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B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung PTS-Forschungsbericht www.ptspaper.de 09.04.2004 1 Quantifizierung der Retention von Stärke am Faserstoff als Voraussetzung für die Optimierung des Stärkeeinsatzes bei der Papierherstellung B. Borchers u. E. Möller Zusammenfassung Stärke als nachwachsender Rohstoff ist in nativer und chemisch modifizierter Form eine öko- logisch günstige Alternative zu synthetischen Papierhilfsmitteln. Sie wird nicht nur zur Steige- rung der Festigkeit von Papier und Karton sondern auch als Binder im Strich verwendet. In der Faserstoffsuspension vorzugsweise verwendete kationisch derivatisierte Stärkeprodukte dienen zudem als Fixiermittel für anionische Suspensionsbestandteile, die teilweise bezüg- lich ihrer Wirkung sehr erwünscht sind (Leimungsmittel), oft aber auch als äußerst problema- tisch (White pitch) eingestuft werden müssen. Da Stärkeprodukte sehr leicht von Mikroorganismen metabolisiert werden, sind Schwierigkei- ten im Wasserkreislaufsystem der Papiermaschine häufige Folge des Stärkeeinsatzes (Ab- lagerungen, Batzen, Löcher im Papier). Sie verursachen Kosten für Stillstände und auch den gegebenenfalls notwendig werdenden Einsatz von Bioziden. Nur bei vollständiger Fixierung der Stärke an die Bestandteile der Stoffsuspension ist gewährleistet, dass im Wasserkreis- lauf der Papiermaschine der Anteil ungebundener Stärke minimal ist. Aufgrund der Tatsache, das bei der Oberflächenbehandlung von Papier vorzugsweise abgebaute native Stärken ap- pliziert werden – hierauf entfallen insgesamt fast 80 % der bei der Papierherstellung einge- setzten Stärkemengen -, spielt gerade bei der Verarbeitung von Recyclingfaserstoffen der Stärkegehalt im Kreislaufwasser eine außerordentlich wichtige Rolle. Voraussetzung für eine realistische Bewertung der Reaktion der Stärke in einem gegebenen Papierstoffsystem ist jedoch eine exakte Kenntnis der Stärkeadsorption auf Faser- und Füll- stoffen. Gegenwärtig bekannte Verfahren zur Bestimmung nativer Stärken im Papier sind in ihrer Anwendungsbreite begrenzt. Die enzymatische Hydrolyse von Stärkeprodukten zu Glucose ist auf Grund der spezifisch arbeitenden Enzyme („Schloss- und Schlüssel-Prinzip“) ein sehr eleganter Weg, die Stärke sowohl in einer Suspension als auch am Papier quantitativ über die gebildete Glucosemenge zu bestimmen. Leider gibt es hierbei Schwierigkeiten, die insbesondere durch den Grad der Derivatisierung bei kationisch modifizierten Produkten bedingt sind. In den vorliegenden Un- tersuchungen wird gezeigt, wie mittels einer Kalibration und der Einführung eines Faktors zumindest bei niedrig substituierten Produkten diesem Umstand begegnet werden kann. Problematisch bei diesem Verfahren sind Reaktionen von kationischen Polyelektrolyten mit den Enzymen. Protein-Fällungen und -Denaturierungen stören dieses Verfahren empfindlich. Im Bericht werden Strategien vorgestellt, wie trotz dieser Probleme erfolgreiche Ergebnisse erzielt werden. Die in jüngerer Zeit entwickelten biochemisch arbeitenden Enzymelektroden zur quantitati- ven Bestimmung von Glucose, erlauben eine einfache aber spezifische Bestimmung dieses Analyten. Es wurde ein Verfahren entwickelt, das die Bestimmung von Stärkeprodukten bei der Pa- pierherstellung erlaubt. Das Verfahren ist vor Ort anwendbar. Abstract Starch is a renewable raw material and environmentally friendly alternative to synthetic pa- permaking additives. It is available in native or chemically modified form, and used for strength enhancement and as coating binder. Cationically derivatised starch products are also added to fibre suspensions to fix anionic components – both highly useful ones such as sizing agents and substances highly detrimental to papermaking (white pitch).

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B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung

PTS-Forschungsbericht www.ptspaper.de 09.04.2004

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Quantifizierung der Retention von Stärke am Faserstoff als Voraussetzung für die Optimierung des Stärkeeinsatzes bei der Papierherstellung B. Borchers u. E. Möller Zusammenfassung Stärke als nachwachsender Rohstoff ist in nativer und chemisch modifizierter Form eine öko-logisch günstige Alternative zu synthetischen Papierhilfsmitteln. Sie wird nicht nur zur Steige-rung der Festigkeit von Papier und Karton sondern auch als Binder im Strich verwendet. In der Faserstoffsuspension vorzugsweise verwendete kationisch derivatisierte Stärkeprodukte dienen zudem als Fixiermittel für anionische Suspensionsbestandteile, die teilweise bezüg-lich ihrer Wirkung sehr erwünscht sind (Leimungsmittel), oft aber auch als äußerst problema-tisch (White pitch) eingestuft werden müssen.

Da Stärkeprodukte sehr leicht von Mikroorganismen metabolisiert werden, sind Schwierigkei-ten im Wasserkreislaufsystem der Papiermaschine häufige Folge des Stärkeeinsatzes (Ab-lagerungen, Batzen, Löcher im Papier). Sie verursachen Kosten für Stillstände und auch den gegebenenfalls notwendig werdenden Einsatz von Bioziden. Nur bei vollständiger Fixierung der Stärke an die Bestandteile der Stoffsuspension ist gewährleistet, dass im Wasserkreis-lauf der Papiermaschine der Anteil ungebundener Stärke minimal ist. Aufgrund der Tatsache, das bei der Oberflächenbehandlung von Papier vorzugsweise abgebaute native Stärken ap-pliziert werden – hierauf entfallen insgesamt fast 80 % der bei der Papierherstellung einge-setzten Stärkemengen -, spielt gerade bei der Verarbeitung von Recyclingfaserstoffen der Stärkegehalt im Kreislaufwasser eine außerordentlich wichtige Rolle.

Voraussetzung für eine realistische Bewertung der Reaktion der Stärke in einem gegebenen Papierstoffsystem ist jedoch eine exakte Kenntnis der Stärkeadsorption auf Faser- und Füll-stoffen. Gegenwärtig bekannte Verfahren zur Bestimmung nativer Stärken im Papier sind in ihrer Anwendungsbreite begrenzt.

Die enzymatische Hydrolyse von Stärkeprodukten zu Glucose ist auf Grund der spezifisch arbeitenden Enzyme („Schloss- und Schlüssel-Prinzip“) ein sehr eleganter Weg, die Stärke sowohl in einer Suspension als auch am Papier quantitativ über die gebildete Glucosemenge zu bestimmen. Leider gibt es hierbei Schwierigkeiten, die insbesondere durch den Grad der Derivatisierung bei kationisch modifizierten Produkten bedingt sind. In den vorliegenden Un-tersuchungen wird gezeigt, wie mittels einer Kalibration und der Einführung eines Faktors zumindest bei niedrig substituierten Produkten diesem Umstand begegnet werden kann.

Problematisch bei diesem Verfahren sind Reaktionen von kationischen Polyelektrolyten mit den Enzymen. Protein-Fällungen und -Denaturierungen stören dieses Verfahren empfindlich. Im Bericht werden Strategien vorgestellt, wie trotz dieser Probleme erfolgreiche Ergebnisse erzielt werden.

Die in jüngerer Zeit entwickelten biochemisch arbeitenden Enzymelektroden zur quantitati-ven Bestimmung von Glucose, erlauben eine einfache aber spezifische Bestimmung dieses Analyten.

Es wurde ein Verfahren entwickelt, das die Bestimmung von Stärkeprodukten bei der Pa-pierherstellung erlaubt. Das Verfahren ist vor Ort anwendbar.

Abstract

Starch is a renewable raw material and environmentally friendly alternative to synthetic pa-permaking additives. It is available in native or chemically modified form, and used for strength enhancement and as coating binder. Cationically derivatised starch products are also added to fibre suspensions to fix anionic components – both highly useful ones such as sizing agents and substances highly detrimental to papermaking (white pitch).

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Starch products tend to cause trouble in the water systems of paper machines because they are easily metabolised by micro-organisms. This leads to deposit formation or defects such as lumps and holes in the paper, and necessitates expensive cleaning standstills and biocide additions. The complete fixation of all starch particles to other suspension components is the only way to minimise the amount of unbound starch present in the water circuit. The starch content of the white water is particularly important for mills using recycled fibres as a raw material because most of the starches used for the surface treatment of papers are degraded native ones. These account for nearly 80 % of the paper industry’s overall starch use.

To be able to realistically evaluate the reaction of a starch in a given papermaking system, its adsorption behaviour on fibres and fillers must be known in full detail. Current detection and analysis methods for native starches in papers are limited to specific applications.

Enzymatic starch hydrolysis is an elegant way of determining the starch contents of both suspensions and papers: Based on the “lock-and-key” action of dedicated enzymes, the starch content is derived from the amount of glucose formed. However, the method has its limitations, especially in the case of highly derivatised cationically modified products. The article describes how this problem can be circumvented - at least for products with a low substitution degree - by means of calibration and the introduction of a corrective factor.

Weak points of the method are enzyme reactions with cationic poly-electrolytes as well as protein precipitation and denaturation. The authors present several strategies of how to ob-tain meaningful results despite these problems.

Specific enzyme electrodes – a fairly recent development - permit simple but targeted bio-chemical analyses of the glucose formed. They are utilised in a newly designed analysis method for starch products in paper production. The method may be used on site.

1 Wissenschaftlich – technische und wirtschaftliche Problemstellung

1.1 Allgemeine Bemerkungen

Stärke als nachwachsender Rohstoff ist in nativer und chemisch modifizierter Form eine öko-logisch günstige Alternative zu entsprechenden synthetischen Papierhilfsmitteln. Der Ver-gleich zwischen den eingesetzten Stärkemengen und den Faser- und Füllstoffmengen zeigt, dass die Stärke der drittwichtigste Rohstoff und das wichtigste Hilfsmittel der Papierindustrie ist. Stärke ist darüber hinaus nach wie vor sehr preisgünstig, so dass es häufig auch wirt-schaftlicher ist, ein angestrebtes Eigenschaftsspektrum eines Papiers durch einen erhöhten Stärkeeinsatz als durch andere Hilfsstoffe oder sogar durch hochwertige Faserstoffe zu er-reichen. Während 1975 nur ca. 12 kg Stärke pro statistische Tonne Papier eingesetzt wur-den, werden gegenwärtig 21 kg/t verbraucht.

