neies lautre november 2015

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Liebe Leute, es ist soweit: eine neue, die nunmehr schon sechste, Ausga- be Neies Lautrekonnte erscheinen. Der Themenschwer- punkt der vorliegenden Ausgabe ist Rassismus, Fluchtursa- chen und Nationalismus. Denn eine Debatte jenseits der Mainstream-Medien, welche Gründe für Flucht und Ausgren- zung benennt und nicht bei Vorurteilen und nationalen Ideo- logien stehen bleibt, ist zweifelsohne notwendig. Außerdem versuchen wir, unsere Alternativen zu den herrschenden Verhältnissen aufzuzeigen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen. Solltet ihr Fragen, Anregungen oder Kritik haben schreibt uns an folgende Mail-Adresse: [email protected]

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Zeitung für eine solidarische und basisdemokratische Gesellschaft

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Liebe Leute,

es ist soweit: eine neue, die nunmehr schon sechste, Ausga-

be „Neies Lautre“ konnte erscheinen. Der Themenschwer-

punkt der vorliegenden Ausgabe ist Rassismus, Fluchtursa-

chen und Nationalismus. Denn eine Debatte jenseits der

Mainstream-Medien, welche Gründe für Flucht und Ausgren-

zung benennt und nicht bei Vorurteilen und nationalen Ideo-

logien stehen bleibt, ist zweifelsohne notwendig. Außerdem

versuchen wir, unsere Alternativen zu den herrschenden

Verhältnissen aufzuzeigen.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen.

Solltet ihr Fragen, Anregungen oder Kritik haben schreibt uns

an folgende Mail-Adresse: [email protected]

Rudolf Rocker: Textausschnitt aus seinem Werk

Nationalismus und Kultur (1937).

Es gab eine Zeit, wo man sich damit begnüg-

te, den Begriff der Nation auf eine menschli-

che Gemeinschaft anzuwenden, deren Glieder

am selben Orte geboren wurden, infolgedes-

sen durch gewisse solidarische Beziehungen

miteinander verbunden waren. Dieser Auffas-

sung entspricht auch der Sinn des lateinischen

Wortes natio am besten, dem der Ausdruck

Nation entsprungen ist. Sie ist um so ver-

ständlicher, als ihr die Vorstellung der enge-

ren Heimat zugrunde liegt. Allein dieser Be-

griff entspricht weder unserer heutigen Vor-

stellung von der Nation, noch steht er im Ein-

klang mit den nationalen Bestrebungen der

Zeit, welche der Nation möglichst weite

Grenzen stecken. Würde die Nation sich in

der Tat bloß auf den engeren Umkreis des

Ortes erstrecken, wo ein Mensch zum ersten-

mal das Licht der Welt erblickt, und das na-

tionale Empfinden lediglich als natürliches

Zusammengehörigkeitsgefühl von Menschen

zu bewerten sein, welche durch die Stätte ih-

rer Geburt zu einer Gemeinschaft verschweigt

sind, so könnte nach dieser Auffassung auch

nicht von Deutschen, Türken oder Japanern

die Rede sein; man könnte höchstens von

Hamburgern, Parisern, Amsterdamern oder

Venezianern sprechen, ein Zustand, der in den

Stadtrepubliken des alten Griechenland und in

den föderalistischen Gemeinwesen des Mitte-

lalters tatsächlich existierte.

DIE ROLLE DES NATIONALISMUS

IN DER DEBATTE UM FLÜCH-

TLINGE

Wer denkt Nationalismus sei ein Gedanke,

der nur noch Nazis und andere rechte Spinner

beeinflußt, täuscht sich. Nationalismus ist fest

im Denken der meisten in Deutschland leben-

den Menschen verankert. Jedoch gibt es ver-

schiedene „Nationalismen“, die zu unter-

scheiden sind, die Grenzen zwischen den ein-

zelnen sind jedoch fließend.

Nazis vertreten den Gedanken eines völki-

schen Nationalismus, der die Behauptung

aufstellt, dass es eine „Gemeinschaft des Blu-

tes“ gibt, welche es gegen aus ihrer Sicht

minderwertige Blutsgemeinschaften, also

Rassen, zu verteidigen gilt. Dass dies völliger

Humbug und wissenschaftlich leicht zu wi-

derlegen ist, ist (beinahe) überall angekom-

men. Es gibt keine gemeinsame Blutlinie ei-

ner Rasse! Nazis und deren Gedanken werden

wegen den offenkundig an den Haaren her-

beigezogenen Märchen, welche sie vertreten,

sowie wegen der Verbrechen der Nationalso-

zialisten von den meisten Menschen offen

abgelehnt.

Der Bezug der meisten Menschen auf die

deutsche Nation ist oftmals ein positiver.

Deutschland sei eine vorbildliche Nation, in

der Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte

hochgehalten werden. Dieser Feststellung

liegt oftmals ein Vergleich mit „bösen“ Na-

tionen zugrunde, das können zum Beispiel

Diktaturen oder andere als sogenannte Un-

rechtsstaaten deklarierte Länder sein.

