kanonische integraloperatoren zur erzeugung harmonischer funktionen von vier veränderlichen

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Vol. XIV, 1963 193 Kanonisehe Integraloperatoren zur Erzeugung harmonischer Funktionen von vier Veriinderliehen H. Sc~ImT zum 60. Geburtstag Von ERwI.~ K.aEYSZrG 1. Einleitung. Die vorliegende Arbeit bildet eine Weiterffihrung yon Untersuehun- gen, die ich begann, als ich am Mathematischen Institut der Universit~t Wiirzburg zu Gast war, und ich danke Herrn Professor HERMA2q.~ SCHMIDT aueh anl//131ich der vorliegenden Gelegenheit fiir die arrregenden Monate, die ich in Wfirzburg verbringen konnte. Unter ,,Integraloperatoren" werden im folgenden Operatoren verstanden, die kom- plexe analytische Funktionen in L6sungen linearer homogener partie[ler Differential- gleichungen transformieren. Eine solche LSsung ist dann also zun/ichst dutch ein Integral dargestellt. Es ist klar, dab man eine derartige Darstellung sofort erh/ilt, indem man yon einer L6sung / ausgeht, die yon einem Parameter v abh/ingt, und diese fiber v integriert, wobei man / vor der Integration auch noch mit einer beliebigen stetigen Funktion yon v multiplizieren kann. Dieser naheliegende Gedanke ist schon lange bekannt. Es ist BERG:~aSS Verdienst, darauf hingewiesen zu haben, dab man diesen Weg zum Aufbau wesentlicher Teile der Theorie der partiellen Differential- gleichungen auf funktionentheoretischer Grundtage benutzen karm. Dies ist der Zweck der von B~RC.~IA~ begrfindeten Theorie der Integraloperatoren, die damit eine Erg~nzung der klassischen Theorie tier partiellen Differentialgleichungen darstellt und fibrigens auch Anwendungen bei praktisehen Problemen, z. B. in der Hydrodynamik, gefunden hat. Vergleiche [1], [2]. Die Benutzung der Operatoren bildet in dieser Theorie gewissermaBen ein ,,Ubertragungsprinzip", mit dessen Hilfe man aus Ergeb- nissen der Funktionentheorie S~itze fiber aUgemeine Eigenschaften der L6sungen ge- wisser Klassen partieller Differentialgleichungen erhalten kann, z. B. fiber das Re- ~aiarit/s die Verteilung der Singutarit/~ten, das Waehstum usw. BE~o.~As, WHITTAKER, VEKUA, TE:~tLIAKOFFund andere haben eine Anzahl ver- schiedenartiger Operatoren eingeffihrt. Von einer systematischen Erfassung der ffir den genannten Zweck brauchbaren Operatoren ist man zur Zeit jedoch noch weit entfernt. In der vorliegenden Arbeit wird ein Beitrag zu diesem Problem geleistet, und zwar ffir die Laplacesche Differentialgleichung in vier Veriinderlichen, die ins- besondere wegen des bekannten Zusammenhanges mit der dreidimensionalen Wellen- gleichung praktische Bedeutung beansprucht. Der erste Integraloperator zur Darstellung harmonischer Funktionen dreier Ver- Ard~iv der Mathematik XIV 14

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Vol. XIV, 1963 193

Kanonisehe Integraloperatoren zur Erzeugung harmonischer Funktionen von vier Veriinderliehen

H. Sc~ImT zum 60. Geburtstag

V o n

ERwI.~ K.aEYSZrG

1. Einleitung. Die vorliegende Arbeit bildet eine Weiterffihrung yon Untersuehun- gen, die ich begann, als ich am Mathematischen Inst i tut der Universit~t Wiirzburg zu Gast war, und ich danke Herrn Professor HERMA2q.~ SCHMIDT aueh anl//131ich der vorliegenden Gelegenheit fiir die arrregenden Monate, die ich in Wfirzburg verbringen konnte.

