zur physiologie und pharmakologie des kritischen blutzuckers

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XII. Aus der I. ~iedizinisehen Klinik in Wien. (Vorstand: Prof. K. F. Wenckeba ch.) Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers 1). Von tt. Elias und B. :Fell (Lemberg). (Mit 6 Kurven.) (Eingegangen am 9. II. 1930.) Die intermedi~iren Vorg~nge, die unter normalen und pathologisehen Bedingungen zu einer Zuekerausseheidung ftihren, waren begreiflieher- weise sehon lange Gegenstand eifrigster Untersuehungen. l~ber den Ein- flul3, den die Niere auf die Zuekerausseheidung unter versehiedenen Be- dingungen nimmt, stehen uns viel weniger Kenntnisse zur u und diese stammen aus der letzten Zeit. Wollen wir zunhchst hier nut der Tatsachen gedenken, die ira Bereich des Physiologisehen liegen, so w~re vor allem die Arbeit yon Nishi zu nennen. Er hat den Austritt yon Zucker in der Niere in die Glomeruli, die Rficlu'esorp- tion desselben in die Tubuli verlegt, und zwar auf Grund yon Versuchen, in denen er den glomerulitragenden Teil der Niere entfernt hat. Ubrigens linden sich in der Literatur der Nierenfunktionsprfilung zahlreiche Angaben fiber die Ausscheidungsstelle der eingeffihrten Kohlehydrate in der Niere (Milchzueker: Schlayer und Takajasu, Eppinger usw.; vgl. hingegen Volhard), so dal~ die Beobachtung der Ausscheidung yon injiziertem Nilch- zucker zur Prfifung der Tubulusfunktion verwendet wurde. Uber die ttShe des Blutzuckerniveaus aber, das unter physiologischen Bedingungen zu einer Zuckerausscheidung ffihren mu~te, z. B. bei der alimenthren Glykosurie, wul~te man wenig. Nehr Interesse wurde dieser Frage entgegengebracht, nachdem ~aase, dann Nowak, Porges und Strisower und sparer E. Frank den renalen Diabetes und die Gravidit~tsglykosurie studiert batten und nach- 1) Auszugsweise beim KongreB der Deutschen Gesellschaft ftir inhere Nedizin in Wiesbaden 1929 vorgetragen.

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Page 1: Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers

XII.

Aus der I. ~iedizinisehen Klinik in Wien. (Vorstand: Prof. K. F. Wenckeba ch.)

Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers 1).

Von

tt . Elias und B. :Fell (Lemberg).

(Mit 6 Kurven.)

(Eingegangen am 9. II. 1930.)

Die intermedi~iren Vorg~nge, die unter normalen und pathologisehen Bedingungen zu einer Zuekerausseheidung ftihren, waren begreiflieher- weise sehon lange Gegenstand eifrigster Untersuehungen. l~ber den Ein- flul3, den die Niere auf die Zuekerausseheidung unter versehiedenen Be- dingungen nimmt, stehen uns viel weniger Kenntnisse zur u und diese stammen aus der letzten Zeit.

Wollen wir zunhchst hier nut der Tatsachen gedenken, die ira Bereich des Physiologisehen liegen, so w~re vor allem die Arbeit yon Nishi zu nennen. Er hat den Austritt yon Zucker in der Niere in die Glomeruli, die Rficlu'esorp- tion desselben in die Tubuli verlegt, und zwar auf Grund yon Versuchen, in denen er den glomerulitragenden Teil der Niere entfernt hat. Ubrigens linden sich in der Literatur der Nierenfunktionsprfilung zahlreiche Angaben fiber die Ausscheidungsstelle der eingeffihrten Kohlehydrate in der Niere (Milchzueker: Sch laye r und Taka j a su , E p p i n g e r usw.; vgl. hingegen Volhard) , so dal~ die Beobachtung der Ausscheidung yon injiziertem Nilch- zucker zur Prfifung der Tubulusfunktion verwendet wurde. Uber die ttShe des Blutzuckerniveaus aber, das unter physiologischen Bedingungen zu einer Zuckerausscheidung ffihren mu~te, z. B. bei der alimenthren Glykosurie, wul~te man wenig. Nehr Interesse wurde dieser Frage entgegengebracht, nachdem ~ a a s e , dann Nowak, Porges und S t r i sower und sparer E. F r a n k den renalen Diabetes und die Gravidit~tsglykosurie studiert batten und nach-

1) Auszugsweise beim KongreB der Deutschen Gesellschaft ftir inhere Nedizin in Wiesbaden 1929 vorgetragen.

