ueber die entwickelung der sarcine aus dem hefenpilz

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V. Ueber die Entwiekelung der Sarcine Hefenpilz. (Hierzu Tab. I. fig. i:--7.) Von Dr. G. W. Simon aus Halle. aus dem lm vorigen Jahre untersuchte ich die ausgebrochenen Magen- contenta einer Frau, die, nach den Symptomen zu urtheilen, an einer Strictur des Pylorus oder des Colon lilt. Dasselbe besland aus einer triiben Fliissigkeit, welche sich abet schon bei kurzem Stehen kl~irte und einen dicken grauen Bodensatz absetzte. Die tiberstehende Flfissigkeit war liehtgelb, reagirle und roch sauer, obenauf schwammen Fetttr~pfchen. Das Se- diment zeigte unter dem Mikroskop Amylumk~irner, Fettzellen und Fetttri~pfchen, Muskelfasern u. s. w. als Rudimente der ge- nossenen Speisen, Epithelialzellen des Magens, endlich eine grofse Menge Hefenpilze und Sarcinen. Die Hefenpilze er- sehienen theils als einzelne Zellen, theils als Reihen yon 3 bis 4 Zellen. Einige derselben boten Formen dar, welehe bisher noeh nieht beobaehtet worden sind und deutlieh be- weisen, dafs die Sareine eine weitere Entwiekelung der He- fenzelle ist. Man sah n~imlieh (Fig. 1.) vielfa~h Exemplare, in welehen star des einfaehen Kerns 2, 3, 4 bis 8 kleinere

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Page 1: Ueber die Entwickelung der Sarcine aus dem Hefenpilz

V.

Ueber die Entwiekelung der Sarcine Hefenpilz.

(Hierzu Tab. I. fig. i:--7.)

Von Dr. G. W. S i m o n aus Halle.

aus dem

lm vorigen Jahre untersuchte ich die ausgebrochenen Magen- contenta einer Frau, die, nach den Symptomen zu urtheilen, an einer Strictur des Pylorus oder des Colon lilt. Dasselbe besland aus einer triiben Fliissigkeit, welche sich abet schon bei kurzem Stehen kl~irte und einen dicken grauen Bodensatz absetzte. Die tiberstehende Flfissigkeit war liehtgelb, reagirle und roch sauer, obenauf schwammen Fetttr~pfchen. Das Se- diment zeigte unter dem Mikroskop Amylumk~irner, Fettzellen und Fetttri~pfchen, Muskelfasern u. s. w. als Rudimente der ge- nossenen Speisen, Epithelialzellen des Magens, endlich eine grofse Menge Hefenpilze und Sarcinen. Die Hefenpilze er- sehienen theils als einzelne Zellen, theils als Reihen yon 3 bis 4 Zellen. Einige derselben boten Formen dar, welehe bisher noeh nieht beobaehtet worden sind und deutlieh be- weisen, dafs die Sareine eine weitere Entwiekelung der He- fenzelle ist. Man sah n~imlieh (Fig. 1.) vielfa~h Exemplare, in welehen star des einfaehen Kerns 2, 3, 4 bis 8 kleinere

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Kerne da waren. Eine Uebergangsstufe zu diesen bildeten solche, wo blofs erst eine Einkerbung, noch keine vollst~indige Theilung vorhanden waren. Wir haben mi|hin hier ein Bei- spiel von KernLheilung. Gewi~hnlich geht diesem Processe eine Aufschwellung des Kernes vorher, seine Contouren wer- den undeutlich, in manchen Zellen verschwindet er fiir das Auge fast g~inzlich. Ist die vollst~indige Theilung des Kerns in 4 oder 8 kleinere (beide Zahlen kommen ziemlich gleich h~iufig vor) zu Stande gekommen, so hat sich auch die ~iufsere Form der Zelle dahin ver~indert, dafs sie mehr einem Wiirfel oder der H~ilfte ¢ines W~irfels gleicht (fig. 2.), je nachdem S oder 4 Kerne vorhanden sind. Aus dieser einfachen kubischen oder prismatischen Zelle entwickelt sich nun die Sarcine auf folgende Weise :

