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Prüfprozesseignung Berücksichtigung der Messunsicherheit in Prüfprozessen Vorwort Diese Norm entspricht vollinhaltlich dem VDA – Band 5 „Prüfprozesseignung" 2. Vollständig überar‐ beitete Auflage 2010, aktualisiert Juli 2011. Verschiedene Normen und Richtlinien enthalten Forderungen zur Bestimmung und Berücksichtigung der Messunsicherheit. Unternehmen werden diesbezüglich insbesondere bei dem Aufbau und der Zertifizierung ihres Qualitätsmanagementsystems mit vielfältigen Fragestellungen konfrontiert. Die vorliegende Schrift zeigt auf, wie diese vielfältigen Forderungen zu erfüllen sind. Sie entstand in einem Arbeitskreis der Automobil- und Zulieferindustrie und ist für diesen Industriezweig gültig. Die hier beschriebenen Verfahren basieren auf DIN V ENV 13005 „Leitfaden zur Angabe von Unsi‐ cherheiten beim Messen“ (GUM) und DIN EN ISO 14253-1 (Prüfung von Werkstücken und Mess‐ geräten durch Messen - Teil 1: Entscheidungsregeln für die Feststellung von Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit Spezifikationen). Weiter sind die aus der MSA 1) bekannten und weit verbreiteten Verfahren zur Beurteilung und Ab‐ nahme von Messeinrichtungen integriert. Ebenso sind Hinweise zur Validierung von Messsoftware gegeben. Um die Funktion von technischen Systemen zu gewährleisten, ist die Einhaltung vorgegebener To‐ leranzen von Einzelteilen und Baugruppen erforderlich. Die Festlegung der erforderlichen Toleranzen im Konstruktionsprozess hat folgende Aspekte zu berücksichtigen: Die Funktion des Erzeugnisses muss gewährleistet sein. Einzelteile und Baugruppen müssen sich problemlos fügen lassen. Die Toleranzen müssen in wirtschaftlicher Hinsicht so groß wie möglich und im Hinblick auf die Funktionalität so klein wie nötig sein. Die Erweiterte Messunsicherheit ist bei der Statistischen Tolerierung zu berücksichtigen. 1) MSA „Measurement Systems Analysis, Reference Manual 4. Auflage, A.I.A.G. – Chrysler Corp., Ford Motor Co., General Motors Corp., Michigan, USA, 2010“ Konzernnorm VW 10119 Ausgabe 2012-04 Klass.-Nr.: 11005 Schlagwörter: Messen, Prüfen, Messgerät, Prüfgerät, Lehren, Messmittel, Prüfmittel, Messunsicherheit, Prüfprozesseignung, Prüfprozess Norm vor Anwendung auf Aktualität prüfen. Die elektronisch erzeugte Norm ist authentisch und gilt ohne Unterschrift. Seite 1 von 133 Fachverantwortung Normung GQF-M/1 Christian Neukirch Tel.: +49 5361 9-23411 EKDV/4 Norbert Wisla EKDV Tel.: +49 5361 9-48869 Manfred Terlinden Vertraulich. Alle Rechte vorbehalten. Weitergabe oder Vervielfältigung ohne vorherige Zustimmung einer Normenabteilung des Volkswagen Konzerns nicht gestattet. Vertragspartner erhalten die Norm nur über die B2B Lieferantenplattform www.vwgroupsupply.com. © Volkswagen Aktiengesellschaft VWNORM-2011-08f

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Prüfprozesseignung

Berücksichtigung der Messunsicherheit in Prüfprozessen

Vorwort

Diese Norm entspricht vollinhaltlich dem VDA – Band 5 „Prüfprozesseignung" 2. Vollständig überar‐beitete Auflage 2010, aktualisiert Juli 2011. Verschiedene Normen und Richtlinien enthalten Forderungen zur Bestimmung und Berücksichtigungder Messunsicherheit. Unternehmen werden diesbezüglich insbesondere bei dem Aufbau und derZertifizierung ihres Qualitätsmanagementsystems mit vielfältigen Fragestellungen konfrontiert.Die vorliegende Schrift zeigt auf, wie diese vielfältigen Forderungen zu erfüllen sind. Sie entstand ineinem Arbeitskreis der Automobil- und Zulieferindustrie und ist für diesen Industriezweig gültig.Die hier beschriebenen Verfahren basieren auf DIN V ENV 13005 „Leitfaden zur Angabe von Unsi‐cherheiten beim Messen“ (GUM) und DIN EN ISO 14253-1 (Prüfung von Werkstücken und Mess‐geräten durch Messen - Teil 1: Entscheidungsregeln für die Feststellung von Übereinstimmung oderNichtübereinstimmung mit Spezifikationen).Weiter sind die aus der MSA1) bekannten und weit verbreiteten Verfahren zur Beurteilung und Ab‐nahme von Messeinrichtungen integriert. Ebenso sind Hinweise zur Validierung von Messsoftwaregegeben.Um die Funktion von technischen Systemen zu gewährleisten, ist die Einhaltung vorgegebener To‐leranzen von Einzelteilen und Baugruppen erforderlich. Die Festlegung der erforderlichen Toleranzenim Konstruktionsprozess hat folgende Aspekte zu berücksichtigen:– Die Funktion des Erzeugnisses muss gewährleistet sein.– Einzelteile und Baugruppen müssen sich problemlos fügen lassen.– Die Toleranzen müssen in wirtschaftlicher Hinsicht so groß wie möglich und im Hinblick auf die

Funktionalität so klein wie nötig sein.– Die Erweiterte Messunsicherheit ist bei der Statistischen Tolerierung zu berücksichtigen.

1) MSA „Measurement Systems Analysis, Reference Manual 4. Auflage, A.I.A.G. – Chrysler Corp., Ford Motor Co., General Motors Corp.,Michigan, USA, 2010“

Konzernnorm VW 10119Ausgabe 2012-04

Klass.-Nr.: 11005

Schlagwörter: Messen, Prüfen, Messgerät, Prüfgerät, Lehren, Messmittel, Prüfmittel, Messunsicherheit,Prüfprozesseignung, Prüfprozess

Norm vor Anwendung auf Aktualität prüfen.Die elektronisch erzeugte Norm ist authentisch und gilt ohne Unterschrift. Seite 1 von 133Fachverantwortung Normung

GQF-M/1 Christian Neukirch Tel.: +49 5361 9-23411EKDV/4 Norbert Wisla EKDVTel.: +49 5361 9-48869 Manfred Terlinden

Vertraulich. Alle Rechte vorbehalten. Weitergabe oder Vervielfältigung ohne vorherige Zustimmung einer Normenabteilung des Volkswagen Konzerns nicht gestattet.Vertragspartner erhalten die Norm nur über die B2B Lieferantenplattform www.vwgroupsupply.com.© Volkswagen Aktiengesellschaft VWNORM-2011-08f

Im Bereich der Toleranzgrenzen kann auf Grund der Messunsicherheit keine gesicherte Aussageüber die Einhaltung oder Nichteinhaltung der Toleranzen erfolgen. Dies kann zu falschen Bewertun‐gen von Messergebnissen führen. Deshalb sind bereits bei der Planung von Messprozessen sowohldie Messsystem- als auch die Messprozessunsicherheit zu berücksichtigen.Diese Schrift bezieht sich primär auf die Prüfung geometrischer Größen. Ob die aufgezeigte Vorge‐hensweise auch für andere physikalische Messungen geeignet ist, muss im Einzelfall beurteiltwerden.

Frühere Ausgaben

VW 10119: 2003-05, 2005-05

Änderungen

Gegenüber der VW 10119: 2005-05 wurden folgende Änderungen vorgenommen:– Norm grundsätzlich überarbeitet

InhaltSeite

Anwendungsbereich ................................................................................................... 5Begriffe und Definitionen ............................................................................................ 5Allgemeine Begriffe und Definitionen ......................................................................... 5Messunsicherheit [DIN V ENV 13005 ] ...................................................................... 5Standardunsicherheit u(xi) [DIN V ENV 13005 ] (Standardmessunsicherheit bzw.Unsicherheitskomponente) ....................................................................................... 6Unsicherheitsbudget (für eine Messung oder eine Kalibrierung) ............................... 6Kombinierte Standardunsicherheit u(y) [DIN V ENV 13005 ] (KombinierteStandardmessunsicherheit) ...................................................................................... 6Erweiterungsfaktor k [DIN V ENV 13005 ] ................................................................. 6Erweiterte Messunsicherheit (Messunsicherheit) [DIN V ENV 13005 ] ...................... 6Prüfen (Konformitätsbewertung) [DIN EN ISO/IEC 17000] ....................................... 7Konformität [DIN EN ISO 9000] ................................................................................. 7Prüfer (Bediener) [DIN EN ISO/IEC 17024] ............................................................... 7Prüfmerkmal [DIN 55350-12] ..................................................................................... 7Merkmal [ISO/IEC Guide 99] ...................................................................................... 7Merkmalswert (Messwert) γi [DIN 55350-12] ............................................................. 7Messergebnis Y [ISO/IEC Guide 99] .......................................................................... 7Bias / Bi [ISO/IEC Guide 99] ...................................................................................... 7MSA [1] ...................................................................................................................... 8ANOVA ....................................................................................................................... 8Wiederholpräzision (Wiederholbarkeit) [ISO/IEC Guide 99] ...................................... 8Vergleichspräzision (Vergleichbarkeit) [ISO/IEC Guide 99] ....................................... 8Variable Prüfung (Messen) ........................................................................................ 8Attributive Prüfung (Lehren) ....................................................................................... 8Wahrer Wert [ISO/IEC Guide 99] ............................................................................... 8Richtiger Wert [DIN V ENV 13005] ............................................................................ 8Normal [ISO/IEC Guide 99] ........................................................................................ 8Gebrauchsnormal / Einstellnormal, Einstellmeister [ISO/IEC Guide 99] .................... 9Kalibrierung [ISO/IEC Guide 99] ................................................................................ 9

122.12.1.12.1.2

2.1.32.1.4

2.1.52.1.62.1.72.1.82.1.92.1.102.1.112.1.122.1.132.1.142.1.152.1.162.1.172.1.182.1.192.1.202.1.212.1.222.1.232.1.242.1.25

Seite 2VW 10119: 2012-04

Justieren [ISO/IEC Guide 99] ..................................................................................... 9Metrologische (messtechnische) Rückführbarkeit [ISO/IEC Guide 99], [DKD-4].................................................................................................................................... 9Einstellen ................................................................................................................... 9Messgerät [ISO/IEC Guide 99] ................................................................................. 10Messmittel [DIN EN ISO 9000] ................................................................................. 10Auflösung [ISO/IEC Guide 99] ................................................................................. 10Messsystem [ISO/IEC Guide 99] ............................................................................. 10Messsystemeignung ............................................................................................... 10Grenzwert der Messabweichung (Fehlergrenze) MPE [ISO/IEC Guide 99] ............ 10Messprozess [ISO/IEC Guide 99] ............................................................................ 10Messprozesseignung ............................................................................................... 10Messbeständigkeit (Stabilität) [ISO/IEC Guide 99] .................................................. 11Festgelegte Toleranz [DIN ISO 3534-1] .................................................................. 11Verifizierung [ISO/IEC Guide 99] ............................................................................. 11Validierung [ISO/IEC Guide 99] ............................................................................... 11Regelkarte ................................................................................................................ 11Nachweis der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit Toleranzen nachDIN EN ISO 14253-1 [13] ......................................................................................... 12Übereinstimmung ..................................................................................................... 12Übereinstimmungsbereich ...................................................................................... 12Nachweis der Übereinstimmung .............................................................................. 12Nichtübereinstimmung ............................................................................................. 13Nichtübereinstimmungsbereich ............................................................................... 13Nachweis der Nichtübereinstimmung ....................................................................... 13Unsicherheitsbereiche .............................................................................................. 13Allgemeiner Ablauf der Eignung von Messprozessen .............................................. 14Einflüsse auf die Unsicherheit von Messergebnissen .............................................. 14Normal / Bezugsnormal ............................................................................................ 15Messmittel / Messsystem ......................................................................................... 15Umwelt / Umgebung ................................................................................................. 15Mensch / Prüfer / Bediener ...................................................................................... 16Messobjekt / Prüfobjekt ............................................................................................ 16Messmethode / Messverfahren ................................................................................ 16Aufnahmevorrichtung ............................................................................................... 16Auswertemethode .................................................................................................... 16Allgemeines .............................................................................................................. 16Besonderheiten ........................................................................................................ 17Messabweichungen ................................................................................................. 17Langzeitbetrachtungen bei der Eignung von Messprozessen ................................. 20Vergleichbarkeit von gleichen Messsystemen ......................................................... 20Standardunsicherheiten ........................................................................................... 20Methode A (Standardabweichung) ........................................................................... 21Methode A (ANOVA) ................................................................................................ 21Methode B ................................................................................................................ 22Kombinierte Standardunsicherheit ........................................................................... 24Erweiterte Messunsicherheit .................................................................................... 24Berechnung von Eignungskennwerten .................................................................... 25Minimal mögliche Toleranz für Messsysteme / Messprozesse ................................ 28Unsicherheitsbudget ................................................................................................ 29Eignung von Messprozessen und Fähigkeit von Fertigungsprozessen ................... 29Umgang mit nicht geeigneten Messsystemen / -prozessen ..................................... 31

2.1.262.1.27

2.1.282.1.292.1.302.1.312.1.322.1.332.1.342.1.352.1.362.1.372.1.382.1.392.1.402.1.412.2

2.2.12.2.22.2.32.2.42.2.52.2.62.2.733.13.1.13.1.23.1.33.1.43.1.53.1.63.1.73.1.83.23.33.3.13.3.23.3.33.43.4.13.4.23.4.33.53.63.73.83.93.103.11

Seite 3VW 10119: 2012-04

Messmittel / Maßverkörperungen ............................................................................. 31Messobjekte ............................................................................................................. 31Prüfer / Bediener ...................................................................................................... 31Umgebung (Temperatur, Schwingungen usw.) ........................................................ 32Messbeständigkeit (Stabilität) .................................................................................. 32Eignungsnachweis von Messprozessen .................................................................. 32Grundsätzliche Vorgehensweise .............................................................................. 32Eignungsnachweis des Messsystems ...................................................................... 32Auflösung des Messsystems ................................................................................... 36Wiederholbarkeit, Systematische Messabweichung, Linearität ............................... 36Eignungsnachweis des Messprozesses .................................................................. 45Beispiel zur Bestimmung der Unsicherheitskomponenten des Messprozesses.................................................................................................................................. 49Laufende Überprüfung der Messprozesseignung .................................................... 51Allgemeine Überwachung der Messbeständigkeit ................................................... 51Korrektur der Regressionsfunktion ........................................................................... 52Praxisgerechte Ermittlung von typischen Standardunsicherheiten ......................... 53Übersicht typischer Messprozessmodelle ................................................................ 59Spezielle Messprozesse .......................................................................................... 61Messprozess mit kleinen Toleranzen ....................................................................... 61Klassierung .............................................................................................................. 61Validierung von Messsoftware ................................................................................. 62Eignungsnachweis von Attributiven Prüfprozessen ................................................. 63Einleitung ................................................................................................................. 63Quasi-Eignungsnachweis ohne Vorliegen von Referenzwerten .............................. 64Eignungsnachweis bei Vorliegen von Referenzwerten ............................................ 65Bestimmung der Größe des Unsicherheitsbereiches ............................................... 65Laufende Überprüfung ............................................................................................. 68Verzeichnis der Formelzeichen ............................................................................... 70Stichwortverzeichnis ................................................................................................ 74Mitgeltende Unterlagen ............................................................................................ 76Literaturverzeichnis .................................................................................................. 76Statistischer Hintergrund zum Eignungsnachweis von Prüfprozessen .................... 78Formeln zur Berechnung der Regressionsfunktion .................................................. 78ANOVA-Tafeln ......................................................................................................... 79Abschätzung von Standardunsicherheiten durch Temperatureinflüsse ................... 83Unsicherheit mit Korrektur der unterschiedlichen Längenausdehnung .................... 84Unsicherheit ohne Korrektur der unterschiedlichen Längenausdehnung ................ 87Verringerung der Messunsicherheit durch Wiederholmessungen mitMittelwertbildung ..................................................................................................... 90k-Faktoren ................................................................................................................ 92Arbeitspunkt(e) einstellen ......................................................................................... 93Arbeitspunkt mit einem kalibrierten Normal einstellen ............................................. 93Arbeitspunkte mit zwei kalibrierten Normalen einstellen ......................................... 93Beispielrechnungen .................................................................................................. 95Messprozesseignung mit drei Bezugsnormalen ...................................................... 95Messprozesseignung mit D-optimalem Plan ............................................................ 99Messprozesseignung eines KMG .......................................................................... 102Messprozesseignung einer automatisierten Prüfvorrichtung ................................. 105Messprozesseignung eines Mehrstellenmessgerätes ........................................... 109Optimierung eines Messprozesses ........................................................................ 114Temperaturkompensation ...................................................................................... 127

3.11.13.11.23.11.33.11.43.11.544.14.24.2.14.2.24.34.3.1

55.15.266.177.17.27.388.18.28.38.3.18.3.29101112Anhang AA.1A.2Anhang BB.1B.2Anhang C

Anhang DAnhang EE.1E.2Anhang FF.1F.2F.3F.4F.5F.6F.7

Seite 4VW 10119: 2012-04

Berechnung der Standardunsicherheit uT ohne Korrektur der unterschiedlichenLängenausdehnung ............................................................................................... 127Berechnung der Standardunsicherheit uT mit Korrektur der unterschiedlichenLängenausdehnung ............................................................................................... 128Attributive Prüfung ohne Referenzwerte ................................................................ 129Attributive Prüfung mit Referenzwerte ................................................................... 131

F.7.1

F.7.2

F.8F.9

Anwendungsbereich

Diese Norm gilt für den VOLKSWAGEN - Konzern und beschreibt praxisnahe Vorgehensweisen:– zur Beurteilung der Verwendbarkeit von Prüfmitteln– für den Nachweis der Eignung von Prüfprozessen und Empfehlungen für Grenzwerte.– für die Berücksichtigung der Messunsicherheit bei der Bewertung des Messergebnisses bezüg‐

lich Übereinstimmung oder Nicht-Übereinstimmung mit vorgegebener Toleranz.Diese Norm liefert einen Beitrag, um das Vertrauen in Messergebnisse zu erfüllen und deren Ver‐gleichbarkeit zu verbessern.Der Anwendungsbereich wird zunächst auf die Überwachung von geometrischen Prüfmerkmalenbegrenzt. Im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems ist festzulegen, für welche Merkmale dieNorm anzuwenden ist.

Begriffe und Definitionen

Allgemeine Begriffe und Definitionen

Für die Anwendung dieser Schrift sind im Folgenden die wichtigsten Begriffe definiert. Darüber hinausgelten die Begriffe und Definitionen nach ISO 3534-1, DIN EN ISO 10012, ISO/IEC GUI‐DE 99 „Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM)“, DIN V ENV 13005 (GUM),DIN EN ISO 14253-1, DIN 1319-1, DIN 1319-2 und DIN 1319-3.Die meisten der folgenden Begriffe sind Normen (siehe jeweilige Literaturangabe) entnommen. Füreinige Begriffe wird häufig umgangssprachlich eine andere Bezeichnung verwendet. Diese Begriffesind in Klammern ergänzt und kommen an mehreren Stellen im Text zum Tragen.

Messunsicherheit [DIN V ENV 13005 ]

Dem Messergebnis zugeordneter Parameter, der die Streuung der Werte kennzeichnet, die vernünf‐tigerweise der Messgröße zugeordnet werden könnte.ANMERKUNG 1 Der Parameter kann beispielsweise eine Standardabweichung (oder ein ge‐

gebenes Vielfaches davon), oder die halbe Weite eines Bereiches sein, derein festgelegtes Vertrauensniveau hat.

ANMERKUNG 2 Die Messunsicherheit enthält im Allgemeinen viele Komponenten. Einige die‐ser Komponenten können aus der statistischen Verteilung der Ergebnisseeiner Messreihe ermittelt und durch empirische Standardabweichungen ge‐kennzeichnet werden. Die anderen Komponenten, die ebenfalls durch Stan‐dardabweichungen charakterisiert werden können, werden aus angenom‐menen Wahrscheinlichkeitsverteilungen ermittelt, die sich auf Erfahrung oderandere Informationen gründen.

1

2

2.1

2.1.1

Seite 5VW 10119: 2012-04

ANMERKUNG 3 Es wird vorausgesetzt, dass das Messergebnis der beste Schätzwert für den

Wert der Messgröße ist, und dass alle Komponenten der Unsicherheit zurStreuung beitragen, eingeschlossen diejenigen, welche von systematischenEinwirkungen herrühren, z. B. solche, die von Korrektion und Bezugsnorma‐len stammen.

Standardunsicherheit u(xi) [DIN V ENV 13005 ] (Standardmessunsicherheit bzw. Unsi‐cherheitskomponente)

Als Standardabweichung ausgedrückte Unsicherheit des Ergebnisses einer Messung.

Unsicherheitsbudget (für eine Messung oder eine Kalibrierung)

Eine Tabelle (siehe Tabelle 4), die die Ergebnisse der Schätzungen bzw. der statistischen Auswer‐tungen der zur Unsicherheit eines Messergebnisses beitragenden Unsicherheitskomponenten zu‐sammenfasst.ANMERKUNG 1 Die Unsicherheit eines Messergebnisses ist nur dann eindeutig, wenn das

Messverfahren (einschließlich Prüfgegenstand, Messgröße, Messmethodeund Messbedingungen) definiert ist.

ANMERKUNG 2 Die Benennung „Budget“ wird für die Zuordnung von Zahlenwerten zu denUnsicherheitskomponenten, deren Kombination und Erweiterung basierendauf dem Messverfahren, den Messbedingungen und -annahmen, verwendet.

Kombinierte Standardunsicherheit u(y) [DIN V ENV 13005 ] (Kombinierte Standardmes‐sunsicherheit)

Standardunsicherheit eines Messergebnisses, wenn dieses Ergebnis aus den Werten einer Anzahlanderer Größen gewonnen wird. Sie ist gleich der positiven Quadratwurzel einer Summe von Glie‐dern, wobei die Glieder Varianzen oder Kovarianzen dieser anderen Größen sind, gewichtet danach,wie das Messergebnis mit Änderung dieser Größen variiert.

Erweiterungsfaktor k [DIN V ENV 13005 ]

Ein Zahlenfaktor (siehe Tabelle 3 und Anhang D), mit dem die Kombinierte Standardunsicherheitmultipliziert wird, um eine Erweiterte Messunsicherheit zu erhalten.

UMS bzw. UMP = k × u (y) (1)

Erweiterte Messunsicherheit (Messunsicherheit) [DIN V ENV 13005 ]

Kennwert, der einen Bereich um das Messergebnis kennzeichnet, von dem erwartet werden kann,dass er einen großen Anteil der Verteilung der Werte umfasst, die der Messgröße vernünftigerweisezugeordnet werden könnten.ANMERKUNG 1 Der Anteil kann als Überdeckungswahrscheinlichkeit oder Vertrauensniveau

des Bereiches angesehen werden.

ANMERKUNG 2 Um dem, durch die Erweiterte Messunsicherheit, gekennzeichneten Bereichein spezielles Vertrauensniveau zuzuordnen, sind explizite oder implizite

2.1.2

2.1.3

2.1.4

2.1.5

2.1.6

Seite 6VW 10119: 2012-04

Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung erforderlich, die durch dasMessergebnis und die kombinierte Standardunsicherheit charakterisiert wird.Das Vertrauensniveau, das diesem Bereich zugeordnet werden kann, kannnur in dem Maße bekannt sein, wie solche Annahmen gerechtfertigt sind.

Hinweis: In der GUM bzw. in der DIN EN ISO 14253-1 wird für die Erweiterte Messun‐sicherheit das Formelzeichen U verwendet. In neuen Normen z. B.DIN ISO 3534-2 „Statistik - Begriffe und Formelzeichen - Teil 2: AngewandteStatistik “ ist die obere Toleranzgrenze mit U bezeichnet. Um Verwechslun‐gen zu vermeiden, wurde in diesem Dokument die Erweiterte Messunsicher‐heit mit UMS abgekürzt, wenn es sich um das Messsystem und mit UMP, wennes sich um den Messprozess handelt.

Prüfen (Konformitätsbewertung) [DIN EN ISO/IEC 17000]

Ermittlung eines oder mehrerer Merkmale an einem Gegenstand der Konformitätsbewertung nacheinem Verfahren.

Konformität [DIN EN ISO 9000]

Erfüllung einer Anforderung.

Prüfer (Bediener) [DIN EN ISO/IEC 17024]

Person mit relevanten fachlichen und persönlichen Qualifikationen, die fähig ist, eine Prüfung durch‐zuführen und das Ergebnis zu beurteilen.

Prüfmerkmal [DIN 55350-12]

Merkmal, anhand dessen eine Prüfung durchgeführt wird.

Merkmal [ISO/IEC Guide 99]

Kennzeichnende Eigenschaft

Merkmalswert (Messwert) γi [DIN 55350-12]

Der Erscheinungsform des Merkmals zugeordneter Wert.

Messergebnis Y [ISO/IEC Guide 99]

Menge von Größenwerten, die einer Messgröße zugewiesen sind, zusammen mit jeglicher verfüg‐barer relevanten Information.ANMERKUNG Ein Messergebnis wird in Allgemeinen als ein einziger Messwert und eine

Messunsicherheit ausgedrückt Υ = γj ± UMP. Wird die Messunsicherheit füreigene Zwecke als vernachlässigbar angesehen, kann das Messergebnis alsein einziger Messwert ausgedrückt werden. In vielen Bereichen ist dies dieübliche Art, ein Messergebnis auszudrücken.

Bias / Bi [ISO/IEC Guide 99]

Schätzwert einer systematischen Messabweichung.

2.1.7

2.1.8

2.1.9

2.1.10

2.1.11

2.1.12

2.1.13

2.1.14

Seite 7VW 10119: 2012-04

MSA [1]

MSA steht für Measurement System Analysis. Dabei handelt es sich um einen Leitfaden aus derQS-9000 zur Beurteilung und Abnahme von Messeinrichtungen.

