schwierige mitarbeiter wahrnehmung und bewältigung von psychisch bedingten problemsituationen durch...
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„Schwierige“ Mitarbeiter
Wahrnehmung und Bewältigung von psychisch bedingten Problemsituationen durch Vorgesetzte und Personalverantwortliche
Niklas Baer
Mitgliederanlasse 2013
18.9.2013, Zürich, jobtv medienwerkstatt
Niklas Baer, Psychiatrie BL 2
Warum sind «schwierige» Mitarbeitende ein Thema?
Haben psychische Störungen zugenommen?
Schadet Erwerbstätigkeit der psychischen Gesundheit?
Spezifische Erschwernisse bei psychischen Krankheiten
Umfeldbezogen
Krankheitsbezogen
Personbezogen
Dynamik am Arbeitsplatz
Hinweise für die Praxis
Inhalt
Immer mehr psychisch bedingte Invalidisierungen
Niklas Baer, Psychiatrie BL 3
Absenzen… und vor allem reduzierte Produktivität
Incidence of absenteeism and presenteeism (in percentage) and average absence duration (in days), by mental-health status, average over 21 European OECD countries in 2010
OECD (2012), Sick on the Job? Myths and Realities about Mental Health and Work. OECD Publishing, Paris.
Niklas Baer, Psychiatrie BL 4
«Wie häufig haben Sie negative Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Angst oder Depressionen?»
Baer, N., Schuler, D., et al. (2013)
Haben psychische Störungen zugenommen?
Niklas Baer, Psychiatrie BL 5
Erwerbstätige gesunden rascher
Datenquelle: Amsler et al., 2010, Befragung niedergelassener Psychiater im Kanton Bern
Grenzfall/leicht krank: n=5; mässig krank: n=27; deutlich krank: n=92; (extrem) schwer krank: n=56
Behandlungsdauer (Total der effektiven bisherigen und der voraussichtlichen künftigen Behandlungsdauer) depressiver Patienten in der psychiatrischen Praxis in Monaten, nach Erwerbsstatus und Schweregrad 2009, in Prozent
Niklas Baer, Psychiatrie BL 6
Baer, N., Schuler, D., et al. (2013)
Erwerbstätige gesunden besser
Datenquelle: Amsler et al., 2010, Befragung niedergelassener Psychiater im Kanton Bern
Leicht-mässig krank: n=32; deutlich krank: n=92; (extrem) schwer krank: n=56
Verbesserung der Funktionsfähigkeit (GAF-Punkte; 0-100) seit Behandlungsbeginn nach Erwerbsstatus und Schweregrad 2009, in Prozent
Niklas Baer, Psychiatrie BL 7
Baer, N., Schuler, D., et al. (2013)
95%
85%78%
70%64%
58%51%
73%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%Erfolgreich eingegliedert (BSV-Statistik) "Erfolgreich Eingegliederte": Effektive Situation
(IV-Dossieranalyse, Baer, Frick & Fasel 2009)
31%
20%
17%
11%
10%
9%
3%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
erwerbstätig
IV-Rente, IV-Rentenprüfung, IV-Arbplatz
Ausbildung, Schule, IV-Massnahme
Kontakt verloren, unklar
RAV, Sozialhilfe
Krankheit, Unfall, Hospitalisation,Entzug, Tod
Haushalt, Familie, anderes
Wirksamkeit von EingliederungsmassnahmenDaten des Schweiz. Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) zur Wirksamkeit beruflicher Integrationsmassnahmen
Wie wichtig waren folgende Eigenschaften bei der letzten Anstellung?
Befragung von 750 KMU in BL, 2006 (Baer et al., 2007)
6.7
6.6
6.5
6.5
6.3
6.2
6.1
6
5.9
5.8
1 2 3 4 5 6 7
Zuverlässigkeit
Sorgfalt
Einsatzbereitschaft
Selbständigkeit
Belastbarkeit
Freundlichkeit
Teamfähigkeit
Pünktlichkeit
Berechenbarkeit
Kritikfähigkeit
Niklas Baer, Psychiatrie BL 9
Wen würden Arbeitgeber anstellen?
