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Potenziale und Herausforderungen in der Implementierung der organophilen Nanofiltration in der Spezialchemie Stefanie Zeidler*, Uwe Kätzel und Dirk Schmalz DOI: 10.1002/cite.201300154 Herrn Dr. Ralf Goedecke zum 70. Geburtstag gewidmet Die organophile Nanofiltration (OSN) ist ein vielversprechendes Werkzeug für die Prozessintensivierung. Bei der Produk- tion von Spezialchemikalien in einem Mehrproduktanlagen-Umfeld werden besondere Anforderungen an Membranen und Anlagendesign gestellt, die hier näher erläutert werden. Das Fehlen von Erfahrungswissen und detaillierten Stoff- transportmodellen erschwert die Prozessentwicklung der OSN. Aus systematischen Untersuchungen mit verschiedenen Membranen und Lösungsmitteln werden Regeln entwickelt, die die schnelle Identifizierung der geeignetsten Membran für ein gegebenes Stoffsystem ermöglichen. Schlagwörter: Keramikmembranen, Löslichkeitsparameter, Mehrproduktanlagen, Organophile Nanofiltration, Polymermembranen Eingegangen: 31. Oktober 2013; revidiert: 28. Januar 2014; akzeptiert: 03. Februar 2014 Implementation of Organic Solvent Nanofiltration in Specialty Chemicals Production: Potential and Challenges Organic solvent nanofiltration (OSN) is a suitable tool for process intensification. For specialty chemicals production with- in a multi-purpose environment, there are some specific concerns regarding membranes and equipment design that have to be considered. Process development for OSN to date is hampered by a lack of system characteristics and detailed trans- port models. Here, we present a systematic investigation with different membrane materials and solvents in order to define guidelines for a fast membrane selection. Keywords: Ceramic membranes, Multi-purpose plants, Organic solvent nanofiltration, Polymer membranes, Solubility parameter 1 Einführung Die organophile Nanofiltration (OSN: organic solvent nano- filtration) ist eine neue, vielversprechende Trenntechnologie, die es ermöglicht, Moleküle im Bereich zwischen 200 und 1000 g mol –1 aus organischen Lösungsmitteln abzutrennen. Ihren Durchbruch hatte die OSN jedoch erst in den letzten 15 Jahren durch die Entwicklung von lösemittelstabilen Membranmaterialien. Im Vergleich zu thermischen Trenn- verfahren ist die OSN sehr energieeffizient, da lediglich die transmembrane Druckdifferenz als Triebkraft aufgebracht werden muss. Dadurch ist diese Technologie zur Intensivie- rung von Prozessen geeignet. Je nach Anwendung kann der Energiebedarf signifikant reduziert, die Prozesszeiten ver- kürzt oder durch die Eliminierung der thermischen Belas- tung die Produktqualität erhöht werden. Im Vergleich zu anderen Trennverfahren, wie z. B. der Extraktion, hat die OSN den Vorteil, dass keine weiteren Substanzen oder Trennmittel zur Produktlösung zugegeben werden müssen. In den letzten Jahren ist daher das Interesse an der organo- philen Nanofiltration stetig gewachsen. Gerade im Bereich der Produktion von Spezialchemikalien bieten sich der OSN vielfältige Einsatzgebiete. Allerdings birgt das Produk- tionsumfeld noch einige Besonderheiten, die die Imple- mentierung dieser Technologie vor zusätzliche Herausfor- © 2014 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 5, 594–601 Stefanie Zeidler ([email protected]), Dr.-Ing. Uwe Kätzel, Dr.-Ing. Dirk Schmalz, Merck KGaA, Frankfurter Straße 250, 64293 Darmstadt, Deutschland. 594 Forschungsarbeit Chemie Ingenieur Technik

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Potenziale und Herausforderungenin der Implementierung der organophilenNanofiltration in der SpezialchemieStefanie Zeidler*, Uwe Kätzel und Dirk Schmalz

DOI: 10.1002/cite.201300154

Herrn Dr. Ralf Goedecke zum 70. Geburtstag gewidmet

Die organophile Nanofiltration (OSN) ist ein vielversprechendes Werkzeug für die Prozessintensivierung. Bei der Produk-

tion von Spezialchemikalien in einem Mehrproduktanlagen-Umfeld werden besondere Anforderungen an Membranen

und Anlagendesign gestellt, die hier näher erläutert werden. Das Fehlen von Erfahrungswissen und detaillierten Stoff-

transportmodellen erschwert die Prozessentwicklung der OSN. Aus systematischen Untersuchungen mit verschiedenen

Membranen und Lösungsmitteln werden Regeln entwickelt, die die schnelle Identifizierung der geeignetsten Membran

für ein gegebenes Stoffsystem ermöglichen.

Schlagwörter: Keramikmembranen, Löslichkeitsparameter, Mehrproduktanlagen, Organophile Nanofiltration,Polymermembranen

Eingegangen: 31. Oktober 2013; revidiert: 28. Januar 2014; akzeptiert: 03. Februar 2014

Implementation of Organic Solvent Nanofiltration in Specialty Chemicals Production:Potential and Challenges

Organic solvent nanofiltration (OSN) is a suitable tool for process intensification. For specialty chemicals production with-

in a multi-purpose environment, there are some specific concerns regarding membranes and equipment design that have

to be considered. Process development for OSN to date is hampered by a lack of system characteristics and detailed trans-

port models. Here, we present a systematic investigation with different membrane materials and solvents in order to

define guidelines for a fast membrane selection.

