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Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management VM 1/13 Mann, Andreas; Parwoll, Moritz Rückgewinnung abgewanderter Geldspender Verbands-Management, 39. Jahrgang, Ausgabe 1 (2013), S. 34-45. Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) www.vmi.ch, Universität Freiburg/CH Redaktion: Jens Jacobi Layout: Jens Jacobi / Paulusdruckerei, Freiburg/CH Fotomaterial: Sandra Mumprecht, Murten ISBN: 3-909437-36-2 ISSN: 1424-9189 Kontakt: [email protected] Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.

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Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management

VM 1/13 Mann, Andreas; Parwoll, Moritz Rückgewinnung abgewanderter Geldspender Verbands-Management, 39. Jahrgang, Ausgabe 1 (2013), S. 34-45. Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) www.vmi.ch,

Universität Freiburg/CH Redaktion: Jens Jacobi Layout: Jens Jacobi / Paulusdruckerei, Freiburg/CH Fotomaterial: Sandra Mumprecht, Murten ISBN: 3-909437-36-2 ISSN: 1424-9189 Kontakt: [email protected] Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.

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Rubrik

Verbands-Management 1/2013

Empirische Befunde zur Spenderrückgewinnung

Rückgewinnung abgewanderter GeldspenderAndreas Mann und Moritz Parwoll

Marketing in NPO

Spendensammelnde Organisationen sind in den letzten Jahren zunehmend von der Abwanderung ih-rer Kunden – in diesem Fall ihrer Spender – betrof-fen. Selbst ein professionell durchgeführtes Bin-dungsmanagement kann nicht verhindern, dass immer wieder Spender ihre Zuwendungen einstel-len und sich von einer Spendenorganisation abwen-den. Ein professionelles Rückgewinnungsmanage-ment wird auch für Spendenorganisationen auf zunehmend wettbewerbsintensiven Märkten zu ei-nem wichtigen Erfolgsfaktor, um dauerhaft einen attraktiven Spenderstamm aufzubauen und zu pfle-gen. Erfolg versprechende Ansprachekonzepte, um abgewanderte Spender wieder zurückzugewinnen, sind allerdings in der Wissenschaft noch nicht hin-reichend untersucht worden und in der Literatur da-her nur wenig bekannt. Der vorliegende Beitrag will zur Schliessung dieser Forschungslücke beitragen, indem auf Basis einer empirischen Untersuchung ei-nige Hinweise auf wichtige Anforderungen und Strategien einer erfolgreichen Spenderrückgewin-nung vorgestellt werden.

Spendenfinanzierte Nonprofit-Organisationen ver-zeichnen jährliche Abwanderungsquoten zwischen 25 % und 50 %.1 Allein 40 % – 50 % der gewonnenen Erstspender gehen nach der ersten Spende wieder verloren, von den verbleibenden Spendern wandern ca. 30 % jedes weitere Jahr ab.2 Hinzu kommt, dass die Spenderquote, also der Anteil von Spendern an der Bevölkerung eines Landes, in vielen Ländern seit Jah-ren rückläufig ist. In Deutschland sank die Spender-quote zwischen 2002 und 2009 beispielsweise von 47 % auf 39 %. Das Spendenvolumen befindet sich in Deutschland am Tiefpunkt der letzten beiden Jahr-zehnte.3 Da sich der Fundraising-Markt aufgrund von Internationalisierungsaktivitäten ausländischer Spen-denorganisationen sowie dem Aufkommen neuer Fundraising-Unternehmen und -Zwecke ausserdem

einer steigenden Anzahl von Anbietern mit einem Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sieht4, nimmt die Bedeutung der Spenderbindung und der Rückge-winnung abgewanderter Spender für Spendensam-melnde Organisationen erheblich zu, um langfristig am Markt und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. So zeigt beispielsweise eine Studie von Sargeant und Jay im Nonprofit-Bereich, dass eine Senkung der Abwan-derungsrate um zehn % eine Erhöhung der Profitabi-lität um 50 % nach sich ziehen kann.5 Es ist somit zu vermuten, dass sich auch die Rückgewinnung abge-wanderter Spender als recht rentabel erweist, zumal davon ausgegangen wird, dass die Rückgewinnung einst vorhandener Spender etwa fünfmal günstiger ist als die Gewinnung neuer Spender.6 Weitere Vorteile der Spenderrückgewinnung liegen darin, negative Marktauswirkung, beispielsweise durch negative Mundpropaganda, zu vermeiden und durch die Ana-lyse von Abwanderungsursachen zukünftigen Spen-derverlusten entgegenwirken zu können und das Leistungsangebot zu verbessern.7

Der Spenderrückgewinnungsprozess Die Rückgewinnung abgewanderter Spender erfolgt in einem mehrstufigen Prozess, der beispielhaft in Abbildung 1 dargestellt ist. In diesem Prozess werden sowohl die notwendigen Rückgewinnungsaktivitäten der Spendenorganisation als auch das Verhalten der abgewanderten Spender berücksichtigt.8

Den Ausgangspunkt der Rückgewinnung bilden unterschiedliche Beweggründe (Spendenmotivation), gepaart mit weiteren personenbezogenen und situati-ven Faktoren, die dafür verantwortlich sind, dass Spen-der für bestimmte Zwecke, in bestimmter Häufigkeit und Höhe eine oder mehrere NPO finanziell unterstüt-zen (Spendenverhalten). Diese Kriterien des Spenden-verhaltens sind für die Segmentierung der Spender so-wohl für eine adäquate Betreuung im Rahmen der Kundenbindung als auch für die Rückgewinnung von

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Verbands-Management 1/2013

ders (z. B. Höhe des Spendenvolumens und Second Customer Lifetime Value) sowie der letzte Status der Spender (z. B. regelmässiger Dauerspender).

