integriertes quartierskonzept zur energetischen ... · 3 in der arbeit der verschiedenen netzwerke...
TRANSCRIPT
Integriertes Quartierskonzept
zur energetischen Stadtsanierung
für die Weststadt Pforzheim
Abschlussbericht
Stadt Pforzheim
Integriertes Quartierskonzept
zur energetischen Stadtsanierung
für die Weststadt Pforzheim
Abschlussbericht
Planung und Entwicklung Gesellschaft mbH Schellingstraße 4/2, 72072 Tübingen Tel. 07071 93 94 0, Fax 07071 93 94 99 [email protected] www.eboek.de Dipl.-Phys. Gerhard Lude B.Eng. Valentine Jung Dipl.-Phys. Rosemarie Hellmann
Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Mühlrain 9, 70180 Stuttgart Tel. 0711 62009360, Fax 0711 62009389 [email protected] www.weeberpartner.de
Dipl.-Ing. M.Eng. Jochen Aminde
B.Sc. Iris Hemmen
Gabriele Steffen
Pforzheim-Weststadt 1
Inhalt
Inhalt ................................................................................................................................................. 1
1 Einleitung ................................................................................................................................ 3
2 Bestandsanalyse .................................................................................................................... 6
2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim 6
2.2 Charakteristik und Stadtbild 7
2.3 Verkehr und Mobilität 12
2.4 Nahversorgung 17
2.5 Stadtklima 18
2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt? 18
2.7 Eigentümerstruktur 19
2.8 Nutzungsstruktur 19
2.9 Methodik der energetischen Analysen 21
2.10 Baualter 22
2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands 25
2.12 Erneuerbare Energien 28
2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung 30
2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz 32
3 Entwicklungspotenziale und –ziele ..................................................................................... 34
3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050 34
3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim 35
3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung 36
3.4 Effizienz der Energieversorgung 39
3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen 41
3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale 42
4 Akteursbeteiligung ............................................................................................................... 44
4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte 44
4.2 Energieforum Pforzheim 44
4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren 45
4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm 46
4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 47
5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan .......................................................... 48
5.1 Gebäude und Gebäudehülle 51
5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser 54
5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort 54
5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte 55
5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz 58
5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume 63
5.7 Mobilität 66
2 Pforzheim-Weststadt
5.8 Stadtklima 68
5.9 Bebauung Messplatz 69
5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit 74
6 Vorbereitung der Umsetzungsphase .................................................................................. 77
6.1 Maßnahmenkatalog 77
6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements 80
6.3 Qualitätssicherung und Monitoring 80
6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten 81
7 Literatur ................................................................................................................................. 84
8 Quellen................................................................................................................................... 85
9 Anhang .................................................................................................................................. 86
9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in
Pforzheim 86
9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen 88
9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe 89
9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse 90
9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden 91
9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen 92
9.7 Wohnklima und Innenluftqualität 93
9.8 Dokumentationen 95
9.9 Karten 95
Pforzheim-Weststadt 3
1 Einleitung
KfW-Programm Nr. 432
Das KfW-Förderprogramm Nr. 432 "Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse für Integrierte Quar-
tierskonzepte und Sanierungsmanager" zielt darauf ab, Konzepte für die energetische Gebäudesa-
nierung mit Lösungen für die Wärmeversorgung zu kombinieren und mit den relevanten städtebau-
lichen, denkmalpflegerischen, baukulturellen und sozialen Aspekten zu verknüpfen. Durch ein
koordiniertes Vorgehen auf Quartiersebene sollen lokale Potenziale genutzt und Akteure, Eigentü-
mer und Bewohner frühzeitig eingebunden werden. Auf diesem Weg sollen Lösungen erarbeitet
werden, die sich allein aus Einzelsanierungen nicht ergeben würden. Für eine an der Gesamteffizi-
enz energetischer Maßnahmen ausgerichtete Sanierung und Investitionsplanung bilden diese
Integrierten Quartierskonzepte somit eine zentrale strategische Entscheidungsgrundlage und Pla-
nungshilfe.
Die "klassischen" städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsprozesse müssen neu mit den
Aufgaben des Klimaschutzes verknüpft werden und dabei weit über die sektorale Bearbeitungswei-
se hinausweisen. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung werden in eine quar-
tierbezogene, fachübergreifende Planung eingebettet und werden zu einem Bestandteil der kom-
munalen Planungsaufgaben. Dieser noch relativ junge Ansatz eröffnet viele Chancen, insbesonde-
re auch im Blick auf bestehende Stadtgebiete und Siedlungen, die den Großteil des Gebäudebe-
standes ausmachen und deren energetische Sanierung damit in besonderer Weise zu einem weit-
gehend klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 beitragen kann.
Warum ein "Integriertes" Quartierskonzept?
Mit einer die Fachdisziplinen übergreifenden Betrachtungs- und Arbeitsweise lassen sich vielseitige
Synergien erschließen, und dies nicht nur zum Nutzen von Klimaschutz, Energieeinsparung und
einer effizienten Energieversorgung, sondern auch zur gleichermaßen dringlichen Verbesserung
der Lebens- und Wohnqualität in vielen Stadtquartieren. Hierzu gehört, sich gesellschaftlichen
Herausforderungen zu stellen und den Blick auf die Potenziale des urbanen Lebens zu lenken:
neue Formen der Mobilität mit Kombinations- und Wahlmöglichkeiten, Aufenthaltsqualitäten von
Grün- und anderen Freiräumen, Nutzungsvielfalt im Quartier (Arbeit, Wirtschaft, Versorgung,
Dienstleistung) und gute Bedingungen für das Aufwachsen und das Leben und Älterwerden in der
Stadt. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmi-
schung. Sie werden in ihrer Bedeutung in diesem Zusammenhang noch unterschätzt. Beispiels-
weise verbraucht kompakte Bebauung weniger Energie und erzeugt weniger Verkehr aufgrund der
kurzen Wege und der wechselseitigen Nutzung zu unterschiedlichen Tageszeiten.
Viele Handlungsfelder und ihre Wechselwirkungen sind tangiert: Städtebau, Baukultur, die kommu-
nale und soziale Infrastruktur, die Immobilienwirtschaft, die Belange der sonstigen Eigentümer und
Mieter der Wohnungen und Betriebe und nicht zuletzt die Energieversorgung. Die Projekte müssen
daher fachübergreifend und gemeinschaftlich durch die Stadtplanung, die Energieplanung und
durch die Eigner und Betreiber der Gebäude und Anlagen entwickelt werden. Hierbei ist die Ver-
ständigung aller Beteiligten und Betroffenen über Inhalte und Gewichtungen der Planziele stets als
wichtiger erster Schritt zu sehen. Die Erarbeitung konkreter Win-Win-Konstellationen schafft dann
die Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit. Im Zusammenhang der Quartiersentwicklung und -
sanierung bedingt Integration auch das konstruktive Zusammenwirken der Akteure, um die Reali-
sierung von Projekten zu ermöglichen. Hier liegt der schwierigste Teil des Entwicklungsprozesses,
aber auch das größte Potenzial für überdurchschnittliche Ergebnisse, die den Zielen der Förder-
richtlinie gerecht werden und damit auch den Klimaschutzzielen der Bundesregierung.
4 Pforzheim-Weststadt
Ein Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt
Die Stadt Pforzheim hat den Antrag vom 12.12.2011 auf Förderung eines Integrierten Quartiers-
konzepts (KfW-Förderprogramm Nr. 432) durch die KfW am 31.1.2012 bewilligt bekommen. Das
Programm bietet Pforzheim die große Chance, für Teile der Weststadt und der Südweststadt ein
Integriertes Quartierskonzept zu erarbeiten, das einen Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Kli-
maschutz legt, das aber auch das Zusammenspiel aller städtebaulichen, denkmalpflegerischen,
baukulturellen, wohnungswirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Quartier mit einbezieht.
Pforzheim ist mit diesem Quartierskonzept eines von bundesweit 65 Pilotprojekten des Förderpro-
gramms "Energetische Stadtsanierung" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) und soll bis 2015 von einer Begleitforschung untersucht und unterstützt werden. Beginn
der Begleitforschung ist Juli 2013.
Der eingeschlagene Weg der energetischen Stadtsanierung soll dazu führen, den energetischen
Standard wesentlich zu verbessern und damit einen wirksamen Beitrag zur Reduzierung der CO2-
Emissionen in Pforzheim zu leisten. Die erarbeiteten Lösungswege sollen dabei modellhaft sein
und sich auf andere Quartiere der Stadt übertragen lassen. Das Integrierte Quartierskonzept soll in
das übergeordnete "Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim" und in das Stadtentwicklungs-
konzept "Masterplan Pforzheim" eingebunden sein sowie in die bestehenden Konzepte zum Sanie-
rungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße/Weststadt.
Aufgabenteilung des Planungsteams Weeber+Partner und ebök
Das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber+Partner aus Stuttgart und ebök Planung
und Entwicklung Gesellschaft mbH aus Tübingen erarbeiteten gemeinsam und in enger Kooperati-
on das Integrierte Quartierskonzept. Die Aufgaben waren dabei wie folgt aufgeteilt:
¯ Die Projektsteuerung und die Gesamtverantwortung gegenüber der Stadt Pforzheim liegen bei
Weeber+Partner. Das Institut moderiert die Veranstaltungen zum Projekt, beispielsweise das
Energieforum. Außerdem hat Weeber+Partner die Vernetzung der Akteure und die Beteiligung
der Menschen vor Ort im Blick und bereitet Ergebnisse aus dem Prozess für die Öffentlichkeit
auf. Darüber hinaus werden die Themen Städtebau und Stadtentwicklung, Wohnen und Woh-
numfeld, Sozialstruktur und Mobilität analysiert, bearbeitet und aufbereitet.
¯ Die Analyse zum Energieverbrauch und -bedarf im abgegrenzten Gebiet führt ebök durch. Ebök
entwickelt daraus Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Effizienzverbesserung sowie den
Einsatz erneuerbarer Energien. Umweltauswirkungen und die Wirtschaftlichkeit von Maßnah-
men werden ebenfalls von ebök bewertet.
Vorgehen
In der Projektlaufzeit von September 2012 bis Dezember 2013 wurde parallel auf drei Ebenen
gearbeitet:
1 Die Energie-Analysen wie beispielsweise die Wärmebedarfsermittlung oder die städtebauli-
chen Analysen erforderten eine zeitintensive Phase der Datensammlung und -aufbereitung.
Erst nach etwa Dreiviertel der Projektlaufzeit ließen sich erste Analyseergebnisse so darstellen,
dass Strategien und idealerweise auch Schlüsselprojekte für die zukünftige Umsetzungsphase
erkennbar werden.
2 Von Beginn an wurden verschiedene Netzwerke aufgebaut, um das Verständnis für das Pro-
jekt zu stärken und eine gemeinsame Arbeitsebene aller Akteure aus Stadtverwaltung, Ener-
gieversorgern, Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren im Quartier wichtigen Betroffe-
Pforzheim-Weststadt 5
nen aufzubauen. Auch für den Erfolg der späteren Umsetzungsphase ist der frühzeitige Aufbau
der Netzwerke entscheidend.
3 In der Arbeit der verschiedenen Netzwerke (beispielsweise im Energieforum Pforzheim) und mit
Hilfe erster Analyseergebnisse wurden erste Ansätze für Schlüsselprojekte gefunden, sowohl
investive wie beispielsweise Wärmeverbünde als auch nicht-investive aus den Bereichen Bil-
dung, Information und Beratung. Sie sollen die eigentliche Umsetzungsphase vorbereiten.
Abb. 1 Vorgehen auf drei Ebenen Quelle: Weeber+Partner
6 Pforzheim-Weststadt
2 Bestandsanalyse
2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim
Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend von der Nachkriegszeit geprägt, nur entlang der Kaiser-
Friedrich-Straße gibt es zusammenhängende Bebauung aus der Gründerzeit. Die Bebauungsstruk-
tur ist inhomogen und besteht teilweise aus geschlossenen Blockrändern mit dichter Hinterhofbe-
bauung, teilweise aus typischer Zeilenbebauung der 50er- und 60er-Jahre. Es finden sich auch
Solitäre wie die Feuerwehr, ein Autohaus und ein deutschlandweit tätiges Versandhaus. Der Stadt-
körper wird im Süden von der Enz durchquert, ein hochwertiger Grünraum für das gesamte Stadt-
gebiet. Im mittleren Teil prägen die Straßenräume der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der
Habermehlstraße das Erscheinungsbild. Im Norden bildet die Bahnlinie die Abgrenzung. Vom Enz-
tal ausgehend steigt das Gelände nach Norden und noch stärker nach Süden an.
Die großen Straßenquerschnitte, die relativ dichte Bebauung und die Gebäudehöhen lassen das
Untersuchungsgebiet wie auch die gesamte Weststadt großstädtisch und urban erscheinen. Der
Stadtteil stellt allerdings ein eher zufällig gewachsenes "Scharnier" oder eine "Brücke" zwischen
der Innenstadt im Osten und dem mehr dörflich geprägten Brötzingen im Westen dar. Es fehlt eine
eigene identitätsstiftende Mitte. Zumindest ist das Kulturhaus Osterfeld von großer Bedeutung und
auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sowie der intensiv genutzte Benckiser-Park – beide
liegen nahe dem Untersuchungsgebiet. Die großen Frei- bzw. Brachflächen Messplatz im Süden
und das ehemalige Bahngelände im Norden bilden markante "Leerräume" im sonst dicht bebauten
Stadtraum.
Abb. 2 Lage des Untersuchungsgebiets in der Stadt Quelle: Weeber+Partner
Das Integrierte Quartierskonzept schließt an vorangegangene Entwicklungsschritte und Entschei-
dungen an. Im Jahr 2007 wurde das Sanierungsgebiet "Kaiser-Friedrich-Straße" in das Programm
"Soziale Stadt" aufgenommen. 2008 erwog die Stadt Pforzheim eine Erweiterung des Sanierungs-
gebiets und beauftragte die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH mit den vorbereitenden Unter-
suchungen. Auf dieser Grundlage wurde 2009 das Sanierungsgebiet um die Weststadt erweitert
Pforzheim-Weststadt 7
mit der Möglichkeit der steuerrechtlichen Förderungen von Sanierungsmaßnahmen privater Bau-
herren. Nur im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße bestehen auch Möglichkeiten zu direkter inves-
tiver Förderung. 2011 erstellten agenceTer aus Karlsruhe sowie Weeber+Partner aus Stuttgart in
einem kooperativen Verfahren einen Rahmenplan zur Stadtentwicklung für die Weststadt mit Leitli-
nien, Zielen und Maßnahmen.
Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Weststadt und entlang der Kaiser-Friedrich-Straße auch Teil
der Südweststadt. Es ist kein zusammenhängender Stadtraum mit eigenem Quartierscharakter,
zentralem Platz oder auch nur einem "gefühlten" Zusammenhang. Wichtig bei der Wahl der Ge-
bietsabgrenzung durch die Stadt war die Bedeutung der Übertragbarkeit auf ähnliche Sanierungs-
konzepte in anderen Quartieren oder Stadtteilen. So wurden möglichst viele unterschiedliche und
für Pforzheim typische Gebäude und Stadtstrukturen zusammengefasst.
2.2 Charakteristik und Stadtbild
Das Untersuchungsgebiet lässt sich in fünf Bebauungsstreifen unterteilen, die aufgrund ihrer städ-
tebaulichen Entwicklungsgeschichte und dem heutigen Stadtbild jeweils eine eigene Charakteristik
haben, nur die beiden nördlichen sind sich dabei ähnlich und werden zusammengefasst.
Abb. 3 Charakteristik des Untersuchungsgebiets: Bebauungsstreifen und Verbindungen Quelle: Weeber+Partner
Nachkriegsbebauung, Gewerbe
Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hat in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahr-
hunderts typische städtebauliche Strukturen, Gebäude und Gestaltungsdetails mit besonderen
Qualitäten geschaffen, teilweise durchaus mit Charme:
¯ Zeilenbebauung mit großzügigen Grünräumen dazwischen
¯ Pavillons für Einzelhandel und wohnortnahe Dienstleistung (an wichtigen Fußweg-Querungen)
¯ Fassaden, die sich zum Straßenraum mit Läden großzügig öffnen und in den Obergeschossen
durch stark gestaffelte Balkone und expressive Erker besonders aufgelockert erscheinen.
Die Gebäude des Versandhauses BRUNO BADER GmbH + Co. KG nehmen hier eine Sonderstel-
lung ein. Der Verwaltungs- und Einzelhandelskomplex ist schrittweise in den Stadtkörper hineinge-
wachsen und nimmt teilweise Maßstäbe und wichtige Wegeverbindungen auf.
8 Pforzheim-Weststadt
Abb. 4 Nachkriegsbebauung: Zeilenbebauung mit Pavillons (oben), aufgelockerte Fassadengestaltung (unten) Quelle: Weeber+Partner
Industriegeschichte
Die Westliche Karl-Friedrich-Straße war die Verbindungsstraße zwischen Pforzheim und Brötzin-
gen. Dieser Bereich westlich der Innenstadt war ein wichtiger Produktionsstandort der Eisenindust-
rie, später der Schmuck- und Uhrenherstellung. Hier siedelten sich im frühen 19. Jahrhundert Fab-
rikanten mit herrschaftlichen Villen und Gärten an, die beim Großangriff am 23.2.1945 weitgehend
zerstört wurden. In der Nachkriegszeit entstanden auf dem Vorkriegs-Stadtgrundriss großformatige
Bebauungen mit teilweise geschlossenen Blockrändern, teilweise Zeilenbebauungen. Die Indus-
triegeschichte zeigt sich noch in der Mischung aus gewerblicher und Wohnstruktur, die aber zurzeit
eher ungeordnet und wenig qualitätsvoll wahrgenommen wird. Ein besonders negatives Beispiel
einer scheinbar "wilden" Konversion eines ehemaligen Lagergebäudes zu Eigentumswohnungen
ist im Hof der Erasmusstraße 6 zu finden.
Abb. 5 Bereich "Industriegeschichte": gut sanierte Hofeinfahrt mit Pförtner-Büro (links), Wildwuchs mit Wohnbebauung in ehemaligem Gewerbebau im Hinterhof (rechts) Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt 9
Gründerzeitbebauung
Die Weststadt ist im Rahmen der Industrialisierung als typisch gründerzeitliche Vorstadt entstan-
den. In solchen Stadterweiterungen fanden die Nutzungen, Gruppen und Aktivitäten Platz, für die
die Altstädte und früher ummauerten Stadtkerne in jeder Hinsicht zu eng waren. Sie waren – und
sind oft bis heute – gekennzeichnet durch eine ausgeprägte kleinteilige Mischung unterschiedlicher
Nutzungen, hier liegen Wohnen und Gewerbe nahe bei einander. Die Bebauung entlang der Kai-
ser-Friedrich-Straße spiegelt dies exemplarisch wider.
Abb. 6 Gründerzeitbebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße Quelle (links): Stadt Pforzheim Quelle (rechts): Weeber+Partner
Baudenkmale
Im Untersuchungsgebiet befinden sich sieben Baudenkmäler, über deren Erhalt die Untere Denk-
malschutzbehörde bestimmt. Diese sind gut dokumentiert, werden aber öffentlich noch wenig
wahrgenommen. Ein Beispiel im Untersuchungsgebiet ist das zweiteilige Stadtwohnhaus Westliche
Karl-Friedrich-Straße 189/191. Es wurde 1914-15 für einen Malermeister und einen Bauunterneh-
mer erbaut und mit aufwendigen farbigen Dekorationsmalereien auf der Fassade und im Treppen-
haus ausgestattet, die heute noch erhalten sind. Drei Fassadeninschriften erinnern an den Kriegs-
ausbruch im August 1914 und spiegeln die damalige Zeitstimmung wider. Die ursprünglich reich
mit Sprossen versehenen Fenster sind überwiegend verloren gegangen.
Abb. 7 Baudenkmal Karl-Friedrich-Straße 189/191 Quelle: Weeber+Partner
Verbindungen, Frei- und Erholungsräume
Das Untersuchungsgebiet ist stark gegliedert durch die Straßenräume in Ost-West-Richtung paral-
lel zur Talrichtung. Sie funktionieren – mit starken Einschränkungen für die Radfahrer in der Westli-
chen Karl-Friedrich-Straße – als Verkehrsräume hinreichend. Allerdings sind die Wege für Fuß-
gänger nicht attraktiv und stellen auch keine positiv erlebbaren Stadträume dar. Verbindungen in
Nord-Süd-Richtung sind für alle Verkehrsteilnehmer deutlich unterrepräsentiert, besonders für
Fußgänger und Radfahrer sind großen Barrieren und Lücken vorhanden.