Tatsächlich geht es vielen Menschen hier im

Vergleich mit anderen Ländern besser, wer-

den doch beispielsweise sexuelle Richtungen

nicht verfolgt und es gibt das Recht, seine

Meinung zu äußern.

IS T EI NE NATI ON WI E DI E DEUTS C HE ALSO

ER ST R EBEN SW ERT ?

Rudolf Rocker (1873-1958) war Anarchosyndikalist und eine der bedeutendsten Figuren der deutschen, jüdischen aber auch internationalen Arbeiter*innenbewegung.

Nation meint heutzutage eine menschliche

Gruppierung, die sich angeblich aus der Ge-

meinschaft der materiellen und geistigen Be-

lange, der Sitten, Bräuche und Überlieferun-

gen entwickelt hätte. Daher leitet sich auch

der Gedanke, dass es nationale Belange gäbe,

die verteidigt werden müssen, ab; welcher

sehr verbreitet ist. Eine Nation wird auch oft

versucht durch die gemeinsame Sprache zu

rechtfertigen. Bei genauerem Hinschauen fällt

jedoch schnell ins Auge, dass dies ein vorge-

schobenes Argument ist, denn wenn man die

Dialekte von Regionen betrachtet, haben der

Hamburger Dialekt und der eines aus Ams-

terdam stammenden Menschen mehr gemein-

sam, als der Hamburgische und der bayeri-

sche Dialekt, obwohl sie einer vermeintlich

gemeinsamen Nation angehören. Die Kons-

truktion vermeintlicher nationaler Belange hat

zudem ein Verwischen sozialer Unterschiede,

welche es innerhalb der Nation, gibt zur Folge

und dient oftmals sogar nur diesem Zweck.

Ein Mensch der arbeiten geht, hat andere

Interessen als eine Unternehmerin. Dem Ar-

beitenden geht es darum, einen Gehalt zu ver-

dienen, er ist auf dieses Gehalt auch angewie-

sen, um sich und ihm nahe stehende Men-

schen eine Unterkunft zu ermöglichen, sich zu

ernähren, sowie andere darüber hinaus gehen-

de Bedürfnisse zu stillen. Einer Unternehme-

rin geht es darum, Profit aus einer Firma zu

schlagen, um Geld zu erwirtschaften und neu

investieren zu können und natürlich darum,

sich selbst zu bereichern. Daher ist ein Arbei-

ter, der mehr Gehalt will, negativ für eine

Unternehmerin. In der

Vergangenheit haben

sich Arbeitende diverse

Forderungen (Gewerk-

schaftsfreiheit, 8-

Stunden-Tag, …), er-

kämpfen können, bei-

spielsweise durch

Streiks. Ein Vorwurf,

der ihnen immer ge-

macht wurde und auch

heute noch wird ist, sie

würden durch ihre For-

derungen nach mehr

Lohn die nationalen

Interessen gefährden.

Der einfache Grund hierfür ist, dass jede Na-

tion auf eine gut laufende kapitalistische

Wirtschaft angewiesen ist. Arbeiter*Innen,

welche für mehr Gehalt streiken, sind da

kontraproduktiv, da sie den reibungslosen

Ablauf der Produktion durch Streiks stören

und somit Profite schmälern. An diesem Bei-

spiel ist einwandfrei zu sehen, dass heute die

hauptsächlichen Interessen der Nation auf

eine gut funktionierende kapitalistische Wirt-

schaft abzielen, auch um im Wettkampf mit

anderen Nationen zu bestehen.

Gleichzeitig dienen Rechte, welche sich Men-

schen im Verlauf des letzten Jahrhunderts

erkämpft haben, heute zur Befriedung der

sozial benachteiligten innerhalb einer Nation,

so zum Beispiel die Sozialgesetzgebung. Iro-

nischerweise werden diese Errungenschaften

heute als Argument für die Nation verwendet,

früher wurden die Menschen, welche diese

Rechte erkämpften als „Vaterlandslose Gesel-

len“ beschimpft.

Weiterhin wird die formale Gleichheit vor

dem Gesetz dazu benutzt, Menschen das Ge-

fühl einer vorhandenen Gerechtigkeit zu ge-

ben, während die vorherrschenden wirtschaft-

lichen Bedingungen Ungleichheit produzie-

ren. Der Erhalt dieses Status liegt im Interesse

der privilegierten Schichten, während das

Konstruieren einer angeblichen nationalen

Gemeinschaft gleicher Interessen dazu dient,

soziale Unterschiede im Interesse der nationa-

len Belange und in Anbetracht der benötigten

Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Nationen

im globalen Kapitalismus als weniger wichtig

zu beurteilen, als die angeblich „uns alle“

angehenden nationalen Belange.