Im Anschluss an die Segmentierung lässt sich eine Selektion von Abwanderersegmenten, die aus Sicht der Spendenorganisation besonders wertvoll bzw. rentabel sind, durchführen. Die ausgewählten Segmente werden dann gezielt angesprochen, um sie für eine Rückkehr zu motivieren. Die Ansprache soll-te sich an den jeweiligen Bedürfnissen und Charakte-ristika der ehemaligen Spender orientieren und auch etwaige Rückkehrbedingungen der abgewanderten Spender beachten, die beispielsweise im Rahmen von Beschwerden und / oder Mitteilungen der Spender zur Unterlassung weiterer Spenden an die NPO kom-muniziert wurden. Ob und in welchem Ausmass die Wiederaufnahme erfolgt, hängt letztlich von den Rückgewinnungsangeboten der Spendenorganisati-on ab. Diese Rückgewinnungsangebote werden von den abgewanderten Spendern umso attraktiver wahr-genommen, je stärker sie ihren Erwartungen entspre-chen. Das wiederum hängt davon ab, inwieweit es der Spendensammelnden Organisation gelingt, das Spenden- und Abwanderungsverhalten (z. B. Rück-kehrbedingungen) richtig einzuschätzen und bei der Planung und Durchführung ihrer Rückgewinnungs-aktivitäten zu berücksichtigen (Rückkehrverhalten). Zurückgewonnene Spender sind schliesslich in den Wertschöpfungsprozess der Spendenorganisation er-neut einzugliedern. Dabei ist auch eine Erfolgs- und Wirtschaftlichkeitskontrolle der Rückgewinnungsmass-nahmen durchzuführen, indem z. B. die Kosten der Rückgewinnung den prognostizierten Spendenein-

besonderer Relevanz, da sich hieraus u. a. der Spen-denwert ermitteln lässt, der Hinweise auf die Bedeu-tung eines Spenders für die Organisation liefert. Durch ein bestimmtes kritisches Ereignis oder die Ansamm-lung mehrerer Ereignisse, die auf die Spender selbst (z. B. Einkommensverlust), die Organisation (z. B. Unzu-friedenheit mit NPO) oder auf den Wettbewerb (z. B. anderer Spendenzweck attraktiver) zurückzuführen sind, kann eine Abwanderungsentscheidung und schliesslich der Vollzug einer Abwanderung beim Spender ausgelöst werden. Dabei ist zu beachten, dass vor allem bei Abwanderungsgründen, die durch die Spendenorganisation bedingt sind, abgewanderte Spender unter bestimmten Bedingungen bereit sind, ihr Spendenengagement teilweise oder vollständig wieder aufzunehmen (Rückkehrbedingungen).

Spendensammelnde Organisationen sind im Rah-men des Rückgewinnungsprozesses zunächst gefor-dert, eine Identifikation abgewanderter Spender durchzuführen. Insbesondere bei nicht-mitglied-schaftsähnlichen Beziehungen (z. B. Bargeldspender) oder unregelmässigen Spenden ist es in der Regel schwierig festzustellen, ob und wann diese inaktiv oder die Spendenaktivität vermindert wurde. Bei tat-sächlich oder vermeintlich abgewanderten Spendern sollte eine Segmentierung erfolgen, die zum einen die Relevanz einzelner Spender für die Rückgewinnung widerspiegelt und zum anderen Hinweise auf eine segmentspezifische Ansprache der abgewanderten Spender liefert, die zu einer Erhöhung der Rückge-winnungswahrscheinlichkeit führen. Als wesentliche Segmentierungskriterien gelten in diesem Zusammen-hang die Abwanderungsgründe, der Wert eines Spen-

Marketing in NPO

Abbildung 1: Prozess der Spenderrückgewinnung (in Anlehnung an Michalski, 2002, S. 184)

Abbildung Mann 1

Abbildung Mann 3

Spenden-motivation

Spenden-verhalten Abwanderung Rückkehrbedingungen

Identifikation Segmentierung / Selektion

Rückkehrverhalten

Ansprache Wiederaufnahme- management

Spender

NPO

kritisches Ereignis

«Haben Sie schon einmal eine finanzielle Unterstützung für eine NPO bewusst beendet?» (n = 377)

«Hat die Organisation versucht, Sie zurückzugewinnen?» (n = 138)

«War der Rückgewinnungsversuch erfolgreich?» (n = 45)

63,5 %

Ja 36,5 %

Nein 67,5 %

Ja 32,5 %

Ja 13,6 %

Nein 86,4 %

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Marketing in NPO

nahmen gegenübergestellt werden. Zudem sind die je-weiligen Massnahmen im Zuge der Erfolgskon trolle auch bezüglich ihrer Effektivität zu bewerten, um zukünftige Rückgewinnungserfolge sicherzustellen (Wiederaufnah-memanagement).

