it&production epaper - automobilindustrie · d ie automobilindustrie zählte zu den ersten...

23
BRANCHENSPECIAL AUTOMOBILINDUSTRIE Software - Automation - Lieferkette www.it-production.com Bild: © Rainer Plendl/Fotolia.com E-PAPER SONDERTEILE, BRANCHENSPECIALS, THEMENSCHWERPUNKTE

Upload: others

Post on 04-Aug-2020

6 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

BRANCHENSPECIAL

AUTOMOBILINDUSTRIE

Software - Automation - Lieferkette

www.it-production.com

Bild: © Rainer Plendl/Fotolia.com

E-PAPERSONDERTEILE, BRANCHENSPECIALS, THEMENSCHWERPUNKTE

Page 2: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Achsen, Achsen, Achsen. Mehr als

330.000 Einheiten fertigt BMW in

seinem Werk Regensburg jährlich

für unterschiedliche Modelle der 1er Serie

(3- und 5-Türer), die 3er Limousine und

die M3-Limousine, den BMW X1 und X2,

das 4er Cabrio sowie das M4 Cabrio und

den BMW 2er GranTourer. Sie laufen alle

über dieselbe Linie, doch trotzdem

gleicht kaum eine der anderen. Weil die

Kunden sich ihr Wunschfahrzeug individu-

ell konfigurieren können, sorgt das in der

Montage buchstäblich für viel Abwechs-

lung. Das wird Besuchern in der Achsferti-

gung schon auf den ersten Blick klar, denn

die zahlreichen Varianten und Kombinati-

onsmöglichkeiten springen dem Betrach-

ter auf Anhieb ins Auge. Rund einhundert

verschiedene Front-, Heck- und Allradan-

triebsversionen für die verschiedenen

Motorisierungen, dazu Rechtslenker,

Linkslenker, Modelle mit sonderlackierten

Bremssätteln gibt es zu entdecken. Hoch-

qualifizierte Montagemitarbeiter stellen

in drei Schichten sicher, dass an wirklich

jeder dieser vielen hunderttausend Ach-

sen die Bremsleitungen korrekt angezo-

gen werden. Wichtige Unterstützung be-

kommen sie dabei von mechatronischen

Drehmomentschlüsseln der MWR-Bau-

reihe (MWR steht für Mechatronic

Wrench) und Focus-61-Steuerungen, die

Atlas Copco Tools für die industrielle Se-

rienfertigung entwickelt hat.

Montage im Fluss

Wie BMW diese vernetzte Technik nutzt,

lässt sich an einem gerade in die Monta-

Die Fertigungsvarianz macht trotz aller Automatisierung manuell ausgeführte Montage schritte in der Automobilindustrie weiterhin unverzichtbar. Um auch hier Fehler sicher zu vermeiden, nutzt BMW in seiner Achsfertigung eine aktive Prozess-überwachung. Die Lösung von Atlas Copco Tools kontrolliert Parameter schon während des Verschraubens, informiert die Werker und dokumentiert alle Anzugs -vorgänge im BMW-Produktionssystem.

IT&Production 4/2019

AUTOMOBILINDUSTRIE | MONTAGE

Verschraubt, geprüft, dokumentiert

Bild

: Atla

s Cop

co T

ools

Cent

ral E

urop

e Gm

bH

Lückenlose Dokumentation in der BMW-Achsfertigung

Mit mechatronischen Produktionsschlüsseln werden im BMW-Werk Regensburg die Bremsschläuche an den PKW-Achsen von Hand verschraubt. Die Anziehergeb-nisse sind rückverfolgbar dokumentiert.

Page 3: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

As a leading engineering consulting and R&D partner for the major industry players, we are passionately committed to developing the future of mobility.

| AUTOMOBILINDUSTRIE

gestation einlaufenden Achsmodul für

einen 3er gut verfolgen. Der Bandabschnitt

stellt eine Montagezelle dar, in der flinke

Hände sofort damit beginnen, Hydraulik-

schläuche für die Bremsen an den vorgese-

henen Stellen zu platzieren. Nachdem sie

deren Gewindeanschlüsse eingefädelt

haben, ziehen die Werker sie mit den doku-

mentationsfähigen MWR-Knickschlüsseln

präzise endfest. „Die sofortige Rückmel-

dung am Werkzeug und über Info-Bild-

schirme in der Zelle gibt den Bedienern be-

ruhigende Gewissheit über das Montage-

ergebnis und sie können sich dem nächsten

Bauteil zuwenden“, sagt Christian Böhm.

Der 34-jährige ist Quality-Assurance-Spe-

zialist bei Atlas Copco Tools und gibt wei-

tere Informationen zu der modernen und

flexiblen neuen digitalen Schraubtechnik.

Sicher dokumentiert

„Synchron zu den Schraubvorgängen über-

tragen die akkugespeisten MWRs via Da-

tenfunk Drehmomente und Drehwinkel

jeder einzelnen Verschraubung an die in

der Station installierte Focus-61-Steuerung.“

Die kommuniziere ihrerseits mit dem

BMW-eigenen Produktionsleit- und Steu-

ersystem und weiß über die Vorlaufdaten

auch schon genau, zu welchem Auto die

nächste ankommende Achse gehört. Die

Fertigungsverantwortlichen schätzen laut

Böhm an dieser Ausrüstung insbesondere,

dass das System ohne jegliches Zutun der

Werker alle Anziehdaten in Sekunden-

bruchteilen erfasst und sie mit den Daten-

sätzen des jeweiligen Fahrzeugs verheira-

tet. „Die so entlasteten Kollegen können

sich jetzt ganz auf den eigentlichen

Schraubprozess konzentrieren, und trotz-

dem behält BMW den flächendeckenden

Überblick.“ Statt eines bloßen I.O.-Signals

(I.O. = in Ordnung) speichert das neue Sys-

tem die Anziehdaten jedes einzelnen Achs-

moduls newtonmeter- und winkelgradge-

nau. Und diese Werte seien auch nach vie-

len Jahren noch sauber rückverfolgbar, was

vor dem Hintergrund etwaiger Produkthaf-

tungsfragen sehr wertvoll sei.

MONTAGE

Ein Display im Sichtfeld des Werkers informiert über das Montageergebnis. Grünes Licht und die Zahlenwerte bestätigen: Hier wurden die Sollvorgaben – 17 Newtonmeter Drehmoment und Anziehwinkel zwischen 10 und 100 Grad – bei den Bremsleitungsverschraubungen einge-halten. Per Datenfunk werden alle Anziehresul-tate der akkugespeisten MWR-Schrauber an die Focus-61-Steuerung und in das übergeordnete Produktionsleit- und Steuersystem von BMW übermittelt, über die Fahrzeugidentifikations-nummer (VIN) mit dem jeweiligen Auto verhei-ratet und durchgängig dokumentiert.

- Anzeige -

Bild

: Atla

s Cop

co T

ools

Cent

ral E

urop

e Gm

bH

Page 4: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

AUTOMOBILINDUSTRIE |

Produktions- und Prüfwerkzeug

Weil die farbigen Info-Displays im Blick-

feld der Mitarbeiter nach Ampelmanier

und darüber hinaus mit den gemessenen

Werten unmittelbares Feedback über

jedes individuelle Anziehergebnis geben,

können die Werker bei etwaigem Über-

schreiten der strengen BMW-Toleranzen

sofort gegenwirken oder nachbessern.

Die Schlüssel vom Typ MWR 25 TA hal-

ten die Genauigkeitsvorgabe von ±7 %

problemlos ein und nach den positiven

Erfahrungen der Regensburger seien

praktisch keine Fehler mehr aufgetreten.

Weil die handlichen MWR-Produktions-

schraubschlüssel trotz ihrer integrierten

Funkmodule obendrein weniger als ihre

Vorgänger wiegen, sei die Arbeit durch

bessere Ergonomie einmal mehr leichter

geworden. Doch das sei für Böhm und

seinen Kunden nicht der wesentlichste

Vorteil der elektronischen Handschlüssel.

Nach fest kommt ab

„Gewöhnliche Drehmomentschlüssel bestä-

tigen zwar, dass ein Mindestdrehmoment

erreicht wurde, doch zu fest angezogene

Schraubverbindungen bleiben unentdeckt“,

warnt der Qualitäts-Experte. Das berge ge-

rade bei sicherheitskritischen Schraubfällen,

wie hier an der Bremsanlage, ein gewisses

Risiko. Gefügeveränderungen im Material

durch ein Überlasten beim Anziehen könn-

ten schlimmstenfalls zum Ausbleiben der

Bremswirkung führen. Dieses Grundpro-

blem hätten auch die halbintelligenten

Knickschlüssel der nächsten Generation

noch nicht gelöst. Letztere überwachten

zwar schon das Drehmoment, jedoch konn-

ten sie noch keine Anziehwinkel erfassen,

geschweige denn dokumentieren, blickt

Böhm zurück: „Eine gewisse Restunsicher-

heit blieb und zusätzliche Prüfschritte

waren hierdurch nötig. Das machte die

Montage für BMW allerdings ein Stück

weit ineffizient.“

MONTAGE

Bild: Atlas Copco Tools Central Europe GmbH

Statt bloßer I.O.- oder N.I.O.-Signale erfasst BMW in Regensburg die am Montagepunkt tatsächlich aufgebrachten Drehmomente und Anziehwinkel und dokumentiert diese Daten.

IT&Production 4/2019

Mit den präzisen MWR-Produktionsschlüs-seln werden im BMW-Werk Regensburg die Bremsschläuche an den PKW-Achsen von Hand verschraubt. Die Anziehergeb-nisse sind dank Smart Connected Assembly rückverfolgbar dokumentiert.

Smart Connected Assembly

Dass die Kombination aus Focus-61-Steue-

rung und den MWR-Schlüsseln für BMW

einen hohen Optimierungswert hat, er-

kannten die Regensburger schon nach ers-

ten gemeinsamen Tests mit Atlas Copco

Tools: Durch ihre Kompatibilität ließ sich

die kommunikationsfähige Schraub- und

Prüftechnik mit geringem Aufwand in das

vorhandene System integrieren und alle re-

levanten Daten wurden auf Anhieb fehler-

frei in die Datenwelt von BMW übertragen.

Jetzt gebe es kein Vertun mehr, ob eine

Verschraubung I.O. ist oder nicht, bestäti-

gen die Produktionsverantwortlichen. Die

Anwendung erfülle genau die BMW-Vorga-

ben und -Richtlinien – und die Produktion

bleibe unterbrechungsfrei im Fluss. ■

Der Autor Heiko Wenke arbeitet bei

Atlas Copco Tools Central Europe GmbH.

www.atlascopco.com

Bild: Atlas Copco Tools Central Europe GmbH

Page 5: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

IT&Production 4/2019

| AUTOMOBILINDUSTRIEELEKTROMOBILITÄTBi

ld: ©

Empa

Im Rahmen eines strategischen Koope-

rationsprogramms der Fraunhofer-Ge-

sellschaft haben die Empa (Eidgenössi-

sche Materialprüfungs- und Forschungsan-

stalt) und das Fraunhofer-Institut für Sili-

catforschung ISC ein dreijähriges gemein-

sames Forschungsprojekt gestartet. Ziel ist

die eine produktionstaugliche nächste Ge-

neration von Antriebsbatterien für Elek-

troautos. Diese sollen dann nur noch aus

Feststoffen bestehen und keine brennba-

ren flüssigen Elektrolyte mehr enthalten.