Unter , ,Integraloperatoren" werden im folgenden Operatoren verstanden, die kom- plexe analytische Funktionen in L6sungen linearer homogener partie[ler Differential- gleichungen transformieren. Eine solche LSsung ist dann also zun/ichst dutch ein Integral dargestellt. Es ist klar, dab man eine derartige Darstellung sofort erh/ilt, indem man yon einer L6sung / ausgeht, die yon einem Parameter v abh/ingt, und diese fiber v integriert, wobei man / vor der Integration auch noch mit einer beliebigen stetigen Funktion yon v multiplizieren kann. Dieser naheliegende Gedanke ist schon lange bekannt. Es ist BERG:~aSS Verdienst, darauf hingewiesen zu haben, dab man diesen Weg zum Aufbau wesentlicher Teile der Theorie der partiellen Differential- gleichungen auf funktionentheoretischer Grundtage benutzen karm. Dies ist der Zweck der von B~RC.~IA~ begrfindeten Theorie der Integraloperatoren, die damit eine Erg~nzung der klassischen Theorie tier partiellen Differentialgleichungen darstellt und fibrigens auch Anwendungen bei praktisehen Problemen, z. B. in der Hydrodynamik, gefunden hat. Vergleiche [1], [2]. Die Benutzung der Operatoren bildet in dieser Theorie gewissermaBen ein ,,Ubertragungsprinzip", mit dessen Hilfe man aus Ergeb- nissen der Funktionentheorie S~itze fiber aUgemeine Eigenschaften der L6sungen ge- wisser Klassen partieller Differentialgleichungen erhalten kann, z. B. fiber das Re- ~aiarit/s die Verteilung der Singutarit/~ten, das Waehstum usw.

BE~o.~As, WHITTAKER, VEKUA, TE:~tLIAKOFF und andere haben eine Anzahl ver- schiedenartiger Operatoren eingeffihrt. Von einer systematischen Erfassung der ffir den genannten Zweck brauchbaren Operatoren ist man zur Zeit jedoch noch weit entfernt. In der vorliegenden Arbeit wird ein Beitrag zu diesem Problem geleistet, und zwar ffir die Laplacesche Differentialgleichung in vier Veriinderlichen, die ins- besondere wegen des bekannten Zusammenhanges mit der dreidimensionalen Wellen- gleichung praktische Bedeutung beansprucht.

Der erste Integraloperator zur Darstellung harmonischer Funktionen dreier Ver- Ard~iv der Mathematik XIV 14

194 E. KREYSZIG ARCH. MATH

/~nderlicher wurde yon WHrr'rAr:ER [3] eingefiihrt und yon B~Rc3~,.~ und anderen eingehend untersucht [1], [4]. Ein //hnlicher Operator wurde von E:RD~LYI [5] ver- wendet. Beide Operatoren sind Sonderf/ille einer recht allgemeinen Klasse yon Opera- toren, wie kfirzlich gezeig~ wurde [6].

Fiir die Laplacesche Differentialgleichung in vier Ver/~nderlichen sind bisher auch nur zwei spezielle Operatoren bekanntgeworden, die sich im Zusammenhang mit funktionentheoretischen Untersuchungen verwenden lassen. Einer davon s t ammt von WHITTAr~ER [3]. Dieser Operator wird aber ziemlich kompliziert, wenn man ihn ins Komplexe transformiert. Der andere wurde von GrL~ERT [7] unter Benutzung einer schon bei ERDI~LYI [5] vorkommenden Hilfsvariablen angegeben.

In der vorliegenden Arbeit wird nun eine ganze Klasse yon Integraloperatoren eingeffihrt und untersucht, die sich zur Erzeugung harmonischer Funktionen von vier Ver/inderlichen aus komplexen analytischen Funktionen eignen. Wir bezeichnen diese Operatoren, zu denen aueh GILBERTS Operator geh6rt, als kanonische Operatoren (vgl. Abschnitt 3).

