mit weniger kosten mehr qualität

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20 JOT 6.2013 Optimierung von Pulverbeschichtungsanlagen Mit weniger Kosten mehr Qualität Angesichts des ständigen Kostendrucks und gleichzeitig steigenden Qualitätsanforderungen an das Beschichtungsergebnis ist es wichtig, die bestimmenden Beschichtungsparameter zu identifizieren und Möglichkeiten zur Optimierung zu kennen. Hilfestellung dafür gibt der folgende Beitrag. Kosten und Qualität Kostenübersicht Zur Erzielung einer dauerhaf- ten Kosteneinsparung ist die Betrach- tung des Gesamtsystems erforderlich. Oſt bestimmt schon die Auswahl des Equipments die späteren Folgekosten, zumindest sind jedoch die Investitions- kosten der erste große Kostenblock, der sorgsam geplant werden muss. Im weiteren Verlauf des Betriebes einer Anlage fallen Folgekosten unter- schiedlicher Art an, die in Beschichtungs-, Betriebs- und Wartungskosten unterteilt werden können. Die Kosten stellen sich aus folgenden Unterkosten zusammen: Initialkosten: Investment Korrekte Installation: Erdung der Anlagenkomponenten Beschichtungskosten: Pulververbrauch (Schichtstärke) Pulververlust (System Effizienz) Ausschusskosten (Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit) Personalkosten Energiekosten Betriebskosten: Energiekosten Wartungszeit (Personalkosten) Wartungskosten (Verschleiß- und Ersatzteile) Qualität In der Regel wird Qualität meist mit höheren Kosten in Verbindung ge- bracht. In Wirklichkeit lässt sich jedoch Qualität und niedrigere Kosten kombi- nieren, wenn man die Zusammenhän- ge kennt und geeignete Maßnahmen daraus ableitet. Letztendlich geht es da- rum, möglichst wenig Pulver möglichst gleichmäßig aufzutragen, und dies über das ganze Jahr. Die dauerhafte Optimierung des Pulvereinsatzes erfüllt demnach beide Anforderungen. Investitionskosten Beschichtungsautomatisierung Unabhängig vom unterschied- lichen Preisgefüge einzelner Anbie- ter, werden die Investitionskosten sehr stark vom gewünschten Automati- sierungsgrad der Beschichtung be- einflusst. Eine vollautomatische Be- schichtung ist im Sinne von geringen Personalkosten (Handbeschichter) wünschenswert, jedoch ist die tech- nische Umsetzung oſt sehr aufwendig und teuer. Zudem wird oſt zu wenig beach- tet, dass zum Betrieb einer vollauto- matischen Anlage die Anforderun- gen an das Personal, welches sich um die Parametrierung und Programmie- rung der Anlage kümmert, wesentlich höher ist als bei weniger automatisier- ten Anlagen. Hier kann es zu einer ne- gativen Überraschung kommen, wenn trotz bester Technik, kein akzeptables Ergebnis zustande kommt, weil die An- lage nur unzulänglich eingerichtet und betreut wird. Die pauschalen Zusammenhänge zwischen Automatisierungsgrad und Investment beziehungsweise anderer Parameter zeigt Bild 1. Hier ist der Au- tomatisierungsgrad anhand der einge- setzten Bewegungstechnik dargestellt. Damit verbunden sind unterschiedli- che Techniken der Werkstückvermes- sung und der Einsatz erforderlicher Steuerungshardware. Minimal-Automatisierung als Voraussetzung zur Pulvereinsparung Selbst die einfachsten Anlagen las- sen sich heute so konfigurieren, dass im Lauf des Beschichtungsbetriebes Pul- ver eingespart werden kann. Die meis- ten der heute installierten Anlagen sind Farbwechselanlagen, bei denen ein Zy- klonsystem als Rückgewinnungsein- Zusammenhang zwischen Investitionskosten und Automatisierungsgrad PULVERBESCHICHTEN JOURNAL FÜR OBERFLÄCHENTECHNIK

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Page 1: Mit weniger Kosten mehr Qualität

20 JOT 6.2013

Optimierung von Pulverbeschichtungsanlagen

Mit weniger Kosten mehr QualitätAngesichts des ständigen Kostendrucks und gleichzeitig steigenden Qualitätsanforderungen an das

Beschichtungsergebnis ist es wichtig, die bestimmenden Beschichtungsparameter zu identi�zieren und

Möglichkeiten zur Optimierung zu kennen. Hilfestellung dafür gibt der folgende Beitrag.