Empirische Befunde zur Spenderab-wanderung und -rückgewinnungEine erfolgreiche Spenderrückgewinnung erfordert also eine gute Kenntnis über das Spendenverhalten und die konkreten Abwanderungsgründe ehemaliger Spender. Leider liegen zu diesem wichtigen Untersu-chungsbereich noch keine hinreichenden Forschungs-ergebnisse vor. Es gibt zwar einige Studien, die Erkenntnisse zur Spenderabwanderung und insbe-sondere zu den Abwanderungsgründen aufweisen9, die aber nur ansatzweise Hinweise zur Rückgewin-nung verlorener Spender liefern. Ein erster Beitrag hierzu kommt von Hunziker (2010) in Form einer qualitativ angelegten Studie, die sich allerdings nur auf Abwanderer einer bestimmten NPO bezieht. Auch eine Zuordnung entsprechender Rückgewinnungs-strategien zu geeigneten Abwanderungssegmenten ist bisher noch nicht erfolgt. Hier setzt unsere Unter-suchung an, die Anfang 2012 als quantitative Studie durchgeführt wurde. Die Zielsetzung bestand darin, das Spenderverhalten deutscher Haushalte zu analy-sieren und daraus Implikationen für die Ansprache

abgewanderter Spender abzuleiten. Im Kern ging es dabei um die Beantwortung folgender Fragen:

   Wie verbreitet ist die Spenderrückgewinnung aus Spen-dersicht in Deutschland?   Warum beenden deutsche Geldspender bewusst ihre Spendentätigkeit?   Welche rückgewinnungsbezogene Ansprachestrategien lassen sich auf Basis der Abwanderungsgründe ableiten?

Als Erhebungstechnik wurde eine standardisierte schriftliche Befragung mit überwiegend geschlosse-nen Fragen gewählt. Der Fragebogen wurde in meh-reren Gesprächsrunden mit Vertretern einer deut-schen Spendenorganisation hinsichtlich der Relevanz der Erhebungsinhalte konzipiert und in einem Pre-Test bei Spendern bezüglich der Verständlichkeit der Fragen und Antwortskalen überprüft. Insgesamt wurde der Fragebogen an 5000 zufällig ausgewählte deutsche Haushalte versandt. 473 ausgefüllte Frage-bögen wurden zurückgesendet und 433 konnten letztlich für die Auswertung verwendet werden.

In Tabelle 1 sind einige grundlegende Strukturda-ten zur Stichprobe aufgeführt.

Von den teilnehmenden 433 Personen unserer Un-tersuchung haben 87 % schon einmal Geld an eine ge-meinnützige Organisation gespendet. Am häufigsten

Tabelle 1: Grundlegende Strukturdaten der Stichprobe (n = 433)

Mann Parwoll

Abbildung 1 Mann Parwoll: Prozess der Spenderrückgewinnung (in Anlehnung an Michalski, 2002, S. 184)

Strukturmerkmale Ausprägung in der Stichprobe

Geschlecht der Befragten Frauen: 49,4 %Männer: 50,6 %

Alter der Befragten 18 - 30 Jahre: 2,3 %31 - 49 Jahre: 31,8 %50 - 70 Jahre: 46,3 %Über 70 Jahre: 19,6 %

Haushaltsgrösse Singlehaushalte: 27,1 %2-Personen-Haushalte: 41,8 %3 - 4 Personen-Haushalte: 26,3 %Über 4-Personen-Haushalte: 4,8 %

Familienstand Verheiratet: 52,4 %Lebenspartnerschaft: 10,2 %Alleinstehend: 28,2 %Verwitwet: 9,2 %

Tabelle 1 Mann Parwoll: Grundlegende Strukturdaten der Stichprobe (n = 433)

Abbildung 2 Mann Parwoll: Art und Weise der Geldspende (eigene Darstellung)

01020304050607080

Überweisung Barzahlung Dauerauftrag Online-Spende Zahlschein Mobile-Spende

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wurden Banküberweisung (75 %) von den Spendern vorgenommen. Barzahlung stehen an zweiter Stelle (38 %), gefolgt von einem eingerichteten Bankeinzug / Dauerauftrag (21 %). Weniger relevant erscheinen die Online-Spende, der Zahlschein oder die Spende über das Handy (siehe Abbildung 2).

Von den befragten Spendern gaben gut 1/3 an, be-reits einmal oder öfter bewusst die Spendentätigkeit für eine Spendenorganisation beendet zu haben. Von diesen Abgewanderten wurde wiederum nach eige-nen Angaben knapp 1/3 mit Rückgewinnungsmass-nahmen durch die entsprechende Spendenorganisati-onen angesprochen. In den allermeisten Fällen blieb dieser Rückgewinnungsversuch jedoch erfolglos (86,4 %), was bedeutet, dass lediglich 6 der 138 abge-wanderten Spender erfolgreich zurückgewonnen wer-den konnten. Bei allen übrigen kam es zu keinem

(wahrgenommenen) Rückgewinnungsversuch bzw. blieb dieser erfolglos (Abbildung 3). Insgesamt legen diese Ergebnisse die Vermutung nahe, dass ein wir-kungsvolles Spenderrückgewinnungs-Management in Spendenorganisationen bisher noch nicht weit ver-breitet ist.

Die am häufigsten genannte Art der Abwande-rung besteht darin, dass einfach nicht mehr gespendet wurde (64 %). Dieses Ergebnis deutet allerdings dar-auf hin, dass kein vertragsähnliches Verhältnis (z. B. eine Mitgliedschaft) bestand, sodass eine Identifikati-on der abwanderten Spender für die NPO kaum mög-lich und somit eine Rückgewinnung ganz erheblich erschwert ist. Ein Viertel der Abgewanderten gaben jedoch an, ihre Mitgliedschaft gekündigt zu haben, knapp 10 % haben ihren Dauerauftrag eingestellt (Abbildung 4).

