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Leitfaden zur Entwicklung von Qualitätsstandards
für soziale Dienste Berlin
Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste Berlin:
Caritasverband für Berlin e.V.
Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Berlin e.V.
Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg e.V.
Jüdische Gemeinde zu Berlin
Evangelische Fachhochschule Berlin
Katholische Fachhochschule Berlin
Inhaltsverzeichnis
1. Benutzerhinweise
1.1. Wozu das alles
1.2. Leitfaden und Leitbild
2. Einführung
2.1. Ausgangslage
2.2. Die Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste Berlin
2.3. Umsetzung der Qualitätsgemeinschaft
3. Strukturqualität
3.1. Standort
3.2. Erreichbarkeit
3.3. Betriebliche Anlagen und Mittel
3.4. Organisationsstrukturen
3.5. Kommunikationsstrukturen
3.6. Informationsstrukturen
3.7. Personalstrukturen
3.8. Qualifizierung
3.9. Fürsorgepflicht der Geschäftsführung
3.10. Externe Kooperationsbeziehungen
3.11. Dokumentationsstrukturen
3.12. Kontrollstandards
4. Prozeßqualität
4.1. Personenkreis
4.2. Ziel der Leistungen
4.3. Inhalt der Leistungen
4.3.1. Unmittelbar personenbezogene Leistungen
4.3.1.1. Grundleistungen
4.3.1.2. Hilfemaßnahmen und -methoden
4.3.2. Mittelbar personenbezogene Leistungen
4.4. Umfang der Leistungen
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5. Ergebnisqualität
5.1. Erfolgskontrollen
5.2. Kunden/-innenzufriedenheit
5.2.1. Beschwerdemanagement
5.2.2. Erfassung kritischer Ereignisse
5.3. Fehlervermeidung
5.4. Weitere Mittel zur Qualitätssicherung / Qualitätsentwicklung
6. Aufbau eines Total Quality Management
6.1. Qualitätsplanung
6.1.1. Strategische Qualitätsplanung
6.1.2. Operative Qualitätsplanung
6.2. Qualitätslenkung
6.2.1. Personalmanagement
6.2.2. Entwicklung einer Unternehmenskultur
6.2.3. Organisationsbezogene Maßnahmen
6.3. Qualitätsprüfung
6.3.1. Interne Qualitätsprüfung
6.3.2. Externe Qualitätsprüfung
6.4. Qualitätsdarlegung
6.4.1. Qualitätsmanagement-Handbuch
6.4.2. Qualitätsaudits
6.4.3. Zertifizierungen
6.5. Implementierung des Qualitätsmanagements
Literaturverzeichnis
Glossar
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1. Benutzerhinweise
In diesem Leitfaden wird beschrieben, was getan werden muß, wer dafür zuständig ist
und wie etwas getan werden muß, um die Qualität in sozialen
Dienstleistungsorganisationen sicherzustellen und zu pflegen. Das vorliegende Werk
liefert demnach eine komprimierte Darstellung betrieblicher Strukturen, Prozesse,
Verfahren und Abläufe aus Sicht des Qualitätsmanagements.
Ziel und Zweck dieses Leitfadens bestehen darin, eine praxisbezogene Arbeitshilfe für die
Qualitätsentwicklung in den ambulanten sozialen Diensten und Trägerorganisationen zu
liefern.
Der Leitfaden besteht insgesamt aus vier Kapiteln (ohne Benutzerhinweise und Einlei-
tung). Die Gliederung lehnt sich an das QM-Konzept von Donabedian an, der Qualität auf
drei Ebenen festmachte: der Struktur-, der Prozeß- und der Ergebnisebene.
Die entwickelten Qualitätsstandards bzw. die Methoden und Instrumente für deren Umset -
zung (Kap. 3 bis 5) symbolisieren Leitlinien, die von den Projekten vor Ort mit konkreten
Inhalten gefüllt und umgesetzt werden müssen. Auf den Rückseiten der Kapitel 3 bis 5 finden sich erste Praxisbeispiele zur Umsetzung der Leitlinien.Kapitel 6 liefert eine Arbeitshilfe für die Einführung und Pflege eines Total Quality Mana-
gement (TQM) in Verbände- und Trägerorganisationen. Qualität wird dabei als eine Ma-
nagementaufgabe verstanden, deren zentralen Bestandteile Personalführung, Kundenori-
entierung und Prozeßoptimierung sind.
Da der Prozeß der Qualitätsentwicklung als offen angesehen werden muß und daher kon-
tinuierlich weiterzuverfolgen ist, wurde der Leitfaden bewußt als Lose-Blatt-Sammlung
konzipiert, dessen Bestandteile jederzeit modifiziert und ausgetauscht werden können.
über die Projekte des Liga-Vertrages hinaus wird die Profilierung freigemeinnütziger Ein-
richtungen und Dienste im Wettbewerb mit privatgewerblichen Anbietern zunehmend er-
forderlich. Einerseits wird dadurch die fachliche Qualität der Arbeit gesichert und fortent-
wickelt; andererseits finden auf diese Weise die berechtigten Interessen und Bedürfnisse
derer Berücksichtigung, die sich mit hohen Erwartungen an diese Projekte wenden, um
dort Unterstützung, Hilfe und Orientierung zu finden.
Auch für diese Institutionen besteht die Möglichkeit, der Qualitätsgemeinschaft jederzeit
beizutreten, um ihrerseits die Qualitätsstandards des Leitfadens umzusetzen.
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1. 1 Wozu das alles?
Die Arbeit am Qualitätsthema provoziert zustimmende und ablehnende Reaktionen. Beide
Reaktionen sind berechtigt.
Die zustimmenden Kommentare verweisen auf die Notwendigkeit einer transparenten
Darstellung der Dienstleistung: Transparenz nach außen legitimiert die Dienstleistung ge-
genüber Kostenträgern, Öffentlichkeit und potentiellen Klienten. Transparenz nach innen
erleichtert die Verständigung über unverzichtbare Standards der Arbeit.
In der Ablehnung spiegelt sich die Sorge vor der Dominanz fachfremder Sprachsysteme
wider. Befürchtet wird ferner ein möglicherweise nutzloser Dokumentationsaufwand.
Die Diskussionen zur Qualität Sozialer Arbeit werden durch die beliebige Verwendbarkeit
des Begriffs „Qualität“ erschwert. Es gibt kein objektives Maß für Qualität. „Qualität“ ergibt
sich aus der Übereinstimmung zwischen den Erwartungen hinsichtlich der Leistung und
der tatsächlich erbrachten Leistung; das heißt: es muß vorab definiert und festgelegt wer-
den, welchen Erfordernissen und Kriterien eine Leistung zu genügen hat. Somit bietet die
Arbeit am Qualitätsthema den Fachkräften Sozialer Arbeit die Chance, an der Festlegung
professioneller Standards mitzuwirken und diese gegenüber fachfremden Verordnungen
offensiv zu vertreten.
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1.2 Leitfaden und Leitbild
Der Leitfaden läßt jeder der beteiligten Einrichtungen einen ausreichenden Spielraum zur
Gestaltung des eigenen Profils, in welchem das Leitbild des Trägers erkennbar werden
kann. Qualitätsfördernd wirkt ein Leitbild nur dann, wenn es von allen Beteiligten akzep-
tiert und in der Arbeit sichtbar wird. Deshalb sollte jeder Satz eines Leitbilds auf allen
Ebenen einer Organisation mit folgender Frage konfrontiert werden:
Was bedeutet das Leitbild für uns, für unseren Umgang mit uns selbst, für den
Umgang mit den Klienten, für den Umgang mit Mitarbeitern, Vorgesetzten, Trägern
und Kooperationspartnern?
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TrägerLeitbil
d
Profil derEinrichtung
Umfang und
Qualität der
Leistungen
orientiert am Leitfaden
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2. Einführung
2.1. Ausgangslage
Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege im Land Berlin (Liga) haben sich in dem Liga-
Vertrag dazu verpflichtet, gemeinsam mit dem Land Berlin Instrumente und Standards der
Qualitätssicherung zu entwickeln und diese umzusetzen.
Hierzu richtete das Kooperationsgremium der Liga und des Landes Berlin eine ad-hoc-
Arbeitsgruppe Qualitätssicherung ein, die damit beauftragt wurde, bis Ende 1998 eine
Vorlage zu erarbeiten, mit der die Projekte innerhalb des Liga-Vertrages ab Anfang 1999
ein Qualitätsmanagement-System zur Anwendung bringen.
Parallel beauftragten die Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Anfang
Dezember 1997 den Caritasverband für Berlin e.V. und das Diakonische Werk Berlin-
Brandenburg e.V., die fachlichen und organisatorischen Vorbereitungen für eine Quali -
tätsgemeinschaft Soziale Dienste Berlin zu treffen.
2.2. Die Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste Berlin
Die Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste Berlin besteht aus dem Caritasverband für
Berlin e.V. (CV), dem Deutschen Roten Kreuz Landesverband Berlin e.V. (DRK), dem
Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg e.V. (DWBB) und der Jüdischen Gemeinde zu
Berlin (JG) sowie der Evangelischen und Katholischen Fachhochschule Berlin.
Die Qualitätsgemeinschaft verfolgt folgende Zielsetzungen:
Entwicklung und Sicherung eines gemeinsamen Qualitätsprofiles
Erfüllung sozialgesetzlicher und haushaltsrechtlicher Vorgaben
Transparenz des Leistungsspektrums
Kundenorientierung
Mitarbeiterorientierung
Verantwortungsbewußte Prüfung der Kosten und Arbeitsabläufe
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In enger Kooperation mit den öffentlichen Kostenträgern sowie unter wissenschaftlicher
Begleitung der Evangelischen Fachhochschule Berlin (EFB), dem Institut für Innovation
und Beratung an der Evangelischen Fachhochschule Berlin (INIB) und der Katholischen
Fachhochschule Berlin für Sozialwesen (KFB) wurden qualitative Mindeststandards fest-
gelegt, die in dem vorliegenden Leitfaden Qualitätsstandards für soziale Dienste Berlin
dokumentiert sind.
Der Leitfaden soll es den ambulanten sozialen Diensten der an der Qualitätsgemeinschaft
beteiligten Träger und Verbände ermöglichen, unter einheitlichen Voraussetzungen und
Bedingungen ein Qualitätsmanagement-System zu entwickeln, das sowohl den Qualitäts-
anforderungen des Haushaltsrechts als auch der Sozialgesetzgebung, unabhängig von
der Art der Finanzierung, entspricht.
Der Leitfaden dient damit als Arbeitshilfe für die künftige Qualitätsentwicklung in den am-
bulanten sozialen Diensten.
Die Realisierung der projektbezogenen Qualitätstandards soll durch interne und externe
Audits überprüft werden. Das Erreichen der Qualitätskriterien kann mit einem Zertifikat
belohnt werden.
Der Beitritt weiterer Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie deren rechtlich
selbständigen Mitgliedsorganisationen bzw. Untergliederungen zur Qualitätsgemeinschaft
ist jederzeit möglich. Voraussetzung für den Beitritt ist die Selbstverpflichtung auf die Qua-
litätsstandards für soziale Dienste Berlin.
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Qualitätsentwicklung im Rahmen der Qualitätsgemeinschaft
Phasen Qualitäts-instrumente
Verantwortungs-träger
Zeitpunkt
Qualitätsplanung Qualitätsposition
Befragungen
Qualitätspolitik
Qualitätsziele
Qualitäts-beschrei-
bung
Qualitätsstan-
dards (Leitfaden)
Führungsebene
Führungsebene
Führungsebene
Führungsebene
Operative Ebene
Operative Ebene
1998
Qualitätslenkung Personalmanage-
ment
Anreizsysteme
Unternehmens-
kultur
Qualitätszirkel
Führungsebene
Führungsebene
Führungsebene
Operative Ebene
1999/2000
Qualitätsprüfung Dienstaufsichts-
kontrollen
Mitarbeiter-
gespräche
Qualitäts-
messungen
Testberatungen
Befragungen
Beschwerde-
management
Führungsebene
Führungsebene
Führungsebene/
Operative Ebene
Führungsebene
Operative Ebene
Operative Ebene
1999/2000
Qualitätsdarlegung QM-Handbücher
Qualitätsaudits
Zertifizierungen
Führungsebene
Führungsebene
Zertifizierungs-
gesellschaft
ab 2001
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2.3. Umsetzung der Qualitätsgemeinschaft
Die Umsetzung der Ziele der Qualitätsgemeinschaft erfolgt/-e nach fol-
gendem zeitlichen und inhaltlichen Ablaufschema:
1. Dezember 1997Beschluß der Berliner Liga der Freien Wohlfahrtspflege über die fachli-
che und organisatorische Vorbereitung einer Qualitätsgemeinschaft So-
ziale Dienste Berlin durch CV und DWBB
2. Mai 1998Kooperationsvereinbarung über die Entwicklung eines QM-Leitfadens
zwischen EFB, KFB, INIB sowie CV, DRK und DWBB
3. Juni 1998/Oktober 19982 Workshops mit 30 Teilnehmern aus Projekten, Trägern und Verbänden
des Liga-Vertrages zur Entwicklung von Qualitätsstandards für soziale
Dienste im Land Berlin und Erarbeitung eines Leitfadens zur Beschreibung der
Qualität
4. Dezember 1998Gründungsversammlung der Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste
Berlin
5. Januar 1999 bis Juni 1999Entwicklung von fachbereichsbezogenen Qualitätsstandards in weiteren
Workshops
6. Juli 1999 bis Dezember 1999Transfer der fachbereichsbezogenen Qualitätsstandards auf alle sozia-
len Dienste innerhalb der Qualitätsgemeinschaft
Entwicklung und Festlegung von Verfahren für interne und externe Audits
7. ab Januar 2000Zertifizierungen
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3. Strukturqualität Strukturqualität bezieht sich auf die strukturellen Rahmenbedingungen für die Dienst-
leistungserbringung.
