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Grundsätze Der Volkswirtschaftslehre

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  • The Online Library of LibertyA Project Of Liberty Fund, Inc.

    Carl Menger, Grundstze der Volkswirtschaftslehre[1871]

    The Online Library Of LibertyThis E-Book (PDF format) is published by Liberty Fund, Inc., a private,non-profit, educational foundation established in 1960 to encourage study of the idealof a society of free and responsible individuals. 2010 was the 50th anniversary year ofthe founding of Liberty Fund.

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    The cuneiform inscription that appears in the logo and serves as a design element inall Liberty Fund books and web sites is the earliest-known written appearance of theword freedom (amagi), or liberty. It is taken from a clay document written about2300 B.C. in the Sumerian city-state of Lagash, in present day Iraq.

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    LIBERTY FUND, INC.8335 Allison Pointe Trail, Suite 300Indianapolis, Indiana 46250-1684

  • Edition Used:Grundstze der Volkswirtschaftslehre (Wien: Wilhelm Braumller, 1871).

    Author: Carl Menger

    About This Title:One of the works which appeared independently in 1871 (along with a work byJevons and Walras) which revolutionized thinking about economics. The theory ofmarginal utility and new ways of thinking about marginal value and price theory helpfound the Austrian School of economics, whose later theorists included Ludwig vonMises and Friedrich Hayek, and Murray Rothbard.

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  • Table Of ContentsDem Kniglich Schsischen HofratheVorrede.Erstes Capitel.: Die Allgemeine Lehre Vom Gute.. 1.: Ueber Das Wesen Der Gter.. 2.: Ueber Den Causal-zusammenhang Der Gter.. 3.: Die Gesetze, Unter Welchen Die Gter In Rcksicht Auf Ihre

    Gterqualitt Stehen.. 4.: Zeitirrthum.. 5.: Ueber Die Ursachen Der Fortschreitenden Wohlfahrt Der Menschen.. 6.: Der GterbesitzZweites Capitel.: Die Wirthschaft Und Die Wirthschaftlichen Gter.. 1.: Der Menschliche Bedarf.. 2.: Die Verfgbaren Quantitten.. 3.: Ueber Den Ursprung Der Menschlichen Wirthschaft Und Die

    Wirthschaftlichen (konomischen) Gter.. 4.: Das Vermgen.Drittes Capitel.: Die Lehre Vom Werthe.. 1.: Ueber Das Wesen Und Den Ursprung Des Gterwerthes.. 2.: Ueber Das Ursprnglichste Mass Des Gterwerthes.. 3.: Die Gesetze, Nach Welchen Sich Der Werth Der Gter Hherer Ordnung

    Regelt.Viertes Capitel. Die Lehre Vom Tausche.. 1.: Die Grundlagen Des konomischen Tausches.. 2.: Die Grenzen Des konomischen Tausches.Fnftes Capitel.: Die Lehre Vom Preise.. 1.: Die Preisbildung Beim Isolirten Tausche.. 2.: Die Preisbildung Im Monopolhandel.. 3.: Preisbildung Und Gtervertheilung Bei Beiderseitiger Concurrenz.Sechstes Capitel.: Gebrauchswerth Und Tauschwerth.Siebentes Capitel.: Die Lehre Von Der Waare.. 1.: Ueber Den Begriff Der Waare Im Populren Und Wissenschaftlichen

    Sinne.. 2.: Ueber Die Absatzfhigkeit Der Waaren.Achtes Capitel.: Die Lehre Vom Gelde.. 1.: Ueber Das Wesen Und Den Ursprung Des Geldes ? .. 2.: Ueber Das Jedem Volke Und Jedem Zeitalter Eigenthmliche Geld.. 3.: Das Geld Als massstab Der Preise Und Als konomischeste Form Der

    Tauschvorrthe.. 4.: Die Mnze.

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    DemKniglich Schsischen HofratheDR. WILHELM ROSCHER

    professor der staats- und cameralwissenschaften an der universitt in leipzig etc.

    in achtungsvoller verehrung

    zugeeignet

    VOM VERFASSER.

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    Vorrede.Wenn unsere Zeit den Fortschritten auf dem Gebiete der Naturwissenschaften eine soallgemeine und freudige Anerkennung entgegenbringt, whrend unsere Wissenschafteben in jenen Lebenskreisen, welchen sie die Grundlage practischer Thtigkeit seinsollte, so wenig beachtet und ihr Werth so sehr in Frage gestellt wird, so kann derGrund hievon keinem Unbefangenen zweifelhaft erscheinen. Nie hat es ein Zeitaltergegeben, welches die wirthschaftlichen Interessen hher stellte, als das unsere,niemals war das Bedrfniss nach einer wissenschaftlichen Grundlage deswirthschaftlichen Handelns ein allgemeineres und tiefer gefhltes, niemals auch dieFhigkeit der Practiker auf allen Gebieten menschlichen Schaffens, dieErrungenschaften der Wissenschaft sich nutzbar zu machen, grsser, als in unserenTagen. Nicht die Folge des Leichtsinnes oder der Unfhigkeit der Practiker kann esdemnach sein, wenn dieselben, unbekmmert um die bisherigen Entwickelungenunserer Wissenschaft, bei ihrer wirthschaftlichen Thtigkeit lediglich die eigenenLebenserfahrungen zu Rathe ziehen, nicht die Folge eines hochmthigenZurckweisens der tieferen Einsicht, welche die wahre Wissenschaft dem Practikerber die den Erfolg seiner Thtigkeit bestimmenden Thatsachen und Verhltnissebietet. Der Grund einer so aufflligen Gleichgiltigkeit kann vielmehr nirgends andersgesucht werden, als in dem gegenwrtigen Zustande unserer Wissenschaft selbst, inder Unfruchtbarkeit der bisherigen Bemhungen, die empirischen Grundlagenderselben zu gewinnen.

    Ein jeder neue Versuch in dieser Richtung, mit so schwachen Krften er auchunternommen werden mag, trgt desshalb seine Berechtigung in sich selbst. DieErforschung der Grundlagen unserer Wissenschaft anstreben, heisst seine Kraft derLsung einer mit der Wohlfahrt der Menschen im engsten Zusammenbange stehendenAufgabe widmen, einem ffentlichen Interesse von hchster Wichtigkeit dienen undeinen Weg betreten, auf welchem selbst der Irrthum nicht ganz ohne Verdienst ist.

    Damit ein solches Unternehmen aber nicht dem gerechten Misstrauen derSachkundigen begegne, drfen wir es einerseits nicht verabsumen, allen Richtungen,in welchen der Forschergeist auf dem Gebiete unserer Wissenschaft bishervorgedrungen ist, eine sorgfltige Beachtung zuzuwenden, andererseits aber auchnicht davor zurckschrecken, mit der vollen Selbststndigkeit des Urtheiles an dieKritik der Ansichten unserer Vorgnger und selbst jener Lehrmeinungen zu schreiten,welche bisher fr fest stehende Errungenschaften unserer Wissenschaft galten. Durchdas erstere wrden wir uns der ganzen Summe von Erfahrungen freiwillig begeben,welche so viele ausgezeichnete Geister aller Vlker und Zeiten auf dem Wege zumgleichen Ziele gesammelt haben, durch das letztere auf jede Hoffnung einer tiefergehenden Reform der Grundlagen unserer Wissenschaft von vornherein verzichten.Wir weichen diesen Gefahren aus, indem wir die Ansichten unserer Vorgnger zuunserem geistigen Besitze machen, aber nirgends davor zurckschrecken, dieselbenzu prfen, von Lehrmeinungen an die Erfahrung, von Menschengedanken an dieNatur der Dinge zu appelliren.

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  • Auf diesem Boden stehen wir. Wir waren in dem Nachfolgenden bemht, diecomplicirten Erscheinungen der menschlichen Wirthschaft auf ihre einfachsten, dersicheren Beobachtung noch zugnglichen Elemente zurck-zufhren, an diese letzterndas ihrer Natur entsprechende Mass zu legen und mit Festhaltung desselben wieder zuuntersuchen, wie sich die complicirteren wirthschaftlichen Erscheinungen aus ihrenElementen gesetzmssig entwickeln.

    Es ist dies jene Methode der Forschung, welche, in den Naturwissenschaften zurGeltung gelangt, zu so grossen Resultaten fhrte und desshalb in missverstndlicherWeise auch die naturwissenschaftliche genannt wird, whrend sie doch allenErfahrungswissenschaften gemeinsam ist und richtiger die empirische genannt werdensollte. Es ist diese Unterscheidung aber desshalb von Wichtigkeit, weil jede Methodedurch die Natur des Wissensgebietes, auf welchem sic zur Anwendung kommt, ihrenbesonderen Charakter erhlt und demnach von einer naturwissenschaftlichenRichtung in unserer Wissenschaft fglich nicht die Rede sein kann.

    Die bisherigen Versuche, die. Eigenthmlichkeiten der naturwissenschaftlichenMethode der Forschung kritiklos auf die Volkswirthschaftslehre zu bertragen, habendenn auch zu den schwersten methodischen Missgriffen und zu einem leeren Spielemit usserlichen Analogien zwischen den Erscheinungen der Volkswirthschaft undjenen der Natur gefhrt, Magna cum vanitate et desipientia inanes similitudines etsympathias rerum describunt atque etiam quandoque affingunt? sagt Baco vonForschern dieser Art, ein Satz, der auch heute noch und zwar seltsamerweise eben vonjenen Bearbeitern unserer Wissenschaft gilt, die sich unablssig die Schler Bacosnennen, whrend sie den Geist seiner Methode doch so sehr verkennen.

    Wenn zur Rechtfertigung solcher Bestrebungen angefhrt wird, dass es die Aufgabeunserer Zeit sei, den Zusammenhang aller Wissenschaften und die Einheit ihrerhchsten Principien festzustellen, so mchten wir den Beruf unserer Zeit zur Lsungdieses Problems denn doch in Frage stellen. Nie werden, so glauben wir, die Forscherauf den verschiedenen Gebieten der Wissenschaft dies gemeinsame Endziel ihrerBestrebungen ohne Nachtheil aus dem Auge verlieren, mit Erfolg wird jedoch an dieLsung dieser Aufgabe erst dann geschritten werden knnen, wenn die einzelnenWissensgebiete auf das Sorgfltigste durchforscht und die ihnen eigenthmlichenGesetze gefunden sein werden.

    Zu welchen Resultaten uns die obige Methode der Forschung gefhrt hat und ob esuns gelungen ist, durch den Erfolg darzuthun, dass die Erscheinungen deswirthschaftlichen Lebens sich strenge nach Gesetzen regeln, gleich jenen der Natur,dies zu beurtheilen ist nun Sache unserer Leser. Verwahren mchten wir uns nurgegen die Meinung Jener, welche die Gesetzmssigkeit der volkswirthschaftlichenErscheinungen mit dem Hinweise auf die Willensfreiheit des Menschen lugnen, weilhiedurch die Volkswirthschaftslehre als exacte Wissenschaft berhaupt negirt wird.

    Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir ntzlich, ob und unter welchenBedingungen es ein Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirthschaftlichesGut ist, ob und unter welchen Bedingungen dasselbe Werth fr mich hat, und wiegross das Mass dieses Werthes fr mich ist, ob und unter welchen Bedingungen ein

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  • konomischer Austausch von Gtern zwischen zwei wirthschaftenden Subjectenstatthaben, und die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hiebei erfolgen kannu. s. f., all' dies ist von meinem Willen ebenso unabhngig, wie ein Gesetz derChemie von dem Willen des practischen Chemikers. Die obige Ansicht beruhtdemnach auf einem leicht ersichtlichen Irrthume ber das eigentliche Gebiet unsererWissenschaft. Die theoretische Volkswirthschaftslehre be schftigt sich nicht mitpraktischen Vorschlgen fr das wirthschaftliche Handeln, sondern mit denBedingungen, unter welchen die Menschen die auf die Befriedigung ihrer Bedrfnissegerichtete vorsorgliche Thtigkeit entfalten.