In diesem Sinne ist auch die Textzeile von

K.I.Z in dem Lied „Boom Boom Boom“ zu

verstehen, wenn sie singen: „... du und dein

Boss ham nix gemeinsam bis auf das

Deutschland-Trikot.“

Daher ist die anfangs gestellte Frage eindeutig

mit Nein zu beantworten, da solche Konstruk-

te der Idee einer solidarischen, klassenlosen

Gesellschaft entgegenstehen und Ausbeutung

rechtfertigen.

WAS HAT DAS GAN ZE MIT DER FLÜC H -

TLIN GSDEBATT E ZU T UN ?

Das Konstrukt der Nation sorgt für das Den-

ken, wir in Deutschland säßen alle im selben

Boot. Von außerhalb kommende, flüchtende

Menschen werden deswegen oftmals als Be-

drohung für den nationalen Wohlstand ange-

sehen. Die Angst vor einem sozialen Abstieg

bestärkt das Denken in nationalen Mustern

und sorgt damit einhergehend für Rassismus.

Augenscheinlich schafft solch ein nationales

Zusammengehörigkeitsgefühl einen Graben

zu Menschen, die nicht dazu gehören, bei-

spielsweise aufgrund ihrer Abstammung oder

ihrer „anderen“ Kultur. Tatsache ist jedoch,

dass unter unserem Blickwinkel die „einfa-

chen Leute“, sowie flüchtende Menschen eine

große Gemeinsamkeit haben; sie sind beide

Betroffene verschiedener Symptome der sel-

ben Ursache: das Ungleichheit produzierende

Wirtschaftssystem und die damit verbundene

politischen Herrschaft.

Während innerhalb einer Nation soziale Un-

terschiede wuchern, gibt es auch Unterschiede

zwischen den einzelnen Nationen. Dadurch

werden Grenzen zwischen den Angehörigen

der einen und der anderen Nation gezogen,

welche oftmals in offenkundige Ablehnung

mündet; denn gerade dann wenn es hart auf

hart kommt steht jeder nationale Staat zuerst

für sich ein, siehe die sogenannte Flüchtlings-

krise.

WHAT TO FIGHT FO R?

Die oben genannten Aspekte finden meist

keinen Eingang in die Mainstream Medien.

Dort finden nur Argumentationen innerhalb

einer nationalen Ideologie statt. Dass diese

Ideologie ein soziale Ungleichheit produzie-

rendes Wirtschaftssystem deckt und gleich-

zeitig, des eigenen Überlebens willens, Ras-

sismus und Ausgrenzung produziert, wird

nicht beachtet. Das Ziel einer herrschafts- und

ausbeutungsfreien Gesellschaft wird auf die-

sem Wege nicht zu erreichen sein. Daher ist

es notwendig, zu benennen, welche Missstän-

de das Denken in nationalen Mustern deckt

und fördert.

Gleichzeitig ist es wichtig, solidarisch mit

allen Geflüchteten zu sein und keine Unter-

scheidungen in „gute“ und „böse“ Flüchtlinge

zu unternehmen, sowie Gemeinsamkeiten

aufzuzeigen, um so die in der Gesellschaft

verankerten nationale Ideologie zu durchbre-

chen, denn eine befreite Gesellschaft wird nur

durch ein solidarisches Bewusstsein der Men-

schen untereinander zu erreichen sein, wel-

ches die Herrschaft von Staat und Kapital und

deren ideologische Tarnung einer angeblich

nationalen Schicksalsgemeinschaft überwin-

det.

Für den Kommunismus! Für die Anarchie!

Toni ist Mitglied der Anarchistischen Intiative Kaiserslautern.

Toni ist Mitglied der Anarchistischen Initiative Kaiserslautern.

Weltweit sind heute mehr als 50 Millionen

Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor

Krieg, Armut, Hunger, Unterdrückung und

Verfolgung.

DEUT S CHLAN D UN D EUROP A SIN D FÜR E I -

NEN GRO ßEN TEI L DI ES ER FLUCHT URS A-

CHEN MI TV ER ANT WORT LI CH .

So führt der Versuch kapitalistischer Staaten,

wie z.B. der BRD, den Zugang zu Ressourcen

für die heimische Wirtschaft zu ermöglichen,

zu Krieg und Gewalt.

Deutschland ist noch immer drittgrößter Rüs-

tungsexporteur weltweit. Mit deutschen

fen werden weltweit Kriege geführt, so expor-

tiert z.B. die BRD auch Waffen nach Saudi-

Arabien, die diese dafür einsetzen, den Jemen

zu bombardieren. Deutsche Kleinwaffen tau-

chen immer wieder in den Händen von Kri-

minellen und Terroristen, wie z.B. dem Isla-

mischen Staat in Syrien auf. Die deutsche

Rüstungsindustrie verdient ihr Geld mit dem

Leid von Menschen in Krisengebieten und

Drogenkriegen.

Nach einer parlamentarischen Anfrage der

Linken war der Gewinn aus deutschen Rüs-

tungsexporten im ersten Halbjahr 2015 bereits

so hoch wie im gesamten Jahr 2014.