3.1. Standort
Der Standort bezeichnet die geographische Lage und die verkehrsmäßige Anbindung
einer Organisation innerhalb ihrer Versorgungsregion.
Die verkehrsmäßige Anbindung beschreibt die Erreichbarkeit der Organisation mit dem
öffentlichen Nahverkehr und Individualverkehrsmitteln.
Sie nimmt Bezug auf vorhandene Park- bzw. Fahrradabstellmöglichkeiten.
Eine optimale Lage und eine gute infrastrukturelle Anbindung der Organisation im Versor-
gungsgebiet sind durch die Geschäftsführung zu gewährleisten <Beispiel>. (1)
3.2. Erreichbarkeit
Die Erreichbarkeit des Leistungsspektrums orientiert sich an den Bedürfnissen und
Erwartungen der Kunden.
Die Erreichbarkeit des Leistungsspektrums kann durch persönliche Anwesenheit des
Fachpersonals an einem genau bestimmten Ort (z.B. in der Dienststelle) zu folgenden
Zeiten gewährleistet werden:
während der Sprech-/Öffnungszeiten,
während der Bürozeiten,
während der Dienstzeiten,
rund um die Uhr.
Der erste Kontakt von Klientinnen mit einer Organisation betrifft eine "sensible Schnitt -
stelle". Deshalb sollte der Empfang (bzw. Telefon) mit einer qualifizierten Kraft besetzt
sein.
Die Erreichbarkeit kann nach vorheriger Terminvereinbarung oder ohne vorherige Ter-
minabsprache persönlich oder fernmündlich erfolgen. Zeiten und Orte der Erreichbarkeit
werden öffentlich bekanntgemacht. Der Wartebereich sollte angenehm gestaltet sein und
Möglichkeiten zur Überbrückung von Wartezeiten bieten (z.B. Auslage von Zeitschriften,
Spielecke) <Beispiel> (2)
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Beispiel (1)
zu 3.1. Standort
Eine optimale Lage dürfte für die meisten Organisationen eine zentrale Lage sein. Für
einige Einrichtungen, z.B. Frauenhäuser, könnten andere Kriterien maßgebend sein. Bei
einer Schuldnerberatung dürften die Klientinnen eine anonyme Umgebung vorziehen.
In ländlichen Regionen kann die Erreichbarkeit einer Organisation durch Hol- und Bringe-
dienste verbessert werden.
Selbstverständlich kann die Erreichbarkeit des Leistungsangebotes auch durch Geh-
Strukturen (z.B. aufsuchende Arbeit) gewährleistet werden.
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3.3. Betriebliche Anlagen und Mittel
Die betrieblichen Anlagen umfassen Gebäude und Grundstücke einschließlich ihrer Aus-
stattung sowie sonstige Anlagen.
Gebäude- und Grundstücksgröße sowie Art und Umfang der Betriebsmittel orientieren
sich an der Aufgabenstellung und dem Leistungsspektrum der Organisation sowie den
betrieblichen Erfordernissen.
Die betrieblichen Räumlichkeiten werden zweckkonform genutzt. Sie werden regelmäßig
instandgesetzt.
Die Räumlichkeiten werden entsprechend ihres Zwecks mit betriebsnotwendigen Mitteln
zeit- und bedarfsgerecht ausgestattet.
Die Betriebsmittel werden fachgerecht instandgehalten. Insbesondere aufwendige War-
tungsarbeiten sind fachgerecht durchzuführen.
Die angemessene Mindestausstattung kann von einem Telefon mit Anrufbeantworter
(kleinere Beratungsstelle) bis zu einem Computer für jeden Arbeitsplatz (Schuldnerbera-
tung) reichen.
Mängel in der Ausstattung sind zu benennen; dabei sind die Bemühungen um Abhilfe auf -
zulisten.
3.4. Organisationsstrukturen
Organisationsstrukturen dienen der Zweck- und Zielerreichung von Organisationen.
Die Organisationen verfügen über ein Organigramm, das die Aufbauorganisation nach
Aufgabengliederung (Gliederung der Aufgaben der Organisation)
Betriebsgliederung (Gliederung der Organisation in Abteilungen)
Aufgabenverteilung (Verteilung der Funktionen und ihrer Beziehungen
untereinander)
beschreibt.
Von besonderer Bedeutung ist die Einbindung des Qualitätsmanagements in die Organi-
sationsstrukturen, dessen fachlich-inhaltliche Unabhängigkeit gewährleistet werden muß.
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Beispiel (2)
Zu 3.2. Erreichbarkeit
Die "Erreichbarkeit" (z. B. Öffnungszeiten) hängt von den zur Verfügung stehenden Res-
sourcen ab. Hier sind die Interessen unterschiedlicher "Kundengruppen" auszubalancie-
ren (z. B. Interessen von Klientinnen, Mitarbeiterinnen, Kostenträgern).
Qualitätsmanagement im Wartebereich (Warteprinzipien)1. Die Wartezeit kann im subjektiven Empfinden des Klientels verkürzt werden, wenn
eine Aktivität mit oder ohne Bezug zur Dienstleistung verrichtet werden kann.
2. Den wartenden Klienten sollte durch persönliche Ansprache das Gefühl vermittelt wer-
den, daß der Dienstleistungsprozeß bereits begonnen hat, um möglicher Ungeduld
entgegenzuwirken.
3. Die Bekanntgabe der Dauer der Wartezeit kann die Empfindungen der Wartenden po-
sitiv beeinflussen. Es wird in der Regel als angenehmer empfunden, eine unvermeid-
bar lange Wartezeit zu kennen, als eine kurze Zeit in einem Zustand der Unkenntnis
zu verbringen.
4. Eine Erläuterung des Grundes für entstandene Wartezeiten ist einer fehlenden Erklä-
rung in jedem Fall vorzuziehen, denn ein Mangel an Erklärung ist einer der
Hauptfaktoren für Unsicherheit und Hilflosigkeit der Klienten.
5. Der Anbieter sollte dafür Sorge tragen, daß die Klienten die Wartezeiten als gerecht
verteilt empfinden, was z.B. durch ein Nummernsystem gewährleistet werden kann.
Ausnahmen von diesem Gleichbehandlungsinteresse der Klienten z.B. hervorgerufen
durch Notfälle sollten vermittelt werden.
6. Die Gestaltung des Wartebereiches (z.B. Auslage von Zeitschriften, Spielecke) kann
das subjektive Zeitempfinden verkürzen und die Dienstleistungserstellung positiv prä-
gen.
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3.5. Kommunikationsstrukturen
Kommunikation steuert die Qualität der organisationsinternen und externen sachlichen
und sozialen Beziehungen.
Es ist zu unterscheiden zwischen externer Kommunikation, trägerinterner Kommunikation,
intraprojektoraler Kommunikation und projektinterner Kommunikation.
Kommunikationsinstrumente lassen unterscheiden in
Individualkommunikation (z.B. persönliche Kommunikation)
Massenkommunikation (z.B. Öffentlichkeitsarbeit) <Beispiel> (3).
Die Geschäftsführung institutionalisiert die Kommunikationsstrukturen.
3.6. Informationsstrukturen
Prozeßorientiertes Arbeiten basiert auf dem zeitnahen, fehlerfreien und gezielten Fluß
von Informationen mit möglichst wenigen formalen Grenzen.
Das Führungspersonal fördert den Informationsaustausch sowohl zwischen den Mitarbei-
tern einer Ebene als auch bereichsübergreifend.
Die Verantwortung für die Informationsqualität liegt bei allen Beteiligten.
3.7. Personalstrukturen
Art, Zahl, Qualifikation, Aufgaben, Funktionen und Zuständigkeiten des Personals in den
Dienststellen ergeben sich aus den Hilfebedarfen der Zielgruppen und dem Leistungs-
spektrum.
Stellenbesetzungen erfolgen entsprechend dem festgelegten Anforderungsprofil.
Die Arbeitszeitberechnung des Personals in den Dienststellen berücksichtigt Zeiten für
Fort-/Weiterbildung, Supervision und Ausfallzeiten (z.B. Krankheit, Urlaub).
Zeiten für Fort-/Weiterbildung und Ausfallzeiten des Personals werden durch fachlich
gleichwertig qualifizierte Vertretungen kompensiert.
Die tatsächliche Ausstattung mit Personal wird durch die Bedürfnisse und Ressourcen des
Trägers beeinflußt.
Die Ausstattung mit Personal sollte zum Umfang der zu bewältigenden Aufgaben passen.
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Beispiel (3)
Zu 3.5. Kommunikationsstrukturen
Instrumente derIndividualkommuniktion
Instrumente derMassenkommunikation
Dienstbesprechungen/Teamsitzungen Faltblätter, Broschüren
Dienstübergaben Pressemitteilungen und -konferenzen
"Schwarze Bretter" "Tage der offenen Tür"
Dienstbücher, Tagebücher Feste, Veranstaltungen
Die Absprachen, die in Team- oder Dienstbesprechungen getroffen werden, sind schrift-
lich festzuhalten.
Die Öffentlichkeitsarbeit richtet sich auch an die Mitarbeiterinnen aus der Fachöffentlich-
keit, die die Dienstleistung vermitteln.
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3.8. Qualifizierung
Die Erbringung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen erfordert qualifiziertes Personal.
Die Stellen sind entsprechend dem geforderten Ausbildungsprofil zu besetzen.
Innerhalb von Qualifizierungsmaßnahmen sollen die Mitarbeiter die Gelegenheit erhalten,
ihre Handlungskompetenz zu erweitern, um flexibler auf neue Anforderungen reagieren
zu können.
Je nach Qualifizierungsrichtung läßt sich differenzieren in
* Erweiterungsqualifizierung
* Anpassungsqualifizierung
* Aufstiegsqualifizierung
Zu den zentralen Bausteinen qualitätsbezogener Schulungen für Mitarbeiter in sozialen
Dienstleistungsunternehmen gehören
* Service- und Verhaltenstraining für Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen
* Coaching für Führungskräfte
Der Qualifizierungsbedarf des Personals ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Ist-
und dem Soll-Profil der fachlichen, methodischen und interpersonellen Qualifikation für die
zu erfüllenden Aufgaben.
Die Ermittlung des Qualifizierungsbedarfes und die Planung entsprechender Maßnahmen
erfolgt durch die Mitarbeiter in Abstimmung mit der Geschäftsführung.
Der Qualifizierungsbedarf des Personals wird durch den Geschäftsführer über Fort- und
Weiterbildung in angemessenem Umfang sichergestellt.
Die Qualifizierungsinhalte werden systematisch in die Organisationsstrukturen zurückver-
mittelt (feed-back).
3.9. Fürsorgepflicht der Geschäftsführung
Die Geschäftsführung sorgt sich um die Gesundheit, Sicherheit und den Schutz des
Personals und der Kunden.
Es werden fortlaufend interne Prüfungen durchgeführt, um Sicherheits-, Schutz- und Ge-
sundheitsrisiken zu minimieren.
Das persönliche Wohlergehen wird auch durch präventive Maßnahmen (z.B. ärztliche
Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen), bereichsübergreifende Schulungen und durch das
Führungsprinzip der aufrichtigen Sorge um das Wohl eines jeden Mitarbeiters sicherge-
stellt.