10 Pforzheim-Weststadt
Der Bereich "Nachkriegsbebauung, Gewerbe" ist durch seine teilweise aufgelockerte Zeilenbebau-
ung etwas großzügiger mit öffentlichen und halböffentlichen Freiräumen ausgestattet, insbesonde-
re zwischen den Wohnzeilen in Nord-Süd-Ausrichtung. Allerdings werden sie im Schwerpunkt als
Erschließungsräume genutzt, nur an der Ecke Antoniusstraße / Westliche Karl-Friedrich-Straße
gibt es einen Kinderspielplatz. In diesem Bereich liegt auch der kleine Vorplatz der Kirche St. Anto-
nius zwischen Maximilianstraße und Antoniusstraße, der gerne als Treffpunkt und zur Erholung
genutzt wird.
Abb. 8 Spielplatz und Treffpunkt im Bereich "Nachkriegsbebauung/ Gewerbe" Quelle: Weeber+Partner
Die geschlossene Blockrandbebauung im Bereich "Industriegeschichte" lässt außer den Gehwegen
– durchweg ohne Begrünung oder Bäume – keine öffentlichen Freiräume zu. Die privaten Innenhö-
fe sind überwiegend dicht bebaut und hoch versiegelt, die Aufenthaltsqualität zu Erholungszwe-
cken ist ungenügend.
Abb. 9 typischer Straßenraum und Hinterhof im Bereich "Industriegeschichte" Quelle: Weeber+Partner
Der Bereich "Messplatz" hat ein großes ungenutztes Potenzial an Frei- und Erholungsräumen. Der
Messplatz ist durch seine flächige Versiegelung und die Art der Nutzung (vgl. Kap. 4.4) zurzeit
absolut unattraktiv zum Aufenthalt, bietet aber durch seine Nähe zur Enz große Entwicklungsmög-
lichkeiten, auch im Zusammenhang mit einer Bebauung. Die Grünbereiche direkt an der Enz bieten
attraktive Wege, aber noch wenige Sitzgelegenheiten. Auf der südlichen Uferseite fehlt auch die
Anbindung an die bestehenden Wegeverbindungen und Straßenräume, sodass das eigentlich
attraktive Ufer kaum einladend, erreichbar und erlebbar erscheint. Die Fußwegeverbindungen über
die Enz sind funktional befriedigend, aber stellen in ihrer Gestaltung – insbesondere auch die Be-
reiche vor und hinter den Brücken – keine erlebbaren Schnittstellen oder Übergänge von einem
Stadtbereich in den anderen dar. Beispielhaft hierfür ist die platzähnliche Aufweitung der Hans-
Sachs-Straße / Ecke Steubenstraße an der Fußgängerbrücke, die aber nur als Parkfläche und
unstrukturierte Verteilerfläche genutzt wird (vgl. Abb. 44).
Pforzheim-Weststadt 11
Abb. 10 schlecht und gut erlebbare Enzauen auf der südlichen Uferseite Quelle: Weeber+Partner
Der Bereich "Gründerzeit" erlebt als Sanierungsgebiet Soziale Stadt zurzeit eine starke Umfor-
mung. Die bislang wenig attraktiven Straßenräume werden neu gestaltet, sodass sie voraussicht-
lich angenehmer zu nutzen sind. Die teilweise engen privaten Innenhöfe bergen ein höheres Po-
tenzial als bislang genutzt. Auch hier gibt es bereits Neugestaltungen mit Unterstützung durch
Sanierungsmittel der Stadt. Die Anbindung an die attraktiven Enzauen ist – wie oben beschrieben –
noch nicht befriedigend.
Abb. 11 Innenhof und Straßenraum mit Sanierungspotenzial entlang der Enzauen im Bereich "Gründerzeit" Quelle: Weeber+Partner
12 Pforzheim-Weststadt
2.3 Verkehr und Mobilität
Kraftfahrzeuge
Markant im Untersuchungsraum ist die Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge. Aufgrund der
innenstadtnahen Lage in Pforzheim ist das Untersuchungsgebiet sehr gut erschlossen und mit dem
Kfz zu erreichen. "Der weit überwiegende Teil des Kraftfahrzeugverkehrs in Pforzheim beginnt
und/oder endet im Stadtgebiet. Nur etwa 2% aller Fahrten in der Gesamtstadt sind reine Durch-
gangsverkehrsfahrten durch das gesamte Stadtgebiet." (VEP 2009, Kurzfassung, S. 3). Negative
Folgen davon sind Straßenräume, die vom Kraftfahrzeugverkehr dominiert sind, wie die Haber-
mehlstraße mit 23.800 Kfz pro Tag (2008) mit trennender Wirkung für die Fußwege zwischen den
Wohnquartieren. Im städtischen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gehört sie zum Vorbehaltsnetz
und ist damit wichtiger Verkehrsweg innerhalb des Stadtgebiets. Auch im Zielkonzept ist die Straße
als wichtiger und viel befahrener Verkehrsweg beschrieben (VEP, Plan K 15.1). Ebenso zum Vor-
behaltsstraßennetz gehören die Maximilianstraße sowie die Westliche Karl-Friedrich-Straße (VEP,
Plan K5). Dies wirkt sich auch auf die Qualitäten des Straßenraums aus. Mehrere Straßenabschnit-
te im Gebiet sollen durch Sanierungen des Fahrbahnbelags und der Gehwege umgestaltet und
aufgewertet werden, darunter die Antoniusstraße in Verbindung mit der Maximilianstraße, die
Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie die Kaiser-Friedrich-Straße (vgl. VEP, Plan K13). Letztere
befindet sich derzeit bereits im Umbau.
Abb. 12 Kfz / 24 h, Ausschnitt aus dem Verkehrsentwicklungsplan Quelle: VEP, 2008, Plan K1
Parken
Dem ruhenden Verkehr wird mit dem Messplatz eine besonders große Stellplatzfläche angeboten.
Dieser ist – außer bei einzelnen Großveranstaltungen – ganzjährig zum Parken nutzbar. Ein weite-
rer wichtiger Parkplatz in nächster Nähe zum Untersuchungsgebiet befindet sich in der Germania-
straße. Darüber hinaus finden sich auch Straßenraum-begleitend viele Parkierungsflächen.
Autos teilen
Carsharing, die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines oder mehrerer Autos, spielt für Städ-
te eine immer wichtigere Rolle. Auch in Pforzheim gibt es bereits mehrere Stationen. Sie werden
über den carsharing-Verbund "stadtmobil" verwaltet und organisiert. Die Station Brötzingen befin-
det sich nahe dem Untersuchungsgebiet. In direkter Nähe, die gut zu Fuß zu erreichen ist, befindet
sich keine Station.
Pforzheim-Weststadt 13
Abb. 13 Carsharing und Elektro-Mobilität Quelle: Weeber+Partner
Elektromobilität
Zu den neuen Mobilitätsformen, die in Zukunft noch wichtiger werden, zählen auch Elektrofahrzeu-
ge. Auch wenn noch nicht viele Fahrzeuge mit Elektroantrieb unterwegs sind, werden schon ent-
sprechende Rahmenbedingungen geschaffen, um die Nutzung zu erleichtern. In Pforzheim gibt es
bereits vier Strom-Tankstellen, allerdings alle mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsge-
biet entfernt. Die Stadtwerke Pforzheim sind Kooperationspartner:
¯ Tiefgarage Landratsamt, Zähringer Allee 3
¯ Parkhaus VolksbankHaus, Zerrennerstraße 28
¯ Parkhaus Kaufland (Wilferdinger Höhe), Wilhelm-Becker-Straße 15
¯ SWP-Kundencentrum, Werderstraße 38.
Öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV)
Am Bahnhaltepunkt Maihälden wird in direkter Nähe ein Regionalbahn-Halt angeboten, mit direkter
Anbindung über Hochdorf (bei Horb) nach Tübingen. Außerdem gibt es auch eine direkte Verbin-
dung nach Bad Wildbad (Linie S6). Am Haltepunkt hält mindestens ein Zug stündlich. Auffällig ist
die unzureichende Verknüpfung des Bahn-Haltepunkts mit Buslinien, die das Gebiet im Süden
durchqueren. Aus Richtung Fritz-Erler-Schule oder Hans-Sachs-Straße fehlt eine Linienführung
nach Norden zum Bahn-Haltepunkt. Die Linien sind stark West-Ost orientiert.
Buslinien erschließen das Untersuchungsgebiet gut. Auf der Westlichen Karl-Friedrich-Straße
sowie der Kaiser-Friedrich-Straße verlaufen die Stammstrecken des Busverkehrs: die Linie 9 (Jä-
gersteig - Eutingen), Linie 1 (Arlinger – Eutingen), Linie 10 (Oberes Enztal – HBF/ZOB Süd), Linie
720/721 (HBF/ZOB - Äußere Dietlinger Straße), Linie 2 (Sonnenhof - Redtenbacherstraße) und die
Linien 43/743/744 (HBF-Büchenbronn). Hier kommt dem Quartier die zentrale Lage in der Stadt
zugute. Die Taktzeiten liegen in den Hauptverkehrszeiten bei 30 min (Linie 9) bis zu 15 min (Linien
1 und 2). In den Abendstunden ab 20 Uhr und am Wochenende kann dies jedoch nicht aufrecht-
erhalten werden, und die Taktzeiten reduzieren sich auf 1 Stunde.
14 Pforzheim-Weststadt
Abb. 14 Öffentlicher Personen-Nahverkehr Quelle: Weeber+Partner
Fahrrad fahren
Radwege im Untersuchungsgebiet werden überwiegend nur im Mischverkehr – zusammen mit
motorisiertem Verkehr – geführt, eine Ausnahme bildet der attraktive Enztalradweg. Eine wichtige
Ost-West-Verbindung – auch für die Gesamtstadt – ist die Westliche Karl-Friedrich-Straße, die
Verkehrsbelastung ist hier allerdings mit 5.000 bis zu 10.000 Kfz/24h relativ hoch. Hinzu kommen
parkende Autos entlang der Straße, die die Übersichtlichkeit für Radfahrer einschränken und beim
Ein- und Ausparken und beim Ein- und Ausstieg auf der Straßenseite die Radfahrer gefährden.
Abb. 15 Fehlende Radwege an der Kreuzung Westliche Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt 15
Abb. 16 Radwege Quelle: Weeber+Partner
Im Radwegenetz fehlen Nord-Süd-Verbindungen durch die Weststadt, die Anbindung der S-
Bahnhaltestelle und die Verbindung weiter nach Maihälden. Wichtig wäre auch eine attraktive und
gefahrlose Erreichbarkeit der Fritz-Erler-Schule mit dem Fahrrad. Dies betrifft insbesondere die
Querungen im Kreuzungsbereich vor der Schule (Westl. Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße).
Eine Anbindung an den Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr ist zwar über die Unterführung
vorhanden, aber nur mit Erschwernissen erreichbar.
Abb. 17 Pforzheimer Radverkehrskonzeption Quelle: Modus Consult, Vorstellung Hauptnetz im Planungs- und Umweltausschuss, Folie 11, Juli 2013
In der Radverkehrskonzeption, die im Juli 2013 vorgestellt wurde, führt zwar eine Radwegergän-
zung von der Bohrainstraße kommend östlich am Messplatz über die Benckiserstraße vorbei an
der Osterfeldrealschule nach Norden, doch befriedigt diese den oben beschriebenen Mangel noch
nicht. Attraktiv ist dagegen der Verlauf des Enztalradwegs durch das untersuchte Gebiet. Diese
Radroute ist auch weit über Pforzheim hinaus bekannt und wird im Sommer von vielen Freizeit-
16 Pforzheim-Weststadt
sportlern genutzt. Entlang der Enz befinden sich dann auch ruhigere Abschnitte mit geringer Belas-
tung ohne konkurrierende Verkehrsteilnehmer (Kfz).
"Call a Bike" – Leihfahrräder der Deutschen Bahn – werden in anderen Städten zunehmend stärker
genutzt, aber in Pforzheim sind keine Stationen vorhanden (http://www.callabike-interaktiv.de/).
Zu Fuß gehen
Die Fußwege sind stark vom Autoverkehr dominiert. Besondere Stressräume sind die stark befah-
renen Straßen Westliche Karl-Friedrich-Straße und die Habermehlstraße. Um die Verbindungen in
Nord-Süd-Richtung durch das Gebiet noch zu verbessern, fehlen weitere Querungen über die
Habermehlstraße, insbesondere an der Ecke Maystraße als Verbindung über den Messplatz hin-
weg zur Enz und weiter zur Südweststadt. Ein positives Beispiel ist die Maximilianstraße. Hier wird
den Fußgängern ein separater, angenehmer Gehweg unter Bäumen und von der Straße durch
einen Grünstreifen getrennt angeboten. Entlang der Enz finden Fußgänger einen angenehmen
Raum und attraktive Erholungsflächen. Im weiteren Verlauf der Enz nach Westen weitet sich der
Grünraum ab dem Untersuchungsgebiet noch weiter auf (u.a. Kleingartenanlagen).
Abb. 18 (links) Stressraum für Fußgänger in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße (rechts) attraktiver Fußgängerweg von der Straße getrennt in der Maximilianstraße Quelle: Weeber+Partner
Abb. 19 Fußwege und Straßenräume Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt 17
2.4 Nahversorgung
Qualitäten des Quartiers oder der Nachbarschaft zeichnen sich dadurch aus, dass die wichtigsten
Güter des täglichen Bedarfs auf kurzem Weg und in direkter Wohnumgebung vorhanden und er-
reichbar sind.
Abb. 20 Nahversorgung Quelle: Weeber+Partner
Die Nahversorgung ist im Untersuchungsgebiet stark eingeschränkt, nur in der Westlichen Karl-
Friedrich-Straße konzentriert sich ein kleines Angebot aus Bäckern und teilweise spezialisierten
Obst-, Gemüse- und allgemeinen Lebensmittelläden. Vollsortimenter und Discounter finden sich
erst in einem Abstand von mindestens einem Kilometer, eine Ausnahme bildet ein NORMA-Markt
in der Nähe der S-Bahnstation Maihälden.
Abb. 21 Lebensmittelmärkte in der Umgebung des Untersuchungsgebietes Quelle: Weeber+Partner
18 Pforzheim-Weststadt
2.5 Stadtklima
Abb. 22 Stadtklima Quellen: Wärmebildplan Abendsituation, Stadt Pforzheim; Landschaftsplan "Klima" für den Nach-barschaftsverband Pforzheim, 2001 Darstellung: Weeber+Partner
Aus einem Wärmebildplan der Abendsituation (Thermalscannerbefliegung) und Daten aus dem
Landschaftsplan für den Nachbarschaftsverband Pforzheim lassen sich Aussagen zur Klimasituati-
on im Untersuchungsgebiet ableiten. Rod und Brötzinger Waldwiesen fungieren als wichtige
Frischluftgebiete für die Weststadt. Kaltluftströme fließen aus südwestlicher Richtung hangabwärts
und entlang des Enztals. Eine besonders große Wärm- oder Hitzeinsel befindet sich über dem
Messplatz. Im Landschaftsplan erhält das Untersuchungsgebiet die Kategorie Stadt-Klimatop, was
einen Bereich mit Wärmeinseln und Schadstoffbelastungen bezeichnet. Folglich besteht aus stadt-
klimatischer Sicht großer Handlungsbedarf, insbesondere für den Messplatz.
2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt?
Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um keinen einheitlichen Stadtraum (vgl. Kap. 3.1). Im
Geltungsbereich finden sich Teile der Weststadt ebenso wie Teile der Südweststadt mit der Kaiser-
Friedrich-Straße wieder – mit jeweils unterschiedlicher Größe, Bevölkerungsstruktur und Beson-
derheiten. Aus der Veröffentlichung des Eigenbetriebs "Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim",
Geschäftsbereich Kommunale Statistik vom 19.07.2013 lassen sich dennoch unten genannte
Merkmale ableiten, die auf das Untersuchungsgebiet übertragen werden können und eine grobe
Einordnung der sozialen Lage zulassen.
Die Zahlen verdeutlichen, dass die Untersuchungsgebiete Weststadt ebenso wie das Sanierungs-
gebiet Kaiser-Friedrich-Straße deutlich von der Sozialstruktur der Gesamtstadt abweichen. Sie sind
geprägt von typischen Merkmalen urbaner, zentrumsnaher Quartiere: Sowohl der Anteil der Aus-
länder als auch der Anteil der Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen und / oder auf Transfer-
leistungen angewiesen sind, sind fast doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. Es werden deutlich
mehr Kinder von nur einem Elternteil erzogen und mehr Familien nehmen die Leistungen der Hilfe
zur Erziehung in Anspruch. Zu diesen Umständen kommt die starke Fluktuation: Beide Bereiche
weisen mit mehr als 20 % pro Jahr einen überdurchschnittlich hohen Anteil an zugezogener Bevöl-
kerung auf. Die Anzahl der Bewohner hat im Vergleich zum Jahr 2003 in beiden Bereichen zuge-
nommen, wobei dieses Wachstum gerade in der Weststadt, mit 802 Personen, deutlicher ausfällt.
Pforzheim-Weststadt 19
Weststadt
Sanierungs- gebiet Kaiser-Friedrich-Str.
Pforzheim
Anzahl Haushalte 5.163 1.865 73.658
Bevölkerungszahl 7.845 2.918 118.002
Bevölkerungsanteil Menschen <18 Jahre 18,7 % 19,8 % 17,0 %
Ausländeranteil 37,7 % 38,3 % 20,0 %
Ausländeranteil an Menschen <18 Jahre 33,4 % 33,3 % 16,5 %
Anteil Alleinerziehende an allen Haushalten mit Kindern
40,7 %
45,5 %
33,9 %
Sozialleistungen für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren (SGB II)
38,1 %
33,3 %
16,5 %
Anteil Sozialhilfeempfänger an Erwerbstätigen (SGB XII)
2,1 %
2,3 %
1,3 %
Anteil der Haushalte mit 3 oder mehr Kindern an allen Haushalten mit Kindern
18,9 %
19,3 %
13,5 %
Anteil der "Hilfen zur Erziehung" an der Bevölkerung bis 21 Jahre
6,6 %
7,3 %
4,6 %
Anteil der Zuzüge an der Bevölkerung 22,7 % 21,7 % 7,5 %
Bevölkerungszu-/ -abnahme geg. 2003 11,4 % 2,0 % 1,9 %
Tab. 1 Bevölkerungsstruktur Weststadt, Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße Quelle: Stadt Pforzheim
2.7 Eigentümerstruktur
Hierzu wurde eine Karte erarbeitet, die aber aufgrund des Datenschutzes nicht veröffentlicht wer-
den kann. Die Wohngebäude im Quartier sind etwa zur Hälfte im Eigentum ortsansässiger Woh-
nungsunternehmen. Die andere Hälfte ist in privatem Streubesitz. Im Bereich des Gewerbes sind
die beiden großen Gewerbebetriebe Fa. Rösch und Fa. Bader dominant. Daneben existieren je-
doch noch eine Reihe Eigentümer mit mittelgroßem und kleinem Besitz bzw. gewerblichem Streu-
besitz. Mit der Hauptfeuerwache Habermehlstr. ist auch die Stadt Pforzheim als Eigentümerin im
Quartier vertreten.
2.8 Nutzungsstruktur
Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend geprägt durch Wohnbebauung. Vor allem der südliche
Teil an der Kaiser-Friedrich-Straße ist fast ausschließlich Wohngebiet. Im Bereich nördlich der Enz
(Habermehl- und Westliche Karl-Friedrich-Straße) findet sich vereinzelt und typischerweise in den
Erdgeschossen abweichende, vor allem kleingewerbliche oder gastronomische Nutzung (Abb. 23,
Abb. 24). Prägend im Quartier nördlich der Enz sind auch die großen Gewerbebetriebe (Fa. Rösch,
Fa. Bader). Im Bereich öffentlicher Bauten ist neben vereinzelter Nutzung durch kirchliche Einrich-
tungen vor allem das Feuerwehrgebäude an der Habermehlstraße (Hauptfeuerwache) zu nennen.
