studien über die verkleisterung der stärke. 5. mitt. die verkleisterung wärmebehandelter...

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Aus dem Institut fur Landwirtschaftlich-Chemische Technologic der Technischen Universitat zu Budapest (Direktor: Prof. Dr. Ing. J. HOLL~) Studien uber die Verkleisterung der Starke. 5. Mitt.l Die Verkleisterung warrnebehandelter Kartoffelstarke2 J. HOLL~, J. HUSZAR, J. SZEJTLI, G. S. GANTNER und E. LASZL~ In unserer friiheren Veroffentlichung [I] hatten wir uns mit der Frage beschaf- tigt, ob und in welcher Weise die Warmebehandlung die Verkleisterung der Kar- toffelstarke beeintrachtigt . In der vorliegenden Arbeit sollen dazu weitere experi- mentelle Daten veroffentlicht werden, wobei vor allem auf z praktische Probleme einzugehen ist, namlich einmal auf die Herstellung von Pyrodextrinen, zum andern auf diejenigen Anderungen, die die Starke wahrend des Brotbackens erleidet. I. Exeerimenteller Teil In den Versuchen wird Kartoffelstarke handelsiiblicher Qualitat herangezogen . Sie wird im Exsikkator uber Phosphorpentoxyd bis zur Gewichtskonstanz auf- bewahrt. Je 10 g der getrockneten Muster werden --.in einer 0,5 cm diinnen Schicht in Petrischalen ausgebreitet - in einem Thermostaten auf bestimmte Temperatur (& 0,5 "C Genauigkeit) erwarmt. Zu bestimmten Zeitpunkten (Tab. I) wird eine Schale herausgenommen, im Exsikkator uber Phosphorpentoxyd abgekiihlt und unverziiglich - bis zur Durchfuhrung der Versuche - in einer zuverlassig ver- schlossenen Flasche aufbewahrt. Folgende Untersuchungen werden ausgefuhrt. Loslichkeit. Von jeder Probe wird I g in1 Schuttelapparat 10 Min. lang mit 10 ml dest. Wasser bei 20 OC geschuttelt und sodann zentrifugiert. Je 5 ml des klaren Zentrifugates werden zur Ermittlung des gelosten Anteils eingetrocknet ; die Er- gebnisse der Kaltwasserloslichkeit in Abhangigkeit von der Vorerhitzung sind in Abb. I graphisch dargestellt. Verkleisterung. Sie wird anhand der in unserer friiheren Arbeit [z] beschriebenen photometrischen Methode verfolgt. Abb. z gibt die photometrischen Verkleiste- rungskurven der bei 160 "C warmebehandelten Proben wieder. Die Kurven sind in der Weise aufgenommen worden, daB die Lichtdurchlassigkeit der Suspension in Abstanden von je I "C Temperaturanderung gemessen worden ist. Die charak- 4. Mitt. Nahrung 3, 1051 (1959). Die vorliegende Veroffentlichung stellt die 34. Mitt. des Instituts uber Forschungen auf dem Cebiet der Polysaccharide dar.

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Page 1: Studien über die Verkleisterung der Stärke. 5. Mitt. Die Verkleisterung wärmebehandelter Kartoffelstärke

Aus dem Institut fur Landwirtschaftlich-Chemische Technologic der Technischen Universitat zu Budapest (Direktor: Prof. Dr. Ing. J. H O L L ~ )

Studien uber die Verkleisterung der Starke. 5. Mitt.l Die Verkleisterung warrnebehandelter Kartoffelstarke2

J. HOLL~, J. HUSZAR, J. SZEJTLI, G. S. GANTNER und E. LASZL~

In unserer friiheren Veroffentlichung [I] hatten wir uns mit der Frage beschaf- tigt, ob und in welcher Weise die Warmebehandlung die Verkleisterung der Kar- toffelstarke beeintrachtigt . In der vorliegenden Arbeit sollen dazu weitere experi- mentelle Daten veroffentlicht werden, wobei vor allem auf z praktische Probleme einzugehen ist, namlich einmal auf die Herstellung von Pyrodextrinen, zum andern auf diejenigen Anderungen, die die Starke wahrend des Brotbackens erleidet.

