spielzeit 2020&2021 wiedereröffnung und premieren im thalia … spielzeit... · 2020-06-17 ·...

18
Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung Hyperion oder Der Eremit in Griechenland von Friedrich Hölderlin mit Jens Harzer und Ensemble Resonanz am 25. August 2020 Thalia Wiedereröffnung Stories from Europe Windows to the World Szenische Einrichtung Jette Steckel Am 29. August 2020 Thalia Wiedereröffnung Ode an die Freiheit Kabale und Liebe / Maria Stuart / Wilhelm Tell nach Friedrich Schiller Regie Antú Romero Nunes am 30. August 2020 Thalia Wiedereröffnung PARADIES fluten / hungern / spielen von Thomas Köck Regie Christopher Rüping am 5. September 2020 Der Geizige von Molière Regie Leander Haußmann am 12. September 2020 Maß für Maß von William Shakespeare Regie Stefan Pucher im Oktober 2020 Deutsche Erstaufführung Network Bearbeitung von Lee Hall nach dem Film von Paddy Chayevsky Regie Jan Bosse im Oktober 2020

Upload: others

Post on 14-Jul-2020

9 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

Spielzeit 2020&2021

Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater

Thalia Wiedereröffnung Hyperion oder Der Eremit in Griechenland von Friedrich Hölderlin mit Jens Harzer und Ensemble Resonanz am 25. August 2020 Thalia Wiedereröffnung Stories from Europe – Windows to the World Szenische Einrichtung Jette Steckel Am 29. August 2020 Thalia Wiedereröffnung Ode an die Freiheit

Kabale und Liebe / Maria Stuart / Wilhelm Tell

nach Friedrich Schiller Regie Antú Romero Nunes am 30. August 2020

Thalia Wiedereröffnung PARADIES

fluten / hungern / spielen

von Thomas Köck Regie Christopher Rüping am 5. September 2020

Der Geizige

von Molière Regie Leander Haußmann am 12. September 2020

Maß für Maß

von William Shakespeare Regie Stefan Pucher im Oktober 2020 Deutsche Erstaufführung

Network Bearbeitung von Lee Hall nach dem Film von Paddy Chayevsky Regie Jan Bosse im Oktober 2020

Page 2: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

2

Pippi Langstrumpf

von Astrid Lindgren Eine Geschichte für „alle groß und klein“ Regie Jette Steckel im November 2020

IBSEN-KOMPLEX oder Der Kampf um die Wahrheit nach Henrik Ibsen Regie Thorleifur Örn Anarsson im Dezember 2020

Shockheaded Peter Junk-Oper von den Tiger Lillies, Julian Crouch & Phelim McDermott Regie Peter Jordan und Leonhard Koppelmann im Dezember 2020 Uraufführung

State of Affairs

Ein neues Projekt von Yael Ronen Regie Yael Ronen im Januar 2021 Uraufführung

Mittagsstunde von Dörte Hansen Regie Anna-Sophie Mahler im Februar 2021 Deutschsprachige Erstaufführung

Die Jakobsbücher

von Olga Tokarczuk Regie Ewelina Marciniak im März 2021

Drei Schwestern

von Anton Tschechow Regie Mateja Koležnik im Mai 2021

In Planung

Internationale Gastspiele

Page 3: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

3

Spielzeit 2020&2021

Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Gaußstraße

Thalia Wiedereröffnung Opening Night von John Cassavetes Regie Charlotte Sprenger im August Open Air am 16. August 2020

HERKUNFT von Saša Stanišić Regie Sebastian Nübling im Dezember 2020 Der Tod in Venedig von Thomas Mann Regie Bastian Kraft im Januar 2021 Ein Blick von der Brücke von Arthur Miller Regie Hakan Savaș Mican im Februar 2021 Eine neue Inszenierung Regie Charlotte Sprenger im April 2021 In Planung

Junge Regie Paradiesische Bauten

von Peter Thiers Regie Peter Thiers Herzzentrum XII Blödigkeit. Ein Herzzentrum über Hölderlin

von & mit Navid Kermani

Szenische Einrichtung Jette Steckel im Januar

Page 4: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

Spielzeit 2020&2021

Wiederaufnahmen im Thalia Theater Amphitryon von Heinrich von Kleist Regie Leander Haußmann Cyrano de Bergerac von Edmond Rostand Regie Leander Haußmann Uraufführung Das achte Leben (Für Brilka) von Nino Haratischwili Regie Jette Steckel Autorentheatertage Berlin 2018 / Internationale Maifestspiele Wiesbaden 2018 / TBS International Festival Tiflis 2018 / Theatre Olympics St. Petersburg 2019 Uraufführung Die Katze und der General von Nino Haratischwili Regie Jette Steckel Internationale Maifestspiele Wiesbaden 2020 Die Nacht der von Neil Young Getöteten von Navid Kermani Ein musikalischer Trip Regie Sebastian Nübling Die Tragödie von Romeo und Julia von William Shakespeare Regie Jette Steckel Don Giovanni. Letzte Party Eine Bastardkomödie frei nach Mozart & da Ponte Regie Antú Romero Nunes Festival d’Avignon 2014 Hamlet von William Shakespeare Regie Jette Steckel Immer noch Sturm von Peter Handke Regie Dimiter Gotscheff Koproduktion mit den Salzburger Festspielen 2011 Mülheimer Theatertage 2012 / Ibsen Festival Oslo 2014 /

Page 5: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

2

Jeder stirbt für sich allein von Hans Fallada Regie Luk Perceval Berliner Theatertreffen 2013 Liliom von Ferenc Molnár Regie Kornél Mundruczó Koproduktion mit den Salzburger Festspielen 2019 Moby Dick nach Herman Melville Regie Antú Romero Nunes Panikherz von Benjamin von Stuckrad-Barre Regie Christopher Rüping Uraufführung (R)Evolution Eine Anleitung zum Überleben im 21. Jahrhundert von Yael Ronen und Dimitrij Schaad Inspiriert von Yuval Noah Harari Regie Yael Ronen Thalia Vista Social Club Regie und Musikalische Leitung Erik Gedeon Zu sehen im Dramaten Stockholm und Baltic House Festival St. Petersburg 2020