Abbildung 2: Art und Weise der Geldspende

Abbildung 3: Spenderabwanderung und -rückgewinnung

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Überweisung Barzahlung Dauerauftrag Online-Spende Zahlschein Mobile-Spende

Mann Abb 2

Abbildung Mann 1

Abbildung Mann 3

Spenden-motivation

Spenden-verhalten Abwanderung Rückkehrbedingungen

Identifikation Segmentierung / Selektion

Rückkehrverhalten

Ansprache Wiederaufnahme- management

Spender

NPO

kritisches Ereignis

«Haben Sie schon einmal eine finanzielle Unterstützung für eine NPO bewusst beendet?» (n = 377)

«Hat die Organisation versucht, Sie zurückzugewinnen?» (n = 138)

«War der Rückgewinnungsversuch erfolgreich?» (n = 45)

63,5 %

Ja 36,5 %

Nein 67,5 %

Ja 32,5 %

Ja 13,6 %

Nein 86,4 %

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Marketing in NPO

Bei der Betrachtung der instrumentellen Rückge-winnungsansprache der abgewanderten Spender (sie-he Abbildung 5) stellt man fest, dass eine schriftliche Ansprache am häufigsten von den Probanden genann-te wurde (71 %). Persönliche oder fernmündliche Rückgewinnungsgespräche wurden nach Angaben der Probanden weitaus seltener eingesetzt (22 %). Un-ter sonstigen Rückgewinnungsversuchen wurde von den Probanden meistens die Zusendung von Informa-tionsmaterial verstanden (7 %), was letztlich auch ei-ner schriftlichen Kontaktaufnahme entspricht.

Für die Ansprache abgewanderter Spender ist es aus Sicht der Spendenorganisation wichtig zu wissen, wer der Entscheidungsträger für die Aufnahme und Beendigung einer Spendentätigkeit ist. Das gilt vor al-lem für Spender aus Mehrpersonenhaushalten, bei de-nen kollektive Entscheidungsprozesse bestehen kön-nen. Wie Abbildung 6 zeigt, geben fast 2/3 der Befragten

an, alleine über die Spendentätigkeit zu entscheiden. 32 % der Befragten geben an, dass es sich um einen Entscheidungsprozess handelt, der gemeinsam mit an-deren Personen durchgeführt wird. In den wenigsten Fällen treffen der Partner, die Kinder oder weitere Per-sonen die Spendenentscheidung. Betrachtet man nur Mehrpersonenhaushalte, dann zeigt sich ein (weitaus) höherer Anteil an kollektiven Spendenentscheidun-gen. So wird hier in 55,1 % der Haushalte die Spenden-entscheidung mit anderen Personen getroffen.

Im Rahmen der Untersuchung wurden abgewan-derte Spender gebeten, auf einer 5er-Skala Aussagen zu möglichen Abwanderungsgründen zu bewerten (von «1 = ich stimme zu» bis «5 = ich stimme nicht zu»). Die daraus resultierenden Informationen wurden einer explorativen Faktorenanalyse unterzogen, um ver-schiedene Abwanderungsfaktoren zu ermitteln. Die dabei ermittelten Faktoren knüpfen an die Einteilung

Abbildung 4: Art der Abwanderung (n = 137)

Abbildung 5: Art der Rückgewinnung

Abbildung 4 Mann Parwoll: Art der Abwanderung (n = 137)

Abbildung 5 Mann Parwoll: Art der Rückgewinnung (eigene Darstellung)

Abbildung 6 Mann Parwoll: Spendenentscheider (eigene Darstellung)

010203040506070

einfach nicht mehrgespendet

Mitgliedschaftgekündigt

Dauerauftrageingestellt

Sonstiges

01020304050607080

Schriftlich (Brief / E-Mail) Gespräch (Telefon / Haustüre) Sonstiges

0

20

40

60

80

ich alleine ich mit anderen Partner Kinder andere

Abbildung 4 Mann Parwoll: Art der Abwanderung (n = 137)

Abbildung 5 Mann Parwoll: Art der Rückgewinnung (eigene Darstellung)

Abbildung 6 Mann Parwoll: Spendenentscheider (eigene Darstellung)

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einfach nicht mehrgespendet

Mitgliedschaftgekündigt

Dauerauftrageingestellt

Sonstiges

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Schriftlich (Brief / E-Mail) Gespräch (Telefon / Haustüre) Sonstiges

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ich alleine ich mit anderen Partner Kinder andere

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von Hunziker (2010) und Hunziker/Helmig (2011) nach organisations-, spender- sowie konkurrenziniti-ierten Abwanderungsgründen an und sind in der un-ten stehen Abbildung 7 zusammengefasst.

Unsere Ergebnisse lassen jedoch darauf schlie-ssen, dass es zwei Arten organisationsinitiierter Ab-wanderungsgründe gibt, und zwar interaktions- und arbeitsweisenbezogene Abwanderungsursachen. Bei den interaktionsbezogenen Abwanderungsgründen bilden Probleme, die im direkten Kontakt mit dem Spender aufgetreten sind (z. B. unfreundliche Beant-wortung einer Frage), die Grundlage für die Abwan-derung. Die Arbeitsweise als Ausgangspunkt der Ab-wanderung bezieht sich auf Aspekte, die in der Aussendarstellung der NPO begründet sind (z. B. kein effizienter Umgang mit Spendengeldern).

Spenderinitiierte Abwanderungsgründe basieren auf der abnehmenden Bedeutung des Spendens (z. B.

