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Ausgabe 1 – Spielzeit 2014 / 2015

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Ausgabe 1 - Spielzeit 2014/2015

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Page 1: Staatsballett Berlin Magazin

Ausgabe 1 – Spielzeit 2014 / 2015

Page 2: Staatsballett Berlin Magazin

Neu im Ensemble Auf einem Ensembletreffen herrscht manchmal so viel Sprachgewirr wie auf der UN-Vollversammlung: Für die neue Sai son bekam das Staatsballett Berlin Zuwachs aus Spanien (Solist Olaf Kollmannsperger), Russland (Demi-Solist Nikolay Korypaev, Alexander Abdukarimov und Rishat Yulbarisov, beide Corps de ballet), Italien (Giuliana Bottino, Corps de ballet), Moldawien (Georgeta Varvaricci, Corps de ballet), USA (Ty Gurfein, Corps de ballet) sowie Deutschland (Konstantin Lorenz, Corps de ballet). Unterstützung erhält die Compagnie außerdem durch den neuen Ersten Ballettmeister Gentian Doda, der aus Albanien stammt. Damit sind nun im Ensemble 28 Nationen vertreten. Passt zur Hauptstadt!

Das neue SchwarzeEs ist urbaner und dunkler, geheimnisvoller als zuvor: das neue Corporate Design des Staatsballetts Berlin, welches ab sofort die neuen Spielpläne und Plakate prägt. Verantwortlich für den überarbeiteten Look ist der spa nische Art Director Bernardo Rivavelarde, der vom Taschen-Verlag in dessen Publikationen „Graphic Design for the 21st Century“ (2003) und „Contemporary Graphic Design“ (2007) als einer der weltweit besten Graphik-designer gelistet wurde. Seine Idee für den neuen Auftritt war, „eine intelligente Komposition aus Eleganz, Klas-sik und Zeitgenössischem“ zu kreieren. Übrigens: Rivavelarde hat auch das Layout für dieses Magazin entworfen.

Spitzentanz unterm SpitzdachBekannt ist: Das Staatsballett Berlin hat nicht nur eine Spielstätte, sondern tritt gleich in allen drei Berliner Opernhäusern auf. Neu ist, dass die Compagnie zusammen mit dem Béjart Ballet Lausanne und dem Orchester und den Chören der Deutschen Oper Berlin jetzt auch „zelten“ wird: im Tempodrom unter dessen dramatisch gefaltetem Betondach. Weil die Bühne der Deutschen Oper bis in den Winter hinein saniert wird, werden ein Wochenende lang, vom 17. bis 19. Oktober, die drei Béjart-Stücke „Ce que l’amour me dit“, „Le Sacre du Printemps“ und „Boléro“ gemeinsam aufgeführt. Und als wäre das nicht schon außergewöhnlich genug, wird hier auch Polina Semionova ihr Debüt im „Boléro“ geben.

Vom Dancefloor auf die BühneKlassische Musik und märchenhafte Inszenierungen? Das ist die gängige Vorstellung von Ballett. Doch auch zeitgenös sische Musik dient oft als Grundlage für Choreographien. Aktuell in der Playlist von Nacho Duato: Musik von John Talabot. Dessen elektronische Musik nutzte er erst jüngst für seine Kreation „Depak Ine“ für die Martha Graham Company, die im März in New York Premiere feierte. Beim Staatsballett Berlin kann man in der aktuellen Saison zum Beispiel in zwei Produktionen moderne Klänge erleben: Die Musik für „The Open Square“ steuerte die Gruppe Percossa bei, während „The Nights“ auf den Klängen der musikalischen Grenzgängerin Natacha Atlas beruht.

Dance it yourselfEs gibt die Jogging-App, solche fürs Kochen oder Shoppen. Ballett kam bislang als Do-it-yourself-App nicht vor. Das könnte sich mit „Bounden“ spielerisch ändern: Zwei User greifen das Smartphone von beiden Seiten und führen, als Mischung aus Tanz und Twister, die Choreographien vom niederländischen Het Nationale Ballet miteinander aus. Also nicht wundern, wenn Sie ein ineinander verknotetes Paar sehen – die tanzen vielleicht gerade „Giselle“. Die App „Bounden“ gibt es zum Download im iTunes Store und im Google Play Store.