Es ist fast unmittelbar klar, dab man zahlreiche verschiedenartige Operatoren de- finieren kann, die harmonische Funktionen yon drei oder mehr Variablen aus analyti- schen Funktionen erzeugen. Das Problem besteht also nicht darin, irgendeinen solchen Operator neu einzufiihren, sondern darin, Operatoren zu gewinnen, die aus ,:hin- reichend einfachen" analytischen Funktionen eine Menge von PartikulgrlSsungen der Laplaceschen Differentialgleichung erzeugen, die als Entwicklungsbasis der harmo- nischen Funktionen dienen kann. Weiterhin sollte man noch fordern, dab die Inversen dieser Operatoren nicht zu kompliziert sind und man damit die MSglichkeit hat, bei Vorgabe einer harmonischen Funktion H eine zugeh6rige analytische Funktion, aus der sich H mi t Hilfe des betreffenden Operators erzeugen 1/il3t, in einfacher Weise zu bestimmen.

Wir werden in Abschnitt 8 und 9 zeigen, dab jeder kanonische Operator den beiden genannten Forderungen genii~. AuBerdem besitzen die yon einem solchen Operator erzeu~en und als Ent~deklungsbasis verwendbaren harmonischen Polynome noch ge~dsse Orthogonalit/~tseigenschaften auf der Einheitshyperkugel im vierdimensiona- len euklidischen Raum, wie in Abschnitt 7 n/iher ausgefiihrt wird.

In der Regel fi~hren Integraloperatoren auf unendliche Folgen yon Partikut/ir- 15sungen einer vorgegebenen partiellen Differentialgleichung, die von den mit klassi- schen Methoden erhaltenen und im Laufe der Zcit eingehend untersuchten Partikul/ir- 16sungen verschieden sind. Dicser Sachverhalt, der nieht nur bei der Laplaceschen Differentialgleichung, sondern ganz allgemcin gilt: kennzeichnet einen wesentlichen .Naehteil der Operatorenmethode. Um mit den durcb Operatoren erzeugten LSsungen praktisch arbeiten zu k6nnen, muB man zuerst einmal versuchen, Beziehungen zwi- schen den Lbsungen herzustellen. Dies kann man in vielen Fallen dadurch tun, dab man die neugewonnenen Funktionen durch bekannte spezielle Funktionen ausdriickt und dann die Relationen zwischen den bekannten Funktionen auf die neuen Funk- tionen i~bertr/~gt. Im Fall der kanonischen Operatoren lassen sich die vorstehend genannten harmonischen Polynome durch Jacobische Polynome darstellen, wie in Absehnitt 5 und 7 gezeigt wird.

Vol. XIV, 1963 Kanonisehe Integraloperatoren 195

2. Operatoren zur Erzeugung harmonischer Funktionen yon n Veriinderlichen. Wir gehen yon einer analytischen Funkt ion / (u , v) einer Variablen u aus, die stetig yon den Komponenten eines komplexen Vektors v ----- (vl . . . . . vn-2) abh/ingt. Setzen wir dann

wobei die Komponenten des Vektors x = (Xl . . . . . xn) kartesisehe Koordinaten sind und der Vektor a = (al . . . . . an) isotrop ist,

(2.1) a 2 ---- 0,

so ist / eine harmonische Funktion der Komponenten von x. Nun k6nnen wir den Integraloperator

' f f (2.2) P ( / ) - - (2 ~ i)--2 "'" .f(u, v) dvlvl dv,,_ov,,_o_ {v,l=l {v,-o_l=l

einfiihren, wobei jeweils im Gegensinn integTiert wird. Dieser Operator erzeugt har- monisehe Funktionen H (x) yon n Vers aus analytischen Funktionen ].

In diesem Zusammenhang heil3t [ eine Zugeordnete der Funktion

H(x) = P ( / ) .

Den Vektor a bezeichnen wir als den Hil/sve]ctor und die Variable u als die Hil]s- variable des Operators P ( / ) .

Die spezielle Wahl der Integrationswege in (2.2) ist natiirlich eine Sache der Be- quemlichkeit, die einen einfachen ]fJbergang zu ree]len IntegTationsvariablen bezweckt.