Keywords: Ceramic membranes, Multi-purpose plants, Organic solvent nanofiltration, Polymer membranes, Solubilityparameter

1 Einführung

Die organophile Nanofiltration (OSN: organic solvent nano-filtration) ist eine neue, vielversprechende Trenntechnologie,die es ermöglicht, Moleküle im Bereich zwischen 200 und1000 g mol–1 aus organischen Lösungsmitteln abzutrennen.Ihren Durchbruch hatte die OSN jedoch erst in den letzten15 Jahren durch die Entwicklung von lösemittelstabilenMembranmaterialien. Im Vergleich zu thermischen Trenn-

verfahren ist die OSN sehr energieeffizient, da lediglich dietransmembrane Druckdifferenz als Triebkraft aufgebrachtwerden muss. Dadurch ist diese Technologie zur Intensivie-rung von Prozessen geeignet. Je nach Anwendung kann derEnergiebedarf signifikant reduziert, die Prozesszeiten ver-kürzt oder durch die Eliminierung der thermischen Belas-tung die Produktqualität erhöht werden. Im Vergleich zuanderen Trennverfahren, wie z. B. der Extraktion, hat dieOSN den Vorteil, dass keine weiteren Substanzen oderTrennmittel zur Produktlösung zugegeben werden müssen.

In den letzten Jahren ist daher das Interesse an der organo-philen Nanofiltration stetig gewachsen. Gerade im Bereichder Produktion von Spezialchemikalien bieten sich derOSN vielfältige Einsatzgebiete. Allerdings birgt das Produk-tionsumfeld noch einige Besonderheiten, die die Imple-mentierung dieser Technologie vor zusätzliche Herausfor-

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–Stefanie Zeidler ([email protected]), Dr.-Ing. UweKätzel, Dr.-Ing. Dirk Schmalz, Merck KGaA, Frankfurter Straße 250,64293 Darmstadt, Deutschland.

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derungen stellt. Große, hochspezialisierte und investitions-intensive Monoproduktanlagen sind in der Spezialchemieselten zu finden. Für die Anforderungen, die durch diehohe Produktvielfalt, die kleinen Tonnagen und die kurzenProduktlebenszyklen gestellt werden, sind hochflexibleMehrproduktanlagen, die nahezu beliebig miteinander ver-schaltet werden können, die bessere Alternative [1]. Abb. 1zeigt ein Schema eines solchen Produktionsaufbaus. Zu-sätzlich gilt es hier, extrem hohe geforderte Produktreinhei-ten zu realisieren sowie den Produktverlust in der gesamtenHerstellungskette aufgrund der Hochwertigkeit der Pro-dukte zu minimieren. Abschn. 2 behandelt die sich in die-sem Umfeld ergebenden Prozessmöglichkeiten und dieAnforderungen, die in diesem Zusammenhang an dieMembranen und Anlagentechnik zu stellen sind.

Die Prozessbeschreibung der OSN ist eine Grundvoraus-setzung für die korrekte Modellierung und Auslegung vonProduktionsanlagen. Bisher wurde in der Literatur jedochkein Stofftransportmodell vorgestellt, das in der Lage isttransmembrane Flüsse und Rückhalte allgemeingültig überden gesamten Bereich der organophilen Nanofiltration zubeschreiben. Meist wurden verschiedene Transportmodelleaus den angrenzenden wässrigen, druckgetriebenen Mem-branverfahren aufgegriffen wie das Porenmodell [2], dasLösungs-Diffusionsmodell [3] oder Modelle, die viskosenund diffusiven Transport kombinieren, z. B. Lösungs-Diffu-sionsmodell mit Fehlstellen [4, 5] oder Spiegler-Kedem-Modell [6], um den Transport eines bestimmten Stoff-systems abzubilden. Einige Untersuchungen erzielten guteÜbereinstimmungen mit dem Porenmodell [7, 8], in ande-ren konnten die Messergebnisse besser mit dem Lösungs-Diffusionsmodell [9] dargestellt werden.

Diese unterschiedlichen Ergebnisse sind auf die Wechsel-wirkungen der drei Komponenten Membran, Lösungsmittelund gelöste Substanz zurückzuführen. Im Vergleich mitden wässrigen Anwendungen kommt in der organophilen

Nanofiltration mit der Vielzahl an Lösungsmitteln eine wei-tere Komponente, die das Transportverhalten beeinflusst,hinzu. So quellen die Polymere beispielsweise unterschied-lich stark in den verschiedenen Lösungsmitteln, wodurchsich der Anteil an freiem Volumen, das für den Transportzur Verfügung steht, ändert. Auch die effektive Größe derMoleküle hängt aufgrund der Solvatisierung vom Lösungs-mittel ab.

