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36 JOT 9.2014 Farbtrends bei Automobillacken Mehr Glanz, mehr Flop Rund vier Jahre dauert es, bis der neu entwickelte Farbton eines Automobillackes auf der Straße, sprich an einem Serienfahrzeug, zu sehen ist. Aufgabe der Designer ist es deshalb, die Farbtrends vorauszusehen und heute schon Farbvorschläge für die Automodelle von morgen zu machen. W eiß und Braun: An diesen bei- den Farben werden aktuellere Trends der Farbgebung von Autos am besten deutlich. Bis vor wenigen Jah- ren war Weiß ein neutraler, um nicht zu sagen langweiliger und niemals auf- preispflichtiger Farbton, der vor allem für Lieferwagen und Firmenfahrzeuge gewählt wurde. Dann wurde das erste (weiße) iPhone vorgestellt, bei Bühnenshows von Weltstars wie Madonna dominier- te Weiß als Farbe der Reinheit – und es entstanden weiße Effekt-Farbtöne für die Automobillackierung, die so „in“ waren, dass die Hersteller neue Modelle auf den großen Messen häufig in Weiß präsentierten. Diese Entwicklung kann man in Zahlen ausdrücken. Im Jahr 2007 ent- fielen drei Prozent der Neuzulassungen in Deutschland auf weiße Fahrzeuge, heute sind es 19 Prozent. Einen ähnli- chen Trend gibt es bei braunen Farbtö- nen. Hier stieg der Anteil in den ver- gangenen sieben Jahren von ein Pro- zent auf sechs Prozent. 65 neue Farbtöne im Jahr Da man derartige Entwicklungen auf gesellschaſtliche Mega-Trends zurück- führen kann, lassen sie sich auch in ei- nem gewissen Rahmen vorhersehen. Aufgabe der Designer bei den Auto- lackherstellern wie BASF Coatings ist es, diese Trends zu beobachten und als Basis zu verwenden, um einige Jahre vorauszuschauen. Bei BASF Coatings übernimmt dies ein Design-Team, das in Münster vis-à-vis vom Werksgelän- de in der Villa des ehemaligen Glasurit- Firmenbesitzers arbeitet und eine klar definierte Aufgabe hat. Mark Gutjahr, Leiter Design BASF Europa: „Wir entwickeln jedes Jahr 65 neue Farbtöne – je 20 für Europa, Nordamerika und Asien plus fünf für den chinesischen Markt.“ Diese Far- ben werden den Autoherstellern vorge- stellt und häufig noch modifiziert, be- vor die endgültige Entscheidung fällt: „Die Kunden wünschen dann teilwei- se leichte Veränderungen wie zum Bei- spiel einen stärkeren Flop-Effekt – das Ganz in Weiß: Der Marktanteil weißer Fahrzeuge in der deutschen Zulassungsstatistik hat sich in den vergangenen sieben Jahren von drei auf 19 Prozent erhöht © BMW LACKE JOURNAL FÜR OBERFLÄCHENTECHNIK

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Page 1: Mehr Glanz, mehr Flop

36 JOT 9.2014

Farbtrends bei Automobillacken

Mehr Glanz, mehr FlopRund vier Jahre dauert es, bis der neu entwickelte Farbton eines Automobillackes auf der Straße,

sprich an einem Serienfahrzeug, zu sehen ist. Aufgabe der Designer ist es deshalb, die Farbtrends

vorauszusehen und heute schon Farbvorschläge für die Automodelle von morgen zu machen.

Weiß und Braun: An diesen bei-den Farben werden aktuellere

Trends der Farbgebung von Autos am besten deutlich. Bis vor wenigen Jah-ren war Weiß ein neutraler, um nicht zu sagen langweiliger und niemals auf-preispflichtiger Farbton, der vor allem für Lieferwagen und Firmenfahrzeuge gewählt wurde.

Dann wurde das erste (weiße) iPhone vorgestellt, bei Bühnenshows von Weltstars wie Madonna dominier-te Weiß als Farbe der Reinheit – und es entstanden weiße Effekt-Farbtöne für die Automobillackierung, die so „in“ waren, dass die Hersteller neue Modelle auf den großen Messen häufig in Weiß präsentierten.

Diese Entwicklung kann man in Zahlen ausdrücken. Im Jahr 2007 ent-fielen drei Prozent der Neuzulassungen in Deutschland auf weiße Fahrzeuge, heute sind es 19 Prozent. Einen ähnli-chen Trend gibt es bei braunen Farbtö-nen. Hier stieg der Anteil in den ver-gangenen sieben Jahren von ein Pro-zent auf sechs Prozent.

65 neue Farbtöne im Jahr Da man derartige Entwicklungen auf gesellschaftliche Mega-Trends zurück-führen kann, lassen sie sich auch in ei-nem gewissen Rahmen vorhersehen. Aufgabe der Designer bei den Auto-lackherstellern wie BASF Coatings ist es, diese Trends zu beobachten und als

Basis zu verwenden, um einige Jahre vorauszuschauen. Bei BASF Coatings übernimmt dies ein Design-Team, das in Münster vis-à-vis vom Werksgelän-de in der Villa des ehemaligen Glasurit-Firmenbesitzers arbeitet und eine klar definierte Aufgabe hat.

