zum dedekindschen axiom in der theorie der verbände

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Zum Dedekindschen Axiom in der Theorle der Verbinde Von P. JORDAN in Hamburg Als Verband (,,lattice") bezeichnet man bekanntlich einen Ver- Icnapfungsbereich, fftr dessen Elemente es zwei assoziativ-kommutative Verkniipfungen ~, ~ gibt, welche dem Axiom (1) (a,,b)va -~ (a,b),,a -~ a geniigen, woraus insbesondere a ~ a = a~ a = a folgt. Es sei beispiels- weise ~ eine beliebige Menge, 1I die Menge ihrer Teilmengen a, b, e, .... und 11o eine Untermenge yon 11, welehe derart ausgew~lflt ist, daft 11o zugleieh mit einer Menge m ~ {a, b, c,...} stets aueh den DurcI~chnitt aller dieser Teflmengen a, b, c,... enth~lt. Dann gibt es zu a, b aus 11o stets eine eindeutig bestimmte kleinste Teilmenge c in 110, welche a und b enth~lt. Definieren wir a,~b ~ c, und a,,b als Durehschnitt yon a, b, so ist 110 ein Verband. Daher bilden die Unter- bereiche eines beliebigen Verknftpfungsbereiches (Gruppe, Ring, KOrper, Verband usw.) stets einen Verband. Eine wichtige Klasse yon Verb~nden, zu der insbesondere der Verband der Normalteiler einer Gruppe gehOrt, wird gekennzeiehnet dureh die Dedekindsche ,,Modularbedingung" : (2) Wenn a^c-~ c, so ist a,,(b,c)-= (a,,b),c. Es scheint noch nicht ausgesproehen zu sein, dab diesem Axiom eine wesentlieh schtinere Fassung gegeben werden kann, in der Form einer Gleiehung, welehe immer gilt, nieht nur unter Voraussetzung einer anderen Gleiehung. Diese neue Fassung l~l]t das Dedebindsche Axiom besonders deutlich als eine Absehw~ehung des distributiven Gesetzes erkennen: (3) a,,(b (a,,c)) -~ (a,,b),,(a,,c) oder a(b + ac) ----- ab ~- ac. Wir haben in der zweiten Sehreibweise ~, ~ dutch gewohntere Zeichen ersetzt. Ist die Voraussetzung yon (2) erfiillt, so spezialisiert sieh (3) in (2). Umgekehrt ergibt sich (3) als eine Folge des Axioms (2), indem man in (2) das Element c durch a,,c ersetzt, wodureh die Voraus- setzung in (2) zu einer stets erfiillten wird. Damit ist die Gleiehwertig- keit yon (2) und (3) erwiesen. Aus (3) ergibt sich als Folge auch das dazu dua/e Gesetz (mit vertauschten ~, ~): Wegen a ~ a (a ~- c) ,wird nach (3): (3') (a-}-b)(a~-c)----[a(a-~c)TbJ(a ~-c)~a~b(a+c).

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Zum Dedekindschen Axiom in der Theorle der Verbinde

Von P. J O R D A N in Hamburg

Als Verband (,,lattice") bezeichnet man bekannt l ich einen Ver- Icnapfungsbereich, fftr dessen Elemente es zwei assozia t iv-kommutat ive Verkni ipfungen ~ , ~ gibt, welche dem Axiom

(1) (a, ,b)va -~ (a ,b) , ,a -~ a

geniigen, woraus insbesondere a ~ a = a~ a = a folgt. Es sei beispiels- weise ~ eine beliebige Menge, 1I die Menge ihrer Tei lmengen a, b, e, . . . . und 11o eine Unte rmenge yon 11, welehe derar t ausgew~lflt ist, daft 11o zugleieh mi t einer Menge m ~ {a, b, c , . . . } s tets aueh den DurcI~chnit t aller dieser Teflmengen a, b, c , . . . enth~lt . Dann gibt es zu a, b aus 11o stets eine eindeut ig bes t immte kleinste Teilmenge c in 110, welche a und b enth~lt . Definieren wir a,~b ~ c, und a, ,b als Durehschni t t yon a, b, so ist 110 ein Verband. Daher bilden die Unter- bereiche eines beliebigen Verknftpfungsbereiches (Gruppe, Ring, KOrper, Verband usw.) stets einen Verband.

Eine wichtige Klasse yon Verb~nden, zu der insbesondere der Verband der Normaltei ler einer Gruppe gehOrt, wird gekennzeiehnet dureh die Dedekindsche , ,Modularbedingung" :

(2) Wenn a ^ c - ~ c, so ist a, , (b ,c ) -= (a , ,b ) , c .

Es scheint noch nicht ausgesproehen zu sein, dab diesem Axiom eine wesentlieh schtinere Fassung gegeben werden kann, in der F o r m einer Gleiehung, welehe immer gilt, n ieh t nur un te r Voraussetzung einer anderen Gleiehung. Diese neue Fassung l~l]t das Dedebindsche Axiom besonders deutl ich als eine Absehw~ehung des distributiven Gesetzes erkennen:

(3) a,,(b (a,,c)) -~ (a,,b),,(a,,c) oder a(b + ac) ----- ab ~- ac .

Wir haben in der zweiten Sehreibweise ~, ~ du tch gewohntere Zeichen ersetzt.

