2010-03-29 factchecking quality management

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Fact-Checking und Redaktionelles Qualitätsmanagement Prof. Dr. Vinzenz Wyss Fact-Checking, Fachkonferenz netzwerk recherche in Kooperation mit DER SPIEGEL 27./28. März 2010, Hamburg [email protected] Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM

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2010-03-29 Konferenz Netzwerk Recherche in Hamburg http://www.netzwerkrecherche.de/Konferenzen/Fachkonferenz-Fact-Checking/ 4:39 PM Mar 27th

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Page 1: 2010-03-29 Factchecking Quality Management

Fact-Checking und Redaktionelles Qualitätsmanagement

Prof. Dr. Vinzenz Wyss

Fact-Checking, Fachkonferenz netzwerk recherchein Kooperation mitDER SPIEGEL

27./28. März 2010, [email protected]

Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM

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Programm

1. Strukturen und Prinzipien des redaktionellen Qualitätsmanagements

2. Stellenwert des Fact-Checking

3. Fakten ohne Narration?

4. Plädoyer für eine Intergration des Fakten- und Narrations-Checks im Qualitätsmanagement

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Regeln und Ressourcen des redaktionellen Qualitätsmanagement

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Qualitätssicherung …

• ist ein auf Dauer angelegter Vorgang, ein Prozess mit präventiven, den Produktionsprozess begleitenden und mit korrektiven Elementen.

• ist in erster Linie eine Frage der rekursiven Steuerung der Organisation.

• umfasst alle organisationalen Regeln und Ressourcen, die dazu beitragen, journalistische Leistungen bestimmten Qualitätszielen anzunähern.

• meint Fehlervermeidung statt Fehlerkorrektur• zielt auf die ständige Verbesserung.

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Regeln und Ressourcen des redaktionellen Qualitätsmanagement

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Regeln und Ressourcen des redaktionellen Qualitätsmanagement

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Regeln und Ressourcen des redaktionellen Qualitätsmanagement

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Gegenrecherche

30.5%

39.0%

41.1%

42.3%

42.8%

65.7%

68.1%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Bezahlte Tageszeitung

Privatradio

Illustrierte/ Zeitschrift

Privates Fernsehen

Wochenzeitung/ Sonntagszeitung

Schweizer Fernsehen SF/TSR

Radio DRS/RSR

Regelmässig Ab und zu Selten Nie No Answer

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Gegenlesen/Abnahme

31.4%

53.2%

57.6%

62.7%

65.3%

70.4%

80.8%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Privatradio

Privates Fernsehen

Bezahlte Tageszeitung

Wochenzeitung/Sonntagszeitung

Illustrierte/ Zeitschrift

Radio DRS/RSR

Schweizer FernsehenSF/TSR

Regelmässig Ab und zu Selten Nie No Answer

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Briefing

33.9% 34.7% 16.5% 7.3%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Presse

Regelmässig Ab und zu Selten Nie No Answer

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Grenzen einer Fact-Checkliste

• Sind Namen, Titel, Orte überprüft?• Rechtschreibung, Zahlenangaben überprüft?• Kann ich alle Tatsachen belegen?• Habe ich für alle Schlüsselinhalte die Gegenprobe gemacht?• Habe ich Vertrauen zu den gelieferten Quellen?• Kann ich meine Inhaltskontrolle öffentlich verteidigen?

• Sind die Zitate korrekt und angemessen?• Erfasst das Zitat, was der jeweils Befragte gemeint hat? • Sind die Zitate in einem richtigen Zusammenhang präsentiert?• Habe ich allen Betroffenen eine Chance gegeben, mit mir zu sprechen? • Ist der Beitrag ausgewogen?

• Werden Hintergrund und Kontext ausreichend erläutert?• Sind stereotype Adjektive verwendet worden?

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Verkettung durch Narration

wissen-schaftlich

wahr/unwahr

wirt-schaftlich

verkaufen / nicht

verkaufen

ethisch

moralisch / nicht

moralisch

politisch

mächtig / ohnmächti

g

rechtlich

recht / nicht recht

Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus

MachtGier

GerechtigkeitBedrohte Sicherheit

Befreiende ListVerrat

RechtfertigungFreiheit

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Blog-Reaktionen … der muss halt kompensieren …… das vierte Reich …… der hat doch selber Konti bei uns

…… ein teutonisches trotziges Kind …… zuerst vor der eigenen Türe

wischen …… traurig, dass heutzutage wieder

ein Peitscher umherirrt …

… wir wollten einen VW kaufen … nun kaufen wir einen Toyota …

… eine Regierung versagt im eigenen Land und bläst zum Krieg …

… was du nicht willst, tu keinem anderen an ….