ANOVA

Bei der ANOVA (Analysis of Variance) handelt es sich um eine mathematische Methode zur Bestim‐mung von Varianzen anhand derer Standardunsicherheiten geschätzt werden können.

Wiederholpräzision (Wiederholbarkeit) [ISO/IEC Guide 99]

Messpräzision bei einer Menge von Wiederholbedingungen von Messungen.

Vergleichspräzision (Vergleichbarkeit) [ISO/IEC Guide 99]

Messpräzision bei einer Menge von Vergleichsbedingungen.

Variable Prüfung (Messen)

Ermittlung eines speziellen Wertes einer Messgröße als Vielfaches oder Teil einer Einheit oder einesvereinbarten Bezugssystems. Beim Messen wird ein quantitativer Vergleich der Messgröße mit derBezugsgröße mittels eines Messgerätes oder einer Messeinrichtung angestellt.

Attributive Prüfung (Lehren)

Vergleichen des Prüfobjektes mit einer Lehre und Feststellen, ob dabei eine vorgeschriebene Grenzeüberschritten wird. Die tatsächlich vorhandene Abweichung der geprüften Größe vom Nennmaß wirddabei nicht ermittelt.

Wahrer Wert [ISO/IEC Guide 99]

Wert, der mit der Definition einer betrachteten speziellen Größe übereinstimmt.ANMERKUNG 1 Diesen Wert würde man bei einer idealen Messung erhalten.

ANMERKUNG 2 Wahre Werte sind von Natur aus nicht ermittelbar.

Richtiger Wert [DIN V ENV 13005]

Durch Vereinbarung anerkannter Wert, der einer betrachteten speziellen Größe zugeordnet wird, undder mit einer dem jeweiligen Zweck angemessenen Unsicherheit behaftet ist.ANMERKUNG 1 Ein richtiger Wert wird gelegentlich zugewiesener Wert, bester Schätzwert,

vereinbarter Wert oder Referenzwert genannt.

ANMERKUNG 2 Um einen richtigen Wert festzulegen, werden oft zahlreiche Messergebnisseausgewertet.

Normal [ISO/IEC Guide 99]

Realisierung der Definition einer Größe, mit angegebenem Größenwert und beigeordneter Messun‐sicherheit, benutzt als Referenz.

2.1.15

2.1.16

2.1.17

2.1.18

2.1.19

2.1.20

2.1.21

2.1.22

2.1.23

Seite 8VW 10119: 2012-04

Gebrauchsnormal / Einstellnormal, Einstellmeister [ISO/IEC Guide 99]

Normal, das routinemäßig benutzt wird, um Messgeräte oder Messsysteme zu kalibrieren oder zuverifizieren.

Kalibrierung [ISO/IEC Guide 99]

Tätigkeit, die unter festgelegten Bedingungen in einem ersten Schritt eine Beziehung zwischen dendurch Normale zur Verfügung gestellten Größenwerten mit ihren Messunsicherheiten und den ent‐sprechenden Anzeigen mit ihren beigeordneten Messunsicherheiten herstellt und in einem zweitenSchritt diese Information verwendet, um eine Beziehung herzustellen, mit deren Hilfe ein Messer‐gebnis aus einer Anzeige erhalten wird.ANMERKUNG Kalibrierung sollte nicht mit Justierung eines Messsystems verwechselt

werden, das oft fälschlicherweise „Selbst-Kalibrierung“ genannt wird.

Hinweis: Vergleichsmessung zwischen einem genaueren Kalibriergerät und dem Ka‐libriergegenstand unter definierten Bedingungen zum Feststellen der syste‐matischen Abweichungen.

Justieren [ISO/IEC Guide 99]

Reihe von Tätigkeiten, die an einem Messsystem ausgeführt werden, sodass dieses festgelegte An‐zeigen liefert, die Werten einer zu messenden Größe entsprechen.ANMERKUNG 1 Justierung eines Messsystems sollte nicht mit Kalibrierung verwechselt

werden, die eine Voraussetzung für Justierung ist.

ANMERKUNG 2 Nach der Justierung eines Messsystems muss das Messsystem für gewöhn‐lich neu kalibriert werden.

Hinweis: Beseitigen der beim Kalibrieren festgestellten systematischen Abweichungendes Kalibriergegenstandes. Justieren umfasst alle erforderlichen Maßnah‐men, mit denen erreicht wird, dass die Abweichung der Anzeige minimiertwird.

Metrologische (messtechnische) Rückführbarkeit [ISO/IEC Guide 99], [DKD-42)]

Eigenschaft eines Messergebnisses, wobei das Ergebnis durch eine dokumentierte, ununterbroche‐ne Kette von Kalibrierungen, von denen jede zur Messunsicherheit beiträgt, auf eine Referenz be‐zogen werden kann.

Einstellen

Einstellen ist das Verstellen von Messsystemen auf ein Maß mit Bezug auf Maßverkörperungen.Wenn hierbei eine Null-Anzeige angestrebt wird, spricht man von einer Null-Einstellung (Nullen).Hinweis: Beim Einstellen wird der kalibrierte Istwerte des Einstellnormals (Maßverkör‐

perung) unter realen Einsatzbedingungen auf das Messgerät übertragen; eswird die Betriebsbereitschaft durch den Anwender vor Ort hergestellt. Das Justieren dient zur Minimierung von systematischen Abweichungen.

2.1.24

2.1.25

2.1.26

2.1.27

2.1.28

2) DKD-4 „Rückführung von Mess- und Prüfmitteln auf nationale Normale. DKD bei der PTB, Braunschweig, 1998“.

Seite 9VW 10119: 2012-04

Messgerät [ISO/IEC Guide 99]

Gerät, das allein oder in Verbindung mit zusätzlichen Einrichtungen für die Durchführung von Mes‐sungen verwendet wird.ANMERKUNG 1 Ein Messgerät, das alleine benutzt werden kann, ist ein Messsystem.

ANMERKUNG 2 Ein Messgerät kann ein anzeigendes Messgerät oder eine Maßverkörperung

sein.

Messmittel [DIN EN ISO 9000]

Messgerät, Software, Messnormal, Referenzmaterial oder apparative Hilfsmittel oder eine Kombi‐nation davon, wie sie zur Realisierung eines Messprozesses erforderlich sind.

Auflösung [ISO/IEC Guide 99]

Kleinste Änderung einer Messgröße, die in der entsprechenden Anzeige eine merkliche Änderungverursacht.

Messsystem [ISO/IEC Guide 99]

Kombination aus Messgeräten und oft anderen Geräten sowie bei Bedarf Reagenzien und Versor‐gungseinrichtungen, die so angeordnet und angepasst sind, dass sie Informationen liefern, umMesswerte innerhalb bestimmter Intervalle für Größen bestimmter Arten zu erhalten.

Messsystemeignung

Eignung des Messsystems für eine vorgesehene Prüfaufgabe unter ausschließlicher Berücksichti‐gung von Genauigkeitsanforderungen (Messunsicherheit UMS). siehe Abschnitt 3.7.

Grenzwert der Messabweichung (Fehlergrenze) MPE [ISO/IEC Guide 99]

Extremwert einer Messabweichung in Bezug auf einen bekannten Referenzwert; durch Spezifikatio‐nen oder Vorschriften zugelassen für eine Messung, ein Messgerät oder ein MesssystemANMERKUNG Gewöhnlich werden die Benennungen „Grenzwerte für Messabweichun‐

gen“ oder "Fehlergrenzen" verwendet, wenn es zwei Extremwerte gibt.

Messprozess [ISO/IEC Guide 99]

Zusammenspiel untereinander zusammenhängender Betriebsmittel, Aktivitäten und Einflüsse, dieeine Messung erzeugen.ANMERKUNG Betriebsmittel können von menschlicher oder materieller Natur sein.

Messprozesseignung

Eignung des Messprozesses für eine vorgesehene Prüfaufgabe unter ausschließlicher Berücksich‐tigung von Genauigkeitsanforderungen (Erweiterte Messunsicherheit UMP) siehe Abschnitt 3.6.

Hinweis: In der Regel ist der Eignungsnachweis für das Messsystem bzw. den -pro‐zess eine Kurzzeitbetrachtung. Insbesondere bei neuen Messsystemen bzw.-prozessen sollte die Messbeständigkeit in einen signifikanten Zeitraum er‐mittelt und beim Eignungsnachweis berücksichtigt werden.

2.1.29

2.1.30

2.1.31

2.1.32

2.1.33

2.1.34

2.1.35

2.1.36

Seite 10VW 10119: 2012-04

Messbeständigkeit (Stabilität) [ISO/IEC Guide 99]

Eigenschaft eines Messgeräts, entsprechend der seine metrologischen Eigenschaften zeitlich kon‐stant bleiben.ANMERKUNG Messbeständigkeit kann auf verschiedene Weise quantifiziert werden als:

Beispiel 1: Dauer eines Zeitintervalls, über das eine metrologische Eigenschaft sich um

einen vorgegebenen Betrag verändert.

Beispiel 2: Änderung einer Eigenschaft über ein vorgegebenes Zeitintervall.

Hinweis: Die Überprüfung der Messbeständigkeit ist anhand einer fortlaufende Über‐wachung der Messprozesseignung (siehe Abschnitt 5) nachzuweisen.

Festgelegte Toleranz [DIN ISO 3534-1]

Differenz zwischen Höchstwert U und Mindestwert L.

Verifizierung [ISO/IEC Guide 99]

Erbringung eines objektiven Nachweises, dass eine Betrachtungseinheit die spezifizierten Anforde‐rungen erfüllt.Beispiel 1: Bestätigung, dass ein Referenzmaterial wie gefordert für den Größenwert

und das betreffende Messverfahren homogen ist, bis hinunter zu einer Mess‐probe mit einer Masse von 10 mg.

Beispiel 2: Bestätigung, dass ein Höchstwert der Messunsicherheit eingehalten werdenkann.

Validierung [ISO/IEC Guide 99]

Verifizierung, wobei die spezifizierten Anforderungen für den beabsichtigten Zweck angemessensind.Beispiel 1: Ein Messprozess ist aufgrund seiner Auslegung in der Lage „Durchmesser“

ausreichend genau zu ermitteln. Durch die Validierung wird sichergestellt,dass der Messprozess für die vorgegebene Größe des Durchmessers (z. B.Nennmaß) und die geforderte Toleranz geeignet ist.

Beispiel 2: s. Abschnitt 7.3.

Regelkarte

Eine Regelkarte oder auch Qualitätsregelkarte bzw. kurz QRK genannt, wird zur Statistischen Pro‐zessregelungen eingesetzt. Eine QRK besteht in der Regel aus einer Lage- und einer Streuungsspurmit vorgegeben Eingriffsgrenzen. In die QRK werden dabei in die jeweilige Spur z. B. die Stichpro‐benmittelwerte und -standardabweichungen eingetragen.

2.1.37

2.1.38

2.1.39

2.1.40

2.1.41

Seite 11VW 10119: 2012-04

Nachweis der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit Toleranzen nachDIN EN ISO 14253-1 [13]

Dieser Teil von DIN EN ISO 14253-1 legt Regeln für die Entscheidung der Übereinstimmung oderNichtübereinstimmung eines bestimmten Werkstückes oder Messgerätes mit einer vorgegebenenToleranz (für ein Werkstück) oder Grenzabweichungen (für ein Messgerät) unter Berücksichtigungder Messunsicherheit fest.Außerdem behandelt DIN EN ISO 14253-1 eine Verfahrensweise für die Fälle, für die keine klareEntscheidung (Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit der Spezifikation) getroffen werdenkann, d. h., wenn die Messergebnisse in den Unsicherheitsbereich fallen, der um die Toleranzgren‐zen herum existiert (siehe Bild 1).

Bild 1 – Unsicherheitsbereiche und Bereiche der Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung

Übereinstimmung

Erfüllung festgelegter Forderungen.

Übereinstimmungsbereich

Toleranz, verringert um die Erweiterte Messunsicherheit UMP (siehe Bild 1).

ANMERKUNG Die Toleranz muss an der oberen und an der unteren Toleranzgrenze um dieErweiterte Messunsicherheit UMP verringert werden. Bei einseitig toleriertenMerkmalen gilt dies nicht an der natürlichen Grenze.

Nachweis der Übereinstimmung

Liegt das Messergebnis Y (Messwert yi einschließlich der Erweiterten Messunsicherheit UMP) inner‐halb der Toleranz, ist die Übereinstimmung mit der Toleranz nachgewiesen und das Produkt kannangenommen werden).

2.2

2.2.1

2.2.2

2.2.3

Seite 12VW 10119: 2012-04

Bild 2 – Nachweis der Übereinstimmung mit der Toleranz

Nichtübereinstimmung

Nichterfüllung festgelegter Forderungen.

Nichtübereinstimmungsbereich

Bereich außerhalb der Toleranz, erweitert um die Erweiterte Messunsicherheit UMP (siehe Bild 3).

ANMERKUNG Die Toleranz muss an der oberen und unteren Toleranzgrenze um die Er‐weiterte Messunsicherheit UMP vergrößert werden. Bei einseitig toleriertenMerkmalen gilt dies nicht an der natürlichen Grenze.

Nachweis der Nichtübereinstimmung

Die Nichtübereinstimmung mit der Toleranz ist nachgewiesen, wenn das Messergebnis Y (Messwertyi einschließlich der Erweiterten Messunsicherheit UMP) außerhalb der Toleranz liegt (siehe Bild 1).Das Werkstück muss in diesem Fall zurückgewiesen werden.

Bild 3 – Nachweis der Nichtübereinstimmung mit der Toleranz

Unsicherheitsbereiche

Bereiche in der Nähe der Toleranzgrenzen, für die aufgrund der Messunsicherheit weder Überein‐stimmung noch Nichtübereinstimmung eindeutig nachgewiesen werden kann (siehe Bild 1). Wennein Messergebnis Y (Messwert yi einschließlich der Erweiterten Messunsicherheit UMP) eine der

2.2.4

2.2.5

2.2.6

2.2.7

Seite 13VW 10119: 2012-04

Toleranzgrenzen beinhaltet kann weder die Übereinstimmung bzw. die Nicht-Übereinstimmung ein‐deutig nachgewiesen werden (siehe Bild 4).ANMERKUNG 1 Die Bereiche der Unsicherheit liegen symmetrisch zu den Toleranzgrenzen.

ANMERKUNG 2 In diesem Fall können Werkstücke nicht automatisch angenommen oder zu‐

rückgewiesen werden. Für diese Situation gibt es die folgenden möglichenLösungen:

Verringerung der Messunsicherheit und dadurch Verkleinerung des Unsicherheitsbereiches, um eineeindeutige Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung nachzuweisen. Vereinbarungen zwischen Abnehmern und Herstellern:

Bild 4 – Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung mit der Toleranz kann nicht nachgewiesenwerden

Allgemeiner Ablauf der Eignung von Messprozessen

Bei Prüfungen zur Serienüberwachung und bei Konformitätsprüfungen ist sicherzustellen, dassMerkmale in Bezug auf die Toleranz als „in Ordnung“ (innerhalb er Spezifikationsgrenzen) bzw. „nichtin Ordnung“ (außerhalb der Spezifikationsgrenzen) richtig und sicher erkannt werden. Es ist zu be‐achten, dass neben den Abweichungen der Messwerte, die durch Fertigungsprozessstreuungen be‐dingt sind, auch Abweichungen zu berücksichtigen sind, die durch den Messprozess verursachtwerden. Abweichungen, die auf den Messprozess zurückzuführen sind, machen die Messergebnisseund damit die Prüfentscheidung unsicher. Sie müssen bekannt sein und dürfen nur bis zu einemangemessenen Verhältnis zur Prüftoleranz akzeptiert werden.

Einflüsse auf die Unsicherheit von Messergebnissen

Die Einflüsse, die durch Messsysteme, Bediener, die Messobjekte, die Umwelt usw. verursachtwerden, wirken sich meistens als zufällige Abweichungen auf das Messergebnis (siehe Bild 5) aus.

3

3.1

Seite 14VW 10119: 2012-04

Bild 5 – Wichtige Einflüsse auf die Unsicherheit von Messergebnissen

Im Folgenden werden immer wiederkehrende und dominierende Einflusskomponenten exemplarischaufgeführt, die in Abschnitt 4 und Tabelle 13 detailliert beschrieben werden.

Normal / Bezugsnormal

Je nach Qualität des Normals kann diese erheblich zur Unsicherheit des Messergebnisses beitragen.Die Unsicherheit ist i. d. R. dem Kalibrierschein zu entnehmen. Auf jeden Fall muss die Rückführ‐barkeit nachgewiesen sein.

Messmittel / Messsystem

Wichtige Einflusskomponenten, die hauptsächlich von dem Messsystem herrühren, sind z. B.:– Auflösung– Bezugsnormal– Einstellvorgang am / bzw. an den Arbeitspunkten– Linearitätsabweichung / Systematische Messabweichung– Wiederholpräzision

Umwelt / Umgebung

Wichtige Einflusskomponenten der Umgebung auf den Messprozess sind z. B.:– Temperatur– Beleuchtung– Schwingung– Verschmutzung– Luftfeuchtigkeit

3.1.1

3.1.2

3.1.3

Seite 15VW 10119: 2012-04

Besonders hervorzuheben sind bei den Umgebungsbedingungen die Auswirkungen von Tempera‐turschwankungen auf Messobjekt, Messsystem und Aufspannvorrichtung. Dies führt bei Längen‐messungen dazu, dass man bei verschiedenen Temperaturen unterschiedliche Messergebnisse er‐hält.In Tabelle 10 und im Anhang B sind Vorschläge zur Ermittlung der Standardunsicherheit aus Tem‐peratureinflüssen beinhaltet.

Mensch / Prüfer / Bediener

Einflüsse der Bediener auf die Unsicherheit von Messergebnissen resultieren aus den unterschied‐lichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Prüfer bei der Durchführung der Messung:– Unterschiedliche Messkräfte– Ablesefehler aufgrund von Parallaxen– Physische und psychische Konstitution der Prüfer– Qualifikation, Motivation und Sorgfalt

Messobjekt / Prüfobjekt

Einflüsse der Prüfobjekte werden erkennbar, wenn beispielsweise das gleiche Merkmal an verschie‐denen Stellen des Prüfobjektes gemessen wird.Sie resultieren z. B. aus:– Gestaltabweichungen (Form- und Oberflächenabweichungen)– Werkstoffeigenschaften (z. B. Elastizität)– Mangelnder Eigenstabilität

Messmethode / Messverfahren

Die Art und Weise wie eine Messung durchgeführt oder welche Messstrategie gewählt wird, habenEinfluss auf das Messergebnis. Auch die verwendeten mathematischen Verfahren zur Ermittlung desMesswertes beeinflussen das Ergebnis.

Aufnahmevorrichtung

Sind Messgeräte in Vorrichtungen eingebaut, können diese ebenfalls das Messergebnis beeinflus‐sen.

Auswertemethode

Die bei der Auswertung der Messwerte verwendeten mathematischen und statistischen Verfahren(z. B. Ausreißereliminierung oder Filterung), können das Ergebnis beeinflussen.

Allgemeines

Die Bewertung von Messprozessen und die Berücksichtigung der Messunsicherheit geschieht ge‐mäß der folgenden tabellarischen Darstellung (Tabelle 1).

3.1.4

3.1.5

3.1.6

3.1.7

3.1.8

3.2

Seite 16VW 10119: 2012-04

Tabelle 1 – Allgemeiner Ablauf zum Nachweis der Eignung von Messprozessen

Eingangsinformation Beschreibung Ergebnis

Angaben zum Messsystem,ggf. Prüfmerkmal und zu den

Normalen(Referenzmaterialien)

ErweiterteMessunsicherheit UMS

Eignungskennwert QMS

(siehe Abschnitt 4.2)

Nachweis derMesssystemeignung

Angaben zum Messprozessund Prüfmerkmal, incl. allerzu berücksichtigenden Unsi‐

cherheitskomponenten

ErweiterteMessunsicherheit UMP

Eignungskennwert QMP

(siehe Abschnitt 4.3)

Nachweis derMessprozesseignung

Angaben zum Prüfmerkmalund die zugehörige Erweiter‐

te Messunsicherheit UMP

Bereich der Übereinstimmungbzw. Nichtübereinstimmung(siehe DIN EN ISO 14253-1)

Konformitätsbewertung

mit der ErweitertenMessunsicherheit

Angaben aus Messsystem,Messprozess und zum Prüf‐

merkmal

Regelkarte mit berechneten Ein‐

griffsgrenzen(siehe Abschnitt 5)

Laufende Überprüfung derMessprozesseignung

Die Messsystemeignung berücksichtigt keine Einflüsse, die auf Bediener, Messobjekt oder Umweltzurückzuführen sind.Für den Nachweis der Messprozesseignung sind alle relevanten Unsicherheitseinflüsse, die auf dasMessergebnis wirken, zu berücksichtigen. Weiter müssen sowohl für die Beurteilung der Messsys‐temeignung als auch für den Nachweis der Messprozesseignung die Merkmalstoleranzen bekanntsein.Für den Nachweis der Messprozesseignung wird die Erweiterte Messunsicherheit UMP ermittelt undals Beurteilungskriterium der Eignungskennwert QMP herangezogen. Der Wert der Erweiterten Mes‐sunsicherheit UMP steht für eine Berücksichtigung im Rahmen von Konformitätsentscheidungen nachDIN EN ISO 14253-1 zur Verfügung.Der Nachweis der Messbeständigkeit erfolgt durch eine fortlaufende Überwachung und soll Lang‐zeiteinflüsse sichtbar machen. Die einzelnen Verfahren werden in den nachfolgenden Abschnittenbeschrieben.

Besonderheiten

Messabweichungen

Die Messabweichungen bei einem Messprozess setzen sich aus bekannten und unbekannten Mess‐abweichungen einer Anzahl von unterschiedlichen Quellen oder Verursachern zusammen. NachDIN 1319-1: 1995-01 von 1995 wurde der traditionelle Begriff „Messfehler” durch den Begriff „Mess‐abweichung“ bzw. seine Kurzform „Abweichung“ ersetzt. Bei Messgeräten oder Messsystemenwerden die in verschiedenen Spezifikationen oder Richtlinien (z. B. VDI/VDE/DGQ 2618 BLATT 9.1) vereinbarten oder vorgeschriebenen und zulässigen systematischen Abwei‐chungen auch weiterhin als „Gerätefehler“ bzw. Fehlergrenzen bezeichnet.

3.3

3.3.1

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Legende1 Ausreißer2 Verteilung 1 zufällige Abweichung3 Verteilung 2 zufällige Abweichung

4 Systematische Messabweichung 15 Systematische Messabweichung 26 Wahrer Wert

Bild 6 – Messabweichungen bei Messergebnissen aus [DIN EN ISO 14253-1]

Messergebnisse können unterschiedliche Arten von Messabweichungen (siehe Bild 6) aufweisen:

zufällige Messabweichungen

Zufällige Messabweichungen werden von nicht beherrschten, zufälligen Einflussgrößen verursacht.Diese können durch die Standardabweichung und die Art der Verteilung beschrieben werden (sieheVerteilung 1 und 2 in Bild 6).

Systematische Messabweichungen (bekannte, unbekannte)

Systematische Messabweichungen (siehe Abschnitt 4.2.2) können durch Größe und Vorzeichen (+oder –) beschrieben werden:

Bi = yi – wahrer Wert (6) siehe Bild 6

Die Differenz zwischen dem Refernzwert eines Normals und dem Mittelwert der gemessenen Wertewird oft als eine Grundlage für die Ermittlung der Systematischen Messabweichung angesehen:

Bi = |x̄g - xm|

Legendex̄g Arithmetischer Mittelwert der gemessenen Wertexm Referenzwert des Normals

(2)

3.3.1.1

3.3.1.2

Seite 18VW 10119: 2012-04

Wenn Messabweichungen als nicht systematisch betrachtet werden, dann deshalb, weil der Grundfür die Messabweichung aus wirtschaftlichen oder Komplexitätsgründen nicht gesucht wurde oderdie Auflösung nicht ausreichend ist (z. B. %RE größer 5 % der Toleranz; siehe Abschnitt 4.2.1).Hinweis: Damit wird der Bias nicht als eine Konstante sondern als Zufallsvariable an‐

gesehen.

Messgerätedrift

Die Messgerätedrift wird durch einen systematischen Einfluss nicht beherrschbarer Einflussgrößenverursacht. Messgerätedrift ist oft ein Zeit- oder Abnutzungseffekt. Die Messgerätedrift kann durchdie Änderung je Zeiteinheit oder je Nutzungshäufigkeit beschrieben werden. Zeitliche Messgeräte‐drifts sind vor dem ersten Einsatz des Messgerätes mittels eines „Langzeitversuchs“ (ggf. über meh‐rere Tage hinweg) zu erfassen und für den Serieneinsatz zu berücksichtigen (z. B. „Messgerät mussvor Gebrauch 20 min eingeschaltet sein!“). Messgerätedrifts aufgrund Abnutzungseffekte sind ggf.mittels Messbeständigkeitsuntersuchung (z. B. Regelkarte) zu bewerten.

Ausreißer

Ausreißer werden durch nicht wiederholbare Vorfälle bei der Messung verursacht. Sie können durchStörungen – elektrischer oder mechanischer Art (z. B. Spannungsspitzen, Schwingungen) – verur‐sacht werden. Ein häufiger Grund für das Auftreten von Ausreißern sind Unzulänglichkeiten, wie dasfehlerhafte Ablesen, Aufzeichnen oder der falsche Umgang mit Messeinrichtungen durch das Per‐sonal. Ausreißer können nicht im Voraus beschrieben werden. Sie können aber im Rahmen desMessversuchs auftreten.Hinweis 1: Die häufig angewandten Methoden der Messmittelfähigkeit berücksichtigen

die Systematischen Messabweichungen mit Bezug zu einem Normal, dasden wahren Wert verkörpert. In vielen Fällen sind jedoch die eingesetztenNormale in der Fertigung (Gebrauchsnormale) nicht baugleich zu den Prüf‐lingen, die in der Serienproduktion gemessen werden. Dadurch kann es vor‐kommen, dass es zu nicht erwarteten Messabweichungen kommen kann. Umsicherzustellen, dass diese Abweichungen hinreichend klein sind, sollten (z.B. vor einer Freigabe) repräsentative, einzelne Prüflinge mit einem höher‐wertigen Messverfahren gemessen werden. Anschließend sind die Ergeb‐nisse zu vergleichen und zu bewerten. Dabei ist auf die Vergleichbarkeit derMessmethode zu achten.