Die Ursachen für diesen Trend liegen einerseits in den gestiegenen Qualitätsanforderungen an die Erzeugnisse der Papierindustrie, die mit einem erhöhten Stärkeeinsatz besser zu rea-lisieren sind und andererseits in der Entwicklung neuer Stärkederivate aus dem nachwach-senden Rohstoff.

Folgende positive Effekte lassen sich mit dem Einsatz von Stärke erzielen:

•• Eine Verbesserung der Trockenfestigkeit von Papier, •• bessere Retention von Faser- und Füllstoffen (kationische Stärke besitzt eine hohe

Eigenretention beim Massezusatz und verbessert damit auch die von Faser- und Füll-stoffen).

•• eine Erhöhung des Füllstoffanteils im Papier ohne Einbußen bei den Festigkeitswerten (dies erlaubt eine kostengünstige Produktion, da teure Zellstoffe eventuell eingespart werden können).

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•• Der gesteigerte Einsatz von Recyclingfaserstoffen anstelle von Zellstoff. Dies führt zur Senkung der Materialkosten.

•• Eine gezielte Verbesserung der Oberflächeneigenschaften und der Festigkeiten beim Einsatz viskositätsreduzierter Stärken (oxidativ, enzymatisch) im Leimpressenauftrag.

Von der Stärkeindustrie wird eine Vielzahl von Produkten mit diesen Eigenschaften bereitge-stellt, die sich durch Stärkeherkunft, Gewinnung, Verarbeitung und zudem im Grad der Deri-vatisierung unterscheiden. Beim Masseeinsatz wird fast ausschließlich kationische Stärke eingesetzt. Nur wenn gewährleistet ist, dass die Stärke möglichst vollständig an den Faser- und Füllstoffen retendiert, wird im Wasserkreislauf der Anteil ungebundener Stärke minimal sein.

Die Auswahl der speziellen Derivate zur Papierherstellung erfolgt durch anwendungstechni-sche Vorversuche im Labor und im Technikum. Dabei müssen verfahrenstechnische Para-meter und Einflüsse an die betrieblichen Verhältnisse angepasst werden. Eine exakte An-passung ist jedoch praktisch unmöglich. Der Papiertechnologe ist daher auf zeit-, kosten- und personalaufwändige Versuche im Betrieb angewiesen. Die Effektivitätsbestimmung der Stärke wird dabei indirekt über die Wirkung im Endprodukt Papier vorgenommen.

Unter den streng standardisierten Bedingungen der Laborblattbildung wird Stärke in unter-schiedlicher Derivatisierung, nach Art, Menge und Zeitpunkt zur Faser- und Füllstoffsuspen-sion zugefügt und die Veränderung der Zielgröße nach Blattbildung und Trocknung be-stimmt. Beim Betriebsversuch spielt dagegen der Ort der Stärkezugabe eine nicht zu unter-schätzende Rolle. Durch die geschickte Wahl eines günstigen Zugabeortes lässt sich die Effizienz des Stärkeeinsatzes entscheidend steigern. Die Gründe hierfür sind neben den Verweilzeiten insbesondere die Schereinflüsse auf den Ganzstoff und das Hilfsmittelsystem insgesamt. Dabei werden die aktuellen Ergebnisse oft mit denen verglichen, die bei früheren Betriebsversuchen ermittelt wurden. Die Ergebnisse/Bewertungen der Produktvergleiche in einer gegebenen Anlage sind daher nicht immer frei von empirischen Annahmen. Gründe dafür sind:

• Unterschiedliche Betriebszustände in einer Anlage, • Variation der Faserstoffzusammensetzung durch schwankende Altpapierzusammenset-

zung, Aufbereitung von Eigenausschuss und Veränderungen bei der Faserstoffrückge-winnung,

• Konkurrenzreaktionen mit anderen Additiven, die in ihrer Komplexizität nicht von vorn-herein auszuschließen bzw. abzusehen sind, sowie

• unterschiedlicher Erfahrungsschatz des Anlagenpersonals.

Aus diesem Grund werden bei einem geplanten Wechsel chemischer Additive in einer Anla-ge nicht nur personalintensive Anfangs-Betreuungsphasen vorgesehen, sondern auch länger andauernde Erprobungsphasen von vornherein vereinbart und durchgeführt.

Für eine exakte Bewertung der spezifischen Wirkung der Stärke in einem gegebenen Pa-pierstoffsystem ist die genaue Kenntnis der Stärkeadsorption am Faser- und Füllstoffsystem Voraussetzung. Zur analytischen Bestimmung nativer Stärken existieren Verfahren, die aber aufgrund der bei der Papierherstellung eingesetzten funktionalisierten Derivate nur bedingt angewandt werden können.

Mit dem Wissen um Adsorptions- und Desorptionsvorgänge in der Papierstoffsuspension im Vorfeld von Betriebsversuchen könnte die experimentelle Vorbereitung im Labor zuverlässi-ger erfolgen. Hier ist insbesondere an den Einfluss der Ionenstärke, die Gesamtleitfähigkeit und die Anwesenheit ionischer chemischer Hilfsmittel im Stoffsystem gedacht.

Unterschiedlich derivatisierte Stärken werden im Wiederaufarbeitungsprozess beim Altpa-pierrecycling auch ein unterschiedliches Desorptionsverhalten zeigen. Nichtionogene, anio-nische und unmodifizierte Stärken werden sicher leichter desorbiert. Dazu gehören insbe-sondere native Stärken, die häufig im Rahmen einer Oberflächenbehandlung der Papierbahn

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und als Kleber bei der Herstellung von Wellpappen verwendet werden. In einem Altpapier verarbeitenden Betrieb wurden Stärkegehalte von 3 g/l im Kreislaufwasser bestimmt [1].

1.2 Verfahren zur analytischen Stärkebestimmung Stärke kann mit Salzsäure zu Glucose hydrolysiert werden, die anschließend quantitativ mit 3,5-Dinitrosalicylsäure bestimmt wird. Nachteilig für die vorstehenden Untersuchungen ist, dass gleichzeitig im Papier vorhandene Cellulose und deren Begleiter ebenfalls abgebaut werden. Eine Unterscheidung zwischen Cellulose und Stärke über eine alleinige Glucosebe-stimmung ist daher nicht möglich. Größere Mengen nativer Stärken lassen sich polari-metrisch nach Lösung in verdünnter Salzsäure oder Calciumchloridlösung bestimmen [2]. Zur Bestimmung der Stärke für die Belange bei der Herstellung von Papier ist diese Methode deshalb nicht geeignet.

Als weitere Möglichkeit zur quantitativen Stärkebestimmung kann die Farbreaktionen einge-setzt werden, die zwischen Amylose und elementarem Jod beobachtet wird. Je nach Modifi-kation und Abbaugrad entwickeln die Stärken unterschiedliche Farben und Farbtiefen. Da eine Reaktion des Jods im Wesentlichen auf den Amyloseanteil in der Stärke beschränkt und an eine Mindestlänge der Polymerketten der Stärke gebunden ist, ist eine quantitative Aus-sage bei Stärken unterschiedlicher Herkunft nur über umfangreiche Kalibrationen möglich. Durch Titration mit Jod kann das Jodbindevermögen (JBV) von Stärkepolysaccariden ermit-telt werden. Dabei werden quantitative Aussagen über den Amylosegehalt möglich [2].

Ein weiteres Verfahren zur qualitativen und quantitativen Stärkbestimmung mit Lugol'scher Lösung (0,25% I2 und 0,5 % KI) wurde in [3] vorgeschlagen. Nach dem Anfärben werden Amylopektin und Amylose bei den spezifischen Absorptionsmaxima (530 nm bzw. 605 nm) photometrisch gemessen. Die Extraktion der Stärke aus dem Untersuchungsmaterial erfolgt durch kurzzeitige (3 min) Behandlung mit 18 %-iger Salzsäure. Die Adsorption von Stärke in Papierstoffsuspensionen mittels eines speziellen Anfärbeverfahrens mit Jod und nachfolgen-der Weißgradbestimmung wurden für unterschiedliche Stärkederivate, Füll- und Faserstoffe durchgeführt [4]. Die Untersuchungen zeigten, dass vielfach umfangreiche spezielle Korrek-turen für die modifizierten Stärken eingeführt werden mussten.

1.2.1 Enzymatische Verfahren zur Bestimmung der Stärke Der enzymatische Abbau der Stärke wird durch Amylasen erreicht (Abbildung 1). Die Hydrolyse läuft an der α-1,4-glycosidischen Bindung ab. α-Amylasen spalten die gly-cosidischen Bindungen in der Stärkekette. Es entstehen Bruchstücke aus 5 - 7 Monomer-bausteinen. β-Amylasen greifen die Stärkekette vom reduzierenden Kettenende her an. Sie arbeitet entlang der Stärkehelix und bildet dabei das Disaccarid Maltose. Amylose wird prak-tisch vollkommen zu Maltose abgebaut. Bei Amylopektin gelingt die Umwandlung nur etwa bis zur Hälfte, da die β-Amylase an den Verzweigungsstellen der Molekülkette nicht weiterarbeitet. Das Amylopektingerüst bleibt teilweise erhalten. Amyloglucosidasen bilden direkt Glucose, sie greifen vom Kettenende aus das Stärkemolekül an [5], bei Modifizierungsgraden von mehr als 0,001 kann der enzymatische Abbau gehemmt werden [6]. Die DIN-Standardbestimmung nativer Stärke im Papier erfolgt nach einem Aufschluss mit Salzsäure in Dimethylsulfoxid (DMSO) und der Hydrolyse mit Amyloglucosidase zu D-Glucose enzymatisch durch Hexokinease und Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase. Das gebildete Nicotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADPH) wird photometrisch bestimmt. Die NADPH-Menge ist der D-Glucosemenge proportional [7]. Bei diesem Verfahren wird die native Stärke durch 8 molare Salzsäure in Gegenwart von DMSO während 30 min bei 60 °C vom Papier abgelöst. Eine durchgängige enzymatische Analyse über den amylasekatalysier-ten Abbau nativer Stärke zur Glucose im Papier ist ebenfalls möglich [8].

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Abbildung 1: Spaltschema der Amylasen [nach 5, Seite 37]

1.2.2 Kombinierte Methoden Kürzlich wurde eine Methode vorgestellt, bei der die Stärke im Papier zuerst enzymatisch und anschließend mit Schwefelsäure zu Glucose hydrolysiert wird [9]. Dabei erfolgt die saure Hydrolyse mit der Schwefelsäure erst nach der Abtrennung der Faserstoffe. Die Glucosebe-stimmung wird enzymatisch über NADPH vorgenommen.

