Über die wirkung von dolantin und polamidon im vergleich zu anderen stark wirksamen analgetica an...

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214 G. VOOEL: 4 MOVKYITAR, A.: C. R. Soc. Biol. (Paris) 66, 187--189 (1909). » RADOVCO,C., S. RADOUCO et E». F~OM~~L: Helv. physiol, pharmacol. Acta 15, 193--199 (1957). Diskussion. W. KOLL (Göttingen): Betonung der Notwendigkeit bei den tierexperimentellen Methoden zur Analgesiemetrie in den motorischen Test- reaktionen Reflexe und kompliziertere nozizeptive Reaktionen (,Ausdrucks- bewegungen") zu unterscheiden. Hinweis auf Versuchsergebnisse am thermisch ausgelösten ,tail-flisk" normaler und chronisch spinalisierter Ratten mit Morphin und Cardiazol (KOLL und BLOCK, KOLL und HIL~~R). K. KRAUSE (Hannover): Es wird auf die Methodik von Fm MEYER U. Mitarb. hingewiesen. Diese arbeitet mit dem Wärmereiz an der M~useschnauze; registriert wird eine koordinierte Abwehrbewegung. Die von MEY]~~ beschriebene Methodik ist weit empfindlicher als die übrigen an kleinen Versuchstieren angewandten Verfahren. Mit Morphin. hydrochloric, wurden z.B. folgende Werte erhalten: EDv0 ~ 0,8 mg/kg s.c.; EDg5 ~ 1,2 mg/kg s.c. E. v. SKRAMLIK (Berlin): Warnung vor Übertragung von ,Schmerz- reaktionen" von Tieren auf wirkliches Auftreten von Schmerz, wie dies beim Men- schen der Fall ist. Solche Versuche müssen nach Erprobung von Giftigkeit bzw. Vertraglichkeit der betreffenden Stoffe am Menschen durchgeführt werden. Die Methodik, die von mir bzw. Mitarbeitern in neuerer Zeit entwickelt wurde, bezieht sich auf die abgestufte Reizung von Receptoren bei Schleimhäuten an Hand der Konzentration der Lösung von Neutralsalzen, die gerade Stechen erzeugt bei Schleimhaut und Haut (auch Zähnen) an Hand der Intensität bzw. Flußzeit von rechteckigen Stromstößen, einzeln oder in bestimmter Folge. Man bekommt auf diese Weise ein klares Bild von der Tiefe und dem Anhalten der Wirkung eines Analgeticums. G. VOGEL (Frankfurt/M.-Höehst): Über die Wirkung von Dolantin und Polamidon im Vergleich zu anderen stark wirksamen Analgetica an der unterkühlten Ratte nach Giaja Vor Jahren berichtete bereits der Belgrader Physiologc GIAJA über eine Methode, mit deren Hilfe es möglich ist, Ratten durch Unter- kühlung reversibel in einen poikilothermen Zustand mit völliger An- aesthesie und Bewegungsunf~higkeit zu versetzen. Wir versuchten nun einerseits, diese Methode zu einem Screening- Test für hibernatorisch wirksame Stoffe auszubauen und ihre Bedh~- gungen zu analysieren; andererseits der Frage nachzugehen, warum gerade Dolantin sich in der K£1tenarkose besonders bewährt hat. W~hrend in den Versuchen von GIAJ.~ die Tiere allein durch Sauerstoff- entzug und Kohlens~ureanreicherung bei Abkühlung in Kältestarre ver- fielen, mußten wir unser Verfahren so gestalten, daß diese Faktoren allein nicht ausreichten, sondern erst die zusätzliche Gabe von Medi- kamenten die K~Itenarkose auslöste. Deshalb haben wir folgendes Ver- fahren ausgewählt : Weiße Ratten, die über Nacht gehungert hatten, wurden nach Be- handlung mit dem Medikament inEiswasser getaucht, dem einNetzmittel

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Page 1: Über die Wirkung von Dolantin und Polamidon im Vergleich zu anderen stark wirksamen Analgetica an der unterkühlten Ratte nach Giaja

214 G. VOOEL:

4 MOVKYITAR, A.: C. R. Soc. Biol. (Paris) 66, 187--189 (1909). » RADOVCO, C., S. RADOUCO et E». F~OM~~L: Helv. physiol, pharmacol. Acta 15,

193--199 (1957).

Diskussion. W. KOLL (Göttingen): Betonung der Notwendigkeit bei den tierexperimentellen Methoden zur Analgesiemetrie in den motorischen Test- reaktionen Reflexe und kompliziertere nozizeptive Reaktionen (,Ausdrucks- bewegungen") zu unterscheiden. Hinweis auf Versuchsergebnisse am thermisch ausgelösten ,tail-flisk" normaler und chronisch spinalisierter Ratten mit Morphin und Cardiazol (KOLL und BLOCK, KOLL und HIL~~R).

K. KRAUSE (Hannover): Es wird auf die Methodik von Fm MEYER U. Mitarb. hingewiesen. Diese arbeitet mit dem Wärmereiz an der M~useschnauze; registriert wird eine koordinierte Abwehrbewegung. Die von MEY]~~ beschriebene Methodik ist weit empfindlicher als die übrigen an kleinen Versuchstieren angewandten Verfahren. Mit Morphin. hydrochloric, wurden z.B. folgende Werte erhalten: EDv0 ~ 0,8 mg/kg s.c.; EDg 5 ~ 1,2 mg/kg s.c.