Hinweis 2: Fertigungsbegleitende Messgeräte basieren häufig auf Vergleichsmessun‐gen. Eine „Einstellung“ des Gerätes mit Hilfe eines Einstellnormals (Einstell‐meister) bedeutet die Systematische Messabweichung „auszugleichen“. EineWiederholbarkeitsuntersuchung mit dem selben Einstellnormal führt dann i.d. R. zu einem kleineren Bias.

Hinweis 3: Weitere Messabweichungen können bei Messungen an mehreren Messstel‐len, beim Einsatz von unterschiedlichen Messsystemen oder bei der Ver‐wendung von verschiedenen Messverfahren für die gleiche Messaufgabebeobachtet werden. Damit sichergestellt ist, dass bei allen eingesetzten Sys‐temen und Verfahren, innerhalb vorgegebener Grenzen, vergleichbare Mes‐sergebnisse erzielt werden, müssen diese Abweichungen mittels Messver‐suche analysiert werden.

3.3.1.3

3.3.1.4

Seite 19VW 10119: 2012-04

Langzeitbetrachtungen bei der Eignung von Messprozessen

Die bekannten Untersuchungen zu den Fähigkeitsanalysen, Eignung von Messsystemen und Mess‐prozessen werden in der Regel in einem Zeitraum von mehreren Minuten bis hin zu einigen Stundendurchgeführt. Somit stellen diese Informationen nur „Kurzzeitaussagen“ dar und geben keinen Auf‐schluss darüber, wie sich die ermittelten Werte über einen längeren Zeitraum verhalten. Um hierüber fundierte Aussagen zu erlangen, sollte über einen aussagefähigen Zeitraum die erfor‐derlichen Untersuchungen mehrmals durchgeführt werden. Zur Ermittlung der Unsicherheitskompo‐nente siehe Tabelle 13.

Vergleichbarkeit von gleichen Messsystemen

Häufig werden für Messprozesse mit denselben Messaufgaben mehrere gleiche eigenständigeMesssysteme verwendet. Eine weitere Variante ist, dass die gleichen eigenständigen Messsystemeauf Grund der Messaufgabe in einem Gesamtmesssystem zusammengefasst werden. Jedes dieserEinzelmesssysteme ist als eigenständiger Messprozess zu betrachtet.Ziel dieser Analyse ist es, über die Streuung und Abweichung die Vergleichbarkeit der einzelnenMesssysteme sicherzustellen. Die Untersuchung ist sowohl mit Normalen als auch mit Serienteilendurchzuführen. Zur Ermittlung der Unsicherheitskomponente siehe Tabelle 13.

Standardunsicherheiten

Die Bestimmung der messaufgabenspezifischen Messunsicherheit ist in derDIN V ENV 13005 „Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen“ (GUM) beschrieben. Aus‐gehend vom mathematischen Modell des Messprozesses sind Standardunsicherheiten für alle rele‐vanten Einflusskomponenten zu ermitteln. Die Standardunsicherheiten quantifizieren die einzelnenUnsicherheitsanteile. Nach den Regeln der Fortpflanzung von Messunsicherheiten (Gauß-Verfah‐ren) werden Sensitivitätskoeffizienten durch partielle Ableitungen der Modellgleichung nach den ein‐zelnen Einflussgrößen ermittelt. In einem Unsicherheitsbudget werden Standardunsicherheiten, da‐zugehörige Sensitivitätskoeffizienten und die daraus errechneten kombinierten und Erweiterten Mes‐sunsicherheiten dargestellt.In der Praxis der Fertigungsmesstechnik kann von einem Sonderfall des Mathematischen Modells(Summen-/ Differenzmodell bzw. Produkt-/ Quotientenmodell) ausgegangen werden, bei dem dieSensitivitätskoeffizienten „eins“ sind, was zur einfachen quadratischen Addition der Unsicherheitenführt (siehe Abschnitt 3.5).Hinweis: Komplexe, technische Wechselwirkungen (wie Verschleiß, Verschmutzung,

Herstelltoleranzen, Formabweichungen, Positioniergenauigkeit, Schwingun‐gen etc.), die sehr schwierig und aufwendig über ein mathematisches Modelldargestellt werden können, sind in den Messversuchen als Summenergebnismit enthalten.

Die Bestimmung der Standardunsicherheit υ(xj) kann durch

– statistische Auswertung von Messreihen Methode Aoder durch– Verwendung von Vorinformationen Methode Bermittelt werden. Die Standardunsicherheiten, die mit den Methoden A und B ermittelt wurden,werden gleich behandelt.

3.3.2

3.3.3

3.4

Seite 20VW 10119: 2012-04

Methode A (Standardabweichung)

Im einfachsten Fall wird aus einer Messreihe mit n Einzelmesswerten, die unter definierten Ver‐suchsbedingungen ermittelt wurden, die Standardabweichung sg der Einzelmesswerte nach

(3)

ermittelt. Für die Bestimmung der Standardabweichung sg werden n = 25 Wiederholungsmessungenempfohlen. Der Versuch wird im Rahmen der Messunsicherheitsuntersuchung in der Regel nur ein‐mal durchgeführt.Die Standardabweichung geht als Standardmessunsicherheit u(xi) in das Messunsicherheitsbudgetein, wenn, wie im praktischen Einsatzfall üblich, das Messergebnis durch nur einmalige Messungbestimmt wird.

(4)

Einen kleineren Wert für u(xi) erhält man durch mehrmalige Wiederholungsmessungen mit demStichprobenumfang n* > 1

(5)

als Standardmessunsicherheit des Mittelwertes der Stichprobe (siehe Anhang C).

Methode A (ANOVA)

Neben der hier beschriebenen Vorgehensweise für eine Einflussgröße genau eine Unsicherheits‐komponente u(xi) zu ermitteln, besteht auch die Möglichkeit, im Rahmen eines Versuches die Aus‐wirkung mehrerer Einflussgrößen gleichzeitig zu ermitteln. Diese Vorgehensweise wird seit Jahrenbei den sogenannten Fähigkeitsuntersuchungen nach MSA (Measurement System Analysis) prak‐tiziert. Zur Bestimmung von %GRR (Gage Repeatability & Reproducibility – Wiederholbarkeit undVergleichspräzision) wird anhand eines Versuches (z. B. 3 Bediener messen 10 Prüfobjekte je zwei‐mal: 3 × 10 × 2 = 60 Messungen) sowohl der Bediener- als auch der Geräteeinfluss ermittelt. Dabeiwird das im Anhang A beschriebene ANOVA- (Analysis of Variance) Verfahren verwendet. Hinweis: In der MSA ist neben der ANOVA Methode auch die ARM (Average Range

Methode) beschrieben. Unter statistischen Aspekten ist die ANOVA Methodeder ARM vorzuziehen, zumal damit gleichzeitig die Wechselwirkung bestimmtwird. Die ANOVA Methode ist zwar mathematisch komplexer, durch den Ein‐satz von Rechnersoftware kann diese Methode aber problemlos angewandtwerden.

3.4.1

3.4.2

Seite 21VW 10119: 2012-04

Bei ein und demselben Versuch könnten zusätzlich weitere Einflussgrößen wie z. B. Objektstreuungoder unterschiedliche Messsysteme untersucht werden. Dies sieht die DIN V ENV 13005 (GUM) inKapitel 3.4.1 ausdrücklich vor. Allerdings erhöht sich mit jeder weiteren Einflussgröße der Versuchs‐aufwand immens. Wollte man beispielsweise bei dem oben beschriebenen Beispiel die Objektstreu‐ung dadurch ermitteln, dass jeder Prüfer jedes Prüfobjekt nicht nur an einer Stelle, sondern an vierverschiedenen Stellen am Objekt je zweimal messen würde, ergäbe dies: 3 × 10 × 4 × 2 = 240Messungen. Ein wirtschaftlich nicht akzeptabler Aufwand. Die DIN V ENV 13005 (GUM) sagt daher:„Dies ist in der Praxis wegen der begrenzten Zeit und Mittel selten möglich.“ Um diesen Aufwand zuminimieren, gäbe es beispielsweise folgende zwei Möglichkeiten:

Reduktion der Versuche

Aus der Versuchsplanung sind Vorgehensweisen bekannt, wie ohne großen Informationsverlust dieAnzahl der Versuche reduziert werden kann. Dabei empfiehlt es sich bei gemischt stufigen Faktorensogenannte D-optimale Pläne zu verwenden. Für die Schätzung der Varianzkomponenten wird dieMomenten-Methode (ANOVA siehe Abschnitt A.2) herangezogen. Der jeweilige Versuchsplan kannvon einer entsprechend geeigneten Rechnersoftware in Abhängigkeit der Versuchsvorgaben auto‐matisch erzeugt werden.

Beispiel für D-optimalen Versuchsplan

Um die jeweilige Standardunsicherheit für den Bedienereinfluss uAV, die Gerätestreuung uEV und derObjekteinfluss uOBJ zu ermittelten wären beispielweise mit 3 Bedienern, 10 Teilen, 2 Wiederholungs‐messungen an je 4 Messpunkten am Prüfling 240 Einzelmessungen erforderlich. Wird unter dengleichen Gegebenheiten ein D-optimaler Plan mit 2-facher Wechselwirkung erstellt, so könnten dieursprünglichen 240 Einzelmessungen auf 128 reduzieren. Dadurch wird die Zahl der Versuche fasthalbiert. Das Beispiel in Abschnitt F.2 verdeutlicht diese Möglichkeit.

Betrachtung von maximal je zwei Einflussgrößen

Werden wie bei dem oben aufgezeigten Beispiel nur der Bedienereinfluss und der Geräteeinflussuntersucht, reduziert sich die Anzahl der Messungen. Alternativ könnten auch zwei andere Einfluss‐größen (z. B. Objekte- und Geräteeinfluss) untersucht werden. Alle noch fehlenden Einflussfaktorenwerden dann gemäß der beschriebenen Methoden A und B ermittelt. Dabei ist zu beachten, dasseinzelne Streuungen mehrfach enthalten sein können. Diese dürfen dann bei der Bewertung desMessprozesses nicht mehrfach einfließen. Soll beispielsweise die Standardunsicherheit uGV aufgrund unterschiedlicher Messsysteme (z. B. Bü‐gelmessschrauben) untersucht werden, könnte 1 Bediener mit 3 baugleichen Messsystemen an 10Prüfobjekte je 2 Wiederholungsmessungen (1 × 10 × 2 × 3 = 60 Messungen) vornehmen. Um denEinfluss der Objektstreuung zu minimieren, sollten die beiden Wiederholungsmessungen an demPrüfling immer an derselben Stelle erfolgen. Dazu ist der Messpunkt der jeweils ersten Messung zukennzeichnen.

Methode B

Wenn die Bestimmung einer Standardunsicherheit nach der Ermittlungsmethode A nicht, bzw. nichtwirtschaftlich erfolgen kann, so können die entsprechenden Standardunsicherheiten aus Vorinfor‐mationen geschätzt werden. Vorinformationen können sein:

3.4.2.1

3.4.2.2

3.4.2.3

3.4.3

Seite 22VW 10119: 2012-04

– Informationen aus früheren oder älteren Messungen– Erfahrungen oder allgemeine Kenntnisse über Verhalten und Eigenschaften der relevanten

Materialien und Messgeräte (bauähnliche bzw. baugleiche Geräte)– Angaben des Herstellers– Daten von Kalibrierscheinen und Zertifikaten– Unsicherheiten, die Referenzdaten aus Handbüchern zugeordnet sind.– Messwerte auf der Basis von weniger als n = 10 Messungen

Methode B: Erweiterte Messunsicherheit UMP bekannt

Liegen für die verwendeten Vorinformationen Werte mit einer Erweiterten Messunsicherheit UMP undInformationen zum verwendeten Erweiterungsfaktor k vor, z. B. aus Kalibrierscheinen, so ist derErweiterungsfaktor k vor der Zusammenfassung zur kombinierten Standardunsicherheit u(y) in derForm

(6)

zu berücksichtigen, siehe auch Abschnitt 3.6.

Methode B: Erweiterte Messunsicherheit UMP nicht bekannt

Ist die Erweiterte Messunsicherheit nicht bekannt, kann auch ein Grenzwert a oder eine andere Ober-bzw. Untergrenzen ausgewählt werden. Die Standardunsicherheit u(xi) wird unter Berücksichtigungder Verteilung durch Transformation der Fehlergrenze berechnet. Typische Verteilungen enthält Ta‐belle 3. Ohne Hinweise auf die Verteilung ist die Rechteckverteilung als sicherste Variante zu ver‐wenden.

Legendea Grenzwertb Verteilungsfaktor

(7)

Der Grenzwert der Messabweichung ist laut Internationalem Wörterbuch der Metrologie [ISO/IEC Guide 99] der Extremwert einer Messabweichung auf einen bekannten Referenzwert, der durchSpezifikationen oder Vorschriften für eine Messung, ein Messgerät oder ein Messsystem zugelassenist.Der Verteilungsfaktor hängt von der jeweiligen Verteilung ab (siehe Tabelle 2). So wird bei der Be‐stimmung der Standardunsicherheit infolge der Auflösung die Rechteckverteilung verwendet. Wirdals Schätzer für die Streuung aus mehreren Wiederholungsmessungen (z. B. an einem Normal) dieSpannweite R (Range) herangezogen, wird der Verteilungsfaktor der Normalverteilung (b = 0,5) ver‐wendet.

3.4.3.1

3.4.3.2

Seite 23VW 10119: 2012-04

Tabelle 2 – Typische Modellverteilungen und daraus abgeleitete Grenzwerte zur Bestim‐mung der Standardunsicherheit nach Methode B

Modell

Schema(P = Wahrscheinlichkeit mitder die Werte innerhalb ± a

liegen)

Verteilungsfaktor b Standardunsicherheitu(x)

Normalverteilung

(P = 95,45 %)

0,5

Rechteckverteilung

(P = 100 %)

Kombinierte Standardunsicherheit

Die kombinierte Standardunsicherheit u(y) wird entsprechend dem mathematischen Modell aus allennach Methode A und B ermittelten Standardunsicherheitskomponenten berechnet. In den inAbschnitt 3.4 erwähnten Sonderfällen, bei denen die Sensitivitätskoeffizienten „eins“ sind, wird diekombinierte Messunsicherheit durch quadratische Addition

(8)

errechnet.

Erweiterte Messunsicherheit

Ein Maß für die Unsicherheit, mit welchem der wahre Wert vom gemessenen abweichen kann, heißtErweiterte Messunsicherheit UMP. Diese wird aus der kombinierten Messunsicherheit, multipliziert mitdem Erweiterungsfaktor k (siehe Tabelle 3) berechnet:

(9)

Die Berechnung der Erweiterten Messunsicherheit UMP basiert auf einer zum Niveau von P = 1 – α =95,45 zweiseitig, abgegrenzten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der kombinierten Messunsicher‐heit mit jeweils α/2 außerhalb der Quantilsgrenzen.Im Spezialfall einer symmetrischen Verteilung ergibt sich damit für die Berechnung der ErweitertenMessunsicherheit: UMP = k × u(y) und bei Annahme einer Normalverteilung k = z1 – α/2 = 2.

3.5

3.6

Seite 24VW 10119: 2012-04

Unter dieser Voraussetzung gelten die in Tabelle 3 dargestellten Beziehungen.

Tabelle 3 – k-Faktoren

k-Faktor Vertrauensniveau1 68,27 %2 95,45 %3 99,73 %

Ist die Annahme einer normalverteilten Wahrscheinlichkeitsdichte nicht zutreffend (z. B. bei einerasymmetrischen Verteilung), dann können insbesondere bei hohen Vertrauensniveaus große Ab‐weichungen von obigen Werten entstehen (siehe Anhang D).Hinweis: Für die Berechnung der Messsystem- und Messprozesseignung wird das

Vertrauensniveau 95,45 % und damit der Faktor k = 2 empfohlen.Damit kann eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit gemacht werden, mit der der wahre Wert derMessgröße yi innerhalb des Intervalls liegt.

(10)

Bild 7

Berechnung von Eignungskennwerten

Bei variablen Prüfungen (Messen) wird der Nachweis der Messprozesseignung über die Bestimmungder messaufgabenspezifischen Erweiterten Messunsicherheit unter Einbeziehung aller dominieren‐den Einflusskomponenten (siehe Abschnitt 3.1) geführt. Die zu untersuchenden Prüfmerkmale undToleranzen sind vor der Untersuchung festzulegen. Ein typischer Ablauf für den Eignungsnachweisvon Messsystemen und -prozessen ist in Bild 8 dargestellt.Bei attributiven Prüfungen (Lehren) erfolgt der Nachweis der Prüfprozesseignung über spezielle Un‐tersuchungen (siehe Abschnitt 8).

3.7

Seite 25VW 10119: 2012-04

Bild 8 – Ablauf für die Beurteilung der Eignung von Prüfprozessen

Seite 26VW 10119: 2012-04

Zur Beurteilung der messtechnischen Forderung an das Messsystem und den Messprozess werdendie Eignungskennwerte QMS für das Messsystem und QMP für den Messprozess eingeführt. Sie sinddefiniert als Prozentwert des Verhältnisses:

(11)

Den Eignungskennwerten sind entsprechende QMS_maxbzw. QMP_max zugeordnet. Wenn nachgewiesenist, dass die Eignungskennwerte

(12)

die entsprechenden Grenzwerte einhalten, werden Messsystem und Messprozess als geeignet ein‐gestuft.Hinweis: Gemäß DIN EN ISO 14253-1 ist die Toleranz um die zweifache Erweiterte

Messunsicherheit UMP zu reduzieren. Daher wurde für den Eignungskennwertdas Verhältnis 2 × UMP zur Toleranz TOL herangezogen.

Bild 9 – Erläuterung Eignungskennwert

Die Grenzwerte für Messsystem- und Messprozesseignung sind festzulegen. Dabei ist zu beachten,dass sich für die Beurteilung des Messprozesses die Einflüsse der Formabweichung der Prüflingesowie alle Umgebungseinflüsse besonders auswirken können. Als Grenzwert für MesssystemeQMS_max wird 15 % und für Messprozesse QMP_max wird 30 % vorgeschlagen

Hinweis 1: Es wird bewusst darauf verzichtet, die Grenzwerte näher zu spezifizieren. Die

hier vorgeschlagenen Grenzwerte sind als Richtwerte zu verstehen, die nichtzwingend verallgemeinert werden können. Daher sind die Grenzwerte imEinzelfall zwischen Kunden und Lieferanten festzulegen. Falls die vorge‐schlagenen Grenzwerte nicht realistisch sind, müssen je nach Merkmal unddessen Spezifikation (große bzw. kleine/sehr kleine Toleranzen) individuelleVereinbarungen getroffen werden. Dabei ist immer der gesamte Messpro‐zess zu beachten. Für die Festlegung der Grenzwerte sind deshalb sowohlwirtschaftliche als auch technische Belange zu berücksichtigen. Der Grenz‐wert sollte daher so groß wie möglich und nur so klein wie nötig festgelegtwerden.

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Hinweis 2: Wenn die Fähigkeit des Fertigungsprozesses in ausreichender Höhe (z. B.

Cp, Cpk ≥ 2,0) mit einem geeigneten Messprozess nachgewiesen ist, ist einegesonderte Berücksichtigung der Erweiterten Messunsicherheit an den Spe‐zifikationsgrenzen nicht mehr erforderlich, da die Streuung des Messprozes‐ses in der Prozessbeurteilung enthalten ist.

Der Eignungskennwert QMP entspricht dem Prozentwert, um den die Toleranz des zu prüfendenMerkmals entsprechend DIN EN ISO 14253-1 eingeschränkt bzw. erweitert werden muss. ImAbschnitt 3.10 sind bei einer zweiseitigen Toleranz für unterschiedliche QMP-Werte die Zusammen‐hänge zwischen dem beobachteten Prozesspotenzial und dem tatsächlichen Prozesspotenzial dar‐gestellt. Wie das Bild 10 und die Tabelle 5 zeigen, können die Auswirkungen sehr groß sein.Hinweis: Die Bestimmung der Unsicherheitskomponente des Messsystems kann ent‐

fallen, wenn MPE nachgewiesen und dokumentiert ist. In diesem Fall ist

(13)

Im Fall, falls mehr als ein MPE Wert die kombinierte Standardunsicherheit des Messsystems beein‐flussen, kann sie nach der folgenden Formel berechnet werden.

(14)

(15)

Minimal mögliche Toleranz für Messsysteme / Messprozesse

Um Messsysteme und Messprozesse klassifizieren zu können, empfiehlt sich die minimale Tole‐ranz zu berechnen, bei der sowohl das Messsystem als auch der Messprozess gerade noch geeignetist. Dies kann durch Umstellen der Formel und Einsetzen von QMS_max bzw. QMP_max in QMS bzw. QMP

erreicht werde. Daraus bestimmt sich die minimal mögliche Toleranz für das Messsystem TOLMIN-

UMS bzw. den Messprozess TOLMIN-UMP:

(16)

bzw.

(17)

Damit kann der untersuchte Messprozess bis zu einer minimalen Toleranz von TOLMIN-UMP verwendetwerden.

3.8

Seite 28VW 10119: 2012-04

Hinweis 1: Liegt für das Messsystem die minimale Toleranz TOLMIN-UMS bereits in derGrößenordnung der vorgegeben Toleranz TOL, braucht keine Untersuchungder Standardunsicherheiten des Messprozesses durchgeführt werden, dadiese zur Überschreitung des Grenzwertes QMP_max führen würden. Es seidenn, diese sind vernachlässigbar klein.

Hinweis 2: Diese Vorgehensweise kann insbesondere bei Standardmessgeräten undähnlichen Messaufgaben sehr hilfreich sein.

Hinweis 3: Die Minimale Toleranz muss immer in Verbindung mit der jeweiligen Mess‐aufgabe gesehen werden.

Unsicherheitsbudget

Ein Unsicherheitsbudget dient der übersichtlichen Darstellung der Messsystem- bzw. Messprozess‐eignung. Die Tabelle 4 zeigt ein Muster für ein mögliches Unsicherheitsbudget.

Tabelle 4 – Informationen zum Unsicherheitsbudget

Standardunsi‐cherheit

(Benennung)

Methode Grenzwerta

Verteilungsfak‐tor b

Standardab‐weichung bzw.

ANOVA

Standardunsi‐cherheit (Wert)

u(xi) A/B Methode B Methode A u(xi)Benennung

u(xi)A u(xi) = si

oder ANOVA... ... ...

Benennungu(xi)

B u(xi) = a × b

... ... ... ...

Kombinierte Messunsicherheit

Erweiterte MessunsicherheitUMS = k × u(y)UMS = k × u(y)

Jeder Messwert, der in der Praxis beim Messen anfällt, ist mit dieser Erweiterten MessunsicherheitUMP behaftet.

Eignung von Messprozessen und Fähigkeit von Fertigungsprozessen

Zwischen einem beobachteten Prozesspotenzial (Cp;obs), dem tatsächlichen Prozesspotenzial (Cp;real) und dem Eignungskennwert (QMP) des zum Fertigungsprozess gehörenden Messprozessesbesteht der in Bild 10 dargestellte Zusammenhang.

3.9

3.10

Seite 29VW 10119: 2012-04

Bild 10 – Darstellung des tatsächlichen C-Wertes über dem beobachteten C-Wert in Abhängigkeitvon QMP

Anhand des Kurvenverlaufs in Bild 10 kann beispielsweise abgelesen werden, dass bei einem tat‐sächlichen Prozesspotenzial von 2,21 und einem Eignungskennwert des Messprozesses QMP von40 %, nur ein Potenzial von 1,33 beobachtet wird. Eine wesentlich bessere Übereinstimmung ergibtsich erst bei einem QMP von 10 %. Dann entspricht ein beobachteter C-Wert von 1,67 einem tat‐sächlichen C-Wert von 1,72.Bei der Berechnung wurden folgende Annahmen gemacht:– Die Messwerte des gefertigten Merkmals sind normalverteilt.– Der zur Berechnung des Fähigkeitsindex benötigte 99,73 %-Streubereich wird durch sechs

Standardabweichungen geschätzt.– Für die beobachtete, Standardabweichung gilt:

(18)

– Der Unsicherheitsbereich ist bezüglich der Spezifikationsgrenzen symmetrisch.– Der Erweiterungsfaktor der kombinierten Messunsicherheit ist 2.Aus den Verläufen (siehe Bild 10) können für typische C-Werte in Abhängigkeit von QMS die Cp;real

und Cp;obj-Werte angegeben werden (siehe Tabelle 5).

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Tabelle 5 – Zusammenhang zwischen Cp;real und Cp;obs für typische C-Werte

Tatsächlicher C-Wert des Prozesses bei ...Beobachteter

C-Wert QMP = 10 % QMP = 20 % QMP = 30 % QMP = 40 % QMP = 50 %

0,67 0,67 0,68 0,70 0,73 0,771,00 1,01 1,05 1,12 1,25 1,511,33 1,36 1,45 1,66 2,21 18,821,67 1,72 1,93 2,53

2,00 2,10 2,50 4,59

Umgang mit nicht geeigneten Messsystemen / -prozessen

Zur Verbesserung des Messsystems / -prozesses muss eine Verringerung der Standardunsicher‐heiten angestrebt werden, die z. B. durch– Messverfahren mit geringerer Messunsicherheit und– die Verringerung der Wirkung der auf den Prüfprozess wirkenden Einflusskomponenten (siehe

Bild 5)erreicht werden kann.Außerdem ist zu prüfen, ob eine Toleranzerweiterung möglich ist.Der Einsatz von Messverfahren mit einer geringeren Messunsicherheit ist eine einfache Möglichkeit,muss aber wirtschaftlichen Betrachtungen unterzogen werden.Beispiele für Möglichkeiten zur Reduzierung der Wirkung von Einflusskomponenten auf die Mes‐sunsicherheit sind:

Messmittel / Maßverkörperungen

– Auswahl besser geeigneter Antastelemente– Auswahl von Maßverkörperungen mit einer höheren Qualität– Messstrategie– Optimierung der Messstrategie (z. B. Messgeschwindigkeit, Definition der Messstellen, Aufnah‐

me des Messobjektes, Einstellverfahren, Auswertealgorithmen, Messablauf)– Wiederholmessungen mit Mittelwertbildung (Anhang C)

Messobjekte

– Temperierung der Messobjekte auf Normtemperatur 20 °C– Sauberkeit– Verbesserung der Formhaltigkeit und Oberflächenbeschaffenheit– Vermeidung von Graten

Prüfer / Bediener

– Verbesserung der Fähigkeit und Fertigkeiten des Prüfers– Maßnahmen zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation

3.11

3.11.1

3.11.2

3.11.3

Seite 31VW 10119: 2012-04

Umgebung (Temperatur, Schwingungen usw.)