Aus diesen Gründen ist die Trennleistung einer Memb-ran zurzeit noch schwer kalkulierbar und die Auswahl einergeeigneten Membran für ein gegebenes Stoffsystem zeit-intensiv und kostspielig. Abschn. 4 zeigt die Ergebnisseeiner systematischen Untersuchung hinsichtlich des Trans-portverhaltens, die es ermöglichen, eine Erfahrungsgrund-lage aufzubauen. Lösungsmittel und Membranen wurdenso ausgewählt, dass sie den breiten Anwendungsbereich inder Produktion von Spezialchemikalien abdecken. Die ein-gesetzten Substanzen stellen eine Portfolioauswahl einertypischen Produktklasse der Merck KGaA dar. Sie weisenunterschiedliche Eigenschaften und Molekülgrößen auf.Anhand dieser systematischen Untersuchung werden ersteRegeln abgeleitet, um die Membranauswahl und damitauch die Prozessentwicklung zu beschleunigen.

2 Potentiale und Herausforderungen

2.1 Anwendungen in der Spezialchemie

Viele Produktlösungen fallen während der Synthese z. B.aufgrund von Löslichkeitsgrenzen von Edukten, uner-wünschten Nebenreaktionen oder zu hoher Exothermie(Bildung von Hotspots) relativ verdünnt an. Auch in derAufreinigung kommt es aufgrund der notwendigen Pro-zessführung (Nachwaschen von Lösungen, Kristallisation,Chromatographie) immer wieder zum Anfall niedrig kon-zentrierter Lösungen. Hier kann ein Einsatz der OSN erfol-gen, die das gewünschte Produkt zurückhält und somit eineAufkonzentration ermöglicht [10], die oftmals nur durch dieLöslichkeit und/oder die Lösungsviskosität begrenzt ist.

Für Lösungen, die neben dem Produkt noch weitere Be-standteile beinhalten, die sich aufgrund ihrer molekularenGröße und Affinität zur Membran deutlich unterscheidenwie bspw. Edukte oder Dimere/Oligomere kann die OSNzur schonenden Aufreinigung eingesetzt werden [11]. Dabeiwird die eingesetzte Membran so gewählt, dass eine derKomponenten möglichst gut zurückgehalten wird und imRetentat verbleibt, während die zweite Komponente dieMembran möglichst gut passieren kann. Für die Wirtschaft-lichkeit eines solchen Prozesses muss beachtet werden,dass zur Erhöhung der Ausbeute immer auch eine größereMenge an sauberem Waschlösungsmittel eingesetzt werdenmuss, selbst wenn die molekularen Rückhalte ideal sind.Gegebenenfalls kann dieses Waschlösemittel jedoch durcheinen zweiten Membrankonzentrierungsschritt im Kreisgefahren werden. Einen Spezialfall dieser Anwendung ist

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Abbildung 1. Schema einer flexiblen Mehrproduktanlage,Anordnung der Grundoperationen (unit operations) nach demSchwerkraftprinzip (Top-Down-Fahrweise).

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das Recycling von Homogenkatalysatoren [12, 13]. Dabeiverbleibt der Katalysator zumeist auf der Retentatseite derMembran und wird hier in Lösung belassen, so dass er beiZugabe von Eduktlösung erneut für die Synthese genutztwerden kann.

Ein weiterer Anwendungsfall ist das Recycling von Lö-sungsmitteln, bei dem die OSN als Ersatz oder als Vorbe-handlung der Destillation eingesetzt wird, um Produktresteabzutrennen. Dies reduziert den benötigten Energieauf-wand um teilweise mehr als 90 % [14].

Für thermisch hochsensible Produkte ist es mithilfe derOSN sogar möglich, einen Lösemittelwechsel durch-zuführen [15, 16]. Hierbei wird in hintereinanderfolgendenSchritten das Produkt konzentriert und mit dem jeweilsneuen Lösemittel anschließend wieder verdünnt. Dies mussin mehreren Schritten erfolgen, bis die Konzentration desalten Lösemittels vernachlässigbar gering ist.

2.2 Membranen

Die größten Herausforderungen zur Implementierung derOSN in einem flexiblen Mehrproduktumfeld sind einerseitsder Umgang mit den Membranen bzw. Membranmodulenund andererseits die Leistung der Membranen. Ausgehenddavon, dass eine Anlage immer mit mehreren Produkten inBerührung kommt, ist zunächst zu klären, ob die Memb-ranen zwischen verschiedenen Produkten so gereinigt wer-den können, dass Querkontaminationen ausgeschlossensind. Sollte dies nicht sichergestellt sein, so muss für jedeProduktionskampagne ein Austausch der Module erfolgen.Dies ist jedoch in zweierlei Hinsicht kritisch zu bewerten.Zum einen muss der Anlagenumbau so schnell durch-geführt werden, dass z. B. Polymermodule nicht austrock-nen, da dies die Leistung stark beeinträchtigen kann. Zumanderen muss dann für eine große Anzahl Membran-module eine entsprechende Lagermöglichkeit gefundenwerden, wo sie ständig mit Lösemittel in Kontakt sind. Kera-mikmembranen sind in dieser Hinsicht etwas unkritischer,da sie trocken ein- und ausgebaut sowie gelagert werdenkönnen. Allerdings kann hier der Einbau mit mechanischerBeschädigung der Module einhergehen.

