hatte ihr zugesichert, dass sie

sich schon bald wieder normal würde bewegen können. Bis dahin

würde sie zusammen mit der Arzthelferin ein regelmäßiges

Physiotraining absolvieren, um die Muskeln langsam wieder

aufzubauen.

Conny schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals

gebildet hatte. Derartige Gefühlsausbrüche begleiteten die junge

Journalistin bereits, seit der Doktor zu ihr in den Wagen gestiegen

war. Egal ob das Essen eines Brötchens, das Benutzen einer

318

Zahnbürste oder der Gang zur Toilette - irgendwie schien für ihre

aufgewühlten Gefühle jede Kleinigkeit zu viel zu sein. All die

Dinge, auf die sie in den letzten Monaten hatte verzichten

müssen, sorgten nun für Gefühlsausbrüche, derer sie sich kaum

erwehren konnte.

Die Journalistin erhob sich, betätigte die Spülung und zog

die weit geschnittene Hose über ihre Hüfte. Der Stoff fühlte sich

auf der Haut noch immer etwas ungewohnt, jedoch auch weich

und angenehm an. Einen erneuten Gefühlsausbruch

unterdrückend hob Conny den Blick und machte einen Schritt auf

den großen Spiegel zu, der über dem Waschbecken an der Wand

hing.

Ihr Erscheinungsbild hatte sich in den letzten 48 Stunden

drastisch verändert. Vor kaum mehr als zwei Tagen war sie als

Milchkuh aus dem Transporter gestiegen, doch Dr. Collins hatte

bereits dafür gesorgt, dass sie wieder ein sehr menschliches Bild

abgab.

Im ersten Schritt hatte er die gelben Ohrmarken entfernt, mit

deren Hilfe man sie als Kuh identifiziert hatte. Obwohl sie die

Marken schon nach kurzer Zeit nicht mehr gespürt hatte, schien

ihr nun das - wenn auch geringe - Gewicht der Plastikplaketten

an ihren Ohren manchmal zu fehlen. Noch mehr hatte Conny sich

jedoch darüber gefreut, dass sie den verhassten Nasenring

endlich losgeworden war. Sie war von vornerein nie damit

einverstanden gewesen, dass ihre Nasenscheidewand

319

durchstochen worden war, und insbesondere in den letzten

Tagen vor ihrer Rückverwandlung hatte sie ihn zu hassen gelernt.

Doch nun hatte Dr. Collins ihn entfernt, und auch wenn das Loch

in ihrer Nasenscheidewand bleiben würde, würde sie es nie

wieder zulassen, dass jemand erneut einen Ring daran befestigen

und sie durch selbigen kontrollieren können würde.

Ebenfalls noch am Abend ihrer Ankunft in der Praxis des

Doktors war die rotbraune Färbung von ihrer Haut gewaschen

worden. Im Gegensatz zu den Ohrmarken und dem Nasenring

war dieser Teil ihrer Verwandlung jedoch nicht ganz so leicht

rückgängig zu machen gewesen. Fast zwei Stunden hatte sie in

der kleinen Duschkabine verharren müssen, bis die Arzthelferin

auch die letzte Stelle ihres Körpers mit einem vergleichsweise

rauen Schwamm abgeschrubbt hatte. Nur dem speziellen

Lösungsmittel, das sie dabei verwendet hatte, war es zu

verdanken, dass die Färbung sich überhaupt vollständig von

ihrer Haut gelöst hatte. Doch jetzt hatte ihre Haut wieder den

normalen menschlichen Farbton angenommen, der auch vor ihrer

Scheinverwandlung zu ihr gehört hatte. Zugegeben, sie war ein

wenig blass, doch das würde sich mit ein wenig Sonne bald legen.

Im Stall hatte sie schließlich nahezu ausschließlich künstliches

Licht abbekommen.

Es wirkte ein wenig so, als ob sie ihrem Ebenbild Mut

machen wollte, als sie die Lippen zu einem zaghaften Lächeln

320

verzog. Die Ohrmarken und den Nasenring war sie losgeworden,

doch hatte sie sich noch nicht so recht an den Anblick ihres

Gesichts gewöhnt. Die fehlenden Haare ließen sich nicht so

schnell wieder in ihre ursprüngliche Form bringen, auch wenn

Dr. Collins ihr versichert hatte, dass die Glatze kein permanenter

Zustand sein würde. Tatsächlich schien er ein wenig überrascht

zu sein, dass ihre Haare nicht bereits neu gewachsen waren. Ihr

Aufenthalt im Stall war deutlich länger ausgefallen, als es

ursprünglich geplant gewesen war, doch nachdem der Doktor am

Vortag einige ihrer Haarwurzeln untersucht hatte, zeigte er sich

wieder ausgesprochen optimistisch.

Die Arzthelferin hatte Conny angeboten, ihr für die

Übergangszeit eine Perücke zu bringen, doch die Journalistin

hatte sich dagegen entschieden. Warum genau konnte sie nicht

einmal sagen, doch momentan erschien es ihr nicht besonders

wichtig zu sein, welche Frisur sie trug.

Der bisher vielleicht größte Schritt ihrer Rückverwandlung

in einen Menschen hatte am gestrigen Vormittag stattgefunden,

als Dr. Collins ihr den Kuhschweif amputiert hatte. Obwohl

dieser künstlich hinzugefügte Teil ihres Körpers sich für Conny

immer ein wenig fremd angefühlt hatte, schien das Gewebe in

den vergangenen Monaten gut mit ihrem Körper verwachsen zu

sein. Abgesehen von dem dumpfen Schmerz, der von ihrem

bandagierten Steißbein ausging, hatte sie tatsächlich hin und

wieder das Gefühl, dass ihr dort hinten etwas fehlen würde. Doch

321

genau wie Dr. Collins es ihr vor ihrer Verwandlung vorausgesagt

hatte, war von ihrem Schweif nichts weiter übrig geblieben, als

eine etwas größere Narbe.