Nicht sehr zuverlässig, nicht sehr leistungsbereit
GesundI
AlkoholabhängigkeitH
HarnblasenkrebsG
DepressionF
RheumaE
Diabetes mit InsulinpflichtD
SchizophrenieC
Chronische DarmentzündungB
Multiple SkleroseA
Rang 1-9
InformationenDiagnose
sehr zuverlässig, sehr leistungsbereit
Niklas Baer, Psychiatrie BL 10
Ranking der Arbeitgeber
2.6
2.8
3.8
4.0
4.8
6.0
6.1
7.4
7.4
1 2 3 4 5 6 7 8 9
gesund, unzuverlässig
insulinpflichtiger Diabetes
Rheuma
chronische Darmentzündung
Harnblasenkrebs
Multiple Sklerose
Depression
Schizophrenie
Alkoholabhängigkeit
Durchschnittlicher Rangplatz
Befragung von 750 KMU in BL, 2006 (Baer et al., 2007)
Niklas Baer, Psychiatrie BL 11
Ranking der Patienten
3
4.3
4.3
4.6
5.2
5.3
5.5
6.4
6.5
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Diabetes
Darmentzündung
Rheuma
Depression
Gesund, unzuverlässig
Multiple Sklerose
Harnblasenkrebs
Schizophrenie
Alkoholabhängigkeit
Durchschnittlicher RangplatzBefragung von 166 Klinik- und Tagesklinikpatienten BL, 2007
Niklas Baer, Psychiatrie BL 12
Tiefgreifende Verunsicherung der Betroffenen
Niklas Baer, Psychiatrie BL 13
Starke Ängste depressiver Personen am Arbeitsplatz, Häufigkeit verschiedener arbeitsplatzbezogener Erlebensweisen nach depressiven Symptomen 2007, in Prozent (Erwerbstätige, 18-64 Jahre)
Baer et al., 2013
Arbeitsprobleme haben oft eine lange Geschichte
Erstanmeldung bei der IV
Psychische Ersterkrankung
18 17 10 2545
66
97
124 133 133
106
58
190
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
0-5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65
Alter bei IV-Erstanmeldung
24
156
188
2742
53
79 7353 59 56
21 20
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
0-5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65
Alter bei Ersterkrankung
15 Jahre
Niklas Baer, Psychiatrie BL 14
Baer, N., Frick, U., Fasel, T. (2009)
Niklas Baer, Psychiatrie BL 15
Beginn psychischer Störungen (Forschungsstand)
Ersterkrankungsalter (Median)
Ersterkrankungsalter(25.-75. Perzentil)
Angststörungen 11 6 -21Depressionen 30 18 - 43Impulskontrollstörungen 11 7 - 15Substanzabhängigkeit 20 18 - 27Irgendeine psychische Störung 14 7 - 24
Jahre
Prevalence and age of onset of mental disorders, United States, 2001-03 (Kessler et al., 2005)
Die wichtigsten Diagnosen für eine IV-Rente
256
124
105
39
34
31
28
27
25
20
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280
Persönlichkeitsstörung
rezidivierende Depression
somatoforme Störung
somatische Erkrankung
Schizophrenie
Ängste
Polytoxikomanie
Belastungsstörung
Alkohol
Neurasthenie
Niklas Baer, Psychiatrie BL 16
Baer, N., Frick, U., Fasel, T. (2009)
Niklas Baer, Psychiatrie BL 17
Persönlichkeitsstörungen
Beginn spätestens im Jugendalter
Verhalten ist unangepasst und unflexibel (überall dasselbe Muster)
Verhalten ist tief verwurzelt und andauernd