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Beispiel (4)
Zu 3.10. Externe Kooperationsbeziehungen
Kooperationspartner von ambulanten sozialen Dienstenvorgelagerte
Kooperationspartnerbegleitende
Kooperationspartnernachgelagerte
KooperationspartnerZuwendungsgeberSponsorenvermittelnde Institutionen
LeistungsstellenFachdiensteSozialversicherungsträgerAngehörigeVermieterArbeitgeberAusbilderInstitutionen des Gesund-heitswesensInstitutionen der ExekutiveVertreter der LegislativeStaatsanwaltschaftenJustizvollzugsanstaltenOrdnungsbehörden
Institutionen der Nach-sorge
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3.10. Externe Kooperationsbeziehungen
Freigemeinnützige Organisationen Können ihre strategischen Ziele weder im Innenver-
hältnis noch auf dem Anbietermarkt alleine erreichen.
Sie benötigen eine besondere Form der Partnerschaft (Allianz) mit
1. anderen freigemeinnützigen Organisationen, die komplementäre oder
substitutionale Dienstleistungen anbieten und
2. mit öffentlichen Kostenträgern, die ihre Arbeit finanziell absichern.
Die Kooperation kann sowohl fallbezogen als auch projektbezogen er-
folgen <Beispiel> (4).
Die Kooperation sollte stets langfristige Ziele verfolgen und in entsprechenden Kooperati -
onsvereinbarungen verbindlich festgelegt werden. Ihre Basis bilden eindeutige Interes-
sendefinitionen, klare Regelungen für die gegenseitige Kommunikation, offene Maßstäbe
für die Bewertung des beiderseitigen Erfolges und Vorkehrungen zur Anpassung an sich
verändernde Rahmenbedingungen.
3.11. Dokumentationsstrukturen
Dokumentation ist eine Bezeichnung für die Sammlung, Ordnung, Selektion, Speicherung
und Vermittlung von Dokumenten (z.B. Briefen, Vermerken, Publikationen) und Informati-
onsträgern.
Dokumentation hat zum Ziel, externe und interne Bedürfnisse nach Information zu befrie-
digen <Beispiel>. (5)
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Beispiel (5)
Zu 3.11. Dokumentationsstrukturen
Bespiele für Instrumente der Dokumentationfür interne Zwecke für externe Zwecke
Wirtschaftsplan JahresberichtKlientenkartei Falldokumentation
- Anamnese- Hilfeplan- Entwicklungsbericht
Zuständigkeitsmatrix OrganigrammProtokolle interner Kommunikationsforen Protokolle externer KommunikationsforenProzeßkettenAblauforganisationsplan
Leistungsbeschreibung
Qualitätsmanagement-Handbuch QualitätsgrundsätzeQualitätszieleQualitätsstandards
Dienstplan ÖffnungszeitenSprechzeitenBürozeiten
Arbeitszeiterfassung Wochen- und Jahresarbeitszeitbe-rechnung
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In der Außenwirkung dient die Dokumentation der Nachweisführung für das Qualitätsni-
veau der erbrachten Leistungen. Potentielle Kunden können vor Aufnahme der Ge-
schäftsbeziehungen auf Basis der Dokumentation Vertrauen in die Qualitätsfähigkeit der
Organisation aufbauen.
In der Innenwirkung hat die Dokumentation die Aufgabe der Qualitätssicherung. Durch die
schriftliche Fixierung aller notwendigen qualitätsbezogenen Regelungen stellt sie deren
Einhaltung sicher. Sie macht vorhandenes Qualitätswissen organisationsweit zugänglich
und erleichtert die Einarbeitung und Qualifizierung von Mitarbeitern sowie die Umschu-
lung auf neue Arbeitsinhalte. Des weiteren bietet sie die Möglichkeit, sich unterneh-
mensintern kritisch mit den angewandten Verfahren auseinanderzusetzen und Verbesse-
rungspotentiale aufzudecken.
Die Erstellung einer Dokumentation, das Verfassen von Anweisungen und Richtlinien so-
wie der Entwurf von Formblättern wird an Verantwortliche innerhalb der Organisation ver-
teilt.
Die ausgearbeiteten Anweisungen und Richtlinien werden mit den Betroffenen diskutiert
und -falls erforderlich- korrigiert.
Mit der Einführung der Dokumentation beginnt die Phase der Pflege und Sicherstellung
der Anwendung. In regelmäßigen Abständen ist die Konformität der Dokumentation mit
den gestellten Anforderungen zu überprüfen bzw. ggf. fortzuschreiben. Darüber hinaus ist
die Konformität der angewendeten Arbeitsabläufe mit den vorgeschriebenen Verfahren
sicherzustellen.
Die Dokumentationsunterlagen sind zu archivieren und über eine gewisse Zeitspanne auf -
zubewahren. Es sind Verfahren zu implementieren, die einen Verlust dieser Unterlagen
verhindern.
Die Aufbewahrung und Weitergabe von Information unterliegt dem gesetzlich geregelten
Datenschutz und sollte das Vertrauen von betroffenen Klientinnen und anderen Personen
rechtfertigen.
Es ist zu prüfen, welche Dokumentationsaufgaben erforderlich sind und auf welche man
verzichten kann.
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3.12 Kontrollstandards
Soziale Einrichtungen, die Qualitätssicherung durchführen, brauchen auf seiten der
Kostenträger kompetente Partner. Mit diesen Partnern ist auszuhandeln, in welcher Form
und in welchen zeitlichen Abständen die Dokumente überprüft und die geleistete Arbeit
kontrolliert wird.
Die Kontrolle kann alle Bereiche betreffen. Anhand der vorhandenen Dokumente (z. B.
Qualitäts-Handbuch) kann überprüft werden, wieweit die versprochenen Leistungen in der
beschriebenen Weise erbracht (vgl. Kap. 4) und die Ziele (vgl. Kap. 5) erreicht wurden.
Des weiteren wird nachzuweisen sein, daß die betreffende soziale Einrichtung kostenbe-
wußt gewirtschaftet hat.
<Beispiel> (6)
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Beispiel (6)
Eine soziale Einrichtung kann ihr "wirtschaftliches Handeln" sowie das entwickelte
Kostenbewußtsein auf seiten der Mitarbeiterinnen auch dadurch demonstrieren, indem
die erbrachten Eigenleistungen in Geldwerten aufgelistet werden. Dabei können auch
Eigenleistungen der Klientinnen (Selbstversorgung, Telefondienste etc.) aufgeführt
werden.
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4. Prozeßqualität Prozeßqualität bezieht sich auf die Planung, die Strukturierung und den Ablauf (das Ver-
fahren) der Leistungserbringung. Art und Weise der Dienstleistungserbringung ergeben
sich aus den Leistungszielen.
Mit der Beschreibung der Prozeßqualität weist eine Organisation nach, daß sie die für die
Leistungserbringung erforderlichen Prozesse beherrscht.
Jede soziale Einrichtung wird ihren eigenen Weg finden, wie sie die Qualität der Lei-
stungserbringung beschreibt. Dabei wird sie auch die Erwartungen der Geldgeber zu be-
rücksichtigen haben.
Im Kapitel "Prozeßqualität" können die Zielgruppen beschrieben werden sowie die Inhalte
der Leistungen (Leistungskataloge s. 4.3). Über Prozeßqualität im engeren Sinne lassen
sich die Handlungen der Beteiligten strukturieren, und zwar ingestalt von Ablaufplänen,
Regeln und Verfahrensanweisungen zur transparenten Gestaltung der inhaltlichen Arbeit.
Ob und inwieweit eine soziale Einrichtung die Prozeßqualität ausdifferenziert, wird von
ihren zeitlichen und personellen Möglichkeiten abhängen.
Die Dienstleistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen
das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Ausreichend sind die Leistungen dann, wenn der sozialrechtlich anzuerkennende Bedarf
jedes Hilfeempfängers durch eine entsprechende Maßnahme vollständig gedeckt werden
kann.
Zweckmäßig sind Dienstleistungen dann, wenn sie geeignet sind, konkrete Aufgaben und
Ziele im Rahmen der Sozialgesetzgebung zu erfüllen. Dabei ist der Stand der wissen-
schaftlichen und fachlichen Diskussion zu berücksichtigen.
Notwendig sind die Leistungen dann, wenn ohne sie bzw. ohne qualitativ oder quantitativ
vergleichbare Leistungen die Aufgaben und Ziele der Sozialgesetzgebung nicht erfüllt
werden können.
Die Dienstleistungen sind dann wirtschaftlich, wenn sie zu einem vertretbaren Aufwand
erbracht werden.
Bei der Prozeßqualität ist zu beachten, daß die Nachfrager (d.h. die Klienten) als externe
"Kunden" am Leistungserstellungsprozeß mitwirken. Ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur
Mitwirkung nehmen Einfluß auf die Qualität der zu erbringenden Leistung.
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4.1. Personenkreis
Das Leistungsprogramm der Dienststellen wendet sich an definierte Zielgruppen, in der
Regel mit vergleichbaren Hilfebedarfen. Zielgruppen sind Gruppen von Leistungsberech-
tigten mit gleichen oder ähnlichen Bedarfskonstellationen, die durch gleiche oder ähnlich
komplexe Leistungen abgedeckt werden Können.
Zielgruppen mit vergleichbaren Hilfebedarfen sind Personen, deren individuelle Bedarfs-
konstellationen <Beispiel> (7)
qualitativ vergleichbar sind hinsichtlich der nach fachlichen Kriterien anerkannten An-
forderungen an Art, Form und Zielsetzung der persönlichen Hilfe
spezifisch sind hinsichtlich ihrer im Vergleich zu anderen Zielgruppen wesentlich ande-
ren Bedarfskonstellationen.
Der Einrichtungsträger verpflichtet sich, Personen mit vergleichbaren Hilfebedarfen, die
das Leistungsspektrum der Dienststelle in Anspruch nehmen wollen, analog der verein-
barten Platzzahlen bzw. Kapazitäten aufzunehmen bzw. zu betreuen. Sofern die Lei -
stungskapazität erschöpft ist, besteht diese Verpflichtung nicht. (Ausnahme: Einrichtun-
gen, die grundsätzlich jede hilfesuchende Person der Zielgruppe aufnehmen.
Das Wunsch- und Wahlrecht der Hilfeempfänger ist bei der Aufnahme zu berücksichti -
gen.)
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Beispiel (7) Zielgruppe
Zielgruppe Frauen und Kinder, die häusliche Gewalt erlebt haben bzw.
von Gewalt bedroht sind.
Anzahl pro Zeitein-
heit
Merkmale der Zielgruppe Alter 18 - 60 Keine finanzielle Sicherung Aktuell körperliche Verletzungen Aktuelle Krisensituation
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4.2. Ziel der Leistungen
Das Ziel der Leistungen ergibt sich im allgemeinen aus den Zielen der den Leistungen
zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen (z.B. BSHG, KJHG, SGB I, SGB V, SGB XI).
Die individuellen Leistungsziele werden gemeinsam mit dem Klienten in einem Hilfeplan
festgelegt. Die Zielstellungen werden regelmäßig überprüft und ggf. angepaßt.
4.3. Inhalt der Leistungen
Freigemeinnützige Einrichtungen und Dienste erbringen sowohl mittelbar als auch unmit-
telbar personenbezogene Leistungen. Unmittelbar personenbezogene Leistungen können
direkt den Leistungsempfängern zugeordnet werden. Mittelbar personenbezogene Lei-
stungen hingegen weisen keinen direkten Klientenbezug auf.
Das Leistungsspektrum ist systematisch und vollständig zu erfassen (Leistungsbeschrei-
bung). Dies beinhaltet auch die Festlegung der für die Leistungserstellung erforderlichen
Mittel, Methoden und Zuständigkeiten.
Die Beschreibung der Verfahren zur Leistungserstellung erfolgt über eine Unterteilung des
Gesamtprozesses in Arbeitsphasen <Beispiel> (8) und <Beispiel> (9).
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Beispiel (8)
Zu 4.3. Inhalt der Leistungen
Drei-Phasen-Modell der LeistungserstellungKontaktphase Erbringungsphase Ablösephase
Problemanalyse Problemanalyse ProblemanalyseAnamnese Hilfeplanung ggf. Planung nachsor-
gender MaßnahmenZieldefinition Zieldefinition ZielerreichungskontrolleLeistungsauswahl Leistungserstellung LeistungsbilanzDokumentation Dokumentation DokumentationAufnahmestatistik Leistungsstatistik AblösestatistikBerichterstattung Berichterstattung Berichterstattung
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Bei der Formulierung des Leistungsspektrums werden Bedarfsgesichtspunkte und infra-
strukturelle Planungen berücksichtigt.