TANZNOTIZEN

DAS SIND DIE NEUENHerzlich willkommen: (stehend) Nikolay Korypaev, Konstantin Lorenz, Olaf Kollmannsperger und Ty Gurfein;

(sitzend) Rishat Yulbarisov, Giuliana Bottino, Georgeta Varvaricci und Alexander Abdukarimov. Die komplette Compagnie finden Sie auf www.staatsballett-berlin.de. | Foto: Fernando Marcos

Page 3: Staatsballett Berlin Magazin

Stephan Erfurt: Herr Duato, Sie sind selbst neu am Staatsballett Berlin. Ich habe gelesen, dass Ihre Intuition Ihnen gesagt hat, nun sei die richtige Zeit für Berlin – stimmt das?

Nacho Duato: Ehrlich gesagt: Ich bin es gewohnt, umzuziehen. Mein Zuhause ist dort, wo meine Arbeit ist. Ich bin schon als Jugendlicher von Spanien nach London gegangen. Habe danach in Brüssel, New York, Stockholm, Amsterdam, Madrid oder zuletzt in St. Petersburg gewohnt. Als man mir, nach 1989 und 2000, bereits zum dritten Mal das Angebot machte, als Intendant zum Staatsballett zu kommen, habe ich diesmal zugesagt. Jetzt fühlt es sich richtig an. Geplant waren die wenigsten Stationen in meinem Leben.

Erfurt: Auch ich habe nie geplant, ein Museum zu eröffnen. Im Gegenteil: Wäre das schon immer mein Plan gewesen, wäre das alles vielleicht nie passiert. So war es mehr oder weniger ein glück-licher Zufall, dass das Frankfurter Allgemeine Magazin, für das ich als fester Fotograf gearbeitet habe, 1999 quasi über Nacht eingestellt wurde und ich im Sommer 2000 C/O Berlin als privates Museum für Fotografie mitbegründet habe.

Duato: Man muss einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Das war auch bei mir so.

Der neue Staatsballett-Intendant Nacho Duato und Stephan Erfurt, Mitbegründer der C/O Berlin Foundation, über Neuanfänge, worin sich Fotografie und Ballett ähneln sowie über die richtige Balance beim Kuratieren

ALLES AUF ANFANG,IMMER

Erfurt: Ich für mich kann nur sagen: Als Fotograf ist man grundsätzlich aufgeschlossen für Neues.

Duato: Mein Großvater war auch Fotograf. Ich kann nicht konkret sagen, inwiefern mich das ge-prägt hat. Aber das hat es definitiv. Ich interessiere mich sehr für Fotografie, habe tausende Bilder auf meinem iPad und lasse mich von Kriegsfotografie genauso wie von Landschaftsaufnahmen zu Szenenbildern inspirieren. Mein Stück „Without Words“ bedient sich etwa in puncto Ästhetik der Fotografie. Außerdem bin ich sehr wählerisch, was Tanzaufnahmen meines Ensembles betrifft. Ich habe selbst als Tänzer für Fotobücher posiert und weiß, wie schwer es ist, im richtigen Mo-ment auf den Auslöser zu drücken.

Erfurt: Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es meine anspruchsvollsten Jobs waren, Tän-zer zu fotografieren. Man friert Zeit und Bewegung ein. Das muss wohlüberlegt sein.

Duato: Wir Tänzer führen jeden Tag das Gleiche auf und es muss immer wieder perfekt aussehen. Das ist nicht einfach. Manchmal zieht man auf eine andere Bühne um und alles sieht auf einmal anders aus. Ihr Fotografen habt es auf der anderen Seite nämlich auch leicht: Ihr macht eine Aufnahme, und die sieht für alle Zeit so aus.

Erfurt: Das stimmt nicht ganz. Heute ist auch in der Fotografie alles möglich. Stichwort digitale Bildbearbeitung. Ich habe früher manchmal ganze Nächte lang nicht geschlafen, weil ich nicht wusste, ob das Endergebnis, das damals ja noch analog war, gelungen ist. Jetzt sieht man sofort alles und kann es bei Nichtgefallen einfach verändern.

Duato: Heute ist aber auch der Informationsfluss so groß, dass sich das Gute schnell mit dem Schlechten vermischt. Auch im Ballett gibt es mittlerweile enorm viele Choreographien. So bleibt es allein dem Besucher überlassen, zu unterscheiden, was gut und was schlecht ist.