Des Weiteren muss, um mit möglichst wenigen Modulenmehrere Prozesse realisieren zu können, auch die Leistungder Membranen entsprechend angepasst sein. Für Konzen-trierungsprozesse ist es daher wichtig, eine möglichst nied-rige Trenngrenze zu realisieren, so dass für viele Produkteein sehr hoher Rückhalt erreicht wird. Für Aufreinigungs-prozesse ist ein mehrfacher Einsatz einer Membran fürverschiedene Produkte schwieriger, da hier zwei Rückhalteoptimiert werden müssen (s. a. Abschn. 2.1). Abb. 2 zeigt ineinem Beispiel, dass für solche Fragestellungen die Trenn-schärfe zwischen den beiden Komponenten eine entschei-dende Rolle spielt. Bei der Membranauswahl muss diesedaher besonders berücksichtigt werden, um weder zu hoheProduktverluste noch zu hohe Waschvolumina für den Pro-

zess zu benötigen. Es wurde jedoch bereits gezeigt, dass derOptimierung der Trennkurven durch den stochastischenProzess der Porenbildung während der Herstellung vonNanofiltrationsmembranen Grenzen gesetzt sind [17].

Die nach obigen Gesichtspunkten auszuwählendenMembranen müssen zudem weiteren Ansprüchen genü-gen. Sie müssen prinzipiell gegen eine Vielzahl von Löse-mitteln stabil sein, um ihren Einsatz flexibel zu gestalten.Außerdem werden in Reinigungsprozessen häufig andereLösemittel eingesetzt, die ebenfalls keinen schädigendenEinfluss auf die Trenneigenschaften eines Membranmodulshaben dürfen. Extrahierbare Stoffe aus den Membranmodu-len, bspw. aus den Materialien für die Trennschichten, demHüllmaterial oder den Verklebungen, dürfen bestimmteGrenzwerte nicht überschreiten bzw. müssen durch ein-fache Einspülprozesse minimierbar sein.

Schließlich stellen noch die speziellen Betriebsbedingun-gen einer batchweisen Produktion von Spezialchemikalienbesondere Anforderungen. Das Kompaktierungsverhaltender Membran muss verhältnismäßig schnell und reprodu-zierbar sein, um kurze Prozesszeiten realisieren zu können.Zudem darf sich die Leistung eines Moduls durch die häu-figen Druckwechsel nicht wesentlich verändern.

2.3 Anlagendesign

Selbstverständlich muss auch das Anlagendesign einesOSN-Prozesses den Bedingungen des Produktionsumfeldesangepasst werden. Da beispielsweise Membranwechselwesentlich häufiger als in einer spezialisierten Anlage statt-finden, müssen die Module entsprechend montagefreund-lich ausgelegt sein. Des Weiteren muss aufgrund der Anfor-derungen an die Reinigbarkeit und Restentleerbarkeit einetotraumarme Verrohrung der Gesamtanlage gegeben sein,inklusive der Verbindungsleitungen zu vor- und nachge-schalteten Anlagenteilen. Um die Flexibilität der gesamten

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Abbildung 2. Beispiel von Trennkurven einer Nanofiltrations-membran für die Aufreinigung eines Gemischs zweier Kom-ponenten A und B (in schwarz: ideale Trennung, dunkelgrau:reale, gute Trennung, hellgrau: reale, schlechte Trennung).

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Produktionsumgebung zu unterstützen, hat sich eine mo-dulare Bauweise mit Schlauchleitungen für den Anschlussan verschiedene Vorlage- und Permeatbehälter bewährt. Üb-licherweise wird für den Anlagenaufbau eine Feed-and-Bleed-Konstruktion mit teilweisem Rücklauf des Konzen-tratstroms in den Vorlagebehälter gewählt [18]. Diese wirdmit einem Zweipumpensystem ausgestattet, einer kleinenDruckpumpe zur Erzeugung des Transmembrandrucksund einer größeren Kreislaufpumpe, die die Überströmungder Membranmodule im inneren Kreislauf gewährleistet.Schwierig hierbei ist wiederum die Auslegung der Kreis-laufpumpe (Abdichtung, Zuflussstrom-Variation), da sieteilweise mit stark schwankenden Betriebsbedingungen fürverschiedene Produktionsprozesse arbeiten muss (Trans-membrandruck, Viskosität der Lösung, Art des Lösemittels,unterschiedliche hydraulische Widerstände verschiedenerMembranmodule).

Je nach Größe der installierten Membranfläche lassensich solche Anlagen so kompakt auslegen, dass sie sogar in-nerhalb der Produktionsumgebung mobil bleiben, was dieAnzahl der Einsatzmöglichkeiten erhöht.

3 Experimentelles

3.1 Membranen

Um den Bereich von hydrophilen bis hydrophoben Mem-branmaterialien abzudecken, wurden zwei verschiedenePolymermembranen ausgewählt, eine Polyimidmembran(PI) und eine Polydimethylsiloxanmembran (PDMS), diekommerziell auch in großem Maßstab verfügbar sind. DieKeramikmembranen wurden im Rahmen des BMBF-Pro-jektes nanomembrane vom Fraunhofer Institut für kerami-sche Technologien und Systeme, Institutsteil Hermsdorf,entwickelt [19].