– Vermeidung von störenden Einflüssen durch Auswahl des geeigneten Prüfplatzes bzw. Abschir‐mungsmaßnahmen

– Messung unter klimatisierten Bedingungen– Schwingungsarme Lagerung von Messgeräten

Messbeständigkeit (Stabilität)

– trendverursachende Komponenten sind zu detektieren und zu korrigieren

Eignungsnachweis von Messprozessen

Grundsätzliche Vorgehensweise

In den vorangegangenen Abschnitten wurden folgende grundlegende Themen behandelt:– die Notwendigkeit, die Erweiterten Messunsicherheit UMS für ein Messsystem und UMP für ein

Messprozess zu ermitteln– die Berechnung der Erweiterten Messunsicherheit UMS und UMP anhand der Kombinierten Mes‐

sunsicherheit uMS bzw. uMP und den Erweiterungsfaktor k berechnet werden.– die Kriterien für die Eignungskennwerte vom Messsystem QMS und Messprozess QMP

– ein schematisierter Ablauf für die Eignungsnachweise von Messsystem und Messprozess.In diesem Abschnitt wird konkretisiert, wie die einzelnen Unsicherheitskomponenten u(xi) bestimmtwerden. Dabei bedient man sich entweder der Methode B (siehe Abschnitt 3.4) oder eines Versuchs(siehe Methode A, Abschnitt 3.4). Dabei wird eine standardisierte Form vorgeschlagen, die einenGroßteil der in der Praxis relevanten Bestimmungen der Erweiterten Messunsicherheit abdeckt.In den Fällen, in denen die statistischen Voraussetzungen für die im Folgenden vorgestellten Ver‐fahren nicht gegeben sind, muss der Anwender auf die elementaren Verfahren zur Bestimmung derMessunsicherheit zurückgreifen, wie sie beispielsweise im „Leitfaden zur Angabe der Unsicherheitbeim Messen“ [DIN V ENV 13005] beschrieben sind.Unsicherheitskomponenten, deren Streuung (Variabilität) während der Versuchsdurchführung nichtder Streuung im realen Messprozess entsprechen, dürfen nicht statistisch geschätzt, sondern müs‐sen durch ein mathematisches Modell erfasst werden (z. B.: konstante Temperatur in einem Mess‐raum bei Versuchsdurchführung und Temperaturschwankungen am späteren Aufstellungsort). Indiesem Modell muss die Streuung des realen Messprozesses berücksichtigt werden.Im Folgenden wird jedoch davon ausgegangen, dass lediglich die Unsicherheitskomponenten Inho‐mogenität des Prüfobjekts, Auflösung und Temperatur mathematisch modelliert werden.

Eignungsnachweis des Messsystems

Prinzipiell bezieht sich die Erweiterte Messunsicherheit auf den gesamten Messprozess (sieheAbschnitt 3.6). Trotzdem sollte das Messsystem als wesentlicher Bestandteil separat bewertetwerden. Dessen Eignung QMS (siehe Abschnitt 4.2.1) kann in der Regel einfacher als die Eignungdes Messprozesses festgestellt werden.Beim Messsystem muss die Auflösung %RE kleiner als 5 % der Merkmalstoleranz sein. Ist die For‐derung nicht erfüllt, muss ein anderes Messsystem verwendet werden.

3.11.4

3.11.5

4

4.1

4.2

Seite 32VW 10119: 2012-04

Beim Messsystem werden die Einflusskomponenten: „Kalibrierunsicherheit des Bezugsnormal“,„Systematische Messabweichung”, „Wiederholpräzision“ und „Linearitätsabweichung” untersucht(siehe Tabelle 6).Die Standardunsicherheit aufgrund der Kalibrierunsicherheit des Bezugsnormals kann aus den An‐gaben im Kalibrierschein ermittelt werden.Wird der Bias nicht rechnerisch kompensiert, werden je nach Messsystem und Messaufgabe aneinem, zwei oder drei Normalen, die über den Mess- oder Anwendungsbereich bezogen auf denMessprozess zu verteilen sind (siehe Bild 15), Wiederholungsmessungen durchgeführt. Aus denermittelten Messwerten werden die Standardunsicherheiten aufgrund der Systematische Messab‐weichung und der Gerätestreuung bestimmt. Vor dieser Untersuchung sind der oder die Arbeits‐punkte am Messsystem entsprechend einzustellen. Nähere Hinweise sind im Anhang E enthalten.Lässt ein Messsystem eine Korrektur des Bias zu, ist die Regressionsfunktion mit der ANOVA- Me‐thode zu ermitteln (siehe Abschnitt 4.2.2). Dabei werden an mindestens drei Normalen, die über denMessbereich zu verteilen sind (siehe Bild 15), Wiederholungsmessungen durchgeführt. Diese Mess‐werte werden zur Bestimmung der Regressionsfunktion verwendet und die Kompensation vorge‐nommen. Trotz der Kompensation verbleiben noch Restunsicherheiten. Diese setzen sich aus derReststandardabweichung uEV und dem Mangel an Anpassung uLIN zusammen. Beide sind bei derKombinierten Standardunsicherheit des Messsystems zu berücksichtigen.Der Ablauf für den Eignungsnachweis des Messsystems ist in Bild 11 übersichtsartig dargestellt. DieBestimmung der einzelnen Standardunsicherheiten enthält die Tabelle 6. Die Berechnung des Eig‐nungskennwertes QMS bzw. der minimal möglichen Toleranz TOLMIN-UMS sind in Abschnitt 3.7 erläutert.

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Bild 11 – Ablauf Eignungsnachweis Messsystem

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Tabelle 6 – Typische Unsicherheitskomponenten eines Messsystems

Unsicherheitskom‐ponenten

Sym‐bol Versuch / Modell

Auflösung der An‐zeige uRE

%RE muss kleiner als 5 % der Toleranz betragen

mit der Auflösung RE, siehe auch Hinweis auf Seite 38.

Kalibrierunsicher‐heit uCAL

Aus Kalibrierprotokoll der Normale.Ist im Protokoll die Erweiterte Unsicherheit angegeben, muss diesedurch den dazugehörenden Erweiterungsfaktor k dividiert werden:uCAL = UCAL / kCAL

Wiederholbarkeitam Normal uEVR

Je nach Messsystem werden an einem, zwei oder drei NormalenWiederholungsmessungen durchgeführt.An einem Normal werden in der Regel mindestens 25 Wiederhol‐messungen durchgeführt und aus deren Streuung uEVR =sg ge‐schätzt.An zwei Normalen werden in der Regel je mindestens 15 Wieder‐holmessungen durchgeführt und aus deren Streuung uEVR geschätzt.Es wird das größere der beiden Ergebnisse verwendet.An drei Normalen werden in der Regel je mindestens 10 Wiederhol‐messungen durchgeführt und aus deren Streuungen uEVR geschätzt.Es wird das größere der Ergebnisse verwendet.

SystematischeMessabweichung uBI

Aus den Messwerten bei der Untersuchung der Wiederholbarkeit anNormalen ergibt sich die Standardunsicherheit uBI in Folge der Sys‐tematischen Messabweichung aus:

Bei zwei oder drei Normalen wird jeweils das größere der Ergebnisseverwendet.

Linearitätsabwei‐chung uLIN

Bei der Linearitätsermittlung wird uLIN mit Hilfe der ANOVA Analyse(Mangel an Anpassung siehe Anhang Abschnitt A.2) berechnet. BeiMesssystemen mit linearer Maßverkörperung ist die Linearitätsab‐weichung dem Prüfzertifikat des Herstellers oder einem Kalibrier‐schein zu entnehmen.

RestuMS_RES

T

Alle weiteren möglichen Einflüsse des Messsystems sind separat,wenn vermutet oder vorhanden, durch Messversuche, aus Tabellen-oder Herstellerangaben zu berücksichtigen.

Hinweis:In der DIN EN ISO 15530-3 wird bei der Berechnung der Kombinierten Standardunsicherheit für dasMesssystem uMS die ermittelte Systematische Messabweichung Bi als Ganzes zu den anderen Kom‐ponenten addiert:

(19)

Seite 35VW 10119: 2012-04

Dabei wird vorausgesetzt dass Bi in der Regel klein ist. Ansonsten ist diese am Messsystem zukorrigieren. Um diese Unterscheidung für den allgemeinen Fall nicht treffen zu müssen wird in demvorliegenden Dokument die Standardunsicherheit aufgrund der Systematischen Messabweichungwie jede andere Standardunsicherheitskomponente behandelt:

(20)

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den beiden Formeln zu haben, wurden nur die KomponentenuCAL, uEVR und uBI betrachtet.

Die Untersuchung der einzelnen Unsicherheitskomponenten kann entfallen, wenn für das Messsys‐tem der Grenzwert der Messabweichung MPE bekannt, nachvollziehbar und dokumentiert ist. uMS

wird dann anhand von MPE bestimmt nach (21).

(21)

Bei merkmalsbezogenen Festlegungen können diese Untersuchungen nicht entfallen.In den folgenden Abschnitten wird die Ermittlung der jeweiligen Standardunsicherheit näher erläutert.

Auflösung des Messsystems

Die Auflösung RE eines Messsystems (siehe Tabelle 6) darf beim Eignungsnachweis des Messsys‐teme grundsätzlich höchstens 5 % der Toleranz betragen. Daher wird die Standardunsicherheit inFolge der Auflösung erst beim Messprozess behandelt.RE ist bei analogen Anzeigegeräten die kleinste sicher abschätzbare Schrittweite (zwischen zweiTeilstrichen) oder bei Digitalanzeigen die kleinsten Schrittweite (z. B. 0,001, 0,5 oder 1,0).

Wiederholbarkeit, Systematische Messabweichung, Linearität

In der industriellen Praxis wird in der Regel die mit dem Messsystem in Verbindung stehenden Un‐sicherheiten auf die Kalibrierunsicherheit des verwendeten Normals, der Wiederholbarkeit und derSystematischen Messabweichung beschränkt.Zur Bestimmung der Unsicherheit aus der Wiederholbarkeit an einem Normal wird die Verwendungdes als „Verfahrens 1“ zur Ermittlung der Messsystemfähigkeit Cg bzw. Cgk bekannten Experimentesempfohlen (siehe Abschnitt 4.2.2.1 und [Q-DAS Leitfaden3)]). Dieses Verfahren kann auf zwei oderdrei Normale erweitert werden.Ist die Linearität des Messsystems zu untersuchen, muss der Versuch mit mindestens drei Normalen(Referenzen) durchgeführt werden. Das Ergebnis dieser Untersuchung (die Regressionsfunktion)wird anschließend zur Korrektur des Messsystems verwendet. Hierdurch wird die Unsicherheit durchLinearitätsabweichungen verringert (siehe Abschnitt 4.2.2.2).

Bestimmung der Systematischen Messabweichung und der Wiederholbarkeit gemäß„Verfahren 1“

Systematische Messabweichungen (Bias) müssen so weit wie möglich durch Justage oder rechne‐rische Korrektion beseitigt werden. Dennoch bleiben in der Praxis kleine bzw. unbekannte Reste

4.2.1

4.2.2

4.2.2.1

3) Q-DAS Leitfaden – Leitfaden der Automobilindustrie zum Fähigkeitsnachweis von Messsystemen Version 2, Q-DAS GmbH, Weinheim,2002

Seite 36VW 10119: 2012-04

systematischer Abweichungen übrig. Diese Abweichungen sind die maximalen Beträge der nichtkorrigierbaren, bekannten systematischen Abweichungen im genutzten Messbereich. Die Größedieser Abweichungen kann durch eine Untersuchung an einem Normal (Maßverkörperung) abge‐schätzt werden. Das Verfahren ist auch mit mehreren Normalen anwendbar.Wiederholungsmessungen an einem NormalZur Bestimmung der Unsicherheit aus der Wiederholbarkeit und der Systematischen Messabwei‐chung an einem Normal uEVR wird die Verwendung des als Verfahren 1„Verfahren 1” (Ermittlung derMesssystemfähigkeit) bekannten Experimentes (siehe [Q-DAS Leitfaden]) empfohlen. In diesem Fallist jedoch die Schätzung der Unsicherheitskomponente und nicht die Schätzung des Fähigkeits‐kennwertes Ziel des Experiments.An einem Normal werden in der Regel 25 oder mehr Wiederholmessungen durchgeführt und ausderen Streuung die Wiederholstandardabweichung sg berechnet. Diese ergibt den Schätzwert für dieStandardunsicherheit uEVR.

(22)

mit:– K Anzahl Wiederholmessungen, i. d. R. K = 25 oder mehr– yi Angezeigter Wert der i-ten Wiederholungsmessung– x̄g Arithmetischer Mittelwert der angezeigten Werte

Die Standardunsicherheit uBI in Folge der Systematischen Messabweichung errechnet sich aus:

(23)

mit:– xm Referenzwert des Normals im Toleranzfeld des Prüfmerkmals– Bi = |x̄g - xm| Systematische Messabweichung

Aus der so ermittelten Messwertreihe können die in [Q-DAS Leitfaden] verwendeten Fähigkeits‐kennwerte Cg und Cgk berechnet werden:

(24)

Vernachlässigt man uCAL und uBI, kann QMS mit Cg verglichen werden. Ein Cg-Wert von 1,33 entsprichtdann einem QMS_max –Wert von 15 % (siehe Abschnitt 3.7).

Hinweis: Es gibt mehrere Firmenrichtlinien bei denen anstatt 4sg bzw. 2sg (Überde‐ckungswahrscheinlichkeit P = 95,45 %) 6sg bzw. 3sg (P = 99,73 %) verwendetwird. In diesem Fall entspricht ein Cg-Wert von 1,33 einem QMS_max–Wert von10 % (siehe Abschnitt 3.7).

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Der Vergleich zwischen der hier propagierten Bestimmung der Standardunsicherheiten und der Be‐rechnung der Fähigkeitskennwerten zeigt, dass die Vorgehensweise zur Ermittlung der Messwertedie Gleiche ist. Der Unterschied liegt in den daraus abgeleiteten Kennwerten:– uEVR und uBI (Messunsicherheit)– Cg und Cgk (Messmittelfähigkeit)

sowie der Interpretation der Ergebnisse. Damit können eventuelle vorhandene Messwerte von frü‐heren Fähigkeitsuntersuchungen nach „Verfahren 1” für die Bestimmung der Standardunsicherheitenherangezogen werden.Hinweis: Das Ergebnis von uEVR ist mit dem von uRE zu vergleichen. Der größere der

beiden Werte ist als Wiederholstreuung uEV zu verwenden. Begründung: Ob‐wohl die Forderung %RE ≤ 5 % erfüllt ist, kann es vorkommen, dass bei z. B.25 Wiederholungsmessungen an einem Referenzteil die Streuung Null(uEVR = 0) ist, oder dass sich in der Messerreihe nur ein Wert um die Auflösungvon den anderen unterscheidet. Dann ist i. d. R. uEVR < uRE. Beispiel: Ein Durchmesser von (20 ± 0,2) mm soll geprüft werden. Ein digitalerMessschieber mit einer Auflösung von 0,01 mm (%RE = 2,5 %) erfüllt dieForderung %RE ≤ 5 %. Werden mit diesem Messschieber 25 Wiederho‐lungsmessungen an einem Parallelendmaß (20 mm) durchgeführt, erhältman häufig 25 mal den Wert 20,00, was ein uEVR von Null ergibt. In diesemFall ist anstatt der Standardunsicherheit infolge der Wiederholstreuung dieStandardunsicherheit infolge der Auflösung uRE = 2,89 µm zu verwenden.

Beispiel mit einem Normal:Im Beispiel wird ein Merkmal mit einen Nennwert von 6 mm herangezogen. Die obere Toleranzgrenzeliegt bei U = 6,03 mm und die untere bei L = 5,97 mm. Daraus ergibt sich eine Toleranz von 0,06 mm.Die Linearitätsabweichung ist vernachlässigbar klein (uLIN = 0).

Die Auflösung des verwendeten Messsystems liegt bei 0,001 mm (≙%RE = 1,66 %). Damit ist dieForderung %RE kleiner 5 % erfüllt.Im Kalibrierschein für das Bezugsnormal mit einem Referenzwert von 6,002 mm sind UCAL = 0,002mm und kCAL = 2 angegeben.

Am Bezugsnormal werden in diesem Beispiel 50 Wiederholungsmessungen (25 wären auch ausrei‐chend) durchgeführt (siehe Tabelle 7).

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Tabelle 7 – Messwerte der Wiederholungsmessungen am Normal

Aus den angegebenen Daten und Messwerten ergeben sich folgende Standardunsicherheiten undErgebnisse des Messsystems:

Bild 12 – Standardunsicherheiten des Messsystems

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Bild 13 – Ergebnisse des Messsystems

Damit wäre das Messsystem bis zu einer minimalen Toleranz von 0,042 mm noch einsetzbar.Hinweis: Die Ergebnisse basieren auf statistischen Auswertungen, deren Aussagefä‐

higkeit anhand des Vertrauensbereiches bewertet werden müsste. Daraufwird hier verzichtet. Daher muss man sich im Klaren sein, dass bei einerWiederholung des Versuches oder bei anderen Stichprobenumfängen dieErgebnisse leicht unterschiedlich sind.

Wiederholungsmessungen an zwei NormalenFür diese Untersuchung wird die Verwendung von Maßverkörperungen empfohlen, deren Istwertesich in den Bereichen ± 10 % der Toleranzgrenzen (siehe Bild 14) befinden. Vor der Versuchsdurch‐führung ist das Messsystem gemäß der im Anhang E beschriebenen Vorgehensweise einzustellen.

LegendeXml Istwert der Maßverkörperung im Bereich der unteren Toleranzgrenze LXmu Istwert der Maßverkörperung im Bereich der oberen Toleranzgrenze U

Bild 14 – Empfohlene Lage der Maßverkörperungen

In der Regel sollten an jedem Normal mindestens 15 Wiederholmessungen durchgeführt werden.Aus den Messergebnissen wird gemäß der bei einem Normal beschriebenen Vorgehensweise fürjedes Normal uEVR und uBI geschätzt. Als Unsicherheitskomponente für uEVR bzw. uBI wird jeweils dergrößere von beiden Werten ausgewählt

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UEVR = max.

UBI = max.

Wiederholungsmessungen an drei NormalenFür diese Untersuchung zur vereinfachten Bestimmung der Linearität wird die Verwendung vonMaßverkörperungen empfohlen. Deren Istwerte sollten sich in den Bereichen ± 10 % der Toleranz‐grenzen bzw. der Toleranzmitte befinden (siehe Bild 15).

LegendeXml Istwert der Maßverkörperung im Bereich der unteren Toleranzgrenze LXmm Istwert der Maßverkörperung im Bereich der ToleranzmitteXmu Istwert der Maßverkörperung im Bereich der oberen Toleranzgrenze U

Bild 15 – Empfohlene Lage der Maßverkörperungen

In der Regel werden an jedem Normal mindestens 10 Wiederholmessungen durchgeführt und darausgemäß der bei einem Normal beschriebenen Vorgehensweise für jedes Normal uEVR und uBI ge‐schätzt. Als Unsicherheitskomponente uEVR bzw. uBI wird jeweils der größte Wert ausgewählt.

UEVR = max. {uEVR1, uEVR2, uEVR3}

UBI = max. {uBI1, uBI2, uBI3}

In diesem Fall ist die Standardunsicherheit in Folge der Linearitätsabweichung in UBI enthalten. Damitist ULIN = 0.

Linearitätsuntersuchung mit Korrektur am Messgerät

Dabei wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:– An mindestens drei Normalen je mindestens 10 Wiederholmessungen (die Anzahl der Normale

multipliziert mit den Wiederholungen müssen mindestens einen Messungsumfang von 30 erge‐ben),

– Die Normale sollten gleichmäßig über die gesamte Toleranz verteilt sein. Dabei sind die denSpezifikationsgrenzen in Bild 14 empfohlenen Bereiche zu beachten,

– Regressionsanalytische Schätzung der linearen Regressionsfunktion unter Annahme konstanterReststandardabweichungen bzgl. der Streuung der Messergebnisse (siehe Bild 16 und AnhangAbschnitt A.1)

– Varianzanalytische Zerlegung der Residuen in Mangel an Anpassung und Reststandardabwei‐chung (siehe Bild 16 und Anhang Abschnitt A.2),

– Schätzung der Unsicherheitskomponenten aus den Varianzen,– (wenn möglich) Korrektur des Messsystems, d. h. Korrektur zukünftiger Messungen.

4.2.2.2

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Grundsätzlich wird vorausgesetzt:– Reststandardabweichungen (Standardabweichungen aus den Wiederholmessungen an den

Normalen) sind jeweils konstant,– Regressionsfunktion ist linear (Regressionsgerade),– Die Kalibrierunsicherheit der Normale sollte kleiner 5 % der Toleranz sein,– Messungen sind repräsentativ für die Einsatzbedingungen des Messsystems,– Wiederholmessungen an einem Normal sind voneinander unabhängig und normalverteilt,– Werte der Normale sind näherungsweise äquidistant über den praktisch relevanten Bereich des

Messsystems verteilt.Beispiel einer Linearitätsuntersuchung mit RegressionsanalyseFür eine bessere Darstellung des zu erläuternden Sachverhaltes wurde ein Beispiel mit einem hohenMangel an Anpassung und einer großen Reststandardabweichung gewählt. Daraus ergeben sichschlussfolgernd auch hohe Unsicherheiten. Weiterhin werden mehr als drei Normale verwendet, wasin der Praxis eher unüblich istEs wird eine Linearitätsuntersuchung an 6 Normalen (N = 6) mit jeweils 5 Wiederholungen (K = 5)durchgeführt. Damit ist der geforderte minimale Messumfang mit N × K = 30 gegeben.

Folgende Werte in mm wurden ermittelt.Tabelle 8 – Messwerte des Versuchs

Unter den in Abschnitt 4.2.2.2 genannten Vorrausetzungen wird aus den Referenzwerten xn und denMesswerten ynk die Regressionsfunktion bestimmt. Die Formeln zu Schätzung der unbekannten Pa‐rameter der Funktion befinden sich im Anhang im Abschnitt A.1.Regressionsfunktion: ŷ = -0,6176 + 0,9183 × x

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Bild 16 – Diagramm der Varianzanalytischen Zerlegung

Im Bild 16 sind die relevanten Punkte der Regressionsfunktion und der varianzanalytischen Zerle‐gung in ihrer Beziehung dargestellt. Hier kann ein erster Eindruck über folgende Punkte erlangtwerden:– Den Grad der Beherrschung des Messsystems während des Versuches,– Richtigkeit der Annahme einer konstanten Linearität (Mangel an Anpassung),– Die Größe der Abweichung der gemessenen Werte von der Regressionsgeraden (Residuen),– Die Abweichungen der einzelnen Wiederholungen an einen Normal (Reststandardabweichung),– Das Vorliegen von näher zu untersuchenden Ausreißern.Für eine Bewertung können die Residuen enk im Werteverlauf (siehe Bild 17 a) betrachtet werden.Zur Überprüfung der Unabhängigkeit der einzelnen Messungen müssen die Residuen enk der Nor‐malverteilung entsprechen. Dazu werden diese im Wahrscheinlichkeitsnetz dargestellt (sieheBild 17 b). In diesen müssen sich die Messwerte der Wahrscheinlichkeitsgeraden möglichst genauanpassen. Die Streuung der Residuen enk kann durch deren Darstellung über den gefitteten Wertenŷn (siehe Bild 17 c) entnommen werden.

Seite 43VW 10119: 2012-04

Legendea.) Werteverlauf der Residuenb.) Residuen im Wahrscheinlichkeitsnetzc.) Residuen über den gefitteten Werten

Bild 17

Sind Unregelmäßigkeiten in den grafischen Darstellungen vorhanden, muss gegebenenfalls nachBeseitigung dieser der Versuch wiederholt werden.Nach der grafischen Auswertung des Regressionsdiagramms und der Residuen werden die Schätz‐werte für die Unsicherheitskomponenten uLIN und uEVR mit der Varianzanalyse bestimmt. Die dazubenötigte ANOVA Tafel mit den zugehörigen Formeln befindet sich im Abschnitt A.2.Mit einer gegebenen Kalibrierunsicherheit uCAL = 0,05, einer Auflösung RE = 0,001 mm und einerToleranz TOL = 30 mm ergeben sich folgende Werte:

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Bild 18 – Unsicherheitsbudget Messsystem

Bild 19 – Ergebnis Messsystem

Das Messsystem ist aufgrund der hohen Linearitäts- und Wiederholabweichung nicht für die Mess‐aufgabe geeignet. Damit das Messsystem geeignet wäre, müsste die Toleranz größer 251 mm be‐tragen.

Eignungsnachweis des Messprozesses

Zusätzlich zu den beschriebenen Unsicherheitskomponenten des Messsystems müssen bei der Be‐wertung des Messprozess unter realen Bedingungen weitere Unsicherheitskomponenten ermitteltwerden. Dazu wird der in Bild 20 dargestellte Ablauf vorgeschlagen.In Tabelle 9 und Tabelle 10 sind die einzelnen Standardunsicherheiten erläutert. Weiter sind inTabelle 13 Hinweise gegeben, wie die jeweilige Standardunsicherheit abgeschätzt bzw. ermitteltwerden kann.Die Berechnung der Erweiterten Messunsicherheit für das Messsystem UMS und den MessprozessUMP ist in Tabelle 11 übersichtsartig enthalten. Ebenfalls sind dort die Eignungskennwerte für dasMesssystem QMS und den Messprozess QMP aufgeführt. Anhand dieser Ergebnisse kann durch den

4.3

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Vergleich mit einem vorgegebenen Grenzwert entschieden werden, ob das jeweilige Messsystembzw. der Messprozess für die vorgesehen Messaufgabe geeignet ist oder nicht.Über- oder unterschreitet der Kennwert die vorgegeben Grenze kann durch Umstellen der angege‐benen Formel folgende Fragen beantwortet werden:Bei Überschreitung: „Wie groß müsste die Toleranz mindestens sein, damit die Eignung gerade

noch erreicht wird?“Bei Unterschreitung: „Wie klein kann die Toleranz sein, damit die Eignung gerade noch erreicht

wird?“Dazu wird der Kennwert für das Messsystem TOLMIN-UMS und für den Messprozess TOLMIN-UMP be‐rechnet.