Die Ausbeutung der Menschen in Entwick-

lungsländern durch multinationale Konzer-

ne und “land-grabbing”, bei dem landwirt-

schaftliche Nutzflächen in Entwicklungslän-

dern an ausländische Investoren fallen führen

zu Armut und Versorgungsunsicherheit. Hun-

ger in den unteren Schichten der Bevölkerung

der betroffenen Länder ist oftmals die Folge

davon.

[…]

Das weltweit vorherrschende kapitalistische

Wirtschaftssystem und der Wunsch von In-

dustrieländern wie Deutschland, die eigene

Machtposition und Monopolstellung sowie

die der hei-

mischen

Wirtschaft

zu stärken,

führt zu

Fluchtursa-

chen wie

Hunger,

Krieg, Ge-

walt und

Armut in

weniger pri-

vilegierten

Ländern.

Eine Ab-

schottung

gegenüber

Flüchtlingen

verschärft

und gefährdet die ohnehin schlechte Lebenssi-

tuation vieler Menschen, sowohl die der

Flüchtlinge als auch derer, die an der Flucht

gehindert werden.

Eine friedliche und solidarische Welt ist nur

möglich, wenn wirtschaftliche Ausbeutung

und Unterdrückung ein Ende finden!

Gekürzte Version der Rede der Anarchistischen Initiative Kaiserslautern zum 1. September 2015 (Antikriegstag).

RASSI S MUS GEGEN RO MA

In der Hetze gegen Geflüchtete aus den Bal-

kanländern werden alte Ressentiments be-

dient. Es wird von „Scheinasylanten“ gespro-

chen, welche nach Deutschland kommen

würden, um hier Sozialleistungen zu erhalten

und nach ihrer „freiwilligen“ Ausreise ein

gutes Leben in ihren Herkunftsländern führen

könnten.

Auch wenn die Entscheidungsträger*innen

hier vorrangig nach ökonomischer Nützlich-

keit sortieren (ungelernte Arbeiter*innen wer-

den momentan in Deutschland nicht ge-

braucht), in solchen Aussagen wirken alte

antiziganistische Ressentiments in aktualisier-

ter Form: Die Geflüchteten aus den Balkan-

ländern werden als nomadisch (pendelnd zwi-

schen Herkunftsland und Deutschland), faul

(nicht gewillt zur Lohnarbeit), kriminell (er-

schleichen sich die Asylleistungen) und aso-

zial (nehmen den „wirklichen“ Flüchtlingen

die Plätze weg) dargestellt. Das sind Vorwür-

fe, die historisch immer wieder Sinti und Ro-

ma gemacht wurden und – welch Wunder –

die meisten Geflüchteten aus den Balkanlän-

dern sind Roma. Als Reaktion auf den Ans-

tieg der Flüchtlingszahlen werden Arbeits-

und Ausbildungsverbote, Sach- anstatt Geld-

leistungen und eine Konzentration der Bal-

kanflüchtlinge in sogenannten „Aufnahme-

zentren“ – also speziellen Lagern – diskutiert.

[…]

Gesellschaftliche Widersprüche werden im

rassistischen und antiziganistischen Weltbild

nun in Form einfacher Innen-Außen-

Widersprüche (z.B. Deutscher – „Zigeuner“)

transformiert. So werden Phänomene, Wider-

sprüche und Probleme welche die bürgerlich-

kapitalistische Gesellschaft aus sich selbst

heraus (re-)produziert (z.B.: Urbanisierung,

Individualisierung, Ausbeutung, Monopolbil-

dung, Verelendung, Massenarbeitslosigkeit)

den „Anderen“ zugeschrieben. Als Lösung

des Problems erscheint nun die Vertrei-

bung/Verfolgung der „Anderen“, also im An-

tiziganismus der „Zigeuner“. Die „Zigeuner“

oder Geflüchteten werden zum Sündenbock

für alles Negative.

FLUCHT GR ÜN DE

Antiziganismus ist vor allem in Osteuropa

und den Balkanländern weit verbreitet. Die

Mehrheit der Roma hat keine festen Unter-

künfte, keine richtigen Wohnungen. Sie orga-

nisieren ihr Überleben in irregulären Siedlun-

gen, Slums, oft ohne Wasser-, Abwasser- und

Stromanschluss. Die Lebenserwartung ist

gegenüber dem gesellschaftlichen Durch-

schnitt entsprechend niedrig, die Kindersterb-

lichkeit um ein vielfaches höher. Ein regel-

mäßiges Einkommen ist fast nie vorhanden.

In vielen Haushalten gibt es tagelang kaum

etwas zu essen. Kernrechte, wie das Recht auf

Wohnen, Nahrung, Arbeit, Bildung etc. sind

nicht garantiert. Die Roma leiden unter Vor-

urteilen, systematischer Diskriminierung,

Marginalisierung, Ausgrenzung und gewalttä-

tigen Übergriffen. Viele unterliegen einem

permanenten Vertreibungsdruck. Polizeiliche

Räumungen von Roma-

Siedlungen sind alltäg-

lich. Dies sind die Grün-

de warum viele in der

Hoffnung auf ein besse-

res Leben hierher nach

Deutschland kommen.