Jeder einzelne Kern filngt an aufzuschwellen. (fig. 3.); ver- liert seine deutlichen Conturen, bekommt Einkerbungen und zerf~illt endlich in 8 kleinere (hier ist immer die Zahl 8 con- stant (fig. 4.)), kurz wit haben denselben Prozefs wieder, den der Kern der einfachen Hefenzelle durchmachte. Gleichzeitig mit diesem finder nun aber auch eine Theilung des ganzen Zeltenraumes start, die Zellenmembran zieht sich n~imlich all- m~ihlig immer enger um jeden einzelnen der aufschwellenden Kerne zusammen, so dafs auch an ihr Einbuchtungen entste- hen; diese werden immer tiefer, dieser Prozefs endet abet nicht wie bei den Kernen mit einem vollst~indigen Zerfallen, sondern es bilden sieh blofs dutch das immer weitere Hinein- riieken der Einbuchtungen Scheidew~inde und zwar 2 oder 3, je nachdem die Zelle 4 oder S Kerne hatte. Diesetben ste- hen senkrecht auf einander, und der innere Raum des Wfirfels oder Prismas wird durch sie in 4 oder S kleinere kubische Abtheilungen geschieden. Im weiteren Verlauf endet dieser Prozefs allerdings wie bei den Kernen mit einer vollst~indigen Isolirung der einzelnen. Ab thei[ungen, inclem n'~imlich die Scheide- w~inde allm~ihlich immer breiter werden und sich zuletzt in zwei Hfilften theilen; letztere bleiben jedoeh dutch eine Zwi- sehensubstanz mit einander verbunden~ und obwohl daher die

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elnzelnen Zellenriiume nun zu selbstsltindigen Zellen werden, deren jede ihre vollkommen gesonderte Membran (fig. 5.) hat, so bleiben sie doeh dutch Intereellularsubstanz immer noeh mit einander verbunden. Wir haben jetzt 4 oder 8 einander adh~irirende Zellen mit 32 oder 64 Kernen die Sareina aus- maehend. Diese maehen nun yon neuem ganz denselben Pro- zefs der Theilung des Kerns und der ganzen H(ihle dureh, den wit so eben beschrieben haben. Wir haben dann 256 oder 512 Kerhe.

Mit diesem Waehsthum ist natiirlieh eine bedeutende Er- weiterung der Membran der prim~iren und der seeund~iren Zellen verbunden. Die~elbe wird daher immer diinner und feiner, sehwerer erkennbar (Fig. 6.), zule|zt reifst sic sogar und die Kerne ergiefsen sieh als eine kiirnige Masse aus den Htihlen, vietleieht als Keime neuer ]ndividuen. Dabei wird zugleieh der dureh Intercellularsubstanz vermittelte Zusammen: hang der einzelnen Zellen immer lockerer und zuletzt trennen sie sich yon einander. (Fig. 7.)

Diese Entwieklungsreihe ist in den Fliissigkeiten, worin sich Sarcinen finden, im Ganzen selten zu beobaehten, da sieh in den entleerten Mageneonientis die Sareinen meist sehon auf der hliehsten Stufe ihrer Entwickelung oder theilweise izer- fallen vorfinden.

Aus der gegebenen Darstellung geht hervor, wofiir die Sareine zu halten sei. Es ist eine ~ihnliehe Welterbildung der Hefenpflauze, wie die yon Kfitzing*) zuerst besehriebenen vertlstelten Formen, welehe e r Sporotrycha und Mueores nannte, nut mit dem Untersehiede, dafs jene sieh sehon ent- wickeln, wenn man saure Hefe dem freien Zutritt der Luft aussetzt, ~die Sareinen aber nur im thierisehen K~irper unter Bedingungen, die wir noeh nieht kennen.

Bei einer zweiten Kranken fand ieh Hefenpflanzen, Sarei- nen und Sporotryehen zugleieh in dem erbroehenen Magen- inhalte.

*) E r d m a n n ' s Journal 1837. II. pag. 390.