3. Kanonische 0peratoren. Von nun an betrachten wir ausschIieBlich den vier- dimensionalen Fall, auf dessen praktische Bedeutung bereits in der Einleitung hin- gewiesen wurde. In diesem Falle k6nnen u4r die Komponenten des Vektors

1 X = (X1 , X ~ , X 3 , X4) = -~ (xl - - i x2 , x l - - i x2 , x3 + i x4 , - - x 3 § ix4)

als neue Variable einfiihren. Die Laplacesche Differentialgleichung ge~innt dann die Gestalt

H x I x 2 = H x a x 4 .

Die Hilfsvariable u in (2.2) stellen wir in der Form

u = A X

dar. Aus (2.1) folgt dann, dab der Hilfsvektor A = (A1, A2, A3, A4) der einfachen Bedingung

(3.1) A 1 A 2 = A 3 A 4

geniigen muB. Der Operator (2.2) erfordert zwei Inte~at ionen, und wir schreiben ihn in der Form

(3.2) P( / ) -- 4.~" [(u , v, w) dv dw Y W

Ivi = l !wl = l

14"

196 E. KP.E'~SZW. AI~.CH. MATH.

Wir fiihren nun eine Klasse yon Operatoren der Form (3.2) ein, die sich dadurch auszeichnen, dab sie aus einfachen Zugeordneten harmonische Polynome erzeugen, nach denen man harmonische Funktionen entwickeln kann, und die aul~erdem jeweils eine relativ einfache Inverse besitzen, die eine gegebene harmonische Funktion in eine sp/iter noch n~her zu kennzeichnende Zugeordnete dieser Funktion transformiert. Diese Operatoren bezeichnen v,ir als kanonisehe Operatoren und definieren sie folgendermaBen :

Definition. Ein Operator der Form (3.2) heiflt kanonisch, wenn die Komponenten seines Hil/svektors A die Gestalt

(3.3) Aj = :9 v~ wcj

besitzen und wenn es ]i& jedes m = O, 1 . . . . stets Zugeordnete

(3.4)

derart gibt, daft die Funkt ionen

m n p ~ - U m y r m n p ?-13Smnp

(b I , cj ganzzahlig)

(rmnp, stun p ganzzahlig)

Hmnp (X) = P( /mnp) (m ]est, n, p = O, 1 . . . . . m)

eine Menge yon (m + 1)2 linear unabMi~wigen harmonischen Polynomen bilden, wdhrend / i i r (]r l ) =~ ( r m n T a , S m n p ) 8tekS

p ( u m v ~ w I) = 0

ist. Aus der Form von u sieht man durch Inte~at ion, dab die harmonischen Poly-

nome Hmnp homogen vom Grade m in den Komponenten von X sind.

4. Ein spezieller kanonischer Operator. Eine naheliegende Wahl fiir den Hilfsvektor ist

Der zugeh6rige Operator (3.2) hat den Vorteil, dab seine Hilfsvariable u : A X beim l~bergang zu reellen Integrationsvariablen eine sehr einfaehe Gestalt beibeh~lt. Setzt man ns

v = e u und w = e i ~ ,

so erh~lt der Operator die Form 2n 2,x

1 e ~) dt d z , P(/)---- ~ f . f / ( u , e u, 0 0

und hierbei ist nun

u = 2(xl cos t + x2 sin t + ix3 sin v + ix4 cos T).

Die Polynome Hmnp(X) erhs man, indem man in (3.4)

r m n p ~ - ~ --~ • - - m und 8 m n p = ~ - - p

Vol. XIV, 1963 Kanonische Integraloperatoren 197

w~hlt. Tats~ehlieh wird dann

H m n ~ ( X ) - - O ( n > m , n < O , p > m oder p < 0 ) ,

und fiir die iibrigen Polynome er~bt sich durch Integration die explizite Darstellung l

( 4 . 2 ) H m n p ( X ) = ~ ~ m n p l J . ~ l . . 2 Fv ^ y B y m - n - p + ~ y p - f l ~ 4

mit m m - - n - - p - : c - ' ) f l n 2

Cm,,p~ = n + p - - 2 fl

und

-~ , / = .