Auszug aus dem Aufruf des Anarchistischen Netzwerk Südwest zu den Antira-Aktionstag in Karlsruhe am 30./31. Oktober. In Gänze unter www.a-netz.org

DA S

AS Y L-

RECHT – K EIN ALTR UI S MUS , SO NDERN DER

ANS PR UCH IN DER WELT MIT ZUMIS CHEN

Flüchtlinge sind für die kapitalistische Nation

Deutschland eine ökonomische und politische

Last. Entsprechend brutal geht Deutschland in

aller Regel mit den Prinzipien Abschottung

und Abschreckung gegen sie vor. Schon allein

vor diesem Hintergrund kann man sich über

Merkels Aktion nur wundern. Anstatt ihr aber

Barmherzigkeit und Selbstlosigkeit zu be-

scheinigen, ist daran zu erinnern, dass das

Asylrecht einen politischen Zweck hat, der

nicht minder brutal ist.

Das Asylrecht sortiert Flüchtlinge erst mal

grundsätzlich. Wirtschaftliche Not ist dem-

nach kein legitimer Grund nach Deutschland

zu kommen. Politische Verfolgung muss der

Flüchtling glaubhaft nachweisen. Jetzt ist es

aber so, dass es keinen Staat in der Welt gibt,

der nicht irgendwen aus seiner Bevölkerung

politisch verfolgt, da muss man nicht nur an

die RAF oder an die Berufsverbote in

Deutschland denken. Jeder Staat kennt Ver-

fassungsfeinde und hält sie mit unterschied-

lich harten Mitteln in Schach. Wenn ein Staat

nun Flüchtlingen politisches Asyl gewährt,

dann ist das ein praktisch gemachter Vorwurf

an die anderen Staaten: Ihr seid keine Herr-

schaft, die dem Menschen gemäß ist. Über-

setzt heißt das: „Ich, Deutschland, kritisiere

deine Art zu herrschen.“ Asylgründe sind mit

der Zeit erweitert worden. Nicht nur der Staat

kann politisch verfolgen, sondern auch Grup-

pierungen aus der Bevölkerung heraus. Wird

dieser Fluchtgrund anerkannt, dann ist das

auch eine Kritik an den regierenden Staat:

„Ich, Deutschland, kritisiere deine Unfähig-

keit oder den mangelnden Willen, eine Ver-

folgung aus der Bevölkerung heraus zu unter-

binden.“ So oder so sind Flüchtlinge hier das

Material für die Kritik eines Staates an dem

anderen Staat. Mit dieser Kritik ist zugleich

ein Anspruch in die Welt gesetzt: Der Asyl

gebende Staat gibt sich das Recht in fremde

Staatsgewalten reinzureden und sich da dip-

lomatisch bis militärisch einzumischen. Das

nennen die Politiker dann „Verantwortung“.1

Das Asylrecht ist als unhintergehbares Indivi-

dualrecht formuliert. Damit stellt sich

Deutschland in die Position überall in der

Welt als ein Hüter und Mithelfer für eine „ge-

rechte“ und „gute“ Herrschaft zuständig zu

sein, quasi als Selbstverantwortung vor der

ganzen Menschheit. An den Gruppen, die das

Asylrecht dann auch tatsächlich bekommen,

kann man aber in aller Regel das aktuelle

Feindschaftsverhältnis (in Deutschland: Erit-

rea, Syrien) des asylgebenden Staates zum

anderen Staat ablesen; oder aber die Unzuf-

riedenheit mit den dortigen politischen Zu-

ständen (Afghanistan). Denn ob z.B. afghani-

sche Islamisten Freiheitskämpfer sind, wenn

sie gegen eine sowjetfreundliche afghanische

Regierung kämpfen (bis 1989) oder aber dann

als Terroristen gelten, weil sie sich nicht dem

Westen unterordnen wollen, hat nichts damit

zu tun, ob sie dafür politisch verfolgt werden.

Sondern damit, was der Westen mit dem

Landstrich vor hat.

DEUT S CHLAN DS POLI TI SC HER W I LLE :

AS Y L SO LL ES GEBEN , DIE LAST EN DAG E-

GEN NI CHT

Das Asylrecht ist also ein imperialistisches

Machtinstrument und auf das will Deutsch-

land nicht verzichten. Der deutsche Staat sieht

in Flüchtlingen eine ökonomische und politi-

sche Last zugleich. Diesen Widerspruch hat

Deutschland, mit dem europäischen Dublin-

System, eine lange Zeit relativ erfolgreich für

sich gelöst. Asyl gibt es, die Kosten und der

Aufenthalt der Flüchtlinge wurde von den

Grenzstaaten getragen. So sollte die gemein-

same europäische Asylpolitik funktionieren.