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weisen konnten, dal~ bei Graviden nach relativ geringer Kohlehydratzufuhr Zucker im Ham erseheint, ohne da]~ der Blutzucker besonders hoeh ansteigt (vgl. aueh F a b e r und :Norgaard). Diese Beobachtung ist noeh eingehend studiert und best~tigt worden (Re iehens te in , Lepine , S to lper , Mann, J acobsen , F r a n k u n d 57othmann, Guggisberg , Umber und Rosen- berg, El ias , Gt idemann und R o u b i t s e h e k [siehe daselbst Literatur] und viele andere). Heute erscheint die Frage naeh der Pathogenese der Gravidit~tsglykosurie, ob sie eine renale oder intermediate ist, nach langen Diskussionen im Sinne einer renalen ~tiologie neben der Feststellung yon inter- medifiren Faktoren gesichert. Dutch Einftihrung der Mikromethoden war es n~mlieh mSglich, Serienuntersuehungen des Blutzuekers in ganz kurzen Inter- vallen durchzufiihren. So war es El ias , Gfidemann und R o n b i t s e h e c k gelungen, dutch Feststellung der Blutzuckerkurve naeh Zuckerdarreiehung und gleichzeitigem Einlegen eines Katheters i n die Blase den Augenblick festzuhalten, in dem eben noch Zueker im Ham erscheint. Der Blutzucker- wert in diesem Augenblick erhoben, wurde yon den Autoren ~)kritiseher Blut- zueker(( genannt. Sie finden diesen kritisehen Blutzuckerwert bei ~ormalen bei 160 mg B]utzucker etwa, bei Graviden unter 140 mg und konnten auf diese Weise bei Graviden eine gr0~ere Zuckerdurehl~ssigkeit der 5~iere naehweisen, w~hrend sie in der Blutzuekerkurve bei Normalen und Graviden keinen Unter- sehied feststellen konntenl).

~Taeh Absehlul~ dieser Mitteilung ersehien eine Arbeit yon Klein und H e i n e m a n n aus der Nonnenbruchschen Klinik: >>Zur Frage der 7Nieren- schwelle fiir die Zuekerausseheidung, beurteilt naeh der HShe des Blutzueker- spiegels im arterie]len Blur<(. Diese Mitteilung soll ihrer Bedeutung halber noeh kurz angeftihrt werden. Die Autoren ~ordern, dal~ als Zuckerschwelle das Eiveau jenes Blutes angesehen werde, das der Niere tats~chlieh angeboten wird, das Zuekerniveau des arteriellen Blutes. Da aber naeh ihren grund- legenden Untersuehungen der Blutzueker in der Arterie naeh Zuckerzufuhr gro~en Schwankungen unterworfen ist, legen sic sieh die Frage vor, ~)wie hoch der Zucker im arteriellen B]ut ansteigen kann, ohne dal~ Zucker in den Urin tibertritt (< und linden einen Weft yon fiber 500 mg %. Diese Beobaehtungen lassen sich in keiner Weise mit den sp~ter anzuffihrenden Versuehen vergleiehen. Die Autoren injizieren kleinere Zuckermengen (8--12 g gegen 18 g etwa in unseren Versuehen) und erzielen damit eine kurzdauernde Hyperglyk~mie (~)jedenfalls war der Bhtzuekerspiegel in der 3. bis 4. Minute nach der In- fusion bereits stark abgesunken <0. Diese verfolgen sie dureh 3--4 lV[inuten an der gro~en Schwankungen unterworfenen arteriellen Blutzuckerkurve. In un- seren Versuchen beginnen die Zuekerentnahmen erst naeh 5 Minuten. Es ware nun erst die Frage, ob man sieh bei der Untersuchung der ~ierenschwelle f ~ den Zucker besser an die so raseh oszillierende arterielle Blutzuckerknrve halten soll oder an die gewissermal~en ausgepufferte, gleiehm~l~ig verlaufende Blutzuekerkurve im Kapillarbht, trotz ihrer Fehler. Sehliel~lieh werden ja die Zellen nicht direkt yore Blute der Arterie, sondern yon dem tier Kapillaren versorgt. Jedenfalls seheint aus den sorgfiiltigen Untersuchungen dieser

1) Ausfiihrliche Literatur fiber die :Nierenschwelle fiir Zucker s. das Referat yon Klein, Med. Klinik 1929, S. 1593.

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Autoren hervorzugehen, wie tibrigens aus manchen Angaben in der Literatur, da~ aueh ein hoher Blutzucker yon kurzer Dauer, nieht zur Glykosurie fghren mu~l). Freilieh haben Klein und He inemann die Blase nut jede 1/2 Stunde willkiirlieh entleeren lassen. Es ist sehr gut mSglich, dal~ karzeste Glykosm'ien ihnen auf diese Weise entgangen sind. Ob abet die Autoren wirldieh den ~>endggltigen Beweis erbraeht<< haben, ~; da~ es einen kritisehen Blutzucker unter 0,5~o nicht gibt<<, mSgen die Leser dieser Mitteilung selbst entseheiden.

Untersuchungen. A. Physiologiseher Teil.

I. Unsere Untersuehungen, die sich zungchst mit der Zuckerdurch- l~ssigkeit der normalen I~iere beseh~iftigen sollten, begannen wir damit, da~ wir die Werte yon E l i a s , G i i d e m a n n und R o u b i t s e h e k , bzw. yon E l i a s und G i i d e m a n n einer l~aehprfifung unterzogen. Es wurde der kritisehe Blutzucker bei drei stoffwechselgesunden Versuehspersonen nach intravenSser Injektion yon Dextrose an zwei versehiedenen Tagen bestimmt. Die Werte stimmten vollkommen iiberein: 157 und 157, 150 und 153, 164 und 158 rag%. Als Versuchsanordnung wurde immer die von E l i a s , G t t d e m a n n und R o u b i t s c h e k angegebene Methode ver- wendet. Dabei sei noch besonders betont, da~ die Zuckerdarreichung (0,3g Dextrose pro Kilogramm KSrperge~deht) immer i n t r a v e n S s erfolgt ist.