Wenig Einsicht
Erhebliches Leiden (der Betroffenen und der Umwelt)
Erhebliche Funktionseinschränkungen
Niklas Baer, Psychiatrie BL 18
Spitznamen für „schwierige“ Mitarbeiter
Aggressiv
offensiv
Giftig
böse
Instabil Manisch nervös
Depressiv Angeberisch Zwang-haft
ängstlich
Undiszi-pliniert
Domina
Aggressor
Destroy
Danger
KungFu
Rambo
Bissig
Giftzwerg
Hexe
Kröte
Skorpion
Schlange
Achterbahn
Chameleon
Chaotin
Labilchen
JoJo
Launisch
Nervoso
Speedy
Suppehuen
Zappel
Hektisch
Wirbel
Depri
Down
Heulsuse
Kummer
Sorgenfalte
Traurig
Besserwisser
Primadonna
Blender
Guru
Wichtig
King
Genau
Angsthas
Komplex
Steif
Stur
Intro
Späti
Faultier
Viertel ab Achti
Lama
Spät
Dumm unge-schickt
Mühsam Negativ Unehrlich Seltsam Süchtig Aufge-stellt
fröhlich
Umgäng-lich
nett
Brainy
Spaski
Lapi
Fläsche
Halbschuh
Pflaume
Tschumpeli
Nervensäge
Quälgeist
Mühsam
Schwierig
Intensiv
Tam Tam
Ärger
Griesgram
Mauli
Motzki
Mekker
Nörgeli
Stinker
Muhler
Faules Ei
Klauer
Lüge
Treulos
Märlitante
Filou
Larve
Eigenbrötler
Gnom
Komisch
Psycho
Seltsam
Knorrli
Anders
Alki
Haschi
Joint
Kater
Suffi
Durst
Blau
Flott
Freudig
Funny
Happy
Sünneli
Munter
Lustig
Ängeli
Goldig
Gutherz
Herzig
Lieb
Nett
Umgänglich
Niklas Baer, Psychiatrie BL 19
Verhalten der „schwierigen“ Mitarbeiter
Niklas Baer, Psychiatrie BL 20
Typen „schwieriger“ MitarbeitendenTyp 1: Depression, Burnout (13%)
- keine Eigeninitiative - Konzentrationsprobleme- konnte Dinge nicht anpacken - kein Selbstvertrauen- passiv - unverhältnismässig viele Überstunden
Typ 2: „Charakterprobleme“ und Leistungsprobleme (13%)- stritt Fehler ab, gab immer den anderen Schuld - brachte Aufgaben nicht zu Ende- entwertete Arbeitskollegen - vergass häufig Dinge- aufmüpfig bei Anweisungen
Typ 3: nur Leistungsversagen (19%)- vergass häufig Dinge - brachte Aufgaben nicht zu Ende- Konzentrationsprobleme
Typ 4: „Charakterprobleme“ – gute Leistung (23%)- stritt Fehler ab, gab immer den anderen Schuld - entwertete Arbeitskollegen- war sehr launisch und unberechenbar - aufmüpfig bei Anweisungen- entwertete Vorgesetzte - rastete bei Kritik völlig aus
Typ 5: Isolierte psychische Probleme, geringe Gesamtbelastung (32%)
Niklas Baer, Psychiatrie BL 21
Probleme werden früh bemerkt, aber erst spät bewusst realisiert
2.9
10.6
17.614.3
25.3
29.4
34.9
9.27.5 8.7
16.3
23.4
0
5
10
15
20
25
30
35
40
vorStellenantritt
seitStellenantritt
< 6 Monatenach Antritt
6-12 Monatenach Antritt
1-2 Jahre nachAntritt
3-5 Jahre nachAntritt
Problem erstmals wahrgenommen rückblickender Problembeginn
Niklas Baer, Psychiatrie BL 22
Absenzen sind ein schlechtes Warnsignal
20%27% 32%
49%59%
30% 19%19%
15%9%
49% 54% 49%36% 33%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
im weiteren Verlaufsehr frühüberhaupt nicht
Niklas Baer, Psychiatrie BL 23
Wie intervenieren Vorgesetzte und HR?