Die weltweite Produktion von Lithium-

Ionen-Batteriezellen liegt größtenteils in

den Händen asiatischer Unternehmen.

Beim Umstieg vom Verbrennungsmotor

auf Elektroantrieb wäre die europäische

Automobilindustrie asiatischer Hersteller

angewiesen. Der nächste Technologie-

sprung hin zu Festkörperbatterien bietet

eine Chance, diese Schlüsseltechnologie

für Europa zu erschließen. Feststoffbatte-

rien kommen ohne brennbare flüssige

Elektrolyte aus und verbessern dadurch

die Betriebssicherheit. Zudem liegen die

Vorteile auch in der Baugrösse und im Ge-

wicht, da eine weniger aufwendige Si-

cherheitskapselung notwendig ist. Darü-

ber hinaus versprechen Festkörperbatte-

rien durch den Einsatz von metallischem

Anodenmaterial (Lithium) - anstatt der

heute üblichen Graphit-Anoden - sowohl

eine höhere Energiedichte als auch deut-

lich kürzere Ladezeiten.

Lange Lebensdauer, hohe Leistung, viele Ladezyklen

Während die einzelnen Komponenten

(Anode, Kathode, Elektrolyt) künftiger

Festkörperbatterien im Labor bereits gut

untersucht sind, besteht die größte He-

rausforderung darin, diese zu einem sta-

bilen Gesamtsystem zusammenzuführen.

Dabei ist es wichtig, eine lange Lebens-

dauer bei hoher Leistung über möglichst

viele Lade- und Entladezyklen zu errei-

chen, und so heute übliche Batteriesys-

teme in ihrer Leistungsfähigkeit zu über-

treffen. Wie sich das erreichen lässt, soll

im Projekt namens IE4B (Interface Engi-

neering for Safe and Sustainable High-

Performance Batteries) in den nächsten

drei Jahren erforscht werden. Auf Seiten

der Empa liegen die Schwerpunkte im

Projekt in der Entwicklung von Festkör-

perelektrolyten, Herstellung und Charak-

terisierung von dünnen Schichten mit

massgeschneiderten elektronischen Ei-

genschaften sowie in der Entwicklung na-

nostrukturierter Anodenmaterialien. Das

Fraunhofer ISC arbeitet an Lithium-leiten-

den Polymeren sowie an der Entwicklung

von Schutzschichten aus Sol-Gel-Materia-

lien mit spezifischen Eigenschaften für

Batterien. Darüber hinaus entwickelt, fer-

tigt und testet es Prototypen und Klein-

serien von Batteriezellen.

Zwei Phasen

Das Projekt ist in zwei Phasen unterteilt:

Die erste Phase behandelt grundlegende

Aspekte und nutzt Batterie-Modellsys-

teme, die mit Dünnschichtmethoden an

der Empa und am ISC hergestellt werden.

Es sollen die an den Grenzflächen zwischen

Kathode, Festkörperelektrolyt und Anode

ablaufenden Prozesse genau verstanden

und besser kontrolliert werden. In der zwei-

ten Phase soll dieses Wissen genutzt wer-

den, um mit der verfahrenstechnischen Ex-

pertise des Fraunhofer ISC eine funktions-

fähige Festkörperzelle herzustellen und in

einer Kleinserie zu produzieren. ■

Nach Material von Fraunhofer-Instituts für Sili-

catforschung ISC

www.isc.fraunhofer.de

Festkörperbatterien könn-ten den Betrieb von Elek-troautos revolutionieren. Doch noch steht einer Pro-duktion einiges im Weg. Nun wollen die schweize-rische Empa und die Fraunhofer-Gesellschaft diese Schlüsseltechnologie gemeinsam erforschen.

Feststoffbatterien für Elektromobile

Energiespeicher der Zukunft

Page 6: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Die Automobilindustrie zählte zu

den ersten Branchen, die die

Vorteile des 3D-Drucks für sich

entdeckt haben. Die additive Fertigung

führte dazu, dass sich die Entwicklungs-,

Design-, Beschaffungs-, und Fertigungs-

prozesse der Autobauer in den letzten

zehn Jahren signifikant verändert haben.

Die Folge sind ergonomische und leichte

Teile, komplexes Design, niedrigere Kos-

ten und verkürzte Lieferzeiten. Und dabei

erschließt die Automobilbranche kontinu-

ierlich neue Anwendungsfelder für die

additive Fertigung. Wurde 3D-Druck bis

vor einigen Jahren in erster Linie für visu-

elles Prototyping genutzt, findet heute

die Entwicklung von kundenspezifischen

Vorrichtungen, Werkzeugen, Schablonen

und Muster zunehmend Verbreitung. In

Zukunft kann das additive Fertigungsver-

fahren das Ersatzteilemanagement und

die Herstellung von Teilen am Bestim-

mungsort revolutionieren.

Entwicklung bis zur Serienreife

Während viele Unternehmen erst begin-

nen, die Möglichkeiten der additiven Fer-

tigung für sich zu entdecken, ist der Au-

tobauer Ford schon einen Schritt weiter.

Im Werk in Köln wird 3D-Druck einge-

setzt, um den Workflow für die Herstel-

lung von produktspezifischen Vorrichtun-

gen, Werkzeuge und Schablonen bereits

während des Designs zu optimieren. Die

dortige Pilotanlage Pilot Plant verfügt

über eine komplette Kleinserienfertigung,

in der die Fahrzeugdesigns, häufig über

einen Zeitraum von mehreren Jahren, bis

zur Serienreife entwickelt werden. Die

Ford-Ingenieure benötigen bereits wäh-

rend der Fahrzeugentwicklung eine Reihe

verschiedener Montagewerkzeuge und -

schablonen. Meist sind diese für einen be-

stimmten Zweck und ein spezielles Mo-

dell konzipiert. Die Beauftragung und die

Beschaffung über externe Dienstleister ist

nicht nur kosten- und zeitintensiv, son-

dern verlangsamt auch den Entwicklungs-

prozess. Um den Workflow zu optimieren,

entschied sich das Additive Manufactu-

In Köln entwickelt Ford neue Fahrzeugdesigns, die in Kleinauflage gefertigt werden, bevor sie in Serie gehen. Mittels 3D-Druck werden die notwendigen Montagevorrichtungen vor Ort entwickelt und hergestellt.

IT&Production 4/2019

Werkzeuge direkt druckenHilfsmittel für die Fertigung

Bild

: Ulti

mak

er B

.V.

AUTOMOBILINDUSTRIE | ADDITIVE FERTIGUNG

Page 7: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

| AUTOMOBILINDUSTRIE

ring-Team von Ford, Desktop-3D-Drucker

des niederländischen Herstellers Ultima-

ker in den Arbeitsablauf zu integrieren

und die Tools direkt vor Ort zu entwickeln

und zu fertigen. „Ford hat sich für Ultima-

ker 3D-Drucker entschieden, weil die Qua-

lität und Zuverlässigkeit der Druckergeb-

nisse im optimalen Verhältnis zu den Kos-

ten steht“, so Lars Bognar, Research Engi-

neer Additive Manufacturing bei Ford.

Ergonomie der Tools verbessern

Ford verfolgte das Ziel, nicht nur die Ent-

wicklungszeit neuer Fahrzeugmodelle zu

verkürzen, sondern auch die Ergonomie

der Tools zu verbessern. Mit einem eige-

nen 3D-Workshop kann Ford das Design

der Montagehilfsmittel bereits exakt kon-

struieren, bevor ein neues Auto-Modell in

die Serienproduktion geht. Mittels Desig-

niterationen und Feedbackrunden werden

die modellspezifischen Tools hinsichtlich

Funktionalität, Ergonomie und Passgenau-

igkeit verbessert. Das offene Filamentsys-

tem der Ultimaker 3D-Drucker ermöglicht

mit einer Vielzahl von leichten PLA-Fila-

menten verschiedener Hersteller zu dru-

cken und auch neue Materialien jederzeit

zu ergänzen. „Dank der zahlreichen indus-

trietauglichen Materialien am Markt erset-

zen wir die bisherigen Fertigungshilfsmittel

unserer Serienproduktion aus Metall durch

ebenso robuste Tools, die bis zu 70 Pro-

zent leichter sind“, erläutert Bognar.

Kosten eingespart

Der Autobauer erzielte zudem Kostenein-

sparungen. Allein für die Serienfertigung

des Ford Focus werden über 50 speziell

konstruierte Fertigungshilfsmittel benötigt,

die jetzt an Ort und Stelle gedruckt wer-

den können. Verglichen mit den Kosten für

herkömmlich hergestellte Tools in Zusam-

menarbeit mit externen Partnern werden

durch die 3D-gedruckten Vorrichtungen

und Schablonen ca. 1.000 Euro pro Teil ein-

gespart. Anstatt durchschnittlich zehn Wo-

chen bei externer Vergabe stehen neue

Montagevorrichtungen jetzt spätestens

nach zehn Tagen zur Verfügung.

Europaweiter Einsatz

Ford setzt Desktop-3D-Drucker in allen

europäischen Werken ein. Das Entwick-

lungsteam in Köln stellt das Design der

Tools für andere Fertigungsstätten zur

Verfügung, sodass die Werkzeuge inner-

halb von 24 Stunden in jedem Werk lokal

3D-gedruckt werden können. Zudem er-

möglicht der Autobauer den Monteuren

an der Produktionslinie selbst Anpassun-

gen am Design vorzunehmen. Dafür hat

Ford einen Konfigurator, zugeschnitten

auf seine spezifischen Anforderungen,

entwickeln lassen. Das Team in Köln stellt

den Monteuren eine Art Bausatz für die

Fertigungshilfsmittel, wie Griffe und

Magnethalter, zusammen mit dem De-

sign für die jeweiligen Automodelle im

Konfigurator bereit. „Mit dem Konfigura-

tor kann auch der Montagemitarbeiter

vor Ort benötigte Fertigungshilfsmittel

entwickeln“, so Bognar. „In der Regel sind

nur die erfahrenen Prozessingenieure in

der Lage, komplexe Vorrichtungen zu

entwerfen.“ Die Konstruktion wird direkt

an die Slicing-Software Ultimaker Cura

übergeben und mit dem Desktop-3D-

Drucker Ultimaker S5 gedruckt.