    Die theoretische Volkswirthschaftslehre verhlt sich zu der practischen Thtigkeit derwirthschaftenden Menschen somit nicht anders, als etwa die Chemie zur Thtigkeitdes practischen Chemikers, und der Hinweis auf die Freiheit des menschlichenWillens kann wohl als ein Einwand gegen die volle Gesetzmssigkeit derwirthschaftlichen Handlungen, niemals aber als ein solcher gegen dieGesetzmssigkeit der von dem menschlichen Willen gnzlich unabhngigenErscheinungen gelten, welche den Erfolg der wirthschaftlichen Thtigkeit derMenschen bedingen. Es sind aber eben diese Letzteren der Gegenstand unsererWissenschaft.

    Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der Erforschung des urschlichenZusammenhanges zwischen den wirthschaftlichen Erscheinungen an den Productenund den bezglichen Productions-Elementen zugewandt und zwar nicht nur wegender Feststellung einer der Natur der Dinge entsprechenden, alle Preiserscheinungen(somit auch den Kapitalzins, den Arbeitslohn, den Grundzins u. s. f.) unter einemeinheitlichen Gesichtspunkte zusammenfassenden Preistheorie, sondern auch wegender wichtigen Aufschlsse, welche wir hiedurch ber manche andere bisher vlligunbegriffene wirthschaftliche Vorgnge erhalten. Es ist aber eben dieses Gebietunserer Wissenschaft dasjenige, auf welchem die Gesetzmssigkeit derErscheinungen des wirthschaftlichen Lebens am deutlichsten zu Tage tritt.

    Eine besondere Freude war es uns, dass das hier von uns bearbeitete, dieallgemeinsten Lehren unserer Wissenschaft umfassende Gebiet zum nicht geringenTheile so recht eigentlich das Besitzthum der neueren Lntwickelungen der deutschenNational-Oekonomie ist und die hier versuchte Reform der hchsten Principienunserer Wissenschaft demnach auf der Grundlage von Vorarbeiten erfolgt, welchefast ausnahmslos deutscher Forscherfleiss geschaffen hat.

    Mge diese Schrift desshalb auch als ein freundlicher Gruss eines Mitstrebenden ausOesterreich betrachtet werden, als ein schwacher Widerhall der wissenschaftlichenAnregungen, welche uns Oesterreichern von Deutschland aus durch so vieleausgezeichnete Gelehrte, die es uns sandte, und durch seine vortrefflichen Schriften inso reichlichem Masse zu Theil geworden sind.

    Dr. Carl Menger.

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    Erstes Capitel.Die Allgemeine Lehre Vom Gute.. 1.Ueber Das Wesen Der Gter.Alle Dinge stehen unter dem Gesetze von Ursache und Wirkung. Dieses grossePrincip hat keine Ausnahme und vergebens wrden wir im Bereiche der Empirie nacheinem Beispiele von seinem Gegentheile suchen. Die fortschreitende menschlicheEntwicklung hat nicht die Tendenz, dies Princip zu erschttern, sondern vielmehr denErfolg, dasselbe zu befestigen, die Erkenntniss des Gebietes seiner Geltung immermehr zu erweitern und die unerschtterte und wachsende Anerkennung desselben istsomit geknpft an den menschlichen Fortschritt.

    Auch unsere eigene Persnlichkeit und jeder Zustand derselben sind Glieder diesesgrossen Weltzusammenhanges und der Uebergang unserer Person aus einem Zustandein emen hievon verschiedenen ist in anderer Weise undenkbar, als unter dem Gesetzeder Causalitt. Wenn demnach unsere Person aus dem Zustande des Bedrfens injenen des befriedigten Bedrfnisses treten soll, so mssen ausreichende Ursachenhiefr vorhanden sein, das ist, es mssen entweder die in unserem Organismuswaltenden Krfte unseren gestrten Zustand beseitigen, oder aber ussere Dinge aufuns einwirken, welche ihrer Natur nach geeignet sind, jenen Zustand herbeizufhren,welchen wir die Befriedigung unserer Bedrfnisse nennen.

    Diejenigen Dinge, welche die Tauglichkeit haben, in Causal-Zusammenhang mit derBefriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetzt zu werden, nennen wir Ntzlichkeiten,wofern wir diesen Causal-Zusammenhang aber erkennen und es zugleich in unsererMacht haben, die in Rede stehenden Dinge zur Befriedigung unserer Bedrfnissethatschlich heranzuziehen, nennen wir sie Gter.?

    Damit ein Ding ein Gut werde, oder mit andern Worten, damit es die Gterqualitterlange, ist demnach das Zusammentreffen folgender vier Voraussetzungenerforderlich:

    1. Ein menschliches Bedrfniss.2. Solche Eigenschaften des Dinges, welche es tauglich machen, inurschlichen Zusammenhang mit der Befriedigung dieses Bedrfnissesgesetzt zu werden.3. Die Erkenntniss dieses Causal-Zusammenhanges Seitens der Menschen.4. Die Verfgung ber dies Ding, so zwar, dass es zur Befriedigung jenesBedrfnisses thatschlich herangezogen werden kann.

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  • Nur wo diese Voraussetzungen zusammentreffen, kann ein Ding zum Gute werden,wo immer aber auch nur eine derselben mangelt, kann kein Ding die Gterqualitterlangen; bessse es aber bereits dieselbe, so msste sie doch sofort verloren gehen,wenn auch nur eine jener vier Voraussetzungen entfallen wrde? .

    Es verliert demnach ein Ding seine Gterqualitt, erstens, wenn durch eineVernderung im Bereiche der menschlichen Bedrfnisse der Erfolg herbeigefhrtwird, dass kein Bedrfniss, zu dessen Befriedigung jenes Ding die Tauglichkeit hat,vorhanden ist.

    Der gleiche Erfolg tritt, zweitens, berall dort ein, wo durch eine Vernderung in denEigenschaften eines Dinges die Tauglichkeit desselben, in ursachlichenZusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetzt zu werden,verloren geht.

    Die Gterqualitt eines Dinges geht, drittens, dadurch verloren, dass die Erkenntnissdes urschlichen Zusammenhanges zwischen demselben und der Befriedigungmenschlicher Bedrfnisse untergeht.

    Viertens bsst endlich ein Gut seine Gterqualitt ein, wenn die Menschen dieVerfgung ber dasselbe verlieren, so zwar, dass sie es zur Befriedigung ihrerBedrfnisse weder unmittelbar heranziehen knnen, noch auch die Mittel besitzen,um dasselbe wieder in ihre Gewalt zu bringen.

    Ein eigenthmliches Verhltniss ist berall dort zu beobachten, wo Dinge, die inkeinerlei urschlichem Zusammenhange mit der Befriedigung menschlicherBedrfnisse gesetzt werden knnen, von den Menschen nichts destoweniger als Gterbehandelt werden. Dieser Erfolg tritt ein, wenn Dingen irrthlicherweiseEigenschaften, und somit Wirkungen zugeschrieben werden, die ihnen in Wahrheitnicht zukommen, oder aber menschliche Bedrfnisse irrthmlicherweisevorausgesetzt werden, die in Wahrheit nicht vorhanden sind. In beiden Fllen liegendemnach unserer Beurtheilung Dinge vor, die zwar nicht in der Wirklichkeit, wohlaber in der Meinung der Menschen in jenem eben dargelegten Verhaltnisse stehen,wodurch die Gterqualitt der Dinge begrndet wird. Zu den Dingen der ersteren Artgehren die meisten Schnheitsmittel, die Amulette, die Mehrzahl der Medicamente,welche den Kranken bei tief stehender Cultur, bei rohen Vlkern auch noch in derGegenwart gereicht werden, Wnschelruthen, Liebestrnke u. dgl. m., denn alle dieseDinge sind untauglich, diejenigen menschlichen Bedrfnisse, welchen durchdieselben gengt werden soll, in der Wirklichkeit zu be friedigen. Zu den Dingen derzweiten Art gehren Medicamente fr Krankheiten, die in Wahrheit gar nichtbestehen, die Gerthschaften, Bildsulen, Gebude etc. wie sie von heidnischenVlkern fr ihren Gtzendienst verwandt werden, Folterwerkzeuge u. dgl. m. SolcheDinge nun, welche ihre Gterqualitt lediglich aus eingebildeten Eigenschaftenderselben, oder aber aus eingebildeten Bedrfnissen der Menschen herleiten, kannman fglich auch eingebildete Gter nennen? .

    Je hher die Cultur bei einem Volke steigt, und je tiefer die Menschen das wahreWesen der Dinge und ihrer eigenen Natur erforschen, um so grsser wird die Zahl der

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  • wahren, um so geringer, wie begreiflich, die Zahl der eingebildeten Gter, und es istkein geringer Beweis fr den Zusammenhang zwischen wahrer Erkenntniss, das ist,zwischen Wissen und Wohlfahrt der Menschen, dass erfahrungsmssig bei denjenigenVlkern, welche an wahren Gtern die rmsten sind, die Zahl der sogenannteneingebildeten Gter die grsste zu sein pflegt.

    Von einem eigenthmlichen wissenschaftlichen Interesse sind noch jene Gter,welche von einigen Bearbeitern unserer Wissenschaft unter der BezeichnungVerhltnisse als eine besondere Gter-Kategorie zusammengefasst werden. Eswerden hiezu Firmen, Kundschaften, Monopole, Verlagsrechte, Patente,Realgewerberechte, Autorrechte, von einigen Schriftstellern auch die Verhltnisse derFamilie, der Freundschaft, der Liebe, kirchliche und wissenschaftlicheGemeinschaften u. s. f. gerechnet. Dass ein Theil dieser Verhltnisse die strengePrfung derselben auf ihre Gterqualitt nicht zulsst, mag immerhin zugestandenwerden, dass aber ein anderer Theil, z. B. Firmen, Monopole und Verlagsrechte,Kundenkreise und dergleichen Dinge mehr, thatschlich Gter sind, dafr sprichtschon der Umstand, dass wir denselben in zahlreichen Fllen im Verkehre begegnen.Wenn nichts destoweniger derjenige Theoretiker, welcher sich am eingehendsten mitdiesem Gegenstand beschftigt hat? , zugesteht, dass die Existenz dieser Verhltnisseals Gter etwas Aufflliges an sich habe und dem unbefangenen Auge wie eineAnomalie erscheine, so liegt der Grund hievon, wie ich glaube, in der That etwastiefer, als in dem unbewusst auch hier wirkenden realistischen Zuge unserer Zeit,welche nur Stoffe und Krfte (Sachgter und Arbeitsleistungen) als Dinge, und somitauch nur solche als Gter anerkennt.