Bei komplexen Dienstleistungsprozessen empfiehlt sich die Erstellung von Prozeßplänen
(Hilfeplänen). Sie ermöglichen eine transparente Dokumentation des Leistungsprozesses.
Mit ihnen können die Zielvorgaben für eine optimale Erfüllung der Leistung dargestellt
werden.
Durch ständiges Überprüfen des Leistungsprozesses können Fehler vermieden werden.
Hierzu müssen innerhalb jeden Prozesses Schlüsseltätigkeiten und Indikatoren identifi-
ziert werden, die einen zentralen Einfluß auf die Qualität der Leistungserstellung haben
<Beispiel> (10) u. <Beispiel> (11).
Zur Beurteilung der Leistungsqualität und zur Vermeidung von Unzufriedenheiten ist das
Personal gefordert, die Qualität der Schlüsseltätigkeiten laufend zu messen und zu verifi-
zieren.
4.3.1. Unmittelbar personenbezogenes Leistungsspektrum
Das unmittelbar personenbezogene Leistungsspektrum ist wesentlich durch den spezifi-
schen Hilfebedarf der Zielgruppen definiert.
Das unmittelbar personenbezogene Leistungsspektrum kann beinhalten
Grundleistungen
Hilfemaßnahmen
4.3.1.1. Grundleistungen
Bei der Gewährung von Grundleistungen sollen die individuellen Anforderungen und Vor-
stellungen von Lebensqualität der Hilfeempfänger berücksichtigt werden.
37
Beispiel (9)Aus dem Leistungskatalog eines Frauenhauses(Auszug)
Leistungen Frauen Häufigkeit
AufnahmegesprächeEinzel- und Gruppengespräche zur Erklärung der Hausregeln, der Tür- und Telefondienste und des Alltags im HausInhaltIichEinzelgespräche/begleitende Beratung
- Krisenintervention- Unterstützung bei der Suche nach und Entwicklung von Lebensperspektiven- Unterstützung und ggf. Begleitung bei Ämtergängen/Gerichts-/Polizeiterminen- Vermittlung von Wissen über Rechte und Handlungsmöglichkeiten der Frauen- Beratung und Unterstützung bei allen Wohnungsangelegenheiten situations-
und bedarfsbezogene Vermittlung weiterer Projekte/Einrichtungen Hausversammlungen, thematisch und regulärGruppenangebote (Seidenmalen, Sport, Gesprächsgruppe o.ä.)Feste und gemeinsame Aktivitäten (Sommerfest, Weihnachtsfeier, Flohmarkt, 8.März-Frühstück u.ä.)Auszugsgesprächggf. Vermittlung anderer Frauenhäuser oder Unterbringungsmöglichkeiten innerhalb oder außerhalb BerlinsKontaktpflege zu Ämterntelefonische Beratungtelefonische KriseninterventionStatistik/DokumentationRechtsberatung (externe Mitarbeiterin)Psychologische Beratung (externe Mitarbeiterin)ÖffentlichkeitsarbeitKontaktauf- und ausbau und Pflege von Beziehungen zu bezirklichen Institutionen, Projekten, EinrichtungenAufklärung/Information der Mitarbeiterinnen von Ämtern/Institutionen/Einrichtungen über sexistische und rassistische Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder, über Auswir-kungen und Folgen der MißhandlungenAußendarstellung des Hauses, seiner Arbeit, Zielen etc.Erstellen, Überarbeiten, Erweitern von Öffentlichkeitsmaterial (Faltblätter, Plakate, Broschüre, Wandzeitungen, Selbstdarstellung etc.)Information/Aufklärung der Öffentlichkeit über Hintergründe, Formen, Ausmaß und Folgen der Gewalt gegen Frauen/Kinder
38
Die Grundleistungen können unter anderem umfassen
Bereitstellung von Wohnraum, Gemeinschafts- und Funktionsräumen
sowie Inventar einschließlich deren Wartung und Instandsetzung
Zubereitung und Ausgabe von Getränken und Speisen
Hausreinigung
Wäscheversorgung/-reinigung
Im Verpflegungsbereich ist ein bedarfsgerechtes Speisen- und Getränkeangebot zu er -
stellen und dessen Verzehr zu organisieren. Die Versorgung muß ernährungs-physiologi-
schen, sensorischen und hygienischen Anforderungen entsprechen sowie mit dem An-
spruchsniveau der Leistungsempfänger abgestimmt werden. Qualität und Quantität der
einzusetzenden Lebensmittel sind unter Beachtung des Nähr- und Energiebedarfes der
Leistungsempfänger festzulegen.
Die Konkretisierung des Verpflegungsangebotes kann z.B. in Form eines Speise- und
Getränkeplanes erfolgen.
Neben den generell für die Darbietung und den Verzehr der Speisen erforderlichen Lei -
stungen (z.B. Präsentation, Portionierung) sind bei Bedarf unmittelbar personenbezogene
Dienstleistungen (z.B. Füttern, mundgerechtes Zubereiten von Mahlzeiten) erforderlich.
Ferner gehören die Prozesse des Abwasches und der Entsorgung als Teilleistungen zum
Versorgungsbereich.
Zur Aufrechterhaltung von Hygienenormen müssen im Leistungsbereich Hausreinigung
die Räumlichkeiten und Fenster wirtschaftlich gereinigt, gepflegt und ggf. desinfiziert wer-
den. Neben dem Grad der Verschmutzung und dem Anspruchsniveau an die Reinigung
ist vor allem das Infektionsrisiko ein Einflußfaktor auf die Art und Häufigkeit der Reinigung.
Ziel der Wäscheversorgung ist es, hygienisch einwandfreie Wäsche in der erforderlichen
Art, Qualität und Menge bereitzustellen. Es wird festgelegt, welche Wäscheteile zur Verfü-
gung gestellt werden, welche Wäschestücke in der Einrichtung gewaschen und welche
Wäschestücke einer Fremdreinigung zugeführt werden.
39
Beispiel (10)
Zu 4.3. Inhalt der Leistungen
Der Leistungsbereich Förderung, seine Schlüsseltätigkeiten und Indikatoren zur Messung der Leistungsqualität
Leistungs-bereich
Schlüssel-tätigkeiten
Qualitäts-standards
Indikatorenkennzeichnende Handlungen(Beispiele, je nach Einrichtung zu verändern)
Förderung Bedarfsermittlung
Hilfeplanung
Zieldefinition
Beratung
Anleitung
Begleitung
Vermittlung
VertrauenDatenschutz
Mitbestimmung
Transparenz
Ressourcen-orientierung
Weitergabe von Information überden Klienten nur mit dessen Zustimmung
Vorschläge des Klienten werden erfragt und berücksichtigt
Der/die Klient/in wird über seine/ihre Rechte und Pflichten informiert sowie über Ziele und Arbeits-methoden des/der Sozialarbei-ter(s)/in
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den Fähigkeiten und Ressourcen des Klienten anstatt auf Defiziten
40
4.3.1.2. Hilfemaßnahmen und -methoden
Zu den Hilfemaßnahmen zählen unter anderem
Betreuung (Wohnbetreuung, Besorgung, Begleitung)
Förderung (Beratung, Unterstützung, Anleitung, Vermittlung)
Pflege
Therapie
Die Hilfemaßnahmen müssen detailliert und umfassend beschrieben werden. Sie werden
-orientiert am individuellen Hilfebedarf- in einem (halb-) standardisierten Hilfeplan unter
Mitwirkung des Klienten festgehalten. Die Überprüfung, Anpassung bz. Fortschreibung
des Hilfeplanes findet in regelmäßigen Abständen statt.
Der Hilfeplan wird gegebenenfalls mit dem Gesamtplan abgestimmt. Die Verantwortung
für den Gesamtplan liegt beim Sozialhilfeträger.
Unter Hilfemethode wird der bewußte Umgang eines Fachangestellten mit einem hilfesu-
chenden Individuum verstanden. Die Problemanalyse bildet das professionelle Urteil, wel-
ches die Handlungsweisen und -methoden des Fachangestellten bestimmt. Zu den Hilfe-
methoden zählen unter anderem:
Einzelfallarbeit
Gruppenarbeit
Gemeinwesenarbeit
4.3.2. Mittelbar personenbezogenes Leistungsspektrum
Das mittelbar fallbezogene Leistungsspektrum der Dienststellen umfaßt unter anderem
folgende Tätigkeitsbereiche:
Verwaltung
Öffentlichkeitsarbeit
Fachgruppenarbeit
Qualitätsmanagement
Dokumentation
41
Beispiel (11)
Die Unterscheidung zwischen Hilfsmaßnahmen, Leistungen, Methoden und Zielen einer-seits und Indikatoren andererseits läßt sich nicht in jedem Fall präzise durchhalten.Deshalb ist auch folgende Art der Beschreibung möglich:
ZuständigArbeitsbereich LangzeitarbeitsloseHilfemaßnahme / Leistung Persönliche BeratungMethoden / Ziele Entscheidungsfindung unterstützen
Indikatoren, Kennzeichnende Handlung
Persönliche Ziele des Klienten erfragenErfahrungen des Klienten mit Bewerbung erkunden Kompetenzen des Klienten ermitteln durch
- Anamnese - Auswertung von Daten - Auswertug von Beobachtungen durch die Gruppe Information über Arbeitsfelder geben Information über Bewerbungsstrategien
Dokumentationsvermerke
Qualitätskontrolle
42
Unter Verwaltung wird die Gesamtheit aller Aufgaben subsummiert, welche die organisati-
onsbezogenen Funktionen ermöglichen, unterstützen und sichern. Im einzelnen zählen
hierzu die Personalverwaltung, die Betriebsmittelverwaltung, die Kassen-verwaltung, der
Schreibdienst, der Postdienst und das Rechnungswesen.
Personal- und Betriebsmittelverwaltung zählen zum Aufgabenbereich der Geschäftsfüh-
rung; Kassenverwaltung, Schreib- und Postdienst sowie das Rechnungswesen obliegen
dem Verwaltungs- und/oder Fachpersonal.
Unter Öffentlichkeitsarbeit (public relations) ist ein bewußtes, geplantes und dauerndes
Bemühen der Organisation zu verstehen, bei den (potentiellen) Kunden/-innen ein positi -
ves Unternehmensimage zu erlangen und zu sichern. Dies geschieht durch mittelbare
Öffentlichkeitsarbeit über die Massenmedien (z.B. Pressemitteilungen, Pressekonferen-
zen, Presseinterviews) und mittelbare Öffentlichkeitsarbeit über eigene Medien, Broschü-
ren, Faltblätter, Plakate sowie durch persönliche Kommunikation mit Zielgruppen.
Die Geschäftsführung ist für die Darstellung des Corporateimages, das Fachpersonal für
die Darstellung des Dienstleistungsimages zuständig.
Fachgruppenarbeit dient dem fachlichen Austausch mit anderen Organisationen und Kol-
legen. Sie erfolgt über die Mitwirkung in örtlichen, überörtlichen, träger- und verbandsspe-
zifischen Fachgremien und -arbeitsgruppen.
Die Arbeit in Fachgruppen obliegt dem Fachpersonal.
Unter Qualitätsmanagement sind Tätigkeiten zu verstehen, die zu einer bedarfsgerechten,
wirtschaftlichen und leistungsfähigen Leistungserbringung beitragen sollen.
Das Qualitätsmanagement obliegt der Projektleitung in Kooperation mit dem/der Quali-
tätsbeauftragten. Für die Qualitätsentwicklung und -sicherung in den Dienststellen sind
die Mitarbeiter verantwortlich.
Dokumentation dient der Beschreibung der Projektarbeit innerhalb eines bestimmten Zeit-
raumes in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Sie hat zum Ziel, externe und interne Be-
dürfnisse nach Information zu befriedigen.
Für die Dokumentation ist das Fachpersonal zuständig.
43
44
4.4. Umfang der Leistungen
Die zu erbringenden Leistungen müssen hinsichtlich ihres Umfangs in jedem Einzelfall
den Hilfeansprüchen entsprechen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaft-
lich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Der Leistungsumfang wird dokumentiert. Entsprechende Dokumentationsinstrumente sind
zu entwickeln.
45
46
5. Ergebnisqualität Mit der Ergebnisqualität wird der Grad der Erreichung antizipierter Ziele erfaßt. Die
Operationalisierung wird durch geeignete Indikatoren sichergestellt.
