internationale wettbewerbsstrategien, lokale synergien und raumstrukturierung

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This article was downloaded by: [University of Birmingham] On: 06 October 2014, At: 18:22 Publisher: Routledge Informa Ltd Registered in England and Wales Registered Number: 1072954 Registered office: Mortimer House, 37-41 Mortimer Street, London W1T 3JH, UK disP - The Planning Review Publication details, including instructions for authors and subscription information: http://www.tandfonline.com/loi/rdsp20 Internationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien und Raumstrukturierung Remigio Ratti Published online: 20 May 2013. To cite this article: Remigio Ratti (1990) Internationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien und Raumstrukturierung, disP - The Planning Review, 26:100, 42-50, DOI: 10.1080/02513625.1990.10708653 To link to this article: http://dx.doi.org/10.1080/02513625.1990.10708653 PLEASE SCROLL DOWN FOR ARTICLE Taylor & Francis makes every effort to ensure the accuracy of all the information (the “Content”) contained in the publications on our platform. However, Taylor & Francis, our agents, and our licensors make no representations or warranties whatsoever as to the accuracy, completeness, or suitability for any purpose of the Content. Any opinions and views expressed in this publication are the opinions and views of the authors, and are not the views of or endorsed by Taylor & Francis. The accuracy of the Content should not be relied upon and should be independently verified with primary sources of information. Taylor and Francis shall not be liable for any losses, actions, claims, proceedings, demands, costs, expenses, damages, and other liabilities whatsoever or howsoever caused arising directly or indirectly in connection with, in relation to or arising out of the use of the Content. This article may be used for research, teaching, and private study purposes. Any substantial or systematic reproduction, redistribution, reselling, loan, sub-licensing, systematic supply, or distribution in any form to anyone is expressly forbidden. Terms & Conditions of access and use can be found at http:// www.tandfonline.com/page/terms-and-conditions

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Page 1: Internationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien und Raumstrukturierung

This article was downloaded by: [University of Birmingham]On: 06 October 2014, At: 18:22Publisher: RoutledgeInforma Ltd Registered in England and Wales Registered Number: 1072954 Registered office: MortimerHouse, 37-41 Mortimer Street, London W1T 3JH, UK

disP - The Planning ReviewPublication details, including instructions for authors and subscription information:http://www.tandfonline.com/loi/rdsp20

Internationale Wettbewerbsstrategien, lokaleSynergien und RaumstrukturierungRemigio RattiPublished online: 20 May 2013.

To cite this article: Remigio Ratti (1990) Internationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien undRaumstrukturierung, disP - The Planning Review, 26:100, 42-50, DOI: 10.1080/02513625.1990.10708653

To link to this article: http://dx.doi.org/10.1080/02513625.1990.10708653

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Page 2: Internationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien und Raumstrukturierung

DISP 100 42 Remigio Ratti

lnternationale Wettbewerbsstrategien, lokale Synergien und Raumstrukturierung

In diesem Beitrag [1] wird ein Schema entworfen, mit dem die lnnovationsstra­tegien der einheimischen kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) bes­ser verstanden werden konnen, und zwar vor dem Hintergrund eines dyna­mischen Raums, der sich immer starker internationalisiert. Es handelt sich theo­retisch darum zu begreifen, wann KMU welche lnnovations-Adoptionsmodalito­ten wohlen und welche roumlichen Aus­wirkungen dam it verbunden sind.

lm ersten Kapitel werden konzeptuelle Elemente vorgestellt, mit denen das stra­tegische Verhalten von Unternehmen aus regionalwissenschaftlicher, raumbe­zogener Perspektive betrachtet werden kann. Wir definieren auf neuartige, ei­gene Weise «strategische Roume des Unternehmens» und ihre roumlich-funk­tionale Dynamik.

In einem zweiten Kapitel erortern wir verschiedene Moglichkeiten zur Innova­tions-Adoption (lnnovations-Diffusions­Modelle) im Hinblick auf den Raum­strukturierungsprozess.

lm dritten Kapitel schliesslich wird in einer Matrix ein hypothetischer Zusam­menhang geschaffen zwischen lnnova­tionsdiffusions-Modellen und strategi­schem Verhalten von KMU. Dabei wird die steigende Bedeutung von lokalen Synergien auf die Entspannung des Zen­trum/Peripherie-Verholtnisses hervorge­hoben.

1. Theoretische Aspekte der rtium­lich-funktionalen Dynamik von Un­ternehmen 1.1 Die «strategischen Raume» von Un­ternehmen Mit dem Interesse an der Raumstruk­turierung wird unsere Argumentation selbstredend aus einem roumlichen Blickwinkel abgehandelt. Dies gilt ouch fur mikrookonomische Betrachtungen zum Unternehmen: Es ist durch seinen Standort an den Raum gebunden, der zu einer Modeii-Determinante wird. Dem­nach kann ein Unternehmen anhand von zwei Attributen beschrieben werden: - durch seinen spezifischen Standort in­nerhalb eines offenen Gebietes, ein Raum also, der sich durch seine Bezie-

hungen zu anderen Gebieten auszeich­net. Das Unternehmen ist von einem dy­namischen, relativierbaren Umfeld um­geben. Die kunftige Entwicklung von Un­ternehmen oder von einer Gruppe von Unternehmen hongt nicht nur ab von der Wettbewerbsfohigkeit, sondern ouch vom Standort und von dessen Verholtnis zu anderen Standorten. - durch die Definition einer Reihe von riiumlich-funktionalen Beziehungen, welche den Entwicklungsprozess des Un­ternehmens entscheidend beeinflussen. Das Unternehmen besteht und uberlebt nur, wenn es ihm gelingt, seine Beziehun­gen nach aussen zu verwalten, das heisst also, wenn es seine internen Ressourcen mit exogenen Ereignissen kombinieren kann. Das Umfeld des Unternehmens lei­stet dabei einen wichtigen Beitrag.