Das ist yon Wichtigkeit, denn eine perorale Verabreichung yon KI-t schafft ganz an@re Verh~ltnisse sowohl im intermedigren Stoffwechsel (vgl. Forges und Adlersberg, S. 32), als auch far den kritischen Blutzueker, wie sieh z.B. aus dem Vergleieh der glteren Versuehe aus unserer Klinik, iibrigens auch der Versuehe aus dieser Arbeit mit den Resultaten yon Fr ieke, K e m p m a n n und Claudi tz ergibt, l~ur bei intravenSser Darreichung vo~ Zucker lg~t sich der kritisehe Blutzucker seharf erfassen, w~hrend er naeh peroraler Zufuhr dureh bisher noch ungeklgrte Einflfisse schwankt. So findet z. B. Fr icke naeh peroraler Zuckerdarreiehung beim ~orma]en eine Glykos- urie bei normalem Blutzucker. Ganz besonders ]ehrreich sind diesbezt~glich die ausgezeichneten japanisehen Arbeiten besonders ans der Klinik I n a d a in Tokyo, die wenig bekannt sind und aueh uns erst vor Absehlul3 dieser Arbeit dutch Znfall in die Egnde gefaIlen sind. (Kozo Sakaguehi , Kensuke G y o t o k u u n d T o h i t a n e Ma t suyama , ferner Kozo Sakaguchi , Tohi- t ane M a t s u y a m a und ~fototaro ~akayama . ) Diese Autoren weisen z. B. bei leiehten Diabetikern in sehSnen Kurven naeh, dab bei diesen Patienten die aliment~r hervorgerufene Glykosurie manehmal an dem auf-

1) Damit wtirden die Resultate yon Iqonnenbrnch und Szyszka in guter Ubereinstimmung stehen, die den kritischen Blutzuckerwert auf der ansteigenden H~lfte der Blutznckerkurve hSher, also relativ etwas spgter, vielleicht nach einer gewissen Latenzzeit, finden, als auf dem absteigenden Schenkel (1/2stiindige Harnp ausen !).

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steigenden Teil, manchmal an dem absteigenden Tell der Blutzuckerkurve auftritt, und zwar manchmal in der 5T~he des Gipfels, manchmal recht tier unten auf dem absteigenden Schenkel der Kurve, ohne da~ sie eine Erkli~rung ltir die verschiedene Lage des kritischen Blutzuckers in diesen Versuchen angeben kSnnen. Mit Recht wenden sie sich gegen alle Versuche, die auf diese Weise nach alimenthren Gaben und zeitlicher Feststellung des Aultretens oder Verschwindens der Glykosurie die 5iierenschwelle feststellen sollen. Wir kOnnen nach unseren Versuchen diese Erfahrungen nut besti~tigen, tibrigens geht ihre Richtigkeit auch aus manchen Angaben in der Literatur hervor. (Vg]. z. B. Kornfe ld und Schur.) Da sich spi~ter herausstellen wird, da6 der Vagus einen Einflu6 auf die HShe der 5Tierenschwelle ftir Zucker nimmt, ist es nicht unmSglich, dal~ der Schluckakt, der den Vagustonus beeinflulllt (A. Hfiller und P. Saxl), und die 5Tahrungsaufnahme auf diesem Wege auf die HShe der 5[ierenschwelle einwirken, vielleicht auch dutch Veriinderung der Ionenverhi~ltnisse im Blut (vgl. Hamburger und Brinkmann). Selbstver- stiindlich kann das bei verschiedenen Henschen in verschiedenem Ausmal3 der Fall sein. Diese japanischen Forscher suchen nun diese Schwierigkeit dadurch zu umgehen, dal~ sie auf die zeitliche Feststellung des Beginnes und des Endes der Glykosurie verzichten und nach abgestuften alimentgren Reizen immer wieder die Blutzuckel"kurve aufnehmen. Als 5Tierenschwelle fiir Zucker nehmen sie dann den Blutzuckerwert an, der zwischen dem Gipfel der Blutzuckerkurve eines Versuches mit eben tiberschritCener Zuckertoleranz und eines Versuches mit eben noch nicht erreichter Toleranz ]iegt. Auf diese Weise kommen die Autoren zu 51ierenschwellenwerten, die etwas niedriger sind als unsere und in nicht zu langen Zeitriiumen konstant sind. 5Tach 5Takayama li~t KH-arme Kost den kritischen Blutzucker ansteigen.

In Ubereinstimmung mit E l i a s , G i i d e m a n n und R o u b i t s c h e k konnten auch wit bei 5Tormalen feststellen, da6 bei einem Blutzucker yon 160 mg etwa die 5Tieren eben noch etwas Zucker in den Harn fiber- treten lassen. Die Schwankungen des kritischen Blutzuckers bei ver- schiedenen Individuen sind gering; noch geringer sind sie bei demselben Individuum an verschiedenen Versuchstagen.

Dieselbe Erfahrung haben wir bei pathologisch vergndertem kri- tischen Blutzucker gemacht. Eine Ausnahme machte in tier HShe des kritischen Blutzuckers unter den pathologischen Fallen nur eine Patientin mit Cholelithiasis, die in zwei Versuchen einen kritischen Blutzucker yon 207, ein anderes Mal yon 205 mg% aufwies, un~l ein Fall mit 5~erven- symptomen.