Drucken in der Fertigungsstraße

Derzeit werden die Fertigungshilfsmittel

in der Kölner Pilotanlage und in den euro-

päischen Werken gedruckt. Weitere An-

wendungsfelder sollen jedoch erschlossen

werden. „Wir beabsichtigen zukünftig

auch Ersatzteile für Maschinen in der Fer-

tigungsstraße zu drucken. Denkbar wäre

auch, unser Fahrzeugdesign an die Mög-

lichkeiten der additiven Fertigung auszu-

richten und Teile für Serienfahrzeuge im

3D-Druckverfahren herzustellen“, so Bo-

gnar. Eine entscheidende Rolle spielt dabei

die Entwicklung von neuen 3D-Druckwerk-

stoffen. Der Marktstudie ‘Global 3D Prin-

ting Materials Market in Automotive

Transportation, Forecast to  2024’ von

Frost und Sullivan zufolge soll der Markt

für 3D-Druckwerkstoffe in der Automobil-

industrie bis zum Jahr 2024 jährlich zwei-

stellig auf bis zu 576,5  Millionen Euro

wachsen. Dies entspricht einer durch-

schnittlichen jährlichen Wachstumsrate

von 17,8 Prozent (2017 bis 2024). Um dieser

Nachfrage gerecht zu werden, kooperie-

ren internationale Werkstoffproduzenten

wie BASF, Clariant und Owens Corning mit

Ultimaker. Im Rahmen der Zusammenar-

beit werden Materialien, die für den indus-

triellen 3D-Druck mit Ultimaker Druckern

kompatibel sind, für Anwendungen in der

Automobilindustrie entwickelt. ■

Der Autor Paul Heiden ist Senior Vice President

Product Management bei Ultimaker.

www.ultimaker.com

ADDITIVE FERTIGUNG

IT&Production 4/2019

Verglichen mit den Kosten für herkömmlich hergestellte Tools spart Ford durch die 3D-gedruckten Vorrichtungen und Schablonen ca. 1.000 Euro pro Teil ein.

Bild

: Ulti

mak

er B

.V.

Page 8: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Bild

: Str

eetS

coot

er R

esea

rch

GmbH

(In

Anle

hnun

g an

: Eric

h M

ülle

r: Q

ualit

ätsm

anag

emen

t für

Unt

erne

hmer

und

hrun

gskr

äfte

. 1. A

ufl.,

Sprin

ger G

able

r, Be

rlin

2014

.)

Abbildung 1: Exponentielles Fehlerkostenwachstum

AUTOMOBILINDUSTRIE |

Gemäß einer Studie der Roland

Berger Strategy Consultants hat

sich die Produktvielfalt in den

letzten 15 Jahren in allen Branchen mehr

als verdoppelt, während die Produktle-

benszyklen aufgrund des steigenden

Wettbewerbsdrucks um rund 25 Prozent

verkürzt wurden(Quelle: Roland Berger

Strategy Consultants (Hrsg.): Mastering

Product Complexity. Düsseldorf 2012. S. 5.).

Das daraus resultierende Komplexitäts-

wachstum kann in Unternehmen zu hohen

Prozess- und Produktentwicklungskosten

führen. Wenn weiterhin nicht rechtzeitig

auf auftretende Probleme und Fehler rea-

giert wird, ergeben sich sogenannte Feh-

lerkosten. Abbildung 1 verdeutlicht den

Zusammenhang früher Fehlerentstehung

und später -beseitigung: Durch direkte

und indirekte Folgen wachsen die Kosten

von der Produktplanung bis zur Ausliefe-

rung beim Kunden exponentiell. Diese Pro-

blematik entsteht unter anderem durch

mangelnde Integration von Produkt- und

Prozessentwicklung. Der Mangel kann sich

durch die fehlende Abstimmung innerhalb

interner Unternehmensbereiche sowie mit

externen Geschäftspartnern und Lieferan-

ten ergeben. Die so entstehenden Kosten

können laut Berechnungen der oben er-

wähnten Studie im internationalen Ma-

schinenbau durch ein geeignetes Komple-

xitätsmanagement jährlich um bis zu 54

Milliarden Euro gesenkt werden. Folglich

besteht die Notwendigkeit der Implemen-

tierung geeigneter Optimierungsmaßnah-

men, sodass eine fehlerarme Entwicklung

von komplexen Produktionssystemen ge-

währleistet werden kann. Weiterhin sind

das Erfüllen der hohen Prozessanforderun-

gen sowie die Reduktion der Planungsauf-

wände essentiell, um Schnittstellen inte-

grieren und Entwicklungskosten reduzie-

ren zu können.

Anforderungensmanagement

Ein Anforderungsmanagement kann zur

Reduktion dieser Komplexitäten beitra-

gen. Es dient als Instrument zur gleichzei-

tigen produktionsgerechten Produkt- und

produktgerechten Prozessgestaltung. Das

Anforderungsmanagement beinhaltet die

Ermittlung, Analyse, Spezifizierung sowie

Validierung aller Eigenschaften und Rah-

menbedingungen eines Produktions- oder

Prozesssystems. Am Beispiel des Fahr-

zeugbaus zeigt sich der Wert dieses An-

satzes. In den Prozessen der Automobil-

branche müssen der Bedarf von Gleichtei-

len und Verbaureihenfolgen bei gleichen

Aufnahmepunkten von Erzeugnissen be-

rücksichtigt werden. Zudem erschwert oft

ein Silodenken die Koordination einzelner

Unternehmensbereiche. Ein wirkungsvol-

les Anforderungsmanagement, das Wis-

sen und Anforderungen aus Entwicklung

Kürzere Innovationszyklen bei spezifischeren Kundenanforderungen treiben die Komple-xität in die Höhe. Ein Anforderungsmanagement auf der Basis moderner IT-Technologien kann helfen, Fehler früh zu finden und sie so exponentiell kostengünstiger zu beheben.

ENGINEERING

IT&Production 4/2019

Fehler an der Wurzel packenAnforderungsmanagement

Page 9: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Abbildung 2: Von der Anforderungsentwicklung bis hin zur -validierung

Bild

: Str

eetS

coot

er R

esea

rch

GmbH

und Produktion über parallellaufende Ent-

wicklungsprojekte hinweg verknüpft, soll

genau diese Hürden überwinden.

Sammeln und Umsetzen

Die Managementaufgabe lässt sich in zwei

Teilprozesse gliedern. Zum einen adressiert

sie die generische Anforderungsentwick-

lung, welche eine kontinuierliche sowie

Event-getriebene Aufnahme von Anforde-

rungen verfolgt. Diese müssen stets definier-

ten inhaltlichen sowie prozessabhängigen

Kriterien folgen, etwa einer eindeutigen Be-

schreibung des Problems. Anforderungen

aus der Produktion werden dabei meist kon-

tinuierlich oder in gezielten Events generiert.

Anschließend werden sie nach Relevanz,

Vollständigkeit und Verständlichkeit geprüft.

Des Weiteren ist auszuschließen, dass die

Anforderungen in Konflikt zu den Zielen ver-

schiedener Stakeholder im Unternehmen

stehen. Zum anderen thematisiert das An-

forderungsmanagement die konkrete Imple-

mentierung der Anforderungen in Prozess-

und Produktentwicklungsprojekte. Eine Da-

tenbank bietet die Möglichkeit, die definier-

ten Anforderungen zentral zu speichern und

für jedes Projekt hinsichtlich ihrer Relevanz

und Anwendbarkeit zu evaluieren. Zur auf-

wandsarmen Realisierung der Projekte wer-

den die Anforderungen möglichst über-

schneidungsfrei aufgenommen, sodass nur

eine begrenzte Anzahl dieser in den Ent-

wicklungsprozess aufgenommen werden

muss. Im Sinne eines Closed-Loop-Ansatzes

werden die Anforderungen so nicht nur

während der laufenden Projekte kontinuier-

lich aufgenommen, sondern bereits in die

frühen Entwicklungsphasen neuer Produkte

und Prozesse integriert. Während der ge-

samten Aufnahme sowie der Integration in

neue Entwicklungsprozesse werden die An-

forderungen kontinuierlich weiterentwickelt.

Abbildung 2 zeigt den Ablauf von der Iden-

tifikation von Anforderungen bis hin zur Va-

lidierung ihrer Umsetzung.

In der vernetzten Produktion

Anforderungsmanagement lässt sich mit

moderner IT hervorragend unterstützen. Der

Erfolg des Technikeinsatzes hängt dabei

maßgeblich von der Akzeptanz der Nutzer

ab. Die Funktionen des Anforderungsmana-

gements lassen sich digital abbilden und in

die Entwicklungs- sowie Produktionspro-

zesse einbinden. Im Zuge von Industrie-4.0-

Anwendungen könnte die Anforderungsauf-

nahme und -modifikation langfristig auto-

matisiert geschehen. So kann die Prüfung

von Anforderungen beispielsweise mit Hilfe

von Smart Glasses erfolgen, die es dem Ent-

wickler ermöglichen, auf Anforderungsver-

letzungen durch einen automatischen Ab-

gleich der Daten mit CAD-Daten bereits in

frühen Produktentstehungsphasen zu rea-

gieren. Mit Smart Wearables könnten pro-

dukt- oder prozessbezogene Daten z.B.

durch manuelle Spracheingabe oder auto-

matisches Scannen via App direkt vom Nut-

zer in eine Datenbank mit sinnvoll verteilten

Zugriffsrechten eingespeist werden. Die An-

wendung solcher Technologien beschleu-

nigt langfristig nicht nur die Aufnahme und

Integration von Anforderungen, sondern

verhilft Unternehmen zur Vernetzung aller

an der Entwicklung und Produktion beteilig-

ten Funktionsbereiche in Echtzeit. Durch frü-

hes Ausschalten von Schwachstellen und

Fehlern in der Produktion lassen sich Fehler-

kosten exponentiell senken.

Dem Wandel standhalten

Im Maschinenbau und besonders in der Au-

tomobilindustrie ist der Entwicklungsauf-

wand komplexer Produkte unter hohem

Zeit- und Innovationsdruck einer der größ-

ten Kostentreiber. Ein Anforderungsmana-

gement kann hier Kernelement der effizien-

ten Produktion darstellen. Mit moderner IT-

Technologie kann es Unternehmen befähi-

gen, nahezu in Echtzeit auf Produkt- und

Prozessänderungen zu reagieren. ■

Die Autoren: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Burggräf ist

Geschäftsführer, Dipl. Wirt. Ing. Jan-Philip Ganser

ist Vice President Automotive und Moritz Roder,

M.Sc. RWTH ist Unternehmensberater bei der

StreetScooter Research GmbH.

Dipl. Wirt. Ing. Matthias Dannapfel ist Oberinge-

nieur am Werkzeugmaschinelabor (WZL) und

Sebastian Patrick Vierschilling, M.Sc. RWTH, M.Sc.

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Werkzeug-

maschinelabor (WZL) der RWTH Aachen.

www.streetscooter-research.eu

IT&Production 4/2019

| AUTOMOBILINDUSTRIEENGINEERING

Page 10: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Porsche wird beim E-Fahrzeug Taycan erstmals FTS in der Serienproduktion im kontinuierlichen Fluss einsetzen.