5. Gilberts Operator. Jaeobisehe Polynome. W/ihlen wir

A = 1, ' w ' ' , YW

so ist die Bedingxmg (3.1) erfiillt. Die Variable u = A X ist im wesentlichen mit der in [5] vorkommenden identisch. Der zugeh6rige Operator P ( ] ) ist kanonisch und wurde ktirzlich yon GI~BV.RT [7] eingefiihrt und zum Studium der Singularit/~ten ge- wisser L6sungen der dreidimensionalen Wellengleichung beniitzt. Die harmonischen Polynome

(5.1) H m n ~ ( X ) = P ( l m n ~ )

erh/ilt man, indem man in (3.4)

r m n p = n und 8ran p =

w~ihlt. Die Anwendung des Residuensatzes liefert die explizite Darstellung 4

"= k j !

wobei tiber alle nichtnegativen ganzzahligen k i mit 4

~ k j : m , k 2 - - k 4 = p , k a z c - k 4 : n i=1

zu summieren ist. Wit wollen nun zeigen, dab diese Polynome eng mit den Jacobischen Polynomen

p~a,b) (t) verwandt sind. In der Tat gilt der folgende

Satz 1. Die durch den Gilbertschen Operator P ( [) erzeugten Po lynome (5.1) lassen sich in der Form

(5.3) H m n p ( X ) : ( ; ) R2nu162 1 "~ .~ --n ,'~-~)

darstellen. Hierbei ist ~ = m - - n - - p , fl = p - - n und

R 2 = X 1 X 2 - X a X 4 , S 2 = X I X 2 - X s X 4 .

198 E. KRsYszm A~cH..~IATH.

mit

B e w e i s . Es ist

Hmnp(X) = -- - - 1

]vi=l Iw]=l U m V n - 1 W P -1 d v dw

u = X1 + Xev - l w -1 + X3w -1 + X4v -1.

Durch Ausffihrung der Integration fiber w erhalten wir

Hmnp(X) = ~ (X1 + Xav -1 )m-p(Xa -~ X 2 v - i ) p v n - l d v .

Fiihren wir

(i-)" t = 2 v -1 - - to mit T 2 = X2X4 und to

als neue Integrationsvariable ein, so ergibt sich

(5.4) H m n p ( X ) - - ( - 1 ) ' ( m ) ' ~ n - m R 2 m - 2 n X ~ X ; ~ f ( 1 - t ) ' ( l § 2 ~i P - ., -~ ~ 7o~-42 dt ,

C

wobei C dem Einheitskreis in der v-Ebene entspricht und die Gr6Ben a,/3, S und R die im Satz angegebene Bedeutung haben. Aus der Formel yon Rodrigues ftir die Jacobischen Polynome (vgl. [5]) folgt

d" dt~ [(1 - - to) ~+n (1 4- to) ~ ] = (-- 1)n 2nn! (1 - - to) a (1 - - to)~P~'~')(to).

D a n u t l

(1 - - t0 )X~ l = - 2 X 3 R -e und ( l + t 0 ) X 2 l = 2 X 1 R - 2

ist, so ergibt sich die Darstellung (5.3) aus (5.4)durch Integration, und der Satz ist bewiesen.

Die Darstellung (5.3) bildet ein Analogon zu den DarsteUungen der mittels des BEI~IAs-WHrrTAKERschen Operators erzeugten harmonischen Polynome von drei Vers durch Legendresche Pol)mome (vgl. [1]) bzw. hypergeometrische Funktionen (vgl. [4]). Auf die praktische Bedeutung derartiger Darstellungen yon Partikultirl6sungen, die mittels Operatoren gewonnen ~urden, ist bereits in der Ein- leitung hingewiesen worden.