I . Exeerimenteller Teil

In den Versuchen wird Kartoffelstarke handelsiiblicher Qualitat herangezogen . Sie wird im Exsikkator uber Phosphorpentoxyd bis zur Gewichtskonstanz auf- bewahrt. Je 10 g der getrockneten Muster werden --.in einer 0,5 cm diinnen Schicht in Petrischalen ausgebreitet - in einem Thermostaten auf bestimmte Temperatur (& 0,5 "C Genauigkeit) erwarmt. Zu bestimmten Zeitpunkten (Tab. I) wird eine Schale herausgenommen, im Exsikkator uber Phosphorpentoxyd abgekiihlt und unverziiglich - bis zur Durchfuhrung der Versuche - in einer zuverlassig ver- schlossenen Flasche aufbewahrt. Folgende Untersuchungen werden ausgefuhrt.

Loslichkeit. Von jeder Probe wird I g in1 Schuttelapparat 10 Min. lang mit 10 ml dest. Wasser bei 20 O C geschuttelt und sodann zentrifugiert. Je 5 ml des klaren Zentrifugates werden zur Ermittlung des gelosten Anteils eingetrocknet ; die Er- gebnisse der Kaltwasserloslichkeit in Abhangigkeit von der Vorerhitzung sind in Abb. I graphisch dargestellt.

Verkleisterung. Sie wird anhand der in unserer friiheren Arbeit [z] beschriebenen photometrischen Methode verfolgt. Abb. z gibt die photometrischen Verkleiste- rungskurven der bei 160 "C warmebehandelten Proben wieder. Die Kurven sind in der Weise aufgenommen worden, daB die Lichtdurchlassigkeit der Suspension in Abstanden von je I "C Temperaturanderung gemessen worden ist. Die charak-

4. Mitt. Nahrung 3, 1051 (1959). Die vorliegende Veroffentlichung stellt die 34. Mitt. des Instituts uber Forschungen auf dem Cebiet der Polysaccharide dar.

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Verkleisterung der Starke. 5 . Mitt.

D%

50 -

40 -

30

50 --

40 -

30 -

20

507

der Kartoffelstarke ...$_n ... 5 ...- *..' ....**. 0

160 "c ...-. 8. 0--- ..* / ***

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30

I I I , I I I I I I I I 1 I I 1 I I 1 I i 7 & 30 40 so 60

15 Stunden

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5 08 H O L L ~ / HUSZAR I SZEJTLI / GANTNER / LAsz~6

teristischen Punkte dieser Kurven sind zusammen mit den charakteristischen Punkten samtlicher Proben in Abb. 3 und 4 dargestellt. Die Kurven nach Abb. 3 veranschaulichen den Beginn der irreversiblen Qucllung als Funktion der Tempera- tur und der Dauer der Dextrinierung, wahrend Abb. 4 die Minima der Lichtabsorp- tionskurven zum Ausdruck bringt.

5 10 15 Sfunden

(, ,hderungspunkt")

0 Abb. 3. Die Anfangstemperatur der irreversiblen Qucllung von Kartoffelstarke

Abb. 4. Die Temperatur des Lichtdurchlassigkeitsminimums von Emulsionen der Kartoffelstarke

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Verkleisterung der Starke. 5. Mitt. 509

Zeit Std.

