kardiomyopathie durch kobaltintoxikation

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Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:195–197 DOI 10.1007/s40664-014-0030-8 Online publiziert: 11. Mai 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 M. Bundschuh · A. Gerber Zentrum für Gesundheitswissenschaften, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main Kardiomyopathie   durch Kobaltintoxikation In den letzten Jahren wurde in der Lite- ratur regelmäßig über einen möglichen Zusammenhang zwischen defekten Hüft- prothesen und dem Auftreten einer kobaltinduzierten Kardiomyopathie be- richtet [1–5]. Seit einigen Wochen wird diese Diskussion erneut in den Printme- dien sowie Fernseh- und Rundfunkanstal- ten geführt [6]. Grundlage für die aktu- ellen Diskussionen sind zwei Fallberichte, die in den Fachzeitschriften The Lancet und New England Journal of Medicine publiziert wurden [6–8]. Im ersten Fall handelt es sich um einen 55-jährigen Patienten, der im Mai 2012 aufgrund einer Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium IV in der Kardiologie der Universitätsklinik Marburg vorstellig wurde. In der Laboruntersuchung zeig- te sich ein erhöhter Wert des „brain-type natriuretic peptide“ (BNP) von 1053 ng/l (normal <55 ng/l) und in der Echokardio- graphie eine Ejektionsfraktion (EF) von nur 25%. Weitere Befunde waren Hypo- thyreose, Ösophagitis, Einschränkung des Seh- und Hörvermögens sowie Fieber un- bekannter Ursache. In der Computerto- mographie zeigten sich mediastinal und im Bereich der linken Hüfte vergrößer- te Lymphknoten. Zur Vorgeschichte: Bis auf die beiden Hüftprothesen sind keine wesentlichen Vorerkrankungen, insbe- sondere keine kardialen Erkrankungen bekannt. Im Jahr 2001 hatte der Patient einen beidseitigen Hüftgelenkersatz mit- tels Keramikprothesen erhalten. Nach einem Sturz im Jahr 2010 kam es zum Bruch der linken Prothese. Die durch den Bruch aufgetretenen Splitter versuchten die Chirurgen während der Operation durch Spülung zu entfernen und ersetzten im November 2010 die gebrochene Kera- mikprothese durch eine Metall-auf-Poly- ethylen-Prothese (bestehend aus Kobalt, Chrom und Molybdän) [8]. Die behandelnden Ärzte schreiben in ihrem Artikel in The Lancet, dass sie auf- grund eines ähnlichen Falls aus der im Studentenunterricht gezeigten Fernseh- sendung Dr. House eine Kobaltvergiftung als die wahrscheinlichste Ursache vermu- teten (7. Staffel, 143. Episode). Es folgte in der weiteren Diagnostik eine Röntgenauf- nahme der Hüfte, in der sich eine Myositis ossificans mit metallischen Ablagerungen zeigte. Im Labor fielen sowohl stark er- höhte Werte für Kobalt (15.000 nmol/l bei einem Referenzwert von <15,3 nmol/l) als auch für Chrom (942 nmol/l bei einem Referenzwert von <9,6 nmol/l) auf. Auch die Urinuntersuchung ergab deutlich er- höhte Werte dieser beiden Metalle. Es wurde eine Behandlung mit 2,3-Dimer- captopropan-1-Sulfonat eingeleitet und die Prothese wurde durch eine Kunststoff- prothese ersetzt. In den weiteren Labor- kontrollen nach Ersatz der Metallprothese zeigten sich die Plasmakonzentrationen von Kobalt und Chrom rückläufig und die klinische Situation des Patienten ver- besserte sich langsam. Die EF verbesserte sich auf 40%, Ösophagitis und Fieber wa- ren nicht mehr vorhanden, aber Seh- und Hörfähigkeit des Patienten hatten sich nur geringfügig verbessert [6, 8]. Im zweiten, ähnlichen Fall wurde im New England Journal of Medicine von einer kobaltinduzierten Kardiomyopathie im Zusammenhang mit einer Hüftpro- these allerdings ohne Bruch der Prothese berichtet. Eine 59-jährige Patientin stellte sich mit Husten, Belastungsdyspnoe sowie Unterschenkelödemen vor. Sie hatte vier Jahre zuvor auf der rechten bzw. drei Jahre zuvor auf der linken Seite einen Hüftge- lenkersatz erhalten. Im weiteren Ver- lauf verschlechterte sich der Zustand der Patientin rapide, der histologische Befund ergab die Diagnose einer Kardiomyopa- thie. Letztlich benötigte die Patientin im weiteren Verlauf aufgrund einer erneuten Verschlechterung der kardialen Sympto- matik eine Herztransplantation. Elektro- nenmikroskopische Gewebeproben des Explantats des linken Ventrikels zeigten abnorm geformte Mitochondrien, die mit einer Kobalt-Chrom-induzierten Kardio- myopathie einhergehen. In der Magnet- resonanztomographie (MRT) der Hüfte zeigten sich beidseitig dünnwandige Flüssigkeitsansammlungen vereinbar mit Pseudotumoren bedingt durch eine Re- aktion auf die Metallimplantate. Der Se- rumspiegel von Kobalt lag bei 287,6 μg/l (normal <1,0 μg/l). Messungen der Kobalt- und Chromwerte aus gespeicher- ten Blutproben der Patientin ergaben zunehmend höhere Werte dieser Metalle. Nach dem Entfernen beider Metall-auf- Metall-Prothesen waren die Serumspiegel für Kobalt und BNP schnell rückläufig und die linksventrikuläre Ejektionsfrak- tion (LVEF) normalisierte sich [7]. Kobalt Das Schwermetall Kobalt ist für den Men- schen ein essenzielles Spurenelement. Mit der Nahrung werden tägliche Dosen zwi- schen 40 und 50 μg Kobalt aufgenommen [9]. Allerdings wird in der Literatur seit Jahren eine mögliche kardiotoxische Wir- kung des Metalls diskutiert. Erstmals wur- de diese in den 1960er Jahren beschrieben, als Männer im kanadischen Quebec an einer Kardiomyopathie erkrankten, 195 Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 3 · 2014| Übersichten