In einem ebenfalls erst in jüngerer Zeit beschriebenen Verfahren werden kationische Stärke-derivate pyrolytisch im Edelgasstrom innerhalb von einigen Mikrosekunden bei bis zu 1.400 °C zersetzt, anschließend die Spaltprodukte kapillargaschromatographisch getrennt und massenspektrometrisch identifiziert [10]. Kationische Stärken sind in der Regel mit CHMAC (3-Chlor-2-Hydroxypropyltri-MethylAmmoniumChlorid) oder der entsprechenden Epoxyver-bindung umgesetzt worden und enthalten die Trimethylammoniumgruppe am Stärkemolekül. Diese Gruppierung wird bei der Pyrolyse abgespalten und das entstandene Trimethylamin quantitativ nachgewiesen.

1.2.3 Analysemethoden nach TAPPI In der folgenden Aufzählung sind die TAPPI-Standards vorgestellt, die zur quantitativen Be-stimmung nativer bzw. abgebauter Stärken geeignet sind:

Kolorimetrisch [11] : Die Bestimmung von unmodifizierten, oxidierten und enzymatisch abge-bauten Stärken im Papier erfolgt spektrophotometrisch (580 nm) nach Reaktion mit KI-I2-Lösung. Die Stärke aus der Papierprobe wird unmittelbar nacheinander mit heißem Wasser und Salzsäure unterschiedlicher Konzentration extrahiert. Neben einer 1:1 Salzsäure (HCIconz.:H2O) kommt auch die konzentrierte Säure kurzzeitig zur Anwen-dung. Die Auswertung erfolgt über eine Kalibrationskurve.

Enzymatisch-gravimetrisch [12] : Native Stärke in Wellpappe wird nach einer Hydrolyse mit α-Amylase vom Faserstoff abgetrennt. Der Rückstand wird getrocknet und ausgewo-gen.

Enzymatisch-colorimetrisch [13] : Die Methode dient zur analytischen Bestimmung der Stär-ke in der Wellpappe. Mit α-Amylase wird die Stärke zu Maltose und Dextrinen hydroly-tisch abgebaut. Die entstandenen reduzierenden Zucker werden nach Somogyi-Nelson quantitativ bestimmt.

Bei der Herstellung von Papier und Karton werden beim Einsatz in der Masse vorwiegend kationische Stärken verwendet, insbesondere wenn es sich um störstoffbelastete Kreisläufe handelt. Kationische Stärke wird an den Faser- und Füllstoffen durch ionische Bindungen adsorbiert. Aus Untersuchungen zur Adsorption von kationischen und amphoteren Stärken ist bekannt, dass kationische Stärken sehr fest auf den Faserstoff aufziehen [14]. Während die Diethylaminoethyl-Stärken (DEAE) teilweise enzymatisch noch vom Faserstoff abgelöst

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und nachgewiesen werden, sind die kationischen 2-hydroxy-3-trimethyl-ammoniumpropyl-Stärken (HPTMA) aufgrund der hohen Retention auf dem Faserstoff (60 bis 80 %) bei einem Zusatz von 2 %, bezogen auf den Faserstoff, nur sehr schwer analytisch nachweisbar. Diese Aussagen beziehen sich auf die enzymatische Ablösung der kationischen Stärken vom Pa-pier durch eine hitzeresistente α-Amylase und den anschließenden Einsatz von Glucoamyla-se. Die gebildete Glucose wurde mit einem Glucosesensor bestimmt. Eine andere Ursache für den mangelhaften Nachweis könnte auf der Symplexbildung (Fällung → Inaktivierung) von Enzym und kationischer Stärke beruhen.

Aus experimentellen Untersuchungen zur Substituentenverteilung bei hoch kationischen Stärken ist jedoch der erfolgreiche enzymatische Abbau dieser Derivate unter intensiven Bedingungen (α-Amylase, Amyloglucosidase, 18 h) bekannt [15]. Aus einer Arbeit zur analy-tischen Bestimmung von Stärke im Papier ist bekannt, dass die Glucoseausbeute beim en-zymatischen Abbau kationischer Stärken (Kartoffel, Tapioka DS= 0,024) 79 % bzw. 85 % Glucose beträgt [16].

Mit steigender Leitfähigkeit im Kreislaufwasser werden stärker kationisierte Derivate verwen-det. Hohe Leitfähigkeiten in der Suspension verschlechtern die Stärkeadsorption. In einer Arbeit wird darauf hingewiesen, dass durch den Zusatz von Calciumchlorid die Desorption unmodifizierter und modifizierter Stärken erreicht wird. Nach dem Kochen in einer CaCl2-Lösung werden die abgelösten Stärken kolorimetrisch über den Stärke-Jod-Komplex be-stimmt [17]. Dabei wurden die Extraktionsbedingungen so gewählt, dass eine Stärkehydroly-se weitgehend ausgeschlossen wird. Die Anwesenheit von ein- und zweiwertigen Ionen (Na+ und Ca++) vermindern die Adsorptionsfähigkeit von kationischer Kartoffelstärke (DS= 0,05) auf einem gebleichten Zellstoff erheblich [18].

Gegenwärtig existiert kein geeignetes Verfahren, das zur raschen und hinreichend genauen quantitativen Bestimmung der Stärke für die Belange der Papierindustrie dienen könnte.

2 Methodik der Untersuchungen 2.1 Versuchsablauf Die methodische Vorgehensweise bei der Projektbearbeitung unterteilte sich in folgende Arbeitsschritte:

1. Vergleichende Untersuchungen zur Glucosebestimmung in Faserstoffsuspensionen mittels HPLC und einem glucosespezifischen Sensor,

2. Einfluss eines kationisch geladenen Polyelektrolyten auf das analytische Ergebnis bei beiden analytischen Verfahren,

3. Auswahl geeigneter Enzyme, bzw. deren Mischungen zur Stärkehydrolyse,

4. Beeinflussung der Enzymwirkung durch kationische Polyelektrolyte und deren Mas-kierung,

5. Untersuchungen zur Stärkebestimmung in realen Papierproben.

2.2 Verwendete Geräte und Rohstoffe 2.2.1 Geräte HPLC (High Performance Liquid Chromatograph)

Die quantitative Bestimmung der Glucose wurde mit einem Chromatographen der Firma Knauer durchgeführt. Die Eigenschaften der verwendeten Säule sind in der Tabelle 1 ange-geben.

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Tabelle 1: Parameter der verwendeten HPLC-Säule

Eigenschaften/ Anwendungsparameter PL Hi-Plex

H-Form

Vernetzungsgrad [%] 8

Partikelgröße [µm] 8

Größe der Säule [mm] 300 x 7,7

Durchfluss [ml/min] 0,53

Eluent (Maximaltemperatur) Wasser (65 °C)

Als Detektor stand neben dem Evaporative Light Schattering Detector (PL-ELS 1000) der Firma Polymer Laboratories auch ein elektrochemischer Detektor der Firma Waters zur Ver-fügung.

Glucosesensor Zur quantitativen Bestimmung der Glucosekonzentration wurde der Sensor "Sens-Lab 1A" der Firma SensLab GmbH eingesetzt. Der Messbereich des Sensors überstreicht den Kon-zentrationsbereich von 5 mg/l bis 180 mg/l Glucose.

Vorbereitung der Probe zur Messung

Der Anwendungsvorschrift des Sensorherstellers entsprechend, wurden die Proben vor der Messung mindestens im Gewichts-Verhältnis 1:4 mit einem speziellen Systempuffer (pH = 6,8) verdünnt. Die tatsächliche Glucose-Konzentration in der Probe wurde durch Multiplikati-on entsprechend dem gewählten Verdünnungsfaktor erhalten.

Kalibrierung

Die gewünschten Kalibrierkonzentrationen wurden durch Verdünnen einer 0,1 % igen Gluco-selösung (Lösung A) mit destilliertem Wasser und Puffer bereitet.

2.2.2 Materialien

Glucose Wasserfreie D(+)-Glucose der Firma Merck (TS = 99,9 %) diente bei allen quantitativen Un-tersuchungen zur Kalibrierung. Stärken

Kartoffelstärke TS = 88,4 % Weizenstärke TS = 87,7 % Kationische Kartoffelstärke TS = 83,4 % DS = 0,023

Enzyme

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Tabelle 2 enthält die verwendeten Enzyme, die Enzymaktivitäten und die optimalen Wir-kungsbereiche.

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Tabelle 2: Eigenschaften der Enzyme

Enzyme Temperatur-Bereich pH-Bereich Enzymaktivität

AA 1 70 – 80 °C 6,5 – 7,0 120 000 U/g

AA 2 60 – 90 °C opt. 70 – 75 °C

4,8 – 7,5 opt. 6,0 120 000 U/g

AA 3 90 – 107 °C 5,5 – 6,5 120 000 U/g

PU 1 50 – 60 °C opt. 65 °C

4,5 – 8,0 opt. 5,5 750 ± 25 U/g

PU 2 55 – 65 °C 4,5 – 5,5 400 U/ml

AM 1 58 – 65 °C 3,0 – 6,0 opt. 4,5 – 5,5 300 U/ml

AM 2 55 – 60 °C 3,6 – 5,5 300 U/ml

AM 3 55 – 65 °C 4,6 – 4,8 14 U/mg Legende: AA = α Amylase PU = Pullulanase AM = Amyloglucosidase Lösungen 50 % ige CaCl 2-Lösung: 25 g CaCl2 / 50 ml,

Die Konzentrationsangaben bei den beiden Produkten Polyethylenimin und Carboxymethy-cellulose beziehen sich auf Handelsware.

Chemische Additive Carboxymethylcellulose: Handelsprodukt

Polyethyleniminderivat : Handelsprodukt

Faserstoff Als Modellfaserstoff für die Blattbildung wurde ein ECF-gebleichter Langfaser-Sulfatzellstoff (Mahlgrad: 31 SR, Trockengehalt: 27 %) verwendet.

2.3 Angewendete Verfahren und Methoden 2.3.1 Berechnung der Wiederfindungsrate von Glucose Stärke wird unter Aufnahme von Wasser zu Glucose hydrolysiert (Gl. 1).

(C6H10O5) n + (n-1) H2O n C6H12O6 (Gl. 1)

M Glucose (180 g/mol) : M Stärke (162 g/mol) = 1 : 0,9 (Gl. 2)

Durch Multiplikation der ermittelten Glucosekonzentration mit dem Faktor 0,9 (Gl. 2) wurde die ursprünglich in der Lösung vorhandene Stärkekonzentration berechnet (= Ist-Konzentra-tion).

Die Division der Ist-Konzentration durch die Soll-Konzentration (eingewogene bzw. bekannte Stärkemenge bzw. Konzentration) führte zur Wiederfindungsrate für die ursprünglich einge-setzte Stärkemenge.

