mit dem clever in der sahara · angetrieben und muss den druck auf die piste ... damit verdoppelt...

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Mit dem Clever in der Sahara Fahren Sie dorthin wo die Welt am schönsten ist. Ihr Clever bringt Sie hin. Solange es eine Piste gibt. Der Clever und die Dornbuschakazie Ich wollte wissen was so ein Kastenbus abseits geteerter Strassen kann und habe einen modifizierten 540er durch die marokkanischen Teile der Sahara geprügelt. Den Erfahrungsbericht dazu lesen Sie hier. Das Anforderungsprofil: wir suchen eine komfortablere Alternative zum Geländewagen mit Dachzelt. Er soll sich auf Piste und in der freien Wüste sowie in den Bergen zuverlässig fahren lassen. Wir sind bereit auf den Allradantrieb zu verzichten sofern uns eine prinzipielle Expeditionstauglichkeit erhalten bleibt. Und wir dafür einen geschlossenen Bus mit Dusche, Küche und Heizung haben. Der Kompromiss, den wir bereit sind einzugehen: wir verzichten auf die schwierigen Fahrten im freien Gelände und den Sanddünen und bleiben auf der Piste. Egal wie schlecht sie ist, der Citroen muss uns durchbringen. Dahin, wo die Welt am schönsten ist. Wer wir sind:

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Mit dem Clever in der Sahara

Fahren Sie dorthin wo die Welt am schönsten ist. Ihr Clever bringt Sie hin. Solange eseine Piste gibt.

Der Clever und die Dornbuschakazie

Ich wollte wissen was so ein Kastenbus abseits geteerter Strassen kann und habe einenmodifizierten 540er durch die marokkanischen Teile der Sahara geprügelt. Den Erfahrungsberichtdazu lesen Sie hier.

Das Anforderungsprofil:wir suchen eine komfortablere Alternative zum Geländewagen mit Dachzelt. Er soll sich auf Pisteund in der freien Wüste sowie in den Bergen zuverlässig fahren lassen. Wir sind bereit auf denAllradantrieb zu verzichten sofern uns eine prinzipielle Expeditionstauglichkeit erhalten bleibt. Undwir dafür einen geschlossenen Bus mit Dusche, Küche und Heizung haben.

Der Kompromiss, den wir bereit sind einzugehen: wir verzichten auf die schwierigen Fahrten imfreien Gelände und den Sanddünen und bleiben auf der Piste. Egal wie schlecht sie ist, der Citroenmuss uns durchbringen. Dahin, wo die Welt am schönsten ist.Wer wir sind:

wir – das sind meine Frau Erika und ich, und daneben mein 20jähriger Sohn. Der allerdings demProjekt mit dem Bus kritisch gegenüber steht, er bevorzugt den Toyota wegen der höherenGeländegängigkeit. Wir fahren seit Anfang der Neunziger Jahre bevorzugt in die Sahara oder nach Schwarz-Afrika,und wir schätzen die arabische Kultur wegen ihrer Gastfreundschaft und ihrer besonderen Küche.An Marokko mögen wir die Vielfalt der Landschaft mit Bergen, Sandwüste, Steinwüste und grünenTälern. Und einer fantastisch rauen Atlantikküste.

Palmerie

Der Citroen:das muss ich zuerst loswerden:Liebe Citroen-Motoren-Ingenieure, was habt ihr eigentlich die letzten dreissig Jahre gemacht? 9,5– 10 Liter Verbrauch auf den Autobahnen durch Frankreich und Spanien, immer mit 100 – 110km/h, ohne Tempomat und bergab im Leerlauf. Mein VW-Bus mit 50 Diesel-PS, Massivholzausbauund 4 Kajaks auf dem Dach hat Mitte der Achtziger auf der gleichen Strecke zwei Liter wenigerverbraucht.Schon mal was von Klimaerwärmung gehört? - Unabhängig davon dass ich Euer Versagen an derTankstelle bezahlen muss.

Was positiv war:der Rampenwinkel des Lieferwagens ist erstaunlich gut – weil die Räder so weit vorn bzw. hintenstehen blieben wir beim An- und Abfahren von Schrägen und Böschungen nicht hängen. Dasganze macht zwar auch den Radstand lang, aber dieses Mass war beim 540er so erträglich, dasswir in Verbindung mit der Höherlegung und dem Wegfall der Unterbauten eine brauchbareBauchfreiheit hinbekommen haben.

gefärbtes Licht zu Sonnenaufgang

Unser Prototyp 1:Tour 540 auf Citroen mit 163 PS und 16-Zoll-Fahrwerk. Kampfgewicht 3140 kg mit vollem Diesel-sowie Wassertank und uns beiden auf den Vordersitzen, Achslasten 1610 kg vorn und 1530 kghinten. Ich habe bewusst alles was schwer war möglichst nah an der VA untergebracht, die istangetrieben und muss den Druck auf die Piste bringen. Heckantrieb wäre mir lieber gewesen, derstand aber grad nicht zur Verfügung. Und Allradantrieb kam nicht in Frage, wir wollten ja ebenausprobieren was so ein 4x2 kann.