1In diesem Sinne warnt EU-Ratspräsident Donald Tusk die EU-Staaten, dass andere Staaten die Behandlung der Flüchtlinge zum Material nehmen könnten, in die EU-Staaten reinreden zu wollen: „Sonst werden uns in Kürze Theokratien belehren, was religiöse Toleranz bedeutet. Und diejenigen, die für diesen Massenexo-dus verantwortlich sind, werden uns sagen, wie wir Flüchtlinge zu behandeln haben.“ (FAZ, 07.10.2015)

Die Berliner Gruppe Jimmy Boyle ist Teil der Gruppen gegen Kapital und Nation (www.gegner.in). Den gan-zen Artikel in der Gai Dao (fda-ifo.org/gaidao)

Während die linke Hälfte der bürgerlichen

Mitte versucht, sich ein Deutschland zu bau-

en, auf das man stolz sein kann, passiert

gleichzeitig im Grunde das, was PEGIDA und

Co. von Anfang an wollten. Vor wenigen

Wochen beschloß die ganz große Koalition

aus CDU, SPD und Grünen die härtesten

Asylrechtsverschärfungen seit Mitte der 90er

Jahre im Schnellverfahren. Kritik konnte kei-

nen Raum finden, unter dem Eindruck des

inszenierten Notstandes musste alles ganz

schnell gehen. Dieses Verfahren offenbart

eine Wende zum Autoritarismus in der deut-

schen Politik: Nicht einmal ein offener Ver-

fassungsbruch, der mit dem „ Asylverfah-

rensbeschleunigungsgesetz“ begangen wurde,

spielte noch eine größere Rolle im öffentli-

chen Diskurs. Denn vor einem Jahr hatte das

Verfassungsgericht festgelegt, dass das „men-

schenwürdige Existenzminimum migrations-

politisch nicht zu relativieren ist“ – genau das

aber wurde vor wenigen Wochen doch be-

schlossen, dass nämlich Menschen, denen der

deutsche Staat keinen sicheren Aufenthalts-

status zugestehen will, in Zukunft nichteinmal

dieses menschenwürdige Existenzminimum

mehr zugesprochen bekommen, sondern nur

einen massiv reduzierten Satz zur bloßen Si-

cherung des physischen Überlebens.

Was wird damit bezweckt? Man will denjeni-

gen der Flüchtlinge, die man offenkundig

nicht in Deutschland haben will, das Leben

hier so schwer und unerträglich machen.

WAS SIEHT MAN HINTER DEM

KOPFTUCH?

WIE DIE WIRKLICHKEITSAUSSCHNIT-

TE DER MEDIEN UNSERE WAHRNEH-

MUNG ÜBER ISLAM TRUEBEN

Mazyar Rahmani- 18. August 2015

Nach eineinhalbstündiger Bewusstlosigkeit

befindet sich Leyla, die 21-jahrige Studentin

der TU-Kaiserslautern, am 9.02.15 auf dem

Boden. Ihr Kopftuch war zerrissen und auf

ihre Kleidung war teilweise in Alkohol ge-

tränkt. „Sie habe zu viel Alkohol getrunken

"lautet die Antwort der Polizei auf sie. Der

Angriff ist in ein paar Sekunden stattgefun-

den, aber die mediale Berichterstattung da-

nach war wochenlang verzögert. Das Bild

einer Muslima ist zwar ein häufig auftreten-

des Zeichen in Medien, aber für andere Zwe-

cke. Das Bild des Islams ist in deutschen Me-

dien weit von der Wahrheit entfernt. Kopf-

tuch, Islam, Terror, Anschläg, Rückständig-

keit usw. sind ein Teil der Assoziationsketten,

die wesentlich durch Medien verbreitet wer-

den.

Durch Auswahl besonderer Merkmale bzw.

Wirklichkeitsausschnitte und ihrer Darstel-

lung in Medien wird die Wahrnehmung des

Menschen gelenkt. Diese Zeichen entsprechen

manchmal den Fakten. Sie werden durch

ständige Wiederholung zum Wissen verwan-

delt.Auf diese Weise entstehen Stereotypen,

die pars pro toto für die ganze Wahrheit ge-

halten werden, so Dr. phil. Sabine Schiffer,

die Sprachwissenschaftlerin und Medienpä-

dagogin von Institut Medienverantwortung.

Weltweit glauben ca. 1.57 Milliarden Men-

schen an den Islam, aber sie werden zuneh-

mend als eine homogene Masse wahrgenom-

men. Dabei entsteht so genanntes Framing im

Kopf. Framing ist zunehmend und vorschnell

ein Sachverhalt in einem vorgefassten Kon-

text zu klassifizieren. Dadurch bildet sich

Wissen, indem es nur auf teilweise reale Tat-

sachen basiert. Das Wissen filtert alles heraus,

was nicht seiner Erwartungshaltung ent-

spricht. Die Bilder der Stereotypen werden Aus der Rede des A-Netz-Südwest zu den Antira-Aktionstagen in Karlsruhe.

wahrgenommen und verstärken das Wissen,

das weiterhin seine Bestätigung sucht.