E. v. SKRAMLIK (Berlin): Warnung vor Übertragung von ,Schmerz- reaktionen" von Tieren auf wirkliches Auftreten von Schmerz, wie dies beim Men- schen der Fall ist. Solche Versuche müssen nach Erprobung von Giftigkeit bzw. Vertraglichkeit der betreffenden Stoffe am Menschen durchgeführt werden. Die Methodik, die von mir bzw. Mitarbeitern in neuerer Zeit entwickelt wurde, bezieht sich auf die abgestufte Reizung von Receptoren bei Schleimhäuten an Hand der Konzentration der Lösung von Neutralsalzen, die gerade Stechen erzeugt bei Schleimhaut und Haut (auch Zähnen) an Hand der Intensität bzw. Flußzeit von rechteckigen Stromstößen, einzeln oder in bestimmter Folge. Man bekommt auf diese Weise ein klares Bild von der Tiefe und dem Anhalten der Wirkung eines Analgeticums.

G. VOGEL (Frankfurt/M.-Höehst): Über die Wirkung von Dolantin und Polamidon im Vergleich zu anderen stark wirksamen Analgetica an der unterkühlten Ratte nach Giaja

Vor J a h r e n ber ichte te bereits der Belgrader Physiologc GIAJA über eine Methode, mi t deren Hilfe es möglich ist, R a t t e n durch Unter-

küh lung revers ibel in einen poik i lo thermen Zustand mi t völliger An-

aesthesie und Bewegungsunf~higkei t zu versetzen. Wi r ve rsuch ten nun einerseits, diese Methode zu einem Screening-

Test für h ibernator isch wirksame Stoffe auszubauen und ihre Bedh~- gungen zu analys ieren; anderersei ts der Frage nachzugehen, warum gerade Dolan t in sich in der K£1tenarkose besonders bewähr t hat . W~hrend in den Versuchen von GIAJ.~ die Tiere allein durch Sauerstoff- en tzug und Kohlens~ureanre icherung bei Abkühlung in Käl tes ta r re ver-

fielen, m u ß t e n wir unser Verfahren so gestal ten, daß diese Fak to ren allein n ich t ausreichten, sondern erst die zusätzl iche Gabe von Medi- k a m e n t e n die K~Itenarkose auslöste. Deshalb haben wir folgendes Ver-

fahren ausgewähl t : Weiße Ra t t en , die über Nach t gehunger t ha t ten , wurden nach Be-

hand lung mi t dem Medikament inEiswasser ge taucht , dem e inN e tzm i t t e l

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zugesetzt war, und einzeln in verschlossene gekühlte Gläser gesetzt, die nur alle 10 min 10 sec lang geSffnet wurden. Nach 1 Std wurde der Pro- zentsatz der Tiere ermittelt , die in den Zustand der Kältenarkose ver- fallen waren. Dabei war die Rectal temperatur auf 12--15 ° C abgesunken. Die Tiere zeigten dann keine spontanen Bewegungen mehr, sondern blieben - - in Rüekenlage gebracht - - s tarr so liegen, ohne den Versuch, sich aufzurichten. Bei Raumtcmpera tu r von 22 ° C belassen, erholten sich die Tiere jedoch innerhalb einiger Stunden spontan wieder, ohne in ihrem Verhalten irgendwelche Schädigungen erkennen zu lassen. Da allein unter dem Einfluß eines Medikaments bei Unterkühlung nie eine Käl tes tarre zu erzielen war, mußte die Änderung des Umgebungsgases als unbedingt notwendiger Teilfaktor angesprochen werden.

In Durchströmungsversuchen mit verschiedenen Gasgemischen stellten wir fest, daß entweder eine Erniedrigung des Sauerstoffes auf 50/0 oder eine Erhöhung der Kohlensäure auf rund 12°/o zur Kältenarkose notwendig waren. Unter dem Einfluß eines Medikamentes, nämlich Chlor- promazin 5 mg/kg s.o., gelang dies jedoch schon unter einer CO,-Konzen- t rat ion von 4--50/0 oder einer Sauerstoffverminderung auf 10°/0 . Es konnte gezeigt werden, daß bei der beschriebenen einfachen Gläser- methode eine wesentliche Differenz besteht zu den Gaskonzentrationen, die für sich allein bereits Kältenarkose bewirken.

Außer Phenothiazinderivaten haben wir auch s tark wirksame An- algetica untersucht. Wenn man in Dosenwirkungskurven den Prozent- satz der in Käl tes tarre verfallenden Tiere aufträgt , so zeigt sich, daß außer Chlorpromazin auch Polamidon und Dolantin wirksam sind. Mor- phium steht in dieser Reihe an letzter Stelle. Die graphisch ermittelte ED50 beträgt für Chlorpromazin etwa 2 mg/kg s,c., Polamidon etwa 10 mg/kg s.c., Dolantin etwa 60 mg/kg s.c. und für Morphium etwa 100 mg/kg s.c. Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn man die hibernatorische Wirkung der Stoffe mit der analgetischen vergleicht. Bildet man den Quotienten von hibernatorischer und analgetischer Wirkung, so erhält man folgende relative Beziehung: Morphium 1, Dolantin 5,8, Polamidon 4,5. Die Überlegenheit von Dolantin und Polamidon gegenüber Morphium ließ sich auch in Kombinationsver- suchen bestätigen.

In ähnlicher Weise wie Morphium waren auch andere Stoffe, wie Scopolamin und Barbi turate im Kälteversuch relativ unwirksam.

Mit Reserpin ließ sich auch in bereits toxischen Dosen keine Kälte- starre erzeugen.

Die beiden synthetischen Produkte Dolantin und Polamidon zeigen demnach eine Sonderstellung unter den Analgetica.

Das beschriebene Verfahren ist geeignet, als Screening-Test für hibernatorisch wirksame Stoffe zu dienen.