Werden die roumlich-funktionalen Be­ziehungen gruppiert, so konnen drei «sfrategische Riiume des Unterneh­mens» gebildetwerden (2]: 7. Produktionsraum Der Produktionsraum wird geprogt durch technisch-funktionale Beziehun­gen. Der Produktionsstandort etwa wur­de nach dem Modell der roumlichen Ar-

tradit!onelles njcht raumllches M.Q..Q.ell

Angebot Nachfrage

DC

beitsteilung und der Segment-Theorie je­weils dort gewohlt, wo sich technologi­sche, wirtschaftliche oder soziokulturelle Faktoren als gunstig erweisen fur die Wirtschaftlichkeit und die Wettbewerbs­fohigkeit. 2. Marktraum Der Marktraum umfasst aile jene Bezie­hungen des Unternehmens, die unmittel­bar Angebot und Nachfrage betreffen. Sie zeichnen sich aus durch ihre Anzahl, ihre lntensitat, ihre Lokalisierung, aber ouch durch die gesamte Marktentwick­lung, auf die das einzelne Unternehmen normalerweise wenig Einfluss ausuben kann. Alleine schon eine roumlich-funk­tionale Definition von Angebot und Nachfrage erleichtert eine dynamische Interpretation der Unternehmensbezie­hungen. Um allerdings somtliche strate­gischen Entscheidungen des Unterneh­mens als an den Raum gebunden zu verstehen, schlagen wir einen dritten, strategischen Lebensraum des Unter­nehmens vor: 3. Stutzraum Mit dem Begriff StOtzraum [3] konnen drei Arten von unternehmerischen Bezie­hungen erfasst werden, die sich 1m Nicht-Markt-Bereich [4] abspielen:

wjrtschal!llch- !ynk!lonales. raumllches Modell

•• allgemeine Elemente strategische Elemente

Figur 1 Die strategischen, wirtschaftlich-funktio­nalen Rtiume des Unternehmens.

Quelle: URE/GREMIII- Ratti, 1989

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Figur 2 Stufen eines Schemos zur Beschreibung

der «strategischen Riiume>> eines Unternehmens.

Nach Vallega A., «Regione e territorio>>, Milan

1976

- Beziehungen, welche die Organisa­tion der Produktionsfaktoren betreffen (Herkunft von Kapital, von Information,

von technologischem Know-how, raum­bezogene Aspekte des Faktors Arbeit,

u.a.); - Beziehungen zu Partnern, Lieferanten oder Kunden (Austausch von lnformatio­nen, Zusammenarbeit, partnerschaftli­che Geschaftsbeziehungen, partielle Unternehmens-lntegration, u.a.); - Beziehungen zu anderen Aktoren des ortlichen Umfelds, die nicht direkt in den Geschaftsbereich der Unternehmen fal­len (zu offentlichen, privaten oder halb­

privaten lnstitutionen, Golfplatz-Freund­schaften, Wahlveranstaltungen, u.a.).

Die Beziehungen im StUtzraum tragen entscheidend zum Erfolg oder Miss­erfolg des Unternehmens bei. lm Pro­duktions-, im Markt- und insbesondere im StUtzraum fa lit das Unternehmen stra­tegische Entscheidungen, die uber sei­nen Erfolg und seine Zukunft bestimmen. In Figur 1 werden dynamische Beziehun­gen eines Unternehmens dargestellt, einmal mit dem bekannten Angebot/ Nachfrage-Modell, und ein zweites Mal anhand unseres raumbezogenen Kon­zepts, in dem die drei strategischen Le­bens- und Entscheidungsraume des Un­ternehmens berucksichtigt sind. lm zwei­ten Fall gehen wir davon aus, doss der strategische StUtzraum zu einem wesent­lichen Teil die Beziehungen in Produk­tionsraum und Marktraum beeinflusst und daher samtliche strategischen Ent­scheidungen des Unternehmens, die spater auf dem Markt der Bewahrung ausgesetzt und bewertet werden.

1.2. Ein Systemansatz zum Verstandnis strategischer Raume Mit einem Systemansatz kann der Auf­bau der strategischen Raume von Unter­nehmen verstanden werden. Analytisch betrachtet, mussen die unternehmeri­schen Beziehungen in ein Netzwerk ubertragen und jene Systemkrafte er­fasst und ausgesondert werden, die den Schluss auf die strategischen Raume er­lauben. Dazu empfiehlt sich ein schritt­weises Vorgehen, von einfachen Ele­menten bis zu einem umfassenden Sy­stem, wie das in Figur 2 entwickelt wurde.

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Analyseebene

systemisch

Prozess + } System

Orientierung

Struktur +

} Prozess i Transformation

----·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·---·--

syntagmatisch

(funktional)

Netz +

Beziehung

} Struktur i

Element+

} Netz i Disposition

-----·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--·--

Attribut +

Standort elementar

Oualitat +

Quantitat

Die Dynamik in den strategischen Raumen entsteht aufgrund von unterneh­merischen Entscheidungen. Diese Dyna­mik fuhrt im System zu zentrifugalen und zentripetalen Entwicklungsprozessen, die sich gunstigenfalls in einem dynami­schen Gleichgewicht befinden. Mit dem Systemansatz konnen die Richtungen der Entwicklungsprozesse festgestellt und abgebildet werden, weshalb er einem einfachen, nicht-raumbezogenen Ange­bot/Nachfrage-Modell vorzuziehen ist. Der Einsatz der Systemanalyse im Pro­duktionsraum gibt Aufschluss uber die technischen Strategien des Unterneh­mens, im Marktraum bekommen wir ein

Mass fur die Oberlebensfahigkeit des Unternehmens. lm StUtzraum klart sich dank der Systemanalyse die ldentitat des Unternehmens.

1.3 Die Entstehung lokaler Synergien Der Ausdruck Synergien bezieht sich vorerst einfach auf das Zusammenwir­ken mehrerer Krafte, deren Wirkung grosser ist, als wenn jede Kraft isoliert betrachtet wurde. Sie ergeben sich bei-

} Element i

} Attribut i

spielsweise durch die Zusammenarbeit zwischen Aktoren im System, die ver­schiedene Formen annehmen kann: eine vertikale Zusammenarbeit mit den be­kannten Handelsbeziehungen zwischen Kaufern und Verkaufern; eine horizonta­le Zusammenarbeit zwischen Unterneh­men, die sich auf den gleichen Markten konkurrenzieren, die aber versuchen, aus einer Zusammenarbeit gemeinsame Vorteile zu ziehen; eine komplementare, horizontale Zusammenarbeit, die da­durch zustande kommen kann, doss ein Kunde ein auf seine Bedurfnisse zuge­

schnittenes Produkt benotigt, das von mehreren Herstellern gemeinsam fabri­ziert wird.