Dies passiert nicht nur auf persönlicher Ebe-

ne, sondern verbreitet sich institutionell und

medial. Ein Täter, der Muslim ist ist ein Ter-

rorist, aber ein nicht muslimischer Täter ist

meistens psychisch krank. So ist der nicht

muslimische Copilot von Germanwings als

krank mit suizidgefährdet unter psychothera-

peutischer Behandlung beschrieben. Im Falle

seines Muslim seins ist die von Medien erklä-

rende Motivation offensichtlich. So wird

ebenso die Krankheit paranoider Schizophre-

nie des norwegischen Terrorist Breivik eher

in Mittelpunkt gestellt als sein rechtsextremis-

tische und islamfeindliche Motivation. Sol-

cher Informationsbruchstücke werden unkri-

tisch übernommen und dadurch existiert eine

Ablehnungshaltung gegenüber sachlicher Be-

gründung. Dabei basiert das Wissen auf zu-

sammenhanglosen und widersprüchlichen

Informationen.

Auf medialer Ebene existiert ein enger Zu-

sammenhang zwischen Symbole und Infor-

mationen. Das Symbol von Kopftuch asso-

ziiert am häufigsten die Beurteilung des Is-

lams für die Unterdrückung der Frauen. Öfter

werden auch die sachliche Informationen be-

züglich Kopftuch gefiltert. So werden die

Fotos der iranischen Friedensnobelpreisträge-

rin Shirin Ebadi als eine erfolgreiche musli-

mische Frau mit Kopftuch nicht dargestellt.

Hier sind die Fakten nicht entscheidend, da

die Ordnung vorexistiert und entscheidet.

Was die Muslimas tun, ist immer falsch. Be-

steht eine Muslima auf dem Kopftuch, ist sie

integrationsunfähig und rückständig. Legt sie

es ab, ist es Verstellung oder Unterwande-

rungsversuch.

Solche Kennzeichnungen erinnern Schiffer an

die Formen der antisemitischen Propaganda

im 19. Jahrhundert. Laut Soziologe Achim

Buhl liegt Rassismus vor, wenn eine Gruppe

beabsichtigt auf der Grundlage von realen

oder gefühlten Differenzen eine andere Grup-

pe beherrscht, ausschließt oder gar tötet. Die-

se Differenzen werden quasi-erheblich und

unveränderbar konstruiert, essentialisiert und

mit wertenden Eigenschaften versehen. Durch

diese Definition streckt sich der ausgeübte

antimuslimische Rassismus gegenüber Leyla

in einem Spektrum zwischen ihr und Täter auf

einer Seite und Ignoranz der Polizei und Me-

dien auf anderer Seite. Die Rolle der Medien

ist besonders als Querschnitt zwischen Zivil-

bevölkerung und Institutionen von großer

Bedeutung. Eine verantwortungsbewusstes

Medienmanagement unterwirft sich nicht dem

offiziellen Agenda-Setting, das als Ordnung

immer schon vorher existiert und ist eine

künstliche. Schiffer kritisiert fehlende Re-

cherchezeiten in Medien als eine Beeinträch-

tigung der journalistischen Arbeit. Die Me-

dien können nun in höchster Zeit der Gefahr

gegen Muslimas und Muslime einen wichti-

gen Beitrag leisten, indem sie vermehrt die

Integrationsarbeit zwischen Zivilgesellschaft

und Moscheen fordern. Die Dialog- und bes-

ser noch Trialogbemühungen sind elementare

Maßnahmen dabei. Medienkompetenz ist eine

Schlüsselqualifikation, die das Publikum zu

verantwortlichen Bürgern in einer funktionie-

renden Demokratie macht.

Mazyar Rahmani ist Antirassismus-Referent des Allge-

meinen Studierendenausschuss (AStA) der TU Kaisers-

lautern.

Anzeige

Viele prekäre Beschäftigte sind Mig-

rant*innen. Z. B. an dem Kampf der rumäni-

schen Arbeiter an der Mall of Berlin, die um

ihren Lohn geprellt wurden, oder den Refu-

gee-Protesten in vielen deutschen Städten

erkennt man, dass es darum geht, Mig-

rant*innen als Akteure zu betrachten, die na-

türlich für ihre Interessen kämpfen und denen

wir uns anschließen sollten (ebenso wie sie

sich uns) und nicht als Opfer, die nur unsere

Hilfe brauchen.2

Ich halte es auch für wichtig, Flucht als eine

bewusste Aktion zu sehen und nicht als etwas

passives, was einem geschieht. Menschen

fliehen, weil sie gute

Gründe dafür haben und

es entspricht natürlich

ihren Interessen, diese

Flucht und das Recht

auf Asyl notfalls durch-

zusetzen – ob gegen

Grenzschutz- oder Ab-

schiebebehörden. Der

Kampf für ihre Interes-

sen ist ein Klassen-

kampf.