… mal ehrlich, ein Bankgeheimnis brauchen diejenigen, die was zu verbergen haben …

… Hochmut kommt vor dem Fall …

… wir sollten das BG mal kritisch hinterfragen …

… Unrecht ist nun mal Unrecht …

… es wird Zeit, dass die Schweiz erwacht …

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Narratives vs. diskursives Wissen

• Corner (1999: 46) definiert Narration als „representation of a chain of events in cause-effect relationsship occuring in time and space.“

• Mit narrativem Wissen werden nicht nur einfach Fakten oder Argumente vermittelt, sondern Narration kombiniert Ereignisse, Fakten und Erfahrungen aus dem Kontext einer spezifischen Situation so, dass sie miteinander kausal verlinkt werden und so für den Erzähler und den Rezipienten Sinn machen.

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Narration als Sinnstruktur

Narration

… strukturiert Zeit und Raum.

… ordnet, hierarchisiert und stellt Sinn her.

… verständigt über gemeinsame

Wahrnehmung

… bedient sich Techniken wie Erinnerung,

erzählerischen Grundmustern und Motiven.

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Narrativität - Elemente einer Story

1) Die Elemente einer Story stehen in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge.

2) Die Story braucht Charaktere, die möglichst archetypische Rollen (Helden, Opfer, Erlöser, Verlierer etc.) übernehmen.

3) Die Story beinhaltet Hinweise darauf, wie sie zu deuten ist: sie verfügt über mehrere Bedeutungsebenen: die konkrete Handlung repräsentiert ein generelles Thema, das über die unmittelbare Aktualität hinausweist.

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Steuerung durch Aussagewunsch

• Der Aussagewunsch ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen der Redaktion und dem Autor über das Ziel des Beitrages. Dabei wird der Beitrag auf klar fokussierte Geschichten reduziert.

• Z.B: „Die Zuschauer sollen miterleben, warum der gehbehinderte Herr X immer noch gerne zur Arbeit geht, obwohl er dabei jeden Tag einen Spiessrutenlauf absolvieren muss.

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Satzteil Bedeutung der Satzteile

„Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen…

Der Adressat des Aussagewunsches ist immer das Publikum, nicht die Macherin oder der Macher. Dieser erste Teil des Satzes bleibt immer gleich.

…miterleben / erfahren / verstehen / kennenlernen / erkennen etc. …

Das erste Verb (im Aktiv) gibt bereits einen wichtigen Hinweis auf die Art des Beitrags: Geht es um Information, Wissensvermittlung, Mitreisen, Beobachten…?

…warum / dass / weshalb / ob / wie / wieviel etc. …

Das Bindewort zum Nebensatz spezifiziert die inhaltliche Ausrichtung. Es ist ein Unterschied, ob wir einen Sachverhalt („dass“) umschreiben oder etwas herausfinden wollen („warum“).

… Herr X / Frau Y / die Gruppe X / die Sache Z etc. …

Das Subjekt des Nebensatzes bezeichnet in der Regel den Handlungsträger oder die Heldin der Geschichte.

… die Sache, das Ereignis, den Sachverhalt, Protagonist A etc. …

Das Objekt bezeichnet den Sachverhalt oder das Problem.

… gerne / schwierig / stockend / gut / erfolgreich / entschieden etc. …

Adverbien und Adjektive geben einen Hinweis auf die emotionale Richtung oder Wertigkeit der Geschichte.

… zur Arbeit geht / lebt / sich entwickelt / Regie führt / weiterlebt etc. …

Das zweite Verb schliesst den Satz ab und bezeichnet die Bewegung des Subjekts.

… obwohl / trotzdem / auch wenn er … etc.

Lässt sich ein präzisierender/ relativierender dritter Satzteil anfügen, kann dadurch schon die Fallhöhe / der Widerpart / der Konflikt sichtbar werden.

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Fakten- und Narrations-Check

• Voraussetzung:– Narrative Strukturen erkennen können

Ausbildung– Organisationale Verankerung

Prozessorientierung– Zusammenarbeit zwischen Storyteller und

Fakten-Checker

Aussagewunsch mitliefern

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Regeln und Ressourcen des redaktionellen Qualitätsmanagement