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Page 1: Kardiomyopathie durch Kobaltintoxikation

Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:195–197DOI 10.1007/s40664-014-0030-8Online publiziert: 11. Mai 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

M. Bundschuh · A. GerberZentrum für Gesundheitswissenschaften, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin

und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Kardiomyopathie  durch Kobaltintoxikation

In den letzten Jahren wurde in der Lite-ratur regelmäßig über einen möglichen Zusammenhang zwischen defekten Hüft-prothesen und dem Auftreten einer kobaltinduzierten Kardiomyopathie be-richtet [1–5]. Seit einigen Wochen wird diese Diskussion erneut in den Printme-dien sowie Fernseh- und Rundfunkanstal-ten geführt [6]. Grundlage für die aktu-ellen Diskussionen sind zwei Fallberichte, die in den Fachzeitschriften The Lancet und New England Journal of Medicine publiziert wurden [6–8].

Im ersten Fall handelt es sich um einen 55-jährigen Patienten, der im Mai 2012 aufgrund einer Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium IV in der Kardiologie der Universitätsklinik Marburg vorstellig wurde. In der Laboruntersuchung zeig-te sich ein erhöhter Wert des „brain-type natriuretic peptide“ (BNP) von 1053 ng/l (normal <55 ng/l) und in der Echokardio-graphie eine Ejektionsfraktion (EF) von nur 25%. Weitere Befunde waren Hypo-thyreose, Ösophagitis, Einschränkung des Seh- und Hörvermögens sowie Fieber un-bekannter Ursache. In der Computerto-mographie zeigten sich mediastinal und im Bereich der linken Hüfte vergrößer-te Lymphknoten. Zur Vorgeschichte: Bis auf die beiden Hüftprothesen sind keine wesentlichen Vorerkrankungen, insbe-sondere keine kardialen Erkrankungen bekannt. Im Jahr 2001 hatte der Patient einen beidseitigen Hüftgelenkersatz mit-tels Keramikprothesen erhalten. Nach einem Sturz im Jahr 2010 kam es zum Bruch der linken Prothese. Die durch den Bruch aufgetretenen Splitter versuchten die Chirurgen während der Operation durch Spülung zu entfernen und ersetzten im November 2010 die gebrochene Kera-

mikprothese durch eine Metall-auf-Poly-ethylen-Prothese (bestehend aus Kobalt, Chrom und Molybdän) [8].