Uraufführung Neverland Ein internationales Projekt nach J.M. Barries „Peter Pan“ Regie Antú Romero Nunes

Klassenzimmerstücke

Uraufführung Simpel von MarieAude Murail Mobile Produktion für Schulen Regie Helge Schmidt Uraufführung Das ist Esther von Christiane Richers Regie Katja Langenbach

Reihen

SPIEGEL-Gespräch live im Thalia Theater Thalia & Thalia Kooperation mit Thalia Bücher GmbH

Page 6: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

3

Wiederaufnahmen im Thalia Gaußstraße

Auerhaus von Bov Bjerg Regie Franziska Autzen Besuch bei Mr. Green von Jeff Baron Regie Wolf-Dietrich Sprenger Dancer in the Dark von Patrick Ellsworth nach dem Film von Lars von Trier Regie Bastian Kraft Wuzhen Theatre Festival 2018 / Prager Festival deutscher Sprache 2019 Uraufführung Der Boxer nach dem Roman von Szczepan Twardoch Regie Ewelina Marciniak Festival Radikal jung 2020 / Polnisches Theatertreffen 2020 Der Fremde von Albert Camus Regie Jette Steckel Der Spieler von Fjodor M. Dostojewskij Regie Jan Bosse Die Odyssee Eine Irrfahrt nach Homer Regie Antú Romero Nunes Berliner Theatertreffen 2018 / Santiago a Mil-Festival Chile 2018 / Prager Theaterfestival deutscher Sprache 2018 / Macao Arts Festival 2019 / Chinesisches Theatertreffen in Beijing & Shanghai 2019 / Theaterfestival TeArt Minsk 2019 / International Platonov Arts Festival Woronesch, Russland 2020 Uraufführung Ein Mensch brennt von Nicol Ljubić Regie Swen Lasse Awe Geisterseher nach Friedrich Schiller Regie Antú Romero Nunes Uraufführung Hereroland Eine deutsch-namibische Geschichte Regie David Ndjavera und Gernot Grünewald Nationaltheater in Windhoek, Namibia nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert Regie Simone Geyer Patentöchter Im Schatten der RAF – ein Dialog von Julia Albrecht und Corinna Ponto Regie Gernot Grünewald

Page 7: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

4

Uraufführung Räuberhände von Finn-Ole Heinrich Regie Anne Lenk Srebrenica – „I counted my remainig life in seconds…“ Projekt von Branko Šimić und Armin Smailovic The Piano has been drinking – not me!!! Tom Waits meets Ricky Lee Jones Tschick von Wolfgang Herrndorf Regie Christopher Rüping Vögel von Wajdi Mouawad Regie Hakan Savaș Mican Vor dem Fest von Saša Stanišić Regie Charlotte Sprenger

Theaterbar Nachtasyl

im Laufe der Spielzeit

Blind Date von Theo van Gogh Regie Alia Luque IDEAS | On music Talk mit Alan Gilbert, Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters Kooperation mit dem NDR Prima Vista. Neue Stücke Das Thalia Ensemble liest neue Stücke. Streit.Bar Bücher der Gegenwart Thalia Actor’s Studio Gabriela Maria Schmeide und Tilo Werner stellen das Thalia-Ensemble vor Wahnsinn trifft Methode Kooperation mit der Universität Hamburg und TIDE TV WENN DIE ROLLE SINGT oder der vollkommene Angler von & mit Thomas Niehaus und Paul Schröder Regie Johanna Louise Witt Festival Radikal jung 2017 Clubs, Lesungen, Konzerte, Premierenfeiern Barbetrieb täglich ab 19 Uhr sobald es wieder möglich ist

Page 8: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

Spielzeit 2020&2021 Die Wiedereröffnung und die Premieren

Zur Wiedereröffnung des Thalia Gaußstraße

Opening Night von John Cassavetes Regie Charlotte Sprenger Premiere am 16. August 2020 Thalia Gaußstraße / Open Air

Die Nerven liegen blank. Eine Theatertruppe probiert ein neues Stück. Die Schauspielerin Myrtle Gordon ist

unzufrieden. Sie soll eine einsame, kinderlose Frau ohne festen Partner spielen, die mit ihrem Alter hadert. Die

von der Theaterautorin Sarah Goode erfundene Figur ist für Myrtle ein Klischeebild. Myrtle sabotiert die

Proben: In einer Szene, in der sie sich von ihrem Partner ohrfeigen lassen muss, lässt sie sich zu Boden fallen,

bricht erst in Tränen, dann in Gelächter aus. Der Regisseur ist ratlos, ihr Schauspielerkollege sauer.

Der Produzent hat Angst, dass die Produktion platzt. Wie soll es weitergehen? Myrtle möchte das Stück

komplett auf den Kopf stellen, um herauszufinden, ob da auf der Bühne noch echte Menschen im Angebot sind

oder nur vorgefertigte Figuren, die gegen jede Kritik immun sind. Die Premiere ist angesetzt. Es ist die Nacht der

Entscheidung, die „opening night“.

Regisseur und Schauspieler John Cassavetes (1929 –1989) gilt als wichtigster Vertreter des amerikanischen

Independent-Films. „Opening Night“ eröffnete im Februar 1978 die Berliner Filmfestspiele. Gena Rowlands

gewann für ihren Auftritt als Myrtle Gordon einen Silbernen Bären. Danach fand der Film aber in Deutschland

keinen Verleih. Auch in Amerika wurde der Film von der Branche ignoriert, so dass Cassavetes ihn selbst

herausbringen musste, mit einer einzigen Kopie.

Charlotte Sprenger wird „Opening Night“ als „Open Air“­Theaterstück inszenieren. Spielort und Kulisse ist der

Eingang des Thalia in der Gaußstraße.