Doch der lange Aufenthalt in den Ställen von BioUdders

hatte auch einige Spuren an Conny hinterlassen, die nicht so

schnell verschwinden würden.

Am auffälligsten waren dabei ihre Brüste. Jetzt, da ihr

restlicher Körper wieder zurückverwandelt worden war, wirkten

sie für Conny noch größer und gezeichneter, als zuvor. Die Haut

wirkte stark gedehnt und die Brüste waren nicht mehr annähernd

so fest, wie noch vor wenigen Monaten. Schwer und prall hingen

sie an ihr herunter, ein dezentes Spannen erinnerte die

Journalistin daran, dass sie noch immer stark laktierte. Auch an

ihren Brustwarzen hatte die Beanspruchung durch die

Melkmaschine deutliche Spuren hinterlassen. Groß und

geschwollen standen sie von ihren Brüsten ab, wirkten im

Zusammenspiel mit der nun wieder normal gefärbten Haut

beinahe grotesk dunkel und lang.

Conny seufzte schwer und drehte sich ein wenig zur Seite.

Nicht nur ihre Brüste hatten an Umfang deutlich zugelegt. Die

einseitige Ernährung und die allenfalls als geringfügig zu

bezeichnende Bewegung in den Ställen waren nicht spurlos an

ihrer Figur vorbei gegangen. Wenn sie der Waage glauben

konnte, hatte sie 14 Kilo zugenommen. Ein kleiner Anteil davon

mochte auf ihre Brüste entfallen, doch das meiste konnte sie recht

322

mühelos an ihren Oberschenkeln und auf ihrer Hüfte entdecken.

"Ich muss mich wohl wieder im Fitnessstudio anmelden", meinte

sie mit matter Stimme.

Die Journalistin löste ihren Blick von ihrem Spiegelbild und

kehrte in das angrenzende Zimmer zurück. Das Klackern ihrer

Absätze auf dem gefliesten Boden erinnerte sie beinahe ein wenig

an die Geräusche, die von den Hufschuhen ausgegangen waren.

Nachdem sie seit ihrer Verwandlung jede Minute in den Stiefeln

verbracht hatte, die ihre Füße, wie bei Balletttänzerinnen, in eine

extrem gestreckte Haltung gezwungen hatten, empfand sie

Absätze als deutlich angenehmer, als flaches Schuhwerk. Die

Arzthelferin hatte ihr freundlicherweise ein paar einfache Schuhe

mit hohen Hacken gebracht.

Als Conny zurück in das kleine Zimmer kam, dass sie

zurzeit mehr oder weniger bewohnte, wartete dort bereits Frau

Perez auf sie. Die Arzthelferin lächelte ihre Patientin freundlich

an. "Guten Morgen. Wie geht es dir heute?"

"Ganz gut soweit. Mein Steißbein schmerzt ein wenig",

beklagte sich Conny und erwiderte das Lächeln ein wenig

gequält.

"Das legt sich nach ein paar Tagen. Mach dir da keine

Sorgen, die Operation ist sehr gut verlaufen", beruhigte Perez sie.

Die Arzthelferin durchquerte den Raum, bückte sich und öffnete

einen kleinen Schrank.

323

Conny setzte sich derweil auf die Kante des niedrigen Betts,

das in einer Ecke des Raumes stand. Sie wusste bereits, was nun

kam und streifte sich das Shirt über den Kopf.

Perez hatte eine kleine Apparatur aus dem Schrank geholt

und kam damit zu Conny. "Wie fühlen sie sich heute an?",

erkundigte sie sich, während sie einen Blick auf die freigelegten

Brüste der Journalistin warf.

"Unverändert", erwiderte Conny etwas knapp. Sie hatte kein

Problem damit, dass andere Menschen ihre Brüste sahen - daran

hatte sie sich nun wirklich ausreichend gewöhnt. Doch jetzt, wo

sie keine Kuh mehr war, war es ihr ein wenig unangenehm, wie

deformiert ihre Brüste wirkten. Selbst eine Schwangerschaft hätte

wohl nicht so deutliche Spuren hinterlassen.

Perez nickte leicht mit dem Kopf. Ganz behutsam setzte sie

die Milchpumpe an Connys linke Brust und begann vorsichtig

damit, etwas Milch abzupumpen.

Conny schloss für einen kurzen Augenblick die Augen.

Sofort hatte sie wieder das Gefühl, im Stall zu sein, vorgebeugt an

der Melkmaschine zu stehen. Schnell öffnete sie die Augen

wieder, konzentrierte sich auf ihre Umgebung. "Nein, diese

Zeiten sind vorbei!", sagte leise zu sich selbst. Ein paar Mal tief

durchatmend beruhigte sie sich wieder. Tatsächlich fühlte sich

die Milchpumpe ganz anders an, als die Melkmaschine. Der

Druck, mit der an ihrer Brustwarze gezogen wurde, war viel

schwächer und der Rhythmus deutlich langsamer.

"Was meinst du?", erkundigte sich Perez, die ein wenig

324

verwundert drein schaute.

Conny lächelte kurz. "Schon gut, nur ein kleines

Selbstgespräch", entgegnete sie. "Wird es schon weniger?"

Nun war es Perez, die sanft lächelte und dabei den Kopf

schüttelte. "Nein, so schnell geht das nicht. Gib deinem Körper

ein wenig Zeit, um sich zu normalisieren. Du kannst das mit dem

Abstillen vergleichen, nur das deine Milchmenge natürlich viel

höher ist. Aber wenn dein Körper merkt, dass nicht mehr so viel

Milch gebraucht wird, dann wird er auch darauf reagieren."