Direkt außerhalb des Gebiets sind mit Fritz-Erler-Schule und Osterfeld-Schule / Kulturhaus Oster-
feld zwei große öffentliche Gebäude zu finden. Ebenfalls außerhalb und direkt angrenzend ist der
Messplatz, der als unbebaute, aber weitgehend befestigte Fläche für öffentliche Veranstaltungen
(Kirmes, Messe) dient. Außerhalb dieser Zeiten wird er als kostenloser Parkplatz für das Quartier
genutzt.
20 Pforzheim-Weststadt
Abb. 23 Nutzungsstruktur in den Erdgeschossen
Abb. 24 Nutzungsstruktur in den Obergeschossen
Pforzheim-Weststadt 21
2.9 Methodik der energetischen Analysen
(s.a. Anhang 9.1 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen)
Bedarfsberechnungen
Städtebauliche Bedarfsanalysen basieren auf der individuellen Kenntnis der einzelnen Gebäude.
Basis ist die Berechnung der Energiebezugsfläche, welche aus Gebäudeumriss, Geschossigkeit
und Dachform sowie einem Umrechnungsfaktor für die Nettofläche (in der Regel NGF/BGF = 0,87)
berechnet wird. Der typologische Ansatz aufgrund der Baualtersstruktur liefert musterhaft Energie-
kennwerte im IST-Zustand unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Renovierungen (sowie im
historischen Zustand, der hierbei aber keine Rolle spielt). So kann für jedes Gebäude ein Energie-
kennwert sowie ein Energiebedarfswert im jetzigen Zustand berechnet werden. Durch rechneri-
schen Austausch von Bauteilen (z.B. bei angenommener Renovierung der Außenwand) können
Sanierungszustände musterhaft auf bestimmten Niveaus erzeugt werden:
¯ Energieeinsparverordnung EnEV: Gebäude entspricht der EnEV 2009 Referenzstandard
¯ Effizienzhaus EffH115. Förderstandard der KfW (115 % d. EnEV Neubauniveaus)
¯ Effizienzhaus EffH100. Gebäude entspricht dem EnEV Neubaustandard (100 % d. EnEV)
¯ EnerPHiT: Sanierung mit Passivhauskomponenten.
Bezugszeitpunkte der Bilanzierung
Die IST–Analyse (oder IST-Zustand) bezieht sich auf die Aufnahme des Quartiers zum Zeitpunkt
des Projekts und ist damit Ausgang der weiteren energetischen Analysen. Die Potenzialanalyse
bezieht sich auf einen angenommenen Endzustand, z.B. alle Gebäude nach dem Standard der
Energieeinsparverordnung renoviert. Der so erzeugte Zustand (SAN-Zustand) gibt somit das,
unter der Annahme der gleichen Nutzung und ohne die Berücksichtigung von Zubau und Abriss,
erreichbare Niveau des Energiebedarfs wieder. Die Potenzialanalyse beinhaltet nicht die zeitliche
Entwicklung, d.h. es werden keine Annahmen über Sanierungsraten etc. getroffen. Die Differenz
zwischen IST-Zustand und SAN-Zustand gibt das Einsparpotenzial wieder.
Datenerhebung und Verortung der Bilanzdaten
Um valide Aussagen zu ermöglichen, wurden alle erreichbaren Datenquellen herangezogen; die
Grenzen der Datenerhebung liegen jedoch im Aufwand der Erhebung; So konnten z.B. keine Ein-
zelbegehungen der Gebäude durchgeführt werden. Im Rahmen des Projekts war es ebenfalls nicht
möglich, eine Befragung auch nur eines repräsentativen Querschnitts der Bevölkerung vorzuneh-
men. Dies stellt nach heutigem Kenntnisstand eine der wenigen Möglichkeiten dar, nicht-
leitungsgebundene Energieverbrauchsdaten und zugehörige Energieträger (z.B. Heizöl) daten-
rechtlich sicher und qualitativ hochwertig zu erheben. Es war innerhalb der Projektlaufzeit ebenfalls
nicht möglich, Schornsteinfegerdaten über die Beheizungsarten zu erhalten.
Weiterhin begrenzen die Erfordernisse des Datenschutzes eine allzu feinkörnige Erhebung, bei der
Rückschlüsse auf personenbezogene Daten möglich wären. Aus Datenschutzgründen konnten
keine Energieversorgerdaten der Stadtwerke (Gas, Fernwärme) eingepflegt werden. Es standen
aber Pläne über das Leitungsnetz Erdgas und Fernwärme zur Verfügung, so dass die Anschlüsse
identifiziert werden konnten.
Datenbasis der Analysen
Für den Sektor Wohngebäude wurde eine flächendeckende Bedarfsanalyse durchgeführt. Sie
basiert auf der GIS Stadtkarte (Gebäude und Liegenschaftskataster) der Stadt Pforzheim. Diese
Basisstruktur wurde durch ebök im Rahmen von Luftbildanalysen und Vor-Ort-Begehungen ergänzt
um folgende Daten:
¯ Anzahl Stockwerke (Quelle Luftbilder)
¯ Dachform, Nutzung des Dachgeschosses (Quelle Luftbilder)
¯ Nutzung; getrennt nach EG und Obergeschossen (Quelle Luftbilder, Begehung)
22 Pforzheim-Weststadt
¯ Sichtfassaden / Denkmalschutz (Quelle: Stadtplanung, Begehung)
¯ Sanierungszustand und Sanierungsmöglichkeit der Gebäude, Bauteilerneuerung (Quelle: Be-
gehung)
Zur Analyse des Energieverbrauchs standen folgende Daten-Quellen zur Verfügung:
¯ Gewerbebetriebe Fa. Rösch, Fa. Bader
¯ Gebäude der Wohnungswirtschaft (teilweise)
¯ Städt. Gebäude (Feuerwehr)
Aufgrund der beschriebenen Datenlage wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
¯ Für Wohngebäude wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt und wo möglich mit den Ver-
brauchswerten abgeglichen
¯ Verbrauchswerte der Gewerbebetriebe wurden – wo vorhanden – übernommen.
Gesamtbilanz und Klimaindikatoren
Wesentlicher Bestandteil des Quartiersansatzes ist die Verortbarkeit der Aussagen. Top-Down-
Analysen, welche aus gesamtstädtischen Daten heruntergebrochen werden, liefern daher nur
unzureichende Aussagen. Eine solche Grobbilanz wurde in Kap. 3.2 aufgestellt. Eine Bottom-Up-
Klimabilanz konnte jedoch für den Stadtteil schon aus dem Grund nicht aufgestellt werden, dass
nur unzureichende Energieträgerdaten zur Verfügung standen. Damit konnte auch bei Kenntnis
des Wärmebedarfs im Rahmen des Konzepts keine auf Quartiersdaten bezogene Bilanz der Ener-
gieträger (und damit CO2) erstellt werden. Auch im Bereich der Klimabilanz ergeben sich die we-
sentlichen konzeptionellen Aussagen aus einer Potenzialanalyse (und nicht aus einem Vergleich
mit gesamtstädtischen oder Landesdaten), welche Wechselszenarien in der Energieversorgung
berücksichtigen. Es ist jedoch klar, dass Potenzialanalysen ohne Basisanalysen nicht aufzustellen
sind.
2.10 Baualter
Abb. 25 Baualtersklassen
Pforzheim-Weststadt 23
Aufgrund von Auswertungen öffentlich verfügbarer Luft- und Satellitenbilder (Google Maps, Google
Earth, BING) sowie Vor-Ort-Begehungen konnten die Baualtersklassen der Gebäude ermittelt
werden, siehe Abb. 25. Eine Aufstellung der vorkommenden Gebäude sowie der Anzahl in den
Klassen zeigt Tab. 2. Im Quartier dominiert der Typ GMFH Blockrandbebauung Baualtersklasse D
(Baujahr 1949-1957). Diese typologische Aufstellung ist Basis der weiteren Berechnungen (IST –
Zustand, SAN-Zustand, Potenzial s.u.).
24 Pforzheim-Weststadt
Tab. 2 Baualtersklassen, Verteilung im Untersuchungsgebiet aus der Zuordnung der Baualtersklassen. Die Aufstellung bezieht sich auf die Wohnbebauung. Die Beispiele sind (aus Gründen der Übertragbarkeit) nicht dem Quartier entnom-men. Leere Felder bedeuten, dass der Typ im Quartier nicht vorkommt.
Pforzheim-Weststadt 25
2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands
Wohnen
An überraschend vielen Gebäuden in der Weststadt, insbesondere an Gebäuden der Wohnungs-
unternehmen, wurden bereits umfängliche Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt. Dies
zeigen z.B. die Karten Fassadenoberflächen Abb. 26 und Fensterqualitäten Abb. 27, in welchen die
Ergebnisse der städtebaulichen Begehung und Erhebung dargestellt sind.
Abb. 26 Istzustand Fassaden (Ausschnitt)
Abb. 27 Istzustand Fensterqualität
26 Pforzheim-Weststadt
Die oben genannten Sanierungsmaßnahmen der Wohnungsunternehmen wirken sich positiv auf
den Wärmeschutz der betreffenden Gebäude und damit auf den Energiebedarf aus. Nimmt man
als Maßstab die Bedarfsdaten Endenergie Heizung und Warmwasser in Bezug auf die gültige
Energieeinsparversordnung, so weisen bereits viele Gebäude Bedarfswerte auf, wie sie die EnEV
im Falle einer Sanierung vorsieht (Gelbe Bereiche in Abb. 28). In einigen wenigen Fällen werden
diese Werte sogar unterschritten (Grüne Bereiche in Abb. 28).
Abb. 28 Energiekennwert (Endenergie Heizung und Warmwasser) im Istzustand.
Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)
Die Verbrauchsanalysen (Endenergie Heizung, Warmwasser) beziehen sich nur auf die Gewerbe-
betriebe Bader und Rösch sowie auf das städtische Gebäude Feuerwehr. Verbrauchsdaten der
Wohnungsunternehmen wurden im betreffenden Sektor Wohnen behandelt. In diesem Sektor
dienten die Verbrauchswerte vor allem als Abgleich zu den Bedarfswerten. Weitere Verbrauchs-
werte lagen leider nicht vor und konnten aus genannten Gründen gebäudescharf auch nicht aus
sekundären Quellen ermittelt werden. Eine Bewertung der spezifischen Kennwerte z.B. im Ver-
gleich zur EnEV wie im Bereich der Wohnbebauung konnte im Gewerbebereich nicht vorgenom-
men werden.
Energieverbrauch und Einsparpotenzial im Sektor GHD wurden nicht bewertet, da auch Bench-
marks bei vielen der vorliegenden Nutzungen keine ausreichende Bewertungsbasis liefern. Allen-
falls Verwaltungsgebäude können noch pauschal bewertet werden.
Bei den Firmen Bader und Rösch wurde im Rahmen des Projekts eine Gebäudebegehung durch-
geführt. Das Gebäudemanagement erhielt dabei eine kurze individuelle Beratung und Hinweise auf
Basis von Erfahrungswerten. In beiden Fällen ist das Management aktiv an Maßnahmen interes-
siert, hat teilweise bereits konkrete Maßnahmen im Blick und wird diese sukzessive ausführen.
Insbesondere bei Fa. Bader sind nicht nur Energiewerte für Heizung zu bewerten, sondern vor
allem Prozesse wie Licht, Druckluft, Maschinenantriebe usw. Eine Bewertung hierzu verlässt den
Bereich des städtebaulichen Konzepts sehr deutlich.
Pforzheim-Weststadt 27
Abb. 29 Nutzflächenspezifische Verbrauchsdaten (Mittelwerte, witterungsbereinigt wo vorhanden) im Bereich GHD und Öffentliche Gebäude.
Öffentliche Gebäude
Die Feuerwehr mit einer Energiebezugsfläche von ca. 3345 m² weist einen mittleren Energiekenn-
wert von rd. 146 kWh/(m²a) auf. Damit liegt der Wert knapp unter dem Benchmarkwert von 155
kWh(m²a) für Feuerwehren [EnEV RegelnNiWo09]. Der Fortbestand des Gebäudes als Feuer-
wehrgebäude ist momentan offen, da über die Organisation der Feuererwehr in Pforzheim disku-
tiert wird. Bevor über das Gebäude entschieden wird, sollte jedoch die Nutzung geklärt werden.
Aufgrund der Bauweise ist eine Sanierung eher schwierig durchzuführen.
Energieverbrauchsdichte im IST – Zustand
Die absolut ermittelten Bedarfs- und Verbrauchswerte der Gebäude und Liegenschaften wurden in
einer Grobstruktur als Dichtewert zusammengefasst. Die Abgrenzungen werden dabei als "Bau-
block" definiert. Ein Baublock umfasst in der Regel ein Straßencarrée. Die Nachfragedichte ergibt
sich damit als ein auf die Baublockfläche bezogener Energiebedarfswert. Dieser ist ein Indikator für
mögliche zentrale Versorgungsstrukturen sowie für hohe Nachfrage. Bereits ab einem Dichtewert
von 250 MWh/(ha a) (entspricht 25 kWh/(m²a)) kann Fernwärmeversorgung lohnenswert sein.
Daher wurden die in Tab. 3 beschriebenen Kategorien eingeführt.
kWh/(m²a) Baublockfläche Fernwärme wirtschaftlich?
0 - 20 nicht wirtschaftlich möglich
21 – 40 sollte geprüft werden
41 – 80 wahrscheinlich lohnenswert
81 – 125 lohnenswert
126 - 250 sehr dicht. lohnenswert
Tab. 3 Bewertung Verbrauchsdichte hinsichtlich Fernwärme
28 Pforzheim-Weststadt
Abb. 30 Bedarfs-/ Verbrauchsdichte im IST-Zustand. Die Summenwerte Energie für Heizung und Warmwasserbereitung wurden auf die Baublockfläche bezogen. Auch enthalten: Gewerbe, Feuerwehr und möglicher Dichtewert Messplatz.
Die Dichtewerte im Untersuchungsgebiet sind im jetzigen Zustand sicherlich ausreichend für den
Betrieb einer Fernwärmeversorgung. Besonders hohe Dichtewerte sind im Bereich der Kaiser-
Friedrich-Str. zu verzeichnen, welche nicht als Ausbaugebiet Fernwärme der Stadtwerke Pforzheim
ausgewiesen ist. Im Bereich des Messplatzes wurde ein möglicher Entwurf quantifiziert und in die
Bewertung eingebracht (s.a. Kap. 5.8). Auch in diesem Bereich ergibt sich ein ausreichender Dich-
tewert.
2.12 Erneuerbare Energien
Erneuerbare Energien im Unter-
suchungsgebiet könnten sich
auf die Erzeugung sowie auf
den Einsatz für Gebäudebehei-
zung und Warmwasserbereitung
sowie auf Stromanwendungen
und Verkehr beziehen. Insbe-
sondere außerhalb des Aus-
baubereichs Fernwärme im
Bereich der Kaiser-Friedrich-
Straße ist der verstärkte Einsatz
effizienter, regenerativ betriebe-
ner Energieversorgungssysteme
wünschenswert (siehe auch
Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"). Folgende Möglichkeiten und Einschränkungen bestehen:
Oberflächennahe Geothermie
Aufgrund der Aussage der Abteilung Umwelttechnik der Stadt Pforzheim ist das Quartier aufgrund
der Belastungsdichte mit Schadstoffen und der damit möglichen Schadstoffverlagerung durch
Erdwärmebohrungen nicht geeignet für die Nutzung von Erdwärme. Im Bereich KF sollte diese
Option nochmals grundstücksscharf geprüft werden.
Pforzheim-Weststadt 29
Holzheizungen (Holzpellets, Holzhackschnitzel, Stückholz), Biomasseheizungen
Das Quartier liegt im verdichteten innerstädtischen Bereich mit hoher Belastung an Feinstaub. Aus
diesem Grund hat das RP Karlsruhe 2006 einen Luftreinhalte-/Aktionsplan aufgestellt und 2012
fortgeschrieben [RP Karlsruhe 2006], [RP Karlsruhe 2012]. Folge ist die Aufstellung einer Umwelt-
zone für Pforzheim, in der auch das Untersuchungsgebiet liegt. Diese ist zwar für die Ausführung
von Heizanlagen nicht bindend, es ist jedoch nicht sinnvoll, Heizanlagen mit vergleichsweise ho-
hem Feinstaubausstoß zu propagieren, wenn insgesamt hohe Belastungswerte zu verzeichnen
sind. Im Vergleich zu Gasheizungen (nahezu feinstaubfrei) und Fernwärme (im Quartier feinstaub-
frei) ist zur Zeit auch bei den günstigsten Kleinfeuerungsanlagen (Pelletkessel bis 25kW) mit einer
PM10 Emission von ca. 792 mg/kWh zu rechnen (Tab. 6, [UBA Feinstaub 2006]. Als begleitende
Maßnahme zur Luftreinhaltung empfiehlt daher auch der Luftreinhalteplan den Verzicht auf Holz-
feuerungen aus Kleinfeuerungsanlagen. Mit der Novellierung der 1. BImSchV werden zwar ab
2015 höhere Anforderungen an kleine und mittlere Feuerungsanlagen gestellt, diese positiven
Effekte werden sich allerdings aufgrund langer Übergangsvorschriften nur zögerlich einstellen.
Eine mögliche Lösung besteht darin, auch in Kleinfeuerungsanlagen Feinstaubfilter einzusetzen.
Zunehmend kommen kleinere Kessel und Filter auf den Markt, die bereits heute die zukünftigen
Grenzwerte unterschreiten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei blockweiser Versorgung
mehrerer Gebäude emissionsarme Holzpelletkessel mit höheren Leistungen (ab ca. 150kW) mit
sehr hochwertiger neuester Filtertechnologie einzusetzen. (S.a. Kap. 5.2).
Thermische Solarnutzung
Die solarthermische Nutzung durch Anlagen zur Warmwasserbereitung (und in Grenzen zur Behei-
zung) ist im Gebiet grundsätzlich möglich. Viele Dächer sind südausgerichtet und gut geeignet.
Im Bereich des Ausbaugebiets Fernwärme (Abb. 41: Handlungsfelder "Energie") nördlich der Enz
und teilweise im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ist aus drei Gründen jedoch die Solarthermie
nur nachrangig zu betrachten:
1 Als vorranging wurde hier der Energieträger Fernwärme identifiziert. Solarthermie steht hierzu
in starkem wirtschaftlichem und auch umwelttechnischem Konflikt. Die Anlagentechnik müsste
voll redundant ausgeführt und betrieben werden. Der Fernwärmeanschluss muss auch im
Sommer bezahlt werden. Der Betreiber der Anlage muss im Sommer überschießende Wärme
der Stromerzeugung (Kraft-Wärmekopplung) entweder rückkühlen oder die Leistung reduzie-
ren.
2 Bei der vorliegenden dichten Bebauung und der damit einhergehenden hohen Zahl der Bewoh-
ner je Gebäude sind die vorliegenden Dachflächen eher ungeeignet, da zu klein, um den Be-
darf an Warmwasser mit ausreichender Deckungsrate zu befriedigen.
3 Solarthermische Nutzung steht in Bezug auf die Dachflächen in Konkurrenz zur Nutzung von
Photovoltaik.
Im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ("effiziente Einzelheizungen und Blockversorgung“) ist der
Einsatz von thermischen Solaranlagen dann sinnvoll, wenn sie (wirtschaftlich) in ein Versorgungs-
konzept eingebunden werden können. Dies ist vor allem bei kleineren Gebäuden mit geringem
regenerativem Anteil der Versorgung, welche vom Eigentümer selbst genutzt werden, sinnvoll.
1 Die thermische Solaranlage sollte nicht in Konkurrenz zum Betrieb eines BHKW o.ä. stehen.
2 Die Anlage muss in die ggf. bestehende Warmwasserbereitung einzubinden sein.
3 Thermische Solaranlagen sind Zusatzinvestitionen, welche aus den eingesparten Brennstoff-
kosten refinanziert werden. Daher sind sie vor allem bei hohen Brennstoffkosten wirtschaftlich
sinnvoll.
4 Die Dachflächen müssen ausreichenden Ertrag für den vorhandenen Bedarf liefern (die vor-
handenen Dachflächen sind bei den vorhandenen Mehrfamilienhäusern im Verhältnis zur
Wohnfläche eher ungünstig).