II. Ferner war festzustellen, wie welt eine grSl~ere Fliissigkeits- zufuhr, bzw. eine sti~rkere Harnflut imstande ist, auch bei einem niedriger stehenden Blutzuckerniveau Zucker in den Harn mitzu- reil~en. Dariiber findeu sich schon einige Angaben in der Literatur, die wir (s. unten) durchaus bestiitigen kSnnen (z. B. S c h l a y e r , E. F r a n k usw.).

Arehiv f. exper iment . Pa th . u. Pharmako l . Bd. 150. 1 0

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Zu diesem Zwecke wurde der Versuch unter gew6hnlichen Bedin- gungen zuerst durchgefiihrt und dann nach 1--3 Tagen wiederholt, nachdem 1/2 Stun@ vor dem Versueh 1000 ccm Tee getrunken worden waren. Der kritische Blutzucker war unter diesen Bedingungen bei zwei gesunden Versuchspersonen 157 und 153, 166 und 162.

Auch bei ganz versehiedenen Harnmengen bleibt also der kritisehe Blutzucker auf gleicher HShe; die Sehwankungen liegen innerhalb der Fehlergrenzen (vgl. dagegen diese Verhi~ltnisse nach Adrenalinwirkung bei Pollak). Die im Haru ausgeschiedene Zuekermenge hingegen steigt mit grSl3erer Fliissigkeitszufuhr.

III. In allen friihereu Untersuchungen war der kritische Blutzucker auf dem absteigenden Tell der Blutzuckerkurve festgestellt worden. Man suchte also nach dem Blutzuckerwert, bei dem sieh die Glykosurie noch das letztemal zeigte. Es schien nun wichtig, festzustellen, ob derselbe Blut- zuckerwert auch den Beginn der Glykosurie hervorruft, ob also an dem aufsteigenden Teil der Blutzuckerkurve die Zuckerausscheidung bei demselben Blutzuckerniveau eiusetzt. Es ist ja uaeh deu Untersuch- ungen yon Korn fe ld und Schur und vou Dt inner , ferner von F r i eke durchaus nicht ausgeschlossen gewesen, an eine andere Beeinflussung der ~Nierenfunktion, soweit sie die Zuckerausseheidung betrifft, dutch die �9 Normoglyk~tmie und an eine an@re dutch die alimenti~re Hyperglykgmie zu denken. Erfahrungen ~us der Pathologie hi~tten jedenfalls fiir eine solche Vorstellung sprechen kSnneu.

Die Feststelluug des kritisehen Blutzuekers im aufsteigenden Teil der Blutzuekerkurve begegnet beim ~Normalen gro6en Sehwierigkeiten. Denn eine intravenOse Zuekerdarreiehung, die zur Glykosurie fiihren soll, li~13t den Blutzucker so rasch und hoch ansteigen, da6 bereits die erste Harnportion meistens Zucker enthglt. AuSerdem wi~re bei dem steilen Anstieg des Blutzuckers jeder Blutzuckerwert in diesenl Teil der Kurve fiir uuseren Zweck ungenau. Fiir eiue perorale Zuckerdarreichung mul~te man beim ;Normalen eine so groSe Menge an Zucker und an Fliissigkeit dem Patienten einfiihren, um eine Glykosurie zu provozieren, da6 das Sehwierigkeiten machte. Das oft auftretende Unwohlsein (bei Erbrechen). konnte das Resultat beeinflussen. Siehe auch das oben Gesagte S. 148. Um diese Frage zu 15sen, haben wir einigen Patienten Adrenalin (Adre- nosan der Chemosanwerke) gespritzt und im selben Versueh den kr i - t i s chen B l u t z u e k e r im Beginn und am Ende de rAussche i - dung festgestellt. Er blieb im Bereieh der Fehlergrenze derselbe. Die Werte zu Beginn und Ende waren bei drei Stoffweehselgesunden 160 und 154, 150 und 146, 159 und 162 mg~o. Die entsprechenden Werte bei

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zwei Diabetikera waren 219 und 2t7, 260 und 265 rag% (s. Kurve 1). Vergleiche hingegen die Angaben yon N o n n e n b r u c h und Szyszka, die #eilich den Harn in 1/2sttindigen Intervallen abgefangen haben.

22.0 ~ ~ 200 ~80 ~ f60 7~0

D~uer der OIzkosurie

Kurve 1. Adrenalinversuch. Anna Sp. Kritischer Blutzucker und _Adrenalin.

Dem Einwand, dab das Adrenalin an und ftir sich den kritischen Blutzucker veriindert, und zwar im auf- und absteigenden Teil der Blut- zuckerkurve einander angleicht, soll in einem sp/iteren Abschnitt be- gegnet werden.