Leise seufzend nickte Conny. "Ja, natürlich."

"Du darfst nicht vergessen, dass du in den letzten Wochen

täglich fast fünf Liter Milch produziert hast. Von dieser Menge

herunter zu kommen, wird halt etwas dauern. Aber mit jedem

Tag wird es ein bisschen weniger werden", ermutigte Perez ihre

Patientin.

Conny nickte erneut, sagte jedoch nichts. Bewegungslos

verharrte sie, während die Arzthelferin ihr zunächst weiter die

linke und anschließend ebenso behutsam die rechte Brust molk.

Anders als an der Melkmaschine, pumpte sie jedoch nicht die

gesamte Milch aus Connys Brüsten, damit die Laktation sich

langsam verringern konnte.

Den Blick auf die Pumpe gerichtet, beobachtete die

Journalistin, wie die weiße Flüssigkeit aus ihrem Körper

gewonnen wurde. Im Stall hatte sie dabei zumeist gefressen, und

tatsächlich verspürte sie jedes Mal, wenn Perez die Milchpumpe

325

ansetzte, plötzlich einen starken Hunger.

Das Gefühl mit einem kurzen Gedanken an Pawlows Hunde

unterdrückend konzentrierte Conny sich auf die Milch. Mit

Entsetzen hatte sie festgestellt, dass sie etwas mehr als vier

Monate auf dem Gelände von BioUdders verbracht hatte. Das

war doppelt so lange, wie sie es ursprünglich geplant hatten. In

diesem Zeitraum hatte ihr Körper grob geschätzt etwa 500 Liter

Milch produziert. Eine unglaubliche Menge, die Conny kaum

fassen konnte. Das war vermutlich mehr, als ein mittelgroßer

Supermarkt am Tag umsetzen konnte. Wenn sie sich vor Augen

hielt, welche Menge an Flüssigkeiten in den letzten Wochen aus

ihren Brustwarzen gepumpt worden war, schien es ihr durchaus

verständlich, warum sie so aussahen, wie es momentan der Fall

war.

Ihre Brüste würden auch nach dem Versiegen der Milch

deutliche Spuren ihrer Scheinverwandlung behalten, das war

Conny inzwischen klar. Dr. Collins hatte jedoch schon

durchblicken lassen, dass sich vielleicht eine Operation anbieten

würde, um den alten Zustand einigermaßen wieder her zu

stellen. Die Journalistin war alles andere als abgeneigt, dieses

Angebot anzunehmen. Immerhin hatte sie wenig Lust, den Rest

ihres Lebens derart gezeichnet zu sein.

Mit einem leisen Schmatzen löste Perez die Milchpumpe von

Connys rechter Brust. Obwohl die Journalistin nicht das Gefühl

hatte, dass sie schon fertig war, hatte zumindest das

326

unangenehme Spannen nachgelassen.

"Möchtest du gleich mit rüber kommen und etwas

Frühstücken?", erkundete sich die Arzthelferin, während sie die

Apparatur in einem Waschbecken säuberte und anschließend

wieder in dem Schrank verstaute.

Connys Blick ruhte auf den beiden Halbliterflaschen, die

beide mit ihrer weißen Milch gefüllt vor dem Bett standen. Ihre

Brüste waren noch nicht einmal richtig leer, und dennoch hatte

sie einen knappen Liter Milch gegeben. "Was? Ehm... ja, gerne.

Ich bekomme dabei immer Hunger...", gab sie zu.

Perez lachte leise. "Ja, das ist wohl die Macht der

Gewohnheit, was?" Sie wandte sich zum Gehen, blieb jedoch

stehen, als Conny ihr nicht folgte. "Gibt es noch etwas?",

erkundigte sie sich mit leicht besorgter Stimme.

Conny konnte ihren Blick nur langsam von den Flaschen

lösen. "Ja... ich weiß nicht, ob Dr. Collins das nicht schon längst

gemacht hat, aber könnte ich bitte einen Schwangerschaftstest

machen? Nur... um sicher zu gehen."

Einige Sekunden vergingen, während die Arzthelferin die

Journalistin aufmerksam musterte. "Ja, natürlich. Wir erledigen

das direkt nach dem Frühstück, ja?"

Leicht mit dem Kopf nickend stimmte Conny zu und erhob

sich. "Danke."

327

Das Team

Ein paar Stunden waren seit dem Frühstück vergangen.

Conny hatte die Zeit genutzt, um sich weiter von den Strapazen

der letzten Tage zu erholen. Einigermaßen entspannt lag sie auf

dem provisorischen Bett der kleinen Praxis und ordnete ihre

Gedanken. Ihr Aufenthalt im Stall mochte vorbei sein, doch es

würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis sie ihr Leben als

Kuh auch wirklich hinter sich lassen konnte. Nicht nur einmal

war sie in den letzten Tagen mit dem furchtbaren Gefühl aus dem

Schlaf hochgeschreckt, noch immer im Stall zu sein. Jedes Mal

hatte sie einige Augenblicke benötigt um zu realisieren, dass sie

ihre Rettung nicht nur geträumt hatte, sondern tatsächlich in

Sicherheit war.

Conny richtete ihren Oberkörper auf und hob den Kopf, als

sich die Zimmertür öffnete. Dr. Collins, wie immer in seinen

weißen Arztkittel gekleidet, betrat den Raum.

"Na, wie geht es unserer Starreporterin heute?", erkundigte

er sich mit freundlicher, gut gelaunter Stimme. Das Lächeln in

seinem bärtigen Gesicht war echt und ermutigte Conny dazu, es

zu erwidern.