2

3 4 6 8

I0

I2

16 I8 20

.____

I

2

3 4 5 6 7 8 9

I0

I1

Tabelle I Charakteristischc Daten pyrodextrinierter Muster von Kartoffelstarke

cnl mglml

0,0350 0,0272 0,0184 0,0180 0,0128 0,0182 0,0178 0,0194 0,0122 0,0126

0,0302 0,0228

0,0224 0,0142 0,0140 0,0160 0,0118 0,0128 0,0136 0,0112

0,0194

0,0420 0,0214 0,0166 0,0122

0,0138 0,0168

0.0354 0,0186 0,0174 0,0150

0,0140 0,0138 0,0142

0,0144

V

OC

140 OC

56

56.5 54.95 44.2

42.3 41,2

-

-

-

X

150 OC

-

57,6 53.8 50,6 47.3 43n9

40>45

-

X

X

X

160 "C

51 49,9 47>6 4 2 3 3936 303

170 OC

44.8 51 49,6

47.4

32*3 22,s

-

-

- 60,2 5 6 4 54#4 49>5 45.6

43,8

-

X

X

X

56.6 54B6 4989 44 36.8 24,6

__- 58,9 5582 548 -

44>4

33 26,8

-

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510 H O L L ~ / HUSZAR / SZETLI / GANTNER / L ~ ~ s z L ~

Tabel le I (Fortsetzung)

Zeit

Std.

0.5

1.5

2,.5

3 3s 4

I

2

0,0346 0,0324 0,0170

O,OI 14 0,0136 0,0100

0,0322 0,0212

0,0096 0,0154 0,oogo 0,0116 0,oogz 0,0095

Ja % ~ ."c 1 180OC

190 "C

2~39 0.44 1>35 X

X

X

X X

45 39>7 56 3936 35 35 36 X

Min.

OC

-

54,9 60.6 497 7 46 X

X

X

2.47 1.43 1,36 I,22

1.17 1,16

Loslichkeit

%

x = die Messungskurve konnte nicht zuverlkig ausgewertet werdcn.

E r l a u t er ungen: C, = Starkekonzentration, die zur 50xigen Dampfung des urspriing- lichen polarographischen Sauerstoffmaximums erforderlich ist

J z = Jodbindevormdgen V Min. %el = rel. Viscositat Laslichkeit = Kaltwasserldslichkeit

= hderungspunkt, d. 11. Beginn der irreversiblen Quellung = Temperatur der minimalcn Lichtdurchlassigkeit

I n Erganzung der die Verkleisterung betreffenden Untersuchungen haben wir - zum Zweck der Interpretierung der photometrischen Kurven - die mikrosko- pische Untersuchung samtlicher Proben durchgefiihrt. Bei einzelnen derselben sind auch Versuche vorgenommen worden, die den Verlauf der Verkleisterung unter dem Mikroskop optisch verfolgen. Da wir eine komplette Serie solcher Mikrophoto- aufnahmen aus Grunden des Platzmangels nicht veroffentlichen konnen, wird der EinfluS der Warmebehandlung auf die Verkleisterung durch einige ausgewahlte Aufnahmen (Abb. 5-7) illustriert.

In Abb. 5 a ist der VerkleisterungsprozeI.3 der Ausgangsstarke als Bezugssubstanz dargestellt ; daraus wird ersichtlich, daI.3 dieselbe bereits Iadierte Korner enthalt ,

Nach Abb. 6b, die die Aufnahme einer I Std. lang bei 160 "C warmebehandelter Starke wiedergibt, befindet sich die Verkleisterung bei dieser Temperatur in einem fortgeschritteneren Stadium als diejenige der Ausgangsstarke (Abb. 5 a) bei gleicher

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Verkleisterung der Starke. 5. Mitt. 511

5c

Abb. 5. Mikroskopische Darstellung der Kartoffelstarkekorner a = beid5 O C

b = bei 57 O C c = bei5g OC d = bei 70 OC

Temperatur. Abb. 6d la& auf den aufgequollenen ,,Sacken" keine solche Kon- trastfiguren beobachten, wie sie in Abb. 5 d sichtbar sind. Dies diirfte auf die gro13ere Loslichkeit (vgl. Abb. I) zuruckzufuhren sein. Abb. 7 a macht ersichtlich, daD bei der 5 Std. lang bei 160 "C behandelten Starke intakte Korner nicht mehr vorkom- men. Das Stadium des Aufquellens unterbleibt sozusagen ganzlich, wie dies auf Grund der Abb. 3 und 4 ubrigens zu erwarten ist, und die Phase des Losens beginnt sofort (Abb. 7b). Abb. 7c und 7 d lassen gut beobachten, daD das Zerfallen der Starkekorner und der ubergang in Losung entlang den konzentrischen Ringen vor sich geht. Dieser Befund steht mit den Beobachtungen von BADENHUIZEN [3] im Einklang. Anderseits ist die Feststellung interessant, daB die Lasionen der Korner