Modifikationen sind Änderungen am Fahrwerk (vorn und hinten höher) um mehr Bodenfreiheit zuerreichen. Der Abwassertank musste weichen, ebenso die elektrische Trittstufe – die hätten wir alserstes abgefahren und „Edelschrott“ produziert. Ein fettes Schutzblech aus Stahl schützt den Motorund das Getriebe von unten, ein weiteres aus Alu den AdBlue-Tank. Die beiden waren echt Goldwert, die haben wir nämlich ernsthaft verbeult.Das Komfortfahrwerk vorn hat nix getaugt weil es nach jeder Bodenwelle dreimal nachwippt, dakommt bei Prototyp 2 was anderes rein. Und das obwohl wir meistens deutlich unter denangegebenen 1600 kg Vorderachslast lagen.Die Batterie unter dem Beifahrersitz ist aus Gewichtsgründen zuhause geblieben, was sollen wirmit soviel Strom für das bisschen Licht und Kühlschrank. Dort ist jetzt wieder die schwarze Boxvollgepackt mit Werkzeug, Wagenheber, Reifenflickzeug. Bergegurte passen noch unter denFahrersitz, der grosse 12V-Kompressor kommt unter die Sitzbank. Der ist zum Reifenfüllen, dafürist der Winzling der Luftfeder zu schwach.Noch eine Haltekonstruktion für die Sandbleche ans Ende der hinteren Oberschränke – die passenmit knapp 1,50 m nur innen quer vor die Hecktüren, bei Unterbringung auf dem Boden wären dieKühlschrank- und Badtür nicht mehr zu öffnen. Und weil die weibliche Hälfte des Testerteams ihrVeto angedroht hat („Wir schlafen nicht unter den staubigen Sandblechen!“) kam dann noch einDekostoff um die Bleche herum.

Steinmännchen zur Orientierung (Schilder werden völlig überbewertet)

Im Einsatz:

Fahren auf ausgewaschener Piste:der Radstand zusammen mit den 16-Zöllern fährt sich besser als erwartet. Als erstes haben wirden Luftdruck auf pistentaugliche 2 bar verringert, mit der deutlich grösseren Auflagefläche istauch plötzlich der Grip wieder da. Ohne drehen die Räder ständig durch und wir werfen Steinenach hinten.

Fahren auf Piste

Ich hege den Verdacht dass die Jumper/ Ducatos in der Entwicklungsphase nie abseits geteerterStrassen getestet wurden. Das Querrohr der Hinterachse ist so tief dass es auf ausgefahrenerPiste an der Erhebung in der Mitte („Mittelhubbel“) hängen bleibt.

Blick auf die Hinterachse

Also mussten wir penibel darauf achten, versetzt zu den Fahrspuren zu fahren. Was noch zum Pistenfahren gehört: das Geklapper in den Oberschränken hält kein Mensch aus.Wir haben für die Tage abseits der Teerstrassen alles in mitgebrachten Kunststoffboxen und gutgepolstert untergebracht und die dann im Heck auf dem Boden festgezurrt.

Wellblech:Entweder mit 25 jede einzelne Welle ausfahren oder mindestens mit 70 Sachen drüberfliegen. Undwir gehören zur Drüberflieg-Fraktion. Das geht mit unserem Toyota bereits mit 40 km/h.Punktabzug für Citroen, denn das Gerappel ist wirklich nervtötend.

Fahren im Sand:Schwierig, hier fehlt der Allradantrieb. Die 163 Pferde drehen die Räder im zweiten Gang auchtrotz des hohen Abrollwiderstands von Sand, aber nur ein paar hundert Meter - dann fallen dieDrehzahlen immer weiter und der Bums ist weg. Im ersten Gang geht es nur noch abwärts, nichtvorwärts. Da hilft nur ein Absenken des Reifendrucks auf 1,0 bar, damit verdoppelt sich dieAuflagefläche der Reifen nochmal. Allerdings ist der Wagen dann noch niedriger, jegliche(mühsam erkämpfte) Bodenfreiheit ist weg und der Motorschutz glättet lautstark alle Erhebungenunter dem Auto, das Querrohr der HA hobelt die verbliebenen Hindernisse ganz ab. Das ist inSachen Vortrieb ziemlich hinderlich. Klong-klong: jeder Stein begegnet uns zweimal.

Geplante Abhilfe:deutlich mehr Bodenfreiheit in Verbindung mit breiteren Reifen und einem sandtauglichen A/T-Profil – wir waren schliesslich mit den schmalen Original-Ganzjahresschlappen unterwegs.

