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0 13. Bundeskongress Pathologie Berlin Satellitensymposium Sividon Diagnostics GmbH am 20. April 2013 Abrechnungsaspekte der personalisierten Medizin in der GKV am Beispiel von EndoPredict Prof. Dr. Jürgen Wasem Dr. Anke Walendzik Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Stiftungslehrstuhl für Medizinmanagement Universität Duisburg-Essen Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach- Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

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13. Bundeskongress Pathologie Berlin

Satellitensymposium Sividon Diagnostics GmbH

am 20. April 2013

Abrechnungsaspekte der personalisierten Medizin in

der GKV am Beispiel von EndoPredict

Prof. Dr. Jürgen Wasem

Dr. Anke Walendzik

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-

Stiftungslehrstuhl für Medizinmanagement

Universität Duisburg-Essen

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

1

Überblick:

1. Reimbursement von Diagnostika der Personalisierten Medizin im

ambulanten Versorgungssetting der GKV

2. Reimbursement im stationären Versorgungssetting

3. Diagnostika der Personalisierten Medizin im Vergütungssystem der GKV

am Beispiel von EndoPredict

4. Schlussbemerkungen

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

2

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB)

Wenn neue Leistungen „Neue Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden“ sind: i.d.R. Erlaubnisvorbehalt für die

vertragsärztliche Versorgung (§ 135 Abs. 1 SGB V)

G-BA prüft auf Antrag von KVen, KBV, Kassen, G-BA-

Unparteiischen diagnostischen und therapeutischen Nutzens der

neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und

Wirtschaftlichkeit

Der neue § 137e SGB V gestaltet das schon vorher vom BSG

gesehene Antragsrecht der Hersteller in Gestalt einer

Erprobungsregelung aus

Durchführung eines HTA-Verfahrens durch themenbezogene

Arbeitsgruppe des G-BA; ggfs. Beauftragung des IQWiG (oder

Dritter)

Bei positivem Beschluss: Aufnahme in die Anlage 1 der G-BA-RL

Methoden Vertragsärztliche Versorgung

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

3

Wann ist eine neue Leistung eine NUB?

Wann sind neue Leistungen „Neue Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden“ im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V?

BSG (B6KA39/98 v. 25.8.99):

„nicht jede einzelne diagnostische oder therapeutische ärztliche

Leistung …, die vom Bewertungsausschuss in den EBM-Ä

aufzunehmen ist….“

„ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept…, das sie von

anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre

systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter

Krankheiten rechtfertigen soll.“

man wird von einem gewissen Entscheidungsspielraum der

beteiligten Akteure ausgehen können

Keine NUB, wenn es schon eine EBM-Position für die Leistung in

diesem Anwendungsgebiet gibt; ob dies der Fall ist, stimmen sich

Bewertungsausschuss und G-BA nach G-BA-Verfahrensordnung ab

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

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Wie geht es nach einer positiven Bestätigung des Status einer Neuen

Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1

SGB V weiter?

Bewertungsausschuss ist grundsätzlich verpflichtet, die Leistung in

den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufzunehmen und eine

Bewertung vorzunehmen

geschieht dies nicht in angemessener Frist, liegt ggfs. System-

versagen vor und Patient kann von Kasse Kostenzusage oder

Kostenerstattung einer selbst beschafften Leistung begehren

Wie geht es nach ambulantem NUB-Status weiter?

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

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Und was ist mit neuen Leistungen, die keine Neuen Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V sind, ohne dass es

schon eine EBM-Position dazu gibt?

Bewertungsausschuss ist verpflichtet, den EBM „in bestimmten

Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die

Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der

medizinischen Wissenschaft und Technik…entsprechen.“ (§ 87 Abs. 2

Satz 2 SGB V)

Umsetzung von § 72 Abs. 2 SGB V: „eine ausreichende, zweckmäßige

und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter

Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der

medizinischen Erkenntnisse“ als Maßstab für die Verträge der Kassen

mit dem KV-System

auch § 2 SGB V: Berücksichtigung des med. Fortschritts

Ambulante neue Leistungen, die keine NUB sind

Alfried Krupp v. Bohlen u. Halbach-

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6

Resultiert die Überprüfungsverpflichtung für den Bewertungsausschuss in

einer Verpflichtung zur Neuaufnahme neuer Leistungen in den EBM?

BSG: „Eine solche Pflicht besteht lediglich hinsichtlich der Leistungen, ohne

die eine umfassende ambulante Versorgung der Versicherten nicht möglich

ist“

Man wird dem Bewertungsausschuss daher einen Ermessensspielraum

hinsichtlich der Resultate seiner regelmäßigen Überprüfung des EBM

zubilligen müssen

Realistisch wird man davon ausgehen können, dass bei der

Wahrnehmung des Ermessensspielraumes die relevanten Akteure

auch ihre Interessenlage reflektieren werden

Insbesondere: neue Leistungen mit/ohne zusätzliche finanzielle

Mittel?