"Ganz gut, ich gewöhne mich langsam wieder daran, nicht

mehr in einem Stall zu leben", antwortete sie und strich mit den

Fingern über die weiche Decke, als wollte sie sich vergewissern,

dass es sich auch ganz sicher nicht um Stroh handelte.

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Dr. Collins lachte. "Das ist ein gutes Zeichen. Wie fühlt sich

Ihr Steißbein an?"

Conny wog den Kopf leicht hin und her. "Das unangenehme

Pulsieren wird langsam schwächer, oder ich gewöhne mich

einfach daran. Aber ein wenig unangenehm ist es noch immer."

Der Arzt nickte leicht. "Ja, das war zu erwarten. Ihr Körper

hatte sich ein bisschen zu gut mit dem Schweif angefreundet,

könnte man sagen. Aber in ein paar Tagen merken Sie nichts

mehr davon."

Die Journalistin nickte leicht. Auch wenn der Doktor es nicht

aussprach wusste sie, dass diese Probleme durch den viel zu

langen Aufenthalt im Stall ausgelöst worden waren. Stumm

fragte sie sich, wie sehr ihr Körper in Mitleidenschaft gezogen

worden wäre, wenn noch weitere Wochen im Stall

dazugekommen wären.

"Ich habe hier noch ein Testergebnis für Sie", meinte Dr.

Collins und zog einen kleinen Zettel aus einer der Taschen seines

Kittels.

Unwillkürlich verkrampfte sich Connys Magen. Direkt nach

dem Frühstück hatte sie zusammen mit Perez einen

Schwangerschaftstest gemacht. Das er vollkommen ergebnislos

geblieben war, hatte nicht gerade eine beruhigende Wirkung auf

die Journalistin gehabt. Perez hatte ihr erklärt, dass es vermutlich

an den Hormonen lag, die sie kurz vor ihrer Rettung im Stall

bekommen hatte, so dass sie Conny ein wenig Blut abgenommen

329

hatte, um einen genaueren Test zu machen.

"Ja?", brachte sie unsicher hervor. Sie bemerkte, dass ihre

Finger ein wenig zitterten und krallte sie fester in die Decke, den

Blick fest auf den Arzt gerichtet.

Dr. Collins musterte sie einige Sekunden lang, ehe er den

Blick senkte. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er das

zusammengefaltete Blatt Papier aufgeklappt hatte. "Die

Untersuchung Ihrer Blutwerte hat ergeben, dass Sie nicht

schwanger sind. Es scheint fast so, als müssten Sie es noch einmal

versuchen", verkündete er mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Conny fiel ein Stein vom Herzen. Ihr Herz, das zuvor wild

gegen ihre Brust geschlagen hatte, machte einen kleinen Hüpfer,

während ihr restlicher Körper sich entspannte, als die Last der

Ungewissheit von ihr abfiel. Erst jetzt den zweiten Satz des

Arztes realisierend schüttelte sie abwehrend den Kopf. "Oh nein,

vielen Dank. Ich hab erst einmal genug davon."

Sie konnte nicht anders, als leise zu lachen. Jetzt, wo sie

wusste, dass ihre Aufenthalte auf dem Zuchtbock ohne weitere

Konsequenzen geblieben waren, erschien ihr die Erinnerung

daran gar nicht mehr so schlimm. Natürlich würde sie das nie

zugeben, doch eigentlich hatte sie mit den Bullen durchaus ihren

Spaß gehabt.

Der Doktor legte den Ausdruck des Testergebnisses auf

einen kleinen Tisch und richtete seine Aufmerksamkeit

anschließend wieder auf seine Patientin. "Ich habe noch eine

330

kleine Überraschung für Sie", verkündete er, "draußen wartet ein

Besucher auf Sie. Natürlich nur, wenn Sie sich dafür fit genug

fühlen."

Conny verdrängte die Gedanken an den gefliesten Raum mit

dem Zuchtbock und warf Dr. Collins einen neugierigen Blick zu.

Es war das erste Mal, dass jemand von Außerhalb der Arztpraxis

zu ihr kam. Zwar hatte sie am vorherigen Tag zwei kurze

Telefonate geführt, jedoch abgesehen von Dr. Collins und Perez

niemanden persönlich getroffen. "Wer ist es?", hakte sie nach,

während sie im Kopf verschiedene Möglichkeiten durchging.

War es vielleicht Nadine? Ihre Freundin, der sie im Vorfeld von

ihrem Vorhaben erzählt hatte, war am Telefon in Tränen

ausgebrochen, als sie ihre Stimme gehört hatte. Genau wie Conny

es in ihrem Brief verlangt hatte, hatte Nadine nach genau 8

Wochen das Schließfach geöffnet und damit alle Informationen

über die Scheinverwandlung erhalten. Sie war schnurstracks zum

Geschäftsführer der Tillburg Post gelaufen und hatte ihn mit der

Angelegenheit konfrontiert. Offenbar hatte Herr Lübke sie nur

mit Mühe beschwichtigen können, damit sie mit ihrem Wissen

nicht zur Polizei lief. Sogar mit Erik hatte sie sprechen wollen,

und erst, als er ihr mit Nachdruck versichert hatte, dass es Conny

gut ging und sie nur noch etwas mehr Zeit brauchen würden,

hatte sie schließlich Ruhe gegeben. Conny nahm sich fest vor, ihre

Freundin gleich als erstes zu besuchen, sobald sie aus der Praxis

entlassen war.

"Ich kann Ihnen doch die Überraschung nicht verderben",

331

meinte Dr. Collins gut gelaunt. Seine Patientin noch einmal

prüfend musternd wandte er sich schließlich nach kurzem

Zögern zur Tür, öffnete sie und winkte eine Person herein.