Tabelle 9 – Typische Unsicherheitskomponenten des Messprozesses aus Versuchen(Methode A)

Unsicherheitskomponenten Symbol Versuch / ModellWiederholbarkeit am Prüfobjekt uEVO Minimale Stichprobengrösse: 30Vergleichbarkeit der Bediener uAV Jeweils mindestens 2 Wiederholmessungen:

an mindestens 3 Prüfobjekten,für mindestens 2 Bediener (falls relevant),mit mindestens 2 Messvorrichtungen (falls relevant)

Vergleichbarkeit derMessvorrichtungen (Messstel‐len)

uGV

Vergleichbarkeitunterschiedlicher Zeitpunkte

uSTAB S. „Verfahren 2“ MSASchätzung der Unsicherheitskomponenten mittelsVarianzanalyse (ANOVA)Wechselwirkung (en) uIAi

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Bild 20 – Eignungsnachweis Messprozess

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Tabelle 10 – Typische Unsicherheitskomponenten des Messprozesses aus Vorinforma‐tionen (Methode B)

Unsicherheitskomponenten Symbol Modell

Inhomogenität des Prüfobjekts uOBJmit der max. Formabweichung aOBJ

(siehe Tabelle 13)

Temperatur uT

Der Einfluss der Temperatur kann mit der Formel

berechnet werden. Dabei ist

uTD – die Unsicherheit aus der TemperaturdifferenzuTA – die Unsicherheit des Wärmeausdehnungskoef‐fizientenDie Unsicherheit aus Temperaturdifferenzen könntez. B. nach [ISO 14253-2] berechnet werden:

mit

a – AusdehnungskoeffizientΔT – Temperaturdifferenzl – gemessenes Maß Wird ein Messgerät mit einem Referenzteil eingestelltund haben Bauteil und Referenzteil unterschiedlicheTemperaturen und Ausdehnungskoeffizienten, kannuTD über die Differenz Δl der Ausdehnung zwischenBauteil und Einstellmeister berechnet werden:

Die Unsicherheit von Ausdehnungskoeffizientenkönnte z. B. gemäß DIN EN ISO 15530-3 geschätztwerden:uTA = |T - 20 °C| × uα × I mitT – mittlere Temperatur bei Messunguα – Unsicherheit des Wärmeausdehnungskoeffizien‐tenl – gemessenes Maßalternativ:siehe Anhang Abschnitt B.1, Unsicherheit mit Korrek‐tur der unterschiedlichen Längenausdehnungsiehe Anhang Abschnitt B.2, Unsicherheit ohne Kor‐rektur der unterschiedlichen Längenausdehnungen

Rest uRESTAlle sonstigen Einflüsse des Messprozesses sind se‐parat zu berücksichtigen.

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In der Tabelle 11 ist die Berechnung der Kombinierten Messunsicherheit, die Erweiterte Messunsi‐cherheit und die Eignungskennwerte bzw. die minimale Toleranz des Messsystems und des Mess‐prozesses übersichtsartig zusammengefasst.

Tabelle 11 – Bestimmung der Erweiterten Messunsicherheit des Messsystems, desMessprozesses und dessen Eignung

Beispiel zur Bestimmung der Unsicherheitskomponenten des Messprozesses

Zur Bestimmung der Messprozesseignung wurde zusätzlich zu den Standardunsicherheiten desMesssystems (siehe Beispiel mit einem Normal in Abschnitt 4.2.2.1) ein Versuch mit 3 Prüfern, 10Teilen, 2 Wiederholungsmessungen und einer Auswertung nach ANOVA durchgeführt (siehe MSA).Gemessen wurden die Werte aus Tabelle 12, welche zu den Standardunsicherheiten in Bild 21 undden Ergebnissen in Bild 22 führen. Zu beachten ist, dass die Wechselwirkungen zwischen Prüfer und

4.3.1

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Teil nicht signifikant sind und es dadurch in der ANOVA Berechnung zum Pooling kommt (sieheAnhang Abschnitt A.2).

Tabelle 12 – Messwerte des Versuches mit 3 Prüfern, 10 Teilen und 2 Wiederholungs‐messungen

Hinweis: Gemäß MSA wird aus den Messwerten mit der gleichen ANOVA Berechnungder Kennwert %GR & R = √EV2 + AV2 berechnet. Dabei entsprichtEV = uEVO und AV = uAV. Auch dieses Beispiel zeigt die Parallelen zwischenMSA und VDA Band 5 auf. Der Unterschied liegt nicht in der Vorgehensweise,sondern in den unterschiedlichen Kennwerten und der Interpretation.

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Bild 21 – Standardunsicherheiten des Messprozesses

Bild 22 – Ergebnisse des Messprozesses

Damit kann der Messprozess bis zu einer minimalen Toleranz von 0,03 mm (Wert gerundet) ver‐wendet werden

Laufende Überprüfung der Messprozesseignung

Allgemeine Überwachung der Messbeständigkeit

Bei der Eignung des Messprozesses wird sowohl die Kurzzeit- als auch die Langzeitstabilität be‐rücksichtigt. Trotzdem kann es aufgrund ungewollter Beschädigungen bzw. neu hinzugekommener

5

5.1

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Einflussfaktoren, die bei dem Eignungsnachweis noch nicht bekannt waren, zu Veränderungen desMessprozesses kommen, so dass dieser „nicht mehr geeignet“ ist. Um eine signifikante Veränderungder Messprozesse rechtzeitig erkennen zu können, wird der Messprozess mittels einer Regelkarteüberwacht. Dazu empfiehlt sich folgender Ablauf:1. Schritt:Auswahl eines geeigneten Bezugsnormals (Einstellmeisters) oder Serienteils mit bekanntem Wertfür das zu prüfende Merkmal.2. Schritt:Regelmäßiges Messen des Bezugsnormals (Einstellmeisters) oder Serienteils (z. B. an allen Tageneiner Arbeitswoche bzw. am Schichtanfang und -ende oder vor jeder Messung, falls der Messprozesssehr selten verwendet wird).3. Schritt:Messwert in die vorgesehene Regelkarte eintragen.Hinweis: Die werden gemäß den bekannten Verfahren der Qualitätsregelkartentech‐

nik bestimmt.4. Schritt:Fall 1: Liegt der Messwert innerhalb der vorgegebenen Eingriffsgrenzen, kann da‐

von ausgegangen werden, dass sich der Messprozess nicht signifikant ver‐ändert hat.

Fall 2: Liegt der Messwert außerhalb der vorgegebenen Eingriffsgrenzen, ist derMessprozess zu überprüfen.

Mit dieser Vorgehensweise wird der Messprozess kontinuierlich überwacht und signifikante Verän‐derungen können erkannt werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse über den Messprozess könnenzur Festlegung des Qualifikationsintervalls bei der Kalibrierung berücksichtigt werden.

Korrektur der Regressionsfunktion

Bestanden Zweifel an der Linearität des Messsystems und wurde deshalb eine Regressionsfunktionexperimentell ermittelt, so kann das im Folgenden vorgestellte Verfahren zur laufenden Überprüfungangewendet werden. Dieses Verfahren signalisiert mittels einer Regelkarte wann die Regressions‐funktion aktualisiert werden muss.

Bild 23

Schritt 1: Berechnung der Regelgrenze n mit Größen aus Abschnitt 4.2.2.2Obere Regelgrenze:

5.2

Seite 52VW 10119: 2012-04

(25)

Untere Regelgrenze:

(26)

Schritt 2: Auswahl der m NormaleDie Normale (mindestens 2) sind derart auszuwählen, dass ihre richtigen Werte den Bereich derWerte abdecken, die auch unter realen Bedingungen auftreten. Schritt 3: Wiederholmessungen der NormaleBeispielsweise wird jedes Normal an allen Tagen einer Arbeitswoche gemessen. Schritt 4: Transformation der p Messwerte der m NormaleDie p Messwerte der m Normale werden mit Hilfe der Regressionsfunktion transformiert:

x = y - β0

β1

(27)

Anschließend wird jeweils die Differenz zwischen richtigem und transformiertem Wert berechnet. Schritt 5: Darstellung der Differenzen in der RegelkarteÜber der Zeitachse werden die in Schritt 4 berechneten Differenzen eingetragen. Schritt 6: Entscheidung über die Gültigkeit der RegressionsfunktionDiese Entscheidung wird davon abhängig gemacht, ob alle Differenzen aller Normale innerhalb derRegelgrenzen liegen.

Praxisgerechte Ermittlung von typischen Standardunsicherheiten

In der Tabelle 13 sind Hinweise und Empfehlungen sowie Quellenangaben gegeben, wie die Stan‐dardunsicherheit für die jeweilige Einflusskomponente ermittelt werden kann.

6

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Tabelle 13 – Empfehlungen zur Ermittlung von Unsicherheitskomponenten

Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Auflösung derAnzeige / derAblesung uRE

RE = Kleinste abschätzbare Skalenwert(zwischen zwei Teilstrichen) bei analogen An‐zeigegeräten oder Ablesen der kleinstenSchrittweite (z. B. 0,1/0,5/1,0) bei Digitalanzei‐gen. Die Auflösung sollte deutlich feiner sein alsdie zu prüfende Bauteiltoleranz (z. B. %RE ≤ 5% der Bauteiltoleranz). Die Auflösung ist in die‐sem Fall in der Wiederholstreuung enthalten.Soll die Standardunsicherheit aufgrund der Auf‐lösung berücksichtigt werden, ist sie wie folgtzu berechnen.

B ablesen /schätzen oderHerstelleran‐gabe

Kalibrierunsicherheitdes Normals uCAL

Typischer Weise wird im Bereich der Messtech‐nik mit dem Erweiterungsfaktor k = 2 gerechnet.Um die Standardunsicherheit uCAL zu bestim‐men muss dann die Erweiterte UnsicherheitUCAL durch 2 dividiert werden. Der jeweils zu‐treffende K-Wert ist den Kalibrierunterlagen zuentnehmen.HinweisDie Kalibrierunsicherheit sollte deutlich kleinersein als die angestrebte Messunsicherheit.

B Kalibrierproto‐koll Herstel‐lerangabe Ka‐librierscheinInterne Kali‐brierung

Wiederholbarkeit uEVR

(am Normal ) und Er‐mittlung der Systemati‐schen Messabwei‐chung UBI (Bias)

Die Unsicherheitskomponenten können überMessversuche ermittelt werden. Bevor mit ei‐nem Messsystem gemessen werden kann,muss es i. d. R mit einem oder zwei Normaleneingestellt werden. Hierbei sind die Abweichun‐gen zum kalibrierten Wert zu berücksichtigen.

HinweiseMessversuch an einem NormalIn der Regel mindestens 25 Wiederholmessun‐gen an einem Normal. Normal beim Messver‐such ein- und ausspannen und an gleicher Po‐sition messen (wenn der Einfluss des Normalsnicht berücksichtigt werden soll). Ermitteln vonuEVR (Standardabweichung der Stichprobe)Ermitteln von UBI (Bias)Sind die Zusammenhänge der Einflussparame‐ter der Systematischen Messabweichung be‐kannt, kann das Messsystem mit Hilfe des Biaskorrigiert werden.

A MessversuchVerfahren 1[Q-DAS Leit‐faden]

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Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Wiederholbarkeit (mit 2Normalen an obererund unterer Toleranz‐grenze)max uEVR

Messversuch mit 2 NormalenAbsicherung der Toleranzgrenzen bzw. Ein‐stellen von Arbeitspunkten: Nullpunkt und Ver‐stärkung. In der Regel sind 2 x 15 Wiederhol‐messungen durchzuführen.Wie Messversuch mit einem Normal jedoch anoberer und unter Toleranzgrenze. Für die wei‐tere Beurteilung wird empfohlen die größteStandardunsicherheit von uEVR1 und uEVR2 zuverwenden.

A Messversuch2 x Verfahren1 [Q-DASLeitfaden]

ModellSind die Einflüsse des Einstellvorganges be‐kannt, so kann ein aussagekräftiges Modell ge‐bildet werden. Bei mechanischen Längen‐messeinrichtungen können dies z. B. folgendeGrößen sein:Form-, Lageabweichungen der Einstellnorma‐le, Positionierungsgenauigkeit des Prüfobjek‐tes, Vorrichtungsbedingte Herstell- und Zusam‐menbautoleranzen, Antaststrategie, Auswerte‐algorithmen, Kalibrier-, Einstellposition

B

LinearitätsabweichunguLIN

Fall 1Verwendung von HerstellerangabenBei der Angabe des Wertes a von Hersteller:

B Herstelleran‐gabe

Fall 2Messversuch mit 3 NormalenIn der Regel an mind. 3 Normalen (Referenzen)je mind. 10 Wiederholmessungen. MinimaleStichprobengröße ist 30.Normale beim Messversuch ein- und ausspan‐nen und an gleicher Position messen

A Messversuchmit drei Nor‐malen

Siehe auchAnhang E

Fall 3Messversuch mit drei oder mehr Normalen (Re‐gressionsfunktion)Bei der Anwendung dieser Methode muss dieRegressionsfunktion rechnerisch in der Mess‐software berücksichtigt werden, da bei dieserMethode der Auswertung von uLIN nur die rech‐nerisch korrigierten Werte ausgegeben werdendie nicht am Messsystem berücksichtigt sind.

A Messversuchmit Normalen

Siehe auchAbschnitt 4

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Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Vergleichbarkeit derBediener (Bedienerein‐fluss) mit SerienteilenuAV

In der Regel jeweils 2 Wiederholmessungen an10 Prüfobjekten mit 2 bzw. 3 Bedienern.Sonderfall: Stehen weniger als 10 Prüfobjektezur Verfügung dann mindestens 2 Wiederhol‐messungen an mindestens 3 Prüfobjekten, mitmindestens 2-3 Bediener.

A MessversuchVerfahren 2[MSA], [Q-DAS Leitfa‐den]

HinweisDie für den Messversuch verwendeten Prüfob‐jekte sollten sich über den ganzen Toleranzbe‐reich verteilen Prüfobjekte beim Messversuchein und ausspannen und an gleicher Positionmessen.Reihenfolge für die Wiederholungsmessungen:Prüfobjekt 1 bis n messen und anschließendwiederholen. Bei den Messreihen ist darauf zuachten, dass die Ergebnisse der vorhergehen‐den Messung dem einzelnen Bediener nichtmehr bekannt sind.Ermittlung von uAV mit Hilfe der ANOVA Metho‐de.

Wiederholbarkeit ohneBedienereinfluss mitSerienteilen uEVO

In der Regel jeweils 2 Wiederholmessungen an25 Prüfobjekten.Anwendung bei (teil-) automatisierten Mess‐systemen oder wenn der Bediener keinenEinfluss auf das Messergebnis ausübt.

A MessversuchVerfahren 3[Q-DAS Leit‐faden]]

HinweisDie für den Messversuch verwendeten Prüfob‐jekte sollten sich über den ganzen Toleranzbe‐reich verteilen. Prüfobjekte beim Messversuchein und ausspannen und an gleicher Positionmessen. Reihenfolge für die Wiederholungs‐messungen: Prüfobjekt 1 bis n und anschlie‐ßend wiederholenBei den Messreihen ist darauf zu achten, dassdie Ergebnisse der vorhergehenden Messungdem Bediener nicht mehr bekannt sind.Gegenseitige Beeinflussung von Bauteil, Mess‐system, etc. sind im Ergebnis enthalten.

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Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Vergleichbarkeit glei‐cher Messsysteme(Messstellen) uGV

Relevant ab mindestens 2 Messsystemen Auswertung In der Regel gilt für die Normale:Betrachtung des Streuungsanteil je MessstelleVergleich der gemessenen x̄ Werte zu den ka‐librierten Werten (Bias)Max – Min Betrachtung der gemessenen x̄Werte für die unterschiedlichen gleichen Mess‐systeme

A MessversuchVerfahren 1und 3 [Q-DASLeitfaden]

In der Regel gilt für Serienteile:Betrachtung des Streuungsanteil je MessstelleMax – Min Betrachtung der gemessenen x̄Werte bzw. der gemessenen Einzelwerte xi jeSerieteil für die unterschiedlichen gleichenMesssystemeGegenseitige Beeinflussung von Bauteil, Mess‐systeme, etc. sind im Ergebnis enthalten.Diese durch Versuche ermittelten Unsicher‐heitskomponenten werden mittels der Varianz‐analyse (ANOVA) berücksichtigt HinweisDurchführung mit den selben Einstellnormalenund SerienteilenPrüfobjekte beim Messversuch in den 2 bis nMesssystemen ein und ausspannen und angleicher Position messen

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Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Vergleichbarkeiten zuunterschiedlichen Zeit‐punkten uSTAB

KurzzeitbetrachtungIn der Regel ist bei einer Kurzzeitbetrachtungdie Messbeständigkeit nicht Gegenstand derUntersuchung. LangzeitstabilitätsanalyseWenn bei Erst- oder Grundsatzuntersuchungender Verdacht besteht, dass die Messergebnis‐se sich über die Zeit verändern, wird empfohlendiese Unsicherheit durch definierte Messreihenzu ermitteln

A Messversu‐che Verfahren1 und Verfah‐ren 2 oder 3[Q-DAS Leit‐faden]

Langzeitstabilitätsüberwachung der Messpro‐zesseignung (Messbeständigkeit)Dient zur fortlaufenden Überwachung von kriti‐schen Merkmalen bzw. Messprozessen

(sieheAbschnitt 5.2)

HinweisAls Überprüfungsteile können Einstellnormaleoder Serienteile verwendet werden.Die Werte werden in z. B. Regelkarten einge‐tragen und der Messprozess mittels Eingriffs‐grenzen überwacht.Bei Verletzung der Eingriffsgrenzen muss UMP

entsprechend korrigiert werden.

Formabweichung /Oberflächenbeschaf‐fenheit / Materialeigen‐schaft der MessobjekteuOBJ

Für die Ermittlung der Standardunsicherheit in‐folge der Formabweichung stehen folgendeMöglichkeit zur Verfügung:

- Zeichnungsangabe (max. zulässige Form‐abw.)

B Zeichnung

- Regelkarte Serienfertigung (tatsächliche For‐mabw.)

B Regelkarte

- Prüfobjekte beim Messversuch (tatsächlicheFormabweichung)

A Messversuch

Die für den Messversuch verwendeten Prüfob‐jekte (min 5) sollten sich über den ganzen To‐leranzbereich verteilt und repräsentativ für diezu erwartende Formabweichung.Alle weiteren möglichen Eigenschaften sind se‐parat, wenn vermutet oder vorhanden durchMessversuche, aus Tabellen- oder Hersteller‐angaben zu berücksichtigen

TabellenbuchMaterialda‐tenblatt

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Unsicherheitskompo‐nenten in Folge:

Empfehlungen / Hinweise MethodeA/B

Quelle

Temperatur uT Für die Ermittlung der Unsicherheit aufgrunddes Temperatureinflusses sind folgende Über‐legungen zu berücksichtigen: Temperaturkom‐pensation vorhanden Ja/NeinUnabhängig von einer Kompensation oderwenn komplexe Zusammenhänge mit unbe‐kannten Ausdehnungskoeffizienten vorhandensind, sollte das tatsächliche Ausdehnungsver‐halten durch einen Messversuch ermitteltwerden. Hierbei werden die Normale und Prüf‐objekte erwärmt und während der Abkühlphaseuntersucht.Die Differenz a zwischen max und min Wertwird zur Schätzung von uT herangezogen.

A/B MessversuchSieheAnhang B

weitere EinflüsseuREST

Alle weiteren möglichen Einflüsse sind separat,wenn vermutet oder vorhanden, durch Mess‐versuche, aus Tabellen- oder Herstelleranga‐ben zu berücksichtigen.

A/B MessversuchDiverse Un‐terlagen

Übersicht typischer Messprozessmodelle

Bei vielen Messprozessen kommen nicht alle bzw. häufig nur sehr wenige Einflusskomponenten zumTragen. Daher können Messprozessmodelle mit gleichen Unsicherheitskomponenten definiertwerden (siehe Tabelle 14).Die Übersicht soll Hilfestellung bei folgenden Fragestellungen und Vorgängen leisten:– Mit welcher Kalibrierunsicherheit wurde der Istwert des Normals ermittelt?– Kann das gekaufte Messmittel abgenommen, freigegeben werden?– Welche Unsicherheitskomponenten müssen bei Standardmesssystemen berücksichtigt

werden?– Ist das Messsystem (Messgerät), die Messeinrichtung für die Toleranz(en) unter Produktions‐

bedingungen geeignet? Wie groß ist der Einfluss der Produktionsteile auf das Messergebnisbzw. auf die Messprozesseignung?

– Wie stark kann der Messwert streuen?– Was muss bei einer Konformitätsprüfung (Messergebnis innerhalb oder außerhalb der Toleranz)

beachtet werden?Hinweis:Die Modelle C, D und E (siehe Tabelle 14) können separat angewendet werden oder auf einanderaufbauen. Das heißt, dass die ermittelten Werte der Unsicherheiten von Model C auf Model D oderE übertragen werden können, und nicht neu ermittelt werden müssen.

6.1

Seite 59VW 10119: 2012-04

Tabelle 14 – Typische Messprozessmodelle und der Unsicherheitskomponenten

1 Au

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Modell AKalibrierunsicherheit des Normals

Model BAnnahmeprüfung des Messpro‐zesses für Standartmesssysteme

Model CAbnahme-/Annahmeprüfung vonMesssystemen

Model D1Annahmeprüfung des Messpro‐zesses mit Bedienereinfluss ohneSerienteileinfluss (Serienteil lage‐orientiert messen)

Model D2Annahmeprüfung des Messpro‐zesses ohne Bedienereinfluss oh‐ne Serienteileinfluss (Serienteilelageorientiert, halb / automatischzugeführt)

Model E1Konformitäts- / Annahmeprüfungdes Messprozesses mit Bediene‐reinfluss mit Serieneinfluss

Model E2Konformitäts- / Annahmeprüfungdes Messprozesses ohne Bedie‐nereinfluss mit Serieneinfluss (Se‐rienteile lageorientiert, halb / auto‐matisch zugeführt)

Messsystem

Messprozess

Grün = Ist immer zu berücksichtigenGelb = Wenn vorhanden, berücksichtigenGrau = Entfällt bei dem Model

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Spezielle Messprozesse

Messprozess mit kleinen Toleranzen

Kleine Toleranz ist kein genormter Begriff, er soll ausdrücken, dass es sich dabei im Vergleich zunormalen Verhältnissen um sehr kleine Toleranzen handelt. Kennzeichen der kleinen Toleranzen ist,dass sie sehr schwierig und aufwändig herzustellen und zu messen sind. D. h. die üblichen Fähig‐keits- und Eignungskennwerte sind meist nicht wie bei normalen Toleranzen zu erreichen, man be‐findet sich häufig an physikalischen und technischen Grenzbereichen.Kleine GeometrieelementeVon kleinen Geometrieelementen spricht man, wenn die für eine Messung zur Verfügung stehendenMessgeometrien sehr klein sind und nur wenige Datenpunkte für eine sichere Auswertung erfasstwerden können. Beispiele sind: Längenmessungen mit sehr kurzen Auswertelängen, Radienmes‐sung mit sehr kleinen Radiensegmenten oder Winkelmessungen bei sehr kurzen Schenkellängen.Oftmals kommt erschwerend hinzu, dass die Anfangs- und Endpunkte für das jeweilige Geometrie‐element oft unscharf definiert sind und aufgrund der Oberflächenabweichungen keine idealen For‐men vorliegen und somit zwangsläufig mit größeren Messabweichungen gerechnet werden muss.Im Einzelfall sind andere als im Abschnitt 3.8 beschriebene Grenzwerte fest zulegen.Hinweis: Es ist nicht möglich, eine allgemein gültige Grenze für kleine Toleranzen zu

bestimmen, da immer die Geometrie, physikalische und technologische Ge‐gebenheiten der Messaufgabe mit betrachtet werden müssen.

Klassierung

Bei Herstellprozessen mit großer Fertigungsstreuung findet häufig eine Klassierung kritischer Merk‐male statt. Dabei werden die Toleranzen der relevanten Merkmale in zwei oder mehr Klassen auf‐geteilt. Typische Anwendungsfälle sind:– Zylinder und Kolben– Kolben und Kolbenbolzen– Zylinderkurbelgehäuse und KurbelwelleDer Klassiervorgang beinhaltet eine 100 %-Prüfung der relevanten Merkmale, die Zuordnung derBauteile zur festgestellten Klasse und eine entsprechende Kennzeichnung.Auf Grund der Messunsicherheit kommt es bei Messergebnissen an den Klassengrenzen bei wie‐derholten Messungen zu unterschiedlichen Klassenzuordnungen, z. B. zwischen Hersteller und Ab‐nehmer.Um sicherzustellen, dass dieselben Teile bei wiederholten Messungen in maximal zwei benachbarteKlassen sortiert werden können, darf die erweiterte Messunsicherheit höchstens die Hälfte der Klas‐senbreite (KB) betragen: UMP/KB ≤ 0,5

Oder allgemein: Die maximale Anzahl benachbarter Klassen, in die dasselbe Teil sortiert werdenkann: 2 × UMP / KB +1 = max. Anzahl benachbarter Klassen.