AUTOMOBILINDUSTRIE |

In der Automobilindustrie arbeiten die

Hersteller an Produktionskonzepten,

die ohne stationäre Fördertechnik

wie Montagebänder und Hängebahnen

auskommen. In ihren Versuchsfabriken

sammeln mehrere Autohersteller aktuell

Erfahrungen mit solchen Konzepten. Das

Fraunhofer IPA hat mit seiner For-

schungsfabrik in der Arena 2036 eben-

falls eine FTS-basierte Automobilproduk-

tion realisiert. Und nicht weit entfernt, in

Stuttgart-Zuffenhausen, wird ab Ende

dieses Jahres der Porsche Taycan nach

diesem Prinzip gebaut. Porsche verab-

schiedet sich damit vom Fließbandprin-

zip und setzt als erster Fahrzeugherstel-

ler fahrerlose Transportsysteme in der

Serienproduktion im kontinuierlichen

Fluss ein. Die neue Produktionsmethodik,

wie sie zurzeit erprobt und in Kürze in

die Tat umgesetzt wird, erfordert aller-

dings neue Hardware wie z.B. dafür ge-

eignete FTS und auch eine neue Art der

Kommunikation. Schließlich sind wesent-

liche Komponenten der Fördertechnik

mobil. Das gilt nicht nur für die FTS, auf

denen das Fahrzeug entsteht, sondern -

je nach Konzept - auch für mobile Trans-

porteinheiten, die das FTS mit zu mon-

tierendem Material versorgen. Für solche

Aufgaben, d.h. für den Datenaustausch

von Sensoren in den mobilen Einheiten

mit der übergeordneten IT-Infrastruktur,

hat der steute-Geschäftsbereich Wire-

less ein Funknetzwerk entwickelt. Es be-

steht aus funk- und netzwerkfähigen

Endgeräten (Positionsschalter, Fußschal-

ter, Magnetsensoren…), die Informatio-

nen mit Access Points austauschen.

Jeder Access Point kann bis zu ca. hun-

dert netzwerkfähige Endgeräte in das

Netzwerk einbinden, und das gesamte

Netzwerk kann aus zahlreichen Access

Points bestehen. Eine Sensor Bridge als

Service Manager übernimmt die Anbin-

dung der auf der Produktionsebene ge-

nerierten Daten an die kundenseitige IT-

Infrastruktur. Die Konfiguration der Sen-

sor Bridge erfolgt web-basiert über ein

zentrales Dashboard. Das ermöglicht es

dem Anwender, die jeweiligen Funktio-

nen des Funknetzwerks an die individu-

ellen Anforderungen anzupassen. Ein

weiterer Vorteil des Netzwerks besteht

darin, dass es für verschiedene Applika-

tionen genutzt werden kann, z.B. für FTS-

Flotten und mobile E-Kanban-Systeme.

Neue Produktionskonzepte haben zum Ziel, eine flexible und hoch automatisierte Ferti-gung in Losgröße Eins zu ermöglichen. In der Automobilindustrie werden solche Konzepte, bei denen FTS im Mittelpunkt stehen, z.B. bei Porsche schon erprobt. Das erfordert eine flexible Kommunikation auf Shopfloor-Ebene – per Funk im Netzwerk.

MATERIALFLUSS

IT&Production 4/2019

Weckruf per FunkFTS-Einsatz in der modernen Automobilproduktion

Bild

: Por

sche

AG

Page 11: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

Nutzbar für verschiedene Funkstandards

Ursprünglich hat steute das Funknetzwerk

ausschließlich mit der im eigenen Hause

entwickelten Funktechnologie sWave.net

betrieben. Sie gehört zur Klasse der Low

Power Wide Area Networks (LPWAN) und

bietet u.a. den Vorteil, dass sie mit sehr

geringem Energiebedarf arbeitet und den-

noch hohe Reichweite auch unter ungüns-

tigen Bedingungen sowie eine hohe Über-

tragungssicherheit bietet. Deshalb errei-

chen die Funksensoren Batteriestandzei-

ten von bis zu zehn Jahren. Die hohe

Übertragungssicherheit wird z.B. durch die

Mehrfachübertragung bei einer fehlge-

schlagenen Übermittlung gewährleistet:

Wenn das Senden an den ersten Zugangs-

punkt scheitert, wird der zweite Access

Point adressiert usw. In einigen Anwen-

dungen möchten die Betreiber aber auf

diese Vorteile verzichten, weil es ihnen

wichtiger ist, vorhandene Standards wie

z.B. ihr eigenes WLAN-Netz für die Über-

tragung der Funksignale zu nutzen. Des-

halb wurde das Funknetzwerk geöffnet

und bietet unter der Dachmarke nexy eine

funktechnologie-unabhängige Plattform

für die drahtlose Übertragung und Aus-

wertung von Sensordaten aus der Shopf-

loor-Ebene in die Unternehmens-IT (FTS-

Flottenmanagement, LVS, BDE, MES, ERP)

und darüber hinaus ins IoT. Einige nexy-In-

terfaces, z.B. zur Flottenmanagement-

Software mehrerer FTS- Hersteller, befin-

den sich bereits im Einsatz. Ein weiteres

Softwaremodul - ein eKanban-System -

bereits vorgestellt.

Funknetzwerk bei FTS-Flotten

Die DPM Daum & Partner Maschinenbau

GmbH gehört zu den Spezialisten der FTS-

Systeme für den Automobilbau und hat

mit dem Vision E ein neues FTS-Konzept

speziell für die Montage von Elektrofahr-

zeugen entwickelt. Zu den Besonderhei-

ten des Vision E gehört die On-board-Si-

cherheitstechnik, die nach Angaben des

Herstellers erstmals Montagearbeiten im

Fließbetrieb rund um das Fahrzeug ermög-

licht. Der Fließtransport wird dabei nicht

unterbrochen. Eine weitere Besonderheit

des FTS ist das energieeffiziente Batterie-

managementsystem. Bei Betriebsruhen bis

zu drei Wochen kann die gesamte FTS-An-

lage in einen Sleep-Modus versetzt wer-

den, bei dem die Energiezufuhr gänzlich

ausgeschaltet wird. Das hat u.a. den Vor-

teil, dass die FTS nicht eine zentrale Lade-

station anfahren müssen, sondern in belie-

biger Position stehenbleiben können. Le-

diglich eine Pufferbatterie ist während

dieser Zeitspanne in Betrieb und versorgt

einen Funkempfänger mit Strom. Dieser

Empfänger veranlasst den Start des jewei-

ligen FTS, nachdem er über das

sWave.net-Funknetzwerk das entspre-

chende Signal erhalten hat. Bei bisherigen

Anlagen erfolgte die Stromversorgung

durch Batterien, die nach längeren Pausen

bei jedem einzelnen Fahrzeug neu gestar-

tet und ggf. neu aufgeladen werden müs-

sen. Außerdem kann (und wird) dpm das

nexy-FTS-Interface für andere FTS-

Typen und -Flotten nutzen.

Mehrere Applikationen – eine Funktechnologie

In einem nächsten Schritt könnte ein sol-

ches Funknetzwerk auch noch weitere

Funktionen übernehmen - z.B. die Nach-

schubsteuerung der Fahrzeugproduktion.

In diesem Fall würden stationäre oder mo-

bile, ggf. ebenfalls auf FTS installierte E-

Kanban-Regale das Vorhandensein bzw.

die Entnahme von Behältern detektieren

und diese Information an die Materialfluss-

steuerung übermitteln. Oder es werden

Funksensoren an den Übergabepunkten

zwischen stationärer und mobiler Förder-

technik installiert, die z. B. dem FTS signali-

sieren, dass ein Behälter zum Transport be-

reitsteht, und einen entsprechenden Ab-

holauftrag bzw. Fahrbefehl generieren. ■

Der Autor Andreas Achenk ist

Produktmanager Wireless bei

Steute Technologies GmbH & Co. KG.

www.steute.com

IT&Production 4/2019

| AUTOMOBILINDUSTRIEMATERIALFLUSS

Über die sWave.net-Technologie werden FTS innerhalb kurzer Zeit aus dem Deep Sleep-Modus aufgeweckt.

Bild: Daum & Partner Maschinenbau GmbH

Access Points empfangen die Funk-signale der einzelnen Schalt-

geräte und geben sie z.B. per WiFi oder Ether-net an die IT weiter.

Bild: Steute Technologies GmbH & Co. KG

Page 12: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

AUTOMOBILINDUSTRIE | :em engineering methods AG - Anzeige -

Kontakt

:em engineering methods AG Rheinstr. 97 64295 Darmstadt Tel.: +49 6151 7376-100 • Fax: +49 6151 7376-101 [email protected] • www.em.ag

ReqMan®:

IT&Production 4/2019

…und dann kommt das Update des Dokumentes Ein erfahrungsgemäß blutdruckerhöhender Prozess ist der

Empfang einer neuen Lastenheftversion vom Auftraggeber:

Dokumente mit einer Vielzahl an Änderungen gehen ein und

häufig gibt es keine verlässlichen Informationen darüber, was

genau sich im Vergleich zu den Vorversionen geändert hat –

jedoch fordern Ihre Kunden eine qualifizierte Rückmeldung in-

nerhalb weniger Tage.

Auch hier unterstützt Sie ReqMan® und bietet Ihnen einen

Vergleich „auf Knopfdruck“.

Sind Dokumentversionen erst in ReqMan® importiert, lassen

diese sich mit Vorgänger- oder anderen Dokumentversionen

inhaltlich vergleichen. Mit wenigen Klicks identifiziert ReqMan®

Änderungen in Texten, Tabellen, Grafiken sowie Inhaltstruktur

und diese Änderungen können anschließend wieder via ReqIF

an das Anforderungsmanagement-System übergeben werden.

Überzeugen Sie sich selbst Wir, die :em engineering methods AG, sind Hersteller der

Software ReqMan® und beweisen Ihnen gern ihre Effektivität

und die Effizienz – anhand eines Beispieldokumentes aus Ihrem

Hause erzeugen wir eine ReqIF-Datei für Sie. Nehmen Sie

Kontakt mit uns auf.

Alles nur ein Traum? Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Software, die in der Lage

wäre Inhalte (z.B. Anforder ungen aus Lastenheften oder mit -

geltenden Unterlagen) aus PDF-Dokumenten automatisiert zu ex-

trahieren, zu strukturieren und an ein Anforderungs management-

System zu übergeben. Stellen Sie sich darüber hinaus vor, dass Sie

die Energie, die Sie durch die drastische Reduktion manueller

Arbeiten sparen, viel sinnvoller einsetzen könnten. Würden Sie

sich diese Software einmal näher anschauen wollen? Dann

haben wir eine gute Nachricht für Sie: Ein solches Tool gibt es

bereits! ReqMan® ist ein Software-Produkt der :em engineering

methods AG und seit nunmehr sechs Jahren am Markt. Nahezu

100 Firmen mit über 2.000 Anwendern nutzen ReqMan® und

haben ihre Prozesse (teil-)automatisiert.

Zeit sparen, Qualität und Motivation erhöhen: Die Quadratur des Kreises ist gelöst! Mittels einer mächtigen und dennoch durch den Anwender einfach

zu konfigurierenden Import-Engine ist ReqMan® in der Lage,

innerhalb von Sekunden selbst 1.000 Seiten starke PDF-Dokumente

in einzelne Anforderungs- oder Überschriftenobjekte zu zerlegen.

Dabei beinhalten die erzeugten Informationsobjekte neben ihrem

textuellen Inhalt auch Graphiken und Tabellen. Außerdem wird

diesen das „Wissen“ mitgegeben, wo genau sie sich innerhalb der

Dokumentstruktur befinden.

In Ergänzung zur Importautomatisierung kann der Anwender bei

Bedarf manuell eingreifen, um so im Ergebnis eine optimale

Zerlegung der Dokumentinhalte zu erzeugen.