Die behandelnden Ärzte schreiben in ihrem Artikel in The Lancet, dass sie auf-grund eines ähnlichen Falls aus der im Studentenunterricht gezeigten Fernseh-sendung Dr. House eine Kobaltvergiftung als die wahrscheinlichste Ursache vermu-teten (7. Staffel, 143. Episode). Es folgte in der weiteren Diagnostik eine Röntgenauf-nahme der Hüfte, in der sich eine Myositis ossificans mit metallischen Ablagerungen zeigte. Im Labor fielen sowohl stark er-höhte Werte für Kobalt (15.000 nmol/l bei einem Referenzwert von <15,3 nmol/l) als auch für Chrom (942 nmol/l bei einem Referenzwert von <9,6 nmol/l) auf. Auch die Urinuntersuchung ergab deutlich er-höhte Werte dieser beiden Metalle. Es wurde eine Behandlung mit 2,3-Dimer-captopropan-1-Sulfonat eingeleitet und die Prothese wurde durch eine Kunststoff-prothese ersetzt. In den weiteren Labor-kontrollen nach Ersatz der Metallprothese zeigten sich die Plasmakonzentrationen von Kobalt und Chrom rückläufig und die klinische Situation des Patienten ver-besserte sich langsam. Die EF verbesserte sich auf 40%, Ösophagitis und Fieber wa-ren nicht mehr vorhanden, aber Seh- und Hörfähigkeit des Patienten hatten sich nur geringfügig verbessert [6, 8].

Im zweiten, ähnlichen Fall wurde im New England Journal of Medicine von einer kobaltinduzierten Kardiomyopathie im Zusammenhang mit einer Hüftpro-these allerdings ohne Bruch der Prothese berichtet. Eine 59-jährige Patientin stellte sich mit Husten, Belastungsdyspnoe sowie Unterschenkelödemen vor. Sie hatte vier Jahre zuvor auf der rechten bzw. drei Jahre

zuvor auf der linken Seite einen Hüftge-lenkersatz erhalten. Im weiteren Ver-lauf verschlechterte sich der Zustand der Patientin rapide, der histologische Befund ergab die Diagnose einer Kardiomyopa-thie. Letztlich benötigte die Patientin im weiteren Verlauf aufgrund einer erneuten Verschlechterung der kardialen Sympto-matik eine Herztransplantation. Elektro-nenmikroskopische Gewebeproben des Explantats des linken Ventrikels zeigten abnorm geformte Mitochondrien, die mit einer Kobalt-Chrom-induzierten Kardio-myopathie einhergehen. In der Magnet-resonanztomographie (MRT) der Hüfte zeigten sich beidseitig dünnwandige Flüssigkeitsansammlungen vereinbar mit Pseudotumoren bedingt durch eine Re-aktion auf die Metallimplantate. Der Se-rumspiegel von Kobalt lag bei 287,6 μg/l (normal <1,0 μg/l). Messungen der Kobalt- und Chromwerte aus gespeicher-ten Blutproben der Patientin ergaben zunehmend höhere Werte dieser Metalle. Nach dem Entfernen beider Metall-auf-Metall-Prothesen waren die Serumspiegel für Kobalt und BNP schnell rückläufig und die linksventrikuläre Ejektionsfrak-tion (LVEF) normalisierte sich [7].

Kobalt

Das Schwermetall Kobalt ist für den Men-schen ein essenzielles Spurenelement. Mit der Nahrung werden tägliche Dosen zwi-schen 40 und 50 μg Kobalt aufgenommen [9]. Allerdings wird in der Literatur seit Jahren eine mögliche kardiotoxische Wir-kung des Metalls diskutiert. Erstmals wur-de diese in den 1960er Jahren beschrieben, als Männer im kanadischen Quebec an einer Kardiomyopathie erkrankten,

195Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 3 · 2014  | 

Übersichten

Page 2: Kardiomyopathie durch Kobaltintoxikation

damals auch Quebec beer-drinkers‘ car-diomyopathy benannt. Diese Männer konsumierten große Mengen an Bier, dem lokale Brauereien Kobalt(II)-sulfat als Schaumstabilisator beigefügt hatten. Nachdem die kanadischen Brauereien den Zusatz von Kobalt einstellten, traten die-se Krankheitsfälle nicht mehr auf [6, 10].

Verschiedene Fallberichte der letzten Jahre legen einen möglichen Zusammen-hang zwischen defekten Hüftprothesen und Auftreten einer kobaltinduzierten Kardiomyopathie nahe [1–5]. Grundsätz-lich eignet sich Kobalt für Legierungen mit Chrom und Molybdän (Co 70%, Cr 25%, Mo 5%) gut zur Stabilität von Hüft-prothesen [8]. Bei Implantation von Me-tallprothesen kann es jedoch über einen Metallabrieb zur Freisetzung von Metall-ionen in das umgebende Gewebe und den Blutkreislauf kommen und somit zu einer deutlichen Erhöhung der Blutkonzentra-tionen für Kobalt und Chrom. Entstehen-de Partikel und Rauigkeiten des Gelenks führen zu einem schnellen Zermahlen des Metalls und entsprechend beschleunigter Freisetzung von Metallionen.