5 Im Mieter- / Vermieterverhältnis muss die Heizkosten-Umlage bzw. Finanzierung der Anlage
geklärt werden.
30 Pforzheim-Weststadt
Grundsätzlich stehen thermische Solaranlagen in Konkurrenz zu Photovoltaik-Anlagen (s.u.). Hier
sollte – bezogen auf das Gebäude – untersucht werden, ob eine photovoltaische Nutzung nicht
einfacher und sinnvoller durchgeführt werden kann.
Biomasse
Der Anfall von nutzbarer Biomasse im Quartier ist vernachlässigbar. Die Gebrauchsmöglichkeiten
von Biomasse (außer Holz) im Gebiet sind vernachlässigbar.
Biogas
Vermehrt wird Biogas (in Erdgas-Qualität) auch für Endverbraucher auf dem Energiemarkt angebo-
ten. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gas-Direktversorgung, sondern – genauso wie bei
Ökostrom-Anbietern – um eine bilanzierte Versorgung aus dem normalen Gasnetz. Die Verpflich-
tungen des [EEWärmeG-2009EWärmeG-BW2007] können durch Einsatz von 30% Biomethan
erfüllt werden. Beim Nachweis nach EnEV findet die Biogasversorgung nur Anrechnung, wenn die
Erzeugung in unmittelbarem Kontext zum Gebäude steht, was im Fall der Weststadt in keinem Fall
gegeben sein dürfte.
Strom (-erzeugung)
Im Untersuchungsgebiet sind keine Wasserkraftwerke sowie keine Windkraftwerke vorhanden. Das
Musterprojekt Güterstraße 30 (Kap. 5.4) wurde im Konzept mit einer Windkraftanlage versehen.
Diese wird voraussichtlich auch realisiert. Grundsätzlich ist Windenergienutzung im städtischen
Umfeld mit Kleinst-Windkraftanlagen nach heutigem Stand technisch und wirtschaftlich (noch) nicht
etabliert.
Es gibt Hinweise, dass Strom vereinzelt in Blockheizkraftwerken erzeugt wird (Fa. Nordson, Ha-
bermehlstr.). Vorrangig soll und wird Strom im Untersuchungsgebiet photovoltaisch erzeugt. Die
Fa. Rösch betreibt bereits einige, auch fassadenmontierte, Anlagen.
Abb. 31 Photovoltaik Fassadenanlage Fa. Rösch Quelle: ebök
Viele Dachflächen sind gut südorientiert und damit gut geeignet für die Montage von PV-Anlagen.
Im Streubesitz ist deren Umsetzung jedoch eher schwierig. Potenziale sind vor allem noch bei der
Fa. Bader vorhanden. Hier sollte die Möglichkeit der Montage konkret aus gestalterischen und
statischen Gesichtspunkten geprüft werden.
2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung
Das Untersuchungsgebiet wird durch die Stadtwerke Pforzheim mit Erdgas und Fernwärme ver-
sorgt. Die Fernwärme wird dabei in eigenen Wärmekraftwerken erzeugt. Sie steht mit einem sehr
guten Primärenergiefaktor von 0,441 zur Verfügung. Sowohl Fernwärme- als auch Erdgasnetz sind
1 Bescheinigung nach FW309-1 bis 2021 des Gutachters FW 609-003
Pforzheim-Weststadt 31
jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Es handelt sich vielmehr um eine gewachsene Struktur,
die typische Schwachstellen wie örtlich begrenzte Kapazitäten und Lücken im Versorgungsnetz
aufweist. Viele Gebäude im Gebiet nördlich der Enz sind sowohl mit Erdgas als auch mit Fernwär-
me versorgt (Abb. 32). Im Rahmen des Projekts konnte jedoch keine Kenntnis darüber erlangt
werden, ob die Gasanschlüsse tatsächlich genutzt werden. Möglich ist, dass Gas nur zum Kochen
oder für sonstige Prozesse (z.B. Backöfen in Bäckereien), nicht für Beheizung zur Verfügung steht.
Der gebäudeweisen Ermittlung (z.B. über Verbrauchsdaten und Tarife) standen Gründe des Da-
tenschutzes entgegen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bei Gebäuden, die einen Fernwär-
meanschluss haben, dieser auch zur Beheizung genutzt wird.
Viele Gebäude sind weder an Gas noch an Fernwärme angeschlossen. Der Energieträger ist bei
diesen Gebäuden unbekannt. Um diesen einzugrenzen, wären Schornsteinfegerdaten hilfreich
gewesen, die jedoch ebenfalls aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise zur Verfügung
standen. Aufgrund der Verteilung der Energieträger für die Gesamtstadt (Abb. 33) kann davon
ausgegangen werden, dass ein Großteil der unbekannten Versorgungsarten dem Energieträger
Heizöl zuzuordnen sind.
Die Stadtwerke Pforzheim sehen in der Versorgung mit zwei leitungsgebundenen Energieträgern
(Erdgas, Fernwärme) eine unwirtschaftliche Situation, weshalb im Bereich zwischen Enz und Bahn
des Untersuchungsgebiets eine Entflechtungsstrategie verfolgt wird. Der Ausbau von Fernwärme
hat Vorrang vor Gas. Gleichzeitig soll die Erdgasversorgung in dem betreffenden Gebiet rückge-
baut werden. Das Rückbaugebiet Erdgas erstreckt sich über die östlichen und westlichen Grenzen
des Untersuchungsgebiets hinaus ebenfalls grob zwischen Enz und Bahn. Hier soll lang- und mit-
telfristig Fernwärme als vorrangige leitungsgebundene Energie (neben Strom) verbleiben. Die
Stadtwerke fördern den Umstieg auf Fernwärme (siehe http://www.stadtwerke-
pforzheim.de/de/1941.php#ID_1945 vom 6.8.2013).
Im Gebiet südlich der Enz (Kaiser-Friedrich-Str.) ist Fernwärme nur bis ca. zur Hausnummer 102
vorhanden. Hier verläuft nach Auskunft der Stadtwerke im südlichen Bereich eine kellerverlegte
Fernwärmeleitung, deren Kapazität begrenzt ist. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich ist nur sehr
begrenzt möglich. Obwohl aktuell (Sommer 2013) im Bereich Kaiser-Friedrich-Str. neue Leitungen
verlegt werden, wurde ein Ausbau der Fernwärme nicht durchgeführt. Die Stadtwerke geben hier
als Grund den begrenzten Raum an, in dem bereits bei der jetzigen Leitungsführung (mit Gas- und
Gashochdruckleitungen) Leitungen übereinander, d.h. in mehreren Lagen, angeordnet wurden.
32 Pforzheim-Weststadt
Abb. 32 Versorgung mit Erdgas, Fernwärme sowie Rückbaugebiet Gasversorgung
2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz
Auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg für die Stadt Pforzheim
(Bewertungsjahr 2009) konnte nach dem Anteil der Bewohnerzahl der Weststadt an der Gesamt-
stadt (vgl. Kap. 2.6) folgendermaßen kalkuliert werden: Die Einwohner der Weststadt verursachen
im Mittel rund 6,6 % des CO2-Ausstoßes der Stadt Pforzheim von rund 168.000 Tonnen pro Jahr.
Dieser Anteil sowie der zugehörige Energieverbrauch können tatsächlich höher oder niedriger
liegen, da die spezifischen Verbrauchs- und Emissionswerte je Einwohner der Weststadt sicher
von denen der Gesamtstadt abweichen. Quartiersdaten konnten aufgrund fehlender lokaler Infor-
mationen zur Versorgung – insbesondere der Energieträger der Einzelfeuerungsanlagen – nicht
ermittelt werden.
Pforzheim-Weststadt 33
Für die Gesamtstadt wurde 2011 von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg
GmbH (KEA) ein Klimaschutzkonzept aufgestellt. Hierbei wurden auch Bilanzen für einzelne Sekto-
ren und Energieträger sowie Szenarien veröffentlicht [KEA 2011]. Der hierbei gewählte Ansatz der
Top-Down-Bilanzierung (anhand von wenigen Messwerten wie dem Gesamt-Gasverbrauch, über-
wiegend statische Auswertungen) harmoniert nicht optimal mit dem beim vorliegenden Konzept
gewählten Bottom-Up-Ansatz (Betrachtung einzelner Gebäude).
Abb. 33 Endenergieverbrauch nach Energieträgern (Referenz) [KEA 2011]
Abb. 34 CO2-Emissionen 2010 nach Sektoren (Referenz) [KEA 2011]
34 Pforzheim-Weststadt
3 Entwicklungspotenziale und –ziele
3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050
Die Bundesregierung stellt mit dem "Energiekonzept 2050 - Meilensteine und Bewertungen" einen
langfristigen Entwicklungspfad für ambitionierte Klimaschutzziele, Energieeffizienz und Erneuerba-
re Energien auf2. Die einzelnen Entwicklungsschritte sind:
¯ Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70%
und bis 2050 um 80-95 % (jeweils gegenüber 1990) sinken.
¯ Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch 18 % erreichen und
danach kontinuierlich weiter steigen auf 30 % bis 2030 und auf 60% bis 2050. Ihr Anteil an der
Stromerzeugung soll bis 2050 sogar 80% betragen.
¯ Energieeffizienz: Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 50 %
gegenüber 2008 sinken.
¯ Die Sanierungsrate für Gebäude soll von 1 % auf 2 % pro Jahr verdoppelt werden.
¯ Im Verkehrsbereich soll der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund 10% und bis 2050 um rund
40% zurückgehen. Es sollen 6 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 auf die Straßen gebracht
werden.
Um derartig ambitionierte Ziele zu erreichen, sind Anstrengungen auf allen Ebenen notwendig.
Insbesondere die Verdoppelung der Sanierungsrate sowie der Umstieg auf regenerative Energien
muss auch und gerade mit den Akteuren vor Ort umgesetzt werden. Um die Sanierungsrate nen-
nenswert zu erhöhen, müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen oder ausgebaut
werden. Wichtige Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang:
¯ Die Anforderung an Gebäudehülle und Wärmeversorgungstechnik (Primärenergiebedarf) wird
durch die Energieeinsparverordnung [EnEV 2009] geregelt. Die Energieeinsparverordnung ist
die nationale Umsetzung der Europäischen Effizienzrichtlinie für Gebäude [EU 2002/91/EG], sie
soll noch in 2013 novelliert verabschiedet werden.
¯ Ein Anteil regenerativer Energie für Beheizung und Warmwasser wird für Neubauten im Erneu-
erbare-Energien-und-Wärmegesetz des Bundes [EEWärmeG-2009], für Bestandsbauten im
Landesgesetz Baden-Württemberg [EWärmeG-BW2007] geregelt.
¯ Der Bund fördert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW u.a. den Neubau sowie die Sa-
nierung auf wärmetechnischen Niveaus, die teilweise weit über die gesetzlichen Anforderungen
hinausgehen.
Kommunen haben in der Regel keine Möglichkeit, mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen
einzufordern. Ob Belange des Klimaschutzes – welche im Baugesetzbuch durchaus formuliert sind
– in Satzungen umgesetzt werden können, ist nach wie vor strittig. Von Vorteil ist, wenn Maßnah-
men mit Hilfe des Privatrechts (Vertragsrecht nach BGB) durchgesetzt werden können. Vorausset-
zung hierfür ist jedoch, dass sich Grundstücke oder Liegenschaften in städtischer Hand befinden.
Daher gilt, dass Kommunen nur bei eigenen Liegenschaften einen direkten Durchgriff auf die
Handlungsoptionen haben. Ein indirekter Einfluss ist im Bereich der Wohnungswirtschaft zu ver-
zeichnen. Nur mittelbaren Einfluss haben Kommunen auf Gewerbe und private Eigentümer (Ge-
bäude im Streubesitz).
2 Siehe http://www.bmu.de/themen/klima-energie/energiewende/beschluesse-und-massnahmen/energiekonzept-
2050-meilensteine-langfristiger-entwicklungspfad-fuer-ambitionierte-klimaschutzziele-energieeffizienz-und-
erneuerbare/ (6. Aug. 2013)
Pforzheim-Weststadt 35
3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim
Masterplan
Die Stadt Pforzheim hat im Jahr 2010 einen strategischen
Stadtentwicklungsprozess über alle Bereiche und Belange
des Zusammenlebens in einer Großstadt hinweg in Gang
gesetzt (http://www.pforzheim.de/leben-in-pforzheim/mas-
terplan.html). In Leitsatz 8 ist der Klimaschutz als Entwick-
lungsziel 2025 mit höchster Handlungspriorität (A) genannt:
"Pforzheim ist Vorreiter beim Klimaschutz und im Umgang
mit den natürlichen Ressourcen“.
Folgende Maßnahmen wurden zur Umsetzung genannt:
¯ "Klimaneutrale Stadt" als verbindliches Ziel
¯ Prüfung Windkraft Büchenbronner Höhe
¯ Landesgartenschau unter dem Motto "Stadt im Klimawandel"
¯ Förderung der Bedeutung des Fahrrads in Pforzheim
¯ Ausbau der Solarkampagne in Pforzheim
¯ Kommunales Beschaffungswesen weiterhin auf Klimawirksamkeit überprüfen
¯ Öffentlichkeitsarbeit für Klimaschutz verstetigen
¯ Erhaltung der Frischluftzufuhr/Kaltluftschneise
¯ Stadtklima durch Begrünung und Luftzufuhr verbessern
¯ Fernwärme ausbauen
¯ Regenerative Energien in Bebauungsplänen verbindlich festsetzen
¯ Auflage von energetischen Sanierungsprogrammen im Gebäudebestand
¯ Energetische Bausanierung öffentlicher Gebäude.
Konvent der Bürgermeister
Pforzheim ist nach dem Beschluss des Gemeinderats vom
22.7.2008 dem "Konvent der Bürgermeister" beigetreten
und gehört mit Heidelberg und Freiburg zu den drei ersten
baden-württembergischen Städten, die sich verpflichtet
haben, die verbindlichen Reduktionsziele der EU noch zu
unterbieten. Beim Konvent der BM handelt es sich um einen
Zusammenschluss europäischer Städte, die sich zu beson-
deren Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel
verpflichtet haben.
Die Ziele im Einzelnen:
¯ Die Ziele für 2020 der EU bzgl. der CO2 Reduktion sollen um mind. 20% unterschritten werden.
¯ Am 19.4.2011 wurde ein Aktionsplan vorgelegt [KEA BM 2011].
¯ Mindestens alle zwei Jahre nach Veröffentlichung des Aktionsplans soll ein Umsetzungsbericht
zwecks Bewertung, Überwachung und Überprüfung vorgelegt werden.
¯ Es sollen Energietage oder Städte-Konvent-Tage in Zusammenarbeit mit der europäischen
Kommission und anderen Interessensvertretern organisiert werden.
¯ Teilnahme an der jährlichen EU-Konferenz der Bürgermeister für eine nachhaltige Energienut-
zung in Europa.
36 Pforzheim-Weststadt
Klimaschutzkonzept
Im Dezember 2011 wurde durch die KEA ein Klimaschutz-
konzept für die Stadt Pforzheim erstellt [KEA 2011]. Da
Pforzheim schon in der Vergangenheit umfangreiche Aktivi-
täten in Sachen Klimaschutz entwickelt hat, war von 1990 –
2010 bereits ein Rückgang der CO2 -Emissionen um 20 %
zu verzeichnen, v.a. durch die Verdrängung von Kohle
durch Biomasse und Ersatzbrennstoffe im Heizkraftwerk
(Inbetriebnahme des Biomasse-Blocks in 2005).
Mit dem Klimaschutzkonzept verfolgt die Stadt Pforzheim folgende Teilziele:
¯ Erstellen einer fortschreibbaren Energie- und CO2 -Bilanz
¯ Kommunikation mit den maßgeblichen Akteursgruppen
¯ Ausarbeitung des Aktionsplans ("SEAP“) für den Konvent der Bürgermeister
¯ Erarbeitung einer langfristigen Klimaschutzstrategie
¯ Ausarbeiten eines Maßnahmenkataloges
¯ Festlegung von Prioritäten für Maßnahmen.
Im Klimaschutzkonzept wurde auch eine Reihe von Maßnahmen hoher Priorität zur Umsetzung
genannt sowie mit dem Masterplanprozess und den Zielen des Konvents der Bürgermeister ver-
zahnt. Das hier erarbeitete und mit diesem Bericht dargestellte Integrierte Quartierskonzept leitet
sich als eine der Maßnahmen direkt aus dem Klimaschutzkonzept ab.
3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung
Grundsätzliche Überlegungen zur Erschließung von Effizienzpotenzialen sowie die Einflussmög-
lichkeiten der Stadt Pforzheim finden sich im Anhang 0 sowie 9.6.
Wohnen
Im Bereich der Wohnbebauung wurden – ausgehend von den berechneten Kennwerten im IST-
Zustand der Gebäude – verschiedene energetische Sanierungsniveaus untersucht. Dabei wurde
folgendermaßen vorgegangen: Die Maßnahmen im Bereich Fenster, Fassade, Dach usw. wurden
für jedes einzelne Gebäude bestimmt, ohne jedoch die Tiefe und Qualität eines individuellen Ge-
bäudekonzepts erreichen zu können. Die Energiekennwerte der Gebäude ergeben sich im histori-
schen, im IST-Zustand sowie im SAN-Zustand aus typologischen Musterberechnungen (s.a. Kap.
2.9). Augenscheinlich bereits sanierte Bauteile wurden keiner weiteren Maßnahme unterzogen.
Bei denkmalgeschützten Fassaden und Schmuckfassaden wurden keine Maßnahmen getroffen;
wenn möglich wurde die rückwärtige Fassade gedämmt ("Teilsanierung"). Bei Schmuckfassaden
wurden Maßnahmen wie Innendämmung angenommen. Die Anwendbarkeit solcher Maßnahmen
ist jedoch eine Planungsaufgabe für das betreffende Gebäude.
Folgende Sanierungsniveaus wurden angenommen (s.a. Kap. 2.9):
EnEV 2009 Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung
KfW Effizienzhaus 115 Förderniveau der KfW im Bereich Sanierung
KfW Effizienzhaus 100 Förderniveau Sanierung auf EnEV Neubauniveau
EnerPHit Sanierung mit Passivhauskomponenten
Eine Auswahl der Untersuchungen ist in den Abbildungen Abb. 35 bis Abb. 37 dargestellt. Für die
in den Karten gezeigten Gebäude wurden Sanierungsmaßnahmen oder Teil-
Sanierungsmaßnamen angenommen. Alle nicht genannten Gebäude verbleiben im IST – Zustand,
da die Sanierungsmaßnahmen augenscheinlich unwirtschaftlich sind (Ersatz von neuen oder fast
neuen Bauteilen).
Pforzheim-Weststadt 37
Abb. 35 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnEV 2009. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.
Abb. 36 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienz-haus 100. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.
38 Pforzheim-Weststadt
Abb. 37 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.
Sektor Wohnbebauung Summe Differenz
zu IST =
Einsparung
Anzahl betrachtete Wohngebäude gesamt 110
Anzahl sanierter Gebäude 61
Anzahl teilsanierter Gebäude 15
Nettogrundfläche = Energiebezugsfläche der betrachte-
ten Gebäude
89.449 m²
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-
tung im IST-Zustand
11.439 MWh
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-
tung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler
und schützenswerten Gebäude nach EnEV2009
9.331 2.107 MWh
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-
tung bei Sanierung nach KfW EffH 115
8.906 2.533 MWh
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-
tung bei Sanierung nach KfW EffH 100 (Neubaustan-
dard)
8.432 3.007 MWh
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-
tung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler
und schützenswerten Gebäude nach EnerPHit
7.038 4.401 MWh
Tab. 4 Summen und Potentiale Energieeinsparung des untersuchten Quartiers (Wohnbebauung). Quelle ebök.
Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)
Für diesen Sektor können die Sparpotenziale nur eingeschränkt dargestellt werden, da erstens
nicht alle Gewerbegebäude erfasst wurden und zweitens bei den erhobenen Gebäuden nur sehr
individuelle Lösungen gefunden werden können. Hierbei ist nicht nur der Sektor Heizung / Warm-
wasser, sondern vor allem auch der Sektor betriebliche Prozesse zu betrachten. Auch sind die
Pforzheim-Weststadt 39
Firmen Bader und Rösch in ihren Möglichkeiten bereits sehr weit gegangen und können für andere
Betriebe als Vorbild dienen.