Die Übergabe der Informationsobjekte an ein Anforderungs -

management-System erfolgt via ReqIF-Format. ReqMan®

besitzt eine Exportoption, die die spezifischen Belange

verschiedener Anforderungsmanagement-Systeme berücksich-

tigt und so dem Anwender ermöglicht, mit minimalem

Aufwand zu importieren – Text, Grafik und Tabellen!

PDF-Dokumente wie von Zauberhand zerlegen, vergleichen und in Anforderungsmanagementsysteme importieren

Bild

: :em

eng

inee

ring

met

hods

AG

Page 13: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

- Anzeige - it-motive AG | AUTOMOBILINDUSTRIE

Hersteller aus der Serienfertigung, vornehmlich aus der Auto-

mobil- und Fertigungsindustrie versuchen seit vielen Jahren,

ihre Lagerkosten zu reduzieren und gleichzeitig die Produk -

tionsversorgung stabil zu halten.

Unterschiedliche logistische Lösungen dieses Zielkonfliktes, wie

die Anwendungen Kanban und Just-in-Time / Just-in-Sequenz

haben sich in der Praxis etabliert. Die Unterschiede zwischen JIT

und JIS sind u.a. dadurch geprägt, dass bei den JIS-Prozessen

wechselnde Bandgeschwindigkeiten und unterschiedliche

Ausprägungen des zu liefernden Produktes eine wesentliche

Herausforderung darstellen. Eine ständig wachsende Anzahl der

unterschiedlichen Produktvarianten erschwert es dem Zulieferer,

immer das richtige Einzelmodul fahrzeugbezogen und sequenz-

genau in der richtigen Reihenfolge an das Band zu liefern,

ohne den Produktionsablauf bei den OEM’s zu behindern.

Ein möglicher Systemausfall würde neben enorm hohen Kosten auch

einen erheblichen Imageschaden für den Zulieferer produzieren.

Ausfallsicherheit durch ein Backup-System Hochsensible JIT/JIS-Prozesse bergen gewisse Risiken. Für eine

sequenzgenaue Produktion ist daher ein kontinuierlicher Daten-

fluss erforderlich, um jederzeit Zugriff auf die Bestände zu haben.

Bricht die Netzwerkverbindung komplett zusammen oder es

kommt zu einem Stillstand des ERP-Systems, können Kundenab-

rufe nicht mehr Just-in-Time bedient werden.

Aus diesem Grunde ist ein zum ERP-System parallel laufendes

Backup-System erforderlich, welches die Anlieferung in dieser

Ausfallsituation sichert. Dieses dezentrale Notfallsystem verfügt

über eine Echtzeitschnittstelle zum ERP-System und sorgt dafür,

dass der Anwender bei Ausfall einfach weiterarbeiten kann.

Folgende Funktionen sollten in diesem Backup-Szenario

abgebildet werden:

Nahtlose Umschaltung vom ERP-System zum JIT/JIS-Backup-•

System und umgekehrt

Materialbereitstellung an verschiedenen Kommissionier-Stationen •

Bearbeitung von Sequenzsprüngen•

Unterschiedliche Druckfunktionen (incl. Barcode-Labels)•

Automatische Rückübertragung der Daten an das ERP-System•

für die Nachbuchung nach Beendigung des Stillstandes

Synchrone Bearbeitung der Sequenzierungsnachricht•

(Broadcast Message)

Automatischer Datenimport auf Basis unterschiedlicher•

Technologien (CSV, RFC, IDOC)

ein integriertes Trainingsmodul•

Mit der web-basierten Client-Server Lösung „itm JIT/JIS-AddOn“

bietet die it-motive AG den Zulieferern ein Programmsystem,

welches immer parallel zum SAP-System läuft und mit aktuellen

Daten versorgt wird. Im Falle eines Systemausfalls übernimmt das

Tool nahtlos die Zulieferprozesse und sorgt für eine automatische

Rückübertragung der Informationen, sobald das SAP-System

wieder verfügbar ist. Ein zusätzliches Trainingsmodul gibt jedem

Anwender die Sicherheit unter Stress, die jede Störung mit

sich bringt, sicher agieren zu können.

Kontakt

it-motive AG Zum Walkmüller 6 47269 Duisburg, Deutschland Tel.: + 49 (203) 6 08 78-0 • Telefax: + 49 (203) 6 08 78-222 [email protected] • www.it-motive.de

IT&Production 4/2019

Störungen in der Zulieferung bei JIT/JIS-

basierten Geschäftsprozessen können sich

auf große Teile der Supply Chain auswir-

ken und zu erheblichen finanziellen Ein-

bußen führen. Eine entsprechend hohe

Anforderung ergibt sich dabei an die

Logistiksoftware.

Kunde Automobilhersteller

LieferantZulieferer

Planning Sequenced

orders

Vehicle„created“

Vehicle„Release to shipment“

Vehicle„Delivered“

Vehicle„Confirmed“

Vehicle„Delivery created“

Vehicle„Good issue

posted“

Vehicle data

FDS / JDS

Message „Trigger for Sequencing“

= (Broadcast Message)

Delivery (pallet)

Message Vehicle completely assembled

Ausfallsicherheit bei JIT/JIS-Prozessen

Bild

: it-

mot

ive

AG

Bild: ©Nataliya Hora /Fotolia.com

Page 14: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

AUTOMOBILINDUSTRIE |

EExperten gehen davon aus, dass bis

2020 weltweit etwa 250 Millionen

vernetzte PKW und LKW auf den

Straßen unterwegs sein werden. Im Jahr

2050 sollen sogar alle neuen Fahrzeuge

mit dem Internet of Things (IoT) verbunden

sein. Ein wichtiger Schritt in Richtung des

autonomen Fahrens. Doch ganz so einfach

umzusetzen ist das nicht. Herausforderun-

gen bestehen derzeit noch in der Anten-

nentechnik, den Steuergeräten dem

Schutz vor Cyberangriffen und der Akzep-

tanz neuer Geschäftsmodelle – sowohl auf

Seiten der Hersteller als auch der Kunden.

Connectivity-Lösungen gefragt

Erste Ansätze für intelligentes Auto gab

es schon in den 90er Jahren, die jedoch

meist an der Kostenfrage scheiterten. Die

Telematik-Lösungen waren zu teuer. Das

könnte sich mit der aktuellen Evolution

von reinen Telematik-Konzepten hin zu

immer weitreichenderen Verknüpfungs-

angeboten inklusive Domain Controllern

ändern. Vernetze Fahrzeuge müssen

Daten mit anderen Quellen in einer aus-

reichend hohen Geschwindigkeit austau-

schen können. Erst dann ist sogenanntes

Sensorsharing möglich, wobei Fahrzeuge

verschiedener Hersteller Sensordaten an-

derer Verkehrsteilnehmer nutzen und in-

terpretieren. Zum anderen benötigen

auch die Passagiere immer mehr Perfor-

mance im Auto, um mit der Außenwelt

verbunden zu sein. Deswegen wird eine

Domainzentrale benötigt, die über Mobil-

funkschnittstellen die Konnektivität des

Fahrzeugs sicherstellt. Die Fahrzeugkom-

munikation steht derzeit vor einem kriti-

schen Umbruch und muss sich diesen He-

rausforderungen stellen, um die Evolution

der Kommunikationstechnologien auf das

Auto zu übertragen.

Energieeffizienz im Auto

Energieeffizienz und die Anpassung der

Autos an die Umwelt werden in Zukunft

eine wichtige Rolle spielen. Momentan

werden Signale von Antennen auf dem

Dach eines Fahrzeugs mithilfe von Kabel-

verbindungen an die Bordelektronik über-

mittelt, die sich oft im Fahrercockpit befin-

det. Werden die Frequenzbänder von der-

zeit 6GHz auf bis zu 100GHz erweitert, um

die erforderlichen Datenvolumen übertra-

Passagiere im neuenmobilen Lebensraum

Technologie für das vernetzte Fahrzeug

Die Vision der Automobilindustrie ist schnell erklärt: Verkehrsteilnehmer vom Auto überLKW und Fahrräder bis hin zu Fußgängern sollen miteinander vernetzt sein. Fahrer werdenzu Passagieren in einem neuen mobilen Lebensraum. Bevor es soweit ist, müssen von derverbauten Antenne bis zur weltweiten IT-Infrastruktur technische Probleme gelöst werden.

Bild: Laird Technologies

ENGINEERING

IT&Production 9/2018

Page 15: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

sen mit gerichteten Antennen ausgestattet

werden, um Signale an Geräte in vorbeifah-

renden Fahrzeugen zu übertragen.

IT-Sicherheit mitgedacht

Das Thema IT-Sicherheit betrifft Hersteller

und Zulieferer gleichermaßen. Da Benut-

zer künftig viel häufiger über ihr Auto

kommunizieren oder es durch Apps per-

sonalisieren dürften, steigt auch die Ge-

fahr durch Cyberkriminelle. Erste Angriffe

auf vernetzte Fahrzeuge gab es bereits.

Zwar wurde bei 5G die IT-Sicherheit von

Anfang an bedacht, sodass der Standard

als sicherer gilt als etwa WLAN, die Absi-

cherung der Luftschnittstelle reicht aber

bei weitem nicht aus, um Angriffe auf ein

Connected Car ganz zu verhindern. Viele

Steuergeräte und Kommunikationssys-

teme innerhalb des Fahrzeugs sind an-

greifbar. Besonders gefährdet sind Steu-

ergeräte wie eine TCU (Telematics Con-

trol Unit) oder eine Headunit, die über

viele drahtlose Schnittstellen verfügen

und somit als potentielles Einfallstor für

Angriffe dienen könnte. Solche Attacken

können durch Ausbreitung über die Fahr-

zeugbussysteme im schlimmsten Fall si-

cherheitsrelevante Funktionen stören.

Neue Mobilitätskonzepte

Vernetzte Autos können als Teilnehmer

in einem IoT neue Mobilitätskonzepte

ermöglichen. Aufgrund von Kosten- und

Platzproblemen erwarten beispielsweise

viele, dass zukünftig weniger Privatau-

tos auf den Straßen unterwegs sein

werden als bisher. Stattdessen könnten

Car-Sharing-Konzepte oder Pay-per-

Use-Modelle weiter an Aufschwung ge-

winnen. Auch der umwelttechnische As-

pekt wird in Zeiten der Klimaerwärmung

und verschmutzter Luft immer relevan-

ter. Neue Lösungen und Infrastruktur-

maßnahmen im Bereich der Elektromobi-

lität könnten helfen, diese Effekte in den

Griff zu bekommen.

Netze im mobilen Lebensraum

Der Ausbau der Datenraten ist auch im

Hinblick auf autonom fahrende Autos re-

levant: Fahrer werden immer mehr zu

Passagieren, die unterhalten werden

wollen und das Auto als erweiterten,

mobilen Lebensraum nutzen. Dazu ge-

hört auch eine gute Datenverbindung.