«Spenden ist mir nicht mehr so wichtig»). Darüber hi-naus ist die finanzielle Belastung eine Ursache für die Abwanderung (z. B. «Ich kann es mir finanziell nicht länger leisten»). Schliesslich lassen sich auch in unse-rer Studie wettbewerbsinitiierte Abwanderungsgrün-de identifizieren. Diese sind zum einen in einer erfolg-reichen Überzeugung des Spenders durch andere Spendenorganisationen begründet. Zum anderen ba-sieren sie auf dem Spenderinteresse, von sich heraus einen anderen Zweck zu fördern (z. B. «Andere Zwe-cke sind mir wichtiger»).

Um die Abgewanderten in unterschiedliche Abwan-derungssegmente zu unterteilen, wurde auf Basis der Faktorenanalyse eine Clusterzentrenanalyse durchge-führt. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse dieser Analyse. Inner-halb jedes gebildeten Segments sind die Abwanderungs-faktoren aufgeführt, denen am häufigsten zugestimmt worden ist (markiert mit einem Kreuz).

Abbildung 6: Spendenentscheider

Abbildung 7: Gründe für die Abwanderung

Abbildung 4 Mann Parwoll: Art der Abwanderung (n = 137)

Abbildung 5 Mann Parwoll: Art der Rückgewinnung (eigene Darstellung)

Abbildung 6 Mann Parwoll: Spendenentscheider (eigene Darstellung)

010203040506070

einfach nicht mehrgespendet

Mitgliedschaftgekündigt

Dauerauftrageingestellt

Sonstiges

01020304050607080

Schriftlich (Brief / E-Mail) Gespräch (Telefon / Haustüre) Sonstiges

0

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ich alleine ich mit anderen Partner Kinder andere

Interaktion mit der NPO

Arbeitsweise der NPO

Abnehmende Bedeutung des Spendens

Finanzen

Andere Zwecke

Wettbewerber

Abbildung 7 Mann Parwoll: Arten der Abwanderungsgründe

Cluster 1(n = 46)

Cluster 2(n = 14)

Cluster 3(n = 30)

Cluster 4(n = 14)

Cluster 5(n = 6)

Cluster 6(n = 27)

Interaktion x

Arbeitsweise x x x x

Interesse x

Andere Zwecke x x

Finanzen x x x

Wettbewerber x x

Tabelle 2 Mann Parwoll: Abwanderungscluster (eigene Darstellung)

Organisationsinitiiert

Spenderinitiiert

Wettbewerberinitiiert

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Marketing in NPO

Es ist zu erkennen, dass die Arbeitsweise der Spen-denorganisationen in den meisten Segmenten eine Rol-le für die Abwanderung spielt. Cluster 1 besteht aus Personen, deren Abwanderungsgründe sich auf die Ausrichtung auf andere Spendenzwecke beziehen. Das Abwanderungsverhalten ist bei dieser Gruppe vor al-lem dem Wettbewerb innerhalb des Fundraising-Sek-tors zuzuschreiben. Dieses Segment besteht somit pri-mär aus wettbewerbsinitiierten Abwanderungsgründen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Cluster 6 um Abgewanderte, die aus finanziellen Gründen nicht mehr spenden. Bei ihnen herrschen somit spenderiniti-ierte Abwanderungsgründe vor. Cluster 3 besteht aus abgewanderten Spendern, die ausschliesslich mit der Arbeitsweise der Spendenorganisation unzufrieden waren. Bei den Personen in Cluster 4 sind darüber hin-aus interaktionsbezogene Gründe ausschlaggebend für die Abwanderung gewesen. Gemeinsam bilden Cluster 3 und 4 die «organisationsinitiierte Abwanderungsseg-mente». Bei Cluster 2 und Cluster 5 handelt es sich um Gruppen abgewanderter Spender, bei denen sowohl die Arbeitsweise als auch finanzielle Gründe für die Ab-wanderung ursächlich waren. Sie unterscheiden sich dahingehend voneinander, dass für Cluster 2 zusätzlich die Bedeutung anderer Zwecke relevant ist, während für Cluster 5 ein abnehmendes Spendeninteresse sowie Wettbewerbsangebote eine zusätzliche Relevanz für die Abwanderung haben.

Grundsätzlich sind die vorliegenden Ergebnisse aufgrund der teilweise recht schwachen Besetzung der Cluster eher als Tendenzen zu interpretieren. Dennoch zeigen die deskriptiven Auswertungsergebnisse, dass

die Arbeitsweise der Spendenorganisationen eine we-sentliche Ursache für die Abwanderung von Spendern darstellt. Die Verteilung der am häufigsten genannten Abwanderungsgründe ist in Tabelle 3 dargestellt.

Implikationen für die SpenderrückgewinnungDie Kenntnis der Abwanderungsgründe stellt einen wichtigen Ansatzpunkt für die Wahl erfolgreicher Ansprachestrategien dar. Dabei sind unterschiedliche Strategieausprägungen denkbar10, von denen wir vier zur Rückgewinnung abgewanderter Spender als ge-eignet ansehen:

   Anreiz- bzw. Stimulierungsstrategie: Ansporn der Wiederaufnahme, z. B. durch Awards, Geschenke oder Events   Entschuldigungs- bzw. Kompensationsstrategie: Be-gründung, Rechtfertigung und Bitten um Verständ-nis / Verzeihung durch die Organisation nach einer Abwanderung, die aufgrund von Problemen, Fehl-verhalten oder Konflikten zustande gekommen ist   Überzeugungsstrategie: Betonung von Wichtigkeit und Bedeutung der Organisation und ihrer Tätig-keit sowie der Unterstützung durch ihre Förderer   Anpassungsstrategie: Anpassung von Leistungen an individuelle Bedürfnisse der Spender im Rahmen der Förderung