Kardiotoxische Wirkungen von Chrom und Molybdän sind in der Litera-tur bisher nicht eindeutig beschrieben [11, 12]. Als systemische Krankheitserschei-nungen durch eine Kobaltvergiftung werden aufgrund der Neurotoxizität einerseits neurologische Symptome wie Taubheit, Blindheit, Atrophie des N. op-ticus, Krampfanfälle, Kopfschmerzen, periphere Neuropathien und kognitive Beeinträchtigungen beschrieben, auf der anderen Seite aufgrund der kardiotoxi-schen Wirkung Kardiomyopathien [13–15].

Bezüglich der Bewertung der Blutspie-gel von Kobalt und Chrom ist die Daten-lage nicht ganz klar. Während in Deutsch-land verschiedene Labore Chromwerte von 0,4–0,7 μg/l und Kobaltwerte bis 0,9 μg/l als normal einstufen, werden von Alimonti et al. [16] Kobaltwerte <0,4 μg/l für normal befunden. Auch Heisel et al. [17] erachtet sowohl für Kobalt als auch für Chrom Schwankungen in einem Be-reich von 1–4 μg/l für normal [18]. Nach Pizon et al. [13] ist davon auszugehen, dass es ab einer Konzentration von 100 μg/l zu einer kobaltinduzierten Toxizität durch defekte Hüftprothesen kommt. Steens et

al. [19] betrachten eine akute Kobaltver-giftung ab Kobaltwerten von 25–30 μg/l.

Fazit für die Praxis

FBei klinisch auffälligen Patienten mit einer Hüftprothese sollten die  Metallkonzentrationen von Kobalt und Chrom im Blut gemessen und eine MRT-Aufnahme der Prothese durchgeführt werden.

FWenn keine MRT-Aufnahme möglich ist, sollte die Prothese mittels Ultra-schall untersucht werden. 

FBei erhöhten Metallkonzentrationen oder Pseudotumoren sind nach sechs Monaten die Untersuchungen zu  wiederholen. 

FBei weiter steigenden Werten ist eine Wechseloperation in Erwägung zu ziehen [18].

Korrespondenzadresse

M. BundschuhZentrum für Gesundheitswissenschaften, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe-UniversitätTheodor-Stern-Kai 7, Haus 9b, 60590 Frankfurt am [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. M. Bundschuh und A. Gerber geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

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Zusammenfassung · Abstract

Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:195–197DOI 10.1007/s40664-014-0030-8© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

M. Bundschuh · A. GerberKardiomyopathie durch Kobaltintoxikation

ZusammenfassungDerzeit wird ein möglicher Zusammenhang zwischen defekten Hüftprothesen und dem Auftreten einer kobaltinduzierten Kardio-myopathie diskutiert. In der vorliegenden Arbeit werden zwei Fallberichte dargestellt, bei denen nach Implantation einer Metall-Metall-Prothese neben einer Kardio-myopathie neurologische Symptome, Blind-heit, Taubheit sowie Hypothyreose aufgetre-ten sind. Im Serum wurden erhöhte Konzen-trationen von Kobalt und Chrom gemessen. Nach einer Behandlung mit 2,3-Dimercap-topropan-1-Sulfonat und Ersatz durch eine Kunststoffprothese kam es zu einem Rück-gang der erhöhten Werte und zur langsamen klinischen Besserung der Patienten.

SchlüsselwörterKobalt · Chrom · Hüftprothese · Herzmuskelerkrankung · Hypothyreose

Cobalt-induced cardiomyopathy

AbstractThe following article discusses two case re-ports about a possible correlation between defective hip implants and a cobalt-induced cardiomyopathy. The symptoms blindness, deafness, hypothyroidism, and neuropathy were diagnosed in addition to cardiomyopa-thy in the two patients after implantation of a metal–metal prosthesis. Increased concen-trations of cobalt and chromium were mea-sured in blood. After treatment with 2,3-di-mercaptopropane-1-sulfonate and replac-ing with plastic prosthesis elevated levels de-creased and the patients showed slow clinical improvement.