Öffentliche Gebäude
Im Gebiet ist neben einigen kleineren kirchlichen Gebäuden nur die Feuerwehr als öffentliches
Gebäude bekannt. Der IST-Wert der Feuerwehr liegt bei ca. 146 kWh/(m²a) (s. Kap 2.11), das
Potenzial bei einem Zielwert von 85 kWh(m²a). Das entspricht einem Benchmarkwerk in Anlehnung
an die Anforderungen des Effizienzhaus 85 (15% günstiger als EnEV 2009). Die Einsparung ent-
spricht damit rund 20 MWh/a.
3.4 Effizienz der Energieversorgung
Ausgangssituation
Wärmeversorgung
Möglicher Wechsel zu Kommentar
Heizung WarmW. Heizung WarmW.
Fernwärme Fernwärme Kein Wechsel
Gas zentral
Heizöl zentral
Gas zentral
Heizöl zentral
Fernwärme Fernwärme In der Regel gut möglich,
wenn FW angeboten wird
Wärme-
pumpe
Wärme-
pumpe
Bedingt möglich. Vorausset-
zung: Erdbohrung möglich
oder günstigere Energiequel-
le (Abwasser, Grundwasser).
Fußbodenheizung sinnvoll.
WW-Bereitung eher ineffi-
zient. Luft-Wasser-WP nicht
sinnvoll
Holzpellets /
Holzhack
Holzpellets /
Holzhack
In der Regel gut möglich.
Lager muss vorhanden oder
machbar sein. Problem:
Feinstaub.
Gas zentral Elektro-Boiler
in den Bädern
Fernwärme
Wärme-
pumpe
Holzpellets/
Holzhack
Kein Umstieg auf zentrale WW-
Bereitung i.d.R. mit hohen
Kosten verbunden. Nur mög-
lich bei Kernsanierung.
Sonst. Einschränkungen s.o.
Heizöl zentral
Gas Einzel-
öfen
Gas- oder
Elektro-
Durchlauf-
Erhitzer oder
Elektro-Boiler
in den Bädern
Fernwärme
Wärme-
pumpe
Holzpellets/
Holzhack
Fernwärme
Wärme-
pumpe
Holzpellets/
Holzhack
Hohe Kosten für Wärmever-
teilung. Umstieg auf zentrale
WW-Bereitung in der Regel
mit hohen Kosten verbun-
den. Nur möglich bei Kern-
sanierung. Sonstige Ein-
schränkungen siehe oben.
Heizöl Einzel-
öfen
Kohleöfen
Elektr. Spei-
cherheizung
Stückholzöfen
(Ergänzung)
Kein Wech-
sel möglich
Alle zentralen
Warmwasser-
versorgungen
Solar zusätz-
lich
Kombination mit FW nicht
sinnvoll. Sonst gut möglich.
Reine Zusatz-Investition.
Umfasst Solarkollektoren,
Regelung, Leitung sowie
solartauglicher Speicher.
Tab. 5 Wärmeversorgung, Ausgangssituation, Wechselmöglichkeit.
40 Pforzheim-Weststadt
Die Effizienz der Wärmeversorgung bezieht sich einerseits auf die Anlagentechnik selbst, anderer-
seits auf die Wahl der Energieträger, bei der ein hoher Regenerativanteil wünschenswert ist. Heiz-
kessel haben in der Regel eine Lebensdauer von 15-25 Jahren, weshalb die Erneuerung im Zuge
der notwendigen Sanierungszyklen im Vergleich zu Maßnahmen wie Fenstertausch, Außenwand-
erneuerung etc. verhältnismäßig schnell erfolgt. Alte Anlagen werden in der Regel durch effiziente,
moderne ersetzt. Eine Ausnahme stellen hier elektrische Speicherheizungen dar, die längere
Standzeiten besitzen. Die EnEV 2009 [EnEV 2009] schreibt einen Austausch dieser Beheizungsart
vor; in der Novellierung der EnEV 2014 ist diese Vorschrift jedoch nicht mehr enthalten [EnEV
2014]. Ohne Kenntnis der genauen Versorgungsstruktur kann kein exaktes Potenzial zur Effizienz-
steigerung der Wärmeversorgung ausgewiesen werden. Es gibt jedoch grundsätzliche Überlegun-
gen, welche vorhandenen Wärmeversorgungssysteme eine Effizienzsteigerung erleichtern oder
erschweren (Tab. 5).
Kennzeichnend für die Effizienz eines Wärmeversorgungssystems ist die (primärenergiebezogene)
Aufwandszahl der Anlage ep. In sie gehen neben den Verlusten für Erzeugung, Speicherung und
Verteilung auch die Erzeugungs-, Speicherungs- und Verteilungsverluste des Energieträgers ein.
Aufwandszahlen können nach DIN 47101-10 berechnet werden. Tab. 6 gibt eine Übersicht über
übliche Aufwandszahlen für typische Systeme, wie sie in Gebäuden der Weststadt vorkommen3.
Aus der Musterberechnung ist klar ersichtlich, dass der Primärenergieaufwand bei elektrischen
Speicherheizungen mit Abstand am höchsten ist. Dies liegt zum einen am hohen Primärenergiefak-
tor des Energieträgers Strom, andererseits auch an der ineffizienten Anlage. Am günstigsten in
Bezug auf CO2-Ausstoß und nichtregenerativen Primärenergieeinsatz schneiden Holzheizungen
ab. Im Vergleich der Anlagen kann erwartet werden, dass der Primärenergieaufwand für Fernwär-
meanschlüsse incl. Anlagentechnik nur wenig ungünstiger ist als bei Holzheizungen. Da die Ver-
brennung fester Brennstoffe – in diesem Falle Holzpellets – lokale Emissionen, allen voran Staub-
emissionen der Schadstoffklasse PM10 mit sich bringt, ist der Fernwärmeanschluss einer Holzhei-
zung vorzuziehen.
Anlage
Nieder-
tempera-
tur (NT)
Kessel
Gas-BW-
Kessel So-
lar unter-
stützt
Elektrische
Speicher-
heizung und
Durchlauf-
erhitzer
Holz-
Pellet-
kessel
Fern-
wärme
SWP
ep
Primärenergie-
Anlagenauf-
wandszahl
1,40 1,02 2,52 0,40 0,52
Energieträger Erdgas H Erdgas H Strom Mix Holzpellets
Fern-
wärme
SWP
fp
Primärenergie-
faktor des
Energieträgers
1,1 1,1 2,6 0,2 0,44
CO2
CO2
Äquivalente
[kg/kWh]
0,25 0,25 0,68 0,05 k.A.
PM10 Staub
[g/kWh] 0 0 k.A. 0,0792 k.A.
Tab. 6 Anlagenaufwandszahlen und Kennwerte Primärenergiefaktor, CO2-Äquivalentwerte, sowie Staub (Klasse PM10) der zugehörigen Energieträger und Prozesse. Quelle DIN 4710-10, Gemis 4.14, PHPP 2007, eigene Recherchen. Die Anlagenaufwandszahl ep wurde anhand eines typischen Mustergebäudes (unsaniertes Mehrfamilienhaus) in der Weststadt auf Basis von 4701-10 Diagrammverfahren berechnet. Sie ist anlagen- und gebäudeabhängig (s.a. Kap. 0).
3 Großes Mehrfamilienhaus, ungedämmt
Pforzheim-Weststadt 41
3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen
Die gängigste Methode zur Beurteilung der Kosten einer Sanierungsmaßnahme ist die Annuitä-
tenmethode nach VDI 2067. Deren Grundlage ist die Kapitalwertmethode. Der Kapitalwert ist die
Summe aller Kosten (welche über den Betrachtungszeitraum anfallen) aus den Bereichen:
¯ kapitalgebundene Kosten (Investitionen),
¯ verbrauchs- oder bedarfsgebundene Kosten (Energiebedarf),
¯ betriebsgebundene Kosten (Wartung und Unterhalt).
Da Wirtschaftlichkeit als das Verhältnis von Ertrag (Rückzahlung) zu Aufwand (Kosten) definiert ist
(dessen Quotient über alle Formen und Zeitpunkte des Geldflusses summiert größer als 1 sein
sollte), ergebt sich eine grundsätzlich von vielen Randbedingungen abhängige Größe. U.a. haben
folgende Größen auf die Wirtschaftlichkeit und deren Bewertung Einfluss:
¯ Preis der Maßnahme; Durchführbarkeit der Maßnahme; technische, rechtliche oder planerische
Hemmnisse
¯ lokale Preise, Anbieterstruktur, Anbieterauslastung usw.
¯ lokale Energiepreise und zukünftige Energiepreissteigerung
¯ Kapitalzins und Möglichkeit der Geldbeschaffung
¯ Eigentümer und Eigentümerstruktur des Gebäudes, Nutzer des Gebäudes
¯ Zweck des Gebäudes, Nutzung des Gebäudes
¯ selbstgenutztes, vermietetes Gebäude
¯ Beurteilung von Prioritäten
Bereits aus der Komplexität der Einflussgrößen ist klar, dass die qualifizierte Beurteilung der Wirt-
schaftlichkeit einer Sanierungsmaßnahme Thema einer Feinkonzeption oder Vorplanung, nicht
jedoch eines städtebaulichen Konzepts sein muss.
Darüber hinaus steht der Aufwand für „Sowieso-Maßnahmen“ und Aufwendungen, welche nicht im
direkten Zusammenhang mit dem Energieverbrauch stehen (z.B. Brandschutzmaßnahmen, Umbau
und Verschönerung) nicht dem Nutzen zur Minderung des Energieverbrauchs gegenüber. Den
Nutzen "Energieeinsparung“ auf den Aufwand "Vollkosten“ zu beziehen, würde folglich unsinnige
Aussagen ergeben. Konkret bedeutet dies, dass bei der Erneuerung z.B. einer Außenwand mit
Wärmedämmverbundsystem folgende Arbeiten anfallen:
¯ Vorbereitung der Wand (oder des alten Putzes),
¯ Liefern und Anbringung einer Dämmung,
¯ Neuverputz (Unter- und Oberputz),
¯ Nebenarbeiten wie Anschüsse an Fenster, Dachtraufe etc.
¯ Nebenkosten für Gerüst etc.
Nur das Liefern und Anbringen der Dämmschichten sind energiebedingte Kosten; alle anderen
Kosten sind den "Sowieso-Kosten“ zuzurechnen. Bei einem so definierten Mehrkostenansatz stellt
sich jedoch naturgemäß die Frage nach der Bewertungsbasis. Eine Möglichkeit ist, die Mindestan-
forderungen der EnEV heranzuziehen. Die energiesparbedingten Mehrkosten ergeben sich dann
aus den zusätzlichen Kosten, die z.B. über eine größere als die Mindestdämmstoffdicke hinausge-
hen. Bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sind so berechnete Mehrkosten als Differenz der
Energieeinsparungen zwischen einer Sanierung nach EnEV und der gewählten höherwertigen
Sanierung gegenüberzustellen. Einfacher und praktikabler ist es jedoch, die Dämmstoffe und deren
Einbringung sowie die Kosten verbesserter Fenster als energiebedingte Mehrkosten einer Maß-
nahme heranzuziehen.
Auf Basis vieler in den letzten Jahren durchgeführter Konzepte und Planungen können damit fol-
gende verallgemeinerte Aussagen getroffen werden:
¯ Nur sehr wenige Maßnahmen sind aus der Energieeinsparung voll finanzierbar, d.h. wirtschaft-
lich. Das bedeutet, dass eine Maßnahme in der Regel nicht alleine aufgrund der Energieeinspa-
42 Pforzheim-Weststadt
rung angegangen werden kann. Der richtige Zeitpunkt für eine energetische Sanierung von
Dach, Außenwand, Fenster, Heizungsanlage ist, wenn Bauteilersatz wenigstens teilweise not-
wendig wird oder wenn aus anderen Gründen Ertüchtigungen anstehen (z.B. Brandschutzauf-
lagen).
¯ Wird eine Maßnahme durchgeführt, so sollten sich Dämmmaßnahmen an der Grenze des
technisch und rechtlich Durchführbaren orientieren. Der Mehraufwand hierfür liegt hier in der
Regel unter dem Ertrag, wenn Energiepreissteigerungen der letzten zehn Jahre auch für zu-
künftige Preissteigerungen angenommen werden. Unter dem oben diskutieren Mehrkostenan-
satz sind auch ambitionierte Dämmstandards in der Regel wirtschaftlich.
¯ Im Bereich der Fenster ist der Mehrpreis von Dreischeibenverglasung i.d.R. wirtschaftlich dar-
stellbar.
¯ Im Bereich der Anlagentechnik ist der Einbau verbesserter Regel- und Überwachungstechnik
i.d.R. wirtschaftlich.
3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale
Die Weststadt wirkt durch ihre Dichte, die großen Straßenquerschnitte und hohen Gebäude an
vielen Stellen großstädtisch und urban. Augenfällig ist die starke Prägung des Stadtteils durch
Gebäude aus der Nachkriegszeit. Die Vielzahl der Nutzungen und Eigentümer sorgten für eine
städtische Vielfalt, allerdings macht die große Zahl der Eigentümer im Streubesitz auch koordinier-
tes Handeln schwierig. Dichte und Nutzungsmischung bieten vielfache Potenziale – in energeti-
scher ebenso wie in städtebaulicher, sozialer und kultureller Hinsicht.
Wichtige Stärken der Weststadt sind:
¯ die urbane Lage mit dem besonderen Potenzial des innenstadtnahen Wohnens
¯ die gute ÖPNV-Anbindung
¯ das umfangreiche Angebot der Schulen und Kindergärten im Gebiet und angrenzend
¯ die Vielfalt der Kirchen und Glaubensrichtungen
¯ kulturelle Einrichtungen hoher Qualität, die über den Stadtteil hinaus strahlen, z.B. Kulturhaus
Osterfeld
¯ der Benckiserpark und die Lage an der Enz
¯ die interessante Stadtgeschichte mit der dafür typischen Architektur und vielseitigen Fassaden.
Deutliche Schwierigkeiten der Weststadt sind unter anderem:
¯ die hohe Verkehrsbelastung, die Dominanz des Verkehrs sowie viele Stellplätze im öffentlichen
Raum, auf Brachflächen und in Block-Innenbereichen
¯ die Trennwirkung der Straßen, kaum gestaltete Straßenräume mit geringen Aufenthaltsqualitä-
ten
¯ die fehlende Nahversorgung im westlichen Teil
¯ der Rückgang der qualitätvollen Geschäfte und Gastronomie zu Gunsten von Billigangeboten
(Trading-Down-Effekt), zum Teil Leerstand
¯ wenige Spiel- und Bolzplätze
¯ der geringe Grünanteil im privaten und öffentlichen Raum
¯ der Mangel an attraktiven Wohnangeboten auch für neue Interessenten
¯ die fehlenden Verflechtungen mit dem Zentrum und den umgebenden Stadtteilen
¯ das kaum erkennbare bzw. eher negative Image, die geringe Identifikation mit dem Stadtteil,
das Fehlen bürgerschaftlich organisierter Strukturen (bei jedoch oft guten Nachbarschaften),
die hohe Fluktuation, die die Weststadt teils als Durchgangsstation erscheinen lässt.
Diese Probleme und Potenziale waren unter anderem die Grundlage für die im Rahmenplan West-
stadt 2011 entwickelten Szenarien und Leitmotive.
Pforzheim-Weststadt 43
Große Entwicklungspotenziale: Bahnareal und Messplatz
In der Weststadt befinden sich zwei große Freiflächen: der Messplatz im Süden und das ehemalige
Bahngelände im Norden des Gebiets. Beide Flächen bergen Möglichkeiten, den Wohn- und Ar-
beitsstandort Weststadt nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Messplatz wird bislang über das Jahr
hauptsächlich als Parkierungsfläche genutzt und einmal pro Jahr für die "Pforzemer Mess", das
überregional bekannte und beliebte Stadtfest. Darüber hinaus gibt es noch weitere Veranstaltun-
gen wie den Automarkt. Bislang gibt es für diese Veranstaltungen noch keine alternative Fläche.
Das ehemalige Bahngelände ist über den Zwischeneigentümer aurelis Real Estate GmbH & Co.
KG auf einen Eigentümer in Ostdeutschland übergegangen, der wenig Bezug zum Pforzheimer
Geschehen hat und das Gelände vermutlich mittel- bis langfristig wieder veräußern wird. Somit
sind die Entwicklungsmöglichkeiten so lange unsicher, bis ein Investor bereit ist, das Gelände zu
entwickeln oder entwickeln zu lassen. Die Stadt sollte jedoch die sich bietenden Entwicklungs-
chancen aktiv wahrnehmen und zumindest im Rahmen ihrer Planungshoheit steuern.
Zukunftsoptionen am Messplatz Der Messplatz ist im Eigentum der Stadt Pforzheim. Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, über-
wiegend asphaltierten Fläche mit ihrer attraktiven Lage an der Enz und der zentralen Lage in der
Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus. Eine Bebauung des Messplatzes und damit eine
neue Nutzung würde der gesamten Weststadt zugute kommen, siehe auch Kapitel 6.7 und 6.8.
Heutige Defizite und Mängel des Untersuchungsgebietes und der Weststadt insgesamt könnten
durch eine neue Nutzung deutlich verringert oder ganz behoben werden. Eine Reihe von Potenzia-
len schlummern in der Entwicklung der Fläche:
¯ Hochwertiges Wohnen, Entwicklung differenzierter, auch neuer Wohnformen
¯ Weiterentwicklung von Einzelhandel, neue Gewerbe-Nutzungen
¯ Verknüpfungen der bislang getrennten Wohngebiete nördlich und südlich der Enz
¯ Inwertsetzung der Enzauen als Wohnstandort und Naherholungsfläche
¯ Mobilität: Qualitätsverbesserung der Nahmobilität (Radfahren, zu Fuß Gehen) und modellhafte
Verwirklichung neuer, zukunftsgerichteter Mobilitätsangebote (wie Carsharing, Elektro-Mobilität)
¯ Verbesserungen für das Stadtklima durch Minderung des Hitzestaus und Wärmeinsel-Effekts
(Entsiegelung, Grün im Wohnumfeld, Bäume, Dach- und Fassadenbegrünungen).
44 Pforzheim-Weststadt
4 Akteursbeteiligung Für eine langfristig erfolgreiche Umsetzung des Integrierten Quartierskonzeptes ist die Einbindung
in übergeordnete gesamtstädtische Konzepte, die Verknüpfung mit parallel laufenden Projekten
und die frühzeitige und umfassende Beteiligung aller relevanten Akteure und Betroffenen schon zu
Beginn des Projektes von großer Wichtigkeit.
4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte
Das Integrierte Quartierskonzept zur energeti-
schen Stadtsanierung ist eine der Umset-
zungsmaßnahmen des Klimaschutzkonzeptes
und orientiert sich an den Zielen des Master-
plans Pforzheim, beispielsweise Ziel 7 aus dem
Handlungsfeld V "Stadtbild und Wohnen":
"Quartiere bauen und erhalten, in denen man
angenehm und gemeinsam lebt". Es baut auf
dem "Rahmenplan Weststadt" von 2011 auf
und wurde auch im Austausch mit dem Soziale
Stadt-Quartiersmanagement des Sanierungs-
gebietes Kaiser-Friedrich-Straße entwickelt.
4.2 Energieforum Pforzheim
Um die wichtigsten Akteure frühzeitig in den Planungsprozess zu integrieren, den Austausch unter
den Fachdisziplinen zu fördern und aktuelle Analyseergebnisse zu diskutieren, wurde schon zu
Projektbeginn ein "Energieplanungs-Workshop" eingerichtet, der dann alle zwei Monate zwischen
September 2012 und Juli 2013 stattfand. Um dessen Aufgaben auch im Namen besser zu be-
schreiben, wurde er zur zweiten Veranstaltung in "Energieforum Pforzheim" umbenannt. Der Name
soll über die Projektlaufzeit von 12 Monaten hinausweisen und den zunächst Weststadt-bezogenen
Fokus öffnen auf die Gesamtstadt Pforzheim. Die aufgebauten Netzwerke sollen auch nach Ende
der Projektlaufzeit fortgeführt werden.