IV. Wit wissen, dab die l~ierenfunktion in bezug auf Wasser- und Salzausscheidung usw. yon der Lage des Rumples im Raum (horizontal, vertika], ]ordotisch) sehr ab- h~ngig ist. W]r haben die Zucker- durchl~ssigkeit der 1Niere auch ~oo unter diesen verschiedenen Ver- h/i]tnissen geprtift. Zu dem ~zo Zwecke wurde zun/ichst der kri- "~ b tische Blutzucker vergleichs- ~zoo weise in horizonta]er und in vertikaler Lage des Rumples 1so untersucht, d. h. in flacher Rtickenlage und in sitzender 1oo Stellung. Zum Studium der Wir- kung der Lordose auf die I~ieren- schwelle fiir Zucker wurde bei horizontaler Lage des Rumples, also in Rtickenlage, dem Patien-

5" 75 + 25' ,, 35' z/51 55' t i i l l I

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Kurve 2. Anna Sp. Kritischer Blutzucker und Lordose.

ten ein starkes Rollkissen unter die LendenwirbeIsiiule geschoben, so dab der ungesttitzte Kopf nach riickw/irts iiberh/ingen muBte und eine Lordose ausgesprochener Art erreicht wurde. Eine besondere Fixierung

lO*

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des Katheters erwies sich nie als nStig. Der kritisehe Blutzueker bei drei gesunden Versuchspersonen in Lordose und im Liegen betrug 223 und 164 (ira Sitzen auch 164), 182 und 157 (ira Sitzen 148), 247 und 164mg% (s. Kurve 2).

Man erkennt deutlieh, da6 der k r i t i s che B l u t z u e k e r in lor- d o t i s e h e r S te l lung ans t e ig t ; in den angeftihrten Versuehen steht er um 25--83 mg% hSher als in flacher Riickenlage oder in sitzeader Stellung.

B. Pharmakologischer Teil. a) Beobachtungen am Mensehen.

Zur pharmakologisehen Untersuchung des kritischen Blutzuckers wurden die zu untersuchenden Pharmaka zum Tell intravenSs, zum Teil per os, aber immer so dargereicht, dal~ sie zur Zeit, zu der der kritisehe Blutzucker zu erwarten war, auf dem HShepunkt ihrer Wirkungen standen.

Zun~ehst wollten wir die Wirkung yon l~ervengiften pr~ifen, die am sympathisehen und parasympathischen System angrei~en.

Die Wirkung des vegetativen I~ervensystems au~ die I~ierenfunktion war schon lange 1) Gegenstand eifrigster Untersuchungen (vgl. die ausft~hrlichen Darstellungen dieses Problems yon Cushny, Ellinger, Toenissen, I~on- nenbruch, Dresel usw., ierner wichtige Einzelarbeiten yon Asher und Jost , Asher undMauerhofer , Asher und Pearce, Veil, Jungmann und E. Meyer, Lazzaro und Pitini , Eichelberg, Fal ta , Eppinger nnd Rudinger, F. Gehrig, MacCallum, O. Loewi, Hetenyi Stefan, Spiro und Mitarbeitern, E. Rohde und Ph. Ellinger, I~. Waterman, Dik- sonund Ranson, Borns t e inundVoge l , D. Cow, Ellinger und Hirt , Asher und Hana, Lobenhoffer , Klein und I-Ieinemann und viele andere). Trotz der umfangreichen inzwischen aufgelaufenen Literatur ist vollkommene Klarheit in dieser Frage noch nieht erzielt worden. I~onnen- bruch sehreibt z. B. im Jahre 1924 in den Ergeb. d. inn. lV[ed. ~>ganz wider- sprechend sind die Angaben fiber die Vaguswirkung aul die l~ierenthtigkeit <~. Dutch die bahnbreehenden Untersuchungen fiber die Wirkung der Leber auf den Wasserhaushalt (es seien nur die l~amen E. P. Pick, It. IV[autner und Molitor genannt), ist in der Frage der nervSsen Beeinfiussung der Wasser- ausscheidung ein weiterer Selu'itt vorw~rts gemacht worden.

I. Zur Untersuchung des Einflusses des I~. s y m p a t h i c u s auf die Zuckerdurehl/~ssigkeit der l~iere wurde Adrenalin in Dosen yon 1/2 bis 3/~ mg subkutan verschiedenen zuckerfreien l~atienten injiziert und dar- auf der kritisehe Blutzucker im auf- und absteigenden Tefi der Blut- zuckerkurve festgestellt. Hier sei der Mitteilungen yon L. P o l l a k und

1) Im Jahre 1871 hat bereits Claude Bernard einen Vaguseffekt auf die lqiere beobachtet.

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C. t t i t z e n b e r g e r und M. R i c h t e r - Q u i t t n e r gedacht, die nach chro- nischer Adrenalindarreiehung eine erhShte ~ierenschwelle fgr Zueker gefunden haben (vgl. dagegen H i l d e b r a n d t ) . Dt inner und Joel neh- men eine tterabsetzung des kritischen Blutzuckers nach Sympathikus- erregung an.

Der kritische Blutzueker each Adrenalininjektion erwies sich in nnseren Versuchen vollkommen in Ubereinstimmusg mit dem Blnt- zuekerwert, den wir an denselben Patienten nach intravenSser Zucker- darreiehung erhalten hatten. Die verwendeten Adresalindosen konnten also niehts an dem Stande des kritischen Blntzuckerniveaus andern. Damit f~tllt auch der frt~her angeftihrte Einwand (S. 151), dal~ das Adre- nalin die Zuekerdurehl~ssigkeit der ~iere beeinflul~t.