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2.3.2 Verkleisterung der Stärkeprodukte Kalte Stärkeslurrys wurden in einem handelsüblichen Mikrowellenherd bei maximaler Leis-tung (> 600 W) unter regelmäßigem Rühren (ca. aller 15 s) bis zum Siedepunkt erhitzt und anschließend bei verminderter Leistung (180 W) während 10 Minuten temperiert. Um Kon-zentrationsveränderungen während der Kochung durch verdampfendes Wasser auszuglei-chen, wurde die Stärkelösung nach der Temperierung mit destilliertem Wasser auf das ge-forderte Endvolumen ergänzt.

2.3.3 Experimentelle Verfahrensdurchführung CaCl2 – Zugabe bei der enzymatischen Hydrolyse

Sofort nach Zugabe der α-Amylase wurden 50 µl einer 50 % igen CaCl2-Lösung zur verkleis-terten Stärkelösung zugefügt.

Polyelektrolytzusatz zur Stärkelösung

Den verkleisterten Stärkelösungen wurde nach der Verkleisterung das Polyethyleniminderi-vat zugegeben (10 % Handelsware, bezogen auf den otro Stärkeeinsatz).

2.3.4 Blattbildung - Zusatz eines Polyelektrolyten Zugabe im Aufschlag- und Verteilgerät: Adsorptionszeiten von 15 min

Dem Faserstoffansatz für 10 Probeblätter (10 l Stoffsuspension mit 27 g otro Faserstoff) wurde die entsprechende Menge Polyelektrolyt in verdünnter Form zugegeben. Die Adsorp-tion erfolgte anschließend unter Rühren (1.000 U/min) während 15 Minuten. Nach dieser Zeit wurden die Faserstoffe im standardisierten Rapid-Köthen-Blattbildner zu Prüfblättern mit einem Blattgewicht von 80 g/m ² verarbeitet (Trocknung: 6 Minuten bei 95 °C).

Adsorptionszeiten von 60 s wurden wie folgt realisiert:

Der abgemessenen Menge Stoffsuspension für ein Prüfblatt wurde im Mahlgradglas die be-rechnete Menge Polyethyleniminlösung unter Rühren zugefügt. Nach der Reaktionszeit von 60 s erfolgte Blattbildung und Trocknung.

Zugabe von CMC als „Maskierungsmittel“ zur einer polyethyleniminhaltigen Stärkelösung

Der stärkehaltigen Suspension wurde Carboxymethylcellulose-Lösung nach Zugabe und ausreichender Adsorptionszeit des kationischen Polyelektrolyten (2.2.2) zugefügt. Dabei ent-sprach die CMC-Menge in etwa der zehnfachen Menge (g/g) des kat. Polyelektrolyten.

3 Forschungsergebnisse und Diskussion 3.1 Allgemeine Bemerkungen Aus dem Schrifttum ist bekannt, dass nicht nur kationisch geladene Polyelektrolyte sondern auch kationisch modifizierte Stärkederivate die Wirkungsweise von Enzymen beeinflussen [19]. Im vorliegenden Fall betrifft dies einerseits die enzymatische hydrolytische Spaltung der Stärkeprodukte mittels Hydrolasen aber andererseits auch den quantitativen Nachweis der Glucose mittels biochemische arbeitender Detektoren. Daher musste dem Einfluss dieser Substanzen bei den vorliegenden Untersuchungen erhöhte Aufmerksamkeit zukommen. Dies betrifft sowohl die Stärke-Hydrolyse als auch den biochemischen Glucosenachweis.

Die Kontrolle der Konzentrationsangaben, die mit dem glucosespezifischen Enzymsensor erhalten wurden, erfolgte zusätzlich mittels einer HPLC-Analyse. Voraussetzung für eine exakte Glucosebestimmung mittels Chromatographie ist neben der exakten Trennung der Monosaccaride an der Chromatographiesäule auch ein lineares Ansprechverhalten der De-tektoren. Eine Kalibration des Verfahrens ist daher notwendig.

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Die vorliegenden experimentellen Untersuchungen bezüglich der analytischen Bestimmung und den Adsorptions- und Desorptionseigenschaften von Stärkeprodukten an Faserstoffen waren insbesondere aus den nachstehenden Gründen auf Aussagen zum Verhalten nativer Stärken fokussiert:

1. Bei der Herstellung von Papier und Karton werden 84 % der Stärke-Gesamtmenge bei der Oberflächenapplikation (Leimpresse, Sprühen, Strich) verwendet. Bei diesen Stärkeprodukten handelt es sich praktisch ausnahmslos um native oder abgebaute (enzymatisch, thermooxidativ) Stärkeprodukte.

2. Aufgrund ihrer negativen Ladung sind sie nur zur Oberflächenbehandlung von Papier effizient verwendbar.

3. Sie werden daher beim Recyclingprozess leicht von den Faserstoffen desorbiert und sind somit die Ursache für Schwierigkeiten im Kreislaufsystem einer Papiererzeu-gungsanlage (Schleim, Störstoffe ...).

4. Kationische Stärken sollten auf Grund ihrer Ladung in einem hohen Maße an Faser-stoffen fest adsorbiert bleiben.

5. Komplikationen mit Enzymen aufgrund gegenseitiger Ladungen sind mit kationisch modifizierten Produkten nicht auszuschließen.

6. Während der Projektbearbeitung wurde ein sehr gut praktikables Verfahren zur Be-stimmung kationischer Stärken sowohl für Papier als auch für eingedampfte Stofffilt-rate [10] bekannt.

3.2 Einfluss papierspezifischer Einflüsse auf die Messverfahren Folgende Einflussfaktoren wurden bei der Verfahrensentwicklung berücksichtigt:

pH-Wert: Variation von Stoffparametern im Stoffsystem,

KOH-Konzentration: Einfluss hoher Alkalimengen:

Simulation von Deinkingbedingungen,

Polyethyleniminderivat: Modellsubstanz zur Simulation des Einflusses kat. Polyelektrolyte auf Additive,

Carboxymethylcellulose: Modellsubstanz zur Maskierung/Ausfällung kat. Polyelektrolyte

durch Symplexbildung in Stoffsytemen.

3.3 Quantitative Glucosebestimmung mittels HPLC und glucosespezifischer Elektrode

3.3.1 HPLC-Trennung Die in der Säule (PL Hi-PlexH-Form) chromatographisch getrennten Substanzen werden im ELS-Detektor auf folgende Art und Weise nachgewiesen und quantifiziert: Die Identifizierung der getrennten Einzelsubstanzen erfolgt über die Laufzeit. Der aus der HPLC-Säule austre-tende Eluent (Wasser in diesem Fall) wird in einem Verdampfer unter Luftzusatz vernebelt und verdampft. Im Eluenten gelöste Glucose bleibt als feinstverteilter Nebel zurück und wird quantitativ nephelometrisch bestimmt . Die Kalibrationskurve, in Abbildung 2 dargestellt, zeigt einen polynomischen Verlauf. Bei Benutzung der 20 µl-Probenschlaufe konnten sicher Glucosekonzentrationen von > 80 mg/l nachgewiesen wer-den. Einfluss eines kationischen Polyelektrolyten auf das Messsignal

Bei der Herstellung von Papier und Karton kommen in fast allen Fällen kationische Polyelekt-rolyte zur Anwendung. Es wurde angenommen, dass diese einen Einfluss auf die HPLC-

B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung 12

Trennung der Monosaccharide und das Detektorverhalten ausüben. Zur Kompensation die-ser Wirkung wurde u.a. Carboxymethylcellulose verwendet, da sie auf Grund ihrer stark ani-onisch geladenen –COOH-Gruppen die kationischen Polyelektrolyte ausfällt und so deren Einfluss mindert. Abbildung 3 zeigt die entsprechenden Messergebnisse. Es zeigt sich, dass der zugefügte kationische Polyelektrolyt keinen Einfluss auf die Höhe des Glucosepeaks hat. Ein CMC-Zusatz zur polyelektrolythaltigen Glucoselösung trübt die Mischung durch Bildung eines Symplexes. Um einem Zusetzen/Verstopfen der HPLC-Säulen-füllung vorzubeugen, wurden diese Proben vor der Probenaufgabe mittels 0,2 µm Filterkartusche gereinigt. Der hohe CMC-Zusatz (Polyelektrolyt : CMC = 1:10) führt zu einer leichten Verringerung der Hö-he des Glucosepeaks.

y = 577,96x2 + 337,83x - 15,058R2 = 0,9929

0

200

400

600

800

1000

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2Konzentration [g/l]

Peakhöhe [mV]

12.05.03 13.05.03 14.05.0319.05.03 23.05.03 28.05.03

Abbildung 2: Kalibrierkurve (Säule 2; 20 µl-Schlaufe; ELS-Detektor)

0

50

100

150

200

250

300

0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1 Glucose-Konzentration [g/l]

Peakhöhe [mV]

nur Glucose mit kat. Pol. mit kat. Pol. und CMC

Abbildung 3: Einfluss eines kat. Polyelektrolyten bzw. kat. Polyelektrolyten + CMC auf die Höhe des Glucosepeaks (Säule 2, ELS-Detektor) Legende: kat. Pol. = kationischer Polyelektrolyt CMC = Carboxymethylcellulose

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3.4 Eigenschaften und Arbeitsparameter des Glucosesensors In dem vorliegenden Forschungsprojekt wurde für eine effektive und schnelle Messung ein biochemischer Sensor (SensLab 1A der Firma Gesellschaft zur Entwicklung und Herstellung bioelektrochemischer Sensoren mbH, Bautzner Strasse 67, 04347 Leipzig) verwendet, der einen spezifischen quantitativen Glucosenachweis in einer komplexen Probenmatrix zulässt. Während beim Nachweis der Glucose mittels HPLC in der ersten Stufe die Monosaccharide an der Säulenmatrix aufgetrennt und anschließend im Detektor quantitativ bestimmt werden, erfolgt der quantitative und spezifische Nachweis der Glucose bei diesem Sensor direkt in der Probenmatrix. Dem Nachweis liegt das folgende Reaktionsschema zugrunde:

Der Sensor basiert auf einem planaren amperometrischen Signalumwandler (Dickschicht-technologie). Als Enzym wird Glucoseoxidase (Sauerstoff-1-Oxidoreduktase) eingesetzt, die mittels Polycarbamylsulfonat immobilisiert ist. Glucose wird durch die Glucoseoxidase in das Glucono-δ-lacton umgewandelt. Gleichzeitig wird aus Sauerstoff Wasserstoffperoxid gebil-det. Dieses zerfällt unter Elektronenabgabe in H2O und O2. Der dabei zur Referenzelektrode fließende Strom dient als Messsignal (Clark-Zelle). Eine Übersicht der Wirkungsweise des Sensors ist in Abbildung 4 dargestellt.