Allgemein werden die Mobilitätslösun-

gen der Zukunft den Spagat zwischen

Flexibilität und Freiheit sowie gleichzei-

tiger Kosten- und Platzreduzierung

schaffen müssen. ■

Der Autor Guido Dornbusch ist

Vice President Product Management bei

Laird Connected Vehicle Solutions.

www.lairdtech.com

| AUTOMOBILINDUSTRIEENGINEERING

gen zu können, reicht eine Kabelverbin-

dung von der Antenne zur Transceiver-

Elektronik nicht mehr aus. Zudem ist die

Verlegung der Antennenkabel aufgrund der

geringen Biegsamkeit alles andere als trivial

und erhöht durch die große Menge an be-

nötigten Leitungen zudem das Gewicht

des Fahrzeugs. Eine Lösung wäre es, die

Elektronik und damit die Signalverarbei-

tung möglichst nah an der Antenne anzu-

bringen. Also entweder direkt unter dem

Dach oder in der Antenne selbst. Doch die

schwankenden Witterungsbedingungen,

denen die Elektronik dann ausgesetzt ist,

könnten dann Probleme verursachen. Die

Temperaturen unter dem Dach und in der

Antenne sind oft sehr hoch und schwanken

zudem, was der Elektronik auf Dauer zu-

setzt. Nur wenige Hersteller können Elek-

tronik und Antenne unter solchen Bedin-

gungen zusammen bringen. Eine weitere

Herausforderung im Bereich der Antennen-

technologie entsteht durch die Auswei-

tung der Frequenzbänder von derzeit unter

6GHz auf bis zu 100GHz. Dies wird im Rah-

men der Einführung des Mobilfunkstan-

dards 5G stattfinden. Dadurch wird die

Dämpfung erhöht, sodass Signale nur noch

in geringerem Abstand übertragen werden

können. Ungerichtete Antennen können so

jedoch keine bzw. nur eingeschränkt Sig-

nale empfangen. Diese Strecke kann durch

eine gezielte Ausrichtung der Antennen

vergrößert werden. Dafür müssen Devices

mit verschiedenen Antennen bestückt

werden, von denen immer diejenige ge-

nutzt wird, die sich in der Richtung

des Senders befindet.

Auch Road-Side-

Units müs-

IT&Production 9/2018

Die Vision künftiger Mobilität basiert auf der digitalen Vernetzung im und um das Fahrzeug herum.

Bild

: Lai

rd T

echn

olog

ies

Page 16: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

AUTOMOBILINDUSTRIE |

SSouthco ist ein Hersteller von Ver-

schlusssystemen unterschiedlicher

Branchen, darunter die Automobilin-

dustrie, Luft- und Raumfahrt und die Medi-

zinbranche. Rund 2.000 Mitarbeiter beschäf-

tigt das Unternehmen in 20 Produktions-

stätten und Verkaufsniederlassungen in den

USA, Europa und China. Dabei setzt

Southco von jeher auf einen technologie-

orientierten Ansatz. Die Produktionslenkung

erfolgte dabei jedoch bislang in großen Tei-

len durch Papierprozesse. Das heißt, dass

die strengen Maßnahmen der Produktions-

lenkung mithilfe von manuellen Kontrollen

und Listen zum Abhaken durchgeführt wur-

den. Zwar war man sich bei Southco ob der

Effizienz der eigenen Fertigungsprozesse

sowie der Produktqualität sicher. Im Sinne

der kontinuierlichen Verbesserung wollte

das Unternehmen dennoch verschiedene

automatisierte Systeme zur Prozesslenkung

testen, um Qualität und Produktivität wei-

ter zu steigern. Das Unternehmen testete

drei unterschiedliche Manufacturing Execu-

tion Systems (MES). Am Ende fiel die Wahl

auf ein Echtzeit-Prozess- und Fertigungslen-

kungssystem von Epicor. „Anfangs wollten

wir vor allem ein System für die Prozesslen-

kung”, sagt Tony Ryder, Leiter für die Spritz-

gussfertigung bei Southco. „Nachdem wir

insgesamt drei Systeme getestet hatten, er-

kannten wir aber den Vorteil der Epicor-Lö-

sung, die die Prozess- und Fertigungslen-

kung in einer einzigen integrierten Software

kombiniert, sodass wir nun von den Vortei-

len beider Methoden profitieren.”

Anlageneffektivität offengelegt

Das System wurde zunächst in der Spritz-

gussfertigung des Unternehmens in Groß-

britannien eingesetzt. Die Anwendung legte

schnell die tatsächliche Effizienz der Ferti-

gungsanlagen von Southco offen: Die Ge-

samtanlageneffektivität (GAE) betrug ledig-

lich 52 Prozent, was weit unterhalb des an-

gestrebten Ziels und deutlich unterhalb der

Werte lag, die im Rahmen von manuellen

Lenkgruppen gemessen wurden. „Wir konn-

ten schnell sehen, wo die Probleme lagen”,

sagt Ryder. „Zum Beispiel fanden wir heraus,

dass ein großes Problem in Farbverunreini-

gungen bestand. Tatsächlich war dieses

Problem so groß, dass es die Investition in

ein komplett neues Trichtersystem rechtfer-

tigte, das dafür sorgt, dass der Fertigungs-

prozess absolut sauber abläuft.” Ein einziger

Tropfen der falschen Farbe könne zur Folge

haben, dass der Verschluss für das Hand-

schuhfach eines Autos nicht genau den

Vorgaben des Herstellers entspricht und ein

gesamtes Los somit wertlos sei, erklärt er.

„Wir profitieren nun von einer Transparenz,

die uns vorher schlichtweg fehlte”, sagt

Ryder weiter. Das Unternehmen ist nun in

der Lage, kritische Daten wie Temperatur

und Druck zu überwachen und den Ferti-

gungsprozess flexibel anzupassen. Vor Ein-

führung des Systems belief sich der interne

Ausschuss des Unternehmens zum Teil auf

15.000 bis 16.000 parts per million (ppm) –

einige der Ursachen dafür blieben wegen

der manuellen Systeme unentdeckt. Inner-

halb von nur vier Monaten nach Einführung

des ME-Systems sank diese Zahl um das

Vierfache. Inzwischen kann Southco meh-

rere Monate hintereinander mit 0ppm Aus-

schuss vorweisen. Das bedeutet auch, dass

Kleinste Fehler können dazu führen, dass Produkte nicht mehr den Vorgaben des Kundenentsprechen – sie sind somit wertlos. Beim Unternehmen Southco ist man dieser Problema-tik mit der Einführung eines Manufacturing Execution Systems (MES) entgegen getreten.

MANUFACTURING EXECUTION SYSTEME

IT&Production 9/2018

Weniger Ausschuss produziertMES-Einführung in der Spritzgussfertigung

Bild: Southco

Page 17: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

das Unternehmen nun viel besser nachwei-

sen kann, wenn Produktionsfehler auf das

gelieferte Rohmaterial zurückzuführen sind.

„Wir sind jetzt in der Lage, die eigentlichen

Ursachen von Fehlern sehr schnell und si-

cher festzustellen. Auf diese Weise können

wir Kosten und Rufschädigung durch die

Lieferung fehlerhafter Teile an unsere Kun-

den vermeiden und Schadensbehebung

von unseren Lieferanten fordern, da wir nun

beweisen können, dass nicht unsere Pro-

zesse für die Mängel verantwortlich sind.”

Maschinen abgeschafft

Da die tatsächliche GAE jetzt bei knapp 85

Prozent liegt, kann Southco mit den vorhan-

denen Maschinen sogar so viel produzieren,

dass fünf Spritzgussmaschinen ersatzlos ab-

geschafft werden konnten. „Wir waren kurz

davor, zwei neue Maschinen anzuschaffen.

Bis wir feststellten, dass wir diese Maschi-

nen gar nicht brauchten. Stattdessen konn-

ten wir im Werk sogar Platz für eine neue

Fertigungsstraße schaffen”, berichtet Parker.

ERP-Integration

Southco will das System nun auch in sei-

nen Standorten in den USA und China ein-

führen. Langfristig soll es nicht nur im Be-

reich der Spritzgussfertigung, sondern auch

in der Produktmontage zum Einsatz kom-

men. Darüber hinaus arbeitet Southco ge-

meinsam mit Epicor an der Integration des

Systems in eine neue Enterprise-Resource-

Planning-Software von SAP, die das Unter-

nehmen derzeit international an seinen

Standorten einführt. „Durch die Verbindung

des Epicor-Systems in der Fertigung mit

der SAP-Anwendung im Back Office kön-

nen wir auch die noch verbliebenen Papier-

prozesse abschaffen”, erklärt Parker. „Epicor

wird Arbeitsaufträge von SAP erhalten und

die Fertigungsberichte direkt an das Pla-

nungsbüro senden.” Parker weiter: „Außer-

dem senden wir unsere technischen Doku-

mente aus unserem zentralen, zugangsbe-

schränkten System direkt an das MES, so-

dass aktuelle Änderungen und Anweisun-

gen jederzeit für die Maschinenführer ver-

fügbar sind, die in der Fertigung an den Be-

dienpulten stehen. Auf diese Weise können

wir sichergehen, dass alle Prozesse richtig

eingestellt sind.” Die Senkung des Papier-

bedarfs ist dabei enorm: In denjenigen Be-

reichen, in denen das neue System einge-

setzt wird,hat Southco seine Papierpro-

zesse komplett abgeschafft.

Enge Zusammenarbeit

Southco arbeitet eng mit Epicor zusammen,

um die Software weiterzuentwickeln und sie

an die sich verändernden Anforderungen an-

zupassen. Letzten Endes sei die Software aber

nicht mehr als ein Instrument, dessen Erfolg

davon abhänge, ob das System im gesamten

Unternehmen auch angenommen wird. „Und

um diese Akzeptanz zu erreichen, hat Epicor

uns nach Kräften unterstützt”, sagt Parker. ■

Der Text entstand nach Material der

Epicor Software Cooperation

www.epicor.com

| AUTOMOBILINDUSTRIEMANUFACTURING EXECUTION SYSTEME

AU T O M OT I V E / A E RO S PAC E / R A I LWAY / E N E RGY / L I F E S C I E N C E S / D I G I TA L / C O N S U LT I N G

H AV E B E C O M E

PASSIONWe are an engineering and technology

consulting group working for the world’s

largest industrial players.

AKKA-TECHNOLOGIES.COM

DRIVESUS ALL.

- Anzeige -

Page 18: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

DDie Elwema Automotive GmbH aus

Ellwangen und Monschau reali-

siert Fertigungslösungen in der

Reinigungs-, Prüf- und Montagetechnik,

insbesondere für die Bereiche Motoren,

Lenkung und Getriebe vornehmlich für die

Automobilindustrie. Entsprechend an-

spruchsvoll sind die gefertigten Anlagen

und die Anforderungen an das Daten- und

Programmmanagement für Steuerungen,

Human Machine Interfaces, Robotik und

Konfigurationsdaten. Die Versions- und Da-

tenmanagementlösung Versiondog des IT-

Herstellers Auvesy hilft dem Maschinen-

bauer Elwema im Engineering und in der

Anlagenfertigung dabei, die Programme im

Blick zu behalten.