Bei der Beschreibung von „Ergebnissen“ Sozialer Arbeit ist zu beachten, daß überwie-
gend nur solche Ergebnisse genannt werden, die durch Soziale Arbeit zu beeinflussen
sind. Dabei lassen sich drei unterschiedliche Gruppen von Ergebnissen identifizieren:
a) Ergebnisse, die sich unmittelbar aus der Existenz eines sozialen Dienstes ergeben:
Ein solches Ergebnis betrifft den Nachweis, daß ein Bedarf für dieses Angebot besteht
(z.B. durch die Existenz eines Frauenhauses steht ein Schutzraum für mißhandelte
Frauen zur Verfügung). Als Indikator für den Bedarf kann die Anzahl von Klientinnen
gelten, die dieses Angebot in Anspruch nimmt. Dieser Indikator wird entweder in abso-
luten Zahlenwerten ausgedrückt oder er wird ins Verhältnis zu der vorhandenen Ange-
botskapazität gesetzt. Die Inanspruchnahme eines Angebots wird des öfteren auch als
Indikator für die Akzeptanz dieses Angebots gewertet, obgleich sich Akzeptanz auch
noch über andere Indikatoren, beispielsweise durch Befragungen nachweisen läßt. Zu
beachten ist ferner: Alle Ergebnisse werden nicht nur für Klientinnen erbracht, sondern
auch für andere Kunden (beim Frauenhaus z.B. für die Polizei, das Jugendamt, die
Kommune). Die Mitarbeiterinnen sozialer Dienste treten demnach nicht als Bittsteller
für arme (und oft diskriminierte) Klientengruppen auf, sondern fungieren als
unverzichtbare Dienstleister für andere Kundengruppen. <Beispiel> (12)
Dadurch daß Beratungsstellen oder andere soziale Dienste Aufgaben erfüllen, deren
Erfüllung vom Gesetzgeber vorgeschrieben oder empfohlen ist, erbringen sie auch für
den Kostenträger ein „Ergebnis“, nämlich die Erfüllung eines gesetzlichen Auftrages.
b) Ergebnisse, die sich aus dem Erreichen von Zielen erschließen lassen:
In vielen Beratungsstellen erarbeiten Berater zusammen mit Klienten kurz- oder
mittelfristige Ziele, die die Klienten im Verlauf der Arbeit erreichen möchten. In
regelmäßigen Abständen überprüfen Beraterinnen und Klientinnen, wieweit sie sich
ihren Zielen angenähert haben bzw. eine Änderung einzelner Ziele erforderlich ist. In
diesen Fällen sollten die Ziele insoweit durch Indikatoren oder kennzeichnende
Handlungen operationalisiert werden, daß eine Überprüfung möglich wird. Die
47
Beispiel (12)
Kundengruppe Ergebnisse Indikatoren An-zahl
Klienten Akzeptanz des An-
gebots
Inanspruchnahme, verglichen mit Bezugs-
größen
Rückmeldung im Gespräch
Anzahl der Beschwerden
Anonyme Befragungen
Existentielle Absi-
cherung erreicht
%-Anteil erhaltener Arbeitsplätze
Berentung erreicht
Sozialhilfebescheid
Arbeitgeber,
Vorgesetzte
Konflikt entschärft
Erfüllung des
gesetzlichen
Auftrages:
Beschäftigungs-
anteil behinderter
Arbeitnehmer
%-Anteil erhaltener Arbeitsplätze
% Versetzungen an geeigneten
Arbeitsplatz
Anteil der nach dem Gesetz
vorgeschriebenen Arbeitsplätze für
Behinderte ist erfüllt
Kostenträger Erfüllung eines
gesetzlichen
Auftrages
Aufgabenkatalog gemäß Gesetz
Mitarbeiter der
Beratungsstelle
Erhalt des
Arbeitsplatzes
Qualifizierung durch
Fortbildung
Anzahl der Fortbildungen (Vergleich mit
Bezugsgrößen)
andere Qualifizierungen
48
Operationalisierung der Ziele sollte gemeinsam mit den Klienten erarbeitet werden. Gut
operationalisierte Ziele haben sowohl für Klienten als auch für Berater eine Orientie-
rungsfunktion: Sie vermitteln dem Klienten, was er in welchen Situationen tun kann und
informieren den Berater darüber, wie er das Erreichen eines Zieles durch Befragen er -
schließen kann. Dabei sollen möglichst nur solche Ziele formuliert werden, deren Errei-
chen überwiegend von den Personen, die diese Ziele zu erreichen suchen, zu beein-
flussen sind.
c) Ergebnisse, an deren Erreichen längerfristig mitgewirkt wird:
Hierunter fallen solche Ergebnisse, die als längerfristige Richtziele, die Arbeit sozialer
Dienste bestimmen, auch wenn das Erreichen dieser Ergebnisse weder kurzfristig noch
allein durch die Arbeit eines sozialen Projektes zu beeinflussen ist. Es handelt sich hierbei
unter anderem um sozialpolitische Ziele, die durch Öffentlichkeitsarbeit und durch fortlau-
fende Information gesetzgebender Instanzen erreicht werden können
5.1. Erfolgskontrollen
Erfolgskontrollen werden durchgeführt, um Informationen darüber zu erhalten,
inwieweit vereinbarte Ziele erreicht wurden (Effektivitätskontrolle) und
ob Maßnahmen wirtschaftlich durchgeführt wurden (Effizienzkontrolle).
Erfolgskontrollen sind möglichst frühzeitig zu planen. Dabei sind in Abstimmung mit den
öffentlichen Kostenträgern Zeitpunkt und geeignete Methoden der Durchführung sowie
die Art der Dokumentation festzulegen.
Bei der Planung kommt der Zieldefinition besondere Bedeutung zu. Die Ziele werden in
einem Zielsystem bzw. einer Zielhierarchie festgelegt <Beispiel> (13).
Der Aufwand für die Planung und Durchführung von Erfolgskontrollen muß in einem ver-
nünftigen Verhältnis zum angestrebten Nutzen stehen.
Erfolgskontrollen werden in der Regel nach Abschluß von Maßnahmen durchgeführt. Bei
längerfristigen Maßnahmen ist es sinnvoll, Zwischenkontrollen durchzuführen, um den
Zielerreichungsgrad möglichst frühzeitig abschätzen und ggf. Maßnahmen zur
Nachsteuerung ergreifen zu können.
49
Beispiel (13)
Zu 5.1. Erfolgskontrollen
Beispiel für Hilfeziele im Bereich des betreuten Wohnens
Leistungsziel Teilziele Indikatoren
Wohnraumerhalt Integration in das Wohn-
umfeld
Kontakte mit Nachbarn
Anbindung an die soziale
Infrastruktur
eigenständige Haushalts-
führung
eigenständiges Kochen,
Einkaufen und Säubern
der Wohnung
Sicherung der Mietzah-
lungsfähigkeit
pünktliches und eigen-
ständiges Überweisen
der Miet- und Energie-
zahlungen
50
Die Ergebnisse von Erfolgskontrollen sind zu dokumentieren. Die Dokumentation bein-
haltet insbesondere
eine qualitative und quantitative Analyse der Ergebnisse,
die Benennung von Problemfeldern (z.B. Hemmnissen, Verzögerungen) während der
Durchführung,
Vorschläge und Empfehlungen zur künftigen Maßnahmenentwicklung.
Ergänzend kann in geeigneten Fällen versucht werden, die Ursächlichkeit zwischen staat-
licher Förderung und gemessenem Erfolg zu hinterfragen (Wirkungskontrolle).
5.2. Kundenzufriedenheit
Die Messung der Zufriedenheit direkter und indirekter Zielgruppen (Kunden) spielt eine
zentrale Rolle bei der Pflege und Entwicklung der Dienstleistungsqualität.
Klientinnen fühlen sich ernst genommen, wenn sie nach ihrer Meinung gefragt werden.
Allerdings erlaubt es nicht jede Situation, Klienten zu befragen.
Zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit gehören auch Befragungen der Mitarbeiterinnen
und unter Umständen Befragungen des Geldgebers und jener Dienststellen, die Klienten
vermitteln.
Grundlage der zufriedenheitsorientierten Qualitätsmessung ist das "disconfirmation para-
digm", welches davon ausgeht, daß (Un-) Zufriedenheit eine Reaktion auf die wahrge-
nommene Diskrepanz zwischen erwarteter und erlebter Leistung ist. (Un-) Zufriedenheit
setzt somit eine konkrete, selbsterlebte Dienstleistung als Bezugsobjekt voraus.
Die Zufriedenheitsforschung basiert auf schriftlichen Befragungen mittels Fragebögen
und/oder mündlichen Befragungen im Interview.
Folgende Qualitätsdimensionen können in Kundenbefragungen nach Abschluß des
Dienstleistungsprozesses erhoben werden:
51
Beispiel (14)
Ergebnisse von Beratungen können auch in sogenannten "Signalsätzen" festgehalten
werden, an denen sich der Entwicklungsprozess eines Klienten ablesen läßt. "Dabei
berichtet ein Klient von einer Handlung, die er ausgeführt hat und schildert dabei zugleich
einen emotionalen Vorgang oder eine unkontrollierte Reaktion, die er inzwischen besser
kontrolliert" (nach: M. Heiner 1992 unveröff.).
Beispiel:
"Erst wollte ich ihm eine runterhauen, so wütend war ich! Aber dann hab' ich mir gesagt,
hol' erst mal tief Luft. Danach ging es wieder." (a.a.O.)
52
Verläßlichkeit (Zuverlässigkeit und Genauigkeit)
Einsatzbereitschaft
Fachkompetenz (Wissen, Methodik)
Einfühlungsvermögen
Transparenz
Auftreten
Diskretion
Annehmlichkeit des Umfeldes (Räumlichkeiten, Ausstattung)
Bei der Gestaltung des Fragebogens sind die Formulierung der Fragen,
ihre Reihenfolge und ihre Anzahl systematisch zu planen. Die Fragen
müssen eindeutig und verständlich formuliert werden. Sie dürfen nicht
zu falschen Antworten aus Prestigegründen führen. Eine vorhergehen-
de Frage darf die darauffolgende nicht beeinflussen <Beispiel> (15).
53
Beispie (15)
5.2. Kundenzufriedenheit
Beispiel für eine Klientenbefragung1. Wie haben Sie Ihren/-e Berater/-in erlebt?
freundlich unfreundlich interessiert desinteressiert
qualifiziert unqualifiziert höflich unhöflich
einfühlsam kalt sachlich persönlich
unpersönlich verbindlich unverbindlich autoritär
2. Die Beratungsgespräche waren
zu kurz zu lang zeitlich richtig intensiv
oberflächlich hilfreich konkret allgemein
3. Die Wartezeiten auf meine Beratungsgespräche waren
kurz annehmbar lang viel zu lang
4. Wurden Ihnen Ihre Fragen verständlich beantwortet?
vollkommen ziemlich eher nicht gar nicht
5. Die Beratungsgespräche haben mir weitergeholfen.
vollkommen ziemlich eher nicht gar nicht
6. Ich fühle mich in der Dienststelle gut aufgehoben.
vollkommen ziemlich eher nicht gar nicht
7. Würden Sie die Dienststelle bei Bedarf wieder aufsuchen?
ja nein weiß nicht
8. Welche Angebote fehlen Ihnen bei uns?
_______________________________________________________
_______________________________________________________
9. Erhalten Sie woanders auch Beratung? ja nein
Was gefällt Ihnen dort besser als bei uns?
_______________________________________________________
_______________________________________________________
54
Darüber hinaus stehen Ansätze zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität durch die Kun-
den zur Verfügung, die bereits während des Dienstleistungsprozesses gezielt eingesetzt
werden können. Ziel dieser ereignisorientierten Ansätze ist es, positive/negative Kun-
denerlebnisse entlang des Interaktionsprozesses ausfindig zu machen.
Zu den ereignisorientierten Ansätzen werden insbesondere gezählt:
- das Beschwerdemanagement
- die Erfassung kritischer Ereignisse
5.2.1. Beschwerdemanagement
Mündlich oder schriftlich artikulierte Beschwerden von Kunden können Hinweise auf mög-
liche Defizite bei der Leistungserstellung geben und Verbesserungspotentiale für den zu-
künftig zu erbringenden Service geben.