    Es ist von juristischer Seite schon mehrfach hervorgehoben worden, dass unsereSprache keinen Ausdruck fr ntzliche Handlungen im Allgemeinen, sondern nureinen solchen fr Arbeitsleistungen habe. Nun giebt es aber eine Reihe vonHandlungen, ja selbst von blossen Unterlassungen, welche, ohne dass man sieArbeitsleistungen nennen kann, doch fr bestimmte Personen entschieden ntzlichsind, ja einen sehr bedeutenden wirthschaftlichen Werth haben. Der Umstand, dassJemand bei mir seine Waaren einkauft, oder meine Dienste als Advocat in Anspruchnimmt, ist sicherlich keine Arbeitsleistung desselben, aber eine mir ntzlicheHandlung, und der Umstand, dass ein wohlhabender Arzt, der in einem kleinenLandstdtchen wohnt, wo sich ausser ihm nur noch ein anderer Arzt befindet, diePraxis auszuben unterlsst, ist noch viel weniger eine Arbeitsleistung des Ersteren zunennen, aber jedenfalls eine fr den Letzteren, der hierdurch zum Monopolisten wird,sehr ntzliche Unterlassung. Der Umstand, dass eine grssere oder kleinere Anzahlvon Personen (z. B. eine Anzahl von Kunden) solche irgend einer Person (z. B. einemKrmer) ntzliche Handlungen regelmssig ausbt, verndert die Natur dieserletzteren nicht, so wie der Umstand, dass von Seiten einiger oder smmtlicherBewohner eines Ortes, beziehungsweise eines Staates, gewisse einer Person ntzlicheUnterlassungen freiwillig oder durch rechtlichen Zwang erfolgen (natrliche oderrechtliche Monopole, Verlagsrechte, Markenschutz etc.), die Natur dieser ntzlichenUnterlassungen durchaus nicht ndert. Was man demnach Kunden-Kreise, Publicum,Monopole etc. nennt, sind, vom wirthschaftlichen Standpunkte aus betrachtet,ntzliche Handlungen, beziehungsweise Unterlassungen anderer Personen, oder aber,wie dies zum Beispiel bei Firmen der Fall zu sein pflegt, Gesammtheiten von

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  • Sachgtern, Arbeitsleistungen und sonstigen ntzlichen Handlungen,beziehungsweise Unterlassungen. Selbst Freundschafts- und Liebesverhltnisse,religise Gemeinschaften u. dgl. m. bestehen offenbar in solchen uns ntzlichenHandlungen oder Unterlassungen anderer Personen. Sind nun diese ntzlichenHandlungen oder Unterlassungen derart, dass wir ber dieselben verfgen knnen,wie dies zum Beispiel bei Kundenkreisen, Firmen, Monopolrechten etc. thatschlichder Fall ist, so ist kein Grund zu erkennen, weshalb wir denselben die Gterqualittnicht zuerkennen sollten, ohne doch zu dem dunkeln Begriffe der Verhltnissegreifen und diese letztern den brigen Gtern als eine besondere Kategorieentgegenstellen zu mssen. Ich glaube vielmehr, dass die Gesammtheit der Gter sichin die beiden Kategorien der Sachgter (einschliesslich aller Naturkrfte, so weit sieGter sind) und in ntzliche menschliche Handlungen (beziehungsweiseUnterlassungen), deren wichtigste die Arbeitsleistungen sind, einordnen lassen.

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    . 2.Ueber Den Causal-Zusammenhang Der Gter.Es scheint mir nun vor Allem von der hchsten Wichtigkeit zu sein, dass man inunserer Wissenschaft sich klar werde ber den urschlichen Zusammenhang derGter; denn wie in allen anderen Wissenschaften, so wird auch in der unseren derwahre und dauernde Fortschritt erst dann beginnen, wenn wir die Objecte unsererwissenschaftlichen Beobachtung nicht mehr lediglich als vereinzelte Erscheinungenbetrachten, sondern uns bemhen werden, den Causal-Zusammenhang derselben zuerforschen und die Gesetze, unter welchen sie stehen. Das Brot, das wir geniessen,das Mehl, aus welchen wir das Br ot bereiten, das Getreide, das wir zu Mehlvermahlen, der Acker, auf welchem das Getreide wchst, alle diese Dinge sind Gter.Es ist diese Erkenntniss jedoch fr unsere Wissenschaft nicht ausreichend, vielmehrist es nothwendig, dass wir, wie dies in allen brigen Erfahrungswissenschaftengeschehen ist, uns bemhen, die Gter nach inneren Grnden zu ordnen, die Stellekennen zu lernen welche jedes derselben in dem Causalnexus der Gter einnimmt undschliesslich die Gesetze zu erforschen, unter welchen sie in dieser Rcksicht stehen.

    Unsere Wohlfahrt, so weit dieselbe von der Befriedigung unserer Bedrfnisseabhngt, ist gesichert, wenn wir jeweilig ber die zur unmittelbaren Befriedigungderselben nthigen Gter verfgen. Besitzen wir z. B. die nthige Quantitt Brot, sohaben wir es unmittelbar in unserer Gewalt, unser Nahrungsbedrfniss zu stillen; derurschliche Zusammenhang zwischen dem Brote und der Befriedigung eines unsererBedrfnisse ist demnach ein unmittelbarer und die Prfung der Gterqualittdesselben nach den von uns im vorigen Capitel dargelegten Grundstzen ohne jedeSchwierigkeit. Einer gleichen Beurtheilung unterliegen nun aber auch alle brigenGter, die wir unmittelbar zur Befriedigung unserer Bedrfnisse zu verwendenvermgen, gleichwie die Getrnke, die Kleidungsstcke, die Schmuckgegenstnde u.dgl. m.

    Der Kreis der Dinge, deren Gterqualitt wir anerkennen, ist jedoch hiemit nichtabgeschlossen. Neben diesen Gtern, die wir um der Krze des Ausdruckes willen imweiterea Verlauf der Darstellung: Gter der ersten Ordnung nennen werden,begegnen wir vielmehr in der Wirthschaft der Menschen einer grossen Anzahl andererDinge, die in keinerlei unmittelbaren Causal-Zusammenhang mit der Befriedigungunserer Bedrfnisse gesetzt werden knnen, und deren Gterqualitt doch nichtminder feststeht als jene der Gter erster Orduung. So sehen wir auf unseren Mrktenneben dem Brote, und unter anderen zur unmittelbaren Befriedigung menschlicherBedrfnisse tauglichen Gtern, auch Quantitten von Mehl, Brennstoffen, Salz; wirsehen auch die Vorrichtungen und Werkzeuge zur Broterzeugung im Verkehre stehenund nicht minder die qualificirten Arbeitsleistungen, die hiebei erforderlich sind. Allediese Dinge, oder doch die weitaus grssere Mehrzahl dersolben, sind untauglich,menschliche Bedrfnisse in unmittelbarer Weise zu befriedigen; denn welchesmenschliche Bedrfniss liesse sich mit der specifischen Arbeitsleistung eines

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  • Bckergesellen, mit einer Backvorrichtung und selbst mit einer Quantitt rohenMehles in unmittelbarer Weise befriedigen? Wenn nun diese Dinge nichtsdestoweniger in der menschlichen Wirthschaft ebensowohl als Gter behandeltwerden, wie die Gter erster Ordnung, so findet dies seine Begrndung darin, dass siezur Hervorbringung von Brot und andern Gtern erster Ordnung dienen und solcherArtobzwar der Regel nach untauglich, menschliche Bedrfnisse in unmittelbarerWeise zu befriedigendoch mittelbar hiezu geeignet sind. In gleicher Weise verhltes sich aber mit tausend anderen Dingen, die ohne die Tauglichkeit zu besitzen, inunmittelbarer Weise menschliche Bedrfnisse zu befriedigen, doch zurHervorbringung von Gtern erster Ordnung dienen und so in einen mittelbarenCausal-Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetztwerden knnen. Es ist aber damit zugleich auch dargethan, dass das Verhtniss,welches die Gterqualitt dieser und hnlicher Dinge, die wir Gter zweiter Ordnungnennen, begrndet, seinem Wesen nach ganz dasselbe ist, wie das der Gter ersterOrdnung, denn der hier obwaltende Unterschied, dass die Gter erster Ordnung inunmittelbarer, die Gter zweiter Ordnung aber in mittelbarer Causal-Beziehung zurBefriedigung unserer Bedrfnisse stehen, bewirkt keinen Unterschied in dem Wesenjenes Verhltnisses, weil die Voraussetzung der Gterqualitt wohl der Causal-Zusammenhang, nicht aber nothwendigerweise der unvermittelte Causalnexuszwischen den Dingen und der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse ist.

    Es wre nun leicht, zu zeigen, dass auch mit diesen Gtern der Kreis der Dinge, derenGterqualitt wir anerkennen, nicht abgeschlossen ist und dass, um bei dem obengewhlten Beispiele zu bleiben, sich uns Getreidemhlen, Weizen, Roggen, die beider Erzeugung des Mehles in Verwendung kommenden Arbeitsleistungen u. s. f. alsGter dritter; Getreidecker, die zur Bearbeitung derselben erforderlichen Werkzeugeund Vorrichtungen, die specifischen Arbeitsleistungen der Landleute, als Gtervierter Ordnung darstellen. Ich glaube indess, dass der Gedanke, der hier zumAusdruck gelangen soll, bereits gengend ersichtlich ist.

    Wir haben im vorigen Abschnitte gesehen, dass die urschliche Beziehung einesDinges zu der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse eine der Vorbedinguugen derGterqualitt ist. Der Gedanke, den wir in diesem Abschnitte darzulegen bemhtwaren, lsst sich nun dahin zusammenfassen, dass es keine Voraussetzung derGterqualitt eines Dinges ist, dass es im unmittelbaren Causal-Zusammenhang mitder Befriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetzt werden knne. Es ist aber auchzugleich gezeigt worden, dass unter den Gtern, die in einem so vermitteltenVerhltnisse zur Befriedigung menschlicher Bedrfnisse stehen, ein allerdings dasWesen ihrer Gterqualitt nicht berhrender Unterschied obwaltet, indem dieselbenbald in einer nheren, bald in einer entfernteren urschlichen Beziehung zurBefriedigung unserer Bedrfnisse stehen, und wir haben in Rcksicht hierauf: Gtererster, zweiter, dritter, vierter Ordnung u. s. w. unterschieden.

    Auch hier ist es jedoch nthig, dass wir uns von vorneherein gegen eine fehlerhafteAuffassung des Gesagten versichern. Wir haben schon dort, wo wir von derGterqualitt berhaupt sprachen, darauf hingewiesen, dass diese keine den Gternanhaftende Eigenschaft sei. Dieselbe Erinnerung muss nun auch hier gemacht werden,wo es sich um die Ordnung handelt, welche ein Gut im Causalnexus der Gter

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  • einnimmt. Auch diese zeigt nur an, dass ein Gut sich mit Rcksicht auf einebestimmte Verwendung desselben in einer bald nheren, bald entfernterenurschlichen Beziehung zur Befriedigung eines menschlichen Bedrfnisses befindeund ist demnach nichts dem Gute Anhaftendes am wenigsten eine Eigenschaftdesselben.

    Nicht die Ordnungsziffern sind es denn auch, auf welche wir hier, sowie in dernachfolgenden Darstellung der Gesetze, unter welchen die Gter stehen, das Gewichtlegen, obzwar dieselben uns hiebei, wofern sie richtig verstanden werden, einerwnschtes Hilfsmittel bei Darlegung eines ebenso schwierigen, als wichtigenGegenstandes darbieten werden; das, worauf wir aber insbesondere Gewicht legen, istder Einblick in den Causal-Zusammenhang zwischen den Gtern und derBefriedigung menschlicher Bedrfnisse und die je nach der Bestimmung der ersteren,mehr oder minder vermittelte urschliche Beziehung derselben zu dieser letzteren.

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    . 3.Die Gesetze, Unter Welchen Die Gter In Rcksicht Auf IhreGterqualitt Stehen.A. (Die Gter Hherer Ordnung Sind In Ihrer GuterqualittDadurch Bedingt, Dass Wir Auch ber Die EntsprechendenComplemtaren Gter Verfgen.)Verfgen wir ber Gter erster Ordnung, so liegt es in unserer Macht, dieselbenunmittelbar zur Befriedigung unserer Bedrfnisse zu verwenden. Verfgen wir berdie entsprechenden Gter zweiter Ordnung, so liegt es in unserer Macht, dieselben inGter erster Ordnung umzugestalten, und in so vermittelter Weise der Befriedigungunserer Bedrfnisse zuzufhren. Verfgen wir aber auch nur ber Gter dritterOrdnung, so haben wir es in unserer Macht, dieselben in die entsprechenden Gterzweiter Ordnung, diese aber wieder in die entsprechenden Gter erster Ordnungumzugestalten, und so die Gter dritter Ordnung, allerdings in einer mehrfachvermittelten Weise, zur Befriedigung unserer Bedrfnisse heranzuziehen. In gleicherWeise verhlt es sich nun mit allen Gtern hherer Ordnung, und wir knnen an ihrerGterqualitt nicht zweifeln, wofern wir es nur in unserer Macht haben, dieselben derBefriedigung unserer Bedrfnisse thatschlich zuzufhren.