Diese Einstellung ist

auch wichtig, weil wir

dann erkennen, dass

sich Flüchtlinge auch

Teilerfolge erringen

können. Wenn Deutsch-

land und Österreich

tausende Syrer*innen

aus Ungarn in ihr Land lassen – und damit die

Dublin-Verordnung, einen wichtigen Teil des

europäischen Grenzregimes, außer Kraft set-

zen – dann ist das keine milde Gabe oder ein

Erfolg der Linken dieser Länder, sondern ein

Zugeständnis an diejenigen Flüchtlinge, die

zu Fuß durch Ungarn marschierten, ohne sich

von ihrem Ziel abbringen zu lassen. Natürlich

sind diese Erfolge nur punktuell und zeitwei-

lig, wie alle Erfolge eines Klassenkampfes

innerhalb des Kapitalismus.

2 Natürlich brauchen sie auch unsere Hilfe! Jeder

Mensch braucht mal Hilfe, manche mehr, manche weniger.

Wenn wir nun über das kurz-

sichtige kapitalistische Konkur-

renzdenken hinausgehen, erkennen wir, dass

sich unsere Interessen und diejenigen der

Migrant*innen nicht widersprechen, sondern

decken: Wir haben alle ein Interesse an leist-

barem und vernünftigem Wohnraum; daran,

dass Grenzen nicht nur für Kapital, sondern

auch für Menschen passierbar sind; und an

höheren Löhnen für uns alle!3

Eine große Zahl an Flüchtlingen kann z. B.

die Wohnungssituation verschärfen oder zu

sinkenden Löhnen führen (wenn die Regie-

rung den Mindestlohn aufweicht), aber nur,

wenn wir uns nicht dagegen wehren. Wenn

einheimische und migrantische Arbei-

ter*innen gemeinsam anfangen, für bessere

Löhne und bezahlbare Mieten zu kämpfen,

dann können sie dagegen mehr Gerechtigkeit

für alle erreichen. Rassistische Hetze hat da-

gegen noch nie für höhere Löhne gesorgt.

3 Natürlich gibt es auch Interessen, die spezifisch die-

jenige von Flüchtlingen sind und nicht diejenigen der einheimischen Arbeiter*innenklasse, es handelt sich hier aber Ausnahmesituationen.

Tim Gmeiner ist Mitglied der Anarchistischen Initiati-ve Kaiserslautern.

Rassismus hat viele Gesichter: diskriminie-

rende Sprüche und Gesten, Polizeikontrollen

aufgrund der Hautfarbe, nächtliche Abschie-

bungen, Brandanschläge und Pogrome, disk-

riminierende Gesetze, die Sortierung von

Menschen nach ihrer ökonomischen Nütz-

lichkeit. Sie sind allesamt zu bekämpfen!

Doch neben diesen alltäglichen antirassisti-

schen und antifaschistischen Abwehrkämpfen

müssen wir eine eigene sozialrevolutionäre

Perspektive eröffnen: Antifaschismus und

Antirassismus müssen mehr sein als die Ver-

teidigung der bürgerlich-kapitalistischen Ge-

sellschaft. Wenn wir Faschismus und Rassis-

mus nachhaltig bekämpfen wollen, müssen

wir auch ihre Entstehungsbedingungen und

die kapitalistische Vergesellschaftung angrei-

fen, denn die beste Praxis gegen Volksge-

meinschaft, Nationalismus und Rassismus ist

immer noch der Klassenkampf, verstanden als

Selbsttätigwerden der lohnabhängigen Klasse

mit dem Ziel ihrer eigenen Aufhebung!

Als Anarchist*innen lehnen wir diese bürger-

lich-kapitalistische Gesellschaftsform ab,

welche die Menschen in nützlich und un-

brauchbar einteilt. Wir wenden uns gegen

diese Ordnung, die lediglich darauf abzielt,

Gewinne zu erwirtschaften und in dem sich

nur das Kapital frei und grenzenlos bewegen

kann. Armut, Not und die Flucht davor sind

keine Naturkatastrophen, sondern Resultate

des kapitalistischen Systems! Eines Systems,

das Menschen neben leer stehenden Häusern

obdachlos werden oder andere neben Tonnen

weggeworfener Lebensmittel verhungern

lässt. Ein System, das nicht darauf ausgelegt

ist, die Bedürfnisse von Menschen zu befrie-

digen, sondern alles, ob Mensch oder Natur,

ausschließlich seiner mörderischen Verwer-

tungslogik unterwirft.

Wir treten für eine Gesellschaft ohne Ausbeu-

tung und Unterdrückung ein, eine Gesell-

schaft ohne Staaten, Nationen, Grenzen und

Zäune, eine Gesellschaft in der kein Mensch

mehr über einen anderen Menschen herrschen

soll. Wir wollen den freiheitlichen Kommu-

nismus, also eine Gesellschaft basierend auf

den Prinzipien der individuellen und kollekti-

ven Freiheit, der gesellschaftlichen Selbst-

verwaltung und der kollektiven Bedürfnisbe-

friedigung.