Die Treffen fanden mit folgenden Themen statt:
¯ Energieplanungs-Workshop 1, 4. September 2012
Projekt-Vorstellung, Erwartungen der Teilnehmer an das Projekt
¯ Energieforum 2, 15. November 2012
Projektablauf, Organisation der Gremien, Inhalte
¯ Energieforum 3, 16. Januar 2013
Bildung, Stadtkultur, Soziales
¯ Energieforum 4, 14. März 2013
GHD: Gewerbe (auch gewerbliches Wohnen), Handel, Dienstleistung
¯ Energieforum 5, 8. Mai 2013
"Wohnen hört nicht an der Haustüre auf“
¯ Energieforum 6, 10. Juli 2013
Freiraum, öffentlicher Raum, Klima
Rückblick, Planungsschwerpunkte, Ausblick
Pforzheim-Weststadt 45
Abb. 38 Beteiligte Akteure bei der Erstellung des Integrierten Quartierskonzepts Quelle: Weeber+Partner
Zunächst wurde beim Energieplanungs-Workshop 1 das Projekt vorgestellt, und es wurden Er-
wartungen von Seiten der Teilnehmer gesammelt und diskutiert: die Stadtverwaltung, die ansässi-
gen Firmen und die Wohnungsunternehmen. In den weiteren Energieforen wurde jeweils ein be-
stimmter Aspekt der energetischen Stadtsanierung vertieft dargestellt und diskutiert. Im Energiefo-
rum 2 wurde vorgestellt, wie das Integrierte Quartierskonzept an andere Gremien und Planungen
anknüpft und Vernetzungen aufgebaut werden. Wie wichtig die Integration und Einbeziehung von
Menschen aus anderen Kulturkreisen ist und welchen Stellenwert die (Umwelt-) Bildung und die
Stadtteilkultur (z.B. Projekte an Schulen) hat, wurde beim Energieforum 3 deutlich. Ein weiteres
Thema war im Energieforum 4 die Vorstellung von Förderprogrammen für Gewerbe und Woh-
nungsunternehmen bei Sanierungen und bei der Steigerung der Energieeffizienz. Außerdem zeigte
das Praxisbeispiel der Firma Bader zum Energiemanagement sehr eindrücklich, wie durch viele
kleine Maßnahmen Energie eingespart werden kann und wie die Mitarbeiter sensibilisiert und über
ihr Alltagsverhalten an das Thema herangeführt werden können. Auch über Sanierungen im ge-
werblichen Bereich und bei Wohnungsunternehmen konnte aus der Praxis berichtet werden. Über
Wohnqualitäten machten sich die Teilnehmer des Energieforums 5 Gedanken. Hierbei spielt ins-
besondere das Wohnungsklima und die Luftqualität in Innenräumen eine große Rolle. Fensterlüf-
tung ist möglich, mechanische Lüftung sorgt jedoch für sichere Feuchteabfuhr, gute Luft und ist für
stark lärmbelastete Wohnlagen von großem Vorteil. Wohnqualität hat aber auch mit dem Wohnum-
feld zu tun. Daher spielen Mobilität, lebenswerte Freiräume, die Nutzungsvielfalt im Quartier und
auch das Älterwerden für die Menschen eine gewichtige Rolle. Beim letzten Energieforum 6 wur-
den die Analyseergebnisse vorgestellt – sowohl aus energetischer als auch städtebaulicher Sicht –
und Handlungsmöglichkeiten beschrieben und durch die Teilnehmer diskutiert.
4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren
Mit den wichtigsten Akteuren gab es Einzelgespräche, so mit den beiden großen im Untersu-
chungsgebiet ansässigen Firmen Versandhaus BRUNO BADER GmbH+Co. KG und Autohaus
Rösch GmbH+Co. KG. Außerdem fanden mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH und
mit den Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger eG sowie der Stadtbau GmbH Pforz-
heim Gespräche statt. Zu den eigentlich wichtigen Bezirks-Schornsteinfegern vor Ort wurde eben-
falls Kontakt aufgebaut. Leider war es nicht möglich, diese zur Mitarbeit zu bewegen.
46 Pforzheim-Weststadt
Ziel dieser individuellen Gesprächsrunden war es, informell und direkt Kontakt zu den Akteuren zu
pflegen. Hierdurch sollte einerseits eine direkte Mitwirkung am Konzept, z.B. durch die Abfrage von
Verbrauchsdaten oder den Abgleich der konzeptionellen Ansätze im Versorgungsbereich, erreicht
werden. Andererseits konnte direkt und individuell auf Fragen oder Probleme eingegangen werden,
z.B. im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen. Konzepte zu konkreten Maßnahmen an
Gebäuden oder zur Energieversorgung gehen jedoch über die städtebauliche Betrachtungsebene
hinaus und sollten in individuellen Gebäude-Feinkonzepten behandelt werden.
¯ Mit der BRUNO BADER GmbH + Co. KG wurden die bereits getätigten Maßnahmen des
Energiemanagements erörtert und mögliche weitere Maßnahmen besprochen. Einsparpoten-
ziale sind vor allem im Bereich der Gebäudehülle der älteren Verwaltungsbauten sowie im Be-
reich der Prozesse (Licht, Druckluft, Maschinen) identifizierbar. Das Energiemanagement der
Bruno Bader GmbH kümmert sich darüber hinaus auch um Nutzerschulung und Beschaf-
fungsmanagement.
¯ Das Autohaus Rösch GmbH + Co. KG stellte die sehr unterschiedlichen Gebäude auf dem
Firmengelände vor. Teilweise stammen die Gebäude noch aus der Gründungszeit des Unter-
nehmens. Die Nutzung ist sehr heterogen (Verkauf, Werkstadt, Lager, Büros). Viele Maßnah-
men wurden bereits durchgeführt oder sind in absehbarer Zeit nur schwer zu realisieren (z.B.
energiesparende Beleuchtung für Show-Verkaufsräume). Die Rösch GmbH erzeugt am Stand-
ort bereits mit verschiedenen, auch fassadenintegrierten Anlagen photovoltaisch Strom.
¯ Mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH wurden die Möglichkeiten zum Ausbau
der Fernwärme besprochen. Im Fokus stand vor allem der Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße.
Dem Ausbau stehen hier allerdings technische Grenzen des Leitungsbaus entgegen. Außer-
dem wurden mit den Stadtwerken bei diesem Termin die Vorrangstrategie des Fernwärmeaus-
baus vor Gasnetz in der Weststadt und die Konsequenzen für das Quartierskonzept deutlich.
Näheres hierzu im Kapitel 6.2.
¯ Im Bereich der Wohnungsunternehmen wurde auf eine musterhafte Behandlung eines Gebäu-
des verzichtet, da die umgesetzten Projekte in Pforzheim und dem Quartier bereits ein hohes
Niveau erreicht haben. Stattdessen kristallisierte sich im Projektlauf ein mögliches Projekt zur
gemeinsamen Wärmeversorgung der Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger
eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim im Bereich Kaiser-Friedrich-Straße/Hans-Sachs-
Straße/Steubenstraße heraus. Bei einem Termin wurden die Möglichkeiten und die erforderli-
chen Randbedingungen ausgelotet, bei beiden besteht Interesse, eine gemeinsame Kraft-
/Wärmezentrale mit Blockheizkraftwerk zu realisieren.
4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm
Um auch die Nutzer der Wohnungen – die Mieter und selbst nutzenden Eigentümer – für die The-
men Klimaschutz und Energieeffizienz zu sensibilisieren und ihnen wichtige Informationen zum
Energiesparen an die Hand zu geben, wurde ein Film gedreht mit dem Titel „Energiesparen im
Haushalt: Wie mache ich es richtig?“. Ziel dabei war vor allem, Bevölkerungsgruppen anzuspre-
chen, die sich mit Informationsbroschüren und ähnlichen Druckerzeugnissen schwerer tun, insbe-
sondere auch mit der deutschen Sprache. Das Endprodukt – eine DVD und ein aus dem Internet
frei herunterladbarer Film – soll diese Zielgruppen leichter erreichen und die Aussagen mit Hilfe der
Synchronisation auf englisch, türkisch und arabisch gut verständlich machen. Der Film wurde im
Untersuchungsgebiet in der Kaiser-Friedrich-Straße gedreht, sodass eine Wiedererkennung und
Identifikation möglich ist, ohne die Wohnung und das Haus direkt ablesbar zu machen. Verteilt wird
der Film an Neubürger und im Baby-Startpaket der Stadt Pforzheim, beim Energietag am
19.10.2013 und über verschiedene Stellen wie das Büro des Quartiersmanagements, Jugendein-
richtungen, Schulen usw.
Pforzheim-Weststadt 47
Abb. 39 Dreharbeiten zum Energiesparfilm: Filmemacher Herr Wingert mit Darsteller Quelle: Weeber+Partner
Der Film beschreibt alltägliche Situationen im Haushalt, bei denen durch einfaches umweltbewuss-
tes Handeln erkennbar Energie gespart werden kann – so beispielsweise beim Stoßlüften über
wenige Minuten anstatt dauerhaft gekippter Fenster, beim Ausschalten des Standby an Elektroge-
räten oder bei der Einstellung der Heizungsthermostate auf mittlere Werte von drei bis vier. Am
Ende des Films wird auf weitere Informationsmöglichkeiten beim Energieberatungszentrum Pforz-
heim (EBZ) verwiesen. Idee und Konzept kamen von Weeber+Partner und ebök, die Dreharbeiten
und Schnitt erfolgten durch den Filmemacher Peter Wingert, Rottenburg mit Unterstützung durch
Weeber+Partner und ebök.
4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013
Der Informationstag zielte auf ein breites Publikum mit dem Schwerpunkt Weststadt und war auch
offen für alle Interessierten in Pforzheim. Wichtig war es, neben den bislang angesprochenen Akt-
euren aus Verwaltung, Wohnungsunternehmen und Energieversorgung, auch die Eigenheimbesit-
zer und Nutzer der Wohnungen in das Sanierungskonzept einzubinden. Sie sollten für Energiespa-
ren, Klimaschutz und Energieeffizienz sensibilisiert und über das Sanierungskonzept und ihre ganz
persönlichen Handlungsmöglichkeiten informiert werden. Für die Veranstaltung ging die Stadt eine
Kooperation mit der Fritz-Erler-Schule ein, um einerseits die oben genannten Themen auch in der
Schule darzustellen und andererseits die Eltern als Wohnungseigentümer und Mieter zu erreichen.
Es gab Kurzvorträge zu erfolgreichen Sanierungsprojekten, Finanzierungsmöglichkeiten und Ei-
genstromnutzung, außerdem viele Infostände der Stadt, der Stadtwerke und der Schule, teilweise
kombiniert mit Mitmachaktionen, Ausstellungen und Rundgängen.
Abb. 40 links: Presseresonanz zum Energietag Quelle: Pforzheimer Zeitung vom 21.10.2013 rechts: Flyer, Ausschnitt Titelseite Quelle: Stadt Pforzheim
48 Pforzheim-Weststadt
5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan
Aus der umfangreichen Bestandsanalyse in Kapitel 3 – sowohl der Energie- als auch der städte-
baulichen Analysen – und dem Vergleich mit den Entwicklungspotenzialen und –zielen in Kapitel 4
wurde das Integrierte Quartierskonzept mit Handlungsfeldern entwickelt.
Die folgenden zwei Abbildungen beschreiben die wichtigsten Handlungsfelder, so weit sie sich auf
Karten "verorten", also einzeichnen lassen. Eine ausführliche Beschreibung aller Handlungsfelder
erfolgt in den Kapiteln 6.1 bis 6.11 Hier werden auch "weiche" Handlungsfelder beschrieben, die
die gleiche Wichtigkeit haben können wie die hier bereits genannten, sich aber nicht auf den Karten
darstellen lassen. Auch wenn die Handlungsfelder "Energie" und "Städtebau" gemeinsam entwi-
ckelt wurden, sind sie getrennt dargestellt, um die Lesbarkeit der vielen Aussagen sicherzustellen.
Handlungsfelder "Energie"
Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"
In Abb. 41 werden die Handlungsfelder des integrierten Handlungskonzepts im Bereich der Ener-
gienutzung und Energieeffizienz verortet zusammengefasst. Schwerpunkte im Bereich Gebäude-
hülle Wohnbau sind als rote Punkte markiert. Der blaue Bereich markiert den städtebaulichen Aus-
baubereich Fernwärme. Hier wären im Prinzip auch die lila und grün markierten Bereiche zu nen-
nen. Ein Ausbau der Fernwärme ist in diesen Bereichen jedoch absehbar nicht realistisch. Daher
sind diese Bereiche als Ausbaubereich Nahwärme (lila) und effiziente Einzelversorgung (grün)
markiert. Der Messplatz wäre im Bereich des zukünftigen Fernwärmeausbaus (außerhalb des
Untersuchungsgebiets) zu sehen.
Pforzheim-Weststadt 49
Handlungsfelder "Städtebau"
Abb. 42 Handlungsfelder "Städtebau" Quelle: Weeber+Partner
Aus den Defiziten in den Freiraumqualitäten, den fehlenden Fußwege- und Radfahrverbindungen,
dem Mangel an räumlichen Nord-Süd-Verknüpfungen, im Stadtklima und aus den Entwicklungspo-
tenzialen des Messplatzes ergeben sich sechs Handlungsfelder. Ziel ist es, die Lebensqualität im
Untersuchungsgebiet durch ein attraktives Wohnumfeld und eine einfache Mobilität zu Fuß und mit
dem Fahrrad wesentlich zu verbessern:
1 Fußwege-Verbindungen und -Aufwertungen als attraktive Nord-Süd-Verknüpfungen. Eine da-
von, die Verbindung S-Bahnhaltestelle – Enzauen, mit gestalterischen und funktionalen
Schwerpunkten
2 Radweg-Verbindung Maihälden – Südweststadt mit Variante im Bereich der Querung der Ha-
bermehlstraße
3 Westliche Karl-Friedrich-Straße: Begrünung, Aufwertung, Fuß- und Radwege
4 Südliche Enzauen: Erhalt und Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums mit einzel-
nen, dezenten Öffnungen zum Wohnen und zum Straßenraum hin zur Anbindung der Fußwe-
ge, aber ohne Versiegelung der Oberflächen
5 Entwicklungskonzept Messplatz mit Bebauung, Freiräumen, Verknüpfungen, auch zur Verbes-
serung des Stadtklimas, insbesondere zur Verminderung von Hitzeinseln
6 Blockinnenbereiche: Entsiegelung, Begrünung, auch zur Verminderung von Hitzeinseln.
Leitmotive "Rahmenplanung Weststadt" von 2011
Der Schlussbericht des kooperativen Planungsverfahrens "Rahmenplanung Weststadt" von 2011
von Weeber+Partner beinhaltete bereits umfangreiche Themen- und Fach-übergreifende Leitmoti-
ve für die Weiterentwicklung des Stadtteils (vgl. Rahmenplanung Weststadt). An dieser Stelle soll
nochmals an die vier von fünf Leitmotiven erinnert werden, die sich gut mit den Handlungsfeldern
dieses Integrierten Quartierskonzeptes verknüpfen lassen:
50 Pforzheim-Weststadt
¯ Weststadt – Gesund und in Bewegung: Der Klimawandel hat nicht zuletzt gesundheitliche
Folgen, die bisher noch wenig im Fokus der Diskussion stehen. Energetische Stadtsanierung
kann daher auch zur Gesundheitsförderung beitragen. Wichtige Aspekte sind hierbei Entsiege-
lung, privates und öffentliches Grün, Aufenthaltsqualität, angenehme Wege, Bewegungsgele-
genheiten, Förderung umweltverträglicher Nahmobilität. Dies unterstützt Bewegung und Ge-
sundheit der Einzelnen ebenso wie ökologische Qualitäten des Stadtteils. Die zahlreichen Ge-
sundheits-Dienstleister im Stadtteil können wichtige Kooperationspartner sein. Um Lebensquali-
tät in unterschiedlichen Lebenslagen – für Kinder, Jugendliche, Familien ebenso wie für das
Leben im Alter – zu fördern, ist die Weiterentwicklung des öffentlichen Raums von besonderer
Bedeutung.
¯ Bildung und Kultur in der Weststadt: Die Bildungs- und Kultureinrichtungen mit ihrem vielfäl-
tigen und teils hochwertigen Angebot sind eine große Stärke der Weststadt. Sie erleichtern die
Alltagsorganisation und tragen wesentlich zur Lebensqualität bei. Sie können auch eigene
Energiesparkonzepte entwickeln, ein besseres Nutzerverhalten vermitteln und über Bildungs-,
Kultur- und Kunstprojekte das Thema "Energie in der Weststadt" in die Öffentlichkeit und in den
Stadtraum tragen.
¯ Architektur und Denkmal: Die Weststadt hat eine interessante Industriegeschichte (u.a. frühe-
res "Millionenviertel", Uhren, Schmuck), von der trotz der schweren Kriegszerstörungen bis
heute zahlreiche Kulturdenkmäler zeugen. Diese – und der Erhalt des für den Stadtteil Typi-
schen – stellen besondere Anforderungen im Zusammenhang mit der energetischen Sanie-
rung. Im Zusammenhang mit der im Rahmenplan vorgeschlagenen In-Wert-Setzung des histo-
rischen Bestands, auch in Form von Kommunikation und Partizipation (Stadtteilspaziergänge,
Geschichtsprojekte, Einbindung der lokalen Ökonomie), könnten auch in diesem Zusammen-
hang befriedigende und beispielhafte Sanierungsbeispiele entwickelt und vermittelt werden, die
zugleich dazu beitragen, die bisher unbefriedigende Identität des Stadtteils zu stärken.
¯ Wohnen und Arbeiten in der Weststadt: Die Weststadt bietet vielfältige Potenziale für urba-
nes Wohnen und Leben für unterschiedliche Bedürfnisse und Gruppen, für neue Nutzungen
und Nutzungskombinationen. Neue Angebote können durch Modernisierung, Sanierung, Um-
bau, aber auch im Zuge von Neubau geschaffen werden, beispielsweise könnte der Messplatz
zu einem Modellprojekt für städtisches Wohnen und Arbeiten mit hohen Energiestandards und
neuen Mobilitätsformen werden.
Pforzheim-Weststadt 51
5.1 Gebäude und Gebäudehülle
Sektor Wohnen
Maßnahme 1: Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen
Maßnahme 2: Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch-
wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.
Die möglichen Maßnahmen sind stark abhängig vom Eigentümer des Gebäudes. Grundsätzlich
können folgende Verhältnisse auftreten:
a. Wohnungsunternehmen mit – in der Regel – einem größeren Wohnungsbestand
b. Investoren und Einzeleigentümer von vermietetem Wohnraum (ein Besitzer des Gebäudes)
c. Selbstgenutzter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft
d. Vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft
e. Eigentümer selbstgenutzten Wohnraums (in der Regel Einfamilienhaus, Reihenhaus).
Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind in der Regel – vor allem aber in Pforzheim – informiert
und engagiert. Sie unterliegen einem wirtschaftlichen Druck, bezahlbaren und vermietbaren Wohn-
raum zu schaffen oder zu erhalten. Energieeinsparungen kommen jedoch zunächst dem Mieter
über geringere Nebenkosten zu Gute. Der investive Aufwand muss über Mieterhöhung / Kosten-
umverteilung sowie andere Maßnahmen refinanziert werden. In den Energieforen wurde von den
Unternehmen formuliert, dass sich nicht alle Maßnahmen – einzeln für sich betrachtet – rechnen
müssen, die Mischung der Maßnahmen muss aber wirtschaftlich sein.
Ber
atun
g
För
deru
ng
Unt
erst
ützu
ng d
.d. S
tadt
Zie
l Sub
stan
zerh
alt /
Ver
bess
erun
g
Ein
zelm
aßna
hmen
(ty
p.)
Ges
amts
anie
rung
a Woh-
nungs-
unter-
nehmen
Weni-
ger
wichtig
Wichtig Sehr
wichtig
Verbes-
serung
Fenstertausch Kernsanierung,
wohnungswei-
se bei Woh-
nungstausch
b Vermie-
ter
Wichtig Wichtig Weni-
ger
wichtig
Ziel ist
i.d.R. der
Erhalt
Reparaturen Nein
c, d WEG Sehr
wichtig
Wichtig Weni-
ger
wichtig
Erhalt Reparaturen Nein
e Eigen-
tümer,
selbst-
nutzend
Sehr
wichtig
Sehr
wichtig
Wichtig Verbes-
serung
Fenstertausch,
Deckendäm-
mung, Dach-
dämmung
Bei Besitzer-
wechsel
Tab. 7 zu erwartende Maßnahmen in Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur. Quelle ebök.