Kosten und QualitätKostenübersicht

Zur Erzielung einer dauerhaf-ten Kosteneinsparung ist die Betrach-tung des Gesamtsystems erforderlich. O� bestimmt schon die Auswahl des Equipments die späteren Folgekosten, zumindest sind jedoch die Investitions-kosten der erste große Kostenblock, der sorgsam geplant werden muss.

Im weiteren Verlauf des Betriebes einer Anlage fallen Folgekosten unter-schiedlicher Art an, die in Beschichtungs-, Betriebs- und Wartungskosten unterteilt werden können. Die Kosten stellen sich aus folgenden Unterkosten zusammen:Initialkosten:

— InvestmentKorrekte Installation:

— Erdung der AnlagenkomponentenBeschichtungskosten:

— Pulververbrauch (Schichtstärke) — Pulververlust (System E�zienz) — Ausschusskosten (Zuverlässigkeit

und Reproduzierbarkeit) — Personalkosten — Energiekosten

Betriebskosten: — Energiekosten — Wartungszeit (Personalkosten) — Wartungskosten (Verschleiß- und

Ersatzteile) Qualität

In der Regel wird Qualität meist mit höheren Kosten in Verbindung ge-bracht. In Wirklichkeit lässt sich jedoch Qualität und niedrigere Kosten kombi-nieren, wenn man die Zusammenhän-ge kennt und geeignete Maßnahmen daraus ableitet. Letztendlich geht es da-rum, möglichst wenig Pulver möglichst gleichmäßig aufzutragen, und dies über das ganze Jahr.

Die dauerhafte Optimierung des Pulvereinsatzes erfüllt demnach beide Anforderungen.

InvestitionskostenBeschichtungsautomatisierung

Unabhängig vom unterschied-lichen Preisgefüge einzelner Anbie-ter, werden die Investitionskosten sehr stark vom gewünschten Automati-sierungsgrad der Beschichtung be-einf lusst. Eine vollautomatische Be-schichtung ist im Sinne von geringen Personalkosten (Handbeschichter) wünschenswert, jedoch ist die tech-nische Umsetzung o� sehr aufwendig und teuer.

Zudem wird o� zu wenig beach-tet, dass zum Betrieb einer vollauto-matischen Anlage die Anforderun-gen an das Personal, welches sich um die Parametrierung und Programmie-rung der Anlage kümmert, wesentlich höher ist als bei weniger automatisier-ten Anlagen. Hier kann es zu einer ne-

gativen Überraschung kommen, wenn trotz bester Technik, kein akzeptables Ergebnis zustande kommt, weil die An-lage nur unzulänglich eingerichtet und betreut wird.

Die pauschalen Zusammenhänge zwischen Automatisierungsgrad und Investment beziehungsweise anderer Parameter zeigt Bild 1. Hier ist der Au-tomatisierungsgrad anhand der einge-setzten Bewegungstechnik dargestellt. Damit verbunden sind unterschiedli-che Techniken der Werkstückvermes-sung und der Einsatz erforderlicher Steuerungshardware.

Minimal-Automatisierung als Voraussetzung zur Pulvereinsparung

Selbst die einfachsten Anlagen las-sen sich heute so kon�gurieren, dass im Lauf des Beschichtungsbetriebes Pul-ver eingespart werden kann. Die meis-ten der heute installierten Anlagen sind Farbwechselanlagen, bei denen ein Zy-klonsystem als Rückgewinnungsein-

Zusammenhang zwischen Investitionskosten und Automatisierungsgrad

PULVERBESCHICHTEN J O U R N A L F Ü R O B E R F L Ä C H E N T E C H N I K

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heit arbeitet. Physikalisch bedingt kann ein Zyklon nicht 100 % der ein-gebrachten Pulvermenge abscheiden sondern arbeitet mit einem bestimm-ten Abscheidewirkungsgrad. Dieser liegt bei guten Zyklonen bei etwa 95 %, das heißt von 100 kg Pulver, das in ei-nen Zyklon eingebracht wird, gehen 5 kg Pulver verloren und werden im Auf-fangbehälter des Nach�lters aufgefan-gen und anschließend entsorgt.