6. Inte~aldarstellung der Zugeordneten eines Polynoms. Wir werden zeigen, dab der inverse Operator P - ] (H) eines kanonischen Operators P( / ) eine relativ einfachc Darstellung besitzt, mit deren Hilfe man dann zu einer gegebenen harmonischen Funktion H e i n e gewisse, noch genauer zu kennzeichnende Zugeordnete ] bestimmen kann. Der Begriff des inversen Operators wird hierbei in eincm ganz bestimmten Sinne gebraucht, wie in Abschnitt 9 noch n/~her auseinandergesetzt wird. Wir be- ginnen diese Betrachtung im vorliegenden Abschnitt, indem wir eine Inte~aldars te l -

r (-? lung der Zu~eordneten /mnp eines harmonischen Polvnoms H m n p ( X ) = P( /mnp) herleiten, und fiihren sic in Abschrfitt 9 zu Ende. Es gilt der

Vol. XIV, 1963 Kanonische Integraloperatorcn 199

Satz 2. Die Zugeordnete (3.4) eines harmonischen Polynoms Hmnp(X), 0 ~ n ~ m, 0 <~ p <= m, beziiglich eines ]canonischen Operators P(]) kiflt sich in der Form

1 1

(6.1) ]mnp(u, v, w) = ~ f {u[uHmnp(Y) ]u}ud tdv 0 0

darstellen. Hierbei bezeichnen die Indizes u partielle Ableitungen, es ist

( t ( l - - ~ ) ~ ( 1 - - t) (l -- t) (l -- T) ) (6.2) g---- u ~ , A., ' Aa '

und [tmn~ (Z) mit Z = (Xt , X2, Xz) bezeichnet das Polynom Hmn~ (X) im charakte- ri.stischen Raum X1 X2 = XaX4.

B e w e i s . Wir bezeichnen u, im R a u m X1X2 = X3X4 betraehtet , mi t ~. Indem wir (3.1) beriicksichtigen und A i X 1 = flj setzen, erhalten wir zun//chst

1

Benutzen wir nun die Vektoren

b : ( b l , b 2 , b s ) , c = ( c , , c 2 , c 3 ) , k- - - - (k l ,k2 ,ka)

und setzen wir (3.3) in fli ein, so f o l ~

(6.3) ~m : m m (~iXi)kjVkbWke '

wobei ]c 3 = m -- kl - - k2 ist. Wir bet rachten nun

i~'l=l Iwl=l

mi t Z = (X1, X2, X3). Es i s t / t rnnp -~ 0 wegen Hm,,p ~- 0 ffir 0 <= n, p <= m. Dureh Einsetzen yon (6.3) und I n t e ~ a t i o n e r ~ b t sich

(6.4) H m n p ( Z ) = kl k2

Hierbei ist k der LSsungsvektor des Systems

3

1-1

k b = - - r m n l ~ , h c = - - 8 m n p

(k3=m--kl--k2).

H m n p ( Y ) = ( m ) ( m ) k2 - - t )m-k lVk2(1- - T)m-k~

mit k3 = m -- kl -- k2, wie zuvor. Dal3 k eindeutig bes t immt ist und ganzzahlige Komponen ten besitzt, folgt daraus, dab andernfalls au f Grund des Residuensatzes

Hmnp - 0 und dami t auch Hmn~ =- 0 w~re, entgegen unserer Voraussetzung. Er- setzen wir Z durch den in (6.2) definierten Vektor Y, so erhalten wit

2 0 0 E. KaEYSZlG ARCH. MATH.

und Integrat ion fiber t und v v o n 0 bis 1 liefert die Darstellung (6.1). Der Satz 2 ist damit bewiesen.

7. Beziehung zwisehen versehiedenen kanonischen 0peratoren. Den Satz 2 kbnnen wir benutzen, um zu zeigen, dab die yon verschiedenen kanonisehen Operatoren erzeu~en Polynome eng miteinander verwandt sind. In der Ta t gilt der folgende

Satz 3. P ( / ) und P* (/*) seien kanonische Operatoren mi t den Hil]svariablen u ~- A X bzw. u * - - - - A ' X , wobei

A = (~,biw~j) und A* = (:r ~*)

ist. D a n n gilt ]iir jedes m = O, 1 . . . . die Bez iehung

3

(7.1) P*(u*mvr*ws*) = I I j= l

Hierbei ist

(7.2)

die L6sung des Syste~vs

(7.3)

wobei

k = (k l , k2, k3) mi t k3 = m - - k l - - k2

k b * + r* = 0 , k c * + s* ~ O,

b* = ( b ~ , b ~ , b . ~ ) und c* = (c~ ,c .~ ,c .~)

ist, und weiterhin gilt

(7.4) r = - - k b , s - - - - - - k e

mit b = ( b l , b 2 , b 3 ) und c = ( c l , c 2 , c 3 ) .