Erfurt: Unser Anliegen ist es, den Besucher immer zu überraschen. Deshalb zeigen wir bei C/O die „Big Names“ als Publikumsgaranten – beispielsweise Annie Leibovitz, die uns 2009 vor dem Konkurs bewahrt hat – parallel zu den Arbeiten von unbekannten, jüngeren Künstlern, die allein kein Haus vollkriegen würden, aber deren Werke beeindrucken. Als privates Museum, das sich zwar ständig um Spendengelder bemühen muss, aber auch gewisse Freiheiten hat, können wir uns solche Experimente erlauben.

Duato: Oh, das kenne ich gut! Ich versuche eine ähnliche Varianz zu erzielen mit modernen Choreographien auf der einen Seite und Klassikern wie „Dornröschen“ auf der anderen. Mein Wunsch ist es, dass sich dadurch das noch eher ältere Berliner Ballett publikum mit jüngeren Besuchern mischt. Trotzdem: Zu radikal darf ich nicht sein. Das würde Stammbesucher vergraulen. Das Ballett wird schließlich mit öffentlichen Geldern finanziert. Die Balance muss stimmen. Ich weiß nicht, ob das immer klappt. Aber: Selbstzweifel sind wichtig. Sie bringen einen weiter.

Erfurt: Uns liegt am Herzen, die Besucher zu schulen. Wir träumen davon, eine „Schule des Sehens“ zu etablieren. Mit Wochenend-Workshops, Vorlesungen und Seminaren von „masters“, also international bekannten Fotografen, die von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen erzählen. Dafür ist Berlin als dynamische Hauptstadt genau richtig.

Duato: Ich habe ebenfalls Pläne mit dem Staatsballett. Konkret träume ich von einem Staatsballett II, einer zweiten Compagnie, mit jungen Tänzern zwischen 17 und 20 Jahren. Das würde mich begeistern. Aber das sind weite Pläne. Erst mal gibt es so viele andere Dinge zu tun. Zum Ausgleich reite ich und bin jedes Mal erstaunt, dass das Pferd genau das macht, was ich sage – genauso wie die Tänzer.

Erfurt: Bei mir macht dies das Gärtnern. Ich kann mich dabei sammeln und von den Impulsen entspannen, die täglich auf mich ein prasseln. Aber es freut mich zu hören, dass wir beide noch nervös sind, was unseren Job angeht. Man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen!

NACH

OD

UATO

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STEPHAN

Foto: Kim Keibel

Page 4: Staatsballett Berlin Magazin

Nicht gleich erkannt? Es handelt sich hier um eine Sequenz aus Stanton Welchs Choreographie „Clear“, getanzt von Elisa Carrillo Cabrera, Nicola Del Freo und Kévin Pouzou. Dabei handelt es sich jedoch nicht etwa um eine freie künstlerische Assoziation. Ganz im Gegenteil: Die Darstellung des jungen Berliner Medienkünstlers Rainer Kohlberger beruht auf einer Videoaufnahme aus der Vogelperspektive. Wie das aussieht, kann man sich unter www.staatsballett-berlin.de/perspektivwechsel angucken. So haben Sie Ballett noch nie gesehen!

Page 5: Staatsballett Berlin Magazin

Es war wenige Tage vor der Premiere der Aufführung von „Ring um den Ring“, Maurice Béjarts vierstündiger Ballettversion von Richard Wagners Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“, im Jahr 2004 in der Deutschen Oper Berlin: Nadja Saidakova sollte die Brünnhilde tanzen. Eine falsche Bewegung, ein stechender Schmerz, und die Sehne in der Schulter war gerissen.

„Ich dachte, das war’s“, erzählt Saidakova, ihren muskulösen Körper unter dicken Wollschichten versteckt. Also ging sie zu Béjart, um ihm die schlechte Nachricht zu überbringen. Béjart war damals 77 Jahre alt, er und die Solistin kannten sich schon aus Saidakovas erster Spiel-zeit an der Staatsoper Unter den Linden im Jahr 1995, als sie das Mädchen Ada in seinem Stück „Le Concours – Ein Ballettkrimi“ ge-tanzt hatte. Doch anstatt im Ballettsaal nach einer neuen Brünnhilde Ausschau zu halten, nahm er sie in den Arm. „Er drückte mich an sich und flüsterte: ‚Nadja, ich glaube an dich. Du musst es machen, nur du kannst es.‘ Er schaute mich mit seinen klaren, blauen Augen an: ‚Du bist die Einzige für mich.‘“

Saidakova, die heute Erste Solistin des Staatsballetts Berlin ist, lacht laut auf. „Ich habe getanzt, mit Tabletten und einer Spritze. Obwohl es meiner Karriere hätte schaden können, habe ich es gemacht, für Maurice, den Meister. Er hat mich hypnotisiert mit seinen Augen!“ Egal, wen man am Staatsballett Berlin nach Béjart fragt, ob Tänzer, Dra maturgen oder Ballettmeister, sie alle beschwören die besondere Aura herauf, die ihn umgab.