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5 12

6a

H O L L ~ / HUSZLR / SZEJTLI 1 GANTNER / L L S Z L ~

6b

6c 6d

Abb. 6. Mikroskopische Darstellung bei der 160 OC I Std. erhitzten Kartoffelstarkekorner a = bei 45 OC b = bei 55 O C c = bei 57 O C d = bei 59 O C

der Ausgangsstarke vorwiegend auf radiale Spalten zuruckzufiihren sind ; die Kor- ner zerfallen im Zuge der Verkleisterung - ersichtlich in Abb. gb, 5c, und 5 d - aber nicht entlang diesen radialen Spalten. Hieraus kann gefolgert werden, daB der Aufbau der Korner in erster Linie konzentrisch erfolgt. Die auf der Oberflache ersichtlichen konzentrischen Linien stellen mithin ein wesentliches Charakteristi- kum der Kornstruktur dar.

Viscositat. Abb. 8 veranschaulicht die Viscositatsanderungen der Starke. Die diesbeziiglichen Untersuchungen werden derart durchgefiihrt, daB aus der Starke in O,I n-Natriumhydroxyd -Losung eine I %ige Losung zubereitet und die Visco- sitat vermittels des Capillarviscosimeters bei 25 "C gemessen wird.

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Verkleisterung der Starke. 5. Mitt. 513

7c 7d Abb. 7. Mikroskopische Darstellung der bei 160 O C 5 Std. erhitzten Kartoffelstiirkekomer

a = bei 35 OC b = bei 45 OC c = bei 50 O C

d = bei 55 OC

Jodreaktion .und polarographisches Sauerstoffmaximadampfungswerm6gen. Die Jodsorption [4] und das polarographische Sauerstoffmaximadampfungsvermogen [5] werden in schon beschriebener Weise ermittelt. Aus den Ergebnissen werden hauptsachlich Folgerungen hinsichtlich AusmaB sowie Art und Weise des Abbaues der Molekeln gezogen.

I I . Diskussion der Ergebnisse

Die durch Warmebehandlung dargestellten Rostdextrine haben in zweierlei Richtung besonderes Interesse, einmal weil sie in der Industrie vielfaltig Anwen- dung finden, zum andern weil sie bei der Herstellung von Backwaren - insbeson- dere in den Bezirken der Krustenbildung - immer entstehen.

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5 14 H O L L ~ / HUSZAR SZEJTLI I GA~TTW~LR I LhszL6

0 5 10 15 Stunden -4bb. 8. Die Wirkung des Erhitzens auf die Viscositat der aus vorbehandelten Proben zuberei-

teten Losungen von KartoffelstLrke

Rostdextrine fur industrielle Zwecke werden gewijhnlich unter Zusatz von Saure bzw. von einem Oxydatio&mittel aus Starke produziert. Es spielt sich dabei ein komplexer ProzeB ab, der sich aus mehreren Einzelreaktionen von abweichendem Charakter zusammensetzt . Der Mechanismus der Vorgange wird weiterhin dadurch kompliziert, daB auchdie durch Warme allein bewirkte Umsetzung ein mehrgleisiger Vorgang ist [6]. Vom Standpunkt der Produktion industrieller Rostdextrine aus gesehen, lauft die vorliegende Arbeit im wesentlichen auf eine mehr oder minder spezielle Untersuchung eines der Teilprozesse hinaus ; mit der Rolle der Saure wer- den wir uns demnachst eingehender beschaftigen.