    In diesem letzten Umstande liegt aber, mit Rcksicht auf die Gter hherer Ordnung,eine Beschrnkung von nicht geringer Wichtigkeit. Es steht namlich durchaus nicht inunserer Macht, ein einzelnes Gut hherer Ordnung zur Befriedigung unsererBedrfnisse heranzuziehen, wofern wir nicht zugleich ber die brigen (diecomplementren) Gter hherer Ordnung verfgen.

    Setzen wir zum Beispiele den Fall, es verfge ein wirthschaftendes Individuum zwarnicht unmittelbar ber Brot, wohl aber ber smmtliche zur Erzeugung desselbennthigen Gter zweiter Ordnung, so ist kein Zweifel, dass dasselbenichtsdestoweniger es in seiner Macht hatte, sein Bedrfniss nach Brotnahrung zubefriedigen. Setzen wir nun aber den Fall, dasselbe Subject wrde wohl ber Mehl,ber Salz, ber die nthigen Ghrstoffe, die bei der Broterzeugung erforderlichenArbeitsleistungen und selbst ber smmtliche hier erforderliche Vorrichtungen undWerkzeuge, aber ber keinerlei Feuerung und ber kein Wasser verfgen, so ist klar,dass dasselbe in diesem Falle nicht mehr die Macht htte, die obigen Gter zweiterOrdnung zur Befriedigung seines Bedrfnisses nach Brotnahrung heranzuziehen,denn ohne Feuerung und ohne Wasser kann kein Brot bereitet werden, selbst wennman ber alle brigen hiezu erforderlichen Gter verfgt. Es wrden demnach indiesem Falle die Gter zweiter Ordnung, in Rcksicht auf das Bedrfniss nachBrotnahrung, sofort ihre Gterqualitt einbssen, da eine der vier Voraussetzungenderselben (in diesem Fall die vierte Voraussetzung) mangeln wrde.

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  • Damit wre durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Dinge, deren Gterqualitt hierin Frage ist, selbst unter den obigen Verhltnissen ihre Gterqualitt mit Rcksichtauf andere Bedrfnisse jenes Individuums, in dessen Verfgung sie sich befinden,aufrecht erhalten knnten, in sofern dasselbe die Macht bessse, diese Gter zurBefriedigung anderer Bedrfnisse als jenes nach Brotnahrung heranzuziehen, oderaber trotz des Mangels des einen oder des anderen complementren Gutes doch diebrigen auch fr sich geeignet wren, ein menschliches Bedrfniss in mittelbarer oderunmittelbarer Weise zu befriedigen. Wrden aber die vorhandenen Gter zweiterOrdnung wegen des Mangels an einem oder mehreren complementren Gtern wederfr sich allein, noch aber in Verbindung mit anderen verfgbaren Gtern zurBefriedigung irgend eines menschlichen Bedrfnisses herangezogen werden knnen,so wrden jene Gter allerdings durch den Mangel der complementren Gter alleinschon ihre Gterqualitt vollstndig einbssen, denn die wirthschaftenden Menschenbesssen dann nicht weiter die Gewalt, sie zur Befriedigung ihrer Bedrfnisseheranzuziehen und es entfiele somit eine der wesentlichen Voraussetzungen derGterqualitt.

    Als Resultat unserer bisherigen Untersuchung ergiebt sich demnach vorerst der Satz,dass die Gter zweiter Ordnung in ihrer Gterqualitt dadurch bedingt sind, dasszugleich die complementaren Gter derselben Ordnung zum mindesten mit Rcksichtauf die Hervorbringung irgend eines Gutes erster Ordnung der menschlichenVerfgung unterworfen sind.

    Mehr Schwierigkeit bietet die Beurtheilung der Frage, in wiefern auch die Gterhherer als der zweiten Ordnung in ihrer Gterqualitt dadurch bedingt seien, dass diecomplementren Gter der Verfgung der Menschen unterworfen sind. DieseSchwierigkeit liegt nun aber durchaus nicht in dem Verhltniss der Gter hherer zuden entsprechenden Gtern der nchst niederen Ordnung, also z. B. der Gter dritterOrdnung zu den entsprechenden Gter der zweiten, der Gter der fnften Ordnung zujenen der vierten, denn die blosse Betrachtung des Causal-Verhltnisses zwischendiesen Gtern ergibt eine vollstndige Analogie desselben mit dem so ebendargelegten Verhltnisse der Gter zweiter Ordnung zu den entsprechenden Gternder nchst niederen, das ist der ersten Ordnung, so zwar, dass sich der obigeGrundsatz in ganz natrlicher Weise zu dem Satz erweitert, dass die Gter hhererOrdnung in ihrer Gterqualitt zunchst dadurch bedingt sind, dass der Verfgung derMenschen auch die complementren Gter derselben Ordnung zum mindesten mitRcksicht auf die Hervorbringung irgend eines Gutes der nchst niederen Ordnungunterstehen.

    Die Schwierigkeit, von der wir bei den Gtern hherer, als zweiter Ordnung sprachen,liegt vielmehr darin, dass selbst die Verfgung ber smmtliche zur Hervorbringungeines Gutes der nchst niederen Ordnung, erforderliche Gter diesen nichtnothwendigerweise die Gterqualitt sichert, wofern nicht die Menschen zugleichauch noch ber die smmtlichen complementren Gter dieser letzten Ordnung undaller niederen Ordnungen zu verfgen vermgen. Setzen wir den Fall, dass Jemandber smmtliche Gter dritter Ordnung verfgen knnte, die erforderlich sind, um einGut zweiter Ordnung herzustellen, nicht aber zugleich ber die brigencomplementren Gter zweiter Ordnung, so wrde ihm selbst die Verfgung ber

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  • smmtliche, zur Hervorbringung eines einzelnen Gutes zweiter Ordnungerforderlichen Gter dritter Ordnung nicht die Macht gewhren, dieselbenthatschlich der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse zuzufhren, denn er httewohl die Macht, die Gter dritter Ordnung (deren Gterqualitt hier in Frage ist) zuGtern zweiter Ordnung, nicht aber auch die Macht, jene Gter zweiter Ordnung indie entsprechenden Gter erster Ordnung umzugestalten. Er htte demnach auch nichtdie Macht, die in Rede stehenden Gter dritter Ordnung der Befriedigung seinerBedrfnisse zuzufhren und es wrden beim Eintritte eines solchen Verhltnisses jeneGter sofort ihre Gterqualitt einbssen.

    Es leuchtet somit ein, dass der oben ausgesprochene Grundsatz: Die Gter hhererOrdnung sind in ihrer Gterqualitt zunchst dadurch bedingt, dass der Verfgung derMenschen auch die complementren Gter derselben Ordnung zum mindesten zumZwecke der Hervorbringung irgend eines Gutes der nchst niederen Ordnungunterstehen, nicht die ganze Summe der Voraussetzungen umfasst, welche in Bezugauf die Gterqualitt der Dinge daraus entspringen, dass nur die Verfgung ber diecomplementren Gter hherer Ordnung uns die Macht gewhrt, dieselben zurBefriedigung unserer Bedrfnisse heranzuziehen. Wenn wir ber Gter dritterOrdnung verfgen, so ist ihre Gterqualitt allerdings zunchst dadurch bedingt, dasswir dieselben zu Gtern zweiter Ordnung gestalten knnen, eine weitere Bedingungihrer Gterqualitt liegt aber dann noch darin, dass wir es in unserer Macht haben, dieGter zweiter Ordnung zu Gtern erster Ordnung zu gestalten, was die Verfgungber gewisse complementre Gter zweiter Ordnung zur weiteren Voraussetzung hat.

    In ganz analoger Weise stellt sich das Verhltniss bei den Gtern vierter, fnfter undhherer Ordnung dar. Auch hier ist die Gterqualitt der in so entfernter Beziehungzur Befriedigung menschlicher Bedrfnisse stehenden Dinge zunchst dadurchbedingt, dass wir ber die complementren Gter derselben Ordnung verfgen; dieGterqualitt derselben ist aber dann auch noch dadurch bedingt, dass wir auch berdie complementren Gter der nchst niederen Ordnung, ferner ber diecomplementren Gter der hierauf folgenden Ordnung verfgen u. s. w., so zwar, dasswir es thatschlich in unserer Macht haben, jene Gter hherer Ordnung zurHervorbringung eines Gutes erster Ordnung und in letzter Reihe zur Befriedigungeines menschlichen Bedrfnisses heranzuziehen. Nennt man die Gesammtheit derGter, welche erforderlich sind, um ein Gut hherer Ordnung zur Hervorbringungeines Gutes erster Ordnung heranzuziehen, dessen complementare Gter im weiterenSinne des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grundsatz, dass dieGterqualitt der Gter hherer Ordnung dadurch bedingt ist, dass wir ber derencomplementre Gter im obigen Sinne des Wortes zu verfgen vermgen.

    Nichts vermag uns den grossen urschlichen Zusammenhang der Gter lebendiger vordie Augen zu stellen, als dieses Gesetz der gegenseitigen Bedingtheit der Gter.

    Als im Jahre 1862 der nordamerikanische Brgerkrieg Europa die wichtigsteBezugsquelle von Baumwolle verschloss, ging auch die Gterqualitt tausend andererGter, deren complementres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine dieArbeitsleistungen der englischen und continentalen in der Baumwollfabrication thtiggewesenen Arbeiter, die nunmehr zum grossen Theile feiern und die ffentliche

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  • Mildthtigkeit in Anspruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (ber welchediese tchtigen Arbeiter verfgen konnten,) waren die gleichen geblieben und dochverloren dieselben in grossen Quantitten ihre Gterqualitt, denn das complementreGut, die Baumwolle, blieb aus, und die specifischen Arbeitsleistungen konnten frsich im Grossen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen Bedrfnissesherangezogen werden. Es wurden diese Arbeitsleistungen aber sofort wieder Gter,als das complementre Gut derselben, das ist die nothige Baumwolle, zum Theiledurch gesteigerte Zufuhr aus andern Bezugsorten, zum Theile nach Beendigung desamerikanischen Brgerkrieges auch aus der alten Bezugsquelle wieder disponibelwurde.

    Umgekehrt verlieren nicht selten Gter ihre Gterqualitt dadurch, dass die nthigenArbeitsleistungen, die zu ihnen in dem Verhltniss von complementren Gternstehen, der Verfgung der Menschen nicht unterworfen sind. In Lndern mit dnnerBevlkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend eine einzelne Gattung vonCulturpflanzen, z. B. Weizen, gebaut wird, pflegt nach besonders reichen Ernten einsehr grosser Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die lndlichen Arbeiter,an und fr sich in geringer Anzahl vorhanden, in Zeiten des Ueberflusses zumeistnoch zur Arbeit eine geringe Nthigung finden und die Erntearbeiten wegen deseinseitigen Weizenbaues auf einen sehr kurzen Zeitraum zusammengedrngt sind.Unter solchen Verhltnissen (z. B. in den fruchtbaren Ebenen Ungarns), wo derBedarf an Arbeitsleistungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes ein sehr grosser ist,die verfgbaren Arbeitsleistungen aber nicht ausreichen, pflegen grosse QuantittenGetreide auf den Feldern zu verderben; der Grund hievon liegt aber darin, dass diecomplementren Gter der auf den Feldern stehenden Frchte, (die zu ihrerEinbringung nthigen Arbeitsleistungen,) mangeln, und so jene Feldfrchte selbst ihreGterqualitt einbssen.