An drei Abenden im Oktober kann man dieser Aura nun im Berliner Tempodrom nachspüren. Das Staatsballett präsentiert gemeinsam mit der Deutschen Oper Berlin das Béjart Ballet Lausanne mit den Stücken „Ce que l’amour me dit“ mit Musik von Gustav Mahler, „Le Sacre du Printemps“ von Igor Strawinsky und den „Boléro“ von Maurice Ravel. „Zwar wird es nicht so sein wie früher, ohne ihn ist nichts wie früher, aber seine Choreographien leben, sie bleiben“, sagt Ballettmeister Tomas Karlborg, der 1989 den Wotan in der Urauffüh-rung des „Ring um den Ring“ getanzt hat. Nun probt Karlborg wieder Béjart, diesmal den „Boléro“ – jene legendäre Fassung, an der sich jeder spätere Versuch messen lassen muss. Béjarts „Boléro“ ist pure Erotik, auch für die männlichen Tänzer, was in den Sechzigern, als er das Stück choreographierte, neu war. In dieser Zeit erarbeitete sich Béjart das Image eines Revoluzzers – er verzichtete auf das Tutu, ließ seine Tänzer viel Haut zeigen und in engen Trikots oder Jeans tanzen. Er machte das Ballett in spektakulären Inszenierungen in Sportstadien

BALLETT ALS

Seine Tänzer feiern ihn immer noch als Meister, auch Nacho Duato hat bei ihm gelernt: Der Choreograph Maurice Béjart war eine Ikone. Sieben Jahre nach seinem Tod kommen drei seiner Stücke nun wieder in Berlin zur Aufführung. Auf Béjarts Spuren beim Staatsballett Berlin

SPEKTAKELden Massen zugänglich. Er war politisch und tanzte, was gesagt wer-den musste, wie in seiner Version von „Romeo und Julia“ von 1966, die sich auch als Kommentar zum Vietnamkrieg verstehen ließ. Und er gab den männlichen Balletttänzern, die bis dahin nur Hebepartner der Ballerinen waren, eigene Rollen. „Béjarts Männer durften wild sein, animalisch, und seine Compagnie war voller außergewöhnlicher Typen, Männern wie Frauen.“

Während Karlborg mit den Tänzern Sprünge probt, vibriert im Büro gegenüber Christiane Theobalds Wasserglas. Sie ist stellvertretende Intendantin des Staatsballetts, und als Béjart 1988 nach Berlin kam, war sie seine Produktionsdramaturgin. „Béjart war ein sogenanntes ‚monstre sacré‘, in den Achtzigern war er mit seinem ‚spectacle totale‘, dieser Mischung aus Tanz, Sprache, Musik und Regie, längst eine Ikone, und Berlin wartete auf ihn“, erzählt Theobald. Béjart selbst be-zeichnete Berlin zeitlebens als „große Liebe“. Er hatte die Stadt seit den Fünfzigern immer wieder bespielt. Der Berliner Tanzkritiker Klaus Geitel hat seine Karriere von Anfang an begleitet, für ihn war Béjart der „Herr des Donners“. Und das auch, weil seine Bühnenkunst eben nie reine Körperkunst war. Er nahm das Choreographieren wörtlich, für ihn war es ein Schreiben mit dem Vokabular des Tanzes. Als Sohn des Philosophen Gaston Berger in Marseille aufgewachsen, konnte Béjart Schopen-hauer zitieren, nutzte für seine Stücke Wittgenstein genauso wie die Mystiker des Orients oder Volksmärchen aus Asien. Zum Ballett war er zufällig gekommen, weil ein Arzt ihm nach einem Unfall Übungen in klassischen Tanz verschrieben hatte. „Béjart war es gewohnt, abstrakt zu denken“, sagt auch Theobald. Doch anstatt seine Gedanken nieder-zuschreiben, hat er sie in Bewegungen verwandelt.