Auf Projektarbeit ausgelegt

Vor dem Einsatz des Tools kam es immer

wieder zu Missverständnissen beim Um-

gang mit Daten. „Es war keine klare File-

struktur vorhanden. Simple Dinge wie die

Namensgebung von Files wurden unter-

schiedlich gehandhabt, oder Modifikatio-

nen wurden nicht abgeglichen. Das alles

führte zu Suchvorgängen und verur-

sachte unnötigen Zeitaufwand“, berich-

tet Karl-Heinz Büchel, Leiter der Steue-

rungstechnik und der Automatisierung

bei Elwema. Auf der Suche nach einer

Lösung stieß man auf Versiondog, das in

einer dreimonatigen Testphase überzeu-

gen konnte. Seit rund drei Jahren setzt

der Maschinenbauer projektspezifische

Versionen der Anwendung für die Anla-

gensteuerung ein. Diese beinhalten bei-

spielsweise Netzwerk- oder EA-Listen.

Etwa 35 Mitarbeiter haben Zugriff auf

diese Daten. Die Lösung versioniert und

dokumentiert Änderungen und verwaltet

Projektdaten im Sinn eines Lifecycle Ma-

nagements. Das aktuell geladene Pro-

gramm, die verwendeten Parameter und

Sollwerte, wie auch die eindeutige Ver-

sionszuordnung sind stets aktuell abruf-

bar. „Durch das Arbeiten mit Versiondog

haben wir uns weiterentwickelt und Pro-

zesse standardisiert“, sagt Büchel. „Wir

haben jetzt eine zentrale Stelle für die

Datenablage, eine klare Rechtestruktur,

die Änderungsgründe sind ersichtlich, die

Transparenz wer, wo, wann, was geän-

dert hat, die Source-Code-Verwaltung

ist möglich und der Versionsvergleich

nützt der Standardisierung. Änderungen

folgen einem einheitlichen Muster: Datei

auschecken, Sperrstatus setzen, ändern,

einchecken. Alles ist dokumentiert und

jederzeit nachvollziehbar.“

Die Anlage lebt weiter

Der Versionierungsprozess ist jedoch

nicht mit der Fertigstellung einer Anlage

beendet. Nach der Montage und Inbe-

triebnahme erfolgt vor Auslieferung zu-

nächst die Vorabnahme durch den Kun-

den. Dann wird sie demontiert und vor

Ort beim Kunden wieder aufgebaut.

Dabei ist die Integration der Komponen-

ten nach einer CNC-Maschine keine Sel-

tenheit. Denn nach der Bearbeitung (z.B.

eines Kurbelwellengehäuses) erfolgen

die Reinigung der gefertigten Teile, die

Montage und anschließend die Prüfung

auf Dichtheit, z.B. der Öl- und Wasser-

räume. Damit diese Integration funktio-

Anlagensoftware versioniertund protokolliert

Verzahnte Entwicklung bei Elwema Automotive

Bild

: Auv

esy

Gm

bH

SPS-Programmierung, Human Machine Interfaces, Konnek-tivität – die Softwareentwicklung für moderne Anlagenwird immer aufwendiger. Um diese Arbeiten zu unterstüt-zen und abzusichern, nutzt der Zulieferer Elwema Automo-tive speziell angepasste Versionierungsanwendungen vonAuvesy. Bei der Produktion behalten die Mitarbeiter so alleArbeitsfortschritte und Änderungen im Blick. Doch auchnach der Inbetriebnahme protokollieren die ProgrammeAnlagenänderungen sicher und nachvollziehbar.

IT&Production 9/2018

AUTOMOBILINDUSTRIE | ANLAGENBAU

Page 19: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

niert, müssen die jeweiligen Daten- Und Pro-

grammstände versioniert werden. Dieser

Auslieferungsstand wird auch an den Kunden

übermittelt. Nach der Auslieferung kann die

Anlage weiter überarbeitet, umgebaut oder

erweitert werden. Bei allem muss die aktu-

elle Daten- und Software-Version festgehal-

ten und abgeglichen werden, was mit Versi-

ondog recht einfach fällt. Es ist unter techni-

schen sowie Sicherheits- und Gewährleis-

tungsaspekten wichtig, dass alle Beteiligten

auf dem gleichen Informationsstand sind und

mit gleichen Programmversionen arbeiten.

Deshalb wird der Prozess über den gesamten

Lebenszyklus einer Anlage hindurch geführt.

So ist dokumentiert, was der Kunde nach der

Übergabe der Anlage mit ihr gemacht hat.

Durch den Zeitstempel ist auch festgehalten,

wann etwas verändert wurde.

Mitarbeiter geschult

Um das Bewusstsein bei den Mitarbeitern zu

verankern, dass Anlass, Zeitpunkt und Verant-

wortlichkeit für jede Anpassung von Program-

men und Daten dokumentiert werden muss,

setzte der Maschinenbauer Schulungen für

die rund 35 Nutzer an. Denn wie so häufig

steht und fällt der Nutzen leistungsfähiger

Anwendungen mit der Bereitschaft der Beleg-

schaft, die Programme konsequent und wie

vorgesehen zu benutzen. ■

Die Autoren sind Karl-Heinz Büchel, Leiter

Steuerungstechnik & Automatisierung bei

Elwema sowie Silke Glasstetter, Head of

Marketing bei Auvesy GmbH.

www.elwema.de

ANLAGENBAU

Versiondog-Versionshistorie einer S7-Softwarekomponente mit Änderungsdarstellung in Version 3 im Fensterrechts unten

IFS APPLICATIONSTM 10YOUR CONNECTION TO WHAT´S NEXT.

Um die digitale Transformation zu meistern, bedarf es einer

zukunftsfähigen Business Software.

Unsere ERP Software IFS ApplicationsTM, von Analysten und Kunden ausgezeichnet,

ist dafür genau die Richtige!

Ob Digitalisierung, IoT oder Servitization –mit IFS Applications 10 sind Sie

bereit für die Zukunft.

BESUCHEN SIE UNS AUF

DEM ERP KONGRESS!

23.– 24.10.2018, Frankfurt am Main

Übersicht der Komponentenstatus in einem Elwema-Projektverzeichnis

Bilder: Auvesy GmbH

Page 20: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

BBeim Automobil- und Industriezulie-

ferer Schaeffler stehen Optimie-

rungsprojekte praktisch auf der Ta-

gesordnung. Ein aktuelles Projekt galt der

Logistik in der Industriesparte des Unterneh-

mens, die dabei völlig neu aufgestellt wurde.

Im neu gebauten Distributionszentrum in

Carisio (Italien) sollte eine besondere He-

rausforderung gelöst werden: „Die Aufgabe

bestand darin, die Betriebssicherheit eines

SAP-EWM-Systems im Rechenzentrum Her-

zogenaurach mit den Echtzeitanforderun-

gen eines automatisierten Logistiksystems

am Standort in Italien zu verbinden“, erläu-

tert Hans-Peter Rösch, Teilprojektleiter Lo-

gistische Prozesse und IT der Schaeffler-

Gruppe. Beides ließ sich mit dem Einsatz

eines Materialflussrechners als gekapselte

selbständige Einheit lösen. An der Lösung

des Projektes waren der Systemintegrator

Aberle und Softwarespezialist Sysmat betei-

ligt. Der Materialfluss kann durch die indivi-

duell konfigurierte Software nun so gesteu-

ert werden, dass die Fördertechnikprozesse

und Warenflüsse reibungslos laufen. Auch

die Aus- und Einlagerungen von Regalbe-

diengeräten und Automatikkränen werden

nun per Software optimiert. Eine Visualisie-

rung der Anlage in der Anwendung hilft,

Störungen zu lokalisieren. Schon während

der Implementierung der Anlage hat das

Modul ‘Anlagenemulation’ die Entwicklungs-

und Aufbauphase unterstützt, indem sie ein

virtuelles Abbild der Anlage bereit gestellt

hat. So ließen sich mit dem Tool bereits vor

der Inbetriebnahme das Zusammenspiel

zwischen Materialflussrechner, SAP-Soft-

ware und Anlage testen.

Zwei Systeme nebeneinander

Im neuen Distributionszentrum in Carisio

übernimmt der grafische Materialflussrech-

ner die Steuerung der Anlage auf der Basis

von Transporten aus dem SAP-System.

Doppelpack für effiziente Distribution

Lagerverwaltung bei Schaeffler Technologies

Bild

: Abe

rle G

mbH

Schaeffler Technologies aus Herzogenaurach arbeitet laufend daran, die eigenen Produk-tions- und Intralogistikprozesse zu verbessern. Beim Neubau eines Distributionszentrumswaren die Ansprüche gerade an das Zusammenspiel von Automation und Software ent-sprechend hoch. Umgesetzt haben das Projekt der Generalunternehmer Aberle und derSoftwarehersteller Sysmat.

IT&Production 9/2018

AUTOMOBILINDUSTRIE | DISTRIBUTION

Page 21: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

| AUTOMOBILINDUSTRIE

Durch die Trennung von Funktionen und

Hierarchien nutzen beide Systeme ihre im

Standard vorhandenen Funktionen. Somit

entfallen projektspezifische Programmierun-

gen und Tests ebenso wie Schnittstellen

zwischen den Systemen. Der grafische Ma-

terialflussrechner steuert beispielsweise ein

automatisches Kleinteillager, zwei Sequen-

zer und Behälterfördertechnik. Die Waren-

ausgangs- und Wareneingangszone, ein ma-

nuelles Palettenlager, Arbeitsplatzdialoge

und das Staplerleitsystem werden über ein

Enterprise Warehouse Management-System

von SAP gesteuert. Im Zusammenspiel von

SAP-Software und dem Materialflussrechner

werden Lagerprozesse, Dialoge und Materi-

alfluss synchronisiert. Auch im Ablauf blei-

ben die Systeme getrennt: Während das

Entladen, Warenein- und -ausgang, Dekon-

solidierung, Versandvorbereitung und die

Auftragssteuerung via SAP gesteuert sind,

erfolgt der Putaway, das Auslagern von Be-

hältern, Behältersequenzierung nach Ge-

wichtsklassen, Andienen und Rücklagern

durch den Materialflussrechner.

45.000 Behälterplätze

Das Programm MFR Matcontrol von Sys-

mat übernimmt die Verwaltung der Lager-

fächer für das vierfach tiefe Behälterlager

und die Warteschlangenverwaltung. Die

Lagersoftware kennt hingegen die Behäl-

ter, die Bestände in den Behältern und

sämtliche Artikel- und Kundendaten. Soll

ein Behälter eingelagert werden, sendet

die SAP-Lagersoftware einen Transport an

den Materialflussrechner und sorgt für Ab-

transport, Lagerfachsuche und Einlage-

rung in das viergas-

sige automatische

Kleinteillager mit

45.000 Behälter-

stellplätzen. Die Re-

gale sind für eine

zweifach tiefe La-

gerung bei großen

Behältern oder vier-

fach tiefe Lagerung

bei kleinen Behäl-

tern konzipiert. Für

die Pufferung vor

der Kommissionie-

rung gibt es zwei

Sequenzer mit ins-

gesamt 1.800 Stell-

plätzen, zweifach

tief. Diese Sequenzer versorgen die zwölf

Pick- und Packarbeitsplätze mit Behältern

in der vom SAP-System vorgegebenen

Reihenfolge. Dort kommissionieren Mitar-

beiter über SAP-Dialoge die Ware, indem

sie sie wiegen, bestätigen, verschließen

und mit Versandpapieren versehen.