    Wenn die wirthschaftlichen Verhltnisse eines Volkes hoch entwickelt sind, so sindder Regel nach die verschiedenen complementren Gter hherer Ordnung in denHnden verschiedener Personen. Die Producenten jedes einzelnen Artikels fhren derRegel nach in mechanischer Weise ihr Geschft fort, whrend die Producenten dercomplementren Gter ebensowenig sich es in den Sinn kommen lassen, dass dieGterqualitt der Dinge, die sie produciren oder verarbeiten, durch das Vorhandenseinanderer Gter bedingt sei, die sich gar nicht in ihrem Besitze befinden, und es kannder Irrthum, dass die Gter hherer Ordnung auch fr sich und ohne alle Rcksichtauf das Vorhandensein complementrer Gter die Gterqualitt besitzen, in der Thatam leichtesten in Lndern entstehen, wo durch einen regen Verkehr und einehochentwickelte Volkswirthschaft fast jedes Product unter der stillschweigenden, jader Regel nach dem Producenten gar nicht bewussten Voraussetzung entsteht, dassandere mit ihm durch Verkehr verbundene Personen fr die complementren Gterrechtzeitig vorsorgen werden. Erst wenn diese stillschweigende Voraussetzung beieinem Wechsel der Verhltnisse nicht zutrifft, und die Gesetze, unter welchen dieGter stehen, ihre Einwirkung bis auf die Oberflche der Erscheinungen erstrecken,pflegt dann der gewohnte mechanische Geschftsbetrieb unterbrochen zu werden, unddie ffentliche Aufmerksamkeit sich solchen Erscheinungen und ihren tieferliegenden Ursachen zuzuwenden.

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  • B. (Die Gter Hherer Ordnung Sind In Ihrer GterqualittDurch Jene Der Entsprechenden Gter Niederer OrdnungBedingt.)Die Beobachtung des Wesens und des Causal-Zusammenhanges der Gter, wie wirdieselben in den beiden ersten Abschnitten dargelegt haben, fhrt uns zur Erkenntnisseines weiteren Gesetzes, unter welchem die Gter als solche, das ist ohne Rcksichtauf ihren konomischen Charakter, stehen.

    Wir haben gezeigt, dass das Vorhandensein von menschlichen Bedrfnissen eine derwesentlichen Voraussetzungen der Gterqualitt ist, und dass im Falle diemenschlichen Bedrfnisse, mit deren Befriedigung ein Gut in urschlichenZusammenhang gesetzt werden kann, vollstndig entfallen, ohne dass neueBedrfnisse nach demselben entstehen, seine Gterqualitt sofort verloren geht.

    Dass demnach die Gter erster Ordnung, wofern die Bedrfnisse, zu derenBefriedigung sie bisher dienten, insgesammt entfallen, ohne dass neue Bedrfnissenach denselben entstehen, sofort ihre Gterqualitt einbssen, ist nach dem, was wirber das Wesen der Gter gesagt haben, unmittelbar einleuchtend. Verwickelter wirddiese Frage, wenn wir die Gesammtheit der im Causalnexus mit der Befriedigungeines menschlichen Bedrfnisses stehenden Gter ins Auge fassen, und nunmehrdarnach fregen, welche Wirkung das Entfallen dieses Bedrfnisses auf dieGterqualitt der zur Befriedigung desselben in urschlicher Beziehung stehendenGter hherer Ordnung ussert.

    Setzen wir den Fall, dass durch eine Aenderung in der Geschmacksrichtung derMenschen das bedrfniss nach dem Genusse von Tabak vollstndig beseitigt wrdeund zugleich alle brigen Bedrfnisse, zu deren Befriedigung der zum Genusse derMenschen bereits zubereitete Tabak etwa noch dienlich ist, gleichfalls entfallenwrden. Dass in einem solchen Falle aller Tabak, welcher sich in der Form, in derdiese Pflanze von den Menschen genossen wird, in dem Besitze derselben befande,sofort seine Gterqualitt einbssen wrde, ist sicher. Wie ver hielte es sich nun aberin diesem Falle mit den entsprechenden Gtern hherer Ordnung? Wie mit den rohenTabakblttern, den bei der Erzeugung der verschiedenen Tabaksorten verwendetenWerkzeugen und Vorrichtungen, den hier zur Verwendung kommenden qualificirtenArbeitsleistungen, kurz mit smmtlichen zur Hervorbringung des zum menschlichenGenusse dienenden Tabaks vorhandenen Gtern zweiter Ordnung? Wie ferner mitdem Tabaksamen, den Tabakplantagen, den bei der Erzeugung von rohem Tabak zurVerwendung kommenden Arbeitsleistungen und den hier zur Anwendungkommenden Werkzeugen und Vorrichtungen, und all den brigen Gtern, die wir mitRcksicht auf das Bedrfniss des Menschen nach dem Tabakgenusse als Gter derdritten Ordnung bezeichnen knnen? Wie wrde es sich endlich mit denentsprechenden Gtern der vierten und fften Ordnung u. s. w. verhalten?

    Die Gterqualitt eines Dinges ist, wie wir sahen, dadurch bedingt, dass es inurschlichen Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetztwerden kann. Wir haben aber auch gesehen, dass der unmittelbare Causalnexus

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  • zwischen Gut und Bedrfnissbefriedigung keineswegs eine nothwendigeVoraussetzung der Gterqualitt eines Dinges ist, dass vielmehr eine grosse Anzahlvon Dingen die Gterqualitt lediglich daraus herleitet, dass sie sich in einem mehroder minder vermittelten Causal-Zusammenhange mit der Befriedigung menschlicherBedrfnisse befinden.

    Steht es nun fest, dass das Vorhandensein zu befriedigender menschlicher Bedrfnissedie Voraussetzung aller und jeder Gterqualitt ist, so ist damit zugleich derGrundsatz dargethan, dass die Gter, ob sie nun unmittelbar in urschlichenZusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse gesetzt werdenknnen, oder ihre Gterqualitt aus einem mehr oder minder vermittelten Causalnexusmit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse herleiten, doch ihre Gterqualittsofort einbssen, wenn die Bedrfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten,insgesammt verschwinden. Es ist nmlich klar, dass mit den entsprechendenBedrfnissen die ganze Grundlage jenes Verhltnisses entfllt, das, wie wir sahen, dieGterqualitt der Dinge begrndet.

    Die Chinarinde wrde dadurch, dass die Krankheiten, zu deren Heilung sie dient,vollstndig verschwinden wrden, aufhren, ein Gut zu sein, da das einzigeBedrfniss zu dessen Befriedigung dieselbe in urschlicher Beziehung steht, dannnicht weiter vorhanden wre. Aber dies Entfallen des Gebrauchszweckes derChinarinde htte zur weiteren Folge, dass auch ein grosser Theil der entsprechendenGter hherer Ordnung seine Gterqualitt einbssen wrde. Die Bewohner derChininlnder, welche sich durch das Aufsuchen und Schlen der Chinabumegegenwrtig hren Lebensunterhalt erwerben, wrden pltzlich finden, dass nicht nurihre Vorrthe von Chinarinde, sondern in naturgemsser Folge hievon auch ihreChinabume, die Werkzeuge und Vorrichtungen, welche nur bei der Chinin-Production verwendbar sind, und zumal jene specifischen Arbeitsleistungen, mitwelchen sie sich bisher ihren Lebensunterhalt erwarben, pltzlich ihre Gterqualitteinbssen wrden, denn dieselben wrden unter den genderten Verhltnissen nichtweiter in irgend einer urschlichen Beziehung zur Befriedigung menschlicherBedrfnisse stehen. Wenn durch eine Geschmacksnderung das Bedrfnisse machdem Genusse von Tabak vollstndig entfallen wrde, so htte dies nicht nur zurFolge, dass die gesammten Tabakvorrthe, die sich in der Form, in welcher dieMenschen diese Pflanze zu geniessen pflegen, in ihrer Verfgung befnden, dieGterqualitt einbssen wrden; es htte dies vielmehr die weitere Folge, dass auchdie rohen Tabakbltter, die ausschliesslich zur Verarbeitung derselben tauglichenMaschinen, Werkzeuge und Vorrichtungen, die bei jener Fabrication zur VerwendungKommenden specifischen Arbeitsleistungen, die vorhandenen Vorrthe vonTabaksamen u. s. w. ihre Gterqualitt verlren. Die gegenwrtig so gut bezahltenLeistungen jener Agenten, welche in Cuba, Manila, Portorico, Havannah u. s. w, inder Prfung der Qualitt des Tabaks und im Einkaufe desselben eine besondereGeschicklichkeit besitzen, wrden aufhren, Gter zu sein, nicht minder aber diespecifischen Arbeitsleistungen der zablreichen, in jenen fernen Lndern und inEuropa in der Cigarren-Fabrication beschftigten Personen. Selbst zahlreiche,gegenwrtig fr Practiker hchst ntzliche Bcher ber den Tabakbau und dieTabakindustrie wrden dann aufhren, Gter zu sein und ihren Verlegernunverkuflich am Lager bleiben. Nicht genug daran, wrden selbst die Tabaksdosen

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  • Cigarrenetuis und alle Arten von Tabakspfeifen, Pfeifenrhren u. s. w. ihreGterqualitt einbssen.

    Diese scheinbar sehr complieirte Erscheinung fnde aber darin ihre Erklrung, dassalle obengenannten Gter ihre Gterqualitt aus ihrem urschlichen Zusammenbangemit der Befriedigung des Bedrfnisses der Menschen nach dem Genusse von Tabakherleiten, und mit dem Entfallen dieses Bedrfnisses eine der Grundlagen beseitigtwrde, welche die Gterqualitt derselben begrndet.

    Die Gter erster Ordnung leiten brigens nicht selten, die der hheren Ordnung sogarder Regel nach, ihre Gterqualitt nicht lediglich aus einer vereinzelten, sondern ausmehr ode minder zahlreichen Causal-Beziehungen zur Befriedigung menschlicherBedrfnisse her, und ihre Gterqualitt geht demnach in diesem letzteren Falle nichtschon dadurch verloren, dass ein einzelnes, oder berhaupt nur ein Theil dieserBedrfnisse entfllt. Es ist vielmehr klar, dass dieser Erfolg erst dann eintritt, wenndie smmtlichen Bedrfnisse, zu deren Befriedigung die Gter in urschlicherBeziehung standen. beseitigt erscheinen, indem diese Gter im entgegengesetztenFalle ihre Gterqualitt mit Rcksicht auf die auch dann noch vorhandenenBedrfnisse, zu deren Befriedigung sie auch unter den genderten Verhltnissen inurschlicher Beziehung stehen, und zwar in ganz gesetzmssiger Weise aufrechterhalten. Auch in diesem Falle bleibt nmlich ihre Gterqualitt nur in sofernerhalten, als sie auch dann noch in urschlicher Beziehung zur Befriedigungmenschlicher Bedrfnisse stehen, und dieselbe verschwindet sofort, wenn auch dieseletzteren Bedrfnisse entfallen.

    Wrde der oben angefhrte Fall eintreten, und das Bedrfniss der Menschen nachdem Genusse von Tabak vollstndig entfallen, so wrden z. B. der zum Gebraucheder Menschen bereits zubereitete Tabak, und wohl auch die Vorrthe an rohenTabakblttern, an Tabaksamen und so viele andere mit der Befriedigung des obigenBedrfnisses der Menschen in urschlicher Beziehung stehende Gter hhererOrdnung, ihre Gterqualitt vollstndig einbssen, dieser Erfolg wrde aber nichtnothwendigerweise bei allen hier einschlgigen Gtern hherer Ordnung eintreten,indem zum Beispiel die zur Tabakcultur geeigneten Grundstcke und die hiebei inAnwendung kommenden landwirthschaftlichen Gerthe, wohl auch viele in derTabakindustrie zur Verwendung kommende Werkzeugo und Maschinen, mitRcksicht auf andere menschliche Bedrfnisse, zu deren Befriedigung sie auch nachdem Entfallen des Bedrfnisses nach dem Tabaksgenusse in urschlicher Beziehungstnden, in ihrer Gterqualitt erhalten bleiben wrden.

    Nicht als eine das Wesen des obigen Grundsatzes berhrende Modification, sondernlediglich als eine concretere Form desselben, ist das Gesetz zu betrachten, dass dieGter hherer Ordnung in Rcksicht auf ihre Gterqualitt durch jene der Gterniederer Ordnung bedingt sind, zu deren Hervorbringung sie dienen.