Action im Sand

Der Ausbau:der Küchenblock ist 15 cm zu hoch, zumindest die linke Seite – denn dann könnte ich vomgedrehten Beifahrersitz aus bequem die Füsse drauf ablegen. Werde ich auf der nächstenHändlertagung anregen als Ausbauvariante „Pascha“.

Schäden: :: der eine Halter des Tischs ist uns schon zwei Stunden nach Abfahrt kaputtgegangen: wer vomFahrersitz aus nach hinten durchgeht und sich dabei auf dem Tisch abstützt, verkantet ihn so dassdas Plastikteil bricht. Ich weiss dass auch andere Ausbauer dieses Scharnier benutzen, Mist ist estrotzdem.:: das Badrollo rollt nicht mehr ein, Feder gebrochen oder ausgehangen (Zulieferteil von Dometic):: von diesen völlig unbrauchbaren Gummihaltern der Brennergitter am Kocher sind schon zweizerbröselt (Dometic):: das linke Stellventil des Kochers hat nur drei Pistentage gehalten, jetzt schliesst dasMagnetventil nicht mehr selbsttätig bzw. es strömt Gas aus ohne drauf zu drücken ( Dometic):: und der berühmte Griff der Frontverdunklung fällt runter – eigentlich hatte der Hersteller Remisdoch versprochen das sei seit Sommer 2017 verbessert. Auch ein Zulieferteil.:: das obere rote Entlüftungsventil der Truma hat den Geist aufgegeben (genauer das Kügelchendes Rückschlagventils), deswegen lief uns immer sofort das Wasser des Boilers zurück in denTank.:: die schwarzen Klemmhalter der Schottwand nach hinten vibrieren langsam nach oben und siefällt irgendwann raus.:: die Zwangsentlüftungen im Boden unter der Küche und im Gaskasten lassen irre viel Staub rein– wir haben sie zugeklebt (in dem Bewusstsein dass das verboten ist!):: am Citroen: ein Stossdämpfer ist abgerissen, für die häufigen schnellen Lastwechsel sind dieoriginalen einfach zu kurz.:: Übrigens, der Plastikwinkel vom Bad-Türschloss blieb bei uns ganz ...

Ansonsten Respekt, Ralf Gösser! Trotz der 50.000 kleinen und grossen Erdbeben am Tag hatvon den Möbeln keines gelitten. Wir waren fest überzeugt, dass sich doch wenigstens einOberschrank lösen würde oder der Spiegel im Bad runterfällt oder mindestens einSchubladenauszug. Aber weit gefehlt. Nicht mal der Küchenblock ist locker obwohl dessen oberesEnde immer als Einstiegshilfe für meine 90 kg herhalten musste – wegen Höherlegung und ohneelektrische Stufe ist unser Eintritt gut 50 cm hoch und da macht es so ein Halt beim Einsteigenschon einfacher.

Fazit oder Was das Auto kann und was es nicht kannWir haben den Citroen gefahren wie sonst unseren Toyota-Geländewagen. Und ihm wirklich nichtsgeschenkt. Wenn die Strecke es hergibt donnert er mit 80 km/h durch die Landschaft. Macht sichgut auf leichten und mittelschweren Pisten, taugt aber nix auf Wellblech und nur sehr bedingt imSand.

Was uns am Auto gefallen hat: der kurze Überhang vorn und hinten lässt uns spielerisch in dieOueds (versandete, ausgetrocknete Flussläufe) ein- und wieder ausfahren.

Einfahren ins Oued

Die 600 km üble Piste entlang der algerischen Grenze hat der Jumper prima weggesteckt, auchhier hatten wir eigentlich mit mehr Schäden gerechnet als dass nur ein Stossdämpfer abreisst. Nurdas Rohr der Hinterachse ist ein wenig verbeult.

Was uns gefallen hat auf dieser Tour mit dem 4x2::: die Freiheit mit diesem Bus mit Heizung und Dusche dorthin fahren zu können wo die anderennicht hinkommen: O.k. Citroen, bring uns dorthin wo die Welt am schönsten ist - dieser Satz istnicht als Werbespruch entstanden sondern als Gefühl an der Stelle mit dem Sonnenaufgangfoto:: der Snob-Faktor: die Fahrer der meisten anderen Wohnmobile müssen zu uns aufschauen weilwir höher sitzen als die:: die ungläubigen Kommentare der Militärs und Nationalpark-Rangers ganz draussen in derWüste: wie ihr habt keinen Allrad?:: die anerkennenden Blicke und der gehobene Daumen der beiden Piloten des spanischen Rallye-Vorbereitungs-4x4. Weil wir allein und weitab von den Oasen mit einem „Strassenlieferwagen“wunderschöne Landschaften gefunden haben

verlassenes Ksar

O.k., Citroen, wir bleiben auf der Piste. Egal wie schlecht sie ist, du musst uns durchbringen.Dorthin wo die Welt am schönsten ist.