mehr stress — mehr schlaganfälle

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1 MMW-Fortschr. Med. Nr. 12 / 2012 (154. Jg.) AKTUELLE MEDIZIN Dr. med. Dirk Einecke Chefredakteur dirk.einecke@ springer.com Kongress-Highlights springermedizin.de Die wichtigsten Highlights vom diesjährigen Kongress der European League against Rheumatism (EULAR 2012) können Sie im aktuellen Kon- gressdossier online nachlesen unter http://www.springermedizin. de/eular-2012/3021016.html MEHR ALS FRAKTURPRÄVENTION Länger leben mit Vitamin D und Kalzium Alte Menschen leben länger, wenn sie Vita- min D schlucken – sofern sie es mit Kalzium kombinieren. Der Gewinn an Lebenszeit ist nicht nur einem Rückgang von frakturbe- dingten Todesfällen zu verdanken. Dies konnten dänische Forscher bei der Auswer- tung randomisierter placebokontrollierter Studien mit insgesamt 70 528 Studienteil- nehmern, zu fast 90% Frauen (im Schnitt 70 Jahre alt), zeigen. Die Einnahme von Vita- min D plus Kalzium war im Placebover- gleich nach drei Jahren mit einer gerin- geren Sterblichkeit assoziiert. Die absolute Risikoreduktion betrug 0,66%. Um einen Todesfall zu verhindern, müssen demnach 151 ältere Menschen drei Jahre lang regel- mäßig Vitamin D und Kalzium supplemen- tieren. J Clin Endocrin Metab 2012; Epub ahead of print as doi:10.1210/jc.2011–3328 GEFAHR NICHT NUR FÜRS HERZ Mehr Stress – mehr Schlaganfälle Nicht nur die Koronarien reagieren auf Stress. Eine prospektive Studie mit 68 652 Briten hat gezeigt, dass bei starker psy- chischer Belastung auch ein tödlicher Schlaganfall drohen kann. Psychische Stres- soren wurden in der Studie mit dem Gene- ral Health Questionnaire evaluiert. Zum Stu- dienstart waren bei den Probanden keine kardiovaskulären Erkrankungen bekannt. Allerdings fühlten sich 14,7% gestresst. Im Lauf von rund acht Jahren verstarben1010 Probanden an einer ischämischen Herzer- krankung, 795 an anderen Herz-Kreislauf- Komplikationen und 562 infolge einer zere- brovaskulären Erkrankung. Sowohl bei kar- diovaskulären als auch bei zerebrovaskulär bedingten Todesfällen zeigte sich: je größer der Stress, desto höher das Sterberisiko. CMAJ 2012; DOI:10.1503/cmaj.111719 GIBT ES AMBULANTE ALTERNATIVEN? Klinikaufenthalt für Demenzpatienten oft fatal Bei Alzheimerpatienten erhöht eine statio- näre Behandlung das Risiko für Heimein- weisung und baldigen Tod. Besonders ge- fährdet sind Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts ein Delir entwi- ckeln, ergab eine prospektive Studie des Massachusetts Alzheimer’s Disease Re- search Center mit 771 Alzheimerpatienten. Ein Klinikaufenthalt erhöhte bei den Pati- enten das Risiko, innerhalb des nächsten Jahres zu sterben oder in ein Pflegeheim zu kommen, um das 4,7- bzw. 6,9-Fache. Nach einem Klinikaufenthalt mit Delir waren Tod oder Heimeinweisung sogar 5,4- bzw. 9,3- mal so häufig wie bei Alzheimerpatienten ohne stationäre Behandlung. Die Autoren raten daher, bei Demenzpatienten beson- ders darauf zu achten, ob eine Behandlung wirklich stationär erfolgen muss. Ann Intern Med 2012;156:848–856 BEWEGUNG ALS LANGZEIT-ANALGETIKUM Sportler verkraften Schmerzen leichter Sportler haben eine deutlich höhere Schmerztoleranz als Nichtsportler. Wissen- schaftler der Uniklinik Heidelberg haben 15 Studien ausgewertet, in denen die Wirkung eines Schmerzreizes bei Sport- lern und Nichtsport- lern in Ruhe verglichen wurde. Teilgenommen hatten 568 Sportler und 331 normal aktive Kontrollpersonen. Als Sportler galt, wer jede Woche mindestens drei Stunden trainierte. Die Sportler ertrugen Schmerzen signifikant besser. Die höchste Schmerztoleranz hatten Ballsportler, gefolgt von Ausdauersportlern. Kraftsportler waren nicht schmerztole- ranter als normal aktive Personen. Die Wirkung regelmä- ßigen Trainings auf die Schmerztoleranz ist „vergleichbar mit der eines gängigen Schmerzmittels“, so die Autoren. Pain 2012; 153: 1253–62 Der Herr in Weiß toleriert den Schmerz ganz gut ... © Gonnermann / Imago

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Page 1: Mehr Stress — mehr Schlaganfälle

1MMW-Fortschr. Med. Nr. 12 / 2012 (154. Jg.)