Glucose

+ H2O

Glucono-δ-lacton

O2

½ O2

H2O2 H2O

Glucoseoxidase

2 e-

Anode (U = 300 mV)

Abbildung 4: Funktionsprinzip des glucosespezifischen Sensors

Abbildung 5: Ansicht des Glucosesensors (links) und des Messgerätes

Einfluss eines kationischen Polyelektrolyten auf das Messsignal

Auf Grund der Tatsache, dass das Messsignal bei diesem Sensor ebenfalls über einen en-zymatisch ablaufenden Prozess gewonnen wird, wurde davon ausgegangen, dass diese Reaktion durch Polyelektrolyte gestört wird. Es wird angenommen, dass es durch den katio-

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nischen Polyelektrolyten zur Fällung bzw. Denaturierung des Proteins im Sensor kommt. Zur Überprüfung wurden unterschiedlich konzentrierte Glucoselösungen mit je 0,05 mg kationi-schem Polyelektrolyten (Handelsware) pro g Lösung versetzt und anschließend gemessen. Die Ergebnisse der Abbildung 6 zeigen, dass der Polyelektrolyt keinen Einfluss auf das Messsignal hat. Ein Geradenanstieg von 1,1 und der Ordinatenschnittpunkt bei 0,6 mg/l Glu-cose zeigen weiterhin, dass der gemessene Wert dem theoretischen Wert weitgehend ent-spricht. Eine Kalibriergerade wurde daher nicht benötigt.

y = 1,1365x - 0,6101 R 2 = 0,9991

0

30

60

90

120

150

180

0 30 60 90 120 150 180

theoretischer Glucosegehalt [mg/l]

gemessener Glucosegehalt [mg/l]

ohne kat. Pol. 0,5 mg kat. Pol. / g Probe

Abbildung 6: Einfluss eines kationischen Polyelektrolyten auf die Messung der Glucose mit dem SensLab 1A-Sensor

Ein CMC-Zusatz zu einer Glucoselösung bewirkt nur eine geringfügige Veränderung der Messergebnisse. Eine exakte analytische Bestimmung der Glucose in Gegenwart eines kati-onischen Polyelektrolyten ist daher unter den gewählten experimentellen Bedingungen ohne Komplikation möglich.

3.5 Optimierung der enzymatischen Stärkehydrolyse zu Glucose Die im Folgenden beschriebenen Reaktionen wurden bei relativ geringen Enzymeinsatz-mengen durchgeführt. Der Einfluss papierspezifischer Parameter auf die enzymatische Hyd-rolyse war Gegenstand der Untersuchungen. Sie dienten vor allem der Aufklärung von Reak-tionsmechanismen und –geschwindigkeiten als Folge veränderter Versuchsparameter. Aus diesem Grund wurden relativ lange Reaktionszeiten akzeptiert (< 40 h).

Die Untersuchungen wurden an verkleisterter nativer Kartoffelstärke und hier beispielgebend unter Einsatz der Enzymkombination AA 1, PU 1, AM 1 (

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Tabelle 2, Seite 9) durchgeführt. Im Anschluss an die Hydrolyse wurde immer thermisch de-naturiert (Mikrowelle, 130 °C) und nach Filtration mittels HPLC-Analyse die gebildete Gluco-se bestimmt.

Eine Stärkelösung (1,2 g Handelsware/l) wurde schrittweise entsprechend den in der

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Tabelle 3 aufgelisteten speziellen Reaktionsbedingungen abgebaut. Vor der HPLC-Analyse wurden die Proben im Verhältnis 1 : 1 mit Wasser verdünnt und filtriert.

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Tabelle 3: Reaktionsbedingungen für den Stärkeabbau Enzymlösung Zugabemenge Reaktionstemperatur [°C] Reaktionszeit [h]

1. Schritt: AA 1 100 µl pro 100 g 75 0,5

2. Schritt: PU 1 15 µl pro ~ 15 g 60 20 / 40

3. Schritt: AM 1 15 µl pro ~ 15 g 60 20 / 40

Zur Durchführung einer „schrittweisen“ Analyse, wurden Probenteile nach der Verflüssigung durch die α-Amylase (Schritt 1, AA1) mittels HPLC analysiert. Die beiden Chromatogramme nach den Teilschritten „Verflüssigung“ und nach „Verzuckerung“ (Schritte 2 und 3) sind in Abbildung 7 dargestellt:

0

50

100

150

200

250

300

350

400

0 2 4 6 8 10 12 14 16Zeit [min]

Peakhöhe [mV]

nach Verflüssigung nach Verzuckerung

Abbildung 7: Chromatogramm nach der Verflüssigung und der Verzuckerung mit der Enzymkombination AA 1, PU 1 und AM 1

Der Graph „nach Verflüssigung“ (nach α-Amylase) wies keinen Glucosepeak auf. Bei der gewählten Säulenkombination erscheint dieser erst nach einer Retentionszeit von 12 Minu-ten. Es werden lediglich Peaks bei 5 und 8 Minuten beobachtet. Diese Retentionszeiten wei-sen auf Oligosaccharide hin. Bei der „Verflüssigung“ der Stärke mittels einer α-Amylase soll-te in der Regel keine oder nur wenig Glucose gebildet werden, es entstehen Dextrinbruchstücke.

Die Enzymkombination PU 1 und AM 1 baut dagegen die gebildeten Dextrinbruchstücke bis zum Monosaccharid Glucose ab. Sie gibt sich im Kurvenzug „nach Verzuckerung“ deutlich durch den Peak mit der Retentionszeit von 12 Minuten zu erkennen.

Entsprechend der hier vorgestellten Verfahrensweise, wurden unter den gleichen Versuchs-bedingungen die Einflüsse einer pH-Wert-Einstellung und ein Calciumchloridzusatz auf ihre Wirkung bezüglich der enzymatischen Hydrolyse von Stärke zu Glucose untersucht. In der Abbildung 8 sind weiterhin die Ergebnisse der Versuche zur Steigerung der Glucosebildung mittels Scherbehandlung der verkleisterten Stärke (Ultra-Turrax vor dem Enzymzusatz) bzw. einer Verdopplung der eingesetzten Enzymmenge dargestellt.

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Fazit:

Nur CaCl2 zeigt einen positiven Effekt auf die Wiederfindungsrate.

Abbildung 8: Optimierung des enzymatischen Abbaus durch: CaCl2-Zusatz, Scherung mittels Ultra-Turrax, Steigerung der Pullulanasen- und Amyloglucosidasenmenge von 200 µl 400 µl

3.6 Enzymatische Hydrolyse - Einfluss kationischer Polyelektrolyte Eine statistische Tonne Papier enthält durchschnittlich 1 % Stärke und ~ 0,1 % eines kationi-schen Polyelektrolyten, bezogen auf die Füll- und Faserstoffmenge. Daher wurde bei der Simulation von einem Verhältnis Stärke:Polyelektrolyt = 10:1 ausgegangen.

Zur Bestimmung der Wirkung eines kationischen Polyelektrolyten auf die Enzymaktivität, wurden Stärkelösungen bekannten Gehaltes mit und ohne Polyelektrolytzusatz unter identi-schen Bedingungen enzymatisch hydrolysiert. Die analytische Bestimmung der Glucose er-folgte mittels HPLC und mit dem biochemischen Sensor Sens-Lab 1A.

Hydrolyse-Parameter

Stärkelösung: 10 ml einer Lösung mit 0,84 g/l

Enzymkombination : AA 1, PU 1, AM 1

Bedingungen: Reaktionstemperatur: AA 1: 70 °C Reaktionszeit AA 1 = 45 Minuten, pH = 6,8 Reaktionstemperatur: PU 1, AM 1: 60 °C Reaktionszeit PU 1, AM 2 = 19 Stunden, pH = 4,9

Kat. Polyelektrolyt: 1,7 g, 0,5 %-ige Lösung eines kat. Polyelektrolyten (Σ = 8,5 mg)

Proteinentfernung: 0,2 µm Filter

Der Polyelektrolytzusatz verminderte die Stärkekonzentration geringfügig und führte jedoch zu einer Senkung der Wiederfindungsrate in der Probe um ca. die Hälfte gegenüber der po-

69

56

45

38

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Vergleich CaCl2 Turrax 400 µl

Wiederfindungsrate [%]

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lyelektrolytfreien Variante (Tabelle 4). Verantwortlich dafür ist mit Sicherheit die Denaturie-rung/Ausfällung der Enzymproteine durch den kationischen Polyelektrolyten.

Fazit:

Der Vergleich beider Verfahren zeigt, dass höhere Wiederfindungsraten bei den Messungen mit dem Glucosesensor gemessen werden.

Tabelle 4: Kat. Polyelektrolyt: Einfluss auf den hydrolytischen Abbau nativer Stärke

Wiederfindungsrate [%] Polyelektrolyt

mittels HPLC mittels Glucosesensor

Ohne 90 96

Ohne 87 94

Mit 35 45

Mit 36 40

3.7 Enzymatische Hydrolyse - Maskierung kationischer Polyelektrolyte Folgende Möglichkeiten wurden zur Kompensation des Polyelektrolyteinflusses auf die En-zymwirksamkeit geprüft:

Vervierfachung der Enzymmenge,

Zusatz von CMC zur Fällung des Polyelektrolyten.

Die Parameter waren mit den oben genannten identisch (Abschnitt 3.6). Die Versuche wur-den mit einer verkleisterten Kartoffelstärkelösung durchgeführt. Im Falle der Maskierung mit der Carboxymethylcellulose erfolgte deren Zugabe nach dem Polyelektrolytzusatz. Eine Re-aktionszeit von ca. 10 min zwischen beiden Zugaben wurde realisiert.

Die Ergebnisse sind in der Abbildung 9 graphisch dargestellt und zeigen, dass sowohl durch die Vervierfachung der Enzymmenge als auch durch den CMC-Zusatz eine Erhöhung der Wiederfindungsrate von 33 % auf 68 % bzw. 89 % erreicht wird. Dabei ist der Effekt über die CMC-Fällung des Poly-elektrolyten die effektivere Variante. Allerdings war für die Berechnung der Glucosekonzent-ration eine Kalibrierkurve notwendig, die speziell die CMC-Zugabe berücksichtigte.