7

7.1

7.2

Seite 61VW 10119: 2012-04

Bild 24 – Klassierungsmodell

Validierung von Messsoftware

Heute wird in vielen Messgeräten zur Ermittlung der Messwerte Software verwendet. Den von Rech‐nerprogrammen gelieferten Ergebnissen wurde und wird heute teilweise noch blindlings vertraut.Gerade wegen der Vielfältigkeit und der Komplexität von Rechnerprogrammen sind diese oftmalsfehlerbehaftet. Selbst bei umfangreichen Tests durch die Hersteller werden nicht alle „Fehler“ ge‐funden. Umso wichtiger ist die Validierung der Software, um nachzuweisen, dass sie den Anforde‐rungen für den konkreten Einsatz genügt und ob alle relevanten Informationen vollständig angezeigtwerden.Um beim Einsatz von Software eine möglichst hohe Sicherheit für Korrektheit der Ergebnisse zuhaben, fordern mehrere Normen die Validierung der verwendeten Software:– Auszug aus DIN EN ISO 9001 bzw. ISO/TS 16949.

Abschnitt 7.6 „Lenkung von Überwachungs- und Messmitteln“:Bei Verwendung von Rechnersoftware zur Überwachung und Messung festgelegter Anforde‐rungen muss die Eignung dieser Software für die beabsichtigte Anwendung bestätigt werden.Dies muss vor dem Erstgebrauch vorgenommen werden und wenn notwendig auch später be‐stätigt werden.

– Auszug aus DIN EN ISO 10012, Abschnitt 6.2.2 „Software“:Die in den Messprozessen und bei der Berechnung der Ergebnisse eingesetzte Software mussdokumentiert, gekennzeichnet und überwacht werden, um ihre Eignung für den fortgesetztenEinsatz sicherzustellen. Die Software und sämtliche neueren Versionen müssen vor dem Einsatzgeprüft und/oder validiert werden, für den Einsatz freigegeben und archiviert werden.

Typische Anwendungsbereiche für Rechnerprogramme, die zur Überwachung und Messung fest‐gelegter Anforderungen eingesetzt werden, sind Mess- und Auswerteprogramme bei:– Koordinatenmessgeräte– Form-, Oberflächenmessung– Messvorrichtungen / SPC-Systeme– Prüfstände– Statistische AuswertungenDie Anforderungen an die Rechnerprogramme gelten sowohl für Fremdsoftware als auch für die imeigenem Unternehmen erstellte Software. Um die Validierung möglichst effizient vorzunehmen, emp‐fiehlt sich eine standardisierte Vorgehensweise. Die Valdierung ist mittels einer individuell zu erstel‐lenden Checkliste zu dokumentieren. Diese sollte beispielsweise enthalten:

7.3

Seite 62VW 10119: 2012-04

– Release Nummer auf Datenträger mit Hilfe / Info vergleichen– Individuelle Konfiguration und Einstellungen der Software dokumentieren– Nach Installation wichtige Funktionen testen (diese sind für die jeweilige Anwendung zu spezi‐

fizieren)– Messungen an kalibrierten Normalen durchführen und Ergebnisse mit den ermittelten Istwerten

und den Ergebnissen der Vorgängerversion vergleichen (die Messunsicherheit ist zu beachten)– Prüfen, ob alle relevanten Informationen bereitgestellt werden– Soweit möglich, Ergebnisse (z. B. von Mehrstellenmessgerät) mit genauerem Messsystem (z.

B. Koordinatenmessgeräte im Labor) vergleichen– Bei Auswertungen sollten Testdaten vorliegen, von denen die Ergebnisse bekannt sind. Diese

Daten sind einzulesen neu zu berechnen und die Ergebnissen mit den Referenzenergebnissenvergleichen

Nach erfolgreicher Validierung:– ist die Programmversion explizit freizugeben– sind alle betroffenen Installationen auszutauschen (möglichst über Netzwerk, um sicher zu ge‐

hen, keine Installation zu übersehen)– sind die betreffenden Anwender über der aktuellen Version informieren– und ggf. ein Softwarewartungsvertrag abzuschließen, um an künftigen Neuerungen (z. B. neue

Richtlinien, Normen oder Gesetzesvorganen) automatisch zu partizipierenNaturgemäß unterliegt Software keinem Verschleiß, daher sind keine weiteren Überprüfungen dervalidierten Software während dem Einsatz erforderlich. Sollte sich allerdings die Systemumgebungbzw. wesentliche Merkmale der Software, der Hardware oder des Betriebsystems ändern, ist eineerneute Validierung vorzunehmen.Im Idealfall wird eine Eignungserklärung (Gutachten) durch den Softwarehersteller / Lieferant abge‐geben.

Eignungsnachweis von Attributiven Prüfprozessen

Einleitung

Bedingt durch den Charakter attributiver Prüfungen lassen sich aussagekräftige Ergebnisse bezüg‐lich der Eignung eines attributiven Prüfprozesses, wenn überhaupt, nur mit einem erheblichen Auf‐wand erzielen.Eine geeignete Vorgehensweise zum Eignungsnachweis von attributiven Prüfprozessen muss be‐rücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Prüfergebnis von der Merkmals‐ausprägung abhängig ist. In diesem Sinne handelt es sich hier also um bedingte Wahrscheinlichkei‐ten.P (Prüfergebnis | Merkmalswert)Die Wahrscheinlichkeit für ein richtiges Prüfergebnis ist für diejenigen Merkmalswerte annähernd100 %, die außerhalb der Unsicherheitsbereiche um die Spezifikationsgrenzen liegen und für dieje‐nigen Merkmalswerte annähernd 50 %, die in der Mitte des Unsicherheitsbereiches liegen („reinzufällige Entscheidung“).Bei der hier vorgeschlagenen Vorgehensweise wird zunächst grundsätzlich unterschieden zwischenEignungsnachweisen mit bzw. ohne Referenzwerte. Für den Fall, dass Referenzen vorliegen, wirdein zweistufiges Vorgehen vorgeschlagen.

8

8.1

Seite 63VW 10119: 2012-04

Quasi-Eignungsnachweis ohne Vorliegen von Referenzwerten

In diesem Falle kann nur überprüft werden, ob es signifikante Unterschiede zwischen verschiedenenPrüfern gibt. Ob dabei aber die einzelnen Prüfungen jeweils zum richtigen Ergebnis geführt haben,bleibt unberücksichtigt. Dies muss jedoch immer dann in Kauf genommen, wenn keine Referenz‐werte vorliegen.Die Auswahl der Prüfobjekte kann einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis dieses Verfahrenshaben, was jedoch in diesem Fall unberücksichtigt bleiben muss.Folgendes Standardexperiment wird vorgeschlagen:Mindestens 40 verschiedene Prüfobjekte werden von 2 Prüfern, A und B, je 3 mal geprüft. Jedes der40 Ergebnisse der Prüfer A bzw. B wird in einer von drei Klasse zugeordnet:Klasse 1: alle 3 Wiederholungen ergaben das Ergebnis „gut“.Klasse 2: innerhalb der 3 Wiederholungen keine einheitliches ErgebnisKlasse 3: alle 3 Wiederholungen ergaben das Ergebnis „schlecht“Das Ergebnis der Prüfungen kann anschließend in einer Tabelle zusammengefasst werden:

Tabelle 15

Häufigkeitennij

PrüferB

Klasse 1Ergebnisse

„+++“

Klasse 2gemischte Ergeb‐

nisse

Klasse 3Ergebnisse

„- - -“

PrüferA

Klasse 1Ergebnisse

„+++“7 3 1

Klasse 2gemischteErgebnisse

10 4 7

Klasse 3Ergebnisse

„- - -“2 1 5

Diese Tabelle wird nun mit Hilfe des Bowker-Tests auf Symmetrie getestet.Wenn keine signifikanten Unterschiede zwischen den Prüfern bestehen, sind die ermittelten Häufig‐keiten nij in obiger Tabelle bezüglich der Hauptdiagonalen hinreichend symmetrisch.

Die zu testende Nullhypothese H0 : mij = mji (i, j = 1, …, 3 mit i ≠ j) besagt, dass die zu erwartendenHäufigkeiten mij, die symmetrisch zur Hauptdiagonalen liegen, identisch sind.

Die Teststatistik

(28)

mit 3 Freiheitsgraden wird mit der Prüfgröße verglichen.

8.2

Seite 64VW 10119: 2012-04

Die Hypothese der Symmetrie wird abgelehnt, wenn der Wert der Teststatistik größer ist als der Wertdes Quantils der Χ²-Verteilung mit 3 Freiheitsgraden.

Bild 25

Grundsätzlich kann dieses Verfahren auch mit mehr als 2 Prüfern durchgeführt werden. In diesemFall müssen alle Prüfer 3 Wiederholprüfungen an den Prüfobjekten durchführen und anschließendmüssen alle Zweierkombinationen der Prüfer einzeln getestet werden. Zu beachten ist in diesem Falldie Veränderung des Signifikanz-Niveaus der Gesamtaussage durch multiples Testen.

Eignungsnachweis bei Vorliegen von Referenzwerten

Bestimmung der Größe des Unsicherheitsbereiches

Für die Methode der Signalerkennung benötigt man zwingend Referenz-Messwerte.Ziel der Methode ist, die Breite des Unsicherheitsbereiches, in dem die Prüfer zu keinen eindeutigenEntscheidungen kommen, zu bestimmen. Das folgende Zahlenbeispiel ist der MSA entnommen, dortwerden noch zwei weitere Methoden erläutert, die hier nicht näher betrachtet sind.

8.3

8.3.1

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Bild 26

Symbol-ErläuterungIn der Tabelle sind die Referenz-Messwerte mit Kodierungen eingetragen. Ein Plus-Zeichen bedeu‐tet, dass alle drei Prüfer bei allen Prüfdurchgängen das Teil für gut befunden haben und dass diesesErgebnis mit der Referenz-Einstufung übereinstimmt.Ein Minus-Zeichen bedeutet, dass alle drei Prüfer bei allen Prüfdurchgängen das Teil für schlechtbefunden haben und dass dieses Ergebnis mit der Referenz-Einstufung übereinstimmte.Das Zeichen X steht für die Fälle, bei denen mindestens einer der Prüfer zu einem Prüfergebnisgekommen ist, das nicht mit dem Referenz-Wert übereinstimmt.Arbeitsschritte zur Bestimmung des Unsicherheitsbereiches:Schritt 1:Die Tabelle ist nach der Spalte Messwerte zu sortieren. Im obigen Beispiel wurde absteigend sortiert– also vom größten Wert absteigend bis zum kleinsten Wert.

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Schritt 2:Heraussuchen, wann alle Prüfer letztmalig übereinstimmend schlecht entschieden haben. Dies istder Übergang von Symbol Minus zu Symbol X. Ausgewählt wird der Messwert für letztmalig Minus(Symbol: -).

Tabelle 16

0,566152 -0,561457 X

Schritt 3:Heraussuchen, wann alle Prüfer erstmalig übereinstimmend gut entschieden haben. Dies ist derÜbergang von Symbol X zu Symbol +. Ausgewählt wird der Messwert für erstmalig Plus (Symbol: +).

Tabelle 17

0,543077 X0,542704 +

Schritt 4:Heraussuchen, wann alle Prüfer letztmalig übereinstimmend gut entschieden haben. Dies ist derÜbergang von Symbol + zu Symbol X. Ausgewählt wird der Messwert für letztmalig +.

Tabelle 18

0,470832 +0,465454 X

Schritt 5:Heraussuchen, wann alle Prüfer erstmalig übereinstimmend schlecht entschieden haben. Dies istder Übergang von Symbol X zu Symbol -. Ausgewählt wird der Messwert für erstmalig -.

Tabelle 19

0,449696 X0,446697 +

Schritt 6:Berechnen der Spannweite dU des Intervalls vom letzten Teil, das von allen Prüfern abgelehnt wurde,bis zum ersten Teil, das von allen Prüfern angenommen wurde.dU = 0,566152 – 0,542704 = 0,023448

Schritt 7:Berechnen der Spannweite dL des Intervalls vom letzten Teil, das von allen Prüfern angenommenwurde, bis zum ersten Teil, das von allen Prüfern abgelehnt wurde.dL = 0,470832 –0,446697 = 0,024135

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Schritt 8:Berechnen des Mittelwertes d beider Spannweiten.d = (dU + dL) / 2 = (0,023448 + 0,024135) / 2 = 0,0237915

Schritt 9:Bestimmen der Breite des Unsicherheitsbereiches.UATTR = d / 2 = 0,0237915 / 2

QATTR = 2 × UATTR / TOL = 2 × (0,0237915 / 2) / 0,1 ≈ 0,24

Damit beträgt QATTR ungefähr 24 %.

Bild 27 – Werteverlauf der Referenzwerte mit dem errechneten Unsicherheitsbereich

Hinweis: Der Aufwand ist nicht unerheblich, da bei diesem Beispiel neben den 50 Re‐ferenzmessungen immerhin weitere 450 Prüfungen durchzuführen und zudokumentieren sind.

Bei der Teileauswahl müssen die vermuteten Unsicherheitsbereiche überdeckt werden. Maximal istein Bereich von der halben Toleranz um die Spezifikationsgrenzen abzudecken. Aufgrund von Vor‐kenntnissen und unter Berücksichtigung der Auflösung kann dieser Bereich eingeschränkt werden.Für den Nachweis der Prüfprozesseignung ist sicherzustellen, dass die Grenzen der realen Unsi‐cherheitsbereiche ermittelt wurden.

Laufende Überprüfung

Zur laufenden Überprüfung der Eignung des Prüfprozesses werden von mindestens 1 Prüfer min‐destens 3 Teile mit definierten Referenzwerten geprüft.

8.3.2

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Die Teile sind dabei so auszuwählen, dass Referenzwerte in den Bereichen I, II und III liegen, sodass ein eindeutiges (alle Prüfungen stimmen mit dem Referenzergebnis überein) Ergebnis erwartetwerden muss.

Bild 28

Die Größe des Unsicherheitsbereiches kann entweder experimentell bestimmt werden (siehe vorigesKapitel) oder aus den jeweils gültigen Anforderungen an einen geeigneten Prüfprozess (QMP) abge‐leitet werden

(29)

(30)

Hierbei ist ggf. zu berücksichtigen, dass die Angabe der Erweiterten Unsicherheit i. d. R. auf Basisdes 95,45 %-Niveaus erfolgte.

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Verzeichnis der Formelzeichen

Tabelle 20

Symbol Bezeichnung TermMPE Grenzwert der Messabweichung maximum permissible measurement error

uAVVergleichbarkeit der Bediener (Bediene‐reinfluss)

standard uncertainty from reproducibilityof operator

uBI Systematische Messabweichung standard uncertainty from measurementbias

uCAL Kalibrierung des Normals calibration standard uncertainty on a stan‐dard

uEV

Messsystem: max {uEVR, uRE}Standard uncertainty from maximum valueof repeatability or resolution measuringsystem: max {uEVR, uRE}

Messprozess: max {uEVR, uEVO, uRE} measurement process: max {uEVR, uEVO,uRE}

uEVO Wiederholbarkeit (am Prüfobjekt) standard uncertainty from repeatability ontest parts

uEVRWiederholbarkeit (am Normal / an Refe‐renz)

standard uncertainty from repeatability onstandards

uGVVergleichbarkeit der Messvorrichtungen(Messstellen)

standard uncertainty from reproducibilityof measuring system

uIAi Wechselwirkung (-en) standard uncertainty from interactionsuLIN Linearitätsabweichung standard uncertainty from linearity

uMPKombinierte Standardunsicherheit (Mess‐prozess)

combined standard uncertainty on measu‐rement process

uMSKombinierte Standardunsicherheit (Mess‐system)

combined standard uncertainty on measu‐rement system

uMS_REST weitere Einflüsse Messsystemstandard uncertainty from other influencecomponents not included in the measuringsystem analysis

uOBJ Inhomogenität des Prüfobjekts standard uncertainty from test part inho‐mogeneity

uRE Auflösung der Anzeige / der Ablesung standard uncertainty from resolution ofmeasuring system

uREST weitere Einflüsse standard uncertainty from other influencesnot included in the analysis

uSTABVergleichbarkeit zu unterschiedlichenZeitpunkten

standard uncertainty from stability of mea‐suring system

uT Temperatur standard uncertainty from temperatureu(xi) Standardunsicherheit standard uncertaintyu(y) Kombinierte Standardunsicherheit combined standard uncertaintyUATTR Unsicherheitsbereich uncertainty range

9

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Symbol Bezeichnung Term

UMPErweiterte Messunsicherheit (Messpro‐zess)

extended uncertainty (measurement pro‐cess)

UMSErweiterte Messunsicherheit (Messsys‐tem)

extended uncertainty (measurement sys‐tem)

RE Auflösung resolutionBi Systematische Messabweichung biasQMS Eignungskennwert (Messsystem) capability ratio (system)QMP Eignungskennwert (Messprozess) capability ratio (process)QMS_max Eignungsgrenzwert (Messsystem) capability ratio limit (system)QMP_max Eignungsgrenzwert (Messprozess) capability ratio limit (process)TOL Toleranz tolerance

TOLMIN-UMP Minimal zulässige Messprozesstoleranz minimum permissible tolerance of measu‐rement process

TOLMIN-UMS Minimal zulässige Messsystemtoleranz minimum permissible tolerance of measu‐rement system

k Erweiterungsfaktor coverage factora Grenzwert variation limitb Verteilungsfaktor distribution factor

U1) Höchstwert U (Grenzwert, der den oberenbegrenzenden Wert angibt

upper specification limit U (specification li‐mit that defines the upper limiting value)

L1) Mindestwert L (Grenzwert, der den unte‐ren begrenzenden Wert angib

lower specification limit L (specification li‐mit that defines the lower limiting value)

1) In der DIN V ENV 13005(GUM) bzw. in der DIN EN ISO 14253-1 wird für die Erweiterte Messun‐sicherheit das Formelzeichen U verwendet. In neuen Normen z. B. DIN ISO3534-2 ist die obereToleranzgrenze mit U bezeichnet. Um Verwechslungen zu vermeiden wir in diesem Dokument dieErweiterte Messunsicherheit mit UMS abgekürzt, wenn es sich um das Messsystem und mit UMP,wenn es sich um den Messprozess handelt.P Prüfergebnis, Merkmalswert test result, characterstic valueUCL Obere Regelgrenze upper control limitLCL Untere Regelgrenze lower control limitCg Messsystempotential capability index of measuring system

Cgk Fähigkeitsindex Messsystem minimum capability index of measuringsystem

Cp;real tatsächliches Prozesspotential real process capability indexsg Standardabweichung standard deviationxm Wert des Referenznormal reference quality value of the standard

xmu Wert des oberen Referenznormal reference quality value of the standard atthe upper specification limit

xmm Wert des mittleren Referenznormal reference quality value of the standard inthe centre of the specification

xml Wert des unteren Referenznormal reference quality value of the standard atthe lower specification limit

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Symbol Bezeichnung TermCp;obs beobachtetes Prozesspotential observed process capability indexT Temperatur temperature

ΔTOBJTemperaturabweichung des Prüfobjektesvon 20 °C

temperature deviation of test part from 20°C

ΔTRTemperaturabweichung des Messgeräte‐maßstabes bzw. des Normals von 20 °C

temperature deviation of scale or standardfrom 20 °C

αOBJWärmeausdehnungskoeffizient des Prüf‐objektes thermal expansion coefficient of test part

αRWärmeausdehnungskoeffizient des Mess‐gerätemaßstabes bzw. des Normals

thermal expansion coefficient of scale orstandard

yRLänge des Normals bei Referenztempera‐tur 20° C

length of standard at a reference tempe‐rature of 20 °C

ykorr Korrigierter Messwert corrected measured quality value

d Ergebnis der Unterschiedsmessung Prüf‐objekt – Normal

result of measurement by comparison testpart – reference standard

yi Messwert measured quantity value

Y Messergebnis (Messwert yi einschließlichder Erweiterten Messunsicherheit UMP

measurement result (measured quantityvalue yi including the expanded measure‐ment uncertainty UMP

N Anzahl Normale (n = 1, ..., N) number of standards (n = 1, …, N)

K Anzahl Wiederholmessungen(k = 1, ..., K) je Normal

number of repeated measurements (k = 1,…, K) per standard

KB Klassenbreite class widthσ2 Varianz Variance

xn richtiger Wert des n-ten Normals conventional true value for the n-th stan‐dard

yn Messwert des n-ten Normals measured quantity value of the n-th stan‐dard

ynkWert der k-ten von K Messungen des n-tenvon N Normalen

k-th of K measurements on the n-th of Nstandards

x̄ arithmetischer Mittelwert aller richtigenWerte

arithmetic mean of all conventional truevalues

arithmetischer Mittelwert aller Messwerte arithmetic mean of all measured qualityvalues

εnk

Abweichung des Messwertes der k-tenvon K Messungen des n-ten von N Nor‐malen von seinem Erwartungswert

deviation of the measured quantity valueof the k-th of K measurements on the n-thof N standards from its expected value

enkResiduen der k-ten von K Messungen desn-ten von N Normalen

residuals of the k-th of K measurements onthe n-th of N standards

β0 y-Achsen-Abschnitt y-intercept

geschätzter y-Achsen-Abschnitt estimated y-intercept

β1 Steigung der Regressionsgerade slope of calibration function

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Symbol Bezeichnung Termgeschätzte Steigung der Regressionsge‐rade estimated slope of the regression function

1-α Vertrauensniveau level of confidenceZ1-α / 2 Quantil der Standardnormalverteilung quantile of standard normal distributionf Anzahl Freiheitsgrade number of degrees of freedomtf, 1-α / 2 Quantil der Student t-Verteilung mit f Frei‐

heitsgradenquantile of Student t-distribution with f de‐grees of freedom

SS Summe der quadrierte Abweichungen sums of squaresMS Mittlere quadratische Abweichungen mean square

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Stichwortverzeichnis

Tabelle 21 – Stichwortverzeichnis

AAbsolutmessung 81ANOVA 8, 21ANOVA-Tafeln 75Arbeitspunkt(e) einstellen 90ARM 22attributive 62Attributive Prüfung 125, 126Auflösung 10, 32, 35, 36, 53Aufnahmevorrichtung 17Ausreißer 19, 42Auswertemethode 17 BBediener 7, 16, 17, 31, 45Bedienereinfluss 55Bezugsnormal 6, 15, 33Bias 8, 33 CC-Wert 30 DDefinitionen 5D-optimaler Plan 22D-optimaler Versuchsplan 96 EEignung 15, 29Eignungskennwerte 25, 44, 47Eignungsnachweis 44, 46Einflüsse 15, 54Einflusskomponenten 16Eingriffsgrenzen 50, 57Einstellen 10Einstellmeister 9Einstellnormal 9Erweiterte Messunsicherheit 6, 17, 23, 24, 47Erweiterungsfaktor 6 FFähigkeit 28Fähigkeitskennwerte Fehlergrenzwert 84Formabweichung 75Formelzeichen 68

GGebrauchsnormal 9Grenzwerte 27Grenzwert der Messabweichung 10GUM 5 JJustieren 9 KKalibrierung 9Kalibrierunsicherheit 33, 35, 53Klassierung 60Kleine Geometrieelemente 60kleine Toleranzen 60KMG 99kombinierte Messunsicherheit 24Kombinierte Standardmessunsicherheit 6Kombinierte Standardunsicherheit 6, 24Konformität 7Konformitätsbewertung 7, 17Konformitätsentscheidungen 17Korrektur 41, 81, 84k-Faktoren 89 LLängenausdehnung 84Langzeitbetrachtungen 20Laufende Überprüfung 17 , 50, 67Lehren 8Linearität 36Linearitätsabweichung 32, 35, 55Linearitätsuntersuchung 41 MMangel an Anpassung 41, 42Maßverkörperungen 31, 39, 40Mensch 16Merkmal 7Merkmalswert 7Messabweichung 33Messbeständigkeit 11, 32, 50Messergebnis 7Messfehler 18Messgerät 10Messgerätedrift 19Messmethode 16

10

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MMessmittel 10, 16, 31Messobjekt 16Messobjekte 31, 57Messprozess 11, 32, 44Messprozesseignung 11, 17Messprozessmodelle 58Messsoftware 61Messstellen 45, 56Messsystem 10, 16, 32Messsystemeignung 10, 17Messunsicherheit 5Messverfahren 16Messwert 7Methode A 21Methode B 21, 23Metrologische (messtechnische) Rückführbar‐keit 9minimale Toleranz 28, 47Mittelwertbildung 87Momenten-Methode 22MPE 28MSA 8 NNichtübereinstimmungsbereich 13nicht geeignete 31Normal 9, 15, 35Normalverteilung 42Normen 5 PPooling 48, 78Prozesspotenzial 29Prüfen 7Prüfer 7, 16, 31Prüfmerkmal 7Prüfobjekt 16, 45 RReferenztemperatur 81Referenzwerte 63, 64, 125, 126Regelgrenze 51Regelkarte 12, 50Regressionsdiagramm 43Regressionsfunktion 33, 41, 51, 75Regressionsgerade 41Residuen 42, 75Reststandardabweichung 41Richtiger Wert 8

SSchwingungen 32Stabilität 11, 32Standardabweichung 21Standardmessunsicherheit 6Standardunsicherheit 6Systematische Messabweichung 32, 35, 36, 53 TTemperatur 32, 58Temperatureinflüsse 80Toleranz 11 UÜberdeckungswahrscheinlichkeit 37Übereinstimmungsbereich 13Umgebung 16, 32Umwelt 16Unsicherheitsbereich 14, 62, 64Unsicherheitsbudget 6, 29Unsicherheitskomponente 6, 45 VValidierung 12, 61Variable Prüfung (Messen) 8Verfahren 1 37, 38, 54Verfahren 2 45, 55Verfahren 3 56Vergleichbarkeit 8, 20, 55Vergleichsmessung 81Vergleichspräzision 8Verifizierung 11Versuchsreduzierung 96Verteilungsfaktor 23 WWahrer Wert 8Wechselwirkungen 48, 93Wiederholbarkeit 8Wiederholpräzision 8

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Mitgeltende Unterlagen

Die folgenden in der Norm zitierten Dokumente sind zur Anwendung dieser Norm erforderlich:

DIN 1319-1: 1995-01 Grundlagen der Meßtechnik - Teil 1: GrundbegriffeDIN 1319-2 Grundlagen der Messtechnik - Teil 2: Begriffe für MessmittelDIN 1319-3 Grundlagen der Meßtechnik - Teil 3: Auswertung von Messungen einer

einzelnen Meßgröße, MeßunsicherheitDIN 55350-12 Begriffe der Qualitätssicherung und Statistik; Merkmalsbezogene BegriffeDIN EN ISO/IEC 17000 Konformitätsbewertung - Begriffe und allgemeine GrundlagenDIN EN ISO/IEC 17024 Konformitätsbewertung - Allgemeine Anforderungen an Stellen, die Per‐

sonen zertifizierenDIN EN ISO 10012 Messmanagementsysteme - Anforderungen an Messprozesse und Mess‐

mittelDIN EN ISO 14253-1 Geometrische Produktspezifikationen (GPS) - Prüfung von Werkstücken

und Meßgeräten durch Messen - Teil 1: Entscheidungsregeln für die Fest‐stellung von Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit Spezifika‐tionen

DIN EN ISO 15530-3 Geometrische Produktspezifikation und -prüfung (GPS) - Verfahren zurErmittlung der Messunsicherheit von Koordinatenmessgeräten (KMG) -Teil 3: Anwendung von kalibrierten Werkstücken oder Normalen

DIN EN ISO 9000 Qualitätsmanagementsysteme - Grundlagen und BegriffeDIN EN ISO 9001 Qualitätsmanagementsysteme - AnforderungenDIN ISO 3534-1 Statistik - Begriffe und Formelzeichen - Teil 1: Wahrscheinlichkeit und all‐

gemeine statistische BegriffeDIN ISO 3534-2 Statistik - Begriffe und Formelzeichen - Teil 2: Angewandte StatistikDIN V ENV 13005 Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim MessenISO/IEC GUIDE 99 Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM)ISO/TS 16949 Qualitätsmanagementsysteme - Besondere Anforderungen bei Anwen‐

dung von ISO 9001:2008 für die Serien- und Ersatzteil-Produktion in derAutomobilindustrie

ISO 14253-2 Geometrische Produktspezifikationen (GPS) - Prüfung von Werkstückenund Messgeräten durch Messen - Teil 2: Anleitung zur Schätzung der Un‐sicherheit bei GPS-Messungen, bei der Kalibrierung von Messgeräten undbei der Produktprüfung

VDI/VDE/DGQ 2618BLATT 9.1

Prüfmittelüberwachung - Prüfanweisung für Messschieber für Außen-, In‐nen- und Tiefenmaße

Literaturverzeichnis

[1] MSA – Measurement Systems Analysis, Reference Manual 4. Auflage, A.I.A.G. – ChryslerCorp., Ford Motor Co., General Motors Corp., Michigan, USA, 2010.