Die Menge Pulver, die in den Zy-klon gelangt, wird als Overspray be-zeichnet. Im ersten Lösungsansatz, diesen Anteil klein zu halten, geht es darum, die Pistolen nur dann einzu-schalten, wenn ein Werkstück vorhan-den ist. Hierzu wir eine Lückensteue-rung (Bild 2) installiert, die erkennt, ob ein Werkstück kommt. In der Re-gel wird dazu eine Lichtschranke oder Lichtleiste vor die Kabine montiert, welche der Steuerung die erforderli-chen Informationen gibt, um die Pisto-len rechtzeitig ein- und auszuschalten.

Da diese Funktion nur wenige Tau-send Euro kostet und sich innerhalb kürzester Zeit amortisiert, sollte je-de Anlage damit ausgestattet sein. Ei-ne einfache Nachrüstbarkeit ergibt zu-dem die Möglichkeit für Einsparungen bei bestehenden Anlagen. Dieses Prin-zip lässt sich verfeinern, indem auch die Höhenausdehnung der Werkstü-cke vermessen wird und die Pistolen auch hier ein- und ausgeschaltet wer-den. Man spricht dann von einer Hö-hensteuerung.

Tiefensteuerung spart Pulver und ver-hin dert eine Beschädigung der Pistolen

Eine weitere, eher einfache und kostengünstige Erhöhung des Automa-tisierungsgrades ist durch eine automa-tische Tiefensteuerung (Bild 3) erreich-bar. Dabei wird auch die Tiefenkontur der Werkstücke vermessen und als In-formation an die Steuerung übertra-gen. Die Pistolen werden dann immer mit einem definierten Abstand zum Werkstück positioniert.

Durch den richtigen Abstand wird der Au�ragswirkungsgrad von Pisto-len auf das Werkstück erhöht, was zu deutlichen Pulvereinsparungen füh-ren kann, immer jedoch den manuel-len Beschichtungsaufwand reduziert

Lückensteuerung

Tiefensteuerung

Anlagenaufbau mit Werkstückerkennung am Eingang der Pulverkabine

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und als Nebene�ekt noch eine Kolli-sion der Werkstücke mit den Pistolen verhindert.

Installation – ErdungDie korrekte Erdung der Anlage ist Grundvoraussetzung dafür, dass elek-trostatisches Beschichten funktioniert und ist außerdem ein Sicherheitsas-pekt. Die Qualität der Erdung beein-f lusst zudem den Auftragswirkungs-grad deutlich und damit die Abfallpul-vermenge. Hier lohnt sich auch eine Überprüfung bestehender Anlagen und die Verbesserung vorhandener Er-dungsmaßnahmen.

Beschichtungskosten reduzieren, Qualität steigernGeschultes Personal

Unabhängig vom Automatisie-rungsgrad und damit verbundener Anforderungen an die Quali�zierung des Personals, sollten die Anlagenbe-diener die wesentlichen Zusammen-hänge der Beschichtungsparameter kennen, um e�zient arbeiten zu kön-nen und optimale Qualität erzielen zu können.

Falsche Einstellungen oder falsche Abläufe, zum Beispiel beim Farbwech-sel, führen zu minderer Qualität und gegebenenfalls zu Reklamationskosten. Erfahrungsgemäß ist eine Schulung in �eorie und Praxis sinnvoll und soll-te in regelmäßigen Abständen wieder-holt werden.

Beschichtungsrezepturen sichern reproduzierbare Qualität

Moderne Steuergeräte und Steue-rungen ermöglichen schon bei Hand-geräten die Verwendung von Be-schichtungsrezepturen. Dabei werden zunächst die zur optimalen Beschich-tung eines individuellen Werkstückes erforderlichen Parameter durch Ver-suche ermittelt und in einer Rezeptur abgespeichert. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Parameter auch mit-tels Reglern reproduzierbar eingestellt werden können. Für die Pistolen wer-den hierzu digitale Hochspannungs- und Lu�mengenregler (Bild 6) mit ge-schlossenem Regelkreis eingesetzt.