Empfehlenswert ist in jedem Fall, nicht die Minimalanforderungen anzusteuern, sondern die tech-
nisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.
Fenster werden heute ausschließlich mit Wärmeschutzverglasung angeboten. Vielfach wird zwei-
fach Wärmeschutzglas mit einem Durchgangswert von 1,1 – 1,3 W/(m²K) verbaut. Marktgängig,
nur wenig teurer und daher empfehlenswert sind jedoch Fenster mit Dreifachverglasung. Hier las-
52 Pforzheim-Weststadt
sen sich bei Glaswerten von 0,6 – 0,8 W/(m²K) Fensterwerte von ca. 1 W/(m²K) erreichen. Diese
Fenster bieten nicht nur Vorteile beim Wärmeschutz: Aufgrund der hohen Oberflächen-Innen-
temperaturen im Winter wirken sich diese Fenster positiv auf die thermische Behaglichkeit aus.
Die Dämmung der obersten Geschossdecke kann leicht durchgeführt werden, wenn der Dach-
raum unbeheizt bleibt, was in der Regel bei Mehrfamilienhäusern angetroffen wird. Ist das Dachge-
schoss ausgebaut, so sind Dämmmaßnahmen häufig mit einer Dachsanierung verbunden.
Für Dachdämmungen bietet die Industrie eine Reihe von Aufdach-, Unterdach- oder Zwischen-
sparrendämmsystemen an. Übliche Dämmstärken liegen bei 20 – 30 cm.
Für Außenwände existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Dämmsysteme, die je nach Einsatz-
zweck vorteilhaft sind. Bei Mehrfamilienhäusern sind aufgrund der Fassadenhöhen Auflagen des
Brandschutzes zu beachten. Heute übliche Dämmstärken bewegen sich im Bereich von 10-16 cm
Dämmstoff zur Erfüllung der EnEV. Technisch machbar, baurechtlich zugelassen und wirtschaftlich
sind jedoch auch höhere Dämmstärken von 20-25 cm und darüber.
Die Dämmung der untersten Geschossdecke, der Kellerdecke (oder auch der Kellerwände) stellt
in jedem Fall eine einfache Maßnahme dar, deren Ausführung jedoch stark von den örtlichen Ge-
gebenheiten (Deckenhöhe, Leitungsführung usw.) abhängt.
Bei verbessertem Wärmeschutz der Gebäudeflächen sind zunehmend auch die Bauteilanschlüsse
zu beachten und gut gedämmt auszuführen. Ziel ist es, auch im Falle einer Sanierung Wärmebrü-
cken zu vermeiden, die nicht nur zu Wärmeverlusten führen, sondern auch bauphysikalische
Schäden nach sich ziehen können. Typisches Beispiel ist der Umgang mit dem vorhandenen Bal-
kon. Die Balkonplatte wurde bis in die 80er Jahre in der Regel durchbetoniert – eine im Falle der
Sanierung nicht zu akzeptierende Wärmebrücke. Es gibt nun die Möglichkeit, den Balkon (teilwei-
se) zu umdämmen oder abzuschneiden und als eigenes Bauteil vorzustellen (Abb. 43)
Abb. 43 Balkonlandschaften in der Weststadt mit vorgestellten Balkonen Quelle: ebök
Aufgrund der wichtigen Bauteilanschlüsse ist es empfehlenswert, Maßnahmenpakete anstelle von
Einzelmaßnahmen durchzuführen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) fördert die Sanierung
von Gebäuden auf die Effizienzhausniveaus in besonderer Weise (Tab. 8). Aktuelle Förderbedin-
gungen und –Konditionen sind im Internet veröffentlicht: www.kfw.de.
Pforzheim-Weststadt 53
Tab. 8 KfW Effizienzhäuser (Programme Wohnbau, privat 151, 153, 153 und 430). Stand 8/2013. Qp = Primärenergie-aufwand des Referenzgebäudes. H’T = mittlerer Transmissionskoeffizent der Gebäudehülle [EnEV 2009].
Auch Passivhäuser sind förderfähig. Der Nachweis orientiert sich beim Passivhaus nicht an der
EnEV (Bezug auf Primärenergie und damit Verknüpfung von Hülle und Haustechnik), sondern am
Nachweis des Heizwärmebedarfs von maximal 15 kWh/(m²a). Für Sanierungen existiert eine Ver-
einfachung "Sanierung mit Passivhauskomponenten" EnerPHit www.passiv.de.
Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
Maßnahme 3: Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe
Maßnahme 4: Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln.
Die Gebäude im Sektor Gewerbe zeichnen sich durch eine große Vielfalt in der Nutzung aus. Fol-
gende Nutzungen konnten identifiziert werden:
¯ Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung, z.B. Fa. Bader Versandhaus
¯ Verwaltungsgebäude mit hoher technischer Ausstattung, z.B. Fa. Meyle+Müller
¯ Produktionsgebäude, Logistik, z.B. Fa. Bader Versandhaus
¯ Verkaufsgebäude groß, z.B. Fa. Bader, Fa. Rösch Autohaus
¯ Verkaufsgebäude klein, z.B. Bäckerei Wolff, Arturo's Heimtierland, Kiosk
¯ Werkstätten, z.B. Sahan Kfz Service, Fa. Rösch Autohaus
¯ Gaststätten, z.B. Cafe-Restaurant Lims.
Generelle Aussagen lassen sich dabei am ehesten für Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstat-
tung treffen. Für diese gelten ähnliche Maßnahmen wie im Wohnungsbau. Die Nutzung ist auf-
grund der Betriebszeiten, inneren Last usw. im weitesten Sinne mit einer wohnähnlichen vergleich-
bar. Die anderen genannten Nutzungen lassen sich nicht im städtebaulichen Kontext behandeln,
da individuelle Planungskonzepte angewandt werden müssen.
54 Pforzheim-Weststadt
Sektor öffentliche Gebäude:
Maßnahme 5: Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten
Maßnahme 6: Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen.
Im Bereich öffentlicher Gebäude ist die Hauptfeuerwache in der Habermehlstr. zu nennen. Hierfür
wurden bereits in Kap. 3.2 Potenziale für das Gebäude genannt. Feuerwehren sind in der Regel
intensiv genutzt, haben einen hohen Warmwasserbedarf (Duschwarmwasser, Reinigung), sind
durchgehend beheizt (auch die Wagenhallen) und haben systematische Schwachpunkte (z.B. die
Tore für die Fahrzeuge). Bei der städtebaulichen Begehung wurden die betreffenden Punkte auch
an der Hauptfeuerwache gesehen. Eine (tiefergehende) Gebäudebegehung fand jedoch nicht statt.
Konkrete Maßnahmen an der Hülle sind in einem Individualkonzept zu behandeln. Aufgrund der
Sandwichbauweise des Gebäudes sind Dämmmaßnahmen jedoch nicht einfach auszuführen.
Das Gemeindehaus in der Frankstraße lässt sich ähnlich einer Wohnbebauung behandeln.
5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser
Maßnahme 7: Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen
Maßnahme 8: Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht.
In Kap. 3.4 wurde gezeigt, dass die im Quartier vorhandene Fernwärme auch im Vergleich mögli-
cher dezentraler Heizungssysteme sehr effizient ist. Der Einsatz erneuerbarer Energien wurde in
Kap. 2.12 diskutiert. Daher wird, wie auch im Klimaschutzkonzept, der Ausbau der Fernwärme für
die Weststadt als primäres Versorgungskonzept empfohlen. Folgende Handlungsstufen sollen in
der Weststadt (und in ganz Pforzheim) angewandt werden:
1 Ist Fernwärme vorhanden, so hat diese Vorrang vor allen anderen Versorgungsarten.
2 In verdichteten Gebieten (wie der Weststadt), in denen keine Fernwärme, aber Erdgas vorhan-
den ist, ist die Möglichkeit lokaler Kraft-Wärmekopplung (BHKW, zukünftig Brennstoffzelle) zu
prüfen. Dies ist insbesondere dann lohnenswert, wenn mehrere Gebäude zusammengefasst
werden können (Heizlast > 100 kW) und sommerlicher Warmwasserbedarf vorhanden ist.
3 Sind 1 und 2 nicht möglich, so ist der Einsatz thermischer Solaranlagen zu prüfen (Im Fall 1
und 2 sollte Solarthermie ausgeschlossen werden). Solarthermische Nutzung kann in der Regel
gut in bestehende zentrale Warmwasserbereitungen integriert werden. Die Nutzung der Dach-
flächen steht jedoch in Konkurrenz zur Photovoltaik. Die Prioritäten sind im Einzelfall zu prüfen.
4 In innerstädtischen, vor allem stark mit Verkehr belasteten Gebieten (Umweltzonen) sollte Holz
als Brennstoff nur mit neuester Filtertechnik zum Einsatz kommen, um die Feinstaubbelastung
zu minimieren. In den Außenbezirken, die aufgrund der weniger dichten Bebauung keine wirt-
schaftliche Nahwärmeversorgung bekommen können, sind effiziente Holzheizungen (z.B.
Holzpelletkessel mit Zertifikat, keine Kaminöfen, offene Kamine und dgl.) zu unterstützen.
5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort
Maßnahme 9: Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbin-
dung mit Schallschutzmaßnahmen
Im fünften Energieforum "Wohnen hört nicht an der Haustüre auf" wurden die Schlüsselthemen für
gesundes Wohnen und Wohnumfeld behandelt. In diesem Sinne wären für die Weststadt Gebäude
sowohl mit hoher Innenraumqualität als auch mit hoher Aufenthaltsqualität im Freien anzustreben.
Eine hohe Innenraumqualität wird durch thermischen Komfort und gute Luft sichergestellt. Insbe-
sondere an den durch Lärmimmission belasteten Straßen sollte Wohnungslüftung der Regelfall und
nicht die Ausnahme darstellen.
Pforzheim-Weststadt 55
5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte
Maßnahme 10: "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren
Beispiel Kaiser-Friedrich-Straße
Abb. 44 Musterhafte Sanierung Wohnhaus KF 83 Quelle: ebök
Das Zehnfamilienhaus in der Kaiser-Friedrich-Str. wurde im "laufenden Betrieb“ saniert. Das Haus
ist vermietet. Für die Umbauphase stand eine Reservewohnung zur Verfügung, die umschichtig
entweder voll oder nur die Küche/ das Bad genutzt werden konnte. Neben der Dämmung von Dach
und Außenwand wurden auch die Bäder saniert. Eine Lüftungsanlage kam nicht zum Einsatz,
aufgrund der Bäder mit Fenstern war eine mechanische Belüftung nicht zwingend notwendig. Die
Qualität des Ergebnisses ist nicht zuletzt der Fachkenntnis und dem Engagement des Bauherrn
geschuldet, der in Pforzheim ein Ingenieurbüro betreibt. Die Umbaukosten in Höhe von 260.000
Euro wurden durch Zuschüsse aus dem Sanierungsförderungsprogramm, einer Mieterhöhung und
steuerlichen Abschreibungen getragen. Durch die Energieeinsparung reduzierten sich die Neben-
kosten für die Mieter um den (erhöhten) Mietbetrag, sodass eine win-win-Situation entstand (um-
fassend saniertes Gebäude + Energieeinsparung + Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen).
Abb. 45 Ein Bad vor (links) und nach der Sanierung (rechts). Die Gasdurchlauferhitzer wurden entfernt.
Quelle BIROS Ing. Büro, Pforzheim
56 Pforzheim-Weststadt
Abb. 46 Energieausweis vor (links) und nach der Sanierung (rechts).Durch die Maßnahmen konnte der Endenergiebe-darf um ca. 63 % reduziert werden, was für eine Sanierung einen sehr guten Wert darstellt. Quelle BIROS Ing. Büro, PF
Maßnahme 11: Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren
Beispiel Güterstraße 30
Abb. 47 Musterprojekt Güterstraße 30, Bau und Grund GmbH: vorher (links), geplant (rechts) Quelle: Bau und Grund GmbH
In der Umgebung des Quartiers, am Pforzheimer Hauptbahnhof, befindet sich in der Güterstraße
30 ein Sanierungsprojekt der Bau und Grund GmbH. Es handelt sich um ein Modellvorhaben der
Deutschen Energie Agentur (dena) "Auf dem Weg zum Effizienzhaus Plus". Ziel ist eine öffentlich-
keitswirksame Vermittlung von Themen wie attraktives städtisches Wohnen, Erzeugung regenera-
tiver Energien und Nachverdichtung. Die Sanierung wird mit passivhaustauglichen Komponenten
durchgeführt. Das Gebäude wird aufgestockt und im bewohnten Zustand saniert. Herzstück ist die
neue hochwärmegedämmte Fassade mit Dreifachverglasung und integrierten Solarkollektoren auf
der Südfassade. Es wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Die Wärmever-
sorgung erfolgt über eine multivalente Wärmepumpe mit Fassadenelementen, Eisspeicher (Ab-
wasserwärmesammler) und Fortluft als Wärmequelle. Ergänzt wird das Konzept durch lokale
Windenergienutzung und Photovoltaik.
Das Konzept ist sehr gut geeignet, technische Möglichkeiten aufzuzeigen. Die hier verwendete
Wärmepumpenlösung sollte jedoch nur in Lagen konzipiert werden, für die kein Fernwärmean-
schluss zur Verfügung steht. Als äußerst wertvoll für die beteiligten Partner dürften sich auch Erfah-
rungen bei der Umsetzung ambitionierter Sanierungskonzepte (in bewohnten Zustand) erweisen.
Das Projekt verbindet anspruchsvolle Gestaltung mit technischen Innovationen und stellt somit zu
Recht ein Leuchtturmprojekt dar. Sehenswert auch der Animationsfilm zum Umbau unter
http://www.pz-news.de/videos_video,-Animationsfilm-Umbau-Wohnhochhaus-Gueterstrasse-in-
Pforzheim-_videoid,3938.html.
Pforzheim-Weststadt 57
Maßnahme 12: Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer
Energien untersuchen
Beispiel Steubenstr. / Kaiser-Friedrich-Str. in Pforzheim
Die Wohnungsunternehmen Stadtbau Pforzheim und Arlinger beabsichtigen, eine gemeinsame
Heizzentrale für die Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 zu
realisieren. Da in diesem Bereich absehbar keine Fernwärme zur Verfügung stehen wird (vgl. Kap.
2.13), könnte ein (beschränktes) Nahwärmenetz mit Kraft-Wärme-Kopplung lohnenswert sein. Die
Stadtwerke Pforzheim wurden aufgefordert, ein Contracting-Angebot abzugeben. Sollte sich die
Realisierbarkeit herausstellen, so könnte das Projekt sehr gut modellhaft für ähnliche oder noch
günstigere Situationen in der Weststadt bzw. Pforzheim sein.
Abb. 48 Ecke Hans-Sachs-Str / Steubenstraße Quelle: Weeber+Partner
In Bezug auf die zunehmend wünschenswerte dezentrale Stromversorgung im Zuge der Energie-
wende kommt der Kraft-Wärme-Kopplung (mit BHKW, zukünftig ggf. mit Brennstoffzelle) eine be-
sondere Bedeutung zu. Die Technik benötigt eine gewisse Größe, um wirtschaftlich arbeiten zu
können (größer 50-100 kWth.). Gründe hierfür sind im Wartungsaufwand für die verwendete Mo-
torentechnik und in den notwendigen Redundanzen zu finden. Zudem wird eine möglichst lange
Laufzeit (größer 4500 Volllaststunden p.a.) erwartet. Dies kann einfacher mit den Lastprofilen in
Mehrfamilienhäusern, Hotels und vor allem Schwimmbädern erreicht werden als in Einzelhaushal-
ten. Im vorliegenden Fall wäre es sicher günstiger, auch die Gebäude Steubenstr. 66, 68, 68 sowie
Kaiser-Friedrich-Str. 144, 146, 148, 150, 152 einzubeziehen. Letztere sind jedoch im Streubesitz
und folglich die Eigentümer schwerer zu motivieren. Gute Voraussetzungen für lokale Kraft-
Wärme-Kopplung bestehen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
¯ Es steht bereits ein Erdgasanschluss zur Verfügung.
¯ Eine Lastberechnung ergibt mehr als 4500 Volllaststunden p.a. Dies wird vor allem durch einen
hohen Sommerbedarf an Warmwasser erreicht (Mehrfamilienhaus mit hoher Personendichte,
Wohnheime, Hotels, Schwimmbäder).
¯ Leitungsführung zur Kopplung mehrerer Gebäude kann kostengünstig über Kellertrassen oder
durch Gärten erfolgen. Trassen mit teuren Oberflächen wie Straßen u.ä. sind ungünstig.
¯ Es steht qualifiziertes und engagiertes Personal zur Wartung zur Verfügung. Alternativ kann
auch der Contracting-Betreiber die Verantwortung übernehmen.
¯ Es kann ein hoher Eigenstromverbrauchsanteil realisiert werden. Die reine Einspeisung nach
KWK-Gesetz ist in der Regel nicht wirtschaftlich.
58 Pforzheim-Weststadt
Maßnahme 13: Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen.
Energieeffizienzprojekte unterstützen
Beispiel Nichtwohngebäude und Sonderfälle: Meyle+Müller
Für das Büro- und Produktionsgebäude der Meyle+Mülller wurden zwei Ingenieurbüros beauftragt,
alternative Energiekonzepte zu entwickeln. Das ist gleich doppelt erwähnenswert: Erstens ist die
Aufstellung eines Konzepts, das die Belange des Auftraggebers (hier: digitale Aufbereitung von
Daten, u. a. für Kataloge) mit Zielen der Energieeffizienz zusammenbringt, ein richtiger und erfolg-
versprechender Weg. Zweitens ist die Auslobung eines Wettbewerbs zweier Büros dazu geeignet,
höchst innovative und zielgerichtete Umsetzungen zu entwickeln.
Abb. 49 Bürogebäude Meyle+Müller Quelle: ebök
Das Gebäude ist aus den 60er Jahren und wurde den sich verändernden Nutzungsbedingungen
immer wieder angepasst, z.B. durch Installation einer Anzahl von Split-Kühlgeräten. Hier sollte eine
grundsätzlichere Lösung gefunden werden. Eine Besonderheit bei dem Gebäude ist das Auftreten
enorm hoher innerer Wärmequellen durch den intensiven Einsatz von EDV. Dadurch besteht trotz
der nicht mehr zeitgemäßen Gebäudehülle nur wenig Heizbedarf; größere Probleme bereitet dage-
gen die sommerliche Kühlung. Aufgrund der Arbeit mit Druckvorlagen müssen konstante und defi-
nierte Lichtverhältnisse herrschen, eine natürliche Beleuchtung ist damit ausgeschlossen.
5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz
Die Stadtbildqualitäten in der Weststadt lassen sich unter vier Aspekten beschreiben:
1 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale). Die im Untersuchungsgebiet
vorhandenen Baudenkmale sind in [Denkmalliste PF2009] gelistet.
2 Erhaltenswerte Gebäude sind ebenfalls in [Denkmalliste PF2009] aufgeführt, stehen aber nicht
unter Denkmalschutz.
3 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale ohne Schutzstatus, z.B.
- Fensterformate und Sprossen
- Lisenen und Umfassungen in den 50er Jahren
- Fensterläden
- Balkone
- Sockelgestaltung
- Dachlandschaften
4 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten
Pforzheim-Weststadt 59
Abb. 50 Baudenkmale und erhaltenswerte Gebäude
Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale)
Abb. 51 Fassade eines der wenigen Baudenkmäler im Gebiet Quelle: ebök
Denkmalschutz ist in Deutschland ein gesetzlicher Schutzstatus. Baudenkmale können außen nur
maßvoll oder überhaupt nicht verändert werden. An Sichtfassaden ist in der Regel keine Dämmung
möglich. Zur Verbesserung des Wärmeschutzes muss auf Innendämmung zurückgegriffen werden.
Innendämmung ist jedoch vergleichsweise teuer, es muss sehr auf die bauphysikalische Qualität
der Ausführung geachtet werden und zuletzt geht Wohnraum verloren. Eine generelle Vorgehens-
weise kann nicht empfohlen werden, es ist eine Prüfung im Einzelfall notwendig.
Problem: Kein Eingriff an der Fassade möglich
Lösung: Möglichkeit der Innendämmung prüfen; unkritische Bereiche wie Dächer, Keller maximal
dämmen; rückwertige Fassaden dämmen, Balkone ggf. entfernen
Fenster in originalgetreuer Teilung ersetzen.