Analytisch kann mit zwei Methoden auf Synergien geschlossen werden, denn der Schritt von der Mikro-Analyse zu einer territorialen Meso-Analyse ist mit zwei Problemkreisen verbunden: nam­

lich jenem der sektoriellen Aggregation und jenem des Zusammenhangs zwi­schen funktionalen Ablaufen und institu­tionellen Territorien. [5]

Die Aggregation der unternehmeri­schen Beziehungen und des Unterneh-

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mensverhaltens wird durch eine System­analyse erleichtert. Geht man dabei do­von aus, doss jedes Unternehmen seine strategischen Raume (Produktionsraum, Marktraum, StUtzraum} funktional be­stimmt, so konnen die Verbindungen des Unternehmens spezifiziert, aufgezahlt, im Raum lokalisiert und den strategi­schen Raumen zugeordnet werden. Es klart sich dabei die Frage, in welcher Form im System zusammengearbeitet wird: Sind beispielsweise unternehmeri­sche Kontakte zu Lieferanten oder zu Kunden die oblichen Marktbeziehungen, eine weitergehende partnerschaftliche Zusammenarbeit, oder gehen sie bis zur finanziellen Beherrschung von Ge­schaftspartnern? Je nach Form und ln­tensitat der Zusammenarbeit kommt es zu mehr oder weniger ausgepragten Synergien im System. Die Aggregation von Unternehmensverbindungen legt sektorielle und intersektorielle Syner­gien frei, die sich zum Beispiel in einer weitgehenden Arbeitsteilung aussern konnten. Die Entwicklung der aggregier­ten Beziehungen im Zeitablauf konnte als lndikator gelten fOr eine lndustriali­sierung, die sich im Raum ausbreitet oder die sich in Kraftefeldern konzen­triert, fOr eine zunehmende Arbeitstei­lung nach Segmenten oder fOr die stei­gende Integration bzw. Desintegration von Grossunternehmen.

Der zweite Ansatzpunkt zur Erklarung von Synergien ergibt sich daraus, doss raumlich-funktionale, wirtschaftliche Be­ziehungen durchaus an die hierarchisch­institutionelle Organisation von Territo­rien gebunden sein konnen, ouch wenn sie einen ausgepragt vertikalen Charak­ter besitzen (aktuelles Angebot/Nach­frage-Modell) und institutionelle Gren­zen nicht respektiert werden mOssen (gu­te Beispiele dafOr waren die weitrei­chenden, internationalen Beziehungen von Grossunternehmen oder der Seg­mentierungsprozess als Folge der inter­nationalen Arbeitsteilung. In diesen zwei Fallen scheint der direkte Einfluss institu­tionell abgegrenzter Raume als gering). Wenn funktionale wirtschaftliche Bezie­hungen auf einem mehr oder weniger engen Territorium bestehen, so bedeutet das nichts anderes, als doss Unterneh­men und territoriale Organisation ahnli-

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aktuelles Modell :

Vorherrschaft der wi rtsch aft I ich -fun ktio n a len Logik

Figur 3 Beziehungen zwischen funktionalen Un­

temehmensriiumen und institutionell-territorialen

Roumen.

Quelle: URE/GREMIII- Ratti, 1989

che lnteressen vertreten, die zur Zusam­menarbeit und zur Entstehung von loka­len Synergien fOhren, von Synergien al­so, die an einen bestimmten Ort gebun­den sind. Der strategische StUtzraum der Unternehmen wOrde weitgehend einem abgrenzbaren, homogenen, raumlichen Umfeld entsprechen. Je kleiner das Ter­ritorium und je starker die Konzentration oder Zusammenarbeit, desto schneller konnen Synergien die Bildung von pola­risierten Raumen oder von «Kraftefel­dern» [6] hervorrufen (Figur3).

Wir definieren lokale Synergien als das Ergebnis der territorialen Materiali­sierung von funktionalen, strukturierten Beziehungen in Form von Polen oder Kraftefeldern, ein Konzept, das uns in die Nahe von anderen Modellen bringt, die in der regionalwissenschaftlichen Li­teratur vorgeschlagen werden: «tissu in­dustriel local», «eco-systeme localise», «industrial district», «systeme industriel localise». GREMI hat diesbezOglich die Bezeichnung «lokales Milieu» [7] ge­schaffen, als Ausdruck for ein ortliches, innovationsforderndes, unternehmeri­sches Umfeld. Unser Systemansatz legt nahe, lokale Synergien als eines der SchiOsselelemente eines solchen «loka­len Milieus» zu betrachten.

Lokale Synergien erscheinen unter ei­nem doppelten Licht: sie sind gleichzei­tig konstituierendes Element und Ergeb­nis eines ortlichen Milieus, das aufgrund von Systemkraften internen und externen

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kOnftlges Modell : Strukturierung nach einer neo-territorialen Logik

Legende: ,L7 institutionell - territoriale RAume

(Ebenen:l=lnternational; N=National; R=Regional)

E!]) funktionale Ra.ume

Ursprungs betrachtliches Spannungspo­tential enthalt.

2. Moglichkeiten der KMU zur Innovations-Adoption Die technologische Innovation spielt im System die Rolle eines Energie-lnputs, der die Systembedingungen modifiziert. Angenommen, die technologische Inno­vation sei systemexternen Ursprungs [8], sie werde durch bestimmte Kanale im System bekanntgemacht, donn sind die Unternehmen die ersten, die damit in BerOhrung kommen. Je nach dem, ob es sich urn lnnovationen in Produktions-, Markt- oder StUtzraum handelt, dOrfte dies auf verschiedene Art und Weise ge­schehen. FOr die Unternehmen bedeutet die Annahme (Adoption) der technologi­schen Innovation eine Strategie, welche zur Wettbewerbsfahigkeit beitragt. Die Wirkungen der Innovations-Adoption beeinflussen die Starke lokaler Syner­gien, das Milieu und die Raumstruktur.

Urn dies zu erlautern, wird anschlies­send die entscheidende Bedeutung der Innovation als Entwicklungsfaktor unter­strichen. Danach rufen wir drei lnnova­tions-Diffusionsmodelle in Erinnerung. Darauf ~ufbauend werden im dritten Kapitel die Moglichkeiten der Unterneh­men zur Innovations-Adoption in einer Matrix zusammengestellt, wobei vor al­lem KMU, strategische StUtzraume und lokale Synergien interessieren.