I s t die Voraussetzung yon (2) erfiillt, so spezialisiert sieh (3) in (2). Umgekeh r t ergibt sich (3) als eine Folge des Axioms (2), i ndem man in (2) das E lement c durch a, ,c ersetzt, wodureh die Voraus- setzung in (2) zu einer stets erfiillten wird. Dami t ist die Gleiehwertig- kei t yon (2) und (3) erwiesen.

Aus (3) ergibt sich als Folge auch das dazu dua/e Gesetz (mit ve r tausch ten ~, ~ ) : Wegen a ~ a (a ~- c) ,wird nach (3):

(3') ( a - } - b ) ( a ~ - c ) - - - - [ a ( a - ~ c ) T b J ( a ~ - c ) ~ a ~ b ( a + c ) .

72 P. J o r d a n

Noch unmittelbarer wird die Gleichwertigkeit von (3) mit der dazu dualen Beziehung (3') ersichtlich, wenn man bemerkt, daft (3) auch mit der zu sich selbst dualen Gleichung

(4) (a d),, (b,, (a,,d)) = (a,,d) ,, (b,, (a,d))

gleichwertig ist: Man bekommt (4) aus (3), indem man a durch avd, u n d c durch a,,d ersetzt; man bekommt (3) aus (4) durch Ersatz yon d durch a,,c.

Bekannte Ergebnisse der Verbandstheorie sind mit der neuen Fassung (3) erheblich leichter abzuleiten als bisher. So z.B. die Auf- stellung des (aus 27 Elementen bestehenden)freien Dedelcindschen Verbandes aus 3 Erzeugenden. Ein anderes Beispiel ist der yon J. v. N~.u- uA~rs 1) in tiefen geometrischen Untersuchungen benutzte Satz: Ist f a r drei apezielle Elemente b (a ~- c) ~ ba ~ be, so ist auch c (a -~ b) -~ ca -Fcb and b -~ ac ~ (b ~- a) (b ~ c). (Das ist fibrigens nach (3) eine Kennzeichnung der Dedekindsehen Verb~nde.)

Beweis: Wegen (4) gilt die Folgenbeziehung b (a ~- c) = ba -~ be a -~ bc ---- (a Jr b) (a -~ c). Dazu dual ist die Folgenbeziehung a Jr be ~- (a -~ b) (a Jr c) -~ c (a ~- b) = ca -~ cb. Also gilt auch die behauptete Folgenbeziehung b (a ~- c) = ba -~ bc -~ c (a -~ b) -~ ca -~ eb; und da- nach gilt auch der zweite Teil der Behauptung.

Man kann diesen Neumannschen Satz iibrigens verscharfen:

Irn Falle

(5) x (y + z) - - x y § xz

ist der ganze dutch x, y, z erzeugte Unterverband dlstributlv. Das l~13t sich etwa so beweisen, daft man den oben erw~hnten freien Dedekind- schen Verband aus drei Erzeugenden als bekannt voraussetzt und seine jetzt eintretende Spezialisierung untersueht. Viel leiehter kommt man jedoch atff direktem Wege zum Ziel.

Beweis: Wir betrachten folgende ~ 18 Elemente:

X, y, Z

xy, yz, zx I x + y, y + z, z ~. x

(6) x y z I x + y + z x + yz, y § zx, z Jr xy xy Jr zx, yz + xy, zx § yz

xy + yz + zx .

Ea genf~gt, zu zeigen: Sind X, Y zwei der Elemente (6), so ist X Y wieder ein Element (6), und zwar dasjenige, welches sich aus dem Ausdruck X Y dureh Klammeraufl(~sung gem~B dem distributiven Gesetz ergibt.

~) J . v. NEUNANN, Proc. Nat . Acad. Sci. ~ , 101 (1936).

Zum Dedokindschen Axiom in dot Theorie der Verbgnde 73

Diese Behauptung ist offenbar richtig im Falle X--- -x; n~mlich ffir Y----y + z wegen (5), und fiir alle anderen Elemente Y sogar unabh~ngig yon (5). Sie ist dann auch fiir alle F~lle X----x, y, z; xy, yz, zx; x y z richtig.

Ferner best~tigen wir die Richtigkeit unserer Behauptung an folgenden F~llen:

(x + y) (y + z) = x (y + z) + y = xz + y ; (7) (x + y) (y -+- z) (z --}- x) = (x + y) (z -~ yx) ---- xz % yz -}- yx .

Die beiden letzten Zeilen (6) k~nnen also auch so geschrieben werden:

(8)~(xWy)(x+z), (y+z) (y+x) , ( z+x) ( zTy ) ] x(y+z) , y (zTx) , z ( x+y)

I (x + y) (y + z) (y + x).

Danach best~itigt sieh dutch (7) unsere Behauptung fiber das P roduk t X Y aueh fiir alle die F~lle, we X und Y tmgleieh x ~- y + z sind; denn in allen diesen Fiillen sind X und Y Produkte aus den Fakt~ren x, y, z, x + y, y -~- z, z ~- x. Wenn ~bex Y = x -~ y -~ z, so wird stets X Y = X, und die Behauptung trifft wiederum zu.

Herrn H. ZASS~HAIm bin ich fiir wertvolle Diskussionen dankbar.

G ~ t t i n g e n , September 1945.