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
Niklas Baer, Psychiatrie BL 24
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Gespräc
he, persö
nlich unterst
ützt
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n unterst
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Kontakt
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externe St
ellen be
igezo
gen
zu Ausze
it geraten
Gespräc
h mit A
ngehörig
en
Aktivismus zuwarten Leistung einfordern professionelle Hilfe
Aktivismus 15%
Zuwarten 24%
Leistung einfordern 47%
professionelle Hilfe 14%
4 Cheftypen
Niklas Baer, Psychiatrie BL 25
Viel Ablehnung und Stress, wenig Hilfsbereitschaft – wie Teams reagieren
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Hilfsbereitschaft
Ambivalenz, Verunsicherung, Stress
Ablehnung, Ärger, Wut
Hilfsbereitschaft 33%
Ambivalenz, Verunsicherung, Stress 21%
Ablehnung, Ärger, Wut 46%
Niklas Baer, Psychiatrie BL 26
Konnte das Problem gelöst werden?
Aktuelle Wahrnehmung des Problems - nach Status des Arbeitsverhältnis
84.6% 83.5%68.0%
10.6%
15.4% 16.5%32.0%
89.4%
0%
10%
20%
30%
40%
50%60%
70%
80%
90%
100%
verschärft (4.3%) unverändert(23.2%)
verbessert(28.2%)
gelöst (44.2%)
Arbeitsverhältnis aufgelöst (53%)
Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst(47%)
Niklas Baer, Psychiatrie BL 27
20.2%
30.9%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Anteil der MA mit psychischen Problemen("Dunkelziffer"): Mittelwert
Anteil der MA mit psychischen Problemen("Dunkelziffer" + Kontaktierte): Mittelwert
Wie häufig sind psychische Probleme bei Mitarbeitenden?
„Wie viele der Mitarbeitenden, für die Sie zuständig sind, hatten bis heute jemals ein zumindest leichtes psychisches Problem, das sich auf die Leistungsfähigkeit, das Sozialverhalten oder die Arbeitsmoral ausgewirkt hat?“
Niklas Baer, Psychiatrie BL 28
Niklas Baer, Psychiatrie BL 29
Herausforderungen für alle Beteiligten
Mitarbeiter Lange Vorgeschichte inklusive Konsequenzen
Selten (rasche) Inanspruchnahme von (adäquater) Behandlung
Offenlegen der Probleme am Arbeitsplatz nicht selbstverständlich
Vorgesetzte, Teams Gehemmtes und unsicheres Führungsverhalten, «Samthandschuhe»
Übervorsichtiges oder gereiztes Verhalten der Arbeitsumgebung
HR, Gesundheitsmanagement u.a. Externe Hilfe (HR, GM sowie Externe) wird zu spät beigezogen - wenn überhaupt
Sind noch zu wenig spezialisiert auf psychische Arbeitsplatzprobleme
Ärzte Zu rasche und lange Krankschreibungen
Keine oder unklare Informationen an Arbeitgeber
Sehen Arbeitsplatz vor allem als Ursache für Belastungen
IV, Krankentaggeldversicherer, Beratungsstellen etc. Konzentrieren sich v.a. auf den betroffenen MA und noch zuwenig auf Chef/Team
Intervenieren zu spät
Niklas Baer, Psychiatrie BL 30
Hinweise für die Praxis
1. Verantwortung übernehmen:
Problem ansprechen: früh, direkt, sachlich, wertschätzend
Versuchen, das Arbeitsproblem zu verstehen; Stabsdienste beiziehen (=entlastend)
Klare Vorgaben entwicklen, Hilfen vorschlagen
Ggf im Team knapp kommunizieren (entlasten):
Wir haben Situation besprochen; er macht künftig …; wir machen folgendes…
2. Wenn keine Wirkung - Verantwortung teilen:
Externe Unterstützung beiziehen
Bedngungen stellen:
MA soll sich in Behandlung begeben
Arbeitgeber will vom Arzt über Behinderung und nötige Anpassungen informiert werden
Betreuung muss gewährleistet sein (durch Externe)