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2.1 Die Innovation als entscheidender Faktor im regionalen Entwicklungspro­zess In der Regionalwissenschaft bemuht man sich, die Ursachen der regionalen Entwicklung zu erforschen. Entwick­lungsimpulse werden insbesondere von jenen lndustrien («l'activite motrice») er­wartet, die das Angebot an jeweils knappen, wichtigen Faktoren erhohen. Zu solchen entscheidenden Entwick­lungsfaktoren gehoren das verfugbare Kapital, das Angebot an Arbeit, der Stand des technologischen Wissens, aber ouch die Innovation. [9]

Es fehlt nicht an zahlreichen Definitio­nen fur den Ausdruck technologische In­novation. Wir verstehen darunter einen technischen Fortschritt in der Art und Weise, wie etwas gemacht wird. Dieser Fortschritt kann sich in neuen Herstel­lungsmethoden fur bereits bestehende Produkte oussern (Prozessinnovation), in neuen Produkten (Produktinnovation), in neuen Methoden zur Kommerzialisie­rung der Leistungen oder in neuen Or­ganisations- und Verwaltungsfor­men. [10] Die technologische Innovation ist ein Mittel, um die Produktionsmog­lichkeiten zu verondern oder zu be­schleunigen und gehort in den Bereich strategischer Unternehmens-Entschei­dungen. Man kann mehrere lnnovations-lntensi­tiitsstufen unterscheiden: - Mit einer radikalen Innovation wer­den Produktions- und Marktmoglichkei­ten in neue Richtungen katapultiert. Sie ist ein seltenes Ereignis, diskontinuierlich in der Zeit. - Als adaptive lnnovationen konnen An­wendungsentwicklungen bezeichnet werden, die von einer radikalen Innova­tion ausgehen. - Eine Perfektions-lnnovation wurde sich auf eine geringfugige Veronderung bereits bestehender Produkte oder Her­stellungsprozesse beziehen, also bei­spielsweise auf einfachere Bedienungs­modi, auf die Produkte-Standardisie­rung oder Produkte-Diversifizierung.

Je nach lnnovations-lntensitot konnen unterschiedliche Diffusions- bzw. Vertei­lungs-Muster im Raum beobachtet wer­den. Als lnnovations-DiHusion wird in der lnnovations-Theorie die Erscheinung

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Diffusions­Stulen nach de epldemlschen Paradigms

Gl .. .. .c D..

;, Sattigungs-a Stufe c :I a; ~ Kondensie-0 rungs- Stufe .. c 0 :.:

Gl .. .. .c D.. .. .c u ;! ... .. :I

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Expansions­Stu fa

frO he Stufe

hohere Pole

periphere Pole. polarisierte Raume

bezeichnet, doss mit der Zeit eine spezi­fische Sache, ein Objekt, eine Institution, eine Idee oder eine Praktik bei lndividu­en, Gruppen oder einer anderen poten­tiellen Einheit mit jeweils exakten Stand­orten bekannt wird. [11] Die Innovation verteilt sich im Raum und trogt zu seiner Strukturierung bei.

Zur Erklorung der Innovations-Diffu­sion stehen mehrere Modelle zur VerfO­gung, von denen uns drei Ansotze inter­essieren, nomlich das epidemisch-hier­archische Modell, das Modell der roum­lichen Arbeitsteilung und das Netzwerk­Modell. Es durfte Unternehmen kaum schwerfallen, jeweils zu bestimmen, wel­ches Modell besser beschreibt, warum und wann eine von aussen kommende Innovation ubernommen und eingefuhrt wurde.

2.2 Eine epidemisch-hierarchische Innovations-Adoption lm Modell einer epidemisch-hierarchi­schen Innovations-Diffusion nimmt man an, doss die Innovation auf zwei Haupt­wegen in Unternehmen bekanntgemacht wird, nomlich - auf dem Wege einer nachbarschaftli­chen «Ansteckung)) (daher die Bezeich­nung epidemisches Innovations-Diffu­sions-Model!). Der Diffusions-Prozess basiert auf einer Kontakt-Wahrschein­lichkeit. Die Innovation verteilt sich da­bei nicht regelmossig im Raum; Kommu-

Peripherie aufgegebene Raume

riiumllche Einteilung nach dem hlerarchlschen Paradigm a

Figur 4 Die Innovations-Diffusion nach dem epi­demisch-hierarchischen Modell. Quelle: URE- Ratti, 1989

nikationswege beispielsweise erleich­tern die Verteilung, wohrenddem topo­graphische oder institutionelle Hinder­nisse als Bremse wirken konnen. Die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung und Verteilung der Innovation im Raum nimmt mit steigender Entfernung ab. Der zeitliche Adoptionsvorgang scheint sich mit einer logistischen Kurve recht tref­fend wiedergeben zu lassen (Figur 4); - auf dem Wege der urbanen Hierar­chie. Die relative Nohe zweier Orte hongt nicht nur von einer messbaren Ent­fernung ab, sondern ouch von der relati­ven Stellung, die diese Orte in der terri­torialen Hierarchie einnehmen. Bei­spielsweise hat eine Innovation in einer bedeutenden Stadt eine grossere Chan­ce, schnell und weitloufig bekannt zu werden, als in einem kleinen Dorf. lnner­halb eines Systems zentraler Orte wer­den lnnovationen schneller verteilt als zwischen Zentrum und Peripherie. Erst mit der Zeit verteilen sich lnnovationen in untergeordnete Hierarchie-Stufen (der umgekehrte Fall ist nicht ausgeschlos­sen, durfte aber weniger houfig vor­kommen).

Diese der Geographie entliehene Idee hat man mit wirtschaftlichen Argumenten ergonzt. So wird etwa in der Theorie «filtering down» davon ausgegangen, doss sich ein Standort in einem Krofte­feld, in einem Zentrum oder in einem starken, ortlichen Milieu fur innovative Unternehmen lohnt, weil sich lnnova-

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tions-Kosten externalisieren lassen. In spateren lnnovations-Zyklus-Phasen kann sich fur gewisse Aktivitaten ouch ein Unternehmensstandort an der Peri­pherie lohnen, wo weniger Oberla­stungskosten anfallen und die Arbeits­kosten tiefer sind. [12]

Nach dem epidemisch-hierarchischen Modell adoptieren KMU die Innovation vor allem aufgrund der bedrohten Marktstellung, also aus wettbewerbs­strategischen Oberlegungen.