3.2 Lösungsmittel

Die Versuche wurden mit den Lösungsmitteln Tetrahydro-furan (THF), n-Heptan und Ethanol (alle Merck KGaA,Darmstadt) durchgeführt. Zum einen stellen diese typischeLösungsmittel in der Produktion von Spezialchemikaliendar, zum anderen decken sie eine typische Bandbreite anLösungsmitteleigenschaften ab.

3.3 Substanzen

Die hier betrachtete Gruppe der bei Merck hergestelltenSpezialchemikalien hat eine lineare Molekülstruktur, dieaus mehreren Kohlenstoffringen aufgebaut ist. Diese sinddirekt oder über Zwischengruppen miteinander verbunden.Zusätzlich können an die Ringe verschiedene funktionelleGruppen gebunden sein. Um das Trennverhalten von ver-

schiedenen OSN-Membranen zu untersuchen, wurden re-präsentative Moleküle ausgewählt. Diese Substanzen sindmit ihrem Molekülgewicht in Tab. 1 dargestellt. Durch dieSpannbreite von 220 – 480 g mol–1 bei sehr ähnlicher Mole-külstruktur kann eine spezifische Rückhaltkurve für dieseSubstanzen bestimmt werden. Die ausgewählten Substan-zen verfügen über zwei bis vier Ringe und unterschiedlichefunktionelle Gruppen, wie Fluorierungen, unterschiedlichlange Seitenketten (R1 < R2 < R3 < R4) und polare Endgrup-pen X. Diese Moleküle bieten die Möglichkeit, den Einflussgeringer Strukturänderungen auf das Transportverhaltendurch einen direkten Vergleich zweier Moleküle, die sichnur in einer funktionellen Gruppe unterscheiden, zu unter-suchen.

Zur Untersuchung der Polymermembranen wurden0,1 Gew.-% einer Substanz in einem der Lösungsmittel ge-löst. Um die Rückhalte der Keramikmembran zu bestim-

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Tabelle 1. Ausgewählte Substanzen des Merck Produktportfolioszur Membrancharakterisierung.

Name Molekülgewicht[g mol–1]

Struktur

A 227,35

B 255,41

C 230,4

D 272,48

E 261,45

F 264,50

G 334,55

H 352,54

I 314,42

J 331,51

K 306,50

L 430,72

M 402,67

N 448,71

O 476,77

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men, wurden die Substanzen basierend auf einer ausrei-chenden Differenzierung der Retentionszeiten in der Gas-chromatographie in zwei Gruppen eingeteilt. Es wurde vonjeder Substanz einer Gruppe je 0,1 Gew.-% in den entspre-chenden Lösungsmitteln gelöst. In vorangegangenen Expe-rimenten wurde nachgewiesen, dass keine Transportbeein-trächtigung der Moleküle untereinander stattfindet.

3.4 Experimenteller Aufbau

Die Leistung der Polymermembranen wurde in einer klei-nen Laboranlage untersucht. Der Aufbau besteht aus einemVorlagebehälter (V = 600 mL), einer Kreislaufpumpe (beideEvonik MET Ltd., Wembley, GB) und einer Rechteckzellemit einer aktiven Membranfläche von 80 cm2 (OSMO Mem-brane Systems GmbH, Korntal Münchingen). Der trans-membrane Druck wurde über Stickstoff in das System ein-gebracht und konstant bei 30 bar gehalten. Permeat undRetentat wurden über die gesamte Versuchsdauer im Kreisgefördert, um die Konzentrationen konstant zu halten. Inder Membranzelle wurde ein 47 mil Spacer verbaut, der dieÜberströmgeschwindigkeit bei einem konstanten Zufluss-strom von 1 L min–1 auf 0.65 m s–1 erhöht. Die Experimentewurden bei Raumtemperatur (25 ± 3 °C) durchgeführt. Per-meat- und Retentatproben wurden über einen Zeitraumvon 3 h alle 30 min genommen, um die Kompaktierung derMembranen zu verfolgen und nur Ergebnisse auszuwerten,die dem stationären Filtrationszustand entsprechen.

Die Versuche mit keramischen Membranen wurden ineiner Multi-Purpose-Cross-Flow-Membrananlage (MerckKGaA, Darmstadt) durchgeführt. Der Zuflussstrom wurdehier über eine Doppelmantelvorlage auf 20 °C temperiert.Eine transmembrane Druckdifferenz von 20 bar wurde hierüber eine Membrankolbenpumpe (Hydracell G03, Wanner,Minneapolis, MN) und einem hinter dem vertikal eingebau-ten Membranmodul (Andreas Junghans, Frankenberg) be-findlichen Druckhalteventil eingestellt. Retentat und Per-meat wurden ebenfalls im Kreis gefördert. Es wurde beieiner Zuflussstrommenge von 6 L min–1 bzw. einer Über-strömgeschwindigkeit von 3 m s–1 gearbeitet. Die Probe-nahme von Permeat und Retentat erfolgte immer 1 h nachEinstellung der Prozessparameter, um einen Gleichge-wichtszustand der Trennung abzubilden.