Überrascht starrte Conny den Mann an, der soeben den

Raum betrat. Seine schwarzen Haare waren zerzaust, dunkle

Augenränder verrieten, dass er in den letzten Tagen nicht

besonders viel geschlafen hatte. "Erik?", entfuhr es der

Journalistin in einer ungewohnt hohen Tonlage.

Der Mann rang sich ein müdes Lächeln ab und hob die

Hand. Er machte einen mitgenommenen Eindruck und erinnerte

nur Vage an den absolut von sich selbst überzeugten Reporter,

den Conny bei der Tillburg Post kennen gelernt hatte. "Hallo

Conny."

Für einige Sekunden herrschte vollkommene Stille im Raum.

Verschiedene Gedanken rasten durch Connys Kopf, vollkommen

konfus und ungeordnet, so dass sie nicht dazu in der Lage war,

einen klaren Satz zu formulieren. Eine Mischung aus

Ungläubigkeit, Wut und Scham wallte in ihr auf.

Kurzentschlossen, ohne wirklich zu wissen, was sie tat,

sprang Conny von ihrem Bett, machte einige schnelle Schritte auf

Erik zu... und fiel ihm um den Hals. Ihr entfuhr ein leises

Schluchzen, als sie den Mann an sich drückte. All die

aufwallenden Gefühle, die gerade noch ihr Bewusstsein erfüllt

hatten, waren einer immensen Erleichterung gewichen. "Wie...

332

aber...du...?", brachte sie zusammenhangslos hervor.

Erik verzog das müde Gesicht zu einem Grinsen und

tätschelte ihren Rücken. "Du hast doch wohl nicht an mir

gezweifelt?", fragte er, halb ironisch, halb ernst gemeint.

Sich ein wenig von ihm lösend wischte Conny sich über die

nassen Wangen. Stumm sah sie den Mann an, mit dem sie so viel

durchgemacht hatte, von dem sie am Ende geglaubt hatte, dass er

sie verraten hatte, und der nun doch hier war. "Du schuldest mir

eine Erklärung!", entschied sie schließlich, noch immer mit den

Tränen ringend.

"Ja, dass tue ich wohl. Was hältst du davon, wenn wir uns

hinsetzen?", schlug Erik vor.

Einige Augenblicke später hatten Conny und Erik an dem

kleinen Tisch Platz genommen, der unweit des Bettes stand.

Nachdem er sich sicher war, dass seine Patientin mit der Situation

fertig wurde, hatte Dr. Collins den Raum verlassen, so dass sie

nun alleine waren. Unwillkürlich musste Conny daran denken,

dass sie sich nicht mehr gesehen hatten, seit ihr gemeinsamer

Fluchtversuch gescheitert war und Erik sie alleine in dem

Zuchtstall zurückgelassen hatte.

"Also... wo soll ich anfangen...", überlegte Erik laut. Er hatte

die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und schaute in

Richtung der Decke.

Conny erwiderte: "Wie wäre es mit dem Abend, an dem du

mich aus dem Stall holen wolltest?"

333

Leicht mit dem Kopf nickend stimmte Erik zu. "Ja, das ging

gehörig schief. Ich schätze das Meiste hast du dir schon selbst

zusammen reimen können. Es war so: Zu diesem Zeitpunkt

hatten die Verantwortlichen von BioUdders bereits Verdacht

geschöpft. Wir waren also nicht so unbeobachtet, wie wir gedacht

haben. Während ich dich aus dem Stall holte, wurde unser

Fluchtfahrzeug entdeckt und des Geländes verwiesen. Selbst

wenn wir es bis zum Parkplatz geschafft hätten, wären wir von

dort aus nicht mehr weiter gekommen."

Nun war es die Journalistin, die nickte. "Ja, soweit habe ich

es noch mitbekommen."

"Gut, gut...", meinte Erik. Kurz suchte er nach Worten, ehe er

fortfuhr: "Nachdem man uns gesehen hatte, blieb mir keine

andere Wahl, als dich in den Zuchtstall zu bringen. Sonst hätte

ich keine Erklärung dafür gehabt, warum du dich außerhalb

deines Stalls befunden hast."

"Warte... du wusstest, was für ein Stall das war?", fragte

Conny brüskiert.

Erik hob abwehrend die Hände. "Ja, das wusste ich.

Immerhin habe ich fast 3 Monate für BioUdders gearbeitet." Auf

Connys empörten Blick reagierend fügte er hinzu: "Aber du

solltest nie dort bleiben. Ich wollte dich noch am gleichen Abend

wieder rausholen!"

"Aber das hast du nicht!" Die Journalistin spürte, wie Wut in

ihr aufwallte. Bisher war sie immer davon ausgegangen, dass es

ein Unfall gewesen war, dass sie gerade in diesem Stall gelandet

334

war. Das auch Erik nicht gewusst hatte, was sie dort erwartete.

Doch jetzt, wo sie die Zusammenhänge kannte, schien ihr dieser

Gedanke erstaunlich naiv. Als ob Erik in all den Wochen und

Monaten nicht mitbekommen hätte, was es mit diesem Gebäude

auf sich hatte.

"Nein, das habe ich nicht. Weil ich nicht konnte", erklärte

Erik mit Nachdruck in der Stimme. "Du erinnerst dich doch

bestimmt an die beiden Männer, die uns erst in diese Situation

gebracht haben?" Er wartete die Antwort nicht ab, sondern sprach

weiter: "Nachdem ich dich in den Stall gebracht habe, warteten

sie bereits vor dem Stall und brachten mich direkt in ein Büro.

Dort eröffnete mir der Vice President von BioUdders, dass meine

Tarnung aufgeflogen sei. Ich war stundenlang in diesen Raum

eingesperrt und wurde regelrecht verhört. Ich hatte überhaupt

keine Chance, wieder zu dir zurück zu kehren. Und selbst wenn,

hätte ich dich vermutlich nur in noch größere Gefahr gebracht."