Oft sind bereits lieferantensei-tig gute Einstellwerte für bestimm-te Werkstücktypen abgespeichert und können durch Kopieren und Optimie-rung auch für andere Werkstücke an-

gepasst werden. Mit zunehmender An-zahl an Rezepten reduziert sich der Aufwand für die Erstellung eines neu-en Rezepts.

Energiekosten einsparenBereits bei der Anlagenplanung

kann auf den zukünftigen Energie-verbrauch Einf luss genommen wer-den. Neben Komponenten, die be-reits in ihrer Bauart energieeffizi-ent sind, kann auch durch geeignete Steuerungsmaßnahmen der Energie-verbrauch (Strom und Lu�) gesenkt werden, beispielsweise mit Hilfe eines Energiee�zienzpakets von Wagner.

In einer Beschichtungsanlage gibt es unterschiedliche Betriebszustände. Dazu gehören:

— Normale Beschichtung — Farbwechsel — Pausen

Luftmengenregler mit geschlossenem Regelkreis

Unzureichend geerdete Anlagen sind ein Sicherheitsproblem und arbeiten mit einem schlechteren den Auftrags-wirkungsgrad

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— Störungen — Wartung

Die ersten vier Zustände können durch geeignete Sensorik automatisch erkannt werden, um dann den Energie-bedarf einzelner Komponenten anzu-passen. In einer Hochrechnung mit an-genommenen oder bekannten Anteilen dieser Zustände, kann die Amortisa-tion der erforderlichen Mehrinvestiti-on ermittelt werden.

Regelmäßige Anlagenwartung sichert gleichbleibende Qualität

Die Folgen vernachlässigter War-tung werden oft unterschätzt. Insbe-sondere die Komponenten, welche die Konstanz des Pulverausstoßes beein-�ussen, sollten regelmäßig und in ange-messenen Zyklen ausgetauscht werden. Dadurch lässt sich die durchschnittli-che Schichtstärke dauerhaft senken („Sägezahne�ekt“) und führt somit zu deutlichen Kosteneinsparungen. Zu-

dem werden Reklamationen wegen fal-scher Schichtstärken vermieden.

ZusammenfassungEine hohe Beschichtungsqualität muss nicht mit hohen Kosten erkau� wer-den, sondern viele Kosten führen so-gar zu einer schlechten Qualität und im Extremfall sogar zu Folgekosten. Neben den Investitionskosten als Pri-märkosten, ist der korrekte Betrieb der Anlage von entscheidender Be-deutung.

Primäres Ziel muss es sein, den Pulververbrauch zu optimieren. Eine einfache Rechnung des Kosten e�ekts soll dies verdeutlichen. In der Tabelle sind die Parameter einer normalen Be-schichtungsanlage aufgeführt. Es wird berechnet, welche Kostenein sparung durch die Reduktion der durchschnitt-lichen Schichtstärke um nur 1 µm mög-lich ist.

Bei Beachtung und Umsetzung der genannten Maßnahmen sollte ein Mehrfaches dieses Betrages möglich sein. Gleichzeitig ergibt sich noch ei-ne Qualitätssteigerung, mindestens je-doch eine Qualitätsabsicherung.

Sägezahne�ekt – wechselnde Schichtstärke durch schlechte Wartung

Kosteneinsparung durch optimale SchichtstärkeWerkstück Förderer Effizienz Produktion FlächenleistungHöhe Geschwindigkeit je Tag m2

m m/min % h pro Tag m2

1,5 2 80 % 8 1152

Schichtdicke Fläche Dichte Pulver Kosten

µm m2 g/m3 Euro/kg Euro/Tag Euro/Monat Euro/Jahr

1 1152 1,5 6 10,37 207 2281

Beispiel: Kosten für 1µm Schichtstärkenunterschied

Kontakt:J. Wagner GmbH, Markdorf, Michael Topp, Tel. 07544 505-1725,[email protected],www.wagner-group.com

Oberflächentechnik – Innovationen im Anlagenbau

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