Maßnahme 14: Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalge-
schützte Rückfassaden dämmen
60 Pforzheim-Weststadt
Erhaltenswerte Gebäude
Erhaltenswerte Gebäude genießen diesen Schutzstatus nicht in demselben Maße wie Baudenkmä-
ler. Eine Anhörung der unteren Denkmalschutzbehörde wird bei einer anstehenden Veränderung
jedoch empfohlen. Grundsätzlich unterscheidet sich jedoch der Umgang nicht vom Umgang mit
Kulturdenkmälern.
Abb. 52 Vorder- und Rückseite des Gebäudes. Die Rückseite kann gedämmt werden Quelle: Ebök
Oftmals stehen jedoch nur die straßenzugewandten Seiten unter Schutz, die rückwärtigen Fassa-
den können sehr gut gedämmt werden.
Problem: Kein Eingriff an der Fassade erwünscht
Lösung: gleiche Maßnahmen wie bei Denkmalen
Maßnahme 15: Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht
geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.
Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale
Abb. 53 Links ist das Gesimse noch vorhanden, und die Fensterumfassung tritt hinter Dämmung und Putz zurück. Die Dämmschicht genügt nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Fenster wurde bereits in den 70er / 80er Jahren ersetzt. Dabei ging auch die alte Fensterteilung verloren. Rechts eine noch typische Fassade, allerdings bereits ergänzt um einen Miniaturrollladenkasten, welcher mit dem modernen Standard-Kunststofffenster eingebaut wurde. Quelle: ebök
Pforzheim-Weststadt 61
Der Umgang mit nicht denkmalgeschützten Fassaden und deren Details ist anspruchsvoll. Auch
hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Schutzcharakter eine aufwändige Innendämmung
rechtfertigt, auch wenn diese aus architektonischer Sicht vielleicht wünschenswert wäre. Lisenen
und Umrandungen werden in der Regel überdämmt oder treten hinter die Vorderkante der Däm-
mung zurück. Dies stellt übrigens auch wärmetechnisch keine ideale Situation dar, da Wärmebrü-
cken verbleiben. Umfassungen sollten besser entfernt werden und nicht als Anschlag der Wärme-
dämmung dienen. Eine mögliche aber teure Lösung wäre, Lisenen und Umfassungen wieder origi-
nalähnlich auf der Dämmung zu rekonstruieren. Weniger befriedigend ist es, die Originallage durch
Farbe oder einen kleinen Einschnitt anzudeuten. Fensterformate können und sollen jedoch auch
bei einer Erneuerung weitgehend erhalten bleiben. Die Industrie bietet hier eine breite Palette von
zeitgemäßen Lösungen an, die auch ästhetische Wünsche (schlanke Profile, Sprossen) befriedi-
gen.
Abb. 54 Typische Gesimse, Gewände und Lisenen, Fensterläden und Umfassungen prägen die Fassaden Quelle: ebök
Problem: Eingriffe an Fassade verändern Details und Proportionen
Lösung: Innendämmung prüfen
Veränderung der Proportionen bei großen Gebäuden nachrangig. Prüfen, ob hochwerti-
ger Dämmstoff mit geringerer Aufbaustärke eingesetzt werden kann
Lisenen und Gesimse sowie Umfassungen wieder herstellen oder durch Farbelemente
und/oder Einkerbungen betonen
Fensterläden erneuern und wärmebrückenarm montieren
An Details wie Vordächern, Anschlüssen usw. proportionsgerecht arbeiten
Originale Putzstrukturen und Farben verwenden
Fenster und Türen in originalgetreuer Teilung ersetzen.
Maßnahme 16: Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus)
exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und
Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen
und Türen originalgetreu oder passend erneuern.
62 Pforzheim-Weststadt
Abb. 55 Die originale Tür ist bereits durch eine Standard-Aluminiumtür mit sehr schlechtem Wärmeschutz ersetzt worden. Die Umfassung der Tür tritt auch hier hinter die Wärmedämmung zurück. Die Fenster sind Standard-Kunststofffenster mit Aluminium-Fensterbänken. Hier wurde weder der ursprüngliche Charakter erhalten, noch ein mo-derner Stil geprägt Quelle: Weeber+Partner
Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten
Es ist wünschenswert, dass Baudetails bestehen bleiben, die auch stadtbildprägend sind. Teilweise
sind das nicht die großen Formate der Gebäude, sondern Details an Fassaden und im Stadtbild.
Hier sind alle Beteiligten gefordert, die Details auch über eine Sanierung hinaus zu retten.
Abb. 56 Details aus verschiedenen Jahrzehnten … Quelle: ebök
Problem: Baudetails verschwinden
Lösung: Details auch bei einer Sanierung erhalten.
Maßnahme 17: Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich
Pforzheim-Weststadt 63
Konflikte bei Wärmeschutzmaßnahmen
Werden Dämmschichten angebracht, so wird dafür Raum gebraucht. Das kann zu Konflikten füh-
ren, die aus technischer und gestalterischer Sicht in der Regel zufriedenstellend gelöst werden
können:
Problem: Überschreitung von Baugrenzen und Baulinien
Die Dämmung ragt in den öffentlichen Straßenraum
Die Dämmung steht in Konflikt mit Masten, Telefonverteilern und Ähnlichem
Am Anschluss zweier Gebäude
Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe bei Dachdämmung
Lösung: Hochwertigere Dämmstoffe benötigen weniger Raum
Dämmschichten lassen sich durch Aussparungen etc. anpassen
Bei Versprüngen etc. kann ein Anschluss gefunden werden.
Maßnahme 18: Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermögli-
chen
Werden durch die Anbringung von Dämmschichten baurechtliche Einschränkungen (Baulinie, Bau-
grenze, Firsthöhe, öffentlicher Raum) tangiert, so muss die Stadtplanung und Baugenehmigungs-
behörde per Satzungsbeschluss oder Ausnahmegenehmigung auf die notwendigen Maßnahmen
reagieren, z.B. indem Überschreitungen bis zu einer Maximalgröße generell zugelassen werden.
Abb. 57 Die Dämmung der Außenwand ragt in den Straßenraum hinein, im rechten Bild an der einen Giebelwand deutlich schwächer als an der anderen. Die Dämmung steht auch in Konflikt mit dem Telefonverteiler sowie dem (im Bild nicht sichtbaren) engen Bürgersteig. Es wäre möglich gewesen, die Dämmung im Bereich der Laufwege und des Vertei-lers abzusetzen und so große Teile der Wand stärker zu dämmen Quelle: ebök
5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume
Eine "integrierte" Betrachtungs- und Arbeitsweise bedeutet, weit über den Tellerrand der Fachdis-
ziplinen wie Stadtplanung, Architektur und Energieplanung hinauszuschauen und neue Synergien
durch Information, Austausch und Zusammenarbeit zu erschließen. Beim Integrierten Quartiers-
konzept geht es nicht nur um Klimaschutz, Energieeinsparung und Energieeffizienz, sondern
gleichermaßen auch um die dringliche Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität. Es geht beim
Klimaschutz nicht nur – wie in der öffentlichen Diskussion häufig – um den Bereich Wohnen, son-
dern auch um Mobilität in allen Formen und um Gewerbe. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine
Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. So sind kurze Wege ein wichtiger Bestand-
teil der hier genannten Handlungsfelder und auch Gesundheit im Zusammenhang mit den Folgen
des Klimawandels.
64 Pforzheim-Weststadt
Die Qualität der öffentlichen Freiräume im Untersuchungsgebiet ist stark verbesserungswürdig.
Davon sind sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch die vielen Beschäftigten in der
Weststadt betroffen. Somit sind qualitätsvolle Freiräume auch als Standortfaktor für das Gewerbe
zu sehen, beispielsweise als angenehmes Arbeitsumfeld mit attraktiven Pausenmöglichkeiten. Um
sowohl die Fußwegeverbindungen zu stärken und zu verbessern als auch die Erholungsräume
auszubauen bzw. die bestehenden besser erlebbar zu machen, werden folgende Maßnahmen
vorgeschlagen:
Maßnahme 19: Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen
Hierzu zählen von West nach Ost die Hans-Sachs-Straße, die Erasmusstraße, die Merianstraße
und die Maystraße. Die Hans-Sachs-Straße sollte mehr Fläche für Fußgänger und deutlich weniger
für den Autoverkehr erhalten, außerdem eine großzügigere fußgängerfreundliche Querungsmög-
lichkeit der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der Habermehlstraße, insbesondere zur Anbin-
dung der Fritz-Erler-Schule. Die anderen drei Straßen sollten mit Grün (v.a. Bäume) und weniger
Parkierungsflächen einladender für die Fußgänger werden mit einem Schwerpunkt in der Eras-
musstraße, siehe nächsten Punkt.
Abb. 58 Verknüpfungen, Fußwegeverbindungen und Erholungsräume Quelle: Weeber+Partner
Maßnahme 20: Gestaltungsschwerpunkt setzen: Von Maihälden zur Enz
Als Gegengewicht zu den starken Ost-West-Verbindungen in der Weststadt wird eine neu zu ge-
staltende Nord-Süd-Achse zwischen der S-Bahnhaltestelle Maihälden und der Enz vorgeschla-
gen. Den Schwerpunkt dabei bildet der kleine Platz zwischen der Kirche St. Antonius und der 50er-
Jahre-Zeile mit Café und Trödelladen im Erdgeschoss. Mit Hilfe eines durchgehenden Platzbelags
und der Sicherung der den öffentlichen Raum prägenden 50er-Jahre-Fassade über Denkmalschutz
könnte das relativ ruhige und "verträumte" Flair unterstützt werden. Der kleine Platz bietet das
Potenzial für einen identitätsstiftenden und kommunikativen Ort für die Weststadt. Die neue Achse
würde dann der Treppe in der Erasmusstraße folgen. An der Querung der Westlichen Karl-
Friedrich-Straße würde ein weiterer gestalterischer Schwerpunkt folgen im Zusammenhang mit
dem bestehenden Pavillon (Begegnung, Treff, Identität, Nahversorgung), einer Aufweitung der
Fußgängerfläche und einer deutlichen Einschnürung der Fahrbahn. Die weiterführende Erasmus-
straße sollte mit Grün (v.a. Bäume) und weniger Parkierungsflächen einladender werden. Für die
gefahrlose Querung der Habermehlstraße in Richtung Enzauen ist eine Fußgängerampel unab-
dinglich.
Pforzheim-Weststadt 65
Maßnahme 21: Westliche Karl-Friedrich-Str. Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen
Um die Westliche Karl-Friedrich-Straße für Fußgänger attraktiver zu machen, ist mehr Distanz
zur Fahrbahn erforderlich, beispielsweise durch Begrünung und Bäume (vgl. gutes Beispiel Maxi-
milianstraße). Die Verkehrsflächen für die Fahrbahnen sind deutlich überdimensioniert und können
auf das erforderliche Maß für zwei Fahrstreifen zuzüglich je einen ausgewiesenen Fahrradfahrstrei-
fen reduziert werden. Es wäre auch zu prüfen, ob die Zahl der Stellplätze deutlich reduziert und
stattdessen Bäume gepflanzt werden können. Auch die Querungsmöglichkeiten sollten deutlich
verbessert werden, beispielsweise im Zusammenhang mit großzügigeren Vorbereichen an den
Pavillons. In diese Überlegungen sind auch die Radwege einzuplanen.
Abb. 59 Neuordnung und -gestaltung der Westlichen Karl-Friedrich-Straße mit Radwegen, Bäumen und Aufweitung des Fußgängerbereichs vor dem Pavillon mit ausgewiesener Fußgängerquerung im Bereich der Erasmusstraße Quelle: Weeber+Partner
Maßnahme 22: Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen
Wichtig ist der Erhalt und die weitere Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums der
Enzauen, doch sind auch einzelne, sensibel auszuführende Öffnungen zum Wohnen und zum
Straßenraum hin zu empfehlen. Hierzu zählen besonders eine Öffnung zur Steubenstraße hin
durch Beschnitt der Gehölzriegel, eine gestaltete Anbindung der bestehenden Fußwege an die
Uferwege und neue Sitzgelegenheiten, ohne dabei die Oberflächen mehr als unbedingt erforderlich
zu versiegeln. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche zwischen Naturschutz und Freizeitan-
spruch harmonisiert werden und die Maßnahmen mit dem bestehenden Bebauungsplan im Rah-
men der Ausgleichsplanung abgestimmt werden.
Maßnahme 23: Blockinnenbereiche aufwerten
Die in der Nachkriegszeit zwischen Habermehl- und Westlicher Karl-Friedrich-Straße entstandenen
geschlossenen Blockränder zeigen in ihrer Mischung aus gewerblicher und Wohnbebauung noch
etwas von der ursprünglichen Industriegeschichte, wirken aber heute eher ungeordnet und wenig
qualitätsvoll. Der besonders hohe Versiegelungsgrad und die Nutzung der Hinterhöfe zur Parkie-
rung mindern die Wohnqualität und führen zu einem ungünstigen Mikroklima mit Wärmeinseln.
Folgende Strategie wird vorgeschlagen:
¯ Erarbeitung eines städtebaulichen Leitbilds für die Entwicklung dieser Art von Blockrandbe-
bauungen in der Weststadt. Wichtig dabei ist es auch, die Geschichte der Industrieentwicklung
zu erhalten oder neu erlebbar zu machen, um die bislang geringe Identität herauszuarbeiten.
66 Pforzheim-Weststadt
Dazu zählen bauliche Details genauso wie die städtebauliche Struktur der besonderen Mi-
schung aus Arbeiten und Wohnen. Die Sammlung und Kommunikation von guten Beispielen
qualitätsvoller Höfe kann hierfür eine gute Hilfe sein.
¯ Die Blöcke zwischen Hans-Sachs-Straße und Merianstraße im Rahmen des bestehenden So-
ziale Stadt-Sanierungsgebietes als Gebiet mit "investiver Förderung" ausweisen (also über
die steuerrechtliche Förderung hinaus), um finanzielle Anreize für die Eigentümer zu schaffen.
¯ Bei Mindernutzungen einzelner Grundstücke (beispielsweise geringe Geschosszahl oder
Baulücken) sollte der Kontakt zu den Eigentümern aufgebaut werden, um ihnen Möglichkeiten
aufzuzeigen, im Rahmen des bestehenden Baurechts gestalterisch hochwertig zu bauen und
dann im Fall von umfangreicheren Sanierungen oder Neubebauungen auch die Hinterhöfe auf-
zuwerten oder ganz zu entsiegeln und zu begrünen.
¯ Die gemischte Struktur der Baublöcke sollte im Rahmen der Bauleitplanung erhalten und
gestärkt werden, allerdings ist die Auslegung oder auch die Ausnutzung des bestehenden Bau-
rechts bzw. der Satzungen zu prüfen, um einen "Wildwuchs" wie im Hinterhof der Erasmusstra-
ße 6 zu verhindern.
5.7 Mobilität
Die Weststadt ist geprägt von hoher Verkehrsbelastung. Auch wenn eine signifikante Minderung
nur durch gesamtstädtische Maßnahmen zu erreichen ist, sind im Untersuchungsgebiet trotzdem
Veränderungen möglich und dringend anzuraten, um die Wohn- und Aufenthaltsqualitäten für die
jetzigen und künftigen Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Damit lässt sich zugleich die
Umsetzung des gesamtstädtischen Verkehrskonzepts unterstützen.
Maßnahme 24: Mobilitätskonzept erstellen
Für die Weiterentwicklung des Stadtteils ist ein Mobilitätskonzept erforderlich, das den ÖPNV,
das Autofahren, den ruhenden Verkehr, den Ausbau alternativer Mobilitätsformen (beispielsweise
Elektromobilität und Carsharing), die Unterstützung der Fahrradnutzung und die Verbesserung der
Fußwege in einen Zusammenhang bringt, auch im Hinblick auf kurze Wege zur Unterstützung der
täglichen Nahversorgung. In diesem Zusammenhang sind auch die Verbindungen zu den groß-
räumigen Verkehrsströmen zu überprüfen, um mögliche Schwerpunkte für den Durchgangsverkehr
zu optimieren und als Ausgleich andere deutlich zu erleichtern. Auch der Quell- und Zielverkehr der
großen Gewerbebetriebe im Stadtteil und der Einfluss der Parkmöglichkeiten auf dem Messplatz
auf die Verkehrserzeugung sollten genau untersucht werden. Neben einer Aufwertung der Straßen-
räume und Wege zugunsten von Nahmobilität, zu Fuß Gehen, Radfahren und mehr Grün (vgl.
oben "Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume") sollten folgende Aspekte in das Mobilitätskon-
zept einfließen:
¯ Im Untersuchungsgebiet fehlen Nord-Süd-Verbindungen im öffentlichen Personennahver-
kehr (ÖPNV), insbesondere zur Anbindung des Bereiches Westliche Karl-Friedrich-Straße,
Messplatz und Kaiser-Friedrich-Straße an den Bahnhaltepunkt Maihälden und weiter in den
Norden der Weststadt. Es ist zu prüfen, ob die Buslinienführung durch eine ergänzende Ver-
bindung zwischen den Haltestellen Fritz-Erler-Schule und Kochstraße angepasst werden kann.
¯ Carsharing – die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines Autos in der Stadt – gibt es in
Pforzheim durch die Unternehmensgruppe stadtmobil bereits, allerdings liegen die Standorte
mindestens 500 Meter, die meisten über einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es
ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt möglich sind und welche Rah-
menbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch
im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Eine gute Lösung für die Auslastung
der Teilautos ist auch die gemeinsame und wechselseitige Nutzung zu verschiedenen Tages-
zeiten, beispielsweise tagsüber – wie bereits bislang möglich – durch städtische Beschäftigte
und außerhalb der Geschäftszeiten durch Private. Das nahe gelegene Karlsruhe kann ein gutes
Pforzheim-Weststadt 67
Beispiel sein, denn die Stadt ist bundesweit die "Carsharing-Hauptstadt" und hat die meisten
geteilten Autos pro Einwohner (1,8 Autos pro 1000 EW, der Bundesschnitt liegt bei 0,1, laut
Bundesverband Carsharing, http://www.carsharing.de/presse/pressemitteilungen/carsharing-
staedtevergleich-karlsruhe-weiterhin-carsharing-hauptstadt)
¯ Alle Ladestationen für Elektroautos in Pforzheim liegen mindestens einen Kilometer vom Un-
tersuchungsgebiet entfernt. Es ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt
möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt wer-
den können, insbesondere auch im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Da-
bei sind auch technische Erfordernisse mit zu beachten, beispielsweise die Effizienz von Elek-
tromobilität in Abhängigkeit von der Art der Stromerzeugung, also möglichst den Strom vor Ort
und selbst zu erzeugen.
¯ Generell ist es wichtig, nicht nur an die Bewohner, sondern auch an die vielen Beschäftigten in
der Weststadt zu denken. Hier sollten die Unternehmen hinsichtlich eines betrieblichen Mobi-
litätsmanagements beraten und unterstützt werden. Es geht darum, den betriebsbedingten
Verkehr – der Pendlerverkehr und die Geschäfts- und Transportfahrten – kosteneffizienter und
umweltverträglicher zu gestalten. Ein Maßnahmenkonzept beinhaltet beispielsweise die Einfüh-
rung eines Jobtickets für den ÖPNV oder die Optimierung der betrieblichen Verkehrswege.
¯ Ein Mobilitätskonzept soll vor allem eine Vielzahl von Verbundlösungen unterstützen. Es wird
zunehmend wichtiger, tages-, wetter- und ziel-abhängig verschiedene Mobilitätsformen wie
ÖPNV, Carsharing oder Fahrrad miteinander zu kombinieren. Hierfür ist es wichtig, mobile In-
formationen zur Verfügung zu stellen ("smarte Mobilität") und finanziell durch gemeinsame Tari-
fe attraktiv zu machen.
Maßnahme 25: Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen
Abb. 60 Bestehende und mögliche neue Routenführungen für Radfahrer Quelle: Weeber+Partner
Im Untersuchungsgebiet und in der Weststadt insgesamt fehlen attraktive und gefahrlose Nord-
Süd-Verbindungen. Um die Fahrradnutzung im Untersuchungsgebiet und für die gesamte Stadt
Pforzheim attraktiver zu machen, wird