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68

89

33

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Polyelektrolyt Polyelektrolyt + 4 x Enzym

Polyelektrolyt + CMC

Wiederfindungsrate [%]

Abbildung 9: Maskierung eines Polyelektrolyten durch Fällung mit CMC bzw. durch eine Erhöhung der Enzymmenge

3.8 Bestimmung nativer Weizenstärke und kationischer Kartoffelstärke Im Folgenden werden Ergebnisse dargestellt, die mit nativer Weizenstärke und einer katio-nisch modifizierten Kartoffelstärke für den Masseeinsatz erzielt wurden. Die Verfahrens-durchführung ist identisch mit der im Abschnitt 3.6 beschriebenen.

Konzentration der Stärkelösungen:

Native Weizenstärke (WS): 0,95 g/l

Kationische Kartoffelstärke (KKS)

(DS 0,023) 0,83 g/l

Folgende Ergebnisse wurden erhalten:

Wiederfindungsraten (HPLC) Weizenstärke.: 89 %, 88 %, 87 %

Kartoffelstärke: 71 %, 72 %, 71 %

Fazit:

Die Untersuchungen zeigen eine sehr gute Wiederfindungsrate für die native Weizenstärke von durchschnittlich 88 % und für die kationischen Kartoffelstärke von 71 %. Dies entspricht durchaus den Ergebnissen, die in der Literatur zu finden sind. Trotz des Derivatisierungsgra-des (DS) von 0,023 lassen sich noch 71 % der Stärke als Glucose bestimmen.

3.9 Auswahl/Optimierung geeigneter Enzymkombinationen Die bislang durchgeführten experimentellen Untersuchungen wurden immer mit der gleichen Enzymkombination durchgeführt. So war gewährleistet, dass Veränderungen bezüglich der

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Einflussparameter untereinander verglichen werden konnten. Geringe Enzymeinsatzmengen und lange Reaktionszeiten wurden in Kauf genommen.

Um die Untersuchungszeit zu minimieren, wurden umfangreiche Arbeiten zur Beschleuni-gung der enzymatischen Stärke-Hydrolyse zu Glucose vorgenommen. Dazu wurden alle Enzyme (siehe

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Tabelle 2) miteinander kombiniert und jede Enzymkombinationen bezüglich ihrer spezifi-schen Glucosebildung miteinander verglichen. Bei fünf Enzymkombinationen lag die Wieder-findungsrate zwischen 82 % und 86 %. In fallender Reihenfolge waren es die Kombinatio-nen:

AA 3 – PU 2 – AM 1 (86 %)

AA 3 – PU 2 – AM 2 (83 %)

AA 3 – PU 1 – AM 1 (82 %)

AA 1 – PU 2 – AM 1 (82 %)

AA 1 – PU 1 – AM 1 (82 %)

Auf Grund der Tatsache, dass das Enzym PU 2 zudem noch 40 % Glucose zur Stabilisie-rung enthielt, wurde der Einsatz dieses Produktes von dem geplanten analytischen Einsatz zur Stärkebestimmung ausgeschlossen.

Fazit:

Die beiden Enzymkombination AA 3 - PU 1 - AM 1 und AA 1 - PU 1 - AM 1 sind am besten für die quantitative Stärkebestimmung geeignet.

3.10 Vergleich: HPLC–biochemischer Glucosesensor Reproduzierbarkeitsuntersuchungen, Faktorberechnung

Da bei den vorliegenden experimentellen Untersuchungen in keinem Fall exakt 100 % der ursprünglich eingesetzten Stärke nachgewiesen werden konnten, musste mit Korrekturfakto-ren gerechnet werden. Spezifische Produkteigenschaften, Produktbeimengungen, unter-schiedlicher Aufschluss mit Folgereaktionen am Stärkemolekül usw. beeinflussen mit Si-cherheit den enzymatischen Abbau zu Glucose. Aus diesem Grund wurden Mehrfachbe-stimmungen für die quantitative Bestimmung der Stärke in einer Probenmatrix nach einer enzymatischen Stärkehydrolyse durchgeführt. Die Messungen wurden dabei parallel sowohl mittels der HPLC als auch mit dem Glucosesensor durchgeführt.

Kartoffelstärkelösungen bei vier unterschiedlichen Konzentrationen wurden enzymatisch abgebaut. Tabelle 5 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Mittelwerte aller 16 Proben zeigten sehr gute Übereinstimmungen. Mit einer Standardabweichung von 5,8 % besitzt die Stärke-bestimmung mit Glucosesensor zwar eine größere Streubreite, auf Grund der leichten Mes-sung lässt sich diese aber leicht durch Mehrfachbestimmungen verringern. Dagegen ist we-der eine aufwändige Probenvorbereitung noch ein spezielles chromatographisches Verfah-ren notwendig. Während bei der HPLC allein ca. 15 Minuten für die Durchführung einer chromatographischen Analyse benötigt werden, ist der Zeitbedarf für die Glucosebestim-mung mit der Elektrode vergleichbar mit der für eine exakte pH-Bestimmung.

Tabelle 5: Vergleich HPLC-Glucosesensor: Wiederfindungsraten in 16 Proben HPLC Glucosesensor

Mittelwert der Wiederfindungsrate [%] 82 83

STABW [%] 2,8 5,8

Abweichung der STABW von der Wiederfindungsrate [%] 3,4 7,0

Für den enzymatischen Abbau einer nativen Kartoffelstärke mit der Enzymkombination „AA 1, PU 1, AM 1“ (Verfahrensprinzip 2) wurde ein Faktor von 1,21 ermittelt. Die Multiplikation der ermittelten Glucose-Konzentration mit diesem Faktor ergibt die ursprüngliche Stärkekon-zentration.

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3.11 Stärkebestimmung im Prüfblatt: Simulation einer Oberflächenbehandlung Das entwickelte Verfahren zum enzymatischen Abbau der Stärke in einer Stärkelösung be-kannter Konzentration mit anschließender Glucosebestimmung wurde auf die experimentel-len Bedingungen einer Leimpressenbehandlung übertragen. Da bei einem Oberflächenauf-trag mittels Laborleimpresse die aufgetragene Stärkemenge nicht sehr exakt bestimmt wer-den kann (die Bestimmung ist lediglich über die Feuchtaufnahme von Stärkelösungen be-kannten Gehaltes möglich), wurde folgende Verfahrensweise angewandt:

BRK-Prüfblätter aus dem Modellfaserstoff (31 SR) wurden mit definierten Mengen verkleis-terter Kartoffelstärke- bzw. Weizenstärkelösungen auf einer Glasplatte getränkt und nach dem Trockenen bei Zimmertemperatur im BRK-Trockner bei 95 °C thermisch nachbehandelt. Der Stärkegehalt im Papierblatt wurde nach der enzymatischen Hydrolyse über die Menge der gebildeten Glucose bestimmt (HPLC und Glucosesensor). Die Wiederfindungsraten, die Standardabweichungen und die prozentuale Abweichung der Standardabweichung vom Mit-telwert sind in der Tabelle 6 zusammengefasst.

Obwohl eine bei ca. 95 °C verkleisterte Weizenstärkelösung gegenüber einer unter den glei-chen Bedingungen verkleisterten Kartoffelstärke visuell trüber und damit als schlechter ver-kleistert eingeschätzt werden könnte, sind doch die Wiederfindungsraten für beide Produkte sehr ähnlich. Die Wiederfindungsraten der verschiedenen Stärkesorten entsprechen durch-aus denen aus vorangegangenen Versuchen bei leicht verminderten Werten für die Stan-dardabweichung beider Verfahren zur Konzentrationsbestimmung.

Tabelle 6: Wiederfindungsrate, STABW und Abweichung vom MW Kartoffelstärke, Weizenstärke, Nachweismethode

Stärke Methode Wiederfindungsrate MW [%] STABW [%] Abweichung vom MW [%]

HPLC 87 3,3 3,8 WS

Sensor 87 1,2 1,4

HPLC 83 2,8 3,4 KS

Sensor 84 4,4 5,3

3.11.1 Einfluss der Probenvorbehandlung auf den Stärkenachweis Zur Verbesserung der Ablösung der Stärke vom Faserstoff wurden die Papierproben vor dem Enzymzusatz unterschiedlich vorbehandelt. Die bisherigen Versuche wurden mit tro-ckenen, von Hand zerrissenen Prüfblättern durchgeführt (ca. 1 cm x 1 cm große Stücke).

Trockene Prüfblätter mit einer Masse von je 2,4 g wurden auf Glasplatten mit einer solchen Menge verkleisterter Kartoffelstärkelösung behandelt, dass sie exakt 20 mg otro Stärke pro Blatt enthielten. Die Trocknung und der enzymatische Abbau zu Glucose erfolgten in Analo-gie zu dem Verfahren, das in Abschnitt 3.11 beschrieben wurde. Die Ergebnisse sind in der

B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung 24

Tabelle 7 dargestellt.

B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung

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Tabelle 7: Einfluss der Probenvorbehandlung auf den Stärkenachweis im Papierblatt, Glucosesensor

Messwerte [mg/l] Nr. Varianten

Einzelwerte MW

Glucose in der Probe

[mg/l]

Ist- Konzent-

ration [g/l]

Wiederfin-dungs-

rate [%]

1 nur Faser B 6, 2, 4 4,0 20

2 nur Faser A 0, 0 0,0 0

3 Stärke 1, KOH 78, 66, 67, 65, 67 68,6 686 0,62 66

4 Stärke 2, KOH 74, 75 74,5 745 0,67 71

5 Stärke 3, KOH 71, 69 70,0 700 0,63 68

6 Stärke 4 89, 81, 88, 85 85,8 858 0,75 75

7 Stärke 5 70, 72 71,0 710 0,62 62

8 Stärke 6, zerr. 95, 90, 92 92,3 923 0,81 81

Bis auf den Versuch Nr. 8 wurden alle Prüfblätter mechanisch zerfasert (Multiboy, Schlag-kreuzmühle, Küchengerät mit Einsatz zur Entnahme des Mahlgutes, Mahlraumvolumen ca. 500 ml). Die Ergebnisse zeigen, dass die Zerfaserung von Hand zur höchsten Wiederfin-dungsrate bezüglich der eingesetzten Stärke führt.

Als Ursache für die „Stärkeverluste“ wird bei den Versuchen angenommen, dass bei den notwendigen hohen Rotationsgeschwindigkeiten des Messers auch ein Teil der eingebrach-ten Stärke auf Grund ihrer Feinheit als Staub aus dem inneren Mahlbehälter ausgetragen wird und in den Schutzbehälter gelangt. Dieser Anteil ist aus der Mühle aber nur unter gro-ßem Aufwand zu gewinnen. Ein entsprechender Hinweis ist auch in der Tappi Norm T 419 om-91 [11] in der „Note 3“ enthalten.