Ganz langsam beruhigte sich die junge Journalistin wieder.

Satz für Satz verarbeitete sie die Worte ihres Gegenübers, ehe sie

sich schließlich zu einem leichten Kopfnicken durchringen

konnte. Nur zu gut erinnerte sie sich an ihre eigene Begegnung

mit Eklund. Das was Erik ihr erzählte, klang nach der Wahrheit.

Nur in einem Punkt hatte er nicht Recht. "Ich glaube dir. Nur...

nur in Gefahr hättest du mich nicht gebracht. Durch unsere

Flucht wussten sie bereits, wonach sie suchen mussten."

Erik blinzelte einige Male. "Ja, damit könntest du Recht

335

haben..."

"Was ist dann mit dir passiert?", hakte Conny nach.

Ihr Kollege schwieg für einige Augenblicke, ehe er erzählte:

"Es gab nur wenig, was sie noch nicht wussten. Dennoch schienen

sie Angst vor dem zu haben, was wir möglicherweise

veröffentlichen könnten. Also drohten sie mir damit, mich in

einen Bullen zu verwandeln, wenn ich nicht kooperieren würde."

Er machte eine kurze Pause und suchte Connys Blick. "Wenn ich

nicht darauf eingegangen wäre, hätte ich keine Chance mehr

gehabt, dich zu retten. Also habe ich mich auf einen Deal

eingelassen. Ich musste mich dazu verpflichten für BioUdders

arbeiten, allerdings nicht von Animal Planet aus. Am nächsten

Tag wurde ich direkt von dort zu einem Raumgleiter gebracht."

Die Journalistin sagte nichts. Stumm schaute sie in das

müde, gebeutelte Gesicht ihres Kollegen.

"Sie verfrachteten mich auf eine Raumbasis, irgendwo

außerhalb des Sektors. So war ich erst einmal aus dem Spiel.

Wirklich gearbeitet habe ich dort allerdings auch nicht, es war

eigentlich eher ein Gefängnis. Sie schienen nicht so ganz zu

wissen, was sie mit mir anstellen sollten. Ich hatte das Gefühl,

dass ich sozusagen ihre Versicherung war, falls doch noch

irgendwelche Informationen nach außen gedrungen wären."

Conny nickte. Eine Frage drängte sich auf, eine Frage, die sie

bereits Dr. Collins gestellt, jedoch keine Antwort erhalten hatte.

"Weißt du, wie ich entkommen konnte?"

336

Die Worte standen einige Augenblicke im Raum, schienen

an den Wänden abzuprallen und durch das kleine Zimmer zu

hallen. Schließlich nickte Erik mit dem Kopf. "Ja", sagte er nur.

Doch er spannte sie nur kurz auf die Folter, ehe er erklärte:

"Während ich bei BioUdders war, habe ich mich mit ein paar

Kollegen angefreundet. Einem von ihnen - Lars - habe ich einen

digitalen Brief geschickt. Du weißt schon, einen von dieser Art,

die sich nur öffnen lassen, wenn man für 48 Stunden kein

Sperrsignal sendet. Lars war schon länger unzufrieden bei

BioUdders und wollte kündigen, so dass ich ihm soweit

vertraute. In dem Brief standen deine Lebensnummer, der Code

deiner Ohrmarke und die Bitte, dich aus den Ställen zu schaffen,

falls er nichts mehr von mir hören sollte. Und das hat er wohl

offensichtlich auch geschafft. Er fuhr den Transporter."

Ein Lächeln zeichnete sich auf Connys Gesicht ab. Also hatte

Erik sie doch noch gerettet! Zwar war er nicht dazu in der Lage

gewesen, sie persönlich in Sicherheit zu bringen, doch auf seine

Art hatte er es trotzdem geschafft. "Danke...", flüsterte sie.

Das Lächeln erwidernd zuckte Erik mit den Schultern. "Hey,

ich hab's doch versprochen, oder nicht? Aber jetzt erzähl mal, was

dir passiert ist, während ich meinen kleinen Weltraumausflug

gemacht habe."

"Wie bist du eigentlich entkommen?", wunderte sich Conny,

ohne auf die Frage des Mannes einzugehen.

Erik grinste. "Nachdem du nicht mehr in Gefahr warst, ließ

sich das arrangieren. Aber jetzt erzähl du erst einmal."

337

Die Journalistin begann zu erzählen. Zuerst ein wenig

unsicher, fand sie mit jedem weiteren Satz mehr Halt. So gut es

ihre Erinnerung zuließ ging sie ins Detail und ließ nach

anfänglichem Zögern auch die heiklen Stellen nicht aus.

Ausführlich schilderte sie Erik von ihrem Aufenthalt im

Zuchtstall, wie BioUdders versucht hatte, sie in der Zucht

einzusetzen und schließlich von ihrer Begegnung mit Eklund. "...

Sie hatten also schon lange gewusst, dass ich keine richtige Kuh

war. Ich schätze sie wollten dich erst an einen sicheren Ort

bringen, bevor sie mich sozusagen offiziell demaskieren, oder sie

wollten mich einfach nur dafür bestrafen, dass ich mich

eingeschlichen habe. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin,

was sie gemacht hätten, wenn ich tatsächlich... schwanger

geworden wäre."

Erik, der gebannt zugehört hatte, zuckte leicht mit den

Schultern. "Ich glaube das hätte für sie keinen großen Unterschied

gemacht. Vermutlich hätte man dich ohnehin nicht auf dem

Gelände gelassen, sondern in irgendeinen anderen Betrieb

verfrachtet."