Da6 das Adrenalin in des angeftthrten Versuchen keine Wirkung auf den kritisehen Blutzucker erkennen liel3, konnte man vielleieht unter Umstanden auf die Kleinheit der gewghlten Dosis zuriickfghren, GrS~ere Adrenalindosen aber wollten wir als nieht ganz ungefghrlich unseren l~atientes sicht zumuten; ttbrigens haben die verwendeten Dosen immer eine recht bedeutende ttyperglykgmie und eine deutliche Glykosurie hervorgerufen. ~ a k a y a m a hat jedenfalls mit der japanischen Methodik (s. S. 148 ned 149), freilich auch mit grSl]eren Doses (bis 1,1 rag), eine ErhShung der ~ierensehwelle nach Adrenalininjektion gegeniiber seinen normalen naeh peroraler Zuekerzufuhr erhaltenen Werten, die etwas niedriger sind als unsere, erzielen kSnnen. Seine Schwellenwerte nach Adrenalineinspritzung schwanken zwischen 140 mg % und etwa 230 mg %. Ubrigens sagt E da, auch ein Autor aus derselben Klinik in einer sp~ter erschienenen Arbeit zu dieser Frage, ~>dal~ es unbedingt notwendig ist, die Untersuchungen noch auf breiterer Basis auszuftihren<<.

II. Uber die Beeinflussung der ~iere durch den Vagus sind zahl- reiche Arbeiten erschienen (s. oben). Um die Darstellung nicht zu schlep- pend zn gestalten, sei hier auf Literaturangaben verzichtet, die unser Thema nicht wesentlieh betreffen. Es sei nur angeftthrt, dab naeh Pilokarpininjektionen (E iche lberg , E l l i s g e r , t t i r t ) , Phosphorsgure (O. Loewi , vgl. dagegen Eiehelberg) , Wasser (Spiro, MacCal lum, Oppenhe imer ) , bei der Glykosurie naeh Phloridzin Zucker (Hetenyi) , ferner aueh unter besonderen Umstanden Trypsin und Diastase (Gehrig) retiniert werden.

Andererseits wird auf protrahierte Pilokarpindarreiehung Zueker ausgesehieden ( W a t e r m a n , Dixon , Ranson) . Von besonderer Wieh- tigkeit fgr unsere Frage sind die Arbeiten yon H i l d e b r a n d t und auch von M o t o t a r o ~ a k a y a m a . Beide Autoren haben naeh Vagusdureh-

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sehneidung ein Sinken der • ftir Zucker feststellen kSnnen, wghrend E da beim Kaninehen nach Atropin eine ErhShung der 37ieren- schwelle land (japanische Teehnik s. oben).

Zur Untersuehung des Einflusses des parasympathisehen Systems auf die Zuckerdurchlgssigkeit" der lXliere wurde als lghmendes Agens Atropin in Dosen yon 1/2--1 mg intraven6s, als erregendes Pharmakon Pilokarpin 1/2--3/4 nag subkutan und Cholin 1/~ ecru 5%ige Cholaeyl- 15sung subkutan oder 3 • 30 Tropfen peroral verabreieht. Diese LSsun- gen wurden uns in dankenswerter Weise von Herrn Assistenten Seher f zur Verfilgung gestellt. Die heftigen klinischen Erseheinungen der Atro- pinwirkung hielten dutch 30 Minuten etwa an. Pilokarpin wurde 10 ]~[i-

5' ~5' 2s' 35' ~5" 5s' 65' nuten vor der Dextroseinjektion m , ' . . . . subkutan gespritzt. In gleieher

ZSO

zoo

150

;0~ Dauer der 8/ykosurie:

I/m Narrnalvemu~ . . . . . . . . . . -~ +~n P/Tacarp~hversudl

Kurve 3. Anna Sp. Kritischer Blutzucker und Pilokarpin.

Weise wurde Cholaeyl injiziert. DieWerte bei At r o pin betru-

gen bei drei Gesunden 157 (normal ]57), 158 (normal 164), 153 (normal 150), bei drei Diabetikern 217 (normal 223), 216 (normal 219), 264 (normal 260) rag%; bei P i loka r - p i n bei drei Gesunden 214 (normal 157), 185 (normal 164), 189 (normal 150) rag%; bei Cholin bei zwei Gesunden 160 (normal 157) und 157 (normal 150) mg~o (vgl. Kurve 3).

Das Atropin hndert also den kritischen Blutzucker nicht, w~hrend das Pilokarpin deutlich alas kritische Blutzuckerniveau erhSht, im Mittel um etwa 35 rag% (vgl. Kurve 3). Das Cholin hat sich merkwtirdiger- weise in diesen Versuehen am Mensehen als unwirksam erwiesen, w~h- rend Eda nach der mehr als 50faehen Dosis bei Diabetikern eine Stei'ge- rung der ~ierenschwelle fiir Zu@er beobaehtet hat (s. sp~ter die Ver- suche mit dreisteren Dosen yon Cholin und aueh yon Physostigmin am Hunde, die zu einer ErhShung des kritisehen Blutzuckers geftihrt haben).

III. Von der Wirkung der Hormone auf die Zuckerdurchlassigkeit der .Niere ist bereits die Wirkung des Insu l ins an l~ormalen untersueht. W~hrend S. van Crefeld und E. van D atom an der insulin- und zucker- durehspiilten Froschniere eine erhShte Zuekerdiehtigkeit gefunden und Maur iae und A u b e r t i n bei etwas anderen Versuchsbedingungen einen ~hnlichen Befund erhoben batten, konnten El ias , G i idemann und

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Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers. 155

direkt in die Niere (0 e h m e, R a a b n. v. a., Literatur s. bei Raab).