Die Technologie des Brotbackens umfaBt jene an der Starke ablaufenden Prozesse, auf die sich die hier mitgeteilten Resultate in erster Linie beziehen. Im Brot z. B. nehmen - auBer der Feuchtigkeit - praktisch andere Faktoren auf das Verhalten der Polysaccharide gegenuber der Warmebehandlung keinen EinfluB [7]. Einer Moglichkeit aber ist unbedingt Erwahnung zu tun, namlich der Mitwirkung der im Mehl stets vorhandenen Amylasen. Die von ihnen ausgehende Hydrolyse kann aber - gegenuber dem durch Warme verursachten Abbau - in der Kruste ver- nachlassigt werden ; uber die obwaltenden Verhaltnisse haben wir bereits an andrer Stelle berichtet [7]. Danach ist die Wirkung dieser Enzyme auf die intakte Starke iiberaus langsam, so daB sie praktisch vernachlassigt werden kann [z ] . Der fermen- tative Abbau beginnt erst dann, wenn die Korner mechanisch beschadigt sind oder zu verkleistern beginnen. Diese Dextrinierung setzt allgemein erst bei Temperatu- ren uber 60 "C ein; demgegenuber werden die Amylasen bei etwa 75 "C bereits

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Verkleisterung der Starke. 5 . Mitt. 515

inaktiviert. Den relativ engen Temperaturbereich von 15 O C durchlauft das Brot wahrend des Backprozesses recht geschwind, so daB die sich in der Brotrinde ab- spielende Dextrinierung als ein Vorgang betrachtet werden kann, der der in der vorliegenden Arbeit behandelten Pyrodextrinierung ohne Zusatze etwa analog ist.

Beim Anwarmen der Starke greifen nach dem Stand der Kenntnisse vor allem folgende Anderungen Platz [6, 8, 91.

I. Hydrolyse der Glmcosidbindungen. Hierzu ist die Anwesenheit von Wasser erforderlich. Seine wenn auch geringe elektrolytische Dissoziation liefert in be- schrankter Menge Wasserstoffionen, die den ProzeB katalysieren.

2. Kondensat ion. Dieser ProzeB geht in der Weise vor sich, daO aus 2 Hydroxyl- gruppen der Saccharide unter Abspaltung von Wasser Atherbindungen gebildet werden. Diese Kondensation kann sowohl inter- wie auch intramolekular ver- laufen. Die intramolekulare Umsetzung fiihrt im extremen Fall zu Lavoglucosan. An diesen Vorgangen nehmen auch die durch Hydrolyse entstehenden, reduzierend wirkenden Endgruppen der Hydrolyseprodukte teil, so daB der ProzeB der Pyro- dextrinierung am zahlenmafligen MaBstab der Reduzierfahigkeit nicht verfolgt werden kann.

3. Transg lucos id i e ruq . Im Ablauf dieses Prozesses verwandelt sich ein Teil der oc-1,4- in a-1,6-Bindungen, wodurch die Starke mehr und mehr den Charakter von Amylopektin annimmt. Von dieser Seite her ist also - zusatzlich zum Riick- gang des Jodbindevermogens durch den Abbau - eine weitere Abnahme der Jod- reaktion zu gewartigen.

Unsere Untersuchungen erbringen - iibereinstimmend mit den Ergebnissen anderer Autoren - den Beweis dafiir, daB die fur den Abbau charakteristischen Werte mit steigender Temperatur wie auch mit verlangerter Daucr der Warme- behandlung zunehmen. So kann am Verlauf der Verkleisterungskurven nach Abb. 2

die Verschiebung in Richtung niedrigerer Temperaturwerte eindeutig beobachtet werden. Die Tiefe des Minimums nimmt erst ab und verschwindet schlieBlich vollstandig. Dieser letztere Zustand bedeutet aber durchaus nicht, da13 sich die Starkekarner, ohne zu quellen, sofort zu losen beginnen. Auf dem mikroskopischen Aufnahmen nach Abb. 6 und 7 kann vielmehr beobachtet werden, daO auch die durch die Warmebehandlung augenfallig beschadigten Korner quellen, das Auf- quellen aber keine derart deutlich wahrnehmbaren ,,Sacke" zustande bringt, wie dies im Falle nativer Korner der Fall ist. Der aufgequollene Teil geht alsbald in Losung uber. Im Zuge der Vorversuche ist beobachtet worden, daB der Abbau der in Gegen-

wart von Wasser warmebehandelten Starke schneller verlauft als in trockenem Zustand. Um dies sicherzustellen, haben wir jeweils vollstandig wasserfreie Starke- muster durch Aufbewahrung in Raumen verschiedener relativer Feuchtigkeit auf bestimmte unterschiedliche Wassergehalte eingestellt. Diese Proben sind dann -