Beweis . Da beide Operatoren kanonisch sind, also jeweils (m-k 1) 2 linear unab- h~n~ge harmonische Polynome des Grades m erzeugen, so erg-ibt sich aus der Form der Hilfsvariablen sofort, dab fiir jedes j ---- 1, 2, 3, 4 stets ~ j . 0 und :r ~- 0 sein muB. Wir bezeichnen die yon dem Operator P* erzeug~en harmonischen Polynome

= P * ( u * v ="~wSm"P), H ~ . p ( X ) ,. r* *

im Raum X 1 X 2 = X 3 X 4 betraehtet, mit H~.p(Z), wobei Z = (X1, X2, X3) ist, �9 ~ und '* einfaeh r* und s*. Dann und schreiben im vorliegenden Beweise statt ~,nnp "s,~,w

folgt aus (6.4) zun/iehst

H.,,~v(Z)= kl k2 . (~[ XJ)kJ' ~ = 1

wobei k~ die Komponenten des durch (7.2) gegebenen Vektors k sind und dieser die L6sung des Systems (7.3) ist. Ersetzen wir nun Z = (X1, X2, X3) durch den in (6.2) definierten Vektor Y, so ergibt sieh naeh Vereinfaehung

Vol. XIV, 1963 Kanonische Integraloperatoren 201

3

:=i

mit r und s gem~13 (7.4). Hieraus fol~

I I 3

f f (uEug' n,(Y)lo} e,e = % vr , O 0 1 = 1

Wegen Satz 2 ist dies die Zugeordnete des betrachteten, von P* erzeugten Potynoms bezis des Operators P. Damit ist der Satz bewiesen.

Aus Satz 1 und 3 sieht man, dab sich die durch einen kanonischen Operator erzeugten Polynome Hmnp (X) stets durch Jacobische Polynome darstellen lassen.

Da die yon G r L ~ T s Operator erzeugten Polynome ftir jedes feste m = 1, 2, ... eine Menge von auf der Einheitshyperkugel x~ ~- x~ x~ + x~ : 1 orthogonalen Polynomen bilden (vgl. [5], [7]), so ergibt sich aus dem Satz 3 weiterhin unmittelbar der folgende

Satz 4. Fi~r jedes m ~- 1, 2 . . . . sind die (m -~ 1) 2 yon einem kanonischen Opera- tor P (/) erzeugten harmonischen Polynome

Hmnp (X) = P (um v rm~p w s'n"p) (n, p = 0 . . . . . m)

au] der durch x~ + x~ + x~ -- x~4 : 1 dargesteUten Einheitshyperlcugel S orthogonal,

(7.5) f H m n ~ ( X ) H m ~ e ( X ) d F : O (n~-~ oder P * O ) . S

Hierbei ist I4mvo das zu Hm~o lconjugiert komplexe Polynom, und dF ist das _Fldchen- element yon S.

8. Entwicklungssatz, Wir wollen nun zeigen, dab die yon einem kanonischen Ope- rator erzeu~en Polynome eine Basis der harmonischen Funktionen yon vier Ver- ~nderlichen bilden. Der Einfachheit halber formulieren wir den folgenden Satz fiir den ~'ullpunkt, aber dies ist natiirlich keine wesentliche Beschr~nkung.

Satz 5. Jede im Nullpunkt 0 reguldre harmonische .Fun~ion H (X) Idflt sich in einer hinreichend kleinen Umgebung yon 0 in der .Form

(8.1) H ( X ) = ~ ~ ~ c m n p H m n , ( X ) m ~ O n = O p = O

darstellen. Hierbei sind die Funktionen Hmnp die van einem kanonischen Opera~or er. zeugten harmonischen Potynome.