3.5 Analytik

Die Konzentrationen der Testsubstanzen im Permeat undim Retentat wurden mittels Gaschromatographie (Auto-systemXL, Perkin Elmer, Waltham, MA) bestimmt. Vor denExperimenten wurde für jedes Lösemittel/Stoff-System eineKalibrierkurve erstellt, um die Massenkonzentrationen ausden erhaltenen Chromatogrammen zu berechnen. DerRückhalt wurde anschließend für jedes Molekulargewichtanhand der Konzentration im Permeat cP und im RetentatcR wie folgt bestimmt.

R � 1 � cP

cR

� �100 % (1)

4 Ergebnisse

4.1 Rückhalte

In den nachfolgenden Abbildungen sind die Rückhalte derSubstanzen aus Tab. 1 in den drei Lösungsmitteln n-Hep-tan, THF und Ethanol gegeben.

Die Polyimidmembran (Abb. 3) weist den besten Rück-halt für die untersuchten Substanzen in THF auf. Dennochwird schon hier die vom Hersteller angegebene Trenngren-ze (MWCO: molecular weight cut-off) von 200 g mol–1 nicht er-reicht. Der Rückhalt in Ethanol ist meist nur geringfügigniedriger als der in THF. Auffällig ist, dass sich die Rück-halte in beiden Lösungsmitteln nicht signifikant inAbhängigkeit des Molekülgewichts ändern. Vielmehr tau-chen immer wieder Ausreißer auf, die einen reproduzierbarniedrigeren Rückhalt aufweisen.

In n-Heptan sind die Rückhalte dagegen teilweise sogarnegativ. Das bedeutet, dass die Substanzen im Vergleichzum Lösungsmittel bevorzugt durch die Membran permeie-ren und sich permeatseitig anreichern. Jedoch ist hiergrundsätzlich ein Anstieg des Rückhalts mit dem Molekül-gewicht zu beobachten.

In Abb. 4 sind die Rückhalte der PDMS-Membran gege-ben. Die vom Hersteller angegebene Trennleistung derMembran, ein Rückhalt für Tetracosan (338 g mol–1) in Toluolvon 75 %, ist als Stern im Diagramm dargestellt. Abhängigvom Lösungsmittel streuen die Ergebnisse deutlich um denangegebenen Wert.

Auch hier wurden die besten Rückhalte in THF erzielt,ca. 20 – 40 % darunter liegen die Rückhalte in n-Heptan. Fürbeide Lösungsmittel ist eine deutliche Abhängigkeit desRückhalts vom Molekülgewicht zu erkennen. Dennoch zei-gen sich auch hier Unterschiede im Rückhalt bei ähnlichen

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Abbildung 3. Gemessene Rückhalte der Moleküle aus Tab. 1 bei30 bar mit der Polyimidmembran. Werte nach 3 h Filtrations-dauer. Der vom Hersteller angegebene MWCO der Membranenist durch die vertikale Punktlinie dargestellt.

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Molekülgewichten. Der Rückhalt in Ethanol hingegennimmt tendenziell mit steigendem Molekülgewicht ab undist für alle Moleküle negativ.

In Abb. 5 sind die Rückhalte einer für die organophileNanofiltration entwickelten Keramikmembran gegeben.Für die untersuchte Membran wurde ein MWCO von490 g mol–1 für Polystyrole in THF bestimmt. Auch bei die-ser Membran sind die Rückhalte entgegen den Erwartun-gen stark von dem jeweiligen Lösungsmittel abhängig. InTHF werden erneut die höchsten Rückhalte erreicht, sieübertreffen sogar geringfügig den MWCO. Die Rückhaltein n-Heptan und Ethanol liegen auf einem ähnlichen, deut-lich niedrigeren Niveau, wobei in n-Heptan eine deutlicheStreuung im Bereich zwischen 200 und 350 g mol–1 zuerkennen ist. Die Rückhalte steigen prinzipiell mit steigen-dem Molekülgewicht an, was den Erwartungen an eine festePorenstruktur der Keramikmembran entspricht. Dennochsind die Rückhaltunterschiede in den verschiedenenLösungsmitteln nicht allein mit den unterschiedlichen Vis-kositäten der Lösungsmittel und den effektiven Durchmes-sern der Moleküle zu erklären.

Die vorangegangenen Ergebnisse machen noch einmaldeutlich, dass jede Membran in der OSN abhängig vomLösungsmittel abweichende Rückhalte zeigt. Zudem hatjeder Hersteller eigene Methoden, die Trennleistung seinerMembran zu charakterisieren. Dadurch sind verschiedeneMembranen nur schwer miteinander vergleichbar. Daherwerden andere Werkzeuge als der MWCO benötigt, die eserleichtern eine geeignete Membran für ein gegebenesStoffsystem zu identifizieren. Das ermöglicht eine schnelle-re und einfachere Prozessentwicklung. Da der Stofftrans-port in der organophilen Nanofiltration bisher noch nichtumfassend aufgeklärt ist, soll hier der Ansatz einer Heu-ristik verfolgt werden. Heuristiken ermöglichen es, bei be-grenztem Wissen in kurzer Zeit Entscheidungen, die aufErfahrungen basieren, zu treffen.