3.12 Verkürzung der Reaktionszeit für die Stärkehydrolyse durch den Einsatz hoher Enzymmengen

Die bisherigen Untersuchungen wurden mit dem Ziel geführt, Einflussparameter auf die en-zymatische Hydrolyse der Stärke und den quantitativen Nachweis der Glucose zu variieren. Bei den folgenden Untersuchungen stand dagegen eine Beschleunigung der Stärkehydroly-se im Vordergrund.

Prüfblätter mit einer definierten Menge verkleisterter Kartoffelstärke wurden analog zum Ver-fahren im Abschnitt 3.11 hergestellt und analysiert:

Die zerkleinerten Papierstücke wurden in einem Polyethylenbeutel mit 19 g Wasser versetzt, von Hand zu einem Faserbrei verarbeitet und wie folgt behandelt:

• pH-Einstellung auf den Wert von 6,8,

• Zugabe von 100 µl CaCl2 (50 % ig),

• Enzymzusatz:

o 100 µl AA 1 (200 µl Konzentrat + dest. Wasser bis auf 6 ml)

o 100 µl PU 1-Konzentrat

o 800 µl AM 1-Konzentrat

B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung 26

Die Muster wurden anschließend während 1,5 h im Trockenschrank bzw. Blockthermostaten bei 60 °C temperiert. Gelegentlich (ca. 3 – 4 mal pro Analyse) wird die Mischung von Hand im Beutel durchgemischt. Nach Verdünnung mit Standardpuffer wurde die Glucose mit dem Glucosesensor bestimmt. Blindwerte von stärkefreien Prüfkörpern wurden in jedem Falle bestimmt.

Die Ergebnisse in der Tabelle 8 zeigen, dass Blindwerte bei diesen hohen Enzymeinsatz-mengen unbedingt berücksichtigt werden müssen. Sowohl in der faserstoff- als auch in der stärkefreien Probe müssen daher Glucosebestimmungen durchgeführt werden. Der Gluco-sewert in der Probe „nur Wasser“ resultiert aus dem Glucosegehalt der Enzymzubereitun-gen. Der erhöhte Glucosewert in der faserstoffhaltigen, aber stärkefreien Probe jedoch wird auf die Wirkung hydrolytisch wirkender Enzyme auf Faserstoffbestandteile (hier Faserstoff) zurückgeführt.

Tabelle 8: Nachweis von Stärke für Sprüh- und Oberflächenstärke bei erhöhten Enzymzusätzen

Messwerte [mg/l]

Einzelwerte Mittelwerte Glucose in

Probe [mg/l] Wiederfindungsrate

[%]

nur Wasser 18, 14 16,0 160

nur Faserstoff 54, 54 54,0 270

mit Stärke,Blatt 1 128, 129 128,5 1285 100

mit Stärke,Blatt 2 128, 124, 129 127,0 1270 99

mit Stärke,Blatt 3 143, 137, 138 139,3 1393 111

mit Stärke,Blatt 4 137, 137 137,0 1370 109

Bei der Wiederfindungsrate wurde der Faktor 1,2 mit berücksichtigt. Im Mittel ergibt sich bei der Wiederfindungsrate für die Kartoffelstärke ein Wert von 105 %.

Fazit:

Trotz der verkürzten Reaktionszeit werden hohe Wiederfindungsraten bei dieser Art der Prü-fung gefunden. Allerdings müssen Blindwerte mit in die Berechnungen einbezogen werden.

3.12.1 Einfluss polyelektrolythaltiger Faserstoffe auf das Nachweisverfahren mit hohen Enzymmengen

Die Wirkung polyelektrolythaltiger Faserstoffe auf die Enzymeffizienz wurde wie folgt be-stimmt. Sieht man vom Ergebnis der vorletzten Variante in

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Tabelle 9 ab, so ist bei diesem Verfahren keine wesentliche Beeinflussung der Enzyme auf Grund des Polyelektrolytgehaltes der Faserstoffe zu erwarten.

B. Borchers, E. Möller: Stärkebestimmung bei der Papierherstellung 28

Tabelle 9: Ergebnisse der Glucosebestimmungen bei hohen Enzymmengen gemessene Glucosewerte

[mg/l] Variante

Einzelwerte MW

Glucose-menge in der Probe

[g/l]

Wieder-findungs-

rate [%]

nur Wasser 30, 33 31,5 0,16

nur Faserstoff 73, 72 72,5 0,36

mit Stärke 1 136, 136 136 1,36 99

mit Stärke 2 128, 129 128,5 1,29 91

mit Stärke 3 123, 123 123 1,23 86

Kat. Polelektrolyt + Stärke 1 131, 131 131 1,31 94

Kat. Polelektrolyt + Stärke 2 164, 150, 162, 155, 157 157,6 1,58 120

Kat. Polelektrolyt + Stärke 3 146, 127, 136, 135 136 1,36 99

3.12.2 Polyelektrolythaltiger Recyclingfaserstoff: Einfluss auf die Stärkebestimmung Prüfblätter aus Recyclingfaserstoff ohne bzw. mit einem 0,3 %-igen Zusatz eines kationi-schen Polyelektrolyten (Handelsware), bezogen auf den Faser- und Füllstoffgehalt wurden nach dem Trocknen mit einer berechneten Menge verkleisterter Kartoffelstärke versetzt und entsprechend den Angaben im Abschnitt 3.12 behandelt. Das Ergebnis in der Tabelle zeigt trotz der dargestellten Abweichungen keine Verminderung der Enzymwirksamkeit bei diesem Stoffsystem.

Tabelle 10: Recyclingfaserstoff: Einfluss eines kationischen Polyelektrolyten auf den Nachweis von nativer Kartoffelstärke

Einzelwerte Mittelwert

Prüfblätter ohne Polyelektrolytzusatz: 87, 116, 96 100

Prüfblätter mit Polyelektrolytzusatz: 106, 106, 81 98

3.13 Stärkebestimmung im Prüfblatt: Simulation Masseeinsatz Beim Zusatz von Stärke zur Faserstoffsuspension (kurz als „Masseeinsatz“ bezeichnet) muss darauf geachtet werden, dass diese auch in ausreichendem Maße an den Füll- und Faserstoffen adsorbiert wird. Erst dann ist eine Wirkung im Papier möglich. Im Großen und Ganzen existieren dazu zwei Methoden:

1. Einsatz von verkleisterten kationisch modifizierten Derivaten, die auf Grund ihrer Oberflächenladung auf anionisch geladene Suspensionsbestandteile aufziehen.

2. Fällung von verkleisterten, leicht negativ geladenen Stärken mittels kationischer or-ganischer bzw. anorganischer Fixiermittel. Zwei Verfahrensvarianten sind möglich:

• Zusatz von Stärke mit anschließender Fällung bzw.

• Modifizierung des Faserstoffes mit kat. Polyelektrolyten im Sinne einer „Faserbeizung“ und anschließender Stärkezugabe.

Erschwerend ist allerdings die Tatsache, insbesondere für das zweite der genannten Verfah-ren, dass die Stoffsuspension bei der Verarbeitung hohen Scherkräften unterliegt und an-schließend auch unter eben solchen Bedingungen einen Filtrationsprozess auf dem Blattbil-dungssieb durchläuft.

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Im Folgenden werden daher ausgewählte Ergebnisse mitgeteilt, die im Labor bei Untersu-chungen zur Stärkeretention beim Massezusatz von Stärke erhalten wurden.

Modelluntersuchung zur Fixierung von verkleisterter nativer Kartoffelstärke mit Alaun: Im Aufschlag- u. Verteilgerät wurde die Modellfaserstoffsuspension vorgelegt und mit unter-schiedlichen Mengen (0, 0,5, 1,2 und 2,4 %) verkleisterter nativer Kartoffelstärke versetzt. Anschließend wurden 0,5 % Alaun, bezogen auf die Faserstoffmenge zugegeben und der pH auf einen Wert zwischen 4,6 - 4,8 mit verdünnter Natronlauge justiert. Das ist der pH-Wert, bei dem die Aluminiumhydoxid-Oligomeren die höchste kolloidale Wirksamkeit besitzen. Nach einer Adsorptionszeit von ca. 15 min wurden folgende Varianten für die Vliesbildung gewählt:

1. Filtration über einem Filterblatt, keine Trocknung,

2. Filtration auf dem Blattbildungssieb, keine Trocknung,

3. Filtration auf dem Blattbildungssieb, Trocknung bei Zimmertemperatur,

4. Filtration auf dem Blattbildungssieb, Trocknung bei 60 °C,

5. Filtration auf dem Blattbildungssieb, Trocknung bei 94 °C.

Die Stärkebestimmung wurde entsprechend dem Verfahren im Abschnitt 3.12 mit dem Glu-cosesensor vorgenommen. Die Mittelwerte aus jeweils 3 Bestimmungen sind in der Tabelle 11 enthalten (Blindwerte sind berücksichtigt).

Tabelle 11: Adsorption von verkleisterter nativer Kartoffelstärke an einem Langfaser- zellstoff, Fixierung: 0,5 % Alaun, bezogen auf den Faserstoff, pH = 4,7

0,5 % 1,2 % 2,4 %

Stärkeeinsatzmenge pro 2,4 g-Prüfblatt

12 mg 29 mg 58 mg Nr.

Stärkezusatz [%]

Gefundene Stärkemenge [mg] / Blatt (Netto) und in %

1 Filterblatt, feucht 12,8 106 30,1 104 58,5 101

2 Blattbildungssieb, feucht - - 18,1 62 26,9 46

3 Blattbildungssieb, 23 °C 6,8 56 13,9 48 24,8 43

4 Blattbildungssieb, 60 °C 5,1 42 11,6 40 22,1 38

5 Blattbildungssieb, 94 °C 5,8 48 14,1 49 32,8 56

Die Ergebnisse in der Tabelle 11 zeigen, dass bei einer Vliesbildung über einem Filterblatt 100 % der zugesetzten Stärkemenge im gebildeten Papiervlies wiedergefunden werden. Unklar ist, dass in allen Fällen leicht überhöhte Glucosegehalte nachgewiesen wurden. Es wird angenommen, dass Cellulasen im Enzymmix für eine Glucosebildung aus dem Modell-faserstoff verantwortlich sind. Zu diesem Zweck wurde eine Probe des feuchten und stärke-freien Modellfaserstoffes unter den gleichen experimentellen Bedingungen mit dem Enzym-mix behandelt. Die Resultate der

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Tabelle 12 zeigen, dass keine Glucosebildung auftritt. Bei der Untersuchung unbekannter Proben werden diese Werte jedoch leicht durch einen bei der Messung mitgeführten Blind-wert kompensiert.