2.3 Eine durch die roumliche Arbeitstei­lung bestimmte Innovations-Adoption Gegen Ende der siebziger Jahre begann man, die Innovations-Diffusion mit Mo­dellen zu erklaren, die sich an der raum­lichen Arbeitsteilung orientieren. Man bezweckt dabei, die durch lnnovationen ausgeloste regionale Entwicklung und die Raumstrukturierung in einen gesamt­wirtschaftlichen Zusammenhang zu stel­len. Es wurde festgehalten, doss zusam­men mit der Arbeitsteilung eine lnnova­tions-Verteilung stattfindet und doss des­halb nicht nur von raumlichen Auswir­kungen der Arbeitsteilung gesprochen werden sollte, sondern ouch von den raumlichen Auswirkungen der Innova­tions-Diffusion.

lm Mittelpunkt des lnteresses steht das Grossunternehmen, das seine Aktivita­ten im Hinblick auf den Arbeitseinsatz in moglichst homogene Sektoren aufspal­tet und dafur die Standorte mit den be­sten Arbeitsbedingungen fur eine effi­ziente Produktion und die Pflege einer industriellen Kultur wahlt. Die Innova­tions-Diffusion zeigt sich als Vorgang mit weltweiter Dimension, der den funk­tionalen Gesetzen multinationaler Un­ternehmen gehorcht. Die Verteilung der Technologie wird nicht durch die raumli­che Hierarchie zentraler Orte bestimmt, sondern durch das ortliche Faktorange­bot (Transport-, Kommunikationssyste­me, Arbeitsreserve u.a.) und durch die strategischen Bemuhungen von Gross­unternehmen, teure Arbeit zu ersetzen und die Produktivitat zu verbessern. Mit der Wahl von neuen Produktions-Stand­orten mechen Grossunternehmen die ln­novationen im System bekannt, wo sie

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aufgrund von Abhangigkeitsbeziehun­gen von KMU ubernommen werden.

In einem durch die raumliche Arbeits­teilung bestimmten lnnovations-Vertei­lungsprozess stehen sich zwei raum­strukturierende Krafte gegenuber: 1. Fur Produktion und Absatz von stan­dardisierten Massengotern werden mehr Platz und grossere Markte benotigt; das Wissen urn Innovation verbreitet sich verhaltnismassig schnell und breitrau­mig. 2. Die Information ist in Zusam­menhang mit neuen Technologien zu ei­nem strategischen Gut geworden, was zur Bildung von wirtschaftlichen Krafte­feldern fuhren kann (Beispiele: Silicon Valley, Midi, Florida). Es scheint, doss sich solche Konzentrationen in immer kurzeren Zeitintervallen abspielen und doss neue Kraftefelder nur noch kurzfri­stig bestehen konnen.

Zur Erfassung einer durch diese zwei Krafte bestimmten raumlichen Realitat musste eine umfassende Typologie ent­wickelt werden, die der raumstrukturie­renden Dynamik Rechnung zu tragen weiss und die also zeigen wurde, wie ein Pol zu einem richtungsweisenden Zen­trum wachsen kann, das wahrend lange­rer Zeit tonangebend bleibt (z. B. New York) oder das seine ehemalige Bedeu­tung wieder verliert (z. B. alte lndustrie­Regionen).

Man ist sich nicht einig, welche Deter­minanten diesen lnnovations-Vertei­lungs- und Raumstrukturierungs-Prozess tatsachlich bestimmen. Allein eine Ana­lyse von Produktionskosten und Produk­telebens-Zyklus scheint zu wenig Auf­schluss zu geben. Aydalot vermutet, doss eines der entscheidenen Elemente in den Oberschneidungen von Produktionswelt und sozialen lebensformen zu suchen ware. Beispielsweise passen sich gesell­schaftliche Brauche mit einer gewissen Tragheit an neue Technologien und Pro­duktionsmethoden an, und die indu­strielle Kultur braucht in Randgebieten keineswegs dem Niveau in Zentren zu entsprechen. Solche Unterschiede kon­nen Unternehmen einen strategischen Spielraum offnen, der mit Standortent­scheiden gewinnbringend ausgenutzt wird. [13]

Nach diesem Modell der Arbeitstei­lung adoptieren einheimische KMU die

Innovation in erster linie aus Abhangig­keit von international tatigen Grossun­ternehmen.

2.4 Eine durch ein Netzwerk bestimmte Innovations-Adoption Der Schwede Hakansson warf ein, doss die Madelle, welche bislang die Theorie der Innovation und der technologischen Entwicklung beherrscht haben, stark an der lehre Newtons ausgerichtet sei­en. [14] Die Innovation werde dabei auf­gefasst als das Ergebnis einer isolierten individuellen oder unternehmerischen leistung, die in der Verleihung des No­bel-preises ihre Anerkennung finden kann, sofern die Produktionsformel nicht geheimgehalten wird. Hakansson schlagt vor, die Innovation und ihre Ver­teilung vermehrt als Frucht der Verbin­dungen zwischen Aktoren zu betrachten und eines Austauschvorgangs in einem Netzwerk. Ein solches Netzwerk lasst sich wie folgt vorstellen (Figur 5):

a) Es besteht a us drei Basisvariablen: - Aktoren (Verwaltungsaktivitaten, Kontrolle der Ressourcen); - Aktivitaten (Transformation und Transaktion); - Ressourcen (menschlich, physisch, fi­nanziell).

b) Die Basisvariablen sind miteinan­der verbunden. Entweder erweist sich ei­ne Verbindung als gunstig fur andere Kontakte (positive Aktion) oder aber sie steht anderen Kontakten im Wege (ne­gative Aktion).

c) Das Netz halt zusammen durch die funktionale lnterdependenz zwischen Aktoren, Aktivitaten und Ressourcen; durch eine Machtstruktur, verstanden als systematisch entwickelte Fahigkeit zur Verwaltung der Netzbestandteile; durch eine Wissensstruktur, bestehend aus Er­fahrungskapital und dem Wissen der Aktoren; und durch eine Zeitstruktur, welche die Beziehung zur historischen Entwicklung des Netzes schafft und im­plizit eine gewisse Stabilitat gewahrlei­stet.

d) Zu diesen drei Punkten kommt die raumliche Struktur des Netzwerks, die nicht vernachlassigt werden sollte, denn sie zeigt uns, wo welche Verbindungen bestehen und wo die Grenzen des Netz-

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Figur 5 Netzwerk-Modell. Aktoren Quelle: Hakansson, S. 17

- auf verschiedenen Niveaus­von Einzelnen zu Gruppen

- Ziel: ErhCihung der Netzwerkkontrolle

Aktoren kontrollieren Ressourcen; einige alleine, andere gemeinsam. Aktoren besitzen gewisses Wissen Ober Ressourcen

Ressourcen

Aktoren sind aktiv und besitzen ein gewisses Wissen Ober mogliche Aktivitiiten

Aktivitiiten

- Transformation - heterogen - menschlich und Netzwerk - Transaktion

physisch - abhiingig von­

einander

........ Aktivitiitszyklen Transaktionsketten

Aktivitiiten verbinden Ressourcen miteinander und veriindern Ressourcen durch den Gebrauch anderen Ressourcen

werks zu ziehen sind. Erst wenn die raumliche Struktur des Verbindungs­Netzes mitberOcksichtigt wird, kann die Verbindung zu einem internationalen Umfeld hergestellt werden. Die Raum­struktur eines Netzwerkes kann die ver­schiedensten Formen annehmen: ausge­glichene Verteilung der Verbindungen, Verbindungen mit Tendenz zur Konzen­tration, hierarchisch geordnete Verbin­dungen, qualifizierte Verbindungen in einem Milieu oder in einer Region usw.