Conny nickte. "Ja, das denke ich mir auch. Ich hab wohl

ohnehin großes Glück gehabt, dass sie mich nicht gleich direkt

vor Ort verwandelt haben. Genügend Ärzte hatten sie ja

schließlich vor Ort."

So unterhielten sie sich noch eine ganze Weile. Schließlich

338

hatten sie beide eine gute Vorstellung davon, was dem jeweils

anderen passiert war. Schon eine ganze Weile diskutierten sie

nun darüber, in welcher Form sie ihre Informationen

veröffentlichen sollten. Erik, der bereits am Vortag wieder auf

Animal Planet gelandet war, hatte bereits die ersten

Vorbereitungen getroffen. Die Tillburg Post würde in zwei Tagen

mit einer Sensationsschlagzeile für Aufsehen sorgen, und Conny

konnte es kaum erwarten, ihren Teil dazu beizutragen.

"Du hast schon so viel gemacht, du solltest dich lieber noch

weiter ausruhen", beschwichtigte Erik halbherzig. Der

Tatendrang der jungen Journalistin hatte ihn angesteckt. Die

Begeisterung über den gemeinsamen Erfolg wischte ihm die

Müdigkeit zumindest teilweise aus dem Gesicht.

Conny verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. "Wagt

es bloß nicht, mich jetzt nicht mitschreiben zu lassen. Schließlich

habe ich die Informationen erst durch meinen vollem

Körpereinsatz beschafft!"

Beide lachten. "Schon gut, ich werde mit Dr. Collins reden.

Ich hoffe es spricht nichts dagegen, dass du von hier aus mit an

dem Artikel schreibst."

"Und wenn doch, musst du mich eben hier rausbringen.

Darin haben wir jetzt ja schon ein wenig Übung", verlangte

Conny enthusiastisch.

Erneut erfüllte Gelächter den Raum. "Also, abgemacht.

Lassen wir es krachen. BioUdders kann sich auf einen Artikel

gefasst machen, das ihnen die Milch sauer wird!"

339

Epilog

Grazil schwebten ihre Finger über die flache Tastatur,

vollführten einen Reigen aus feinen Bewegungen, als würden sie

einen ganz eigenen Tanz zeigen. Bei jeder Berührung mit den

Tasten erschien ein Buchstabe auf dem hell schimmernden

Monitor, der sogleich zu einem Wort und schließlich zu einem

Satz geformt wurde. Eine Vielzahl von Ihnen wurden

aneinandergereiht, bis ein langer Absatz entstanden war. Erst

jetzt verlangsamten die Finger ihre Bewegungen, hielten kurz

inne und beendeten schließlich ihren Tanz.

Conny nahm die Hände von der Tastatur und lehnte sich in

ihrem Schreibtischstuhl zurück. Kurz überflog sie noch einmal

das, was sie in den letzten Minuten geschrieben hatte und nickte,

sich selbst zustimmend, mit dem Kopf. "Ja, das passt so",

murmelte sie zufrieden. Ihre Zufriedenheit entsprang nicht nur

den letzten Absätzen, sondern wurde zusätzlich dadurch

befeuert, dass sie gerade ein weiteres Kapitel abgeschlossen hatte.

Nachdem der Artikel erschienen und sie selbst wieder ein

wenig zur Ruhe gekommen war, hatte Conny den Ratschlag ihrer

Freundin Nadine in die Tat umgesetzt und damit begonnen, ihre

Erlebnisse in den Ställen von BioUdders niederzuschreiben.

Schnell hatte sie festgestellt, dass ihre Geschichte nicht nur

spannend und aufgrund der tatsächlich gemachten Erfahrungen

einzigartig war, sondern ihr auch sehr dabei half, die eigenen

340

Erlebnisse zu verarbeiten. Je mehr sie aufschrieb, desto weniger

Gedanken an ihre Zeit als Milchkuh schienen in ihrem Kopf zu

verbleiben und in ihren Träumen heimzusuchen.

Ein wenig in Gedanken versunken raffte Conny sich auf. Sie

machte einen kleinen Abstecher in die Küche und öffnete den

Kühlschrank. Obwohl sie nicht besonders hungrig war, griff sie

sich einen Joghurt, schnappte sich einen Löffel aus der Schublade

und nahm beides mit zurück in ihr Wohnzimmer.

Sich wieder auf ihrem Schreibtischstuhl niederlassend,

öffnete sie den Yoghurtbecher und ließ ihren Blick durch den

Raum schweifen. Eingerahmt in einen hölzernen Rahmen hing

das Titelblatt der Tillburg Post mit dem Artikel über BioUdders

an der Wand. "Skandal bei BioUdders: Massive Verstöße gegen

Bioauflagen!", prangerte die Schlagzeile an.

Einen Löffel Joghurt in ihren Mund schiebend verzog Conny

die Lippen zu einem Lächeln. Inzwischen war es fast drei Monate

her, dass sie die Ställe von BioUdders verlassen hatte und wieder

in einen Menschen zurückverwandelt worden war. Von ihrem

Leben als Milchkuh waren nicht mehr viele Spuren übrig

geblieben. Sie hatte ihre Physiotherapie abgeschlossen, ihre Arme

hatten sich wieder vollständig erholt. Ihre Haare waren noch

immer recht kurz, doch schon bald würden sie wieder lang genug

sein, um feine Locken zu bilden. Auch die überschüssigen Pfunde

war sie fast vollständig losgeworden, und nach einer Operation

341

durch einen Fachchirurgen sahen auch ihre Brüste wieder ganz

normal aus und erinnerten nicht mehr an die prallen und

malträtierten Euter einer Kuh. Geblieben waren ihr nur ein paar

kleine Narben und die Erinnerungen, die sie nun zu ihrem ersten

Werk zusammenfasste.