Wurde die Abwanderung durch einen direkten Kon-takt zwischen Spender und Spendenorganisation ver-ursacht (Interaktion), ist es angebracht, sich für aufge-

Interaktion mit der NPO

Arbeitsweise der NPO

Abnehmende Bedeutung des Spendens

Finanzen

Andere Zwecke

Wettbewerber

Abbildung 7 Mann Parwoll: Arten der Abwanderungsgründe

Cluster 1(n = 46)

Cluster 2(n = 14)

Cluster 3(n = 30)

Cluster 4(n = 14)

Cluster 5(n = 6)

Cluster 6(n = 27)

Interaktion x

Arbeitsweise x x x x

Interesse x

Andere Zwecke x x

Finanzen x x x

Wettbewerber x x

Tabelle 2 Mann Parwoll: Abwanderungscluster (eigene Darstellung)

Organisationsinitiiert

Spenderinitiiert

Wettbewerberinitiiert

Tabelle 2: Abwanderungscluster

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Marketing in NPO

tretene Umstände oder Unannehmlichkeiten (z. B. Unfreundlichkeit) zu entschuldigen bzw. entspre-chende Umstände nachvollziehbar zu erklären (z. B. eine Information darüber, dass der Verwendungs-zweck zu kostenintensiv ist). Dies kann gemäss der Equitytheorie11 zu einer Balance zwischen erbrachter und erhaltener Leistungen des Spenders führen, wenn dieses Gleichgewicht durch Handlungen der NPO ge-stört wurde. Demzufolge würden in diesem Fall die Entschuldigungs- und Anreizstrategie eine positive Rückgewinnungswirkung auslösen. Gegenüber Spen-dern, die aus Gründen der allgemeinen Arbeitsweise der Spendenorganisation ihre Unterstützung einstel-len, sollte ein effizienter und vertrauensvoller Um-gang der Spenden im Sinne der eigentlichen Sache (z. B. Nahrung für Hungerleidende) kommuniziert wer-den. Hierbei scheinen die Vorstellungen der Spender nicht erfüllt worden zu sein, und auftretende kogniti-ve Dissonanzen verursachten den Abwanderungspro-zess.12 Rückgewinnungsmassnahmen sollten hierbei darauf ausgerichtet sein, eine Gleichheit im kognitiven System der Spender wieder herzustellen. Dabei ist es für Kleinspender möglicherweise ausreichend, den

Verwendungsprozess der Spende (z. B. vom Geldbeu-tel bis zum gekauften Brot und dessen Transport) auf-gezeigt zu bekommen. Auch das Vorweisen von Spen-densiegeln könnte hierbei behilflich sein. Wichtige Grossspender könnten z. B. an den Verwendungsort eingeladen werden (z. B. Kinderheim), damit sie sich selbst von der Verwendung der Spenden überzeugen können (Anpassungsstrategie). Resultiert die Abwan-derung aus offenkundigen Fehlern in der Arbeitswei-se (z. B. Nichtlieferung zugesagter Hilfsgüter) oder einem Kommunikationsproblem (z. B. politisch frag-würdige Aussage in den Medien) sind entsprechende Fehler einzugestehen und Problemlösungsmöglich-keiten aufzuzeigen (Entschuldigungsstrategie).

Schwieriger als die Rückgewinnung bei organisa-tionsinitiierter Abwanderung erscheint die Rückge-winnung bei spenderinitiierter Abwanderung. Perso-nen, die dem Spenden grundsätzlich eine abnehmende Bedeutung beimessen, sollten auf die Bedeutung jeder einzelnen Spende und auf den Nutzen der gemeinnüt-zigen Organisation für die Gesellschaft hingewiesen werden (Überzeugungsstrategie). Dadurch könnte eine Neubewertung der Spendenaktivität und eine

Abwanderungsgrund Prozent Faktorzuordnung

Unsicherheit, ob Spende zweckgemäss eingesetzt wird 56,4 Arbeitsweise

Zu viele NPO wollten etwas von mir 52,2 Wettbewerb

Die NPO arbeitet nicht im Interesse der Sache 46,4 Arbeitsweise

Andere Zwecke sind stärker auf meine Unterstützung angewiesen 45,4 Wettbewerb

Ich bin mit der Organisationspolitik nicht einverstanden 43,0 Arbeitsweise

Die Organisation hat mich zu sehr bedrängt 42,6 Arbeitsweise

Ich konnte mir es finanziell nicht mehr leisten 42,2 Spender

Die Organisation hat mich nicht über die Verwendung meiner Spenden informiert 37,1 Interaktion

Andere Organisationen sind überzeugender 30,5 Wettbewerb

Ich möchte zur Abwechslung einen anderen Zweck unterstützen 25,3 Spender

Tabelle 3 Mann Parwoll: Häufig genannte Abwanderungsgründe (eigene Darstellung)

Strategien

Gründe

Anreiz Entschuldigung Überzeugung Anpassung

Interaktion x x

Arbeitsweise xx

abnehmende Bedeutung

xx

andere Zwecke xx

Finanzen x

Wettbewerb x

Tabelle 4 Mann Parwoll: Rückgewinnungsstrategien bei verschiedenen Abwanderungs-Gründen (eigene Darstellung)