Verpflichtung für den BA, eine EBM-Ziffer zu schaffen?

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Wie werden neue Anwendungen bestehender EBM-GOPs behandelt, die

nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden definiert sind?

„Automatisch“ wird (ohne explizites anderes Handeln) zunächst

Abrechnungsmöglichkeit nach der entsprechenden allgemeinen

Position aus dem EBM bewirkt, morbiditätsbedingte Gesamtvergütung

bleibt gleich.

Bei zusätzlichem Leistungsumfang durch diese Leistungen:

Vereinbarung selektiver Abrechnung díeser Leistungen innerhalb der

GOP über extra-budgetäre Vergütung wäre bei entsprechender

Vereinbarung möglich, jedoch mit Ermessensspielraum der relevanten

Akteure auf Bundes- und Landesebene mit unterschiedlicher

Interessenslage

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Neue Anwendungen bestehender EBM-GOPs

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Unterscheidung zwischen

Companion Diagnostics i.e.S. und

übrige Diagnostika der personalisierten Medizin

sinnvoll

Companion Diagnostics i.e.S. sind nach wohl herrschender juristischer

Auffassung mit Zulassung des Arzneimittels (und seiner „automatischen“

Aufnahme in die GKV-Erstattung) ebenfalls im Leistungskatalog der GKV

Für die übrige Diagnostika der personalisierten Medizin gelten die zuvor

genannten Kriterien:

Wenn NUB, zunächst G-BA, dann wohl Bindung für BA

Wenn nicht NUB: Überprüfung der Erfordernis der Aufnahme in den

EBM durch den BA

Ob NUB oder nicht: da gibt es Unschärfen

Besondere Situation für Companion Diagnostics im engeren Sinne

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Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

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Überblick:

1. Reimbursement von Diagnostika der Personalisierten Medizin im

ambulanten Versorgungssetting der GKV

2. Reimbursement im stationären Versorgungssetting

3. Diagnostika der Personalisierten Medizin im Vergütungssystem der GKV

am Beispiel von EndoPredict

4. Schlussbemerkungen

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Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

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Im Krankenhaus herrscht der „Verbotsvorbehalt“: Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden dürfen solange erbracht werden, wie der G-BA sie

nicht von der Versorgung ausgeschlossen hat

Neue Methoden ohne durchschnittlich fallbezogene Mehrkosten bzw.

ohne Deckungsbeitragsverringerungen für das Krankenhaus finden daher

schnell den Weg in die Versorgung

Für Fälle von Mehrkosten neuer Leistungen sieht das Gesetz ein

stationäres NUB-Verfahren vor

Anderer NUB-Begriff: alle neuen Leistungen sind grundsätzlich NUB-

fähig

Zweistufiges Verfahren für jeweils einzelne Krankenhäuser:

(1) Beantragung eines NUB-Status beim InEK

(2) Bei positivem Bescheid (NUB-Status 1): Verhandlungen der

Häuser mit den Kassen um ein NUB-Entgelt

Verbotsvorbehalt im stationären Versorgungsbereich

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Diagnostika der personalisierten Medizin sind grundsätzlich NUB-fähig

Hürde 1: Wird das InEK NUB-Status 1 anerkennen?

Prüfung, ob im DRG-System sachgerechte Finanzierung der Leistung

tatsächlich nicht möglich ist

Offenbar eher restriktive Handhabung

Hürde 2: Wird gegenüber Krankenkassen NUB-Entgelt durchsetzbar sein?

Krankenkassen offenbar eher restriktiv

Praxis der Krankenkassen, MDK-Gutachten zum Nutzen des

Verfahrens einzuholen, vom BSG in jüngerer Rechtsprechung gedeckt

Diagnostika der personalisierten Medizin als stationäre NUB?