Um ein ganz sieher histamin- freies Pr~parat zu verwenden,

R o u b i t s e h e k dutch Insulininjektionen am normalen 3{ensehen, iibri- gens aueh bei Graviden, den kritisehen Blutzueker nieht beeinflussen, El ias und Gi idemann zeigten dasselbe ftir den Diabetes (vgl. dagegen die neueren Angaben von Fr i eke , K e m p m a n n und Clauditz) . Wah- rend F r i eke den kritisehen Blutzueker nach Insulin herabgesetzt ge- funden hat, beobaehteten K e m p m a n n und Claud i tz eine nieht regel- miil~ige ErhShung des kritisehen Blutzuekers naeh Insulininjektion, fihn- lieh Chaban ie r , L e b e r t und Lobo-Onel l . Freilieh liegt beiden hr- beiten eine perorale Zuekerdarreiehung zugrunde (s. S. 148).

IV. Dureh T h y r e o i d i n finder K a w a s h i m a mit der in Japan tibliehen Methodik eine ErhShung der Zuekerausseheidungssehwelle.

V. Uber Adrena l in s. oben S. 151 und 153. VI. Ferner wurde der Einflu~ des P i t u i t r i n auf den Zueker-

sehwellenwert der Niere studiert. Die Pharmakologie der Hypophysen- extrakte wurde besonders in den 5" z, 25, ~5' ~' ~s, es' letzten Jahren bedeutend erwei- ~oo | . . . . , , tert und nieht am wenigsten die /

g50 ~- ~'~. Wirkung der Extrakte auf den ~o / ~ -, Wasserhaushalt und die Niere ..~zoo~_[ ~"'~'" , (vgl.H.3/[autnerundE. P. P ick , ~ - , .

t t ' S I a u t n e r ' t t ' M ~ 1 7 6 und ~ ; t E. P i e k mit ausfiihrlieher Litera- tur). Einige Autoren verlegen aueh einen Angriffspunkt des Pituitrins n ~ d~ S/yko~,~..

I I/z7 Normalversu~

. . . . . . . . . . - I /m N'tu+Tn}Tversuch

Kurve 4. Anna Sp. Kritiseher Blutzueker trod Pituitrin.

wurde das Pituitrin yon P a r k e Davis neben Pituisan 20% in Dosen yon 1 ecru subkutan injiziert. Die Werte bei zwei Gesunden betrugen nach Pituitrin 195 (normal 157) und 208 (normal 164), bei zwei Diabe- tikern 289 (normal 260) und 246 (normal 219) mg%. Daraus ergibt sich, da6 Pituitrin tats~ehlieh das kritisehe Blutzuekerniveau etwa um 40 mg% am gesunden ]~{ensehen erhSht (vgl. Kurve 4).

VII. Sehon mit Rtieksieht auf die Gravidit~itsglykosurie wurde der Einflul3 der weibliehen Sexualhormone auf die Zuekerdurehl/issigkeit der 2qere untersueht. Es wurden Versuche mit Sistomensin, Agomensin und zur Kontrolle mit Pepton angestellt.

Sistomensin ist ein fettlSsliehes Ovarialhormon (Luteolipoid) yon Ciba dargestellt (Literatur dart~ber s. bei Zondek). Es wurde intra-

Page 11: Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers

156 XII. It. ELIAS und B. FELL.

nmskular, und zwar eine Ampulle = 0,05 g Sistomensin, 1/2 Stunde vor der Dextroseinjektion gespritzt.

Agomensin ist ein wasserlSslieher Ovarialextrakt (Luteamin), eben- falls yon Ciba dargestellt (Literatur s. oben). Aueh dieses Pr/~parat wurde intramuskulgr 1t2 Stunde vor der Dextroseinjektion gespritzt, und zwar eine Ampulle = 0,04 g Agomensin.

Beide Pr/~parate wurden injiziert, ohne da6, abgesehen yon der Be- einflussung dee Menstruation, klinisch irgendwelche besondere Erschei- nungen an den Patienten beobachtet werden konnten. Zur Kontrolle wurde Pepton, und zwar yon 5 ~o iger steriler LSsung 2 ccm intramusku- lar 1/2 Stun@ vor der Dextroseinjektion gespritzt. Dabei trat nach-

5' 15' ?5' 35' /r 55' 55 i i l t + I

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750

DaueP der Glykosup/e: i I/~z/Vermalversuch J H xm J/~bmens/rTversuch F ..................................... ~/m//yome~dnversuch

Kurve 5. A.L. Kritiseher Blutzueker und

Sistomensin und Agomensin.

mittags Fieber auf. Die Werte warenbei S i s tomens in bei drei Gesunden 152 (normal 156), 200 (normal 155) und 246 (normal 162) rag%, bei Agomens in bei vier Gesunden 205 statt 156, 228 statt 166, 207 statt 155 und 232 statt 162 rag%, bei P e p t o n bei drei Gesunden 153 statt 156, 148 start 155 und 157 start 162 rag% (s. Kurve 5).

Whhrend Pepton in den Kontro]lversuchen in re]ativ massiven Dosen den kritisehen Blutzueker nieht beeinflulgte, steigert das Sistomensin in der

angegebenen Versuehsanordnung bei zwei yon drei F/~llen die Zueker- schwelle ganz bedeutend (77 und 45 mg~o).

Ebenso das Agomensin in allen dre] Fgllen (45--62 rag%l)). Die Diskussion dieser sehr bemerkenswerten Beobaehtungen wird sich erst an der Hand grSl]erer Versuchsreihen durehfiihren lassen.

b) Beobaehtungen am Tier.