Nach einem Netzwerk-Modell adop­tieren einheimische KMU lnnovationen, weil damit lokale Synergien verbunden sind. Es konnen Informations- und Orga­nisationskosten eingespart werden. Ver­mutlich verteilen sich mehrheitlich inkre­mentale lnnovationen, deren Risiko nicht das Netzwerk gefahrdet.

Die empirischen Untersuchungen von GREMI bestatigen, doss die Hypothese eines Kontakt-Netzwerks mit typischen Raumstrukturen keineswegs abwagig ist und doss ein Netzwerk unter gewissen Bedingungen die technologische und wirtschaftliche Entwicklung begOnstigen kann. GREMI nimmt an, doss sich lnno­vationen jeweils je nach der Natur neuer Technologien, je nach Epoche und je nach nationalen Gegebenheiten bevor­zugt in fOr sie geeigneten Territorien ver­breiten. Dies bedeutet umgekehrt, doss jede Region jeweils fOr eine spezifische

Art von lnnovationen geeignet ist (es wa­re sicher falsch, davon auszugehen, doss jede Region ideale Voraussetzun­gen mitbringe fOr die Entwicklung eines Technologie-Pols, dessen Dynamik auf lokalen Synergien und Spin-Off-Wirkun­gen beruht). Aus dieser Erkenntnis kon­nen Regionen nach Standortfaktoren klassiert werden, die die Verteilung be­stimmter Innovations-Arlen erleich­tern [15]:

Regionen von Typ 7: die Standortfak­toren bzw. innovationsfordernde Fakto­ren ergeben sich a us der Natur des ortli­chen Produktionssystems und aus der ln­dustriestruktur (Anzahl und Grosse der Unternehmen, Beziehungen zwischen den Unternehmen, Abhangigkeit von ex­ternem Kapital, Sektor-Struktur, F & E­Aktivitaten usw.). Regionen von Typ 1 waren altere lndustrie-Regionen, die Ober ein verhaltnismassig leistungsfahi­ges Produktionssystem und eine stattli­che Anzahl von KMU verfOgen und nicht selten in Mechanik oder Mikro-Mecha­nik spezialisiert sind.

Regionen von Typ 2: spezifische, ge­suchte Standortfaktoren bzw. innova­tionsfordernde Faktoren sind vorhanden (z. B. leistungsfahige Verkehrs-, Kommu­nikations- und Telekommunikationssy­steme, ein fortschrittliches Ausbildungs­wesen, angenehme Lebensbedingun­gen). Ein F & E-Labor etwa wOrde sich

eher in einer Region mit einer angesehe­nen Universitat oder einer hohen Le­bensqualitat niederlassen, als in einem Entwicklungsland, dessen Standort­Trumpf gOnstige, aber unqualifizierte Arbeit ware.

Regionen von Typ 3: lokale Synergien als wichtigster Standortfaktor bzw. inno­vationsfordernder Faktor. Sie kommen zustande dank dem Zusammentreffen mehrerer Elemente (dichtes Verbin­dungs-Netzwerk, starke F&E-Basis, mo­bile Arbeitskrafte, reger lnformations­fluss, Venture-Kapital, Kinderhort u. a.). Solche Regionen waren for die Vertei­lung von neuen Technologien nicht un­geeignet.

3. Lokale Synergien als Weg der Innovations-Adoption, um der internationalen Herausforderung zu begegnen lm zweiten Kapitel wurden Moglichkei­ten vorgestellt, wie Unternehmen mit ln­novationen in BerOhrung kommen kon­nen. Daraus ergeben sich die wesentli­chen Fragen dieses letzten Kapitels: Un­terscheidet sich moglicherweise die In­novations-Adoption in Produktions-, Markt- und StOtzraum? Stimmt die Inno­vations-Adoption mit einem der drei Technologie-Diffusions-Modelle Ober­ein, je nach dem, ob es sich urn Produk­tions-, Markt- oder StOtzraum handelt? Welche Bedeutung besitzen lokale Syn­ergien fOr die lnnovationsforderung und fOr die Entwicklung der internationalen Beziehungen?

3.1 Der Zusammenhang zwischen stra­tegischem Verhalten innovativer KMU und Modellen der Innovations-Adoption (Matrix) Unsere Annahmen Ober die Zusammen­hange zwischen strategischem Verhalten und lnnovations-Diffusions-Modellen sind in Figur 6 zusammengefasst. Das epidemisch-hierarchische Modell lasst sich donn beobachten, wenn die Strate­gien der KMU Oberwiegend am Gesche­hen auf dem Markt ausgerichtet sind, wenn also strategische Entscheidungen im Marktraum zur Diskussion stehen. Entscheidungen 1m Produktionsraum

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wi::iren damit indirekt verbunden, weil zumindest der Produktionsstandort be­stimmt werden muss. Somit wurde ouch die urbane Organisation zu einem be­deutenden Teil vom Geschehen auf den Mi::irkten beeinflusst. KMU hi::itten einen vom Morkt vorgegebenen StUtzraum, der ortlich nicht bestimmbar ist.

Die Modelle der ri:iumlichen Arbeits­teilung scheinen demgegenuber das strategische Unternehmensverhalten im Produktionsraum anni::ihernd zu erkli::i­ren, wo die Technologie einen wesentli­chen Entscheidungsfaktor darstellt. Die lnnovationsverteilung wurde von finanz­starken, innovativen Grossunternehmen

ausgelost, die mit dem Reifegrad von Produktion aus Wirtschaftlichkeitsgrun­den ihre Fertigungssti::itten zwischen Li::in­dern verschieben. Das Grossunterneh­men schafft sich seinen eigenen, interne­tiona len StUtzraum, also ein System um­fassender Beziehungen, dessen Syner­gien internalisiert werden. Der StUtz­

roum von abhi::ingigen KMU wi::ire bis zu einem gewissen Grad durch die Strate­gien der Grossunternehmen und durch die sozio-kulturellen Gegebenheiten der Standort-Regionen vorgegeben. KMU mit Standorten in Randgebieten scheinen

die Abhi::ingigkeit von Grossunterneh­men starker zu spuren.