Echtzeitaufgabenausgelagert

Die Sysmate-Anwendun-

gen nehmen dem Sys-

mat-Anwendungen viele

komplexe Steuerungs-

funktionen ab. So hat die

Unternehmensgruppe

die Möglichkeit, ver-

schiedene Prozesse zu

optimieren, da die Koor-

dination der Material-

flusslogik sich in einer

Hand befindet und die

Echtzeitanforderungen

aus dem Lagerverwal-

tungssystem ausgelagert

sind. Es existiert eine

Trennung von Funktio-

nen und Verantwortung

für Leistungsmerkmale

des SAP-Systems. Eine

Neuentwicklung der

Standardfunktionen des

Mater ia l f lussrechners

war nicht notwendig.

Dazu zählen u.a. unter-

schiedliche Einlagerungs-

strategien und die Ver-

waltung der Lagerfächer.

Virtuelle Inbetriebnahme

In der Entwicklungs- und Testphase trug

die Software ‘Anlagenemulation’ von Sys-

mat dazu bei, das Projekt zügig voranzu-

bringen. Das Programm kommuniziert mit

SAP EWM und erlaubt Entwicklung, Funk-

tions- sowie Integrationstest von EWM-

Komponenten. So lassen sich viele Fehler

etwa in den Schnittstellenprogrammen

und der Kommunikationslogik erkennen,

bevor die physikalische Anlage gekoppelt

ist. Typisches Beispiel für einen Test ist die

Integration weiterer logistischer Arbeits-

plätze, wie beispielsweise für Dekonsoli-

dierung und Kommissionierung, die im

EWM mit der Fördertechnik zur Andie-

nung und Abförderung von Ladungsträ-

gern geführt werden. „Durch den Einsatz

des Materialflussrechners und der Emula-

tion wurde die Projektlaufzeit enorm ver-

kürzt. Wir konnten mit der Emulation be-

reits parallel zum Aufbau von Mechanik

und Steuerungstechnik alle EWM-Funk-

tionen erstellen und testen“, so Rösch.

DISTRIBUTION

IT&Production 9/2018

Das Softwaregespann unterstützt die Mitarbeiter beimKommissionieren.

Bild

: Abe

rle G

mbH

für .

Insight Control PanelInstandhaltungsportal

www.gis-systemhaus.de

Mobile

Map

X-Ray

Planning

Explorer

Dashboard

- Anzeige -

Page 22: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

AUTOMOBILINDUSTRIE |

auch bei dem angestrebten SOP-Datum,

also der ersten Kundenlieferung. ■

Der Autor Rainer Schulz ist

Geschäftsführer bei der Sysmat GmbH.

www.sysmat.de

IT&Production 9/2018

Wie viel Zeit das spart, wird bei der Ge-

genüberstellung von konventioneller Me-

thode und Materialflussrechner inklusive

Emulationsfunktion deutlich. Der konven-

tionelle Weg sieht einen sequentiellen

Ablauf vor. Das heißt, die Integration der

SAP-Lagerverwaltung mit der Anlage er-

folgt vor Ort. Dazu testet der Anwender

im ersten Schritt die Schnittstellenpro-

gramme und überprüft die Syntax. Die Se-

mantik, also die Nachrichtenlogik, testet

er im nächsten Schritt. Der dritte Schritt

widmet sich den Nachrichtensequenzen,

das heißt, es erfolgt eine Überprüfung der

Logik- und Statusübergänge. Alleine diese

Tests dauern mit der physikalischen An-

lage circa vier bis sechs Wochen. Im letz-

ten Schritt finden Tests zu den logisti-

schen Prozessen statt. Im Gegensatz dazu

benötigen die Tests der Logik- und Sta-

tusübergänge mit einer Kombination aus

Materialflussrechner und Emulation nur

zwei Wochen. Voraussetzung dafür ist,

dass sich die Echtanlage identisch mit der

Simulation verhält. Auch hier erfolgt am

Ende ein Prozesstest der logistischen Vor-

gänge. Dort konnte die Software

ihre Stärke zeigen. „Die Inbe-

triebnahme wurde wesentlich

verkürzt, da die Module bereits

getestet in die Phase‚ 'Integrati-

onstest und Inbetriebnahme' ein-

fließen konnten“, schildert Rösch.

Lieferung wie geplant

Darüber hinaus wird ein durch-

gängiges Qualitätssicherungs-

system für Schulungen und

Tests durch Key User aufgebaut

und genutzt. Durch die Emulati-

onsfunktionen ist eine Schulung der Be-

nutzer in den Prozessen direkt am Sys-

tem möglich. Auch bei künftigen Funkti-

onserweiterungen und Upgrades steht

die Testumgebung zur Verfügung, um

Systemfehler auf der produktiven Anlage

minimieren zu helfen. Am Ende des Pro-

jekts verzeichnete Schaeffler eine insge-

samt stark verkürzte Projektlaufzeit. Das

Unternehmen erreichte die angestrebten

Ziele sowohl auf funktionaler Ebene als

DISTRIBUTION

Virtuelle Inbetriebnahme: Bevor Mitarbeiter dieLager nutzen, wird das Zusammenspiel von Anlageund Software per Emulation getestet.

Bild: Aberle GmbH

KontaktBE-terna Industry Solutions GmbHObere Vorstadt 1671063 Sindelfingen - DeutschlandTel.: +49 7031 7078 0www.be-terna.com/be-automotive • [email protected]

Neben den hohen Ansprüchen

der Hersteller stellt auch die

zunehmende Globalisierung der

Produktion sowie die Abbildung

komplexer Logistikkonzepte die

Zulieferer der Automobilin dustrie

vor große Herausfor derungen.

Man arbeitet nach Rahmenauf-

trägen und -bestellungen, wobei

die Abwicklung über Liefer- und

Feinabrufe erfolgt. Lieferscheine,

Transport daten, Rechnungen sowie das Gutschriftver fahren

werden in Höchstgeschwindigkeit über EDI ausgetauscht.

Unsere Lösung BE-AutomotiveUnsere Branchenlösung BE-Automotive bildet alle gängigen

Geschäftsprozesse von Zulieferern ab – sowohl zwischen

Zulieferern und Herstellern als auch zwischen den Zulieferern

untereinander (1, 2, 3-Tier). Je nach Anforderung können Module

für die Auftragsabwicklung, Produktion, Logistik und Beschaf-

fung eingesetzt werden.

Bild: © AntonMatveev / Istock.com

Der Motor für Ihren Geschäftserfolg

OEM-spezifische Prozesse als ErfolgskriteriumGrundlage für den Datenaustausch von BE-Automotive bilden die

Empfehlungen des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

Die Besonderheiten der Automobilhersteller beim Datenaus-

tausch der Formate, seien es VDA, Odette oder EDIFACT,

sind ebenfalls berücksichtigt.

Die Basis: Microsoft Dynamics NAVMicrosoft Dynamics NAV, das Herzstück von BE-Automotive,

steht als Business-Software weltweit für unternehmerischen

Erfolg. Profitieren Sie von unserer jahrzehntelangen Erfahrung aus

vielen erfolgreichen Installationen bei namhaften Zuliefer-, Indus-

trie- und Handelsunternehmen und sichern Sie sich Wett -

bewerbsvorteile, indem Sie über unser Partnernetzwerk auf eine

breite Palette weiterer branchenspezifischer Lösungen zugreifen.

- Anzeige -

BE-terna Industry Solutions GmbH

Page 23: IT&Production ePaper - Automobilindustrie · D ie Automobilindustrie zählte zu den ersten Branchen, die die Vorteile des 3D-Drucks für sich entdeckt haben. Die additive Fertigung

- Anzeige -

- Anzeige -

Pickert & Partner GmbH | AUTOMOBILINDUSTRIE

Mit S/4HANA legt SAP die techni-

sche Grundlage, um Geschäfts-

prozesse zu digitalisieren und

neue Geschäfts modelle zu

ermöglichen.

Viele Unternehmen haben

bereits Projekte gestartet

oder sind in Planung. Doch

wie gelingt der Wandel am

besten, ohne die Orientierung

zu verlieren?

Konkrete Vorarbeiten und bereits heute aufgebautes Wissen

um S/4HANA gestalten das Transition-Projekt schlanker und

unkompliziert.

Auch wenn vermeintlich noch Zeit ist.

Investitionsentscheidungen müssen unter

Berücksichtigung von Möglichkeiten und

Erfordernissen von S/4HANA rechtzeitig

getroffen werden.

S/4HANA Transition richtig umsetzenDas S/4HANA Transition Programm der it-motive AG besteht aus

kompakten Workshops, die genau auf die individuellen Anfor -

derungen der Unternehmen zugeschnitten sind. Zu den Inhalten

gehören u.a. die Wissensvermittlung rund um S/4HANA, die

Reflektion der IST-Situation oder die S/4HANA Einsatzevaluierung.

Die erarbeiteten Ergebnisse ermöglichen den Teams, passgenaue

Vorarbeiten zu definieren und die S/4HANA Transition zu planen.

Lernen Sie unsere individuelle Workshop-Reihe ““S/4HANA –

Erfolgreich den Wandel vollziehen“ kennen und nehmen Sie

Kontakt mit uns auf.

it-motive AG

Kontaktit-motive AGZum Walkmüller 647269 Duisburg, DeutschlandTel.: + 49 203 60878-0 • Fax: + 49 203 [email protected] • www.it-motive.de

IT&Production 9/2018

S/4HANA – Erfolgreich den Wandel vollziehen

Bild

: it-

mot

ive

AG

KontaktPickert & Partner GmbHHändelstr. 10 • 76327 PfinztalTel.: +49 721 6652-0 • www.pickert.de

Beinahe täglich ist von Produktrückrufen in allen Lebensberei-

chen zu lesen. Häufig stellt man fest, dass es insbesondere das

Lernen aus Fehlern ist, das nicht konsequent umgesetzt ist.

Durch eine ganzheitliche Betrachtung von Qualität und

Produktion wird eine Rundumsicht möglich, die Abhängigkeiten

der Prozesse zueinander transparent macht und bekannte Fehler

verhindert. Hierfür müssen Informationen erfasst, kategorisiert,

analysiert und zur richtigen Zeit an die richtige Person übermittelt

werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse können unbekannte

Fehler zu bekannten Fehlern machen. Diese Strategie wird durch

integrationsfähige IT-Lösungenermöglicht.

Ihre Vorteile durch unsere modulare Softwarelösung RQM für MES,

CAQ und Traceability:

Verhinderung von Fehlern durch proaktive Steuerung der Prozesse•

Senkung der Kosten durch Reduzierung der Ausschussrate•

Steigerung der Kundenzufriedenheit durch höheres Qualitäts-•

niveau

Lückenlose Rückverfolgbarkeit durch automatisierte Erfassung•

von Qualitäts-, Produktions-, und Prozessdaten.

Stell Dir eine Welt vor, in der alle Produkte wie erwartet funktionieren.

Bild

: Pic

kert

& P

artn

er G

mbH

Vorausschauende Qualitätssicherung -

Unbekannte Fehler zu bekannten Fehlern machen!

Nur eine Null-Fehler-Produktion kann für ein pro-

duzierendes Unternehmen langfristig betrachtet

tragfähig und nachhaltig sein.