Um einige Beobachtungen am Mensehen, die wegen der Kleinheit der angewendeten Dosis des Pharmakons angezweifelt werden konnten, sicherzustellen, wurden diese Versuche am Tier mit grSlgeren Dosen

1) Kawashims land nach Ovariotomie keine Ver~nderung der Zucker- ausscheidungsschwelle.

Page 12: Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers

Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers. 157

wiederholt. Auch warden Pharmaka verwendet, die man in wirksamen Dosen am Menschen besser vermeidet (Physostigmin).

Zun~chst war der kritische Blutzucker bei Hunden festzustellen, der bei diesen Tieren ja anders liegen konnte als beim Mensehem Die Versuehe wurden an stehenden Hunden angestellt, die nur dutch ein Gestell am Sehulter- und Beekengiirtel fixiert waren. Der kritisehe Blut- zueker an vier normalen Hunden betrug 126, 128, 121 und 139 rag%.

Es ergab sieh aus unseren Versuehen, dat~ die Hunde bei eine~ intra- venSsen Zuckerdarreiehung yon 0,3 g Dextrose pro Kilogramm bereits bei einem Blutzueker yon etwa 120--139 rag% Zueker im Harne aus- seheiden. Bei tier gleiehen Technik liegt also der kritisehe Blutzucker beim Hun@ tiefer als beim Mensehen.

Dieselben Hun@ warden nun dazu verwendet, um den Einflu~ des Atropins, Cholins and Physostigmins, iibrigens aueh des Pilokarpins, auf den kritischen Blut- zueker zu prtifen. Es ergab sieh: nach In- jektion yon 2 mg At rop in intravenSs und 4,5 g Dextrose intravenSs 130 statt 126, naeh 5 mg Atropi~l subkutan und 4,5 g Dextrose intravenSs 131 statt 139 rag%; nach subkutaner Injektion yon 0,00075 g bzw. 0,001 g P i l o k a r p i n und 4,5 gDextrose 157 start 126 bzw. 168 start 139 rag%; nach

25O

2OO

700

5' ~" 25' 35' ~5'

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D~uer der GIj/kosur/e: I I /m Norma/versur~

�9 ~ ~ ~ollnve.r.~uch L- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . "l z~n flh~osl~miJlver3g~

Kin're 6. Hund I. Kritischer Blutzucker nach Cholin und

Physostigmin am Hund.

40 Tropfen 5%iger Cho lacy l lSsung per os und 4,5, 3 and 6 g Dextrose intravenSs injiziert 167 statt 126, 167 statt 128 and 157 start 121 rag% ; naeh intravenSs injiziert er P h y s o s t i g mi n dosis yon 0,001 g, D extros e 4,5, 3 uud 6 g intravenSs 157 statt 126, 185 start 128 und 167 statt 121 rag%.

Das Atropin hat sieh zur Beeinflussung der Zuckersehwelle ebenso wie beim ~ensehen aueh beim Hunde als unwirksam erwiesen, obwohl die verwendeten Dosen au~erordentlich hoch waren. Das sehlie~t aber nieht aus, da~ das Atropin die den kritischen Blutzucker steigernde Wirkung des Pilokarpins aufheben kSnnte.

Das Pilokarpin hat auch beim Hun@ ebenso wie beim Mensehen den kritisehen Blutzucker erhSht, eine Beobaehtung, die E da aueh am Kaninehen machen konnte.

Das Choliu per os hat im Hunde den kritischen Blutzucker erhSht, w~hrend die Dosis, die wir am Mensehen verwendet haben, sich als unwirksam erwiesen hat (s. Kurve 6).

Page 13: Zur Physiologie und Pharmakologie des kritischen Blutzuckers

158 XII. H. ELIAS und B. F~LL.

Das Physostigmin h~t beim Hunde deutlieh die Nierenschwelle erhtiht (s. Kurve 6).

Zusammenfassung. I. P h y s i o l o g i s c h e Ergebn i s se .

1. Der kritisehe Blutzueker beim normalen Nensehen betr~gt in Ubereinstimmung mit friiheren Untersuehungen etwa 160 rag%.

2. Er ist unabhi~ngig vonder Fltissigkeitsmenge, die die Niere gleich- zeitig ausseheidet.

3. Er steht an dem auf- und absteigenden Sehenkel in der Blut- zuekerkurve in gleieher HShe und wird

4. dureh Veri~nderung der Stellung im Raum (horizontal, vertikal, lordotiseh) beeinflul3t. Die Lordose erhSht ihn.

II. P h a r m a k o l o g i s c h e E rgebn i s se .

A. Am Menschen. W~ihrend das Adrenalin den kritschen Blutzucker unbeeinfluSt last, steigert das Pilokarpin den kritischen Blutzucker deut- lich; das Atropin und Cholin erweist sich in den verwendeten Dosen als unwirksam. Das Pituitrin erhSht den kritischen Blutzucker, ebenso das Sistomensin und Agomensin, w~hrend das zur Kontrolle gespritzte Pep- ton ihn unbeeinflul~t l~I~t.

B. Am Tier. Die Wiederholung der Versuche am Tier mit hShercn Dosen g~ben dieselben Resultate, nur erwies sich aueh das vagusreizende Cholin ebenso wie das Physostigmin wirksam und steigerte den kriti- sehen B]utzucker.

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