Derartige Rückmeldungen sind für die Organisation auch deshalb von enormer Bedeu-
tung, weil der Kunde auf seine Unzufriedenheit wie folgt reagieren kann:
- Wechsel zu konkurrierenden Organisationen
- negative Mund-zu-Mund-Propaganda im persönlichen Umfeld
- Weitergabe der Beschwerde an Dritte (z.B. öffentliche Kostenträger)
Um systematisch die unterschiedlichen Beschwerden von Dienstleistungskunden zu er-
fassen und zu bearbeiten, werden verschiedene Ablaufschritte eines Beschwerde-mana-
gements installiert:
1. Beschwerdestimulierung
2. Beschwerdeannahme
3. Beschwerdereaktion
4. ggf. Mängelbeseitigung
Um das Beschwerdeverhalten der Kunden zu stimulieren, ist vor allem der Abbau von Be-
schwerdebarrieren zu empfehlen, z.B. mit Hilfe von "Meckerkästen".
Geäußerte Beschwerden sind anzunehmen und zu bearbeiten. Auf die vorgebrachten
Qualitätsmängel muß verständnisvoll reagiert werden. Falls möglich, sind die Mängel "in
großzügiger Weise" zu beheben.
55
56
5.2.2. Erfassung kritischer Ereignisse
Ziel der Erfassung kritischer Ereignisse ist es, besondere Vorfälle im Rahmen der Lei-
stungserstellung aus Sicht des Leistungsempfängers zu ermitteln. Hierzu wird der Klient
in einem direkten Gespräch aufgefordert, Situationen der unmittelbaren Anbieter-Nachfra-
ger-Interaktion zu schildern, die für ihn mit besonders positiven/negativen Erinnerungen
verbunden sind <Beispiel> (16).
Diese Ereignisse werden anhand standardisierter offener Fragen erfaßt.
1. Denken Sie an einen Vorfall, bei dem Sie einen besonders zufriedenstellenden bzw.
unbefriedigenden Service erlebt haben.
2. Wann kam es zu diesem Ereignis?
3. Wie haben sich die Mitarbeiter in dieser Situation konkret verhalten?
4. Warum ist dieses Ereignis aus Ihrer Sicht besonders befriedigend
bzw. unbefriedigend?
Zur Aufnahme der Ereignisse können Formulare eingesetzt werden, die zugleich als Inter -
viewleitfaden dienen können.
Im Rahmen der Auswertung der Formulare wird die Häufigkeit von kritischen Ereignissen
für die einzelnen Phasen der Dienstleistungserbringung ermittelt. Es werden typische kriti -
sche Ereignisse herausgearbeitet, aus denen konkrete Verbesserungsmaßnahmen ab-
zuleiten sind.
57
Beispiel (16)
5.2.2. Erfassung kritischer Ereignisse
Formular zur Erfassung kritischer Ereignisse
1. Stichwort Erreichbarkeit2. Art des Ereignisses negativ3. Zeitpunkt des Ereignisses vor mehreren Monaten4. Art der Dienstleistung Sozialhilfeberatung5. Phase der Dienstleistung Kontaktphase6. Ereignisschilderung Im Faltblatt der Einrichtung wurde
darauf hingewiesen, daß der Sozialarbeiterzu bestimmten Zeiten
unter einer bestimmten Telefonnummer erreichbar ist.
Das Telefon war jedoch ständig besetzt oder es nahm niemand ab. Als
ich endlich durchkam und mich beschwerte, wurde ich unfreundlich
behandelt.7. Schuld am Vorfall Sozialarbeiter Herr Mustermann8. Einleiten von Maßnahmen Erweiterung der Zeiten für die
telefonische ErreichbarkeitSchalten eines zusätzlichen
TelefonanschlussesEntkoppelung von Sprechzeiten und
Zeiten der telefonischen ErreichbarkeitVerhaltenstraining
58
5.3. Fehlervermeidung
Aus Sicht der dienstleistenden Organisation ist die Fehlervermeidung
zentraler Qualitätsbestandteil.
Um mögliche Fehlerquellen im Leistungsprozeß zu ermitteln, bietet sich
das Verfahren der Fehlermöglichkeits- und -einflußanalyse (FMEA) an.
Die Vorgehensweise der FMEA ist in folgende Schritte zu untergliedern:
Fehleridentifikation
Risikobeurteilung
Einleitung von Maßnahmen
Ergebnisanalyse
5.3. Fehlervermeidung
Fehler können sowohl internen als auch externen Faktoren geschuldet sein.
Beispiele möglicher Fehlerquellen Ungenaue Beschreibung des Hilfebedarfes
Vernachlässigung wichtiger Einflußgrößen
Fehlerhafte Anamnese
Fehlerhafte Planung des Hilfeprozesses
Unpräzise Zieldefinition
Auswahl ungeeigneter Hilfemaßnahmen
Unzulängliche Leistungserstellung
Mangelnde Mitwirkungsfähigkeit des Klienten
Im Rahmen der Fehleridentifikation werden mögliche Fehler, deren Ursachen und Konse-
quenzen ermittelt.
Aufgabe der Risikobeurteilung ist es, die Schwere eines Fehlers, die Wahrscheinlichkeit
seines Wiederauftretens sowie die Möglichkeiten einer (wiederholten) Entdeckung abzu-
wägen.
Die einzuleitenden Maßnahmen (Beseitigung der Fehlerquellen, Reduzierung der Auf-
trittswahrscheinlichkeit des Fehlers, Reduzierung der Bedeutung des Fehlers,
59
60
Reduzierung der Wahrscheinlichkeit der Fehlerentdeckung) können entweder der Quali-
tätsverbesserung oder aber der Lösung des Problemes dienen.
Die Ergebnisanalyse schließlich beurteilt den Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen.
5.4. Weitere Mittel zur Qualitätssicherung / Qualitätsentwicklung
"Checklisten"
Checklisten sind ein beliebtes Instrument, um die notwendigen Handlungsschritte bei der
Planung eines Vorhabens festzulegen. Checklisten eignen sich ebenfalls zur nachträgli-
chen Kontrolle, um zu überprüfen, ob alle erforderlichen Handlungsschritte abgearbeitet
wurden.
Checklisten können in mehr oder weniger aufwendigen Verfahren zur Qualitätssicherung
verwendet werden.
Beispiel zur nachträglichen Selbstkontrolle, ob Beratungsregeln beachtet wurden:
"Ich habe den Ratsuchenden dabei unterstützt, Hindernisse zu nennen, die gegen meinen
Vorschlag sprechen."
trifft zu trifft teilweise zu trifft teilweise nicht zu trifft nicht zu
"Stärken - Schwächen - Analyse"
Dieses Verfahren läuft unter verschiedenen Namen und beinhaltet eine Reihe von Fragen
zu den Stärken bzw. Schwächen einer Organisation. Die Fragen können beliebig verän-
dert werden (1 bis 2 mal jährlich)
Beispiele
Mit welchen Leistungen unserer Organisation sind wir zufrieden?
Welches sind unsere besonderen Stärken?
Durch welche Handlungen haben wir in der Vergangenheit Probleme lösen können?
Welche Ereignisse haben sich bisher günstig für uns ausgewirkt.
Auf welche Kunden, Personen oder Institutionen können wir bei auftretenden Schwie-
rigkeiten zurückgreifen?
61
Mit wem kooperieren wir gut?
Stimmen Ihre Kriterien zur Bewertung von Erfolgen mit den Kriterien anderer
"Kundinnen" überein?
Wem teilen wir die Erfolge Ihrer Arbeit mit?
Welche fachfremden Institutionen oder Personen bewerten unsere Arbeit positiv?
Wobei tauchen immer wieder Probleme auf, wenn wir gute Leistungen erbringen
wollen?
Wodurch sind unserer Standards gefährdet?
In welchen Bereichen fällt eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf?
Welchen Kunden, Institutionen oder Personen legen uns Steine in den Weg?
Wo entstehen Konkurrenzen?
Welche Beschwerden, Fehler, Kritik hat es in der letzten Zeit gegeben?
Von welcher Seite kamen die Beschwerden?
Was unternehmen wir zur Lösung unserer Probleme?
Wie gehen wir mit Beschwerden und Kritik an unserer Institution um?
Welche kleineren oder größeren Veränderungen haben wir im Verlauf dieses
Jahres durchgeführt ? (Was waren die Anlässe, was sind die Folgen dieser
Veränderungen?)
Wie sichern wir ein kontinuierliches Feedback zu unseren Leistungen?
Wie stellen wir sicher, daß auftretende Probleme frühzeitig erkannt werden?
Wie stellen wir sicher, daß wir unserer Erfolge erkennen?
Selbstportrait mit kollegialer Beratung ('Peer Review')
Eine soziale Einrichtung "A" beschreibt sich selbst anhand einer Auswahl aus den im
Leitfaden vorgegebenen Kriterien. Dieses Selbstportrait gibt sie einer außenstehenden
(nicht konkurrierenden) sozialen Einrichtung "B" mit ähnlichem Aufgabenspektrum . Mitar -
beiter der Einrichtung "B" besuchen nun die Einrichtung "A" und befragen dort Mitarbeiter,
Klienten und andere Beteiligte. Über das Ergebnis fertigen sie einen Bericht an. Dieser
Bericht wird der Einrichtung "A" im Rahmen einer kollegialen Beratung übergeben.
Supervision und Fortbildungen tragen auch zur Qualitätssicherung bei.
62
6. Aufbau eines Total Quality Management
Total Quality Management (TQM) ist eine auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beru-
hende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und
durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für
die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt.
Kerngedanke des TQM-Konzeptes ist es, sämtliche Unternehmensbereiche in die Quali-
tätsüberlegungen einzubeziehen und eine Motivation aller Mitarbeiter durch ein vorbildli-
ches Verhalten der Führungskräfte zu erzielen.
Qualität wird als eine umfassende Managementaufgabe verstanden, mit dem Ziel, alle
Aktivitäten des Unternehmens an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren.
Das Total Quality Management System
Soziales System Technisches System
kooperatives Führungsverhalten TQM-Prinzipien
Mitarbeiterorientierung Qualitätspolitik und -ziele
Kundenorientierung Dokumentation
Motivation und Eigenverantwortung Prozeßverbesserung
abteilungs- und funktionsübergreifendes
Denken und Agieren
dialog- und mitwirkungsorientierte
Öffentlichkeitsarbeit
Teamarbeit Kommunikation, Schulung, Training
Idealtypisch läßt sich ein Qualitätsmanagement-System nach dem Qualitäts-Regelkreis-
Konzept an den klassischen Management-Funktionen Planung, Durchführung und Kon-
trolle orientieren. Hierbei lassen sich die Phasen
Qualitätsplanung
Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung
Qualitätsmanagementdarlegung
unterscheiden.
63
6.1. Qualitätsplanung
Die Qualitätsplanung gilt als erste Phase eines systematischen Qualitätsmanagements.
Als Qualitätsplanung bezeichnet man alle Maßnahmen des Auswählens, Klassifizierens
und Gewichtens der Qualitätsmerkmale sowie eines schrittweisen Konkretisierens aller
Einzelforderungen an die Beschaffenheit einer Dienstleistung.
Die Qualitätsplanung kann strategisch und operativ erfolgen. Die strategische Qualitäts-
planung umfaßt diejenigen Komponenten, die den grundlegenden Handlungsrahmen des
Qualitätsmanagements für die langfristige Zukunftssicherung festlegen. Die operative
Qualitätsplanung hingegen extrapoliert die Entwicklungen in der Vergangenheit unter
Berücksichtigung erkennbarer zukünftiger Beeinflussungen und Veränderungen.
6.1.1. Strategische Qualitätsplanung
Zur Festlegung des grundsätzlichen Handlungsrahmens des Qualitätsmanagements
(strategische Qualitätsplanung) können folgende Instrumente eingesetzt werden:
Entwicklung einer Unternehmensphilosophie (Leitbild)
Bestimmung der Qualitätsposition der Organisation
Stärken-Schwächen-/Chancen-Risiken-Analyse
Festlegung der Qualitätspolitik
Festlegung von Qualitätszielen
Festlegung von Qualitätsstandards
Grundsätzlich sollten diese Instrumente von den Führungskräften der Organisation, d.h.
der Geschäftsführung, festgelegt werden.
Die Leitbildentwicklung sollte am Anfang aller Aktivitäten zur Einführung eines QM-Syste-
mes stehen. Das Leitbild muß die Philosophie der Organisation reflektieren, klar umris-
sene Organisationsziele vorgeben und strategische Handlungsanweisungen beinhalten.
Die aus dem Leitbild abgeleitete Qualitätspolitik soll sowohl die Qualitätsziele der Organi -
sation als auch die Erwartungen der Kunden/-innen widerspiegeln.
64
Beispielhafte Grundsätze der Qualitätspolitik:
1. Wir stehen für die Qualität unserer Dienstleistungen ein.
2. Wir arbeiten eng mit den öffentlichen Kostenträgern zusammen.
3. Wir kennen unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und
dem Individuum.