KeywordsCobalt · Chromium · Hip replacement · Heart muscle disease · Hypothyroidism

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Page 3: Kardiomyopathie durch Kobaltintoxikation

9. Gestis Stoffdatenbank. Cobalt. http://gestis.itrust.de-/nxt/gateway.dll/gestis_de/000000.xml?f=templates$fn=default.htm$3.0. Zugegrif-fen: 25. Feb. 2014

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18. Thomsen M, Kretzer JP, Krenn V, Thomas P (2013) Unterschiedliche Erscheinungsbilder bei Patienten mit Metall-Metall-Gleitpaarungs-Prothesen. Or-thopäde 42:637–642

19. Steens W, Foerster G von, Katzer A (2006) Severe cobalt poisoning with loss of sight after ceramic-metal pairing in a hip – a case report. Acta Orthop 77:830–832

Siegfried KnasmüllerKrebs und Ernährung; Risiken und Prävention – wissenschaft-liche Grundlagen und Ernäh-rungsempfehlungenStuttgart: Thieme Verlag 2014, 1., (ISBN 978-3-13-154211-3), 69.00 EUR

Das Risiko für die Krebsenstehung ist nicht

nur eine Frage der Vererbung oder des Alters,

sondern basiert primär auf falscher Ernährung

und Rauchen. So berichtet die Weltgesund-

heitsorganisation (WHO) im Word Cancer

Report, dass ca. 35 % der Tumorerkrankungen

auf die Ernährung und zu 30 % auf Rauchen

zurückzuführen sind.

Der Autor Siegfried Knasmüller präsentiert in

seinem Buch „Krebs und Ernährung; Risiken

und Prävention – wissenschaftliche Grund-

lagen und Ernährungsempfehlungen“ die

Zusammenhänge der Tumorgenese und die

Auswirkung der Nahrungsinhaltsstoffe auf

diesen Prozess. Die Buchkapitel thematisie-

ren zudem, welche Mechanismen vor Krebs

schützen und wie Abwehrmechanismen

aktiviert werden. Auch die Risikofaktoren, wie

Übergewicht, übermäßiger Fleischkonsum,

Süßungsmittel und andere Zusatzstoffe sowie

Schwermetalle und Dioxine werden vom

Autor kritisch beleuchtet. Hierbei, wie auch

in weiteren Kapiteln, unterlegt der Autor die

theoretischen Grundlagen durch aktuelle

Ergebnisse aus Humanstudien oder tierex-

perimentellen Befunden. Stabilisierende und

schützende Faktoren sowie ihre protektiven

Mechanismen, z.B. von Folsäure, Vitamin C, A

und E, Spurenelemente, grüner Tee, Kaffee,

Prä- und Probiotika, Resveratrol oder Phyto-

östrogene, werden in einem separaten Kapitel

thematisiert. Abschließend zeigt der Autor

Ernährungsempfehlungen für Gesunde und

Risikogruppen auf, verweist auf Grenzwerte

und Risiken krebsauslösender Substanzen

und gibt Vorschläge für die Zubereitung von

Nahrungsmitteln, um protektive Inhaltsstoffe

so wenig wie möglich durch derartige Prozes-

se zu beeinflussen.

Die vorhandenen Abbildungen stellen kom-

plexe Aspekte sehr übersichtlich dar. In farb-

lich unterlegten, als „Exkurs“-bezeichneten

Textboxen bietet der Autor dem Leser zusätz-

liche Einschätzungen zu aktuellen Themen.

Hierbei handelt es sich um Fragen oder Hin-

weise, die oft im (Klinik-) Alltag auftauchen:

Sind gentechnisch veränderte Lebensmitteln

Buchbesprechungen

gesundheitsgefährdend oder kanzerogen?

Kann vegetarische Ernährung vor Krebs

schützen? Welche Nahrungsmittel sollte man

konsumieren, um die Aufnahme von Phyto-

Östrogenen zu erhöhen?

Das Buch stellt insgesamt eine kompakte, wis-

senschaftlich fundierte, praktisch umsetzbare,

übersichtliche und gut verständliche Fach-

lektüre zum Thema Krebs und Ernährung dar.

Sie ist für alle medizinischen Berufsgruppen

zu empfehlen, die sich nicht nur detaillierter

mit den pathophysiologischen Hintergründen

der Tumorgenese befassen, sondern auch im

Bereich der klinischen Ernährungsberatung

tätig sind.

Isabel Behrendt (Hannover)

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