Erste Regeln werden anhand der durchgeführten syste-matischen Untersuchung in den nachfolgenden Kapitelnaufgezeigt.

4.2 Einfluss des Lösungsmittels auf den Rückhalt

Die Unterschiede der Rückhalte in Abhängigkeit des Lö-sungsmittels können gut mithilfe des Hildebrandt-Löslich-keitsparameters erklärt werden. In der Literatur wurde bereitshäufig die Abhängigkeit der Membranquellung vom einge-setzten Lösungsmittel und auch der Zusammenhang zwi-schen Lösungsmittelfluss und Löslichkeitsparameter be-schrieben [7, 20, 21]. Der Löslichkeitsparameter beschreibt alsÄhnlichkeitparameter, wie gut zwei Substanzen ineinanderlöslich sind. Bezogen auf Polymere und Lösungsmittel be-deutet das, dass das Polymer stark quillt, wenn es einen ähnli-chen Löslichkeitsparameter wie das Lösemittel aufweist [22].Berechnet wird der Hildebrandt-Löslichkeitsparameter ausder Wurzel der Kohäsionsenergiedichte.

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In der Literatur können Werte für Lösungsmittel undPolymere nachgeschlagen werden. Zudem gibt es zahlreicheGruppenbeitragsmethoden, die es ermöglichen den Para-meter lediglich anhand der Molekülstruktur zu berechnen.

In Tab. 2 sind die Löslichkeitsparameter der Membranen,der Lösungsmittel und die Spannbreite des Löslichkeitspara-meters der Substanzen gegeben. Der Löslichkeitsparameterder Polyimidmembran und der von Ethanol liegen sehr nahbeieinander (Dd = 0,6). Das bedeutet, dass die Membran inEthanol quillt, die Struktur aufgeweitet wird und die Sub-stanzen leichter durch die Membranen permeieren können.Genau dieses Verhalten wurde durch die Rückhaltmessun-gen in Abb. 3 bestätigt. Im Vergleich zu THF, dessenLöslichkeitsparameter deutlich geringer ist (Dd = 8,8) liegendie Rückhaltergebnisse niedriger. Im Fall von n-Heptan lie-gen die Löslichkeitsparameter der gelösten Substanzen(Dd = 6,6 – 12,8) näher an dem der Membran als der Löslich-

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Abbildung 4. Gemessene Rückhalte der Moleküle aus Tab. 1 bei30 bar mit der PDMS Membran. Werte nach 3 h Filtrationsdauer.Die vom Hersteller angegebene Rückhaltleistung ist mit demStern dargestellt.

Abbildung 5. Gemessene Rückhalte der Moleküle aus Tab. 1 bei30 bar mit einer Keramikmembran. Werte nach 1 h Filtrationsdau-er. Der selbst bestimmte MWCO der Membran ist durch die verti-kale Punktlinie dargestellt.

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keitsparameter des Lösungsmittels (Dd = 12,7). Die Affinitätder zurückzuhaltenden Moleküle zur Membran ist daherhöher als die Affinität des Lösungsmittels zur Membran,wodurch die Substanzen bevorzugt durch die Membran per-meieren. Die Substanzen reichern sich daher permeatseitigan, weshalb der Rückhalt negativ ist.

Gleiches Verhalten wird auch mit der PDMS-Membranbeobachtet. Die deutlich niedrigeren Rückhalte in THF imVergleich zu Heptan können durch das starke Quellen derMembran in n-Heptan erklärt werden, was durch die glei-chen Löslichkeitsparameter von n-Heptan und der Memb-ran (Dd = 0,4) indiziert wird. Da die Affinität der Molekülezur Membran (Dd = 0,3 – 5,5) größer ist als die von Ethanol,ist in diesem Fall der Rückhalt in Ethanol negativ.

Die Unterschiede im Rückhalt der Keramikmembransind bisher weder allein über die Viskositäten der Lösungs-mittel, noch über deren Löslichkeitsparameter oder andereEigenschaften der Lösungsmittel zu erklären. Vermutlichsind hier unterschiedliche Wechselwirkungen und Adsorp-tion an der Porenwand ausschlaggebend für den Transportdurch die Membran.

4.3 Einfluss der gelösten Komponenteauf den Rückhalt

Der direkte Vergleich zweier Moleküle, die sich nur in einerfunktionellen Gruppe oder einer Struktureigenschaft unter-