Tabelle 3: Häufig genannte Abwanderungsgründe

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Neubewertung der Priorität des Spendens erreicht werden. Sich anderen Zwecken zuwendenden Spen-dern können die vielfältigen Spendenmöglichkeiten bei der ehemaligen Spendenorganisation aufgezeigt werden. Oftmals sind sich Spender nicht über das vollständige und vielfältige Leistungsangebot der Or-ganisation bewusst. Auch durch das Aufzeigen ver-schiedener Möglichkeiten der Zuwendung, z. B. einfa-che Spende, Mitglied- oder Patenschaft, liessen sich Abgewanderte aus diesem Segment eventuell zur Rückgewinnung bewegen, insbesondere wenn man bedenkt, dass auch Variety Seekers diesem Abwande-rungssegment angehören. Darüber hinaus ist es denk-bar, diese beiden Abwanderungsgruppen mit Hilfe der Anreizstrategie zu einer Rückkehr zu bewegen. Die Einladung zu einem Event, in Verbindung mit der Ehrung verschiedener Spender (z. B. Donor Awards) wäre beispielsweise eine geeignete Möglichkeit.

Aus finanziellen Gründen abgewanderte Spender können im Rahmen einer Anpassungsstrategie um ge-ringere Zuwendungen oder alternativ um Zeit- (z. B. soziale Betreuung) oder Sachspenden (z. B. Textilien) gebeten werden, soweit dies für die Spendenorganisa-tion relevant ist. Resultiert das Einstellen der Spenden-tätigkeit tatsächlich aus rein finanziellen Gründen, lie-ssen sich Spender möglicherweise ehrenamtlich oder durch die Vergabe von Stipends (Vergütung unterhalb Marktpreis) einsetzen. Auch durch die Übernahme von dabei anfallenden Aufwendungen (z. B. Fahrtkosten) kann Spendern entgegengekommen werden.

Zu Wettbewerbern abgewanderte Spender bleiben zwar dem Spendenmarkt erhalten, sind allerdings für die ehemalige Spendenaufnahme-Organisationen eben-falls schwierig zurückzugewinnen, das gilt insbesondere für abgewanderte Spender, die bei der Wettbewerbsor-ganisation eine mitgliedschaftsähnliche Beziehung ein-gegangen sind. Eine mögliche Rückgewinnungsmass-nahme könnte hier in der eindeutigen Kommunikation des Alleinstellungsmerkmals der eigenen Organisation bestehen, um sich von Wettbewerbern abzugrenzen. Da-rüber hinaus erscheint die Danksagung für die Unter-stützung und die Bedeutung dieser für die entsprechen-den Zwecke wichtig. Zwar lassen sich dadurch kurzfris-tig kaum Spender zurückgewinnen, allerdings bleibt die Spendenorganisation in den Köpfen der Spender und stellt möglicherweise eine Alternative für zukünftige Spendenaktivitäten dar.

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Tabelle 4: Rückgewinnungsstrategien bei verschiedenen Abwanderungs-Gründen

Abwanderungsgrund Prozent Faktorzuordnung

Unsicherheit, ob Spende zweckgemäss eingesetzt wird 56,4 Arbeitsweise

Zu viele NPO wollten etwas von mir 52,2 Wettbewerb

Die NPO arbeitet nicht im Interesse der Sache 46,4 Arbeitsweise

Andere Zwecke sind stärker auf meine Unterstützung angewiesen 45,4 Wettbewerb

Ich bin mit der Organisationspolitik nicht einverstanden 43,0 Arbeitsweise

Die Organisation hat mich zu sehr bedrängt 42,6 Arbeitsweise

Ich konnte mir es finanziell nicht mehr leisten 42,2 Spender

Die Organisation hat mich nicht über die Verwendung meiner Spenden informiert 37,1 Interaktion

Andere Organisationen sind überzeugender 30,5 Wettbewerb

Ich möchte zur Abwechslung einen anderen Zweck unterstützen 25,3 Spender

Tabelle 3 Mann Parwoll: Häufig genannte Abwanderungsgründe (eigene Darstellung)

Strategien

Gründe

Anreiz Entschuldigung Überzeugung Anpassung

Interaktion x x

Arbeitsweise xx

abnehmende Bedeutung

xx

andere Zwecke xx

Finanzen x

Wettbewerb x

Tabelle 4 Mann Parwoll: Rückgewinnungsstrategien bei verschiedenen Abwanderungs-Gründen (eigene Darstellung)

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Wie aus den oben beschriebenen Ergebnissen der Clusteranalyse hervorgeht, gibt es häufig eine Kombi-nation von Abwanderungsgründen, die für eine Ab-wanderung ursächlich sind. In derartigen Fällen ist es sinnvoll, den grundlegenden Kern-Abwanderungs-grund zu identifizieren und hierauf die Rückgewin-nungsstrategie auszurichten.

In Tabelle 4 sind die vorgeschlagenen Strategien nach einmal zusammenfassend in Abhängigkeit der Abwanderungsründe dargestellt.