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516 Hou6 1 HUSZAR 1 SZEJTLI 1 GANTNER 1 LhszLo

in Ampullen eingefullt und verschlossen - 135 Min. bei 140 "C gehalten worden. Die Untersuchungsergebnisse fiihren zur Folgerung, daB dem Wasser bei der Pyro- dextrinierung eine besondere Bedeutung zuzuordnen ist. Abb. g veranschaulicht dies am Beispiel der relativen Viscositat der 3,z%igen Losung der auf die obige Art behandelten Starkeproben, und zwar als Funktion des Wassergehaltes wahrend der Warmebehandlung der Starke.

1 I 1 I I I I I I I 1 I 0 2 9 8 10 %

wo6sser Abb. 9. Die Auswirkung des Feuchtigkeitsgehaltes auf die Viscositat der aus sonst unter gleicheii

Bedingungen zubereiteten Losungen von Kartoffelstiirke

In der Industrie wird bei der Herstellung der Pyrodextrine die Starke nur so weit getrocknet, da13 3% Wasser hinterbIeiben. BeimBrotbacken ist die vorhandene Fliissigkeitsmenge demgegenuber wesentlich groBer. Man hat bei IOO "C mit einem pa von etwa 6,1 zu rechnen. Die Wirkung einer derartigen Wasserstoffionen- Konzentration kann verhaltnismal3ig einfach abgeschatzt werden.

Die Geschwindigkeitskonstante der Starkehydrolyse [IO] bei dieser Temperatur betragt auf In-Wasserstoffionen-Konzentration etwa 5 - I O - ~ min-l. Diese Konstante ist von der Wasserstoffionen-Aktivitat exponentiell abhangig [11, 121 ; der Wert der Exponenten stellt sich aber auf nur 1,07, so daB er bei der approximativen Berech- nung mit I angenommen werden darf. Auf Grund des p,-Wertes kann also die Wasserstoffionen-Konzentration annahernd mit I O - ~ Mol/l angesetzt werden. Dar- aus laBt sich errechnen, wieviel Bindungen bei 200 "C in I Std., bezogen auf j e I Million ursprunglich vorhandener Bindungen, gespalten werden. 1st die Ge- schwindigkeitskonst ante der Hydrolyse bei einer I n-Wasserstoffionen-Konzentra- tion j . I O - ~ min-l, so betragt sie 5 I O - ~ min-l bei einer Wasserstoffionen-Konzen-

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Verkleisterung der Starke. 5. Mitt. 5 17

von I O - ~ . Dieser Wert ist auf 200 "C umzurechnen. Die Aktivierungswarme der Reaktion betragt 29600 cal/Mol; es besteht die Beziehung :

Daraus wird der Wert der bei 200 "C maogebenden Geschwindigkeitskonstante zu 2 I O - ~ min-l gefunden.

Die Anzahl der bei I Million Bindungen in I Std. aufspaltenden glycosidischen Verknupfungen ergibt sich aus der Gleichung :

106

I06 -% In ___ =I 2 10-4.60.

Daraus errechnet sich x = 12000. Dies bedeutet, daB I Molekel vom Polymeri- sationsgrad 1000 im Laufe von I Std. in 12 Teile zerfallt, der durchschnittliche. Polymerisationsgrad mithin auf 83 absinkt. Die Ergebnisse nach Abb. g scheinen diese Berechnung zu stutzen. Ihr ist zu entnehmen, daB schon die Anwesenheit von o,g% Feuchtigkeit bei der Erhitzung ausreicht, um die Viscositat der aus der Starke zubereiteten Losung auf weniger als die Halfte zu reduzieren. Eine weitere Erhohung des Wassergehaltes entfaltet keinen zusatzlich maBgeblichen EinfluB auf die Viscositat. In dieser Tatsache durfte der Beweis dafur enthalten sein, daB der Polymerisationsgrad bereits bei diesem Prozentsatz an Feuchtigkeit recht betrachtlich zuriickgegangen ist.