scheiden, ermöglicht deren Einfluss auf das Transportver-halten zu untersuchen. Ein exemplarisches Beispiel ist inAbb. 6 für die drei untersuchten Lösungsmittel und alle dreiMembranen dargestellt. In der Darstellung sind die Sub-stanzen G und J (s. Tab. 1) verglichen, die sich nur in derrechten Seitenkette unterscheiden. G weist eine Alkylketteauf, J hingegen eine polare Endgruppe. In Abb. 3 warbereits zu erkennen, dass es bei der Polyimidmembrankaum Schwankungen bzgl. des Rückhalts in THF undEthanol im untersuchten Bereich gab. Auch in der Gegen-überstellung der Moleküle G und J zeigt sich keine signi-fikante Abhängigkeit des Rückhalts von den funktionellenGruppen in diesen Lösungsmitteln. In n-Heptan jedochwird der Rückhalt durch die Anwesenheit einer polarenEndgruppe signifikant verschlechtert. Durch die polareEndgruppe wird das Molekül insgesamt deutlich polarer(Dipol, Löslichkeitsparameter) und damit die Affinität zurhydrophilen Membran höher. Das gleiche Verhalten zeigtsich bei der PDMS Membran in Ethanol und THF. Hier istder Rückhalt des Moleküls mit polarer Endgruppe besserals der des Moleküls mit Alkylketten, da die polare End-gruppe die Affinität der hydrophoben Membran zum Mole-kül verringert. Der schlechtere Rückhalt des polareren, klei-neren Moleküls in Heptan ist über das starke Quellen zuerklären, so dass der Effekt der Polarität durch den Effektder Molekülgröße überlagert wird. In Abb. 5 war schon zuerkennen, dass die Rückhalte der Keramikmembran inTHF und Ethanol einen sehr gleichmäßigen Verlauf überdas Molekülgewicht haben. Die geringfügig niedrigerenRückhalte der Substanz J sind wahrscheinlich auch auf dasetwas geringere Molekulargewicht der Substanz zurückzu-führen. Der Vergleich in nHeptan zeigt jedoch, dass auchhier die Affinität des Moleküls zum Membranmaterial eineRolle zu spielen scheint. Der Rückhalt der polareren Sub-stanz J ist deutlich schlechter als für G, das eine geringereAffinität zu dem eher hydrophileren Membranmaterialhaben sollte. Daher ist dieser Einfluss auch in den anderenLösungsmitteln nicht auszuschließen, auch wenn er hierdeutlich geringer ausfällt.

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Tabelle 2. Hildebrandt-Löslichkeitsparameter der verwendetenMembranen, Lösungsmittel und Substanzen.

Löslichkeitspara-meter d [J1/2m–3/2]

Quelle

Polydimethylsiloxan 14,93 [23]

Polyimid 28 Hersteller

n-Heptan 15,3 [24]

THF 18,6 [24]

Ethanol 27,4 [24]

Substanzen aus Tab. 1 15,19 – 21,36 Berechnet nach [25]

Abbildung 6. Vergleich der Moleküle G (Alkylkette) und J (polare Endgruppe) hinsichtlich des Einflusses unterschiedlicherSeitenketten auf das Transportverhalten.

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Page 8: Potenziale und Herausforderungen in der Implementierung der organophilen Nanofiltration in der Spezialchemie

5 Zusammenfassung

Die Implementierung der organophilen Nanofiltration inder Produktion von Spezialchemikalien birgt große Poten-ziale für eine produktschonende Aufreinigung oder Aufkon-zentrierung im Vergleich zu klassischen, thermischenTrennverfahren sowie zur Energie- und Durchlaufzeitein-sparung. Neben den spezifischen Anforderungen an Memb-ranen und -anlagen durch die Verwendung in einem Mehr-produktumfeld wie Reinigbarkeit, Austauschbarkeit,Flexibilität und Stabilität in verschiedenen Lösungsmittelnmuss vor allem das Verständnis der Stofftransportvorgängein der OSN verbessert werden, um die Nanofiltration alsGrundoperation (standard unit operation) in der Aufarbei-tung einsetzen zu können.

Die Versuche mit einem Portfolio verschiedener Materia-lien der gleichen Produktklasse und drei verschiedenenMembransystemen (Polyimid, PDMS, Keramik) zeigen,dass die Rückhalte und die transmembranen Flüsse sehrstark von den Wechselwirkungen zwischen Lösungsmittel,Membran und gelöstem Stoff abhängen. Ein erster Ansatzzur Prozessentwicklung mit solchen unsicheren Daten bietethierbei die Verwendung von Heuristiken, die auf Versuchs-erfahrung und spezifischen, die wechselwirkenden Kompo-nenten beschreibenden Parametern beruhen. Als Beispielwurde hier der Hildebrandt-Löslichkeitsparameter unter-sucht, der durch Vergleiche ein gutes Verständnis für die er-mittelten Rückhaltunterschiede der Membranen und Löse-mittel bietet.

Diese Heuristiken können jedoch nur ein erster Schrittauf dem Weg zur Erstellung eines komplexen Prozessmo-dells für die organophile Nanofiltration sein.

Die Autoren danken dem Bundesministerium für Bil-dung und Forschung für die Förderung des Projektesnanomembrane (FKZ: 03X0080) zur Herstellung undCharakterisierung der keramischen Membranen.Unser Dank gilt außerdem Dr.-Ing. Ralf Goedecke fürdie jahrelange Arbeit in verschiedenen Gremien derGVC, VDI, DECHEMA und GVT. Insbesondere dankenwir für den Aufbau der Initiative Wanted Technologiesder DECHEMA, bei der die organophile Nanofiltrationein inhärenter Bestandteil ist.

Formelzeichen

cP [kg kg–1] Massenkonzentration im PermeatcR [kg kg–1] Massenkonzentration im RetentatEcoh [J mol–1] molare KohäsionsenergieR [%] RückhaltVm [m3mol–1] molares Volumend [J1/2m–3/2] Hildebrandt-Löslichkeitsparameter

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