Mit einem Netzmode/1 zur Erkli::irung der Innovations-Diffusion kann das stra­tegische Verhalten von KMU verstanden werden, die nicht direkt in Zentren ange­siedelt sind. Die Kosteneinsparungen aufgrund von lokalen Synergien im Netzwerk werden lebensnotwendig. Der StUtzraum im Netzwerk gewinnt fur KMU im Vergleich zu Markt- und Produktions­roum an strategischer Bedeutung: Die KMU bemuhen sich bewusst urn Aufbau und die Pflege von Beziehungen und urn die Zusammenarbeit.

3.2 Zur Bedeutung lokaler Synergien im internationalen Kontext lm epidemisch-hierarchischen lnnova­tions-Diffusions-Modell ubernimmt die KMU die Innovation, urn seine Wettbe­werbsposition zu sti::irken und in den Ge­nuss positiver Agglomerations-Vorteile zu kommen. lm Modell der ri::iumlichen Arbeitsteilung fuhrt die Abhi::ingigkeit

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Lebens· raume des Unternehmens

Modelle der Innovations­Diffusion epidemisch·

hierarchi· sches Modell

Modell der raumlichen Arbeits­teilung

Netzwerk Modell

Marktraum Das sV wird starl bestimmt durch

MR ist der Logik der raumlichen Arbeitsteilung untergeordnet

MR zeigt oft ZOge eines

(MR)

Produktions­raum

(PR)

Stiitzraum

(SR)

MR (Fall der adaptiven Innovation)

MR dominiert PR nicht selten

SR steht in enger Beziehung zur urbanen Hierarchie

von Grossunternehmen zur Obernahme der Innovation durch die KMU.

lm Modell des Netzwerks wird argu­mentiert, doss die KMU die Innovation ubernimmt, urn kostensparende, lokale Synergien zu schaffen und davon zu pro­fitieren. So konnen standortbedingte

Wettbewerbsnachteile kompensiert werden.

Dementsprechend wi::ihlt die strate­gisch denkende KMU ihren Standort dort, wo lokale Synergien erwartet wer­den, und wo daher mit verhi::iltnismi::issig geringem Aufwand ein StUtzraum aufge­baut werden kann. Dieser StUtzraum braucht keineswegs mit einer homoge­nen Gebietseinheit zusammenzufallen. Dies ist aber urn so wahrscheinlicher, je dichter Milieu und Netzwerk sind, eine Funktion, wie bereits erwi::ihnt, von lndu­striesystem, von innovationsfordernden Standortfaktoren und von Synergiewir­kungen aus der Zusammenarbeit. Die System-Synergien durften urn so grosser sein, je weniger ihre Wirkungen durch Fusionen oder Obernahmen internali­siert werden.

Das entscheidende sV kann hiiufig auf dieser Ebene beo­bachtet werden (Grossunternehmen radikale lnnovatio­

nen; KMU: strat.\e­gische Stand­ortwahll

Grossunternehmen: SR mit nicht raumli­chem Charakter, in­ternalisiert: KMU: SR schwach oder untergeordnet

·· Nischenmarktes .. ; qualifizierte Zulieferung

ausgepragte Spezialisierung und Integration des PR

Die Fiihigkeit zur Integration im Netzwerk wird entscheidend fiir die adaptive, in­krementale Inno­vation der KMU

Figur 6 Matrix des strategischen Verhaltens (sV)

der innovativen Unternehmen gemiiss den ver­

schiedenen Modellen der riiumlichen Verteilung

von lnnovationen.

Quelle: Ratti, 1989

Die Natur lokaler Synergien erweist sich als vielseitig, ihre Rolle bei der lnno­vationsverteilung sollte nicht unter­schi::itzt werden. Lokale Synergien fuhren dazu, doss Unternehmen lnformations­und Organisationskosten abwi::ilzen konnen und erleichtern KMU in Randge­bieten die Anpassung an neue Technolo­

gien. Die Funktion lokaler Synergien und

eines synergiereichen Milieus fur die Entwicklung der Weltwirtschaft und der internationalen Beziehungen hi::ingt ab vom lntensiti::itsgrad der lnnovationen (radikal, adaptiv, Perfektion), was impli­zit in Figur 6 enthalten ist. Beispielhaft wurden in Figur 7 mogliche Beziehungen zwischen lntensiti::itsgrad, strategischem Unternehmensverhalten und dem Milieu mit seinen lokalen Synergien zusammen­gestellt.

Radikale lnnovationen bedingen eine

Reihe von strategischen Entscheidungen im Produktionsraum, jedenfalls seitens der Unternehmen, welche die Innovation auf den Markt bringen. Es handelt sich nicht selten urn internationale Konzerne,

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deren strategischer StUtzraum nicht mit dem Netzwerk eines lokalen Milieus

gleichgesetzt werden kann. Adaptive ln­novationen als eine Spezialitot von KMU scheinen sich in Regionen zu houfen mit Produktions- oder Marktpolen. KMU richten dabei ihre StUtzroume an den Marktfuhrern aus. Mit Perfektions-lnno­vationen schliesslich konnen sich KMU in Randgebieten interessante Wettbe­werbspositionen aufbauen, gerade donn, wenn ihr strategischer StUtzraum mit einem starken, lokalen Milieu uber­einstimmt. Es scheint, als ob sich KMU in einem lokalen, synergiereichen Milieu aus ihrer funktionalen und sektoriellen Abhongigkeit bis zu einem gewissen Grad losen und Nachteile aus einem peripheren Standort wettmachen kon­nen. Mit der Zeit darf das Heranwach­sen einer schlagkroftigen, exportorien­tierten, regionalen lndustrie erwartet werden.

Lokale Synergien sind gleichzeitig konstituierendes Element und Ergebnis eines Milieus und haben international betrachtet die Bedeutung eines innova-

tionsfordernden Standortfaktors. Sie tra­gen wesentlich dazu bei, doss KMU den Anschluss an den Weltmarkt nicht verlie­ren. Dank der Dynamik lokaler Syner­gien in Randgebieten brauchen sich Ent­wicklungsunterschiede zwischen Zentren und Peripherie nicht weiter zu vergros­sern.