11

12

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Link:http://www.beuth.de/de/publikation/msa-measurement-system-analysis/132930589?SearchID=340235660

[2] DKD-4 – Rückführung von Mess- und Prüfmitteln auf nationale Normale. DKD bei der PTB,Braunschweig, 1998. Link: http://www.dkd.eu/dokumente/Schriften/dkd_4.pdf

[3] Q-DAS Leitfaden – Leitfaden der Automobilindustrie zum Fähigkeitsnachweis von Mess‐systemen Version 2, Q-DAS GmbH, Weinheim, 2002. Link: http://www.q-das.com/filead‐min/files2/qdasguidelinemsa/Leitfaden_v21_me.pdf

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Statistischer Hintergrund zum Eignungsnachweis von Prüfprozessen

Formeln zur Berechnung der Regressionsfunktion

(A.1)

Formeln zur Schätzung der unbekannten Parameter β0 („y-Achsen-Abschnitt“) und β1 („Steigung“):

(A.2)

und mit den Residuen εnk:

(A.3)

mitynk Wert der k-ten von K Messungen des n-ten von N Normalenxn Richtiger Wert des n-ten Normalsεnk N(0,σ2)-verteilte Abweichung von ynk vom Erwartungswert (β0+β1 × xn) der

Messung des n-ten Normals

Anhang A (informativ)

A.1

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ANOVA-Tafeln

Da sich die Einflüsse als zufällige Abweichungen auf das Messergebnis auswirken (sieheAbschnitt 3.1), werden nur ANOVA Analysen des Modelles II (nur Zufallskomponenten) berücksich‐tigt.Varianztabelle zu Abschnitt 4.2.2.2.

LegendeLIN = LinearitätEVR = Wiederholbarkeit am NormalN = Anzahl der NormaleK = Anzahl der Wiederholungen

Bild A.1

A.2

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Varianztabellen zu Abschnitt 4.3.1Fall 1: Unsicherheitskomponenten Wiederholbarkeit

LegendeAV = PrüfereinflussPV = TeileeinflussIA = Wechselwirkung Prüfer TeilEVO = Wiederholbarkeit am Objekt

NA = Anzahl der PrüferNP = Anzahl der TeileNR = Anzahl der Wiederholungen

Bild A.2

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Fall 2: Unsicherheitskomponenten Bediener, Wiederholbarkeit und Wechselwirkung zwischen Be‐diener und Teil

Bild A.3

Wenn die Wechselwirkung zwischen Prüfer und Teil nicht signifikant ist, d. h. wenn F < F0, sollten dieWiederholbarkeit und Wechselwirkung zu einer gemeinsamen Komponente zusammengefasstwerden (Pooling).Dann gilt:

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– SSPool = SSEVO + SSIA und MSPool = SSPool

fEVO + fIA

– SSPool = SSEVO + SSIA und MSPool = SSPool

fEVO + fIA– MSPool ersetzt MSIA in den Zeilen AV und PV der Varianztabelle.– Für die geschätzte Standardabweichung der Wiederholbarkeit ergibt sich:

(A.4)

Fall 3: Unsicherheitskomponenten Messvorrichtung, Wiederholbarkeit und Wechselwirkungzwischen Messvorrichtung und TeilAnalog zu Fall 2 mit Austausch von Bediener und Messvorrichtung.

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Abschätzung von Standardunsicherheiten durch TemperatureinflüsseDa sich die meisten Stoffe bei Temperaturschwankungen verändern, muss bei allen Längenmes‐sungen die Standardunsicherheit uT in Folge von Temperaturänderungen ermittelt werden (sieheBild B.1).

Bild B.1 – Abläufe zur Ermittlung der Standardunsicherheit uT

Beim Vergleich eines Prüfobjektes (Werkstückes) mit einem Normal oder Maßstab, haben Tempe‐ratureinflüsse nur dann keine Auswirkungen, wenn sowohl Prüfobjekt als auch Normal bzw. Maßstabaus dem gleichen Werstoff sind und beide dieselbe Temperatur haben. Wenn dies nicht der Fall ist,

Anhang B (informativ)

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ist das Messergebnis wegen der unterschiedlichen Ausdehnung mit einer Abweichung behaftet. Dasolche Abweichungen z. T. recht groß sein können, sollten sie grundsätzlich rechnerisch korrigiertwerden (Temperaturkompensation).

Unsicherheit mit Korrektur der unterschiedlichen Längenausdehnung

Der korrigierte Messwert ykorr errechnet sich je nach Art der Messung zu:

Absolutmessung

(B.1)

mitγi = Anzeigewert des MessgerätesΔTOBJ = Temperaturabweichung des Prüfobjektes von 20 °CΔTR = Temperaturabweichung des Messgerätemaßstabes von 20 °CαOBJ = Wärmeausdehnungskoeffizient des PrüfobjektesαR = Wärmeausdehnungskoeffizient des Messgerätemaßstabes (z. B. Glasmaß‐

stab eines Höhenmessers).Mit guter Näherung gilt auch:

(B.2)

Vergleichsmessung

(B.3)

mitd Ergebnis der Unterschiedsmessung (Prüfobjekt – Normal)γR Länge des Normales bei Referenztemperatur 20 °CΔTR Temperaturabweichung des Normales von 20 °CαR Wärmeausdehnungskoeffizient des Normales

Mit guter Näherung gilt auch:

(B.4)

Da sowohl die (gemessenen) Temperaturen als auch die Wärmeausdehnungskoeffizienten die zurBerechnung eingesetzt werden, wiederum mit Unsicherheiten behaftet sind, verbleibt eine Restun‐sicherheit uREST. Unter der Annahme, dass αOBJ, αR, ΔTOBJ und ΔTR unkorreliert sind und sich die

B.1

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Temperaturen während der Messung nicht ändern, errechnet sich die Standardunsicherheit durchTemperatureinflüsse zu:

(B.5)

Wenn keine anderen Daten vorliegen, können für die Unsicherheiten der Wärmeausdehnungskoef‐fizienten üblicherweise 10 % der Koeffizienten und für die Unsicherheiten der Temperaturen 1 Kangesetzt werden. Sind während der Messung Temperaturänderungen (Drifts) möglich, müssendiese Einflüsse evtl. zusätzlich berücksichtigt werden.In Tabelle B.1 sind als Beispiel die Restunsicherheiten angegeben, die sich für die Messung vonObjekten aus unterschiedlichen Werkstoffen mit verschiedenen Maßstäben bzw. Normalen ergebenFür die Beispiele gilt die Annahme, dass Prüfobjekt und Messgerät annähernd gleiche Temperaturhaben (Temperierung des Prüfobjektes) und dass sich die Temperaturen während der Messung nichtändern und weiter, dass uαOBJ; R = 0,1 × αOBJ; R und uΔT OBJ; R = 1 Kelvin.

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Tabelle B.1 – Standardunsicherheiten uT von Prüfobjekten aus unterschiedlichen Werk‐stoffen und Einsatz verschiedener Maßstäbe bzw. Normale, wenn eine Temperaturkom‐

pensation erfolgt

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Unsicherheit ohne Korrektur der unterschiedlichen Längenausdehnung

Da in vielen Fällen der Praxis eine rechnerische Korrektur nicht möglich ist, müssen die Fehler, diedurch unterschiedliche Längenausdehnung bei von 20 °C abweichenden Temperaturen auftreten,zusätzlich berücksichtigt werden.Das folgende Verfahren geht davon aus, dass beim Messen sowohl Prüfobjekt als auch Messgerätannähernd gleiche Temperatur haben (Temperierung des Prüfobjektes) und dass eine maximale,von 20 °C abweichende Temperatur nicht überschritten wird. Die bei dieser Extremtemperatur tmax

größte mögliche Messabweichung wird als Fehlergrenzwert a aufgrund von Temperatureinflüssenbetrachtet.ANMERKUNG 1 Diese Betrachtungsweise gilt speziell auch in temperaturgeregelten Räumen

(Messräume), wo die momentan vorherrschende Temperatur immerzwischen einem oberen und unteren Wert um die Referenztemperatur 20 °Cperiodisch schwankt.

ANMERKUNG 2 Wird eine hohe Extremtemperatur zugelassen, so ist der daraus resultierendeUnsicherheitsanteil meist der dominierende Anteil im Unsicherheitsbudgetund bedingt zumeist eine unbefriedigend große Erweiterte MessunsicherheitUMP.

Durch die unterschiedliche Längenausdehnung bei der Extremtemperatur tmax berechnet sich dorteine Messabweichung ∆yi mit guter Näherung zu:

(B.6)

Dieser Fehler ergibt zusammen mit den Fehlern durch abweichende Ausdehnungskoeffizienten αR

bzw. αOBJ (wirksam bei tmax) den Fehlergrenzwert a (Worst Case) aufgrund von Temperatureinflüssen:

(B.7)

mit

(B.8)

Dabei wird uREST analog Formel (B.5) berechnet, jedoch ohne den Unsicherheitsbeiträgen aus derhier nicht vorhandenen Temperaturmessung

(B.9)

Damit wird die Standardunsicherheit durch Temperatureinflüsse:

(B.10)

B.2

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In Tabelle B.2 sind als Beispiel die Unsicherheiten angegeben, die sich für die Messung von Objektenaus unterschiedlichen Werkstoffen mit verschiedenen Maßstäben bzw. Normalen ergeben, wennkeine rechnerische Korrektur der unterschiedlichen Längenausdehnung erfolgt. Für die Beispiele giltdie Annahme, dass

(B.11)

ANMERKUNG 1 Die nach den beschriebenen Methoden ermittelte Unsicherheit gilt streng ge‐nommen nur für stabförmige Prüfobjekte mit homogener Temperaturvertei‐lung. Für andere, insbesondere für unsymmetrische Prüfobjekte, ist die tem‐peraturbedingte Längenänderung und damit die Unsicherheit, nur schwerabzuschätzen. Sie kann aber grundsätzlich nur kleiner als beim stabförmigenObjekt werden, so dass man sich immer auf der „sicheren Seite“ befindet.

ANMERKUNG 2 Die Tabellen zeigen, dass unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizien‐ten von Prüfobjekt und Normal bzw. Maßstab zu großen Messunsicherheitenführen. Daraus folgt, dass Messgeräte mit Maßstäben sehr kleiner Wärme‐ausdehnungskoeffizienten besonders große Messunsicherheiten zur Folgehaben, wenn keine Temperaturkompensation erfolgt. Auf die rechnerischeKorrektur der Temperatureinflüsse sollte daher bei solchen Messgerätengrundsätzlich nicht verzichtet werden.

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Tabelle B.2 – Standardunsicherheiten uT von Prüfobjekten aus unterschiedlichen Werk‐stoffen und Einsatz verschiedener Maßstäbe bzw. Normale, wenn keine Temperatur‐

kompensation erfolgt

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Verringerung der Messunsicherheit durch Wiederholmessungen mitMittelwertbildung

Durch mehrfache Wiederholungsmessung mit Mittelwertbildung kann eine Verringerung der Mes‐sunsicherheit erzielt werden. Durch den Übergang von der Einzelmessung zur Mehrfachmessunglassen sich die zufälligen Messunsicherheitskomponenten um den Faktor √ n* verringern. Dazu mussvorher, unter gleichen Messbedingungen, die Standardabweichung aus 25-maliger Messungswie‐derholung bestimmt werden, das heißt für die Angabe der Messunsicherheit wird die Standardab‐weichung aus einer früheren Messreihe genutzt (vgl. Abschnitt 4).In der Abbildung ist allgemeingültig dargestellt, wie die Erhöhung der Anzahl der Messwerte n* zueiner Verringerung der Standardunsicherheit führt.

Bild C.1 – Verringerung der Messunsicherheit durch Erhöhung der Anzahl der Wiederholungsmes‐sungen n*

Bei der Einzelmessung eines Merkmales geht die per Experiment ermittelte Wiederholbarkeit desMessgerätes, mit uEVR bzw. uEVO, in das Unsicherheitsbudget ein (vgl. Abschnitt 4.2 undAbschnitt 4.3). Wird ein Messergebnis dagegen aus mehrfachen Messungen desselben Merkmales,mit anschließender Mittelwertbildung berechnet, so verringert sich der Streuungseinfluss. Der Unsi‐cherheitsanteil aufgrund der Messgerätestreuung am Prüfobjekt ergibt sich dann nicht mehr aus demStreubereich einzelner Messwerte, sondern aus dem kleineren Zufallsstreubereich der Messwert‐mittelwerte zu:

(C.1)

Hierbei ist n* die Anzahl der Messungen, die für die Mittelwertbildung durchgeführt werden. Der Wertvon uEVO* ersetzt im Unsicherheitsbudget dann den Wert von uEVO, der beim Eignungsnachweis perExperiment ermittelten wurde. Zu beachten ist, dass im Unsicherheitsbudget immer nur der größte

Anhang C (informativ)

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der Werte von uEVR, uEVO oder uRE berücksichtigt wird. Es ist daher auch immer der Wert der Mess‐gerätestreuung am Normal uEVR , durch einen um den Faktor √n* kleineren Wert uEVR* zu ersetzenund mit der Unsicherheit uRE aus der Auflösung zu vergleichen.

Beispiel:Ein Experiment ergab folgendes UnsicherheitsbudgetuCAL = 0,8 µm, uEVR = 0,9 µm, uEVO = 1,1 µm, uRE = 0,6 µm, uAV = 1,3 µm

Messwert Einzelmessung: ∅ 20,354 mmDie kombinierte Standardunsicherheit

(C.2)

errechnet sich mit obigen Unsicherheitskomponenten zu

(C.3)

Messergebnis: ∅ 20,354 mm ± 3,76 µm (k = 2).Messwerte Mehrfachmessung: ∅ 20,354 mm; ∅ 20,348 mm; ∅ 20,352 mm

Mit den n* = 3 Wiederholungen, ergibt sich ein uEOV* = 1,1√3

= 0,64 µm bzw. ein uEVR* = 0,9√3

= 0,52 µm,

wodurch sich uMP auf

(C.4)

Messergebnis: ∅ 20,3513 mm ± 3,32 µm (k = 2).Eine weitere Erhöhung der Anzahl an Wiederholmessungen auf z. B. n* = 5 bringt zwar eine weitere

Verkleinerung von uEVO* = 1,1√5

= 0,49 µm bzw. uRE = 0,9√5

= 0,40 µm, was aber in diesem Fall zu keiner

wesentlichen Ergebnisverbesserung führt, da nun der Unsicherheitsanteil aus der Auflösung uRE =0,6 als größter Unsicherheitsanteil des Messgerätes in das Ergebnis eingeht:

(C.5)

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k-FaktorenKann bei der Ermittlung der Unsicherheitskomponenten das vorgegebene experimentelle Design imHinblick auf die erforderliche Stichprobengröße nicht realisiert werden, so ist die Annahme einerStudent t-Verteilung anstelle der Standardnormalverteilung erforderlich. Damit ergibt sich die Erwei‐terte Messunsicherheit zu UMP = tf,1-α/2 × uMP.

Die Anzahl von Freiheitsgraden f ergibt sich aus dem Produkt der Anzahl Prüfobjekt, der AnzahlBediener, der Anzahl Messvorrichtungen und der um 1 reduzierten Anzahl Wiederholmessungen.Fürf = 3×2×2×(3 - 1) = 24 erhält man t24,1-α/2 = 2,11

fürlf = 3×2×2×(2 - 1) = 12 erhält man t12,1-α/2 = 2,23

Tabelle D.1 – k-Werte für 95,45 % in Abhängigkeit des Freiheitsgrades

Freiheits‐grad f

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 → ∞

Werte k(p = 95,45

%)13,97 4,53 3,31 2,87 2,65 2,52 2,43 2,37 2,32 2,28 2,25 2,23 2,21 2,20 2,0

Anhang D (informativ)

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Arbeitspunkt(e) einstellenBevor mit einem Messsystem gemessen werden kann, muss es i. d. Regel mit einem oder zweiNormal(en) eingestellt werden. Hierbei wird der kalibrierte Istwert des Normals (Einstell-Normal, Ein‐stell-Meister) auf das Messsystem übertragen und dadurch die Betriebsbereitschaft hergestellt.Beim Einstellen ergeben sich, abhängig vom Messverfahren bzw. Messsystem, unterschiedlicheVorgehensweisen:

Arbeitspunkt mit einem kalibrierten Normal einstellen

Bestimmung der Systematischen Messabweichung und der Wiederholbarkeit (Verfahren 1)

Bild E.1

Dies wird bei linearen Messsystemen zur Einstellung des Arbeitspunktes angewandt. Der Wert desNormals sollte im Bereich von ± 10 % um den Arbeitspunkt liegen.

Arbeitspunkte mit zwei kalibrierten Normalen einstellen

Bestimmung der Systematischen Messabweichung und der Wiederholbarkeit (Verfahren 1):1. Fall: (siehe Bild E.2)Dies wird bei linearen Messsystemen zur Einstellung des Nullpunktes und der Verstärkung ange‐wandt. Die Werte der Normale sollte im Bereich von ± 10% um den Nullpunkt und den oberen Ar‐beitspunkt liegen. Aus der Wiederholstreuung mit den Normalen und den Abweichungen der ge‐messenen Mittelwerte zu den kalibrierten Istwerten der Normale werden die Unsicherheitskompo‐nenten (jeweils der Maximalwert) ermittelt.

Anhang E (informativ)

E.1

E.2

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Bild E.2

2. Fall: (siehe Bild E.3)Dies wird zur Einstellung des Messsystems an der unteren und oberen Toleranzgrenze angewandt.Die Werte der Normale sollten im Bereich von ± 10% um die Grenzwerte liegen. Aus der Wieder‐holstreuung mit den Normalen und den Abweichungen der gemessenen Mittelwerte zu den kalibrier‐ten Istwerten der Normale werden die Unsicherheitskomponenten (jeweils der Maximalwert) ermittelt.

Bild E.3

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Beispielrechnungen

Messprozesseignung mit drei Bezugsnormalen

Für ein Bolzenbohrungsmessgerät soll für einen Innendurchmesser eine Prüfprozessfähigkeit nach‐gewiesen und dokumentiert werden. Auftretende Unsicherheiten durch Objekt und Temperaturein‐fluss wurden im Vorfeld als vernachlässigbar bewertet und gehen nicht in die Bewertung ein.

Tabelle F.1

Angaben Messsystem und MessprozessNennmaß 30,000 mmObere Toleranzgrenze U 30,008 mmUntere Toleranzgrenze L 30,003 mmPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001mm) 0,1 μmKalibrierunsicherheit UCAL 0,026 μmErweiterungsfaktor kCAL 2Linearität 0Referenzwert Normal obere Toleranzgrenze xmu 30,0076 mmReferenzwert Normal Toleranzmitte xmm 30,0050 mmReferenzwert Normal untere Toleranzgrenze xml 30,0025 mmEignungsgrenzwert Messsystem QMS_max 15 %Eignungsgrenzwert Messprozess QMP_max 30 %

Zur Ermittlung der Standardunsicherheiten durch die Wiederholbarkeit am Normal und des Bias,wurden in einen Messversuch an 3 Normalen je 10 Wiederholungsmessungen durchgeführt.

Anhang F (informativ)

F.1

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Bild F.1

Aus den Angaben zum Messsystem und den Messwerten des Messversuches ergeben sich dasfolgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.2

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Bild F.3

Mit einer prozentualen Auflösung %RE von 2,00 % und einem Eignungskennwert QMS von 7,86 %kann das Messsystem des Bolzenbohrungsmessgerätes als geeignet angesehen werden.Nach dem Messsystem wird der Messprozess betrachtet. Dazu werden der Bedienereinfluss, dieWiederholbarkeit an Prüfobjekten und deren Wechselwirkungen in einem Versuch unter Prozess‐bedingungen ermittelt. In diesen Messversuch werden hierzu 10 Prüfobjekte von 3 Prüfern je 2-malgemessen.

Bild F.4

Aus den erfassten Messwerten lassen sich mit Hilfe der ANOVA Analyse die einzelnen Standardun‐sicherheiten bestimmen und zuordnen. Damit ergeben sich für den Messprozess das folgende Un‐sicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

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Bild F.5

Bild F.6

Mit einem Eignungskennwert QMP von 14,98 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess des Bolzenbohrungsmessgerätes als geeignet angesehen werden.

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Messprozesseignung mit D-optimalem Plan

Analog zum Fallbeispiel in Abschnitt F.1 soll eine erneute Messprozesseignung für das Bolzenboh‐rungsmessgerät durchgeführt werden. Diesmal jedoch mit der zusätzlichen Einflusskomponente Ob‐jekteinfluss. Diese soll durch zusätzliche Messungen an 4 unterschiedlichen Messpunkten des In‐nendurchmessers bestimmt werden. Um den gesamten Versuchsaufwand möglichst gering zuhalten, wird eine Versuchsreduzierung mit Hilfe eines D-optimalen Prüfplans durchgeführt.Die Vorgaben, Messwerte und Ergebnisse des Messsystems bleiben dieselben wie im Fallbeispielin Abschnitt F.1 und können aus diesem übernommen werdenFür den Messprozess wird ein D-optimaler Versuchsplan mit 3 Prüfern, 10 Prüfobjekten und 4 Mess‐stellen und 2 Wiederholungsmessungen erstellt. Der D-optimale Versuchsplan reduziert den Ver‐suchsaufwand von 240 auf 128 Einzelmessungen. Diese werden in den zufällig resultierenden Kom‐binationen aus Prüfer/Prüfobjekt/Messpunkt durchgeführt und anschließend mittels der ANOVA Me‐thode ausgewertet.Aus den Angaben zum Messsystem (siehe Abschnitt F.1) und den Messwerten des D-optimalenPlanes ergeben sich das nachfolgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

F.2

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Tabelle F.2 – Messwerte des D-optimalen Planes

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Bild F.7

Bild F.8

Mit einem Eignungskennwert QMP von 20,38 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess des Bolzenbohrungsmessgerätes als geeignet angesehen werden.

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Messprozesseignung eines KMG

Bild F.9

Für die Messung eines Innendurchmessers eines Pumpengehäuses von einem Normal mit einemKoordinatenmessgerät ist die Prüfprozesseignung nachzuweisen und zu dokumentieren.

Tabelle F.3

Angaben Messsystem und MessprozessNennmaß 150,00 mmObere Toleranzgrenze U 150,02 mmUntere Toleranzgrenze L 149,98 mmPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001 mm) 0,1 μmReferenzwert Normal 150,0015 mmKalibrierunsicherheit UCAL 2 μmErweiterungsfaktor kCAL 2Linearität 0Eignungsgrenzwert Messsystem QMS_max 15%Standardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Ko‐effizienten vom Prüfobjekt uαOBJ

1 ×10-6/K

Mittlere Temperatur des Prüfprozesses 22 °CAnzeigewert Messsystem 150,00 mmEignungsgrenzwert Messprozess QMP_max 30 %

Zur Ermittlung der Standardunsicherheiten durch die Wiederholbarkeit am Normal und des Bias wur‐den an einen Normal 20 Wiederholungsmessungen durchgeführt. Da die Linearitätsabweichung mit0 angegeben ist, kann diese für die weitere Betrachtung vernachlässigt werden.

F.3

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Bild F.10

Aus den Angaben zum Messsystem und den Messwerten des Messversuches ergeben sich dasfolgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.11

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Bild F.12

Mit einer prozentualen Auflösung %RE von 0,25 % und einem Eignungskennwert QMS von 14,42 %kann das Messsystem des KMG als geeignet angesehen werden.Da sich die Prüfprozesseignung ausschließlich auf ein Normal bezieht und beim KMG kein klassi‐scher Prüfereinfluss vorhanden ist, wird für den Messprozess nur zusätzlich die Unsicherheit derTemperatur nach DIN EN ISO 15530-3 berücksichtigt.Damit ergeben sich für den Messprozess das folgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisüber‐sicht.

Bild F.13

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Bild F.14

Mit einem Eignungskennwert QMP von 14,73 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess des KMG für die Messung des Innendurchmessers des Normals als geeignet an‐gesehen werden.