Deutlich größere Spuren hatte sie hingegen bei BioUdders

hinterlassen. Nachdem Erik und sie ihren Artikel veröffentlich

hatten, waren die Medien regelrecht über den Milchkonzern

hergefallen. Alle Versuche, die Anschuldigungen von sich zu

weisen, waren an den unwiderlegbaren Beweisen gescheitert, die

sie gesammelt hatten.

Doch nicht nur die Medien und die Öffentlichkeit hatten sich

für den Skandal interessiert. Sowohl die Polizei, als auch das

Ministerium für Pets, Halter und Züchter hatten sich über die

Hinweise und Belege der Journalisten äußerst erfreut gezeigt.

Mehrere führende Manager, darunter auch Eklund, waren

festgenommen worden - zudem hatte die Firma das wertvolle

Biosiegel verloren.

Abgesehen davon, dass die Tillburg Post, bis zu diesem

Zeitpunkt eine vergleichsweise unbedeutende Tageszeitung auf

Animal Planet, über Nacht zu einem der bekanntesten Medien

aufgestiegen war und seine Auflage deutlich vergrößern konnte,

hatten Erik und Conny noch eine Reihe weiterer Erfolge für sich

verbuchen können. In den ersten Tagen und Wochen erhielten sie

täglich Einladungen in verschiedene Sendungen und Talkshows,

342

zudem waren sie für die höchste Auszeichnung für investigativen

Journalismus nominiert worden. Die Preisverleihung würde in

fast genau zwei Wochen stattfinden, doch bereits jetzt herrschte

allgemeine Einigkeit darüber, dass die beiden Reporter der

Tillburg Post den Titel erhalten würden.

Anfangs war es für Conny nicht gerade einfach gewesen, mit

ihren doch nicht gerade alltäglichen Erlebnissen derart im

Rampenlicht zu stehen. Natürlich ließ es sich nicht vermeiden,

und sie wollte die Gelegenheit, ihrer Karriere einen

außergewöhnlichen Schub zu verpassen, auch nicht ausschlagen.

Doch vor laufender Kamera von ihrem Aufenthalt im Stall zu

erzählen, war alles andere als einfach und zudem sehr peinlich

gewesen. Allerdings hatte Erik ihr immer zur Seite gestanden,

war eingesprungen, wenn sie nicht hatte weiterreden können

oder wollen und schließlich war sie über den Punkt drüber weg,

an dem sie mit Schamgefühlen zu kämpfen hatte. Natürlich war

sie bisher nicht auf alle Details - insbesondere die letzten Tage im

Zuchtstall - eingegangen, doch das würde sich mit ihrem Buch

ändern.

Den letzten Rest aus dem Becher kratzend musterte Conny

das Etikett des Joghurts für einen Moment. Auch dieses Produkt

war mit Milch hergestellt worden, die auf Animal Planet

gewonnen wurde. Es war noch gar nicht so lange her, dass auch

die Milch, die aus ihren Brüsten gewonnen worden war, ihren

Weg in den Verkauf gefunden hatte. Ein merkwürdiger,

343

irgendwie abstruser Gedanke, doch Conny gelang es auch nicht,

ihn einfach so abzuschütteln. Nach ihrer Verwandlung hatte sie

eine Weile überlegt, ob sie in Zukunft auf Milchprodukte

verzichten wollte, doch schließlich hatte sie sich dagegen

entschieden. Trotz all der Strapazen hatte ihr kurzes Leben als

Milchkuh auch schöne Seiten gehabt. Insbesondere so lange sie

sich nicht zu sehr auf ihre Flucht fixiert hatte, hatte sie die Zeit

sogar ein wenig genossen.

Conny stellte den leeren Becher zur Seite und richtete ihre

Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm. "Genug Pause

gemacht, jetzt wird wieder gearbeitet", ermutigte sie sich selbst.

Aktuell arbeitete sie nur den halben Tag für die Zeitung, die

Nachmittage hatte sie sich frei genommen, um ihr Buch zu

schreiben. Nach all der Aufregung während und nach Ihres

Undercovereinsatzes war sie froh, ein wenig zur Ruhe zur

kommen. Ein spöttisches Lächeln zierte ihre Lippen, als sie daran

dachte, wie sehr sie sich nach Spannung und Aufmerksamkeit

gesehnt hatte. Fürs Erste hatte sie nun jedoch genug davon. Die

Ruhe, die ihr "klassischer Journalismus" im Augenblock bot,

reichte vollkommen aus.

Die Finger wieder auf die Tastatur legend, bereitete Conny

sich innerlich auf das nächste Kapitel vor. Sie hatte sich

vorgenommen, in ihrem Buch nichts auszulassen, und an diese

selbst auferlegte Regel würde sie sich auch halten. Kurz schloss

344

sie die Augen, erinnerte sich daran, wie sie zwischen den

Schenkeln der anderen Kuh gekniet hatte, und formulierte im

Kopf den ersten Satz.

Noch einmal nahm sie die Finger von den Tasten um nach

einem nahestehenden Glas zu greifen, trank einen kleinen

Schluck und begann schließlich zu tippen. Erneut reihten sich

Buchstaben zu Wörtern, die gleich darauf ganze Sätze bildeten.

Hin und wieder ein Wort löschend oder einen Satz

umschreibend, gestaltete Conny weitere Absätze. Schon bald

würde jeder Buchladen auf Animal Planet dieses Werk ausstellen,

schon bald würde jeder Bürger des Planeten - und vielleicht sogar

der umliegenden Systeme - lesen können, wie das Leben als

Milchkuh tatsächlich war. Conny wusste auch schon, wie der

Titel ihres Buches lauten würde. Sie hatte die Worte schon im

Kopf gehabt, als sie noch mehrfach täglich an der Melkmaschine

gestanden hatte. Sie lauteten: "Die Reportage".

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