4. Unsere Mitarbeiter und Führungskräfte fühlen sich unseren Qualitätszielen verpflichtet.
6.1.2. Operative Qualitätsplanung
Im Rahmen der operativen Qualitätsplanung werden die konkreten Anforderungen an die
Dienstleistungsqualität aus Kunden- und Anbietersicht ermittelt.
Der Einsatz von quantitativen und qualitativen Meßverfahren zur Erfassung von Quali-
tätserwartungen und -wahrnehmungen aus Kundensicht wurde bereits oben (vgl. Kap.
5.2.) ausführlich dargestellt.
Darüber hinaus sind umfassend durchgeführte Mitarbeiterbefragungen von besonderer
Bedeutung für die Entwicklung und Umsetzung eines Qualitätsmanagement-Systems.
Regelmäßig sollten bei sämtlichen Mitarbeitern der Organisation Befragungen zur Erfas-
sung der subjektiv wahrgenommenen Dienstleistungsqualität vorgenommen werden.
Erfassung von Qualitätskriterien in Mitarbeiterbefragungen
Arbeitsplatz
Führungsverhalten
Gruppenklima
Arbeitsorganisation
Entwicklungsmöglichkeiten
Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung
65
6.2. Qualitätslenkung
Die Phase der Qualitätslenkung, auch als Qualitätssteuerung bezeichnet, baut auf den
Ergebnissen der Qualitätsplanung auf. Sie beinhaltet sämtliche vorbeugenden, überwa-
chenden und korrigierenden Maßnahmen, die der Umsetzung der Anforderungen an die
Qualität der Dienstleistungen aus Kunden- und Organisationssicht dienen.
Es lassen sich folgende Maßnahmen der Qualitätslenkung unterscheiden:
Personalmanagement
Entwicklung einer Unternehmenskultur
organisationsbezogene Maßnahmen
6.2.1. Personalmanagement
Für die Dienstleistungsqualität ist es von ausschlaggebender Bedeutung, inwieweit es der
Organisation gelingt, Qualifikationsprofil und Motivation des Personals zu erhalten und zu
fördern.
Aus diesem Grund hat die Geschäftsführung die Tätigkeitsfelder des Personalmanage-
ments konsequent zu nutzen. Dies beinhaltet
Methoden des Personalmanagements Instrumente des Personalmanagements
Personalbestandsanalyse Ermittlung des aktuellen Personalbestandes
Personalbedarfsermittlung Ermittlung des künftigen Personalbedarfes Erstellen von Anforderungsproflen und Stellenbeschreibungen
Personalbeschaffung Festlegung von Methoden und Auswahl-kriterien für die Einstellung von neuem Per-sonal
Personalentwicklung Qualifizierung
Personaleinsatz Einsatz des Personals entsprechend seiner Qualifikation
Personalbeurteilung Bereitstellung von Informationen zur leistungsgerechten Entlohnung
Personalfreisetzung Abbau überzähligen Personals unter Be-rücksichtigung sozialer Gesichtspunkte
66
Das folgende Schaubild illustriert mögliche individuelle Anreizsysteme, die insbesondere
im Rahmen der Personalführung zur Anwendung kommen können.
Materielle Anreize Nicht-materielle Anreize
Prämien für kundenorientierte Beratung Aussprechen von persönlichem Lob
Erfolgsorientierte Gehaltskomponenten Übertragung von Verantwortung
Incentive-Reisen Offerieren von Aufstiegschancen
Verbesserung der Arbeitsbedingungen
6.2.2. Entwicklung einer Unternehmenskultur
Neben den personalpolitischen Aspekten spielt die Unternehmenskultur innerhalb der Or-
ganisation eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung des QM-Systems.
Eine "Qualitätskultur" setzt unter anderem einen kooperativen Führungsstil voraus, der
den Mitarbeitern den notwendigen Freiraum zur eigenverantwortlichen Gestaltung ihrer
Arbeit beläßt. Sie schließt die Achtung der Persönlichkeit und Leistungsbereitschaft der
Mitarbeiter ein. Sie ist geprägt von einer hohen Wertschätzung der Kunden.
Hierbei sind insbesondere die Führungskräfte gefragt, die durch ihr "vorbildliches" Ver-
halten gegenüber den Mitarbeitern und Marktpartnern den Qualitätsgedanken vorleben
und eine positive Dienstleistungskultur entwickeln können.
Kulturelle Vorbildfunktion von Führungskräften
Serviceorientiertes Verhalten im direkten Kundenkontakt
Kommunikationsfähigkeit
Wertschätzung und Akzeptanz des Personals
Politik der "offenen Tür"
Innovationsbereitschaft
Konfliktfähigkeit
Flexibilität
67
6.2.3. Organisationsbezogene Maßnahmen
Um die spezifischen Maßnahmen des Qualitätsmanagement erfolgreich umsetzen zu
können, sollten innerhalb der Organisation verschiedene aufbauorganisatorische Voraus-
setzungen geschaffen werden.
Zunächst ist es unumgänglich, die Qualitätsverantwortung der "obersten Leitung" (Ge-
schäftsführung) zu übertragen.
Die Geschäftsführung regelt die Zuständigkeiten für die Planung und Umsetzung der
Qualitätsmaßnahmen.
Qualitätsverantwortung der obersten Leitung (DIN ISO 9001):
"Die oberste Leitung (...) muß ihre Qualitätspolitik, eingeschlossen ihre Zielsetzungen und
ihre Verpflichtung zur Qualität festlegen und dokumentieren. Die Qualitätspolitik muß rele-
vant für die organisatorischen Ziele (...) sowie für die Erwartungen und Erfordernisse der
Kunden sein. (...) Die oberste Leitung muß sicherstellen, daß diese Politik in allen Ebenen
verstanden, verwirklicht und aufrechterhalten wird".
Hierfür ist es zweckmäßig, eine Zentralstabsstelle für Qualität einzurichten, die Koordi-
nations- und Kommunikationsfunktionen ausübt.
Die Leitung der Zentralstabsstelle obliegt dem Qualitätsbeauftragten. Zu den Aufgaben
des Qualitätsbeauftragten gehören
die Mitwirkung bei der Überwachung aller Prozesse,
die Mitwirkung bei der Durchführung interner und externer Audits,
die Vereinbarung und Überwachung von Problemlösungsstrategien mit den für die
jeweilige Organisationsebene Verantwortlichen,
die Sammlung von qualitätsrelevanten Informationen und Datenmaterial,
die Analyse externer und interner Beanstandungen,
die Ausarbeitung und Koordination von Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen,
die permanente Sicherstellung des Qualitätsverbesserungsprozesses.
68
Der Qualitätsbeauftragte sollte in der Unternehmenshierarchie idealerweise direkt der
Geschäftsführung unterstellt sein. Er sollte mit den für die Umsetzung des QM-Systems
notwendigen Kompetenzen ausgestattet sein.
Der Qualitätsbeauftragte trägt Personalverantwortung für die ihm unterstellten Mitarbeiter.
Als ergänzende Organisationsform des Qualitätsmanagements können Qualitätszirkel zum Einsatz kommen.
Qualitätszirkel sind auf Dauer angelegte Gesprächsgruppen, bei denen sich fünf bis zehn
Mitarbeiter eines Arbeitsbereiches der unteren Hierarchieebene der Organisation in
regelmäßigen Abständen auf freiwilliger Basis zusammensetzen, um selbstgewählte Qua-
litätsprobleme des eigenen Arbeitsbereiches zu diskutieren.
Unter Anleitung eines geschulten Moderators sind mit Hilfe spezieller Problemlösungs-
techniken Lösungsvorschläge zu erarbeiten sowie deren Umsetzung zu initiieren und zu
kontrollieren.
Qualitätszirkel können neben der Verbesserung der Dienstleistungsqualität zur Förderung
des Qualitätsbewußtseins und der Qualitätsverantwortung der beteiligten Mitarbeiter bei-
tragen sowie die Qualität der internen Kommunikation maßgeblich verbessern.
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Qualitätszirkelarbeit in Dienstleistungsorganisationen
Art der Qualitätszirkel Mitglieder Aufgaben
Steuerungsgruppe Mitglieder des VorstandesMitglieder derGeschäftsführung
Entwicklung einer organisa-tionsbezogenen Qualitäts-strategie
Materielle und immaterielle Förderung der Qualitäts-zirkelarbeit
Koordinationsgruppe Mitglieder regionaler Qualitätszirkel
Mithilfe bei der Auswahl von Moderatoren
Unterstützung bei der Vorbe-reitung und Durchführungder Qualitätszirkelarbeit
Auswertung und Weiter-leitung der Ergebnisse der Fachgruppen an die Steuerungsgruppe
Fachgruppen Mitarbeiter eines Arbeits-bereiches
Diskussion über qualitäts-relevante Probleme des Arbeitsbereiches
Erarbeitung, Initiierung und Umsetzungskontrolle von Lösungsstrategien
6.3. Qualitätsprüfung
Neben der Planung und Steuerung der Dienstleistungsqualität sollte in einer dritten Phase
der Qualitätsprüfung die tatsächliche Erfüllung der Qualitätsanforderungen überprüft wer -
den.
Hierbei lassen sich interne und externe Qualitätsprüfungen unterscheiden.
6.3.1. Interne Qualitätsprüfung
Im Rahmen der internen Qualitätsprüfung soll festgestellt werden, inwiefern die Kunden-
anforderungen erfüllt werden. Hierbei kommen folgende Instrumente in Betracht:
Dienstaufsichtskontrollen
Mitarbeiterbeurteilung
70
interne Qualitätsmessung
6.3.2. Externe Qualitätsprüfung
Im Rahmen der externen Qualitätsprüfung geht es darum, die Erfüllung der Kundenanfor-
derungen aus Sicht der Kunden zu überprüfen. Dabei können folgende Verfahren zur
Messung von Kundenerwartungen und -wahrnehmungen zum Einsatz kommen:
Testberatungsgespräche zur Überprüfung von Servicekomponenten wie
Freundlichkeit, Höflichkeit, Fachkenntnis und Engagement
Kundenbefragungen (vgl. Kap. 5.2.)
Beschwerdemanagement (vgl. Kap. 5.2.1.)
6.4. Qualitätsdarlegung
Am Ende des Kreislaufes im Qualitätsmanagement-System steht die Phase der Qualitäts-
darlegung.
Hierbei sind interne und externe Zwecke der Darlegung zu unterscheiden, die innerhalb
(Mitarbeiter) und außerhalb (Kunden) der Organisation ausreichendes Vertrauen in die
Qualitätsfähigkeit der Organisation schaffen sollen.
Für die Qualitätsdarlegung stehen umfassende Konzepte und Systeme zur Verfügung,
darunter
Qualitätsmanagement-Handbuch
Qualitätsaudits
Zertifizierungen
6.4.1. Qualitätsmanagement-Handbuch
Das Qualitätsmanagement-Handbuch (QM-Handbuch) beschreibt Zielsetzung, Reichweite
und Elemente des QM-Systems.
Das QM-Handbuch wirkt in zwei Richtungen: Intern dient es als QM-Lenkungs-, Steue-
rungs- und Kommunikationsmittel, extern dient es als Mittel zur Vertrauensbildung bei den
Kunden und als Akquisitionsunterlage.
Das im QM-Handbuch beschriebene Qualitätsmanagement-System betrifft alle Ebenen
der Organisation. Das QM-System sollte nur so umfassend sein, wie dies zum Erreichen
der Qualitätsziele notwendig ist.
71
Die Geschäftsführung benennt für die Erstellung des QM-Handbuches einen Verantwortli -
chen, der mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet ist und als Qualitätsbeauftragter
bzw. Qualitätsmanager unabhängig von den Zwängen einzelner Abteilungen arbeiten
kann. Idealerweise untersteht er der Geschäftsführung.
Der Aufbau des QM-Handbuches muß ein abgestimmtes System erkennen lassen und
entsprechend der besonderen Art der Geschäftstätigkeit der Organisation strukturiert
sein.
Gliederung Inhalte
Teil 1 Hinweise zur Organisation
Hinweise zur Herausgabe
Hinweise zur Pflege der QM-Dokumentation
Teil 2 Beschreibung der Elemente des QM-
Systems
Teil 3 Anhang (Verweise auf weitere Unterlagen)
Die Leitung der Organisation setzt das QM-Handbuch durch Unterschrift formell in Kraft
und erklärt es für alle Mitarbeiter im Geltungsbereich verbindlich.
Das QM-Handbuch wird über einen aktuellen Verteiler jeder Organisationseinheit zur
Verfügung gestellt.
Neue Mitarbeiter werden nachweislich in das QM-System eingeführt.