Die Anwesenheit von Wasser fuhrt aber nicht nur zu einem erheblichen Abfall in der Viscositat der Losungen, sie fordert weiterhin den Ablauf sonstiger Reaktio- nen in wesentlichem AusmaB. Die Verfarbung der vorangehend charakterisierten Proben ist recht unterschiedlich gewesen, wie Tab. 2 anhand der leukometrischen Messungen veranschaulicht ; die Messungen sind mit der ULBRICHT-KUgel durch- gefuhrt worden, wobei die Barytplatte als Ioo%ig weiB betrachtet wird. Nach Tab. 2 bewirkt die Anwesenheit einer groBeren Menge an Feuchtigkeit wahrend der Warmebehandlung eine zunehmend intensive Braunung der Starke. Dies erklart, warum die Brotkruste starker braun ist als die im selben AusmaBe und wahrend derselben Zeitdauer erhitzte trockene Starke ; dabei wird vom EinfluB der MAILLARD-Reaktion zunachst abgesehen. Wahrend der Hydrolyse entstehen zahl- reiche reaktive Endgruppen; sie sind in erhohtem MaBe zur Kondensation geneigt.

Die wahrend der Erhitzung der Starke eintretenden Veranderungen konnen mit einzelnen Methoden bereits zuBeginn, mit anderen erst spater nachgewiesen werden. So vermittelten z. B. Abb. 3 und 4 Vorstellungen uber die Werte des Anderungs- punktes und der Minimaltemperatur als Funktionen der Zeit . Diese Charakteri- stika werden bei der Erhitzung auf 140 "C im Laufe der ersten 3 Std. kaum ver- andert ; dies bedeutet, daB durch gas Erwarmen die Kornoberflache im erheblichen AusmaBe nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Menge des in kaltem Wasser loslichen Anteils nimmt wahrend dieser Phase aber bestandig zu, was sogar gravi-

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518 H O L L ~ / HUSZAR / SZEJTLI / GANTNER / LAszLI)

Lichtzuriick- strahlung

in %

Tabel le 2

Die Lichtzuriickstrahlungsfahigkeit verschiedener, auf 140 O C 135 Min. lang angewarmter Starkemuster mit verschiedenem Feuchtigkeitegehalt als Funktion der Wellenlange

Lichtzuriick- strahlung

in yo

Wel- len-

lange nm

Lichtzuriick- strahlung

in yo

77 80,9 68.9 69 73.9 66 60,9 5 1 3 53.1

436 465 496 533 574 619 665 726 750

Lichtzuriick- strahlung

in yo

61,8 61,9 60.9 60 5 2 3 49 47 4‘ 3 8 2

Natives nicht angewarmtes Starkemuster

0% Feuchtig- keitsgehalt

3,6% Feuchtig- 6,4% Feuchtig- I keitsgehalt keitsgehalt

~ o , g % Feuchtig- keitsgehalt

Lichtzuriick- strahlung

in yo

56 57.5 54 50.4 47 44.8 40,2 34.8 29

metrisch nachweisbar ist. Durch die ULMANN’SChe [13] Methode der Saulenchroma- tographie kann dies bereits in einem fruheren Stadium ermittelt werden.

Der augenfalligste Beweis fur die Abnahme der MolekeIgroBe wahrend der hier zu erorternden Zeitspanne vermittelt aber das polarographische Sauerstoffmaxima- dampfungsvermogen. Die zur 5oyoigen Dampfung des ursprunglichen Maximums erforderliche Starkekonzentration fallt bereits in der ersten Stunde betrachtlich ab, wie dies aus Tab. I ersichtlich ist ; die Ursache dieses Phanomens wurde in einer anderen Arbeit besprochen [sa].