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Tabelle 12: Versuch: Ist eine Glucosebildung aus Faserstoffen möglich? Mittelwerte aus 4 Einzelmessungen

Reaktionszeit [h]

Glucosegehalt [mg/20 ml]

0,5 6,2

1,0 5,6

1,5 6,1

2,5 5,0

Wird dagegen die Vliesbildung im Rahmen eines standardisierten Blattbildungsprozesses (ZELLCHEMING-Merkblatt ZM V/19/63, Haage-Blattbildner, Stoffsuspension mit Luft ge-mischt) vorgenommen, so werden im Mittel keinesfalls mehr als 60 % der zugesetzten Stär-ke im Prüfblatt nachgewiesen. Ein eindeutiger Einfluss der Trockentemperatur auf die Wie-derfindungsrate der Stärke war nicht belegbar. Es ist zusätzlich anzumerken, dass sicher ein nicht geringer Anteil der adsorbierten Stärke auf dem Faserfeinstoff adsorbiert ist. Mit diesem gelangt natürlich auch ein nicht unerheblicher Teil in das Siebwasser.

Fazit:

Die Ergebnisse zeigen, dass die Blattbildungsbedingungen einen sehr großen Einfluss auf die Stärkeretention besitzen.

3.14 Stärkebestimmung in einem realen Faserstoffsystem Aus einer Papierfabrik, die graphische Papiere auf der Basis von Recyclingfaserstoffen her-stellt, wurden sowohl das Siebwasser der Papiermaschine als auch die Stoffsuspension oh-ne den Massestärkezusatz für Versuche auf der Technikumpapiermaschine entnommen. Der Einfluss unterschiedlicher kationischer Stärkeprodukte auf die Papiereigenschaften war Ge-genstand der Untersuchungen. Dieses Stoffsystem wurde mit 1 % Stärke versetzt, bezogen auf den Füll- und Faserstoffgehalt.

Die Stärken wurden in einer Mikrowelle verkleistert (≈100 °C), 10 min bei dieser Temperatur gehalten und nach einer Verdünnung mit heißem Wasser (60 °C) kontinuierlich in die Stoff-suspension eingemischt (Rotor-Stator-Dispergator). Nach einer Verweilzeit von 18 s (Stoffzu-führung, Stoffverteiler, Lochwalze) erfolgte Blattbildung und Trocknung.

Die Stärkebestimmung an diesen Papiermustern wurde wie folgt durchgeführt (Mittelwerte resultieren aus Doppel- bzw. Vierfachbestimmungen):

Alle Messungen wurden in einem Suspensionsvolumen von 20,0 ml durchgeführt. Eine Blindwertbestimmung ohne Papierprobe, nur mit den entsprechenden Chemikalien (pH-Regulierung), Puffern und Enzymen ergab einen Wert von 4,05 mg Glucose/20 ml.

Faktorbestimmung zur Kalibrierung:

Exakt 20 mg otro der speziellen Massestärke wurden enzymatisch zu Glucose hydrolysiert. Bei der Messung mit der Glucoseelektrode wurde nach Abzug des Blindwertes 17,25 mg Glucose/20 ml bestimmt. Bezogen auf eine Einwaage von 20,0 mg wurden 87,5 % der vorgelegten Stärke erfasst. Für dieses spezielle Stärkederivat errechnet sich daher ein Faktor von 20/17,5 = 1,16. Die hohe Wiederfindungsrate von 87,5 % wurde zudem mit einem kationisch modifizierten Stärkederivat erreicht, das einen DS von 0,034 besitzt. Normaler-weise werden in der Literatur Werte für diesen Substitutionsgrad lediglich von 70 % bis 80 % beschrieben. Sicher ist dieser Wert auch abhängig vom Herstellungsverfahren dieser Stärke.

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Folgende Werte wurden erhalten (Mittelwerte aus Doppelbestimmungen; Blindwerte sind berücksichtigt):

Variante Stärke im Papier Adsorbierte Stärke

[%] [%]

Papier ohne Stärkezusatz 0,20

Papier mit Massestärke 0,74 0,54

Der Gehalt von 0,20 % bei der Variante ohne den Massezusatz stellt den Stärkeanteil dar, der trotz der Stoffreinigung (pH, Scherung, Dispergierung, Stoffreinigung) auf dem Faserstoff und den Füllstoffen zurückbleibt. Nach der Blattbildung auf dem Papiermaschinensieb wird eine Stärkezunahme im Papierblatt von 0,54 % bestimmt. Durch Multiplikation mit dem Fak-tor 1,16 errechnet sich daraus eine Stärkemenge von 0,63 %. In dem vorgestellten Stoffsys-tem werden von einem 1 %-igen Stärkezusatz 0,63 % auf dem Sieb retendiert. Der Anteil im Siebwasser wurde hier nicht bestimmt.

Rententionsvermindernd wirken in diesem Fall neben dem Siebdurchfall bei der Blattbildung die hohe Salzbelastung im Kreislaufsystem und die anwesenden Störstoffe.

4 Schlussfolgerungen 1. Stärke wird in der Papierindustrie zur Verbesserung der Papiereigenschaften und zur

Steigerung der Retention von Faser- und Füllstoffen eingesetzt. Gegenwärtig wird die Wirkung der Stärke in den allermeisten Fällen anhand der Papiereigenschaften be-stimmt, die entweder im Labor, Technikum oder in einer Papiererzeugungsanlage hergestellt wurden. Aussagen über den tatsächlich im Blatt vorhandenen Stärkege-halt sind in den wenigsten Fällen möglich.

2. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem die Stärke nicht nur im Papier quantitativ bestimmt werden kann, sondern auch im Kreis-laufsystem einer Papiererzeugungsanlage, da hier die Stärke entweder kolloidal ge-löst oder an Feinstoffen adsorbiert vorliegt.

3. Dieses Verfahren beruht auf der enzymatischen Hydrolyse von Stärke zu Glucose und einer quantitativen Glucosebestimmung mit einem für Glucose spezifischen Sen-sor. Zu Beginn der Untersuchungen wurden Versuche mit verkleisterten kolloidalen Lösungen von nativer Kartoffelstärke durchgeführt. Diese wurden später auf den Stärkeabbau in einem Papierblatt übertragen. Eine optimale Stärkehydrolyse wurde mit der Enzymkombination AA 1- PU 1 - AM 1 erreicht, der durch Zusatz von CaCl2 noch verbessert wurde. Unter den experimentellen Bedingungen hat sich der gewähl-te Glucosesensor bei den Untersuchungen bewährt.

4. Die Gegenwart kationischer Polyelektrolyte führt zu einer deutlichen Reduzierung der Enzymwirkung bei der Hydrolyse zu Glucose; durch Zusatz von CMC bzw. einer Er-höhung der Enzymmenge kann dieser Einfluss praktisch kompensiert werden.

5. Neben Kartoffelstärke wurden auch native Weizenstärke und kationische Kartoffel-stärke in die Untersuchungen einbezogen. Die Wiederfindungsrate der Weizenstärke lag bei durchschnittlich 88 % und die der kationischen Kartoffelstärke bei 71 %. Das Verfahren ist gut reproduzierbar. Mit Einführung eines Faktors lassen sich auch un-terschiedliche Stärkeprodukte untereinander vergleichen.

6. Bei der quantitativen Bestimmung von Stärke in einem Papierblatt wurden Wiederfin-dungsraten von 87 % (native Weizenstärke) und 83 % (native Kartoffelstärke) er-reicht. Enthalten die Prüfblätter einen kationischen Polyelektrolyten, so wird geringe Absenkung der Wiederfindungsrate beobachtet. Die Ergebnisse des Weizenstärke-abbaus hingegen lassen keine sichere Aussage zu.

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7. Abschließende experimentelle Untersuchungen über die Adsorption von nativen und kationischen Stärkeprodukten an einem Zellstoff (31 SR) bzw. in einem realen Faser-stoffsystem weisen darauf hin, dass dem Blattbildungsprozess eine sehr wichtige Rolle zukommt. Während bei der Filtration der stärkehaltigen Faserstoffsuspension über einem Filterblatt die gesamte Menge der zugesetzten Stärkemenge im Faser-stoffvlies nachgewiesen werden kann, sind es beispielsweise beim Arbeiten unter Standardbedingungen mit dem HAAGE-Blattbildner oft nur 40 %, die sich anschlie-ßend im gebildeten Blatt nachweisen lassen. Die Retention kolloidal gelöster Stärke in einem Papiervlies hängt also nicht nur von Adsorptions- und den unterschiedlichen Oberflächenladungen ab, sondern auch in entscheidendem Maße von den Filtrati-onsbedingungen bei der Blattbildung.

8. Aus den Ergebnissen des Forschungsprojekts eröffnen sich neue praktische Mög-lichkeiten zur Bewertung von Adsorptionsprozessen in Kombination mit der Blattbil-dung. Im Zusammenhang mit der Adsorption von Stärke an Faserstoffen sollte noch auf die große Bedeutung der spezifischen Oberfläche von Faserstoffen hingewiesen werden.

Mit den vorliegenden Ergebnissen lassen sich sofort gezielt wirksame und rasch in die indus-trielle Praxis umsetzbare Maßnahmen ableiten:

• Papierfabriken können durch einen optimierten Stärkeeinsatz Materialkosten einsparen.

• Insbesondere Altpapier verarbeitenden Papierfabriken stehen mit den Forschungsergeb-nissen Wege zur Vermeidung von Produktionsstörungen und zur Erhöhung der Produkt-qualität zur Verfügung. Dies betrifft sowohl die bei der Aufbereitung von Altpapier frei-werdenden Stärkeprodukte als auch den zur Steigerung der Festigkeit notwendigen Stär-keeinsatz zur Kompensation des Festigkeitsverlustes von Recyclingfaserstoffen.

• Es können gezielt verfahrenstechnische Varianten entwickelt und bewertet werden, die eine Senkung des spezifischen Frischwasserbedarfs in einer gegebenen Anlage zum Ziel haben.

• Eine gezielte Kostenoptimierung für Biozide wird möglich.

• Den Unternehmen der Stärkeindustrie dienen die Ergebnisse zur Entwicklung maßge-schneiderter Stärkeprodukte für die Papierindustrie.

Danksagung Das Forschungsvorhaben AiF 13024BR wurde durch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e.V. (AiF), Köln, mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gefördert. Dafür sei an dieser Stelle gedankt.

Ansprechpartner Dr. Bernhard Borchers Dr. Eckehard Möller Tel.: 03529-551622 Tel.: 03529-551640 [email protected] [email protected]

Papiertechnische Stiftung PTS Pirnaer Str. 37 D-01809 Heidenau Tel. 03529-5516 0 Fax 03529-551899 e-Mail: [email protected] Internet: www.ptspaper.de

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