Auch nach Fertigstellung unterliegt das QM-Handbuch einem systematischen und periodi-
schen Aktualisierungs- und Änderungsdienst. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, das
QM-Handbuch als Loseblattsammlung aufzubauen, die arbeitstechnisch durch ihre Aus-
tauschbarkeit eine rasche Anpassung an geänderte Bedingungen erlauben.
6.4.2. Qualitätsaudits
Ein Qualitätsaudit wird nach den DIN ISO-Normen definiert als systematische und unab-
hängige Untersuchung, um festzustellen, ob die qualitätsbezogenen Tätigkeiten und damit
zusammenhängenden Ergebnisse den geplanten Anforderungen entsprechen, und ob
diese Anordnungen wirkungsvoll verwirklicht und geeignet sind, die Ziele zu erreichen.
72
Qualitätsaudits werden durch freigemeinnützige Organisationen als Instrument zur Auf-
deckung von qualitätsrelevanten Schwachstellen und zur Anregung von Verbesserungen
genutzt. Dadurch lassen sich frühzeitig Fehler vermeiden, die zu finanziellen Einbußen
und Imageverlusten führen können.
Qualitätsaudits dienen der
Verbesserung des QM-Systems,
routinemäßigen Überprüfung von Anweisungen und Prozessen hinsichtlich ihrer Befol-
gung und Wirksamkeit,
Beseitigung von Mängeln, die durch das Beanstandungsmeldesystem aufgedeckt
wurden,
Beseitigung von Wiederholungsfehlern, die aufgrund von Kundenreklamationen
bekanntgeworden sind,
Zertifizierung.
Für den Bereich sozialer Dienstleistungen ist zu unterscheiden zwischen Prozeß- und Sy-
stemaudits.
Ziel des Prozeßaudits ist die Überprüfung der Qualitätsfähigkeit von Prozessen. Einge-
setzt werden Prozeßaudits bei Prozessen mit einer großen Anzahl von Teilschritten und
möglichen Fehlerquellen sowie bei übergreifenden Prozessen, die eine Zusammenarbeit
unterschiedlicher Instanzen der Organisation erfordern.
Im Rahmen eines Systemaudits wird das gesamte QM-System auf seine
Funktionsfähigkeit, Vollständigkeit und Wirksamkeit untersucht.
Qualitätsaudits werden prinzipiell von Personen durchgeführt, die keine direkte
Verantwortung in den zu auditierenden Bereichen haben.
Hauptverantwortlich für Qualitätsaudits in Dienstleistungsorganisationen ist die Ge-
schäftsführung.
Qualitätsaudits können unter Zuhilfenahme folgender Hilfsmittel erfolgen:
Matrix zur Auditauswahl
Auditanmeldeformular
Fragekatalog
Abweichungsprotokoll
Auditbericht
Jahresauditplan
Die Auditoren müssen sich auf das Audit durch das Studium von Dokumenten gründlich
vorbereiten. Die betroffenen Stellen sind vorab über den Umfang der Überprüfungen und
den Fragekatalog zu informieren, und zwar so rechtzeitig, daß Rückfragen möglich sind.
73
Nach der gründlichen Allgemeininformation beginnt das Audit unter Zuhilfenahme eines
Auditfragebogens. Treten dabei Merkmale auf, die einer Korrektur bedürfen, ist ein-
vernehmlich in einem Abweichungsprotokoll festzuhalten, was in welchen Zeiträumen
zu veranlassen ist und wer davon betroffen ist. Daraus ergibt sich der Terminkalender für
die Überprüfung der Wirksamkeit beschlossener Maßnahmen.
Die Befragungsergebnisse werden in einem Auditbericht festgehalten, welcher von dem
Qualitätsbeauftragten archiviert wird. Der Auditbericht ist Bestandteil bei einem eventuel-
len Wiederholungsaudit.
Über die geplanten Audits, deren Durchführung, Ergebnisse und Korrekturmaßnahmen ist
die Geschäftsführung durch den Qualitätsbeauftragten permanent zu informieren.
6.4.3. Zertifizierungen
Zertifizierungen werden als Nachweisführung der Konformität von QM-Systemen mit fest-
gelegten Normen von Organisationen der freien Wohlfahrtspflege als Baustein der Quali-
tätssicherung genutzt.
Durch ein Zertifikat verfügt eine Organisation über einen europaweit anerkannten Nach-
weis ihrer Fähigkeit, Qualitätsanforderungen konsistent zu erfüllen, was den Kreis potenti -
eller Kunden vergrößert.
Zertifizierungen werden ausschließlich von akkreditierten Zertifzierungsgesellschaften er-
teilt.
Der Ablauf einer Zertifizierung kann wie folgt beschrieben werden:
Informationsgespräch mit der Zertifizierungsgesellschaft
Prüfung der Grundvoraussetzungen zur Zertifizierung
Prüfung der QM-Unterlagen
Durchführung des Zertifizierungsaudits
ggf. Nachaudit
Zertifikatserteilung
Überwachungsaudit
Voraussetzung für die Zertifizierung ist die Einführung und Pflege des organisationsbezo-
genen QM-Systems.
Zertifizierer der Zertifizierungsgesellschaft überprüfen im Rahmen eines Zertifizierungs-
audits die Normkonformität und stellen bei einem hohen Erfüllungsgrad ein Zertifikat aus.
Erfüllungsgrade, die nicht für die Erteilung eines Zertifikates ausreichen, führen entweder
74
zu einem Nachaudit (im Anschluß an entsprechende Korrekturmaßnahmen) oder zu einer
Wiederholung des gesamten Vorganges.
Nach der Erteilung des ersten Zertifikates, welches in der Regel drei Jahre gültig ist, wird
jährlich durch den Zertifizierer ein Wiederholungsaudit durchgeführt.
6.5. Implementierung des Qualitätsmanagements
In Anbetracht der Komplexität des ganzheitlichen Qualitätsmanagement-Ansatzes wird
deutlich, daß dessen Implementierung nur über einen langfristig geplanten Umstrukturie-
rungsprozeß der gesamten Organisation zu realisieren ist.
Insofern ist es zweckmäßig, die Entwicklung und Umsetzung des QM-Systems im Rah-
men eines mehrstufigen zeitorientieren Phasenmodelles zu definieren. Dabei werden die
verschiedenen zur Realisierung eines umfassenden Qualitätsmanagements notwendigen
Schritte in ihrer zeitlichen Abfolge aufgezeigt.
75
Exemplarisches Phasenmodellzur Implementierung eines QM-Systems
Zeitraum Arbeitsschritte
01. bis 06. Monat Qualitätspositionierung
Befragungen
Qualitätsstrategien
Mitarbeiterbeurteilung
Qualitätszirkelarbeit
07. bis 12. Monat Beschwerdemanagement
Qualitätspolitik und -ziele
Unternehmenskultur
Qualitätsstandards
Personalmanagement
Anreizsysteme
13. bis 18. Monat Befragungen
Qualitätszirkelarbeit
Qualifizierung
Mitarbeiterbeurteilung
Anreizsysteme
Beschwerdemanagement
Qualitätsmessungen
Testberatungen
Audits
19. bis 24. Monat Qualifizierung
Anreizsysteme
Beschwerdemanagement
Testberatungen
Audits
Zertifizierungen
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78
GLOSSAR
ArbeitsprinzipienArbeitsprinzipien (fachliche Standards) sind allgemeine Grundsätze, an denen sich das Handeln orientiert. Sie stellen gewissermaßen die Brücke zwischen Denken und Handeln dar. Sie sind gewöhnlich als normative Aufforderungen zum Handeln formuliert ("Mitbe-stimmung", "Hilfe zur Selbsthilfe"), in denen sich zeittypische Werte und der aktuelle Stand des wissenschaftlich begründeten Fachwissens widerspiegeln
Critical Incidents"typische Situationen" bzw. "kritische Vorfälle" für das Gelingen oder Mißlingen eines Vor-habens ErgebnisqualitätDieser Begriff umfaßt eine Auflistung aller Ergebnisse, die durch eine psychosoziale Dienstleistung erreicht werden sollen. Es werden nur solche Ergebnisse aufgelistet, deren Erreichen anhand von meßbaren Indikatoren zu überprüfen ist.
EvaluationEvaluation beinhaltet die systematische Überprüfung, Beurteilung oder Bewertung einer Dienstleistung, einer Maßnahme oder eines sozialen Programms.
IndikatorenDurch Indikatoren wird die Wirklichkeit in untersuchbar Einheiten unterteilt, dabei aber zugleich auch hinsichtlich ihrer Komplexität reduziert
ISO 9001 ff.Die Normen der weltweit bekannten Reihe SO 9001 ff. (ISO für International Standard Organization, 9001 ff. für 9001, 9002, 9003, 9004) sind im Kontext der industriellen Pro-duktion entwickelt worden. Sie beinhalten Vorschriften und Orientierungen zu der Frage, was alles zu beachten und zu beschreiben ist, wenn die Qualität der Produktionsweisen eines Unternehmens dargestellt und gesichert werden soll.
Kunden"Kunden" sind in der Sprache der Qualitätssicherungsliteratur alle Personen und Institu-tionen, die sich über die Qualität einer Dienstleistung ein Urteil bilden und die Akzeptanz der Dienstleistung fördern oder beeinträchtigen können. Kunden sind nach dieser Defini-tion nicht allein "externe" Kunden wie die Klienten, Kostenträger und Vermittler einer Dienstleistung, sondern auch "interne" Kunden wie die Mitarbeiter, die die Dienstleistung erbringen.
KundenpfadeKundenpfade enthalten eine Sammlung von Zielen und Regeln für solche Situationen ( sensible Schnittstellen), in denen die Begegnung mit einem Kunden für das Gelingen oder Mißlingen der Dienstleistung von entscheidender Bedeutung ist.
ProzeßqualitätDieser Begriff umfaßt alle Qualitätskriterien, die die Qualität der Arbeitsprozesse betref-fen.
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QualitätEs gibt kein objektives Maß für Qualität.Das Deutsche Institut für Normung (DIN) definiert Qualität als die Gesamtheit von Eigen-schaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgesetzter und vorausgesetzter Erfordernisse beziehen. Diese ,,Erfordernisse" werden anhand von ,,Kriterien" festgesetzt und können bei Bedarf verändert werden.."Was Qualität ist, bestimmt der Kunde" (Definition in der Wirtschaft)
QualitätselementeOberbegriff bzw. Überschrift für eine Gruppe von Qualitätskriterien eines lnhaltsbereichs
QualitätsmanagementDieser Begriff verdeutlicht, daß die Entwicklung und Sicherung von ,,Qualität" eine Füh-rungsaufgabe ist und alle Mitarbeiter und Ereignisse in einem Unternehmen betrifft. Die Führungsaufgabe besteht unter anderem darin, Mitarbeiter qualitätsvoll zu behandeln und zur Qualität zu befähigen.
QualitätssicherungBegriff "Qualitätssicherung" umfaßt alle Maßnahmen, die der Beschreibung, Dokumenta-tion, Sicherung und Verbesserung der Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung dienen.
SelbstevaluationWie der Name sagt: lnteressierte Personen oder Institutionen beobachten und bewerten sich selbst.
Sensible SchnittstellenMit dem Begriff "Schnittstellen" werden Ereignisse oder Situationen bezeichnet, in denen eine Begegnung zwischen einem Dienstleistenden und einem Kunden stattfindet. Als "sensibel" gelten Schnittstellen, an denen die Begegnung mit dem Kunden weitreichende Folgen für das Gelingen oder Mißlingen der Dienstleistung nach sich ziehen kann.
SignalsätzeVerbale Mitteilungen einer Person, an denen sich eine typische Einsicht dieser Person, z.B. der Entwicklungsprozess eines Klienten ablesen läßt
Standardisierte DienstleistungEine Dienstleistung ist "standardisiert" zu nennen, wenn sie unabhängig von der ausfüh-renden Person jedesmal in der gleichen Weise abläuft.
StrukturqualitätDie Beschreibung der Strukturqualität umfaßt alle jene Merkmale und Ressourcen,die die Mitarbeiter benötigen, um die für die Arbeitsprozesse festgelegtenQualitätskriterien umsetzen zu können. Dazu bedarf es passender Räume,Personalschlüssel und Personalqualifikationen.
Total Quality Management (TQM)"Total" weist darauf hin, daß alle Bereiche, Hierarchie-Ebenen, Mitarbeiter und die Füh-rung in ihrem Arbeitsleben von Qualitätsbewußtsein durchdrungen sind und nach Quali-tätsverbesserungen streben.
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