    Haben wir nmlich bisher die smmtlichen, mit der Befriedigung eines menschlichenBedrfnisses im Causal Zusammenhange stehenden Gter im Grossen und Ganzen inBetracht gezogen, und war demnach die ganze Causalkette bis auf die letzteEinwirkung, die Befriedigung menschlicher Bedrfnisse, der Gegenstand unserer

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  • Untersuchung, so fassen wir, indem wir den obigen Grundsatz aufstellen, nunmehrnur einige Glieder derselben ins Auge, indem wir zum Beispiel von dem Causalnexusder Gter dritter Ordnung mit der Befriedigung menschlicher Bedrfnisse zunchstabsehen, und nur den Causal-Zusammenhang der Gter dieser Ordnung mit denentsprechenden Gtern irgend einer willkurlich zu whlenden hheren Ordnung imAuge behalten.

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    . 4.ZeitIrrthum.Der Process, durch welchen die Gter hherer Ordnung stufenweise in solche niedererOrdnung umgestaltet und diese schliesslich der Befriedigung menschlicherBedrfnisse zugefhrt werden, ist, wie wir in den vorangehenden Abschnit engesehen haben, kein regelloser, sondern steht gleich allen brigenWandlungsprocessen unter den Gesetzen der Causalitt. Die Idee der Causalitt istnun aber unzertrennlich von der Idee der Zeit. Ein jeder Wandlungsprocess bedeutetein Entstehen, ein Werden, ein solches ist jedoch nur denkbar in der Zeit. Es ist aberdarum auch sicher, dass wir den Causalnexus der einzelnen Erscheinungen in diesemProcesse und diesen selbst nie vollstndig zu erfassen vermgen, wofern wirdenselben nicht in der Zeit betrachten und das Mass derselben an ihn legen. Auch beidem Wandlungsprocesse, durch welchen die Gter hherer Ordnung stufenweise insolche niederer Ordnung verwandelt werden, bis diese schliesslich jenen Zustandbewirken, den wir die Befriedigung menschlicher Bedrfnisse nennen, ist deshalb dieZeit ein wesentliches Moment unserer Beobachtung.

    Wenn wir ber die complementren Gter irgend einer hheren Ordnung verfgen, somssen diese Gter vorerst in solche der nchst niederen und so stufenweise fortverwandelt werden, bis dieselben zu Gtern erster Ordnung gestaltet sind, welcheletzteren wir erst der Befriedigung unserer Bedrfnisse in unmittelbarer Weisezufhren knnen. Die Zeitrume, welche zwischen den einzelnen Phasen diesesProcesses liegen, mgen in manchen Fllen noch so kurz erscheinen und dieFortschritte in der Technik und im Verkehrswesen immerhin die Tendenz haben,dieselben mehr und mehr abzukrzenein vollstndiges Verschwinden derselben istindess undenkbar. Es ist unmglich, Gter irgend einer hheren Ordnung durch einenblossen Wink in die entsprechenden Gter niederer Ordnung zu verwandeln; vielmehrist nichts sicherer, als dass derjenige, der ber Gter hherer Ordnung verfgt, erstnach einem gewissen, je nach der Natur des Falles bald krzerem, bald lngeremZeitraume ber die entsprechenden Gter der nchst niederen Ordnung zu verfgen inder Lage sein wird. Was nun aber hier von dem einzelnen Gliede der Causalkettegesagt wird, gilt im erhhten Masse von dem ganzen Processe.

    Der Zeitraum, welchen dieser Process in den einzelnen Fllen ausfllt, ist je nach derNatur dieser letzteren sehr verschieden. Wer ber die smmtlichen zurHervorbringung eines Eichenwaldes nthigen Grundstcke, Arbeitsleistungen,Werkzeuge und Samenfrchte verfgt, wird an hundert Jahre warten mssen, ehe erber einen schlagbaren Hochwald selbst zu verfgen in der Lage sein wird, und in denmeisten Fllen wird dies wohl erst bei den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgerndesselben der Fall sein, dagegen mag derjenige, der ber die Ingredienzien vonSpeisen oder Getrnken und die zu ihrer Erzeugung nthigen Werkzeuge,Arbeitsleistungen u. dgl. m. verfgt, in einzelnen Fllen in wenigen Augenblickenschon ber die Speisen und Getrnke selbst zu verfgen in der Lage sein;wie gross

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  • dieser Unterschied aber auch immer sein mag, eines ist sicher, dass der Zeitraum,welcher zwischen der Verfgung ber Gter hherer Ordnung und jener ber dieentsprechenden Gter niederer. Ordnung liegt, niemals vllig beseitigt erscheint. DieGter hherer Ordnung erlangen und behaupten demnach ihre Gterqualitt nicht mitRcksicht auf Bedrfnisse der unmittelbaren Gegenwart, sondern lediglich imHinblicke auf Bedrfnisse, welche sich menschlicher Voraussicht zufolge erst insolchen Zeitpunkten geltend machen werden, in welchen der Productionsprocess, vondem wir oben sprachen, bereits vollendet sein wird.

    Ist es nach dem Gesagten sicher, dass wofern wir einen bestimmten Gebrauchszweckim Auge haben, sich die Verfgung ber Gter hherer Ordnung von jener ber dieentsprechenden Gter niederer Ordnung zunchst dadurch unterscheidet, dass wir vonden letzteren sofort den bezglichen Gebrauch machen knnen, whrend die erstereneine frhere Stufe im Processe der Gterbildung reprsentiren, und uns demnach erstnach dem Verlauf eines gewissen, je nach der Natur des Falles, bald lngeren, baldkrzeren Zeitraums diesen unmittelbaren Gebrauch gestatten, so fordert noch einanderer hchst wichtiger Unterschied zwischen der unmittelbaren Verfgung ber einGut und der mittelbaren Verfgung ber dasselbe, (durch den Besitz vonentsprechenden Gtern hherer Ordnung,) uns zu Betrachtungen heraus.

    Wer ber gewisse Gter unmittelbar verfgt, ist der Quantitt und Qualitt derselbensicher. Wer indess ber jene Gter nur mittelbar, das ist durch den Besitz derentsprechenden Gter hherer Ordnung verfgt, kann nicht mit gleicher Sicherheit dieQuantitt und Qualitt der Gter niederer Ordnung bestimmen, ber welche er amSchlusse des Processes der Gtererzeugung zu verfgen in der Lage sein wird.

    Wer hundert Metzen Korn besitzt, verfgt ber diese Gter mit Rcksicht aufQuantitt und Qualitt mit jener Sicherheit, die der unmittelbare Besitz von Gternberhaupt zu bieten vermag. Wer dagegen ber eine solche Quantitt vonGrundstcken, Samen, Dnger, Arbeitsleistungen, landwirthschaftlichen Gerthen u.s. w. verfgt, als der Regel nach zur Herstellung von hundert Metzen Getreideerforderlich sind, steht der Eventualitt gegenber, mehr, aber auch weniger als dieobige Quantitt von Getreide zu ernten, und es ist fr denselben selbst die Eventualitteiner vlligen Missernte nicht ansgeschlossen; er wird berdies auch in Rcksicht aufdie Qualitt des Productes einer gewissen Unsicherheit preisgegeben sein.

    Diese Unsicherheit in Rcksicht auf Quantitt und Qualitt des Productes, berwelches man durch die entsprechenden Gter hherer Ordnung verfgt, ist bei einigenProductionszweigen grsser, bei anderen geringer. Wer ber die zur Erzeugung vonSchuhen nthigen Materialien, Werkzeuge und Arbeitsleistungen verfgt, der wirdaus der Quantitt und Qualitt dieser seiner Verfgung unterstehenden Gter hhererOrdnung mit einer ziemlich grossen Bestimmtheit auf die Quantitt und Qualitt derSchube einen Rckschluss ziehen knnen, ber welche er am Ende des Productions-Processes zu verfgen in der Lage sein wird. Wer dagegen ber die Bentzung einesfr die Cultur von Raps geeigneten Feldes und der entsprechendenlandwirthschaftlichen Werkzeuge, ferner ber die erforderlichen Arbeitsleistungen,Samenfrchte, Dungstoffe u. s. w. verfgt, wird ber die Quantitt der Oelfrchte, dieer am Endedes Productions-Processes ernten wird, und eben sowohl ber deren

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  • Qualitt sich ein vollstndig sicheres Urtheil nicht bilden knnen. Und doch wird er inden beiden obigen Rcksichten immer noch einer geringeren Unsicherheitpreisgegeben sein, als ein Hopfengrtner, ein Jger oder gar ein Perlfischer. So grossaber dieser Unterschied bei den verschiedenen Productionszweigen auch immer seinmag, und obzwar die fortschreitende Cultur die Tendenz hat, die hier in Redestehende Unsicherheit unablssig zu vermindern, so viel ist sicher, dass ein gewisser,je nach der Natur des Falles allerdings bald hherer, bald geringerer Grad vonUnsicherheit ber die Quantitt und Qualitt des schliesslich zu erzielenden Productesallen Productionszweigen gemein ist.

    Die letzte Ursache dieser Erscheinung liegt in der eigenthmlichen Stellung desMenschen zu jenem Causal-Processe, den wir die Gtererzeugung nennen. Die Gterhherer Ordnung werden nach den Gesetzen der Causalitt zu solchen der nchstniederen, diese so fort, bis sie zu Gtern erster Ordnung werden, und schliesslichjenen Zustand bewirken, den wir die Befriedigung menschlicher Bedrfnisse nennen.Die Gter hherer Ordnung sind die wichtigsten Elemente dieses Causal-Processesaber durchaus nicht die Gesammtheit derselben. Ausser diesen derGterwelt angehrigen Elementen wirken auf die Qualitt und Quantitt desProductes jener Causal Processe, welche wir die Gter-Production nennen, auchElemente ein, deren urschlichen Zusammenhang mit unserer Wohlfahrt wir entwedernoch nicht erkannt haben, oder aber solche Elemente, deren Einfluss auf das Productwir wohl kennen, die aber aus irgend welchen Grnden unserer Verfgung entrcktsind.

    So kannten die Menschen bis vor Kurzem nicht den Einfluss der verschiedenenErdarten, Bodensalze und Dngungsstoffe auf das Wachsthum verschiedenerPflanzen, so zwar, dass die erstern eine bald mehr, bald minder gnstige oderungnstige Einwirkung auf das Endresultat des Productions Processes in quantitativerund qualitativer Beziehung usserten. Durch die Forschungen auf dem Gebiete derAgricultur-Chemie ist nun aber gegenwrtig ein gewisser Theil jener Unsicherheithereits beseitigt und es nunmehr in die Hand der Menschen gegeben, so weit dieForschungen reichen, die gnstigen Einsse mit Rcksicht auf jeden besonderen Fallherbeizufhren, die schdlichen aber zu beseitigen.

    Ein Beispiel fr den zweiten Fall bietet uns der Witterungswechsel. Die Landwirthesind zwar in den meisten Fllen wohl darber im Klaren, welche Witterung fr dasWachsthum der Pflanzen die gnstigste wre, da sie es aber nicht in ihrer Machthaben, die gnstige Witterung herbeizufhren, oder aber die den Saaten verderblichezu verhindern, so sind sie in Rcksicht auf die Qualitt und Quantitt desErnteergebnisses in nicht geringem Masse von Einflssen abhngig, welche, obzwarsie sich gleich allen brigen auf der unabweisbaren Grundlage der Causal-Gesetzegeltend machen, doch um dessentwillen, weil sie ausserhalb der Machtsphre derwirthschaftenden Menschen liegen, diesen Letzteren als Zuflle erscheinen.

    Der grosse oder geringere Grad von Sicherheit in der Voraussicht der Qualitt undQuantitt des Productes, ber welches die Menschen durch den Besitz der zu seinerHervorbringung erforderlichen Gter hherer Ordnung verfgen, hngt von der mehrorder minder vollstndigen Erkenntniss der im urschlichen Zusammenhange mit der

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  • Production jener Gter stehenden Elemente des Causal-Processes und der mehr oderminder vollstndigen Unterwerfung derselben unter die Verfgung der Menschen ab.Der Grad der Unsicherheit in den beiden obigen Rcksichten ist durch das Gegentheilbedingt. Je mehr Elemente bei dem Causal-Processe der Gterentstehung mitwirken,die wir nicht kennen, oder ber die wir, wofern wir sie kennen, nicht zu verfgenvermgen, das ist, eine je grssere Anzahl dieser Elemente keine Gterqualitt besitzt,um so grsser ist auch die menschliche Unsicherheit ber die Qualitt und Quantittdes Productes des ganzen Causal-Processes, nmlich der entsprechenden Gterniederer Ordnung.