3.3 Schlussbemerkungen Ohne regionalpolitische Eingriffe durf­ten Entwicklungsunterschiede zwischen Regionen kaum kleiner und Spannungen zwischen Zentren und Peripherie nicht gemildert werden. lm Sinne einer endo­

genen, regionalen Entwicklung mussen jene Elemente gestorkt werden, die dem Aufbau eines synergiereichen, lokalen Milieus dienen, denn lokale Synergien scheinen eine zentrale Ursache der wirt­schaftlichen Entwicklungsprozesse zu sein, welche regionale Unterschiede be­stimmen. Ein erster Schritt in diese Rich­tung wore der Aufruf zur koordinierten Zusammenarbeit zwischen regionalen lnstitutionen. Abgesehen davon sollte

INNOVATIONS­INTENSITAETSSTUFEN

STRATEGISCHE RAEUME DES UNTERNEHMENS

ART EN VON MILIEU

,----- ---, I

RADIKALE I Akzent auf Kein riiumlich Innovation

I identifizierbares PRODUKTIONSRAUM Milieu

(Beispiel: International tiitige Unternehmen)

I ADAPTIVE I Milieu raumlich Innovation Akzent auf

I MARKTRAUM identifizierbar

(Produktion + (Beispiel: diversifiziertes

Kommerz1alisierung) Produktionssystem mit metropolitaner Dimension

I PERFEKTIONS- I Akzent auf Milieu rauml1ch lnnovat1on I STUETZRAUM identifizierbar

(Beispiel: integriertes (Mark!+ und spezialisiertes

lokale Synergren) Produkt1onssystem, Typ "industrial dis trier'

bei der Planung einer regionalen Ent­wicklungspolitik [16] vermehrt Gewicht auf das systematische Verstondnis der strategischen Unternehmensroume ge­legt werden, um auf diesem Weg die Raumstrukturierung besser zu verstehen.

Mit der regionalpolitischen Forderung eines offenen Milieus und seinen Syner­gien in Randgebieten wird ein interes­santer, innovationsfordernder Standort­faktor geschaffen. Die Chance steigt, doss sich das Verholtnis zwischen Zen­trum und Peripherie entspannt, und doss das regionale Potential im Kontext der sich internationalisierenden Weltwirt­schaft richtig zur Geltung kommen kann.

Anmerkungen

[1] Studie realisiert im Rahmen der Arbeiten des GREMI und vargestellt an der Tagung «Les milieux innovateurs et les reseaus transnatio­naux», Barcelona, 28.-29. Morz 1989, ins Deutsche ubersetzt von Katharine Stampfli;

Figur 7 Dynamische Analyse der Beziehungen <<Innovation- strategische Roume- Milieu>>. Ouelle: GREMIII- Bramanti/Senn, 1989

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GREMI (Groupe de recherche europeen sur les milieux innovateurs) wurde gegrundet dank der Initiative des Ieider verschiedenen Prof. Philippe Aydalot, Paris I, Sorbonne. Es besteht derzeit aus rund zwanzig Forscher­gruppen in Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Zu den Zielen des GRE­MI gehort das Studium der technologischen Innovation mit besonderer Berucksichtigung von roumlichen und regionalen Fragestellun­gen (zwei bisher vom GREMI veroffentlichte Werke: Aydalot, Ph., Ed., 1986, Milieux inno­vateurs en Europe, GREMI, Paris; Aydalot, Ph., Keeble, D., Ed., 1988, High Technology Industry and Innovative Environments: the European Experience, London and New York. [2] Dieser Ansatz wurde bereits in zwei empi­rischen Studien benutzt, einmal zur Analyse eines Dienstleistungssektors (Ratti, R., I traffici internazionali di transito e Ia regione di Chiasso, Fribourg, 1971) und ein weiteres Mal zur Analyse der Umfrage GREMIII (Ratti, R., d'Ambrogio, F., Un essai d'analyse fonc­tionelle et territoriale de l'industrie innovatri­ce au Tess in, Ascona, 1988). [3] L'espace de soutien, lo spazio di sostegno. [4.] Die Anregung fUr den Ausdruck «Nicht­Markt-Beziehungen» machte R. Gordon 1988 wohrend einer Diskussionsrunde fUr GREMIII in Ascona. [5] Crevoisier, 0., Les logiques territoriales et fonctionelles et leur articulation dans Ia re­gion. Colloque Argo 1988. [6] «Champ de forces>>, nach der Ausdrucks­weise von Dellaporta, G., Sviluppo economi­co regionale - teoria politico, 1963, S. 34, verwendet in: Ratti, R., lnvestimento pubblico ed effetti economico-spaziali, 1980, S. 79-8Z [7] «Les milieux (locaux) sont consideres com­me des <pouponnieres> d'innovation et d'en­treprises innovantes. Ce choix implique que les comportements innovateurs ne sont pas nationaux, mais qu'ils dependent de varia­bles definis au niveau local ou regional>>, Aydalot, Ph., Ed., 1986, Milieux innovateurs en Europe, GREMI, Paris, S. 10. Siehe ouch Aydalot, Ph., Keeble, D., Ed., 1988, High Technology Industry and Innovative Environ-

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ments: the European Experience, London and New York. [8] Man kann sich ouch endogene lnnovatio­nen vorstellen, ein Fall, den wir in unserem Zusammenhang als uberlagert betrachten wollen von Adoptionsprozessen und von der Wirkung lokaler Synergien. [9] «A chaque moment, le developpement est limite par un facteur, qui peut etre Ia quantite ou Ia formation du travail, les techniques nou­velles, le capital, etc. L'activite motrice serait ainsi celle qui accroit l'offre d'un facteur stra­tegique du developpement>>, Aydalot, Ph. (1985), Economie regionale et urbaine, Paris. [10] «Technological change is the advance of technology, such advance often taking the form of new methods of producing existing products, new design which enable the pro­duction of products with important new char­acteristics, and new techniques of organiza­tion, marketing and management>>, Wadley, D. (1986), Restructuring the Regions, OECD, Paris, S. 96. [11] Saint-Julien, T. (1985), La diffusion spa­tiale des innovations, Montpellier, S. 5. [12] Camagni, R., Cappelin, R. (1984), Cam­biamento tecnologico e diffusione territoria­le,Milano. [13] Aydalot, Ph. (1985), Economie regionale et urbaine, Paris, S. 141: «Lorsqu'une techno­logie nouvelle est mise en action dans un milieu dont le fonctionnement est encore de­termine par des formes techniques anterieu­res, le decalage ainsi cree peut etre porteur d'une plus-value pour l'entreprise puisque le coOt de reproduction de Ia force de travail est encore calque sur les pratiques de production anterieure tandis que Ia productivite s'est ac­crue.>> [14] Hakansson, H. (Ed.), Industrial Technolo­gical development - A network approach, London, 198Z [15] Aydalot, Ph. (1986), Milieux innovateurs en Europe, S. 359. [16] Aydalot, Ph. (1987), Le concept de region dans Ia planification regionale, in: Revue ca­nadienne de science regionale, Xi 2, 1987, s. 213.

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