Mark Gutjahr, Leiter Design BASF Europa: „Wir entwickeln jedes Jahr 65 neue Farbtöne – je 20 für Europa, Nordamerika und Asien plus fünf für den chinesischen Markt.“ Diese Far-ben werden den Autoherstellern vorge-stellt und häufig noch modifiziert, be-vor die endgültige Entscheidung fällt: „Die Kunden wünschen dann teilwei-se leichte Veränderungen wie zum Bei-spiel einen stärkeren Flop-Effekt – das

Ganz in Weiß: Der Marktanteil weißer Fahrzeuge in der deutschen Zulassungsstatistik hat sich in den vergangenen sieben Jahren von drei auf 19 Prozent erhöht

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sind unterschiedliche Farbeffekte bei verschiedenen Blickwinkeln – oder et-was mehr Gelb im Blau.“

Neue Effektlacke mit Aluminium und Glas Abgesehen von den immer neuen Farb-tönen gibt es auch neue Effekte und Technologien bei Autoserienlacken, die jeweils in verschiedenen Farbstellun-gen ausgearbeitet werden. Auch sie un-terliegen Langfristtrends wie – das ist zurzeit vorherrschend – dem Wunsch nach höherem Glanzgrad und verstärk-ten Effekten.

In diesen Trend passt der „Chrome Look“, den BASF Coatings in Zusam-menarbeit mit einem Pigmentherstel-ler entwickelt hat. In den Lack werden sehr dünne Aluminium-Flakes ein-gearbeitet, die im PVD-Verfahren ge-wonnen werden und eine Höhe von nur 30 bis 50 Nanometern aufwei-sen. Zum Vergleich: Bei herkömmli-chen Effektlacken sind es 100 bis 500 Nanometer. Florina Trost, Designerin bei BASF Coatings: „Die Flakes erzeu-gen eine stark glänzende, chrom-ähn-liche Optik, die eine sehr ausgepräg-te Modellierung der Karosseriekontu-ren bewirkt.“ Für diesen Effekt ist eine zusätzliche Lackschicht erforderlich: Auf die Grundfarbe Silber wird noch ein „Liquid Metal Layer“ aufgebracht. Diese sogenannte Alubeam-Technolo-gie wurde als erstes bei den Mercedes-Modellen CL 63 AMG und SLS ange-

boten. Den Anfang machte ein silber-ner Farbton, der Effekt ist aber auch mit grauen, blauen und goldenen Far-ben darstellbar.

Weniger extravagant, aber auch mit zusätzlichem Glanz ausgestattet, sind die Farbtöne der „XFine“-Serie, die BASF Coatings erstmals 2011 vor-gestellt hat und die unter anderem bei den M-Modellen von BMW angeboten werden. Sie zeichnen sich durch ver-stärkte Flop-Effekte aus.

Glaspartikel bringen Lack zum FunkelnBesondere Effekte verspricht die neu-este Entwicklung mit der Bezeichnung „XSpark“. Diese Lacke zeichnen sich durch einen klaren, reinen „Sparkle“-Effekt aus, der durch einen neuen Zu-satz bewirkt wird. Mark Gutjahr: „Wir verwenden hier pure, monochrome Pigmente und arbeiten in den Lack spezielle Glas-Flakes ein.“ Die „Fun-kelwirkung“ ist stärker vom Lichtein-fall abhängig als bei anderen Effektla-cken. Das sorgt, so Mark Gutjahr, für eine besonders sportliche und elegan-te Note. Die Stärke des Effektes kann über den Anteil der Glaspartikel an die Wünsche des Autoherstellers angepasst werden.

Zu den produktionstechnischen Herausforderungen, die diese neue Art von Effektlacken stellt, gehört die sehr enge Korngrößenverteilung der Glas-partikel. Der Grund dafür ist deutlich

Dem Trend voraus: Das Team von Mark Gutjahr muss den Lacktrends um vier Jahre voraus sein. Im Hintergrund: einige der 65 Farbvorschläge für das Modelljahr 2017/ 2018.

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Glaspartikel bringen den Autolack zum Glänzen

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In den Lacklaboren werden die neuen Farbtöne in Kombination mit verschiedenen Applikationsverfahren getestet. Rechts im Bild: Dr. Christian Bornemann, Leiter des Lacklabors Münster.

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sichtbar und sogar fühlbar: Wenn zu große Partikel eingemischt werden, ste-hen sie aus dem Clearcoat heraus.

Von der Idee zur Serie Der Zeitraum von der Idee bis zur Se-rienreife dauert bei neuen Lacken – ob mit oder ohne Eff ekt – auch deshalb so lange, weil die Bewitterungstests rund

zwei Jahre in Anspruch nehmen. Die Anpassung des vom Kunden gewähl-ten Farbtons an die jeweilige Produk-tions-, das heißt Applikationstech-nik, erfordert sehr viel Detailarbeit. Diese Arbeit übernimmt das von Ste-fan Schwarte geleitete ColorLab: „Wir übersetzen den Farbton der Designer in Chemie und nutzen dabei eine Tool-

box für die Erzeugung der gewünsch-ten Farbe.“ Ziel ist dabei immer die Li-nienfähigkeit des Farbtons.

Die große Herausforderung be-steht darin, bei Fahrzeugen aus ver-schiedenen Werken, die unterschiedli-che Applikationstechniken nutzen, ein und denselben Farbton zu erzeugen. Das hat die Konsequenz, dass sich bei identischer Farbe die Rezepturen für die einzelnen Werke durchaus unter-scheiden können. Ebenso anspruchs-voll ist die Aufgabe, bei den verschiede-nen Untergründen des „Materialmix“, aus dem die Autokarossen inzwischen gefertigt werden, eine einheitliche Ap-pearance zu erzeugen.

Tests im LacklaborWenn es darum geht, die exakte Rezep-tur für den gewünschten Farbton und die zur Verfügung stehende Applika-tionstechnik zu finden, kommen die Lacklabore ins Spiel, die BASF Coatings an mehreren Standorten unterhält. Dr. Christian Bornemann, Leiter des Lacklabors Münster: „Wir können hier alle Applikationstechniken anwenden, den Lack entsprechend auft ragen und umfassend untersuchen.“ Gerald Sche� els

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