Messprozesseignung einer automatisierten Prüfvorrichtung

Für eine automatisierte Prüfvorrichtung ist die Prüfprozesseignung nachzuweisen und zu dokumen‐tieren.

Tabelle F.4

Angaben Messsystem und MessprozessNennmaß 53,01 mmObere Toleranzgrenze U 53,03 mmUntere Toleranzgrenze L 52,99 mmPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001 mm) 0, 5 μmKalibrierunsicherheit UCAL 1,6 μmErweiterungsfaktor kCAL 2Linearität uLIN (aus Voruntersuchung) 0fmax Feinzeiger (MPE) 1,2 μmReferenzwert Normal 53,0105 mmEignungsgrenzwert Messsystem QMS_max 15%Ausdehnungskoeffizient α Prüfobjekt für Stahl 11,5 1/K × 10-6/KAusdehnungskoeffizient α Messsystem für Stahl 11,5 1/K × 10-6/KStandardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizien‐ten vom Prüfobjekt uαOBJ für Stahl 1,2 1/K × 10-6/K

Standardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizien‐ten vom Messsystem uαR für Stahl 1,2 1/K × 10-6/K

Extremtemperatur (Umgebung) 25 °CDelta Temp. Einstellmeister zu 20 °C 5 °CDelta Temp. Prüfobjekt zu 20 °C 10 °C

F.4

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Angaben Messsystem und MessprozessAnzeigewert Messsystem 53 mmEignungsgrenzwert Messprozess QMP_max 30 %

Bild F.15

Zur Ermittlung der Standardunsicherheiten, durch die Wiederholbarkeit am Normal und des Bias,wurden an einem Normal 25 Wiederholungsmessungen durchgeführt. In einem Vorversuch wurdefestgestellt, dass eine Linearitätsabweichung nicht vorhanden ist und diese damit nicht weiter be‐rücksichtigt werden muss.

Bild F.16

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Aus den Angaben zum Messsystem und den Messwerten des Messversuches ergeben sich dasfolgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.17

Bild F.18

Mit einer prozentualen Auflösung %RE von 1,25 % und einem Eignungskennwert QMS von 11,54 %kann das Messsystem der automatisierten Prüfvorrichtung als geeignet angesehen werden.Nach der Betrachtung des Messsystems wird anschließend der Messprozess der automatisiertenPrüfvorrichtung untersucht. Dabei werden in einem Messversuch 10 Prüfobjekte 2-mal gemessen.

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Bild F.19

Zusätzlich zur Wiederholbarkeit der Prüfobjekte gibt es noch einen Temperatureinfluss zu berück‐sichtigen. Dieser bildet sich zum einen aus der Differenz der Ausdehnung zwischen Einstellmeisterund Prüfobjekt und zum andern aus der allgemeinen Temperaturunsicherheit ohne die Korrektur derLängenausdehnung.Daraus ergeben sich das folgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

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Bild F.20

Bild F.21

Mit einem Eignungskennwert QMP von 21,67 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess der automatisierten Prüfvorrichtung als geeignet angesehen werden.

Messprozesseignung eines Mehrstellenmessgerätes

Für ein Mehrstellenmessgerät mit 3 gleichen Messstellen ist die Prüfprozesseignung nachzuweisenund zu dokumentieren.

F.5

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Im ersten Schritt wird das Messsystem mit den Einflussgrößen der Auflösung, KalibrierunsicherheitNormale, Wiederholbarkeit an den Normalen, des Bias und der Taster/Antastung als zusätzlicheKomponente betrachtet.

Tabelle F.5

Angaben MesssystemNennmaß 64,505 mmObere Toleranzgrenze U 64,530 mmUntere Toleranzgrenze L 64,480 mmPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001 mm) 0,1 μmKalibrierunsicherheit UCAL 1,8 μmErweiterungsfaktor kCAL 2Linearität uLIN (aus Voruntersuchung) 0Fehlergrenzwert durch Taster/Antastung 0,8 μmReferenzwert Normal 1 / Messstelle 1 64,5042 mmReferenzwert Normal 1 / Messstelle 2 64,5035 mmReferenzwert Normal 1 / Messstelle 3 64,5016 mmReferenzwert Normal 2 / Messstelle 1 64,5421 mmReferenzwert Normal 2 / Messstelle 2 64,5449 mmReferenzwert Normal 2 / Messstelle 3 64,5465 mmReferenzwert Normal 3 / Messstelle 1 64,4604 mmReferenzwert Normal 3 / Messstelle 2 64,4612 mmReferenzwert Normal 3 / Messstelle 3 64,4596 mmEignungsgrenzwert Messsystem QMS_max 15 %

Tabelle F.6

Angaben MessprozessAusdehnungskoeffizient α Prüfobjekt für Stahl 11,5 1/K × 10-6/KAusdehnungskoeffizient α Messsystem für Stahl 11,5 1/K × 10-6/KStandardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizi‐enten vom Prüfobjekt uαOBJ für Stahl 1,2 1/K × 10-6/K

Standardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizi‐enten vom Messsystem uαR für Stahl 1,2 1/K × 10-6/K

Extremtemperatur (Umgebung) 30 °CAnzeigewert Messsystem 64,505 mmFehlergrenzwert Diff. aus Temp. Kompensation 2,2 μmEignungsgrenzwert Messprozess QMP_max 30 %

Zur Ermittlung der Standardunsicherheiten durch die Wiederholbarkeit an den Normalen und desBias wurden an den 3 Normalen in einem Messversuch je 10 Wiederholungsmessungen durchge‐führt.

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Bild F.22

Aus den Angaben zum Messsystem und den Messwerten des Messversuches ergeben sich dasfolgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.23

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Bild F.24

Mit einer prozentualen Auflösung %RE von 0,2 % und einem Eignungskennwert QMS von 12,69 %kann das Messsystem des Mehrstellenmessgeräts als geeignet angesehen werden.Im zweiten Schritt wird der gesamte Messprozess betrachtet. Hier werden in einem Messversuch dieEinflussgrößen der Wiederholbarkeit am Prüfobjekt, der Vergleichbarkeit der Messstellen und derenWechselwirkungen ermittelt. Des Weiteren wird der Einfluss der Temperatur nach der Berechnungohne Korrektur der Längenausdehnung und eine Restkomponente aus der Temperaturkompensationberücksichtigt. Zur Ermittlung der Restkomponente aus der Temperaturkompensation wurde in einerVoruntersuchung ein separater Messversuch durchgeführt (gemessener Wert in gleicher Lage übereinen Temperaturverlauf/Abkühlkurve) und ein Fehlergrenzwert von 2,2 μm festgestellt.Im Messversuch zum Messprozess wurden 10 Prüfobjekte pro Messstelle je 2-mal gemessen. Diedabei erfassten Messwerte werden anschließend mit der ANOVA Methode ausgewertet.

Bild F.25

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Aus den Angaben zum Messsystem und Messprozess sowie den Messwerten des Messversuchesergeben sich das folgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.26

Bild F.27

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Mit einem Eignungskennwert QMP von 21,03 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess des Mehrstellenmessgerätes als geeignet angesehen werden.

Optimierung eines Messprozesses

Zur Fertigungsüberwachung soll der Durchmesser einer Motorwelle gemessen werden. Hierfür istein geeignetes Messsystem auszuwählen und anschließend der gesamte Messprozess zu bewerten.In einer ersten Betrachtung wird ein Messsystem bestehend aus einem Feinmessrachen, einemmech. Feinmesszeiger und einem Einstellnormal verwendet.Für eine generelle Auswahl und Bewertung des Messsystems / Messprozesses werden die allge‐meingültigen Daten der jeweiligen Messkomponenten (mech. Feinzeiger, Feinmessrachen, Normaletc.) und nicht die jeweils spezifischen individuellen Daten verwendet.

Bild F.28

Tabelle F.7

Spezifikationen MotorwelleNennmaß 8 mmOberes Abmaß +0,010 mmUnteres Abmaß +0,001 mmObere Toleranzgrenze U 8,010 mmUntere Toleranzgrenze L 8,001 mmRundheit 0,003 mm

Tabelle F.8

Angaben mech. FeinzeigerPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0005 mm) 0,5 μmAbweichungsspanne fges (MPE) 0,6 μmMessbereich ± 25 µm

F.6

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Tabelle F.9

Angaben FeinmessrachenParallelität (laut Spezifikation) 0,6 μmMesskraft 3-10 NVerstellbereich (0 – 30) mmMessspanne 2 mmMessflächen D 8 mm

Tabelle F.10

Angaben EinstellnormalReferenzwert Normal 8,0005 mmKalibrierunsicherheit UCAL 0,6 μmErweiterungsfaktor kCAL 2Temperatur beim Kalibrieren 20 °CLinearität uLIN 0

Bevor mit dem Messsystem gemessen werden kann, muss es mit einem Normal eingestellt werden.Hierbei wird der kalibrierte Istwert des Normals (Einstellnormal, Einstellmeister) auf das Messsystemübertragen und dadurch die Betriebsbereitschaft hergestellt.Zur Überprüfung dieses Vorgangs wird anschließend das Normal 25-mal gemessen und die „Wie‐derholbarkeit“ und der „Bias“ als Unsicherheitskomponenten ermittelt.

Bild F.29

Hinweis: Auch wenn das Messsystem mit einem Normal eingestellt wurde, müssen dieFehlergrenzen des Feinzeigers und die Abweichungen des

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Feinmessrachens berücksichtigt werden. Es sind zwar in diesem Arbeits‐punkt die Wiederholbarkeit und die systematische Abweichung bekannt, je‐doch nicht für Messwerte die neben dem Arbeitspunkt liegen. Hierfür sichertder Hersteller des Messsystems nur Messergebnisse innerhalb der angege‐benen Fehlergrenzen (MPE) zu. Ähnlich verhält es sich mit der Parallelitätder Messflächen und dem Einstellvorgang mit dem Normal. Auch hier sindim Einstellpunkt (Istwert des Einstellnormales) die Abweichungen bekannt,jedoch nur hier und dürfen daher nicht auch automatisch bei größeren oderkleineren Messwerten gleich gesetzt werden.

In einer früheren Untersuchung wurde bestätigt, dass bei einem Einstell-Intervall von 1 h die Abwei‐chungen aufgrund von Wärmeunterschieden eine vernachlässigbare Größe annimmt, da die Mate‐rialien ähnliche Wärmausdehnungskoeffizienten aufweisen.Aus den Spezifikationen, Angaben und Messwerten ergeben sich für das Messsystem das folgendeUnsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.30

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Bild F.31

In der Ergebnisübersicht ist zu erkennen, dass das Messsystem mit dem mech. Feinzeiger aufgrundder schlechten Auflösung und dem zu hohen Eignungskennwert QMS von 26,62 % nicht geeignet ist.

Als Verbesserungsmaßnahme wird der mech. Feinzeiger gegen einen Inkrementalmaßstab mit ei‐nem geringeren MPE ausgetauscht.

Tabelle F.11

Angaben InkrementalmaßstabPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001 mm) 0,1 µmMPE Inkrementalmaßstab 0,1 µmMessbereich 12 mm 12000 µm

Auch in diesem Fall muss zuerst das Messsystem mit einem Normal eingestellt werden. Hierbei wirdder kalibrierte Istwert des Normals (Einstellnormal, Einstellmeister) auf das Messsystem übertragenund dadurch die Betriebsbereitschaft hergestellt. Zur Überprüfung dieses Vorgangs wird anschlie‐ßend das Normal 25-mal gemessen und die „Wiederholbarkeit“ und der „Bias“ als Unsicherheits‐komponenten ermittelt.

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Bild F.32

Aus den Spezifikationen, Angaben und Messwerten ergeben sich für das Messsystem mit dem In‐krementalmaßstab das folgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.Da die Auflösung bereits in der Wiederholungsmessung als Unsicherheitskomponente enthalten ist,wird diese nicht doppelt berücksichtigt.

Bild F.33

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Bild F.34

Die Untersuchung des Messsystems mit dem Inkrementalmaßstab zeigt, dass die Auflösung aus‐reichend genau ist, jedoch der Eignungskennwert QMS weiterhin über dem EignungsgrenzwertQMS_max liegt. Über das Unsicherheitsbudget lässt sich erkennen, dass dieses überwiegend an derEinflussgröße der Parallelität der Feinmessrachen und der Kalibrierunsicherheit des Einstellnormalsliegt.Als nächste Verbesserungsmaßnahme wird ein berührungslos messendes Messgerät (Lasermikro‐meter) getestet. Hierbei kommen die bisherigen mechanischen Haupteinflussgrößen (Parallelität desFeinmessrachens und Kalibrierunsicherheit des Einstellnormales) nicht zum Tragen. Das Lasermi‐krometer ist vom Hersteller über den Messbereich kalibriert und ist nach dem Einschalten sofortmessbereit und benötigt für den angegebenen MPE Bereich im Gegensatz zu den vorangegangenenMesssystemen keine Einstellnormale.

Tabelle F.12

Angaben LasermikrometerPrüfmittelauflösung RE (1 Digit = 0,0001 mm) 0,1 μmLinearitätsabweichung 0,2 µmMPE Lasermikrometer (bei 20 °C kalibriert) 0,4 μmUmgebungstemperatur bei der Messwertanalyse 26,5 °C

Zur Absicherung der Messsystemfähigkeit des Lasermikrometers unter realen Bedingungen wird dasNormal 25-mal an der gleichen Position vermessen.

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Bild F.35

Aus den Messwerten und der Prüfmittelauflösung ergibt sich das folgende Unsicherheitsbudget.

Bild F.36

Im Unsicherheitsbudget lässt sich erkennen, dass ein sehr hoher Einfluss aufgrund des Bias (Sys‐tematische Messabweichung) besteht. Das resultiert daraus, dass die erfassten Messwerte einheit‐lich vom angegebenen Referenzwert des Normales abweicht. Das liegt darin, dass der Referenzwertdes Normals bei 20 °C kalibriert wurde und das Lasermikrometer das Normal bei einer Umgebung‐stemperatur von 26,5 °C vermessen hat. Durch den Temperaturunterschied unterliegt das Normaleiner Längenausdehnung nach der Formel von:

ΔI = ΔT × α × I (F.1)

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Längenausdehnungskoeffizient Normalα (Lehrenstahl) = 11,5 ± 1 × 10−6 1/K bei 20 °CΔ l = 6,5 × 11,5 × 10-6 × 8,0005 = 0,598 µm = 0,6 µm.Wird eine Anpassung des Referenzwertes des Normals um diese 0,6 μm durchgeführt, ergibt sichfolgendes Unsicherheitsbudget mit zugehöriger Auswertung.

Bild F.37

Bild F.38

Da das Lasermikrometer über die Angabe eines MPE verfügt, wird zur weiteren Reduzierung desVersuchsaufwandes künftig der MPE für die Messsystemeignung verwendet. Damit ergibt sich fol‐gendes Unsicherheitsbudget mit Auswertung für das Messsystem.

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Bild F.39

Bild F.40

In der Ergebnisübersicht ist zu erkennen, dass das Messsystem des Lasermikrometers die Anfor‐derungen an die Auflösung %RE und an den Eignungskennwert QMS erfüllt. Damit ist das Messsystemerst einmal als fähig anzusehen. In einem weiteren Schritt muss nun der Messprozess betrachtetwerden. In einem Messversuch werden an 10 Motorwellen von 3 Prüfern je 2 Wiederholungsmes‐sungen durchgeführt.

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Bild F.41

Daraus ergibt sich ein erweitertes Unsicherheitsbudget für den Messprozess.

Bild F.42

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Bild F.43

Mit einem Eignungskennwert QMP von 13,48 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % istder Messprozess in der ersten Betrachtung für die Fertigung (ohne Langzeitbetrachtung) als geeignetanzusehen.Bei einer Konformitätsuntersuchung muss als weitere Einflussgröße die Formabweichung (Rundheit)als Objekteinfluss berücksichtigt werden. Im folgenden Fall wird der Zeichnungswert (die maximalzulässige Toleranz) von 0,003 mm angesetzt.Hinweis: Da der Rundheitswert Radien bezogen angegeben wird, muss er für die

Durchmesserbetrachtung mit dem Faktor 2 berücksichtigt werden.

Bild F.44

Seite 124VW 10119: 2012-04

Bild F.45

Bei der Konformitätsüberprüfung ist erkennbar, dass die zulässige Rundheit dazu führt, dass derEignungskennwert QMP erheblich den Eignungsgrenzwert QMP_max übersteigt und somit der gesamteMessprozess einschließlich der maximal zulässigen Formabweichung nicht mehr geeignet ist.Als Verbesserung bietet sich eine Messmethode mit mehreren Durchmessermessungen am Umfangder zu messenden Motorwelle an. Bei dem Lasermikrometer besteht die Möglichkeit, den Mittelwert,den Maximal- und Minimalwert einer Messung z. B. bei einer Umdrehung oder bei mehreren Mes‐sungen am Umfang zu erfassen. Mit dieser Methode lässt sich die Unsicherheit durch die Formab‐weichung deutlich verbessern, da jetzt der Größt- und auch Kleinstdurchmesser tatsächlich gemes‐sen werden und dem Kunden gewährleistet werden kann, dass beide Durchmesser im Rahmen derMessunsicherheit innerhalb der Grenzen liegen. Die Unsicherheit der manuellen Messmethode fürden Min- und Max- Durchmesser wurde in einer Versuchsreihe ermittelt und liegt bei R = 0,6 µm. Dader Durchmesser nur an einer Stelle gemessen wurde, muss zusätzlich noch mit einer Unsicherheitgerechnet werden. Damit wird eine tatsächliche Formabweichung mit einem Fehlergrenzwert von 0,9µm angenommen. Mit diesem ergeben sich die folgenden Ergebnisse.

Bild F.46

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Bild F.47

Mit einem Eignungskennwert QMP von 26,74 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % istder Messprozess für die Fertigung (ohne Langzeitbetrachtung) als geeignet anzusehen.Für eine weitere Optimierung des Messprozesses wurde die manuelle Messmethode zur Bestim‐mung der Formabweichung auf eine motorische Methode umgestellt. Damit lässt sich ein Fehler‐grenzwert, der tatsächlichen Formabweichung, von 0,6 μm feststellen. Zusätzlich wurde die Stabilitätin einer Langzeitbetrachtung mit einem Fehlergrenzwert von 0,35 μm ermittelt. Damit ergeben sichdas folgende Unsicherheitsbudget und die Ergebnisübersicht.

Bild F.48

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Bild F.49

Mit einen Eignungskennwert QMP von 22,34 % bei einem Eignungsgrenzwert QMP_max von 30 % kannder Messprozess für die Fertigung als geeignet angesehen werden.

Temperaturkompensation

Berechnung der Standardunsicherheit uT ohne Korrektur der unterschiedlichen Längen‐ausdehnung

An einem Werkstück aus Aluminium soll der Nenndurchmesser 85 mm geprüft werden. Dies soll nachMöglichkeit ohne aufwendige Temperaturkompensation erfolgen. Für die Vergleichsmessung wirdein Einstellring aus Stahl verwendet. Am Arbeitsplatz können Temperaturen bis zu 30 °C vorherr‐schen. Es liegen keine Angaben über die exakten Ausdehnungskoeffizienten von Werkstück undEinstellring vor.

Tabelle F.13

Angaben zu den TemperatureinflüssenNennmaß 85,00 mmLänge Normal bei 20 °C (∅ Einstellring) yR 85,002 mmExtremtemperatur tMAX 30 °CAusdehnungskoeffizient Prüfobjekt αOBJ 0,000024 1/KAusdehnungskoeffizient Normal αR 0,0000115 1/KStandardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizien‐ten vom Prüfobjekt uαOBJ

10 % von αOBJ

Standardunsicherheit des Wärmeausdehnungs-Koeffizien‐ten vom Normal uαR

10 % von αR

Nach diesen Vorgaben ergibt sich nach der Formel B.6 eine Messabweichung von

ΔΥ = 85,002 × (30 - 20) × (0,000024 - 0,0000115) = 0,0106 mm. (F.2)

Aufgrund der unsicheren Ausdehnungskoeffizienten berechnet sich bei der Temperaturabweichungvon 10 °C zur Referenztemperatur die Restunsicherheit nach B.5 zu

F.7

F.7.1

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(F.3)

Beide zusammen ergeben damit nach B.7 ein Fehlergrenzwert von

α = |0,0106| + 2 × 0,0023 = 0,0152 mm (F.4)

und damit nach B.8 eine Standardunsicherheit aufgrund von Temperatureinflüssen von

uT = 0,0152√3

= 0,0088 mm. (F.5)

In diesem Fall (Annahme uαOBJ;R = 0,1 × αOBJ;R) wäre auch die Bestimmung der Standardunsicherheitmit Hilfe Tabelle B.2 möglich. Mit den Tabellenwert uT = 10,3 µm pro 100 mm, kommt man, bis aufkleine Rundungsabweichungen, auf das gleiche Ergebnis:

uT = 10,3 × 85,002100

= 8,760 µm. (F.6)

Berechnung der Standardunsicherheit uT mit Korrektur der unterschiedlichen Längen‐ausdehnung

Im Unsicherheitsbudget erweist sich obiger Unsicherheitsanteil als zu groß, so dass man beschließt,durch Korrektur der Messergebnisse den Unsicherheitsanteil auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.Zur Erfassung der beim Messen vorherrschenden Temperaturen wird ein Temperaturmessgerät ver‐wendet, das gemäß Herstellerangaben eine maximale Abweichung von ± 0,5 °C nicht überschreitet.Bei einer gemessenen Werkstücktemperatur von 28,2 °C und einer Temperatur des Einstellrings von26,7 °C, ergibt eine Unterschiedsmessung d = +0,014 mm, was einen Messwert von ∅ 85,016 mmergibt. Dieser Messwert ist nach B.3 zu korrigieren auf:

(F.7)

Mit einer Standardunsicherheit der Temperaturmessungen von uΔTOBJ;R = 0,5/ √3 = 0,2887, verbleibtnach B.5 eine Restunsicherheit, welche die nun deutlich kleinere Standardunsicherheit durch Tem‐peratureinflüsse darstellt:

(F.8)

Fazit:Der Vorteil, bei den Messungen keine aufwendigen Temperaturermittlungen und Kompensations‐rechnungen durchführen zu müssen, wird bei großen Extremtemperaturen immer durch einen relativgroßen (meist zu großen) Unsicherheitsanteil durch die Temperatureinflüsse erkauft. In vielen Fällenführt daher kein Weg an der aufwendigeren Methode vorbei, bei der Messung auch die vorherr‐schenden Temperaturen zu bestimmen und zu berücksichtigen. Nach Möglichkeit sollte daher bereits

F.7.2

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bei der Prüfplanung der Einsatz von modernen, rechnergestützten Messgeräten erwogen werden,die dem Anwender einen Großteil an Mess- und Rechenarbeit abnehmen.

Attributive Prüfung ohne Referenzwerte

Für ein Verfahren zur Sichtprüfung von vorgearbeiteten Oberflächen an Druckgussteilen soll einePrüfprozessfähigkeit nachgewiesen und dokumentiert werden. Dazu werden 40 vorgearbeitete Ober‐flächen von 2 Prüfern 3-mal überprüft. Die Ergebnisse der beiden Prüfer werden anschließend ineiner Matrix gegenübergestellt und mit dem Bowker Test auf Symmetrie geprüft. Als Vergleichsgrößewird das 95 % Quantil der Χ2-Verteilung mit 3 Freiheitsgraden genommen.Die Ergebnisse aus den Prüfungen sind in der nachfolgenden Matrix und deren Auswertung in derErgebnisübersicht dargestellt.

Bild F.50

F.8

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Bild F.51

Damit liegt das Testergebnis über der Vergleichsgröße des 95 % Niveaus, woraus geschlossen wird,dass kein symmetrisches Verhalten zwischen den Prüfungen der beiden Prüfer liegt. Dadurch kanndas Verfahren der Sichtprüfung für die vorgearbeiteten Oberflächen als nicht geeignet betrachtetwerden.Zur Verbesserung der Sichtprüfung wird ein neuer Grenzmusterkatalog eingeführt und der kompletteVersuch von den beiden Prüfern wiederholt. Dieses führt zu der folgenden Matrix und Ergebnisüber‐sicht.

Bild F.52

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Bild F.53

Damit liegt der χ2 = 2,20 unter der Vergleichsgröße von 7,81 wodurch die Symmetrie zwischen denbeiden Prüfern bewiesen ist und die Sichtprüfung mit den neuen Grenzmusterkatalog als geeignetbetrachtet werden kann.

Attributive Prüfung mit Referenzwerte

Für ein Prüfverfahren mit einem Merkmal, welches nur mit Lehren geprüft werden kann, soll einePrüfprozessfähigkeit nachgewiesen und dokumentiert werden.

Tabelle F.14

Angaben Attributiver PrüfprozessNennmaß 3,600 mmObere Toleranzgrenze U 3,638 mmUntere Toleranzgrenze L 3,562 mmEignungsgrenzwert Messprozess QATTR_max 30 %

Das Merkmal ist durch die oberen Angaben spezifiziert und soll an 20 Referenzteilen von 2 Prüfern2-mal geprüft werden. Die Prüfungen liefern folgende unsortierte und sortierte Prüfergebnisse.

F.9

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Bild F.54 – unsortierte Prüfergebnisse

Bild F.55 – sortierte Prüfergebnisse

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Aus den Prüfergebnissen lassen sich folgende Kennwerte berechnen:Letztmalige schlechte Übereinstimmung: 3,663erstmalige gute Übereinstimmung: 3,621letztmalige gute Übereinstimmung: 3,583erstmalige schlechte Übereinstimmung: 3,555Spannweiten des oberen und unteren IntervallsdU = 3,663 – 3,621 = 0,042

dL = 3,583 – 3,555 = 0,028

Mittelwert der Spannweitend = (dU + dL) / 2 = (0,042 + 0,028) / 2 = 0,035

Unsicherheitsbereich und EignungskennwertUATTR = d / 2 = 0,035 / 2 = 0,0175

QATTR = 2 UATTR / TOL × 100% = 2 × 0,0175 / 0,076 × 100 % = 46,05 %

Bild F.56

Mit einem Eignungskennwert QATTR von 46,05 % bei einem Eignungsgrenzwert QATTR_max von 30 %kann das Prüfverfahren mit den Referenzlehren als nicht geeignet angesehen werden.

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