B ewe i s. Nach Voraussetzung besitzt H (X) eine in einer hinreichend kleinen vier- dimensionalen Kugel mit dem MSttelpunkt 0 absolut und gleichm~iBig konvergente

Potenzreihenentwicklung. Diese enth~lt (m : 3 ] " -- " Glieder des GesamtgTades m. Zwi- \ o /

202 E. KaE~szm Aaca. MATIn

schen den zugehbrigen Koeffizienten bestehen (m 3 1 ) / - ~ '~ unabhi/ngige Relationen, wie

man durch Einsetzen der Reihenentwicklung in die Laplacesche Differentialgleichung sieht. Also sind nur

der genannten Koeffizienten beliebig. Die Summe der genannten Glieder muB dem- naeh eine Linearkombination yon (m .4- 1) 2 linear unabh~ngigen Partikul/irl6sungen der Laplaeesehen Gleiehung sein, deren jede den Gesamtgrad m besitzt. Nun erzeugt aber jeder kanonisehe Operator gerade (m + 1) 2 soleher LSsungen, n~mlieh die Poly- nome Hmn~, und damit ergibt sieh die Behauptung.

9. lnverser Operator. Die Beziehung zwischen den harmonischen Funktionen und ihren Zugeordneten beziiglich eines kanonischen Operators ist nicht eineindeutig. In der Tat, liegt ein bestimmter solcher Operator P(]) vor, so erzeugen die beiden Zugeordneten

(9.1) m = 0 n = O p = O

und F dieselbe harmonische Funktion, werm man F aus [ dutch Hinzufiigen yon Gliedern umvtw ~ mit (t, r) * (rmnp, Smnp) bildet. Die Zugeordnete (9.1) wollen wit als die normale Zugeordnete der durch (8.1) dargestellten harmonischen Funktion H (X) bezeichnen. Wir zeigen nun, dab zwischen den harmonischen Funktionen und ihren normalen Zugeordneten beziiglich eines fest vorgegebenen kanonischen Operators ein eineindeutiger Zusammenhang besteht, so dab ~r dann auch den inversen Opera- tor P-I (H) yon P( / ) beziiglich der Klasse der normalen Zugeordneten einftihren kbnnen. I-Iiemu gentigt es, eine Darstellung dieses inversen Operators anzugeben, der H in die normale Zugeordnete transformiert.

Aus Satz 4 folgt, dab die Reihe (9.1) in einer hinreichend kleinen abgeschlossenen vierdimensionalen Kugel mit dem Mittelpunkt im Nullpunkt gleichm/igig konver- giert. Der Beweis ist ~hnlich wie im dreidimensionalen Fall; vgl. [1], S. 42. M_it Satz 2 ergibt sich damit das gewiinschte Resultat in der folgenden Form:

Satz 6. Die normale Zugeordnete einer im Nullpunkt harmonischen Funktion H (X) beziiglich eines ]:anonischen Operators P ([) besitzl die Darstellung

1 1

(9.2) [(u, v, w) = P- I (H) = ] f {u[uH(Y)]u}udtdz . 0 0

Hierbei bezeichnen die Indizes u partielle Ableitungen, Y ist dutch (6.2) gegeben und H (Z) mit Z = (X1, X2, X3) bezeichnet die Funktion H(X), im Raum X1X2 = X3X4 be- trachtet.

Vol, XIV, 1963 Kanonische Integraloperatoren 203

Literaturverzeichnis

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Anal. (ira Druck). [7] R. P. GILBERT, Singularities of solutions to the wave equation in three dimensions. J. reine

angew. Math. 2{)5, 75--81 (1960).

Anschrift des Autors: Erwin Kreyszig Department of Mathematics Ohio State University Columbus (Ohio), USA und Teehnische Hochschule Graz, 0sterreich

Eingegangen am 12.2. 1962