FazitDie vorgestellten Strategien beziehen sich auf die in-haltliche Gestaltung einer rückgewinnungsbezogenen Ansprache. Neben der inhaltlichen Dimension sind für eine erfolgreiche Rückgewinnung aber auch die zeitliche und die formale Strategiedimension bedeut-sam. Während sich die zeitliche Ausrichtung im We-sentlichen auf den «richtigen Zeitpunkt» (sofort ver-sus nach einer bestimmten Zeit der Abwanderung) bezieht, erstreckt sich die formale Ausrichtung auf den Einsatz adäquater Kommunikationsmedien und -mit-tel (z. B. schriftliche oder elektronische Kontaktauf-nahme via E-Mail und SMS versus telefonische oder mündliche Kommunikation) mit inaktiven Spendern. Die drei Dimensionen sind dabei interdependent. So ist z. B. bei einer Entschuldigungs- / Kompensations-strategie in der Regel eine schnelle Kontaktaufnahme auf schriftlichem oder persönlichem Wege sinnvoll. Anders ist dies hingegen bei der Beanspruchung der

Überzeugungsstrategie, um zu Wettbewerbern abge-wanderte Spender zurückzugewinnen. Eine zu frühe Ansprache führt möglicherweise zu Irritationen oder Reaktanzeffekten.13 Sind Spender nach einiger Zeit mit der neuen Organisation unzufrieden, begünstigt dies die Rückgewinnungschancen der vorherigen NPO, weswegen sich eine verzögerte Ansprache auf elektro-nischem Wege (z. B. Newsletter mit angebotenen Akti-vitäten der NPO) rentieren könnte.

Darüber hinaus sind auch bei der inhaltlichen Ge-staltung neben den Abwanderungsgründen noch wei-tere Kriterien zu berücksichtigen, wie z. B. die Motive, die für Spender ursprünglich relevant waren. Spen-derbezogene (z. B. Familienstand) und beziehungsbe-zogene (z. B. Dauer der Mitgliedschaft) Merkmale spielen für das Rückkehrverhalten ebenso eine ent-scheidende Rolle.

Damit wird deutlich, dass die Rückgewinnung von Spendern eine recht komplexe Aufgabe ist, die vor den oben angesprochenen Marktveränderungen für Spendenorganisationen aber recht lukrativ ist. Wegen der noch unzureichenden Durchdringung der Thema-tik in Wissenschaft und Praxis sind zunächst jedoch in beiden Bereichen noch erhebliche Lernprozesse erfor-derlich!

Fussnoten1 Vgl. Crole 2006, S. 614.2 Vgl. Sargeant/Jay 2004, S. 2; Burnett 2002, S. 156.3 Vgl. DZI 2010, S. 29; Deutscher Spendenmonitor 2011.

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4 Vgl. Urselmann 2006, S. 82 ff.; Hunziker 2010, S. 50.

5 Vgl. Sargeant/Jay 2004, S. 3.

6 Vgl. Burnett 2002, S. 157; Hönig/Schulz 2006, S. 285; Sargeant/Jay 2004, S. 3.

7 Vgl. Hunziker/Helmig 2011, S. 33; Mann 2009, S. 165; Stauss/Friege 2006, S. 512.

8 Vgl. Michalski 2002, S. 182 ff.

9 Vgl. z. B. Tang et al. 2010; Nathan/Hallam 2009; Sargeant/Jay 2004; Aldrich 2000.

10 Vgl. z. B. Michalski 2002, S. 188 f.; Bruhn 2012, S. 199; Gonzalez et al. 2005, S. 60 f..

11 Vgl. Homans 1960.

12 Vgl. Dissonanztheorie von Festinger 1957.

13 Vgl. Rutsatz 2004, S. 194.

LiteraturAldrich, T., Re-activating lapsed donors: A case study, in: Internatio-nal Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 2000 (3), S. 288-293.

Burnett, K., Relationship Fundraising: A Donor-Based Approach to the Business of Raising Money, San Francisco, 2002.

Bruhn, M., Marketing für Nonprofit-Organisationen: Grundlagen, Konzepte, Instrumente, München, 2012.

Crole, B., Adresskunde, in: Fundraising Akademie (Hrsg.), Fund-raising: Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wies-baden, 2006, S. 613–624.

Deutscher Spendenmonitor, Fakten und Trends im Zeitverlauf, 2011, http://www.tns-infratest.com/presse/pdf/Presse/TNS_Inf-ratest_Deutscher_Spendenmonitor_2011.pdf (17.05.2012).

DZI, Spendenbericht Deutschland 2010. Daten und Analysen zum Spendenverhalten, Berlin, 2010.

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Festinger, L., A Theory of Cognitive Dissonance, Stanford/CA, 1957.

Gonzalez, G. R./Hoffman, K. D./Ingram, T. N., Improving Relati-onship Selling Through Failure Analysis And Recovery Efforts: A Framework And Call To Action, in: Journal of Personal Selling and Sales Management, 2005 (1), S. 57–65.

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Andreas Mann/[email protected]. Dr. Andreas Mann, Jg. 1965, ist Inhaber des SVI-Stiftungslehrstuhls für Dia-logmarketing und Leiter des DMCC – Dialog Marketing Competence Center an der Uni-versität Kassel; nach Promotion und Habilitation war er Professor für Betriebswirt-schaftslehre und Marketing an der Technischen Universität Clausthal; er hat zahlreiche Veröffentlichungen in seinen Arbeits- und Forschungsgebieten Dialogmarketing, Ver-triebs- und Servicemanagement.

Die Autoren

Moritz Parwoll/[email protected] Parwoll hat an der Universität Kassel Wirtschaftswissenschaften (Diplom) stu-diert sowie den Masterstudiengang «Kommunikationsmanagement und Dialogmarke-ting» abgeschlossen. Seit 2011 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am SVI-Stiftungslehrstuhl für Dialogmarketing am DMCC — Dialog Marketing Compe-tence Center der Universität Kassel. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Non-Profit- und Spendenmarketing.

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