    Diese Unsicherheit ist nun eines der wesentlichsten Momente der konomischenUnsicherheit der Menschen und wie wir in der Folge sehen werden, von der grsstenpractischen Bedeutung fr die menschliche Wirthschaft.

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    . 5.Ueber Die Ursachen Der Fortschreitenden Wohlfahrt DerMenschen.Die grsste Zunahme in der hervorbringenden Kraft der Arbeit, sagt Adam Smith,und die Vermehrung der Geschicklichkeit, Fertigkeit und Einsicht, womit die Arbeitberall geleitet oder verrichtet wird, scheint eine Wirkung der Arbeitstheilunggewesen zu sein? und die grosse, durch die Arbeitstheilung herbeigefhrteVermehrung der Producte in den verschiedenen Gewerben bewirkt in einer gutregierten Gesellschaft jene allgemeine Wohlhabenheit, welche sich bis in dieuntersten Volksschichten erstreckt?? .

    Adam Smith hat solcherart die fortschreitende Arbeitstheilung zum Angelpuncte deswirthschaftlichen Fortschrittes der Menschen gemacht, und zwar im Einklange mitder berwiegenden Bedeutung, welche er dem Arbeitselemente in der menschlichenWirthschaft einrumt. Ich glaube indess, dass der ausgezeichnete Forscher, von demhier die Rede ist, in seinem Capitel ber die Arbeitstheilung nur eine einzelne Ursachedes fortschreitenden Wohlstandes der Menschen ans Licht gezogen hat, andere nichtminder wirksame jedoch seiner Beobachtung entgangen sind.

    Man denke sich die, der Hauptsache nach, occupatorische Arbeit eines australischenVolksstammes noch so zweckmssig unter die einzelnen Mitglieder desselbenvertheilt, eine Anzahl davon als Jger, andere als Fischer, noch andere ausschliesslichmit der Occupation wild wachsender Pflanzenkost, die Weiber zum Theileausschliesslich mit der Zubereitung der Speisen, zum anderen Theile mit derAnfertigung von Kleidungsstcken beschftigt, ja man fhre die Arbeitstheilung beidiesem Volke in Gedanken noch weiter, so zwar, dass jede Verrichtung besondererArt auch durch besondere Functionre ausgefhrt wrde, und frage sich nun, ob eine,wenn auch noch so weit getriebene Theilung der Arbeit jene vermehrende Wirkungauf die den Mitgliedern des Volkes verfgbaren Genussmittel haben wrde, welcheAdam Smith als eine Folge der fortschreitenden Arbeitstheilung bezeichnet. Offenbarwird jenes Volk, und so jedes andere, auf dem obigen Wege die bisherigeArbeitswirkung mit geringerer Anstrengung und mit der bisherigen Anstrengung einegrssere Arbeitswirkung erzielen, also seine Lage, so weit dies auf dem Wege einerzweckmssigeren und wirksameren Verrichtung der occupatorischen Arbeitenberhaupt mglich ist, verbessern; diese Verbesserung wird indess doch gar sehrverschieden sein von jener, welche wir bei wirthschaftlich fortschreitenden Vlkernthatschlich beobachten knnen. Greift dagegen ein Volk, anstatt sich lediglich aufdie occupatorische Thtigkeit, das ist auf das Aufsammeln der vorhandenen Gterniederer Ordnung, (in den rohesten Zustnden der Menschen zumeist Gter erster undetwa zweiter Ordnung,) zu beschrnken, zu den Gtern dritter. vierter und hhererOrdnung und schreitet dasselbe in der Heranziehung von Gtern zur Befriedigungseiner Bedrfnisse zu immer hheren Ordnungen fort, so werden wir, zumal beizweckmssiger Theilung der Arbeit, allerdings jenen Fortschritt in seinem

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  • Wohlstande wahrnehmen knnen, welchen Adam Smith ausschliesslich dem letzternUmstande zuzuschreiben geneigt war.

    Wir werden den Jger, der das Wild mit einer Keule verfolgt, zur Jagd mit Bogen undNetz, zur Viehzucht, in weiterer Folge zu immer intensiveren Formen dieser letztern,wir werden die von wild wachsender Pflanzenkost lebenden Menschen zu immerintensiveren Formen des Ackerbaues bergehen, Gewerbe entstehen, sich durchWerkzeug und Maschine vervollkommnen und in engstem Zusammenhange damitden Wohlstand dieses Volkes sich mehren sehen.

    Je weiter die Menschen in dieser Richtung fortschreiten, um so vielfltiger werden dieGterarten, um so vielfltiger in Folge dessen die Verrichtungen, um so nothwendigerund konomischer auch die fortschreitende Theilung der Arbeit. Es ist indess klar,dass die wachsende Vermehrung der den Menschen verfugbaren Genussmittel nichtdie ausschliessliche Wirkung dieses letztern Umstandes ist, ja dass derselbe nichteinmal als die wichtigste Ursache des konomischen Fortschrittes der Menschenbezeichnet werden kann, sondern richtig nur als ein Factor jener grossenEinwirkungen aufgefasst werden darf, welche das Menschengeschlecht aus derRohheit und dem Elende zur Cultur und zum Wohlstande fhren.

    Die Erklrung der vermehrenden Wirkung, welche die fortschreitende Heranziehungvon Gtern hherer Ordnung auf die den Menschen verfgbaren Genussmittel (Gtererster Ordnung) ussert, ist nun aber unschwer zu finden.

    Die roheste Form der occupatorischen Wirthschaft ist auf die Aufsammlung derjeweilig von der Natur dargebotenen Gter niederster Ordnung beschrnkt. Diewirthschaftenden Menschen nehmen auf die Hervorbringung derselben keinenEinfluss, ihr Entstehen ist unabhngig von den Wnschen und Bedrfnissen derMenschen und diesen gegenber ein zuflliges. Wenn nun aber die Menschen dieseroheste Form der Wirthschaft verlassen, die Dinge erforschen, durch derenVerbindung im Causalprocesse die Genussmittel entstehen und dieselben in ihreGewalt nehmen, das ist zu Gtern hherer Ordnung gestalten, so erfolgt dieEntstehung der Genussmittel zwar vor wie nach auf Grundlage des Causal-Gesetzes,aber ihr Entstehen ist den Wnschen und Bedrfnissen der Menschen gegenber nichtmehr etwas Zuflliges, sondern ein Process, der in der Gewalt der Menschen ist undsich innerhalb der durch die Naturgesetze gezogenen Schranken nach menschlichenZwecken regelt. Die Genussmittel, welche frher das Product eines zuflligenZusammentreffens der Bedingungen ihrer Entstehung waren, sind, sobald dieMenschen diese letztern erkannt und in ihre Gewalt genommen haben, innerhalb derdurch die Naturgesetze gezogenen Grenzen ein Product ihres Willens. und die denMenschen verfgbaren Quantitten derselben finden ihre Grenze nur in den Grenzenihrer Einsicht in dem urschlichen Zusammenhang der Dinge und in dem Umfangihrer Macht ber diese letztern. Die fortschreitende Erkenntniss des urschlichenZusammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt und die fortschreitendeBemchtigung der entfernteren Bedingungen derselben haben demnach die Menschenaus dem Zustande der Rohheit und des tiefsten Elendes emporgefhrt zu dergegenwrtigen Stufe ihrer Cultur und Wohlfahrt, haben weite, von wenigen, mhseligund doch in usserster Armuth lebenden Menschen bewohnte Landstriche in dicht

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  • bevlkerte Culturlnder umgewandelt und es ist nichts sicherer, als dass auch derwirthschaftliche Fortschritt der Menschen in Kommenden Zeitepochon sein Mass inden obigen Fortschritten finden wird.

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    . 6.Der GterbesitzDie Bedrfnisse der Menschen sind mannigfach und das Leben und die Wohlfahrtderselben ist nicht gesichert, wenn ihrer Verfgung lediglich die Mittel zurBefriedigung irgend eines ihrer Bedrfnisse, wenn auch in noch so reichlichem Masseunterworfen sind. Die Art und Weise, in welcher die Menschen ihre Bedrfnissebefriedigen, kann demnach in Bezug auf Vollstndigkeit im Grossen und Ganzen einenahezu unbegrenzte Verschiedenheit aufweisen; eine gewisse Harmonie in derBefriedigung derselben ist indess bis zu einem gewissen Punkte zur Erhaltung ihresLebens und ihrer Wohlfahrt geradezu unerlsslich. Der Eine mag Palste bewohnen,die ausgesuchtesten Gerichte consumiren und sich mit den kostbarsten Gewndernbekleiden, der Andere den dunkeln Winkel einer elenden Htte zu seinem Nachtlageraufsuchen, sich von Abfllen ernhren und in Lumpen hllenaber jeder von Beidenwird dahin streben mssen, sowohl sein Bedrfniss nach Wohnung und Kleidung, alsauch jenes nach Nahrung zu befriedigen. Es ist nmlich klar, dass selbst dievollstndigste Befriedigung eines einzelnen Bedrfnisses unser Leben und unsereWohlfahrt nicht zu erhalten vermag.

    In diesem Sinne lsst sich nicht mit Unrecht sagen, dass die smmtlichen, einemwirthschaftenden Subjecte verfgbaren Gter in ihrer Gterqualitt gegenseitigbedingt sind, denn ein jedes einzelne derselben vermag den Gesammtzweck, dem siealle dienen, die Erhaltung unseres Lebens und unserer Wohlfahrt, nicht fr sich allein,sondern nur im Vereine mit den brigen Gtern zu verwirklichen.

    In der isolirten Wirthschaft, und selbst noch berall dort, wo der Verkehr derMenschen ein geringfgiger ist, tritt uns diese Zusammengehrigkeit der zurErhaltung des Lebens und der Wohlfahrt der Menschen erforderlichen Gter auchusserlich in der Gesammtheit der den einzelnen wirthschaftenden Individuenverfgbaren Gter entgegen und selbst die Harmonie, mit welcher sie ihreBedrfnisse zu befriedigen bemht sind, wiederspiegelt sich in ihrem Gterbesitze? .Bei hherer Cultur und zumal unter unseren entwickelten Verkehrsverhltnissen, woder ausreichende Besitz einer Quantitt irgend eines konomischen Gutes uns dieVerfgung ber entsprechende Quantitten aller anderen verschafft, verwischt sichscheinbar das obige Bild bezglich der Wirthschaft des Einzelnen, es tritt uns aberdann um so deutlicher in der Volkswirthschaft entgegen.

    Ueberall sehen wir, dass nicht einzelne Gter, sondern eine Gesammtheit von Gternverschiedener Art den Zwecken der wirthschaftenden Menschen dienen, eineGesammtheit von Gtern, welche entweder, gleich wie in der isolirten Wirthschaftdirect, oder wie dies unter unseren entwickelten Verhltnissen der Fall ist, zum Theilein directer, zum Theile in indirecter Weise den einzelnen wirthschaftenden Individuenverfgbar ist, und nur in dieser Gesammtheit jenen Erfolg herbeifhrt, den wir die

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  • Deckung des Bedarfs und in weiterer Folge die Sicherung des Lebens und derWohlfahrt der Menschen nennen.

    Die Gesammtheit der einem wirthschaftenden individuum fr die Befriedigung seinerBedrfnisse verfgbaren Gter nennen wir seinen Gterbesitz, und stellt sich unsderselbe demnach nicht als eine willkrlich zusammengefgte Quantitt von Gtern,sondern als das Spiegelbild seiner Bedrfnisse, als ein gegliedertes Ganzes dar, das inkeinem wesentlichen Theil gemindert oder vermehrt werden kann, ohne dass dieVerwirklichung des Gesammtzweckes, dem es dient, dadurch berhrt wrde.