AKTUELLE MEDIZIN

Dr. med. Dirk EineckeChefredakteurdirk.einecke@ springer.com

Kongress-Highlights springermedizin.de

Die wichtigsten Highlights vom diesjährigen Kongress der European League against Rheumatism (EULAR 2012) können Sie im aktuellen Kon-gressdossier online nachlesen unter http://www.springermedizin.de/eular-2012/3021016.html

MEHR ALS FRAKTURPRÄVENTION

Länger leben mit Vitamin D und KalziumAlte Menschen leben länger, wenn sie Vita-min D schlucken – sofern sie es mit Kalzium kombinieren. Der Gewinn an Lebenszeit ist nicht nur einem Rückgang von frakturbe-dingten Todesfällen zu verdanken. Dies konnten dänische Forscher bei der Auswer-tung randomisierter placebokontrollierter Studien mit insgesamt 70 528 Studienteil-nehmern, zu fast 90% Frauen (im Schnitt 70 Jahre alt), zeigen. Die Einnahme von Vita-

min D plus Kalzium war im Placebover-gleich nach drei Jahren mit einer gerin-geren Sterblichkeit assoziiert. Die absolute Risikoreduktion betrug 0,66%. Um einen Todesfall zu verhindern, müssen demnach 151 ältere Menschen drei Jahre lang regel-mäßig Vitamin D und Kalzium supplemen-tieren.

J Clin Endocrin Metab 2012; Epub ahead of print as doi:10.1210/jc.2011–3328

GEFAHR NICHT NUR FÜRS HERZ

Mehr Stress – mehr SchlaganfälleNicht nur die Koronarien reagieren auf Stress. Eine prospektive Studie mit 68 652 Briten hat gezeigt, dass bei starker psy-chischer Belastung auch ein tödlicher Schlaganfall drohen kann. Psychische Stres-soren wurden in der Studie mit dem Gene-ral Health Questionnaire evaluiert. Zum Stu-dienstart waren bei den Probanden keine kardiovaskulären Erkrankungen bekannt. Allerdings fühlten sich 14,7% gestresst. Im Lauf von rund acht Jahren verstarben1010 Probanden an einer ischämischen Herzer-krankung, 795 an anderen Herz-Kreislauf-Komplikationen und 562 infolge einer zere-brovaskulären Erkrankung. Sowohl bei kar-diovaskulären als auch bei zerebrovaskulär bedingten Todesfällen zeigte sich: je größer der Stress, desto höher das Sterberisiko. CMAJ 2012; DOI:10.1503/cmaj.111719

GIBT ES AMBULANTE ALTERNATIVEN?

Klinikaufenthalt für Demenzpatienten oft fatalBei Alzheimerpatienten erhöht eine statio-näre Behandlung das Risiko für Heimein-weisung und baldigen Tod. Besonders ge-fährdet sind Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts ein Delir entwi-ckeln, ergab eine prospektive Studie des Massachusetts Alzheimer’s Disease Re-search Center mit 771 Alzheimerpatienten. Ein Klinikaufenthalt erhöhte bei den Pati-enten das Risiko, innerhalb des nächsten

Jahres zu sterben oder in ein Pflegeheim zu kommen, um das 4,7- bzw. 6,9-Fache. Nach einem Klinikaufenthalt mit Delir waren Tod oder Heimeinweisung sogar 5,4- bzw. 9,3-mal so häufig wie bei Alzheimerpatienten ohne stationäre Behandlung. Die Autoren raten daher, bei Demenzpatienten beson-ders darauf zu achten, ob eine Behandlung wirklich stationär erfolgen muss. Ann Intern Med 2012;156:848–856

BEWEGUNG ALS LANGZEIT-ANALGETIKUM

Sportler verkraften Schmerzen leichter Sportler haben eine deutlich höhere Schmerztoleranz als Nichtsportler. Wissen-schaftler der Uniklinik Heidelberg haben 15 Studien ausgewertet, in denen die Wirkung eines Schmerzreizes bei Sport-lern und Nichtsport-lern in Ruhe verglichen wurde. Teilgenommen hatten 568 Sportler und 331 normal aktive Kontrollpersonen. Als Sportler galt, wer jede Woche mindestens drei Stunden trainierte. Die

Sportler ertrugen Schmerzen signifikant besser. Die höchste Schmerztoleranz hatten Ballsportler, gefolgt von Ausdauersportlern.

Kraftsportler waren nicht schmerztole-ranter als normal aktive Personen. Die Wirkung regelmä-ßigen Trai nings auf die Schmerztoleranz ist „vergleichbar mit der eines gängigen Schmerzmittels“, so die Autoren. Pain 2012; 153: 1253–62

Der Herr in Weiß toleriert den Schmerz ganz gut ...

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