Aus unseren Befunden kann gefolgert werden, daB sich die im Innern des Starke- kornes abspielenden Anderungen nicht sofort im Verhalten bei der Verkleisterung widerspiegeln. Anhand der experimentell ermittelten Charakteristika der Ver- kleisterungstemperaturen konnen zuverlassige Schliisse auf geringere Beschadigun- gen der Korner nicht gezogen werden. Auch die Viscositatsanderungen sind - was das Anzeigen einer Verminderung der MolekelgroDe anlangt - bei weitem nicht so aussagefahig wie das polarographische Sauerstoffmaximadampfungsver- mogen.

Zusammenfassung

Was den EinfluB von Temperatur und Dauer dcr Warmebehandlung auf die Kaltwasserlos- lichkeit der Kartoffelstarke anlangt, so ist aus Abb. I ersichtlich, da13 die ohne jeden Zusatz durchgefiihrte F’yrodextinierung selbst bei lang dauernder Wamebehandlung bei hoher Tem- peratur ein Iooyoig losliches Dextrin nicht ergibt ; eine derart durchgreifende Dextrinierung zieht immer die Bildung von karamelahnlichen Stoffen sowie weitgehende Braunung nach sich. Die Charakteristik der Verkleisterung verschiebt sich bei der Wtirmebehandlung in Richtung

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Verkleisterung der Starke. 5 . Mitt. 51 9

niedrigerer Temperaturen. Dem in den Starkekornern vorhandenen ,,konstitutionellen" Wasser fallt beim Abbau eine analog bedeutsame Rolle zu wie den durch Hydrolyse neu gebildeten reaktiven Endgruppen; letztere sind vor allem fur die Braunung verantwortlich zu machen. Dies ist aus den Versuchsergebnissen mit den warmebehandelten Proben untenchiedlichen Wasser- gehaltes abzuleiten. Eine wenig tiefgreifende Warmebehandlung, wie sie mit Methoden zur Er- mittlung der MolekelgroBe bereits nachgewiesen werden kann, andert das Verhalten bei der Verkleisterung nicht wesentlich, abgesehen von der das AusmaB des Quellens charakterisierenden Tiefe des Absorptionsminimums; sie nimmt bereits im Falle geringen Trocknens ab.

Zur Priifung der Anfangsphase der Dextrinierung wird die Ermittlung des polarographischen Sauerstoffmaximadampfungsvermogens als geeignet erwiesen.

S u m m a r y

In the course of the present investigation we have analysed the influence of heating temperature and heating time on the solubility of potato starch in cold water. From figure I it can be establi- shed that pyrodextrinisation performed without any additive, does not result a IOO p. c. soluble dextrin. not even after prolonged heating at high temperature or only with extensive dextrini- sation accompanied by the development of caramelic products and an intensive brown colour. The gelation characteristics of the granules are shifting towards lower temperatures. The ,,con- stitutional" water content of the granules has a very significant function with decomposition. Reducing groups originating by hydrolysis of the glycoside bonds are significant concerning brown- ing, which fact is also proved by the tests, performed by heating samples of different water content. A mild heat treatment yet still detectable by the analysis of molecular sizes, does not significantly change gelation characteristics, except the depth of absorptive minimum signifying the swelling degree. This latter decreases even at slight dehydration.

The initial phase of dextrinisation can be suitably detected by means of polarographic oxygen- maxima damping capacity analysis.

Page 15: Studien über die Verkleisterung der Stärke. 5. Mitt. Die Verkleisterung wärmebehandelter Kartoffelstärke

520 H O L L ~ / HUSZAR SZEJTLI / GANTNER I LASZL~

L i t e r a t u r

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Prof. Dr.-Ing. J. H O L L ~ , Institut fur Landwirtschaftlich-Chemische Technologie der Technischen Universitat zu Budapest, Budapest XI, Gellkrt TBr 4, Ungarn.

Eingegangen 23. 3. 1961.