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Stiftungslehrstuhl f. Medizinmanagement

12

Überblick:

1. Reimbursement von Diagnostika der Personalisierten Medizin im

ambulanten Versorgungssetting der GKV

2. Reimbursement im stationären Versorgungssetting

3. Diagnostika der Personalisierten Medizin im Vergütungssystem der GKV

am Beispiel von EndoPredict

4. Schlussbemerkungen

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Wenn für EndoPredict eine EBM-Ziffer mit dieser Anwendung besteht, ist

der Test keine neue Leistung im Sinne des § 135 SGB V

Wenn keine EBM-Ziffer für EndoPredict besteht, wäre zu prüfen, ob es

sich um eine NUB i.S.d. § 135 SGB V handelt (und ein G-BA-

Überprüfungsverfahren in Gang gesetzt werden sollte)

Wenn es sich um keine NUB handelt und keine EBM-Ziffer besteht, kann

der Bewertungsausschuss eine EBM-Ziffer schaffen (oder auch eine

bestehende EBM-Ziffer zuordnen…)

Wenn der Bewertungsausschuss eine neue EBM-Ziffer geschaffen hat,

wäre zu entscheiden (Empfehlung auf der Bundesebene; Umsetzung auf

der Landesebene), ob die Leistungen innerhalb oder außerhalb der

morbiditätsbedingten Gesamtvergütung durch die Krankenkassen

vergütet werden sollten

EndoPredict und der EBM

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Status quo der Abrechnung von EdnoPredict

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Nach der Schaffung der einschlägigen Gebührenordnungspositionen

im EBM, insbesondere derjenigen ohne Indikationsbezug, ist die

wissenschaftliche Entwicklung weiter gegangen; Positionen des

Kapitels 11 ursprünglich zur Diagnose von Erbkrankheiten

Bis auf Kapitel 11.4. kein Indikationsbezug: wann ist eine neue

Anwendung eine NUB im Sinne der Einbindung in ein neues

gesamttherapeutisches Konzept?

Methodenbezug ist strittig: Beispiel: was ist eine genomische Mutation

(DNA; MRSA…)?

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Definition von NUB bei Diagnosika mit genetischem Hintergrund

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Abrechnungsmodalität in Anlehnung an die etablierte KRAS Mutationsanalyse

Durchführung des Assays u. A. 36 PCR Reaktionen und 36 Sonden-Hybridisierungen

Voraussetzung ist die KV-Zulassung des Institutes

Patientenstatus muss zu Abrechnung nach EBM ambulant sein!

EBM-

Nummer

Punkte Punktwert

0,035 €

19310 Histologische oder zytologische Untersuchung eines

Materials

235 8,23 €

19332 Histologisch-topographiespezifische Bestimmung(en) und

Identifizierung(en)

750 26,25 €

36 x 11321 Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten oder

krankheitsauslösenden genomischen Mutation mittels

Amplifikation menschlicher DNA mittels PCR

630 793,8 €

36 x 11320 Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten oder

krankheitsauslösenden genomischen Mutation mittels

Hybridisierung menschlicher DNA

780 982,8 €

Summe 1.811.08 €

Praxis der Abrechnung nach EBM

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Ziffer Wert Summe €

(Faktor 1,0)

Summe

4800 12,65 12,65 x 2,3 29,09 €

2 x 4815 A 40,80 40,80 x 2,3 93,84 €

3920 Isolierung 52,45 52,46 x 1,15 60,33 €

36x 3922 PCR 29,14 1.049,04 x 1,15 1.206,72 €

36x 3924 17,49 629,64 x 1,15 723,96 €

3 x 4815 A algor.

Auswertung

61,20 61,20 x 2,3

140,76 €

1.845,79 2.254,70 €

GOÄ-Liquidation EndoPredict als Mix aus „Laborziffern“

und Analogbewertung

Exkurs: Praxis der Abrechnung nach GOÄ

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Überblick:

1. Reimbursement von Diagnostika der Personalisierten Medizin im

ambulanten Versorgungssetting der GKV

2. Reimbursement im stationären Versorgungssetting

3. Diagnostika der Personalisierten Medizin im Vergütungssystem der GKV

am Beispiel von EndoPredict

4. Schlussbemerkungen

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Der Zugang von Innovationen in die GKV wird seit längerem

kontrovers diskutiert

Krankenkassen: „ungesteuerten Zugang im Krankenhaus stärker

regulieren“

Industrie/Leistungserbringer: „Zugang erleichtern und

Finanzierung sichern“

Gemengelage aus Aspekten von Patientensicherheit / Kosten /

Industriepolitik

Zugang von Diagnostika der personalisierten Medizin - insbesondere

jenseits von Companion Diagnostics - auch mit ggfs. vorhandenem

Nachweis von Evidenz zum Nutzen kein Selbstläufer

Evtl. anstehende Debatten über EndoPredict in gewisser Weise

prototypisch für die künftigen Diskurse

3. Schlussbemerkungen

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Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf

eine anregende Diskussion

Kontakt:

Prof. Dr. Jürgen Wasem Universität Duisburg-Essen

[email protected]

Tel.: 0201 183 -4072 /-4537 Fax: 0201 183 -4073

www.mm.wiwi.uni-due.de

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