Und so erinnert ihn auch Nadja Saidakova: ganz in Schwarz, in Trai-ningshose und T-Shirt, mit geradem Rücken auf dem Stuhl im Ballett-saal. „Wir Tänzer saßen ihm dann zu Füßen, wie Küken, und er erzählte uns die Geschichten hinter unseren Rollen, die Psychogramme, Intrigen und Verstrickungen.“

Im März 1990 hat Béjart zur Premiere seines „Ring um den Ring“ in der Rolle des Wanderer dann auch selbst auf der Bühne gestanden. In der letzten Szene, Walhall ist abgebrannt, sitzen alle um ihn herum und lauschen seinen Ideen für die Zukunft, während im Hintergrund eine Mauer aufbricht. – Béjart, der Wanderer zwischen den Welten.

Fotos auf dieser Doppelseite: A

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Page 6: Staatsballett Berlin Magazin

21. August 2014

EIN TAGMIT …NACHO DUATO

08.00 UhrIch bin gestern erst aus St. Petersburg gekommen, wo ich drei Jahre am Mikhailov-sky-Theater gearbeitet habe. Derzeit wohne ich noch im Hotel – zumindest so lange, bis meine neue Wohnung in Charlottenburg bezugsfertig ist. Meist stehe ich um 8 Uhr auf. Zum Frühstück gibt es ein Glas Saft und Toast. Das reicht mir, Kof-fein macht mich so früh nervös. Dazu lese ich auf meinem iPad Zeitung. Aus Sport oder Musik mache ich mir morgens nichts, das habe ich den ganzen Tag über.

10.00 UhrIn meinem neuen Büro in den Räumlichkeiten des Staatsballetts wartet bereits ein dänisches Filmteam auf mich, das mich schon drei Jahre lang begleitet. Die Doku wird im April 2015 auf dem Tribeca Filmfestival in New York Premiere feiern. Da heute der erste Tag nach Spielzeitpause ist, begrüße ich zuerst mein komplettes Ensemble mit den acht neuen Tänzern und Tänzerinnen.

10.30 UhrDie ersten Proben beginnen. Ich kenne viele Tänzer und Tänzerinnen noch nicht und schaue sie mir deshalb genau an. Zwischendurch treffe ich meine Stellvertre-terin Christiane Theobald und den Marketingleiter Christopher Vorwerk. Wir bespre-chen die Marketingpläne für die nächsten drei Monate, zum Beispiel, mit welchen Stücken wir werben. Und wir bereiten die Ankunft des Fotografen Fernando Marcos vor, der extra aus Spanien anreisen wird, um die Compagnie zu fotografieren.

14.00 UhrIch esse mittags generell nie, wohne lieber den Proben bei. Heute jedoch mache ich eine Ausnahme und begleite Christiane Theobald und den Ersten Ballettmeister Gentian Doda in die Kantine und spreche mit ihnen über die kommende Zeit.

15.00 UhrDie Büroarbeit ruft. Mit dem Choreographieren allein ist es als Intendant nämlich nicht getan. Hinzu kommen jede Menge Organisation und Kommunikation. Ich nenne das „paperwork“: Zeitpläne machen, Anfragen für Interviews und Gastauf-tritte beantworten oder Einladungen wie für ein Dinner in der Spanischen Botschaft.

18.00 UhrHeute Abend steht noch das Interview mit dem C/O-Berlin-Mitbegründer Stephan Erfurt für dieses Magazin an (siehe S. 3). Bevor ich mich mit Christiane Theobald auf den Weg zum Amerika Haus mache, tausche ich im Hotel meine Sandalen gegen feste Schuhe. Dass es schon im August in Berlin so kalt sein kann, hätte ich nicht gedacht! Aber ich bin das russische Klima gewohnt. Da werde ich mich schon anpassen.

20.00 UhrNach dem Interview treffen wir Gentian Doda im italienischen Restaurant „Papage-no“ direkt neben der Deutschen Oper zum gemeinsamen Abendessen – mit einem Glas Rioja. Danach geht es nicht allzu spät zurück ins Hotel.

23.30 UhrIch gehe meist vor Mitternacht ins Bett, lese dann aber noch ein wenig oder denke einfach nach. Zum Beispiel darüber, dass ich hier gern mit jungen Set- und Licht-designern und Musikern zusammenarbeiten würde. Die nächste Zeit wird jedenfalls spannend für mich.

BALLETT HEUTEWie vielfältig das choreographische Spektrum von modernem Ballett ist, zeigt das Staatsballett Berlin im Herbst mit aus gewählten Produktionen

DUATO | FORSYTHE | GOECKEZu diesem dreiteiligen Ballettabend steuert der neue Staats-ballett-Intendant Nacho Duato die Choreographie „Arcangelo“ bei. Bei diesem Stück, übersetzt „Erzengel“, geht es zu den Barockklängen von Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti um ein Leben zwischen Himmel und Hölle. Ganz anders William Forsythes „Herman Schmer man“ zum elektronischen Sound von Thom Willems, das von einer ordentlichen Prise Humor lebt. Herausfordernd für die Tänzerinnen und Tänzer ist das Werk von Marco Goecke: In dieser Kreation wird John Adams’ „Guide to Strange Places“ in eine rasant-irrwitzige Körper sprache übersetzt.

09. Oktober 2014 in der Staatsoper im Schiller Theater

RATMANSKY | WELCHKontrastreicher könnte ein Abend nicht sein: Während „Na-mouna. Ein großes Divertissement“ des Russen Alexei Rat-mansky recht ver gnügt zur Musik von Édouard Lalo die Suche eines jungen Man nes nach der Liebe zeigt, ist „Clear“ des Australiers Stanton Welch eine nachdenkliche Reflektion der Terroranschläge vom 11. September, begleitet von der Musik Johann Sebastian Bachs. Es gibt aber auch eine Gemein-samkeit: Beide Produktionen beweisen, wie zeit genössisch Ballett mit klassischen Wurzeln sein kann.

19. und 28. September, 24. Oktober, 01. und 07. November 2014 in der Staatsoper im Schiller Theater

THE OPEN SQUAREItzik Galili ist sicher einer der umtriebigsten Choreographen seiner Generation. Für das Staatsballett Berlin hat der aus Israel stammende Galili 2012 erstmals eine abendfüllende Choreographie geschaffen, die mal poe tisch, mal komisch und auf jeden Fall überraschend ist. Thema ist die Manipulier-barkeit des Menschen. Musikalisch be gleitet wird das Ganze von den kraftvollen Kompositionen der Percussiongruppe Per-cossa, gespielt vom Orchester der Komischen Oper Berlin.

14. und 26. September, 10. und 30. Oktober, 04. November 2014 in der Komischen Oper Berlin

INSPIRATION BÉJARTBÉJART BALLET LAUSANNEVor zehn Jahren eröffnete das Staatsballett Berlin seine erste Spielzeit als Ballett-Compagnie aller drei Berliner Opernhäu-ser mit Maurice Béjarts großer Inszenierung „Ring um den Ring“. Zum Neu start mit Nacho Duato schließt sich nun der Kreis: Auf Einladung vom Staatsballett Berlin und der Deutschen Oper Berlin zeigt das Béjart Ballet Lausanne im Tempodrom drei seiner legendären Cho reo graphien: „Ce que l’amour me dit“, „Le Sacre du Printemps“ und „Boléro“. Am 19. Oktober ist Polina Semionova dabei und tanzt „Boléro“. Es gilt: Nicht verpassen!

17., 18. und 19. Oktober 2014 im Tempodrom

TICKETSERVICE Staatsballett Berlin, KartenserviceBismarckstraße 110, 10625 Berlin

TELEFON 030 20 60 92 630TELEFAX 030 20 35 44 83

E-MAIL [email protected] www.staatsballett-berlin.de

Foto: Fernando Marcos

Page 7: Staatsballett Berlin Magazin

IMPRESSUM HERAUSGEBER Staatsballett Berlin, Richard-Wagner-Str. 10, 10585 Berlin | INTENDANT Nacho Duato | GRAPHIC DESIGN Bernardo Rivavelarde | UMSETZUNG TEMPUS CORPORATE GmbH – Ein Unternehmen des ZEIT Verlags, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin, [email protected], Geschäftsführung: Ulrike Teschke, Manuel J. Hartung, Projektleitung: Silke Menzel, Andreas Lorek, Redaktionsleitung: Julia Stelzner, Textchefin: Bettina Schneuer, Redaktion: Mareike Nieberding, Lektorat: Claudia Kühne, Reinzeichnung: Susanne Kluge |

DRUCK Presse-Druck- und Verlags-GmbH, Curt-Frenzel-Straße 2, 86167 Augsburg | FOTOS Fernando Marcos (Cover und Backcover), Rainer Kohlberger und Kim Keibel | REDAKTIONSSCHLUSS 01. September 2014 | Änderungen vorbehalten.

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