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    Zweites Capitel.Die Wirthschaft Und Die Wirthschaftlichen Gter.Die Bedrfnisse entspringen unseren Trieben, diese aber wurzeln in unserer Natur; dieNichtbefriedigung der Bedrfnisse hat die Vernichtung, die mangelhafte Befriedigungdie Verkmmerung unserer Natur zur Folge; seine Bedrfnisse befriedigen, heisstaber leben und gedeihen. Die Sorge fr die Befriedigung unserer Bedrfnisse istdemnach gleichbedeutend mit der Sorge fr unser Leben und unsere Wohlfahrt; sie istdie wichtigste aller menschlichen Bestrebungen, denn sie ist die Voraussetzung unddie Grundlage aller brigen.

    Diese Sorge ssert sich im practischen Leben der Menschen dadurch, dass sie daraufbedacht sind, alles dasjenige in ihrer Gewalt zu haben, wovon die Befriedigung ihrerBedrfnisse abhngt. Verfgen wir nmlich ber die zur Befriedigung unsererBedrfnisse erforderlichen Gter, so hngt diese letztere dann lediglich von unseremWillen ab; damit ist aber unserem prac tischen Zwecke vollkommen Genge gethan,denn unser Leben und unsere Wohlfahrt sind dann in unsere eigene Hand gegeben.Die Quantitt von Gtern, welche ein Mensch zur Befriedigung seiner Bedrfnissebenthigt, nennen wir seinen Bedarf. Die Sorge der Menschen fr dieAufrechterhaltung ihres Lebens und ihrer Wohlfahrt wird demnach zur Sorge fr dieDeckung ihres Bedarfes.

    Nun wre aber die Befriedigung der Bedrfnisse und somit das Leben und dieWohlfahrt der Menschen sehr schlecht gesichert, wrden sie erst dann darauf bedachtsein, ihren Bedarf an Gtern zu decken, wenn die Bedrfnisse nach diesen letzterensich bereits unmittelbar geltend machen.

    Man setze den Fall, dass die Bewohner eines Landes beim Einbruche der rauhenJahreszeit ohne alle Vorrthe von Nahrungsmitteln und Bekleidungsstoffen wren, soist kein Zweifel, dass die Mehrzahl derselben, selbst bei den angestrengtesten aut dieBefriedigung ihrer Bedrfnisse gerichteten Thtigkeit, sich vom Untergange nicht zuretten vermchte. Je weiter aber die Cultur fortschreitet und je mehr die Menschenangewiesen sind, die zur Befriedigung ihrer Bedrfnisse nthigen Gter durch einenlangen Productionsprocess zu gewinnen (S. 21 ff.), um so zwingender wird frdieselben die Nothwendigkeit, fr die Befriedigung ihrer Bedrfnisse von vorn hereinzu sorgen, das ist, ihren Bedarf fr kommende Zeitrume zu decken.

    So geht selbst der australische Wilde nicht erst dann auf die Jagd, wenn ihn bereitshungert und er baut nicht erst dann seine Behausung, wenn die rauhe Jahreszeiteingetreten und er den schdlichen Einflssen der Witterung bereits ausgesetzt ist? .Die Culturmenschen zeichnen sich aber dadurch vor allen andern wirthschaftendenIndividuen aus, dass sie nicht nur fr eine kurze Spanne Zeit, sondern weit hinaus frdie Befriedigung ihrer Bedrfnisse sorgen, die Sicherstellnng derselben fr sorgen,die Sicherstellnng derselben fr viele Jahre, ja fr ihr ganzes Leben anstreben und der

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  • Regel nach noch darber hinaus dafr Sorge tragen, dass es auch ihren Nachkommenan den zur Befriedigung ihrer Bedrfnisse erforderlichen Mitteln nicht fehle.

    Ueberall wo wir unsere Blicke hinwenden, sehen wir bei Culturvlkern ein Systemgrossartiger Vorsorge fr die Befriedigung menschlicher Bedrfnisse.

    Whrend wir uns zum Schutze gegen die Winterklte noch in unsere Winterkleiderhllen, sind schon die fertigen Frhjahrsstoffe am Wege in die Lden derDetailhndler, und in den Fabriken werden bereits die leichten Stoffe gewebt, mitwelchen wir uns im nchsten Sommer, und die Garne fr die Stoffe gesponnen, mitwelchen wir uns im nchsten Winter bekleiden werden. Wenn wir erkranken,bedrfen wir der Dienstleistungen eines Arztes, und bei Rechtsstreitigkeiten desBeirathes eines Rechtskundigen. Tritt nun fr Jemanden ein solcher Fall ein, dannwre es fr ihn viel zu spt, wollte er sich die medicinischen oder juridischenKenntnisse und Fertigkeiten selbst aneignen, oder andere Personen fr seinen Dienstbesonders ausbilden lassen, selbst wenn er die Mittel hiefr bessse. Auch ist inCulturlndern fr die Bedrfnisse der Gesellschaft nach solchen und hnlichenDienstleistungen von langer Hand bereits vorgesorgt, indem erfahrene und bewhrteMnner, welche sich bereits vor vielen Jahren fr ihren Beruf herangebildet undinzwischen durch ihre practische Thtigkeit reiche Erfahrungen gesammelt haben, derGesellschaft ihre Dienste zur Verf gung stellen. Whrend wir aber solcherart dieFrchte der Vorsorge vergangener Zeiten geniessen, bilden sich an unserenHochschulen bereits zahlreiche Mnner heran, um den Bedrfnissen der Gesellschaftnach hnlichen Dienstleistungen in der Zukunft gerecht zu werden.

    Die Sorge der Menschen fr die Befriedigung ihrer Bedrfnisse wird demnach zurVorsorge fr die Deckung ihres Bedarfes an Gtern fr kommende Zeitrume, undwir nennen dann den Bedarf eines Menschen jene Quantitt von Gtern, dieerforderlich ist, um seine Bedrfnisse innerhalb jenes Zeitraumes, auf welchen sichseine Vorsorge erstreckt, zu befriedigen? .

    Die Vorsorge der Menschen fr die Befriedigung ihrer Bedrfnisse, soll sie anderseine erfolgreiche sein, hat nun aber eine doppelte Erkenntniss zu ihrer Voraussetzung.Wir mssen uns klar werden:

    a) ber unseren Bedarf, das ist, ber die Gterquantitten, die wir in jenenZeitrumen, auf welche sich unsere Vorsorge erstreckt, zur Befriedigungunserer Bedrfnisse benthigen werden, undb) ber die Gterquantitten, die uns fr den obigen Zweck zur Verfgungstehen.

    Die gesammte auf die Befriedigung ihrer Bedrfnisse gerichtete vorsorglicheThtigkeit der Menschen beruht auf der Erkenntniss dieser beiden Grssen. Ohne dieerstere Erkenntniss wre sie eine blinde, denn die Menschen wren sich des Zielesderselben nicht bewusst, ohne die zweite Erkenntniss wre sie eine planlose, denn siewren ohne Einblick in die verfgbaren Mittel.

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  • Wir werden aber in dem Nachfolgenden zunchst darthun, wie die Menschen zurErkenntniss ihres Bedarfes in kommenden Zeitrumen gelangen, hierauf, wie sie dieihnen fr diese Zeitrume verfgbaren Gterquantitten berechnen, und endlich jeneThtigkeit derselben zum Gegenstande unserer Darstellung machen, durch welche siedie ihnen verfgbaren Gterquantitten (Genuss- und Productionsmittel) derBefriedigung ihrer Bedrfnisse auf das zweckentsprechendste zuzufhren bemhtsind.

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    . 1.Der Menschliche Bedarf.A) Der Bedarf An Gtern Erster Ordnung (An Genussmittein).Die Menschen empfinden zunchst und unmittelbar nur Bedrfnisse nach Gternerster Ordnung, das ist nach solchen Gtern, welche unmittelbar zur Befriedigungmenschlicher Bedrfnisse herangezogen werden knnen. (S. 8.) Besteht kein Bedarfan Gtern dieser Art, so kann auch ein Bedarf an Gtern hherer Ordnung nichtentstehen. Der Bedarf an Gtern hherer Ordnung ist also durch unseren Bedarf anGtern erster Ordnung bedingt und die Untersuchung ber diesen letzteren dieGrundlage unserer Untersuchungen auf dem Gebiete des menschlichen Bedarfesberhaupt. Wir werden uns demnach zuerst mit dem Bedarfe der Menschen an Gternerster Ordnung beschftigen und hierauf die Grundstze darlegen, nach welchen sichder menschliche Bedarf an Gtern hherer Ordnung regelt.

    Die Quantitt eines Gutes erster Ordnung, welche zur Befriedigung eines concretenmenschlichen Bedrfnisses und somit auch die Quantitt, die zur Befriedigung dergesammten, innerhalb eines gegebenen Zeitraumes nach einem Gute erster Ordnungsich geltend machenden Bedrfnisse erforderlich ist, ist durch das Bedrfniss,beziehungsweise durch die Bedrfnisse selbst in unmittelbarer Weise gegeben undfindet in denselben ihr Mass. Wrden demnach die Menschen rcksichtlich jenerZeitrume, auf welche sich ihre Vorsorge erstreckt, darber immer genau undvollstndig unterrichtet sein, welche concreten Bedrfnisse sie haben und mit welcherItensitt sich dieselben geltend machen werden, so wrden sie an der Hand derbisherigen Erfahrungen, ber die ihnen zur Befriedigung derselben erforderlichenGterquantitten, das ist ber die Grsse ihres Bedarfes an Gtern erster Ordnungniemals in Zweifel sein knnen.

    Nun lehrt uns aber die Erfahrung, dass es mit Rcksicht auf kommende Zeitrumenicht selten mehr oder minder ungewiss ist, ob sich gewisse Bedrfnisse innerhalbderselben berhaupt geltend machen werden. Dass wir innerhalb eines gegebenenkommenden. Zeitraumes Speise, Trank, Kleidung, Wohnung, u. dgl. m. benthigenwerden, ist uns von vornherein bekannt; nicht dasselbe ist aber rcksichtlich vieleranderen Gter der Fall, z. B. rcksichtlich rztlicher Dienstleistungen, Medicamenteu. dgl. m., da die Geltendmachung unserer Bedrfnisse nach diesen Gtern nichtselten von Einflssen auf unsere Personen abhngig ist, welche wir nicht mitBestimmtheit voraus zu sehen vermgen.

    Hiezu tritt nun noch der Umstand, dass selbst bei jenen Bedrfnissen, von welchenwir von vornherem wissen, dass sie sich innerhalb jenes Zeitraumes, auf welchen sichunsere Vorsorge erstreckt, geltend machen werden, doch in quantitativer Beziehungeine Unbestimmtheit vorhanden sein kann, indem wir wohl die Thatsache, dass jeneBedrfnisse sich geltend maehen werden, nicht aber von vornherein eben so genau

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  • das Mass der letztern, das ist die Gterquantitten kennen, die zur Befriedigungderselben erforderlich sein weren. Es sind aber hier eben diese Quantitten in Frage.

    Was nun vorerst unsere Ungewissheit ber den Umstand betrifft, ob sich gewisseBedrfnisse in dem Zeitraume, auf welchen sich unsere Vorsorge erstreckt, berhauptgeltend machen werden, so lehrt uns die Erfahrung, dass durch diese mangelhafteErkenntniss die Vorsorge der Menschen fr die eventuelle Befriedigung dieserBedrfnisse durchaus nicht ausgeschlossen wird. Selbst gesunde Personen, die amLande wohnen, sind, wofern es ihre Mittel erlauben, im Besitze einer Hausapotheke,oder doch einer Anzahl von Heilmitteln fr unvorhergesehene Flle, vorsorglicheHauswirthe besitzen Lschapparate. um fr den Fall einer Feuersbrunst ihr Eigenthumconserviren, und Waffen, um dasselbe nt