Zur Wiedereröffnung - Sonderveranstaltung

Hyperion oder Der Eremit in Griechenland von Friedrich Hölderlin mit Jens Harzer und dem Ensemble Resonanz 25. August 2020 Thalia Theater

Ensemblemitglied und Ifflandring-Träger Jens Harzer eröffnet gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz nach

fünfmonatiger Schließung das Thalia Theater wieder. „Hyperion“ war Friedrich Hölderlins poetisches

Page 9: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

2

Lebensprojekt, ein erster Teil erscheint 1794 als „Fragment von Hyperion“ in Friedrich Schillers Zeitschrift „Neue Thalia“. Der fortan „Thalia-Fragment“ genannte Text erfuhr mehrere Um- und Fortschreibungen, bis

1797 der Briefroman „Hyperion oder Der Eremit von Griechenland“ erschien. In ihm sucht Hölderlin mit seiner Figur Hyperion nach den vielen Verwerfungen, Verstörungen und Umwälzungen des zeitgenössischen Lebens

als Eremit in der Schönheit der Natur den Weg zu sich selbst und zur Harmonie von Gott, Mensch und Natur.

Immer wieder wird er von tiefen Zweifeln geschüttelt, immer wieder aber ringt er sich auch zu großem

Enthusiasmus auf: „O Seele! Seele! Schönheit der Welt! du unzerstörbare! du entzückende! mit deiner ewigen

Jugend! du bist; was ist denn der Tod und alles Wehe der Menschen? – Ach! viel der leeren Worte haben die

Wunderlichen gemacht. Geschiehet doch alles aus Lust und endet doch alles mit Frieden.“ Hölderlin, der vor 250

Jahren geboren ist, war dieser Frieden nicht vergönnt, er lebte trotz verschiedener ärztlicher Bemühungen von

1807-1843 insgesamt 36 Jahre im Tübinger Hölderlin-Turm.

Zur Wiedereröffnung - Sonderveranstaltung

Stories from Europe - Fenster zur Welt Fenster-Performances und Konzert Ein Projekt mit dem Ensemble des Thalia Theater Regie Jette Steckel

Wir öffnen wieder unsere Türen. Und in den Fenstern des Thalia Theater am Alstertor performt das Ensemble

kurze Monologe zur (Wieder-)Eröffnung der neuen Spielzeit. Sie spiegeln das Jetzt, schauen nach vorne, aber

auch noch einmal zurück: Wie sieht der Alltag aus, wenn alles auf den Kopf gestellt ist?Die „Stories from Europe“ zeichnen ein Bild Europas in der Pandemie. Menschen, in verschiedenen „gesellschaftsstützenden“ Funktionen, berichten über ihre Arbeit in einer außergewöhnlichen Zeit. Entstanden sind diese Dokumente im

Rahmen eines Projektes des europäischen Theaternetzwerks Mitos 21. Die persönlichen Geschichten der

Interviewten wurden von Dramatikerinnen und Dramatikern wie Tamara Török, Fausto Paravidino oder Thomas

Köck bearbeitet und in kurzen Filmen mit Schauspielerinnen und Schauspielern aus neun unterschiedlichen

Theatern gezeigt.

Vom Ensemble des Thalia Theater werden sie live neu interpretiert. Es entsteht ein vielstimmiges Panorama der

Zeit, auch über Europa hinaus, während und nach der Krise − inszeniert von Jette Steckel.

Die circa 50-minütige Performance mit Live-Musik findet im Anschluss an die Voraufführung von „Ode an die Freiheit“ vor dem Haupteingang des Thalia Theater statt. Der Eintritt ist frei.

Zur Wiedereröffnung des Thalia Theater

Ode an die Freiheit Kabale und Liebe / Maria Stuart / Wilhelm Tell nach Friedrich Schiller Regie Antú Romero Nunes 30. August 2020 Thalia Theater In Schillers „Kabale und Liebe“ dreht der Musikus Miller komplett durch: Tochter Luise hat eine Liaison mit

dem adeligen Ferdinand von Walther. Das Liebesgeplänkel wird zum todernsten Zumutungsspiel im engsten

Familienkreis. Ein Albtraum! Ein Affektrausch, in dem der Vater bestimmt, wie es zu sein hat, da stößt die „freie Liebe“ an ihre Grenzen. Sehr begrenzt ist auch der Raum, in dem sich Maria Stuart bewegt. Seit neunzehn

Jahren in Kerkerhaft befindet sie sich im ewigen Duell mit Elisabeth. Zwei Königinnen, die auf eine Zukunft

ohne die andere hoffen, um endlich frei atmen zu können. „Das ist der Augenblick der Freiheit, wenn jede Angst

des Irdischen von einem abfällt“, sagt Maria Stuart. Frei fühlt sich der arglose Wilhelm Tell, der als Jäger in der

Page 10: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

3

Wildnis lebt und seinem Sohn, das Einmaleins der Freiheit lehrt vor allem in der Natur. Doch dann trifft Tell auf

den Landvogt Gessler und steht inmitten einer Zivilisation, die andere Regelwerke vorsieht. Der arglose Mensch

muss nun eine böse Tat vollbringen.

Friedrich Schiller, so wird vermutet, hätte neben der „Ode an die Freude“ einen weiteren Entwurf des Gedichts

mit dem Titel „Ode an die Freiheit“ entworfen. Schiller gilt jedenfalls als „Apostel der Freiheit“ und sein Werk umkreist auf unterschiedliche Weise den Freiheitsbegriff. Er ist ein Mensch des Vorgriffs. Er erfindet etwas, das

später als Erfahrung gelten kann: „Die Freiheit brütet Kolosse und Extremitäten aus.“

Antú Romero Nunes hat mit dem Ensemble Motive der Schiller-Stücke „Maria Stuart“, „Wilhelm Tell“ und „Kabale und Liebe“ bereits als drei eigenständige Theaterfilme für #thaliadigital inszeniert. Nun folgt die

Premiere des Triptychons über die Freiheit auf der Bühne des Thalia Theater.

Zur Premiere und zu ausgewählten Vorstellungen kann das Publikum an einem Schiller-Walk rund um das

Thalia Theater teilnehmen.

Zur Wiedereröffnung des Thalia Theater

PARADIES fluten / hungern / spielen von Thomas Köck Regie Christopher Rüping Erstaufführung Premiere 5. September 2020 Thalia Theater

Ein ICE rast ungebremst durch Europa. Draußen ziehen Bilder vorbei: Ausbeutung und Selbstausbeutung im

Zeitalter des Kapitalismus. Thomas Köck sammelt und collagiert Szenen von Krisen, Fehleinschätzungen,

versagenden Routinen und Paranoia, die den Alltag bestimmen. Wie von einem Virus wird alles zersetzt und in

Frage gestellt: Mit Mundschutzmaske und Schutzanzug stehen zwei Kinder vor der Tür des Zimmers ihres

Vaters im Krankenhaus. Der Kautschukboom im 19. Jahrhundert prallt auf das Schicksal einer Tänzerin im

Heute. Sie praktiziert die kapitalistische Logik der Selbstoptimierung auf wahnwitzige Weise. In China machen

sich ein Mann und eine Frau auf den Weg, um illegal in Italien einzuwandern, wo sie die gleichen

Arbeitsbedingungen vorfinden wie zuhause: „Made in Italy“. Eine Kriegsreporterin sitzt in einem Luxushotel in der Wüste fest. Eine Frau verlässt ihre Wohnung und fährt aus der Stadt raus, an den sozialen Rand, wo sie

aufgewachsen ist. Draußen auf der Straße, im öffentlichen Raum, riecht es nach Tränengas. Wasserwerfer

werden angeworfen.

Christopher Rüping, der am Thalia Theater Benjamin von Stuckrad-Barres „Panikherz“ für die Bühne adaptierte, inszeniert mit „PARADIES“, eine verdichtete Version von Thomas Köcks „Klimatrilogie“. Der Dramatiker Thomas Köck inszenierte zuletzt am Thalia Theater gemeinsam mit Elsa-Sophie Jach sein Stück „dritte republik“ und wurde für sein Werk mehrfach ausgezeichnet (u.a. Mülheimer Dramatikerpreis 2018 und 2019).

Page 11: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

4

Zur Wiedereröffnung des Thalia Theater

Der Geizige von Molière Regie Leander Haußmann 12. September 2020 Thalia Theater Der reiche Harpagon ist besessen vom Geiz. Gegen alle ökonomische Vernunft bringt er sein Geld nicht in

Umlauf, sondern hortet es bei sich zuhause – nur das liebe Geld verspricht schließlich Sicherheit, besonders in

unsicheren Zeiten! Und weil Harpagon gerade im Privaten die schlimmste Verschwendung wittert, will er seine

Tochter Elise mit dem reichen Witwer Anselme verkuppeln, damit sie ihm nicht länger auf der Tasche liegt. Für

sich selbst setzt er auf eine Verbindung mit der armen und daher sicher genügsamen Mariane, nicht wissend,

dass diese seinen Sohn Cléante liebt.

Nichts und niemand kann den Geizigen bremsen: Sein Geld will er lieber verschlingen, als sich von ihm zu

trennen. Doch seine Kinder, kaum erwachsen, wollen ihren Anteil am väterlichen Kuchen abhaben. Zusammen

mit den anderen Entrechteten und Beleidigten seines Haushalts spinnen sie eine Intrige. Als eine Schatulle samt

kostbarem Inhalt verschwindet, regieren endlich Wahnsinn und Anarchie und Molières subversive Komik kann

sich ungehindert entfalten...

Der Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann hat nach „Cyrano von Bergerac“ zuletzt am Thalia Theater Kleists „Amphitryon“ inszeniert. Jetzt bringt er mit Molières „Der Geizige“ ein Stück auf die Bühne, das schon bei seiner Uraufführung 1668 in Paris aktuell war, hatten sich doch gerade in England, New York und anderswo

jene großen Bankhäuser gegründet, deren Aktienpakete sich immer mal wieder im freien Fall befinden.

Maß für Maß von William Shakespeare Neu übersetzt & bearbeitet von Thomas Melle Regie Stefan Pucher Thalia Theater im Oktober 2020

„Eine amtsmüde Regentin gibt die Macht ab, ohne sie abzugeben, und beobachtet, als Mönch verkleidet, was

passiert. Doch das Sozialexperiment geht bald schief, als der ‚schwedische Odem‘ zu wüten beginnt. Wie

verhalten sich unter diesen Umständen Geilheit und Macht? Wer setzt das Kontaktverbot, wer nutzt es, und vor

allem, fragen sich die Murrenden bald: Wem nützt es? Cui bono, cuius vox? Wer verleugnet da seine Sexualität,

und wer spielt sie umso härter und machthungriger aus? Und wem hatte ich gestern nochmal wessen Leben

versprochen? – ‚A great man once said, everything is about sex. Except sex. Sex is about power.‘“

Thomas Melle

Ist alles recht, was Recht ist? Schafft Gewohnheitsrecht ein neues Recht? Wie lässt sich Gerechtigkeit

herstellen? Und wo verstellt Selbstgerechtigkeit den wahren Gerechtigkeitssinn? Muss ein gerechter Staat stark

sein, um die Freiheitsrechte einer liberalen Gesellschaft zu schützen?

Regisseur Stefan Pucher inszeniert Shakespears black comedy „Maß für Maß“ in einer freien Bearbeitung des Schriftstellers und Dramatikers Thomas Melle („Die Welt im Rücken“), der den Text für das Thalia Theater aus

dem elisabethanischen Zeitalter ins 21. Jahrhundert bringen wird.

Page 12: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

5

Network Von Lee Hall nach dem Film von Paddy Chayevsky Regie Jan Bosse Deutsche Erstaufführung Thalia Theater im Oktober 2020

„Ich bin scheiß-wütend und hab die Schnauze voll.“

Howard Beale, Moderator bei einem großen amerikanischen Nachrichten-Network, ist nicht gerade ein

Quotenkönig. Nachdem der Sender kurzerhand entscheidet, ihn durch einen jüngeren Kollegen zu ersetzen, sieht

er die Stunde der Wahrheit gekommen: vor laufender Kamera kündigt er seinem Publikum an, sich in der

nächsten Sendung – seiner letzten – als Konsequenz seiner Absetzung das Hirn rauszupusten. Für den Sender

eine Katastrophe, möchte man meinen, und völlig untragbar. Doch ein Blick auf die Quote und das Medienecho

zerschlägt alle Zweifel: Binnen weniger Sekunden ist Howard Beale ein Star geworden! Da seriöse Nachrichten

mit ihm nicht mehr zu machen sind, wird ihm kurzerhand ein Sendeplatz als populistischer Prediger der

wütenden, ungehörten Masse eingeräumt – und Howard liefert!

In „Network“ wird eine dystopische Medienlandschaft gezeigt, in der Meinungen Tatsachen übertrumpfen. Die

Parallelen zu heute sind dabei geradezu atemberaubend. Der gleichnamige Film von Paddy Chayefsky erhielt

1976 vier Oscars. Lee Hall („Billy Elliot“, „Shakespeare in Love“) adaptierte das Drehbuch für den Broadway in NYC.

Pippi Langstrumpf Eine Geschichte für „alle groß und klein“ von Astrid Lindgren Regie Jette Steckel Thalia Theater im November 2020 Als Pippi Langstrumpf ohne Eltern in die Villa Kunterbunt einzieht, wird das Leben der Nachbarskinder Tommy

und Annika völlig auf den Kopf gestellt. Pippi hat nicht nur einen Koffer voll Gold, ihr Pferd Kleiner Onkel und

den Affen Herr Nilsson dabei - sie ist auch das stärkste Mädchen, das es gibt und macht sich die Welt, wie sie ihr

gefällt.

Pippi Langstrumpf ist für viele Kinder und Erwachsene zu Kultfigur und Vorbild geworden. Seit 75 Jahren

verkörpert sie die Sehnsucht nach Unangepasstheit und Stärke, aber vor allem nach Freiheit, von der ihre

Erfinderin Astrid Lindgren einmal sagte: „Freiheit bedeutet, dass man seine Meinung sagen kann und und dass

man nicht alles so machen muss wie alle anderen Menschen auch.“

Pippi lebt ganz selbstverständlich nach ihren eigenen Regeln und will trotzdem nicht anecken. Vordenkende,

Freigeister und gleichzeitig den sozialen Halt - etwas, das wir in diesen Zeiten vielleicht mehr brauchen, denn je?

Grundsätzlich gilt: Wunsch und Wirklichkeit! Wer die Welt uminterpretiert, kann sie auch verändern.

Jette Steckel inszeniert die Geschichten einer einzigartigen Heldin und Freundin als phantasievolle Reise für uns

alle: „alle groß und klein la-la-lad ich zu mir ein.“

Page 13: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

6

IBSEN-KOMPLEX oder der Kampf um die Wahrheit nach Henrik Ibsen Regie Thorleifur Örn Arnarsson Thalia Theater im Dezember 2020 Die Sehnsucht nach Wahrheiten wird in unserer Gegenwart immer größer. Je weniger es verlässliche Wahrheiten

zu geben scheint, umso drängender werden sie eingefodert. Nicht selten verkommen sie dabei zum Handelsgut

politischer und gesellschaftlicher Interessen. Polemik, Verdrehungen, Populismus und Lügen bestimmen den

Kampf um das Wahre und Richtige. Politische Wahrheiten, wissenschaftliche Wahrheiten, persönliche

Wahrheiten – sie alle konkurrieren miteinander und führen zu Verwerfungen und Verunsicherung in der

Bevölkerung. Wem sollen wir noch glauben?

Henrik Ibsen ist der Spezialist für das Ringen um gesellschaftliche wie private Wahrheit und ihre wechselseitige

Durchdringung. Seine Dramen erzählen in unterschiedlichsten Facetten von persönlichen und

existenzvernichtenden Auseinandersetzungen um dieses vermeintlich höchste Gut.

Thorleifur Örn Arnarsson konzentriert sich in „IBSEN-KOMPLEX“ auf das Lebensthema des norwegischen Dramatikers – es findet sich in der „Wildente“, in „Nora“, im „Volksfeind“,„Klein Eyolf“ und anderen Stücken. Der isländische Regisseur ist zurzeit Schauspieldirektor an der Berliner Volksbühne, inszeniert am Burgtheater

in Wien und jetzt erstmals auch am Thalia Theater.

Herkunft von Saša Stanišić Regie Sebastian Nübling Thalia Gaußstraße im Dezember 2020

„‚Herkunft‘ ist ein Buch über den ersten Zufall unserer Biografie: irgendwo geboren werden. Und was danach

kommt. ‚Herkunft‘ ist ein Buch über ein Dorf, in dem nur noch dreizehn Menschen leben, ein Land, das es heute

nicht mehr gibt, eine zersplitterte Familie, die meine ist. Es ist ein Buch über die Frage, was zu mir gehört, ein

Selbstporträt mit Ahnen. Und ein Scheitern des Selbstporträts. ‚Herkunft‘ ist ein Abschied von meiner dementen

Großmutter. Während ich Erinnerungen sammle, verliert sie ihre. ‚Herkunft‘ ist ein Buch über meine Heimaten,

in der Erinnerung und der Erfindung. Ein Buch über Sprache und Scham, Ankommen und Zurechtkommen,

Glück und Tod.“

Dies schreibt Stanišić, eine der sprachmächtigsten und eigenwilligsten Stimmen der deutschen

Gegenwartsliteratur, über seinen 2019 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman. Aus einem

Lebenslauf für die Ausländerbehörde wird eine große, autofiktionale Erzählung, die alle vereinfachenden

Diskurse zum Thema Heimat und Identität hinter sich lässt. ‚Herkunft‘ gibt es hier nur im Plural, als zersplitterte

Erinnerungen, als Fragment und Fiktion, als Spiel verschiedener Möglichkeiten, von denen die am Ende

geglückte Ankunft – angesichts der mittlerweile sogar wählbaren menschenverachtenden Ausgrenzungspolitiken

– eigentlich die unwahrscheinlichste Variante ist.

Saša Stanišić wurde1978 in Višegrad geboren. Dass man einmal von ihm sagen würde, er stamme aus Bosnien,

war zum Zeitpunkt seiner Geburt keinesfalls ausgemacht. Er kam in einem Land zur Welt, das nicht mehr

existiert: Jugoslawien. Als der Vielvölkerstaat auseinanderbrach, gelang der Familie 1992 die Flucht nach

Deutschland. Heute lebt Stanišić in Hamburg. Sein in der Uckermark spielender Roman „Vor dem Fest“ wurde 2019 von Charlotte Sprenger auf die Bühne des Thalia in der Gaußstraße gebracht. Hier kommt nun auch

„Herkunft“ zur Aufführung, in der Regie von Sebastian Nübling, der am Thalia zuletzt Navid Kermanis „Die Nacht der von Neil Young Getöteten“ als musikalischen Trip inszenierte.

Page 14: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

7

Shockheaded Peter Junk-Oper von den Tiger Lillies, Julian Crouch & Phelim McDermott Regie Peter Jordan und Leonhard Koppelmann Thalia Theater im Dezember 2020

Wer nicht hören will, muss fühlen! Die Kinder aus der Welt des „Shockheaded Peter“, wie der Suppen-Kaspar,

der Zappel-Philipp und Hans Guck-in-die-Luft, wollen nicht gehorchen – sie lehnen Autoritäten ab, und

begehren auf gegen den vorauseilenden Gehorsam. Verstoßen und verdrängt leben sie zusammengepfercht

irgendwo im Abseits der Gesellschaft: Dort sind sie auf sich allein gestellt. Zwischen Anarchie und

Selbstdisziplin erziehen sie sich gegenseitig – aber wer bestimmt hier eigentlich was richtig ist, und was falsch?

In komischen und surrealen Bild- und Musikwelten wird das Ensemble des Thalia Theater zum Schrecken der

Artigen und Braven. Zwischen Slaptstick und Groteske erzählen sie die Horror-Geschichten um den

Ungekämmten mit den langen Fingernägeln. Und ihre Musik ist live – arrangiert im schräg-makabren Stil der

britischen Band „Tiger Lillies“ – zwischen Punk, Kunstmusik, Vaudeville, Blues und Falsett-Gesang.

Nach „Die drei Musketiere“ im Thalia Zelt inszenieren das Regie-Duo Leonhard Koppelmann und Peter Jordan

das zweite Mal am Thalia Theater. Der Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Peter Jordan steht außerdem seit

fast 20 Jahren mit „Thalia Vista Social Club“ auf der Thalia-Bühne.

State of Affairs Ein neues Projekt von Yael Ronen Regie Yael Ronen Uraufführung Thalia Theater im Januar 2021

Bleibt jetzt alles, wie es ist, oder geht hier gerade etwas zu Ende?

Jede Krise zeigt, dass das Leben von grundlegender Ungewissheit und sich widersprechenden Realitäten geprägt

ist. Vielleicht lässt sich eine kurzfristige Aufhebung der Normalität auch deswegen so schwer aushalten, weil

ihre langfristigen Auswirkungen kaum zu überblicken sind. Was kommt nach dem Ausnahmezustand, dem

„State of Emergency“?

„State of Affairs“ ist eine direkte künstlerische Auseinandersetzung mit der Situation, in der wir uns, auch als Gesellschaft, zu Beginn der Proben im kommenden November befinden werden – und fragt vor allem danach,

wie es um den „(Ab)Stand der Beziehungen“ bestellt ist. Zwischenmenschlich und politisch: Wie sieht sie aus, die neue Nähe? Gibt es ein kollektives „Wir“ und was verbindet „Uns“ innerhalb eines Europa, das sich zwischen Solidarität, Offenheit und Abgrenzung aufreibt.

Die israelische Regisseurin und Autorin Yael Ronen ist bekannt für ihre originellen und humorvollprovokanten

Stückentwicklungen zu aktuellen Kontroversen. Nach ihrer ersten Inszenierung am Thalia Theater

„(R)Evolution. Eine Anleitung zum Überleben im 21. Jahrhundert“ setzt sie mit „State of Affairs“ ihre Recherche zu zukünftigen Herausforderungen der menschlichen Zivilisation fort.

Koproduktion mit dem Maxim Gorki Theater Berlin

Page 15: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

8

Der Tod in Venedig von Thomas Mann Regie Bastian Kraft Thalia Gaußstraße im Januar 2021

„Wer außer sich ist, verabscheut nichts mehr, als wieder in sich zu gehen.“

Die Cholera geht um. Unauffällig versucht man, Venedigs Straßen zu desinfizieren. Heimlich wird abgewogen

zwischen Seuchenschutz und den Interessen von Fremdengewerbe und kürzlich er öffneter Gemäldeausstellung.

Verlässliche Auskünfte über Infektionszahlen gibt es nicht, doch das Gerücht einer bevorstehenden Sperre

kursiert unter den Einheimischen.

Die internationale Bohème, die im Grand Hotel die Sommerfrische genießt, ahnt nichts von der Gefahr.

Wohlhabende Franzosen, Polen, Russen, Engländer und Deutsche genießen zwischen Strand

und Speisesaal das dekadente Leben am Lido. Der bürgerliche Schriftsteller Gustav von Aschenbach entdeckt im

polnischen Jungen Tadzio den Inbegriff von Schönheit und Vergänglichkeit. Fatalistisch verliert sich der seriöse

Deutsche in dieser letzten selbstzerstörerischen Leidenschaft. Als er von der Epidemie erfährt, beschließt auch

er, zu schweigen: angezogen vom Ausnahmezustand, dem „phantastischen Grauen“ der Seuche, diesem „schlimmen Geheimnis der Stadt, das mit seinem eigensten Geheimnis verschmolz und an dessen Bewahrung

auch ihm sehr gelegen war“. Zeit seines Lebens auf Würde und Disziplin bedacht, wirft er seine Selbstachtung

und Moral über Bord und gibt sich dem Verfall hin.

Bastian Kraft inszenierte am Thalia Theater u.a. „Amerika“ nach Franz Kafka, „Der zerbrochne Krug“,

ausgezeichnet mit dem RolfMares Preis) und „Dancer in the Dark“. Immer wieder adaptierte er bedeutende

Romane für die Bühne, beispielsweise Dostojewskis „Schuld und Sühne“ (Frankfurt) und Thomas Manns „Die Buddenbrooks“ (Zürich) und „Felix Krull“ (Volkstheater München).

Mittagsstunde von Dörte Hansen Regie Anna-Sophie Mahler Uraufführung Thalia Theater im Februar 2021

„De Welt geiht ünner“, sagte Marret Feddersen. Seit die Landvermesser zur Flurbereinigung kamen, veränderte sich Brinkebüll. Aus kleinen Feldern wurden große Ackerflächen und aus Sandwegen Asphaltstraßen. „Das ganze Enge, Schiefe und Beschränkte, das Verwinkelte und Zugewachsene, das Umständliche“ wurde abgeräumt. Als die Landvermesser Brinkebüll wieder verließen, war Marret Feddersen schwanger. So kam

Ingwer auf die Welt. Weil Marret leicht „verdreiht“ war, kümmerten sich die Großeltern um den Jungen. Früh stand Ingwer mit Großvater Sönke hinter dem Tresen des Dorfkrugs, den er später einmal übernehmen sollte.

Aber Ingwer verließ das Dorf, um in der Stadt zu studieren. Mit bald 50 kehrt er zurück, um die Großeltern zu

pflegen und sein eigenes Leben neu zu sortieren. Im Dorfkrug erinnert er sich an die Zeit, als er auf Marrets

Füßen stand und sie Schlager sang. Ohrwürmer, die von Tränen, Träumen und gebrochenen Herzen handelten.

„Wir wollen niemals auseinandergehn.“

„Die norddeutsche Tiefebene zwischen Hamburg und Küste hat eine literarische Stimme, die die Leserinnen und

Leser zu Hunderttausenden begeistert“ (Der Spiegel) und Kritiker von einem „literarischen Ereignis“ sprechen lässt: Die Autorin Dörte Hansen aus Husum, die nach „Altes Land“ mit „Mittagsstunde“ vom Verschwinden der

ländlichen Welt erzählt. Es ist ein Roman über das fiktive norddeutsche Dorf Brinkebüll, das den Strukturwandel

in der modernen Landwirtschaft in den 1960er Jahren erlebt. Dörte Hansen sagt: „Es endet das Zeitalter der

Page 16: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

9

Sesshaftigkeit. Aus dem lebendigen Kosmos Dorf ist ein Schlafort geworden, wo man heute nichts mehr machen

kann, nicht mehr zur Schule geht, nicht mehr einkaufen kann, sich nicht mal mehr im Gasthof betrinkt.“

Schauspiel- und Opernregisseurin Anna-Sophie Mahler, die 2016 mit Ihrer Inszenierung von Josef Bierbichlers

Roman „Mittelreich“ zum Berliner Theatertreffen eingeladen war, wird „Mittagsstunde“ für die Bühne des Thalia Theater adaptieren.

Ein Blick von der Brücke von Arthur Miller Regie Hakan Savaș Mican Thalia Gaußstraße im Februar 2021

Ein Mann dreht durch. Im Leben des Hafenarbeiters Eddie Carbone lief lange alles ganz gut. Aus Italien

stammend, hat er sich mit seiner Frau Beatrice und seiner Nichte Catherine im New York der 50er Jahre

durchgebissen, ein starker, stolzer Amerikaner. Als er – Ehrensache – zwei illegal eingewanderte Verwandte aus

Sizilien, Rodolfo und Marco, bei sich aufnimmt, gerät sein Leben außer Kontrolle. Denn Catherine will frei sein

und verliebt sich in Rodolfo. Und auch Beatrice scheint ihren Mann kaum noch als Familienoberhaupt zu

respektieren. Eddie versteht die Welt nicht mehr. Eifersucht, verlorenes Ehrgefühl, Verrat – mit großer Wut

wendet er sich gegen die Neuankömmlinge, die bei ihm Schutz gesucht haben.

Arthur Miller, Sohn einer polnisch-jüdischen Familie, die aus Europa in die USA kam, ist mit seinen

zeitkritischen Dramen bis heute auf den Bühnen der Welt präsent. Wie schon in „Tod eines Handlungsreisenden“ erzählt Miller in „Blick von der Brücke“ von der Krise eines Mannes, dessen Weltbild in

seinen Grundfesten erschüttert wird. Aus Angst vor Verlust und Veränderung flieht sein tragischer Held Eddie

Carbone vor der eigenen Wahrheit und reißt die, die er liebt, mit in den Abgrund.

Nach seiner erfolgreichen Inszenierung „Vögel“ wird Regisseur Hakan Savaș Mican zum zweiten Mal mit dem

Thalia-Ensemble arbeiten und Arthur Millers selten gespieltes Drama mit jener Liebe zum italienischen Schlager

auf die Bühne bringen, die die erste und zweite Generation der Eingewanderten verbindet.

Die Jakobsbücher von Olga Tokarczuk Regie Ewelina Marciniak Deutschsprachige Erstaufführung Thalia Theater im März 2021 „Eine große Reise über sieben Grenzen, durch fünf Sprachen und drei große Religionen, die kleinen nicht

mitgerechnet“ – so lautet der Untertitel der „Jakobsbücher“ von Olga Tokarczuk. Die Literatur-Nobel-

preisträgerin überschreitet in ihrem Opus magnum die Grenzen von Ländern und Religionen und sprengt sie. Im

Zentrum steht der charismatische Religionsführer Jakob Frank, der fest entschlossen war, sein Volk, die Juden

Osteuropas, für die Moderne zu öffnen. Von seiner Gefolgschaft wird er als Messias verehrt, von der

katholischen Kirche der Ketzerei beschuldigt und verfolgt. Er muss aus Polen fliehen, zieht durch Europa und

wechselt vom Judentum zum Islam und schließlich zum Christentum. Er führt ein multi-religiöses Leben,

durchstreift Städte wie Bukarest, Istanbul, Thessaloniki, Warschau, Lemberg und Offenbach, spricht Hebräisch,

Ladino, Türkisch und Polnisch. Als Sektenführer schart er tausende Menschen um sich und macht sich tausende

zum Feind. Sie alle erzählen die unglaubliche Lebensgeschichte dieses Grenzgängers, den es weder bei einer

Religion noch lange an einem Ort hielt.

Page 17: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

10

2019 in Deutschland erschienen und von der Kritik bejubelt, brachte der historische Roman seiner Autorin in

ihrer Heimat Polen auch Anfeindungen und Morddrohungen ein, denn obwohl im 18. Jahrhundert angesiedelt,

kann er als Gegenwartskommentar gelesen werden.

Die polnische Regisseurin Ewelina Marciniak wurde mit ihrer Thalia-Inszenierung „Der Boxer“ zum renommierten Nachwuchsfestival „Radikal jung“ eingeladen. 2016 hat sie schon einmal „Die Jakobsbücher“, viel beachtet und in engem Kontakt mit der Autorin, in Warschau inszeniert. Im Zentrum stand damals eine

weiblich-feministische Perspektive. Nun will sie den opulenten Stoff neu aufrollen: als eine europäische

Geschichte von Migration, Menschenrechten, Klassenunterschieden und sozialer Revolution.

Drei Schwestern von Anton Tschechow Regie Mateja Koležnik Thalia Theater im Mai 2021

Das Leben ist immer anderswo. Im Gestern oder im Morgen, jedenfalls an einem anderen Ort und in einer

anderen Zeit als im Hier und Jetzt, in dem man genauso feststeckt wie in der Provinz, in die sich alle zu Unrecht

verschlagen fühlen. Und in der sich die drei Schwestern Irina, Mascha und Olga wiederfinden zwischen

Heimweh nach der Kindheit und Fernweh „Nach Moskau! Nach Moskau!“. Sie träumen von einer sinnvolleren

Arbeit, einer größeren Liebe, einer besseren Gesellschaft. Sie alle sind virtuos im aneinander Vorbeireden und

lieben. Sie leben ihr jetziges Leben, als wäre es ein Provisorium, eine Skizze in einer Kladde als Vorstudie für

das Eigentliche, was noch folgt. Aber es gibt kein zweites Leben, kein alles auf Anfang und noch einmal von

vorn. Mit der unerbittlich vergehenden Zeit wächst die Verzweiflung, die Panik.

„Sie sagen: das Leben ist schön. Ja, aber wenn es nur so erscheint. Für uns, drei Schwestern, war das Leben noch nicht schön, es hat uns überwuchert wie Unkraut.“ Die Frage, „Wie wollen wir in Zukunft leben?“, die sich alle in Tschechows „Drei Schwestern“ so unablässig wie ergebnisoffen stellen, hat auch mehr als hundert Jahre

später nichts an Dringlichkeit verloren. „Wir müssen arbeiten!“ sagt Irina, die Jüngste, immer wieder. „Don’t cry, work!“ sagt Rainald Goetz dazu. Ja, wenn das so einfach wäre.

Die vielfach ausgezeichnete slowenische Regisseurin Mateja Koležnik, die u.a. an Theatern in Ljubljana,

Maribor, Zagreb, Basel, München und Wien inszeniert hat, führt mit Tschechows „Drei Schwestern“ zum ersten

Mal Regie am Thalia Theater.

Page 18: Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia … Spielzeit... · 2020-06-17 · Spielzeit 2020&2021 Wiedereröffnung und Premieren im Thalia Theater Thalia Wiedereröffnung

11

In Planung

Blödigkeit. Ein Herzzentrum über Hölderlin von & mit Navid Kermani Szenische Einrichtung Jette Steckel Kinder- und jugendpsychiatrische Fachklinik, Marzipanfabrik in Bahrenfeld im Januar 2021

Seit 2012 verbindet das Thalia Theater und sein Ensemble eine Zusammenarbeit und Freundschaft mit dem

Schriftsteller Navid Kermani. In bislang elf Folgen hat sich nahezu das gesamte Ensemble mit Kermanis Texten

und Gedanken an für das Theater ungewöhnliche Orte (z.B. auf ein Riesenrad, in eine Moschee, eine

Flüchtlingsunterkunft und ein Laufhaus auf der Reeperbahn) begeben.

Im Rahmen der Lessingtage bespielen wir 2021 die Fachklinik Marzipanfabrik in Hamburg Bahrenfeld. Die neu

eröffnete psychiatrische Einrichtung bietet stationäre und tagesklinische Behandlungsplätze für Kinder,

Jugendliche und Heranwachsende. Gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten, dem Therapie und

Pflegepersonal sowie Klinikleiter Professor Michael Schulte-Markwort („Familienjahre“), experimentiert und spielt das Ensemble des Thalia Theaters mit Texten und Gedichten von Friedrich Hölderlin. Damit verbinden

sich Kinder und Jugendseelen mit Hölderlin, der immer so nah war am Seelenleid.

Textgrundlage ist Navid Kermanis neuestes Buch „Bald sind wir aber Gesang“, eine HölderlinEdition, die über

die berühmten Gedichte hinausgeht und außer den Dichter auch den Roman und Dramenautor,

Literaturtheoretiker, Briefeschreiber, Liebhaber, Propheten, Mystiker und Wahnsinnigen in der ganzen Breite

seines Schaffens erschließt.

In Planung

Paradiesische Bauten von Peter Thiers Regie Peter Thiers Uraufführung Thalia Gaußstraße (Garage)

Der Druck auf Theo Baldachin wächst: Dem einst gefeierten Makler geht die Zeit aus. Früher dafür bekannt,

dass er hoffnungslose Wohnobjekte innerhalb kürzester Zeit zum Vertragsabschluss führen kann, wartet

Baldachin nun zwischen den kalten Mauern einer ehemaligen Garage auf mögliche Mietinteressierte. Aber wer

möchte schon in eine Garage ziehen? Sein Arbeitgeber, der Immobilienkonzern Paradise, stellt dem

angeschlagenen Makler ein Ultimatum: entweder es gelingt Baldachin, die heruntergekommene Wohnung ad

hoc zu vermieten, oder er muss seinen Hut nehmen. Während Baldachin darauf hofft, dass die Wohnungsnot ihm

in die Hände spielt, schmieden die Wohnungssuchenden in der Zwischenzeit eigene Pläne.

Wohnraum ist ein Existenzbedürfnis – auf einer Stufe mit Nahrung, Wasser, Kleidung, Beschäftigung und

medizinischer Versorgung. Wie reagieren Menschen, wenn ihnen ihre Existenzgrundlage entzogen wird? Wie

weit sind sie bereit zu gehen? In der Garage des Thalia Theater, die sich in Ottensen befindet, einem Hotspot des

Hamburger Immobilienmarkts, exemplifiziert Autor und Regisseur Peter Thiers, was es bedeutet, wenn

Wohnraum in der Stadt zur Beute wird.

Peter Thiers wurde für sein Debüt „Warten auf Sturm“ mit dem Kleist Förderpreis für junge Dramatik

ausgezeichnet. In der Reihe Junge Regie bringt er sein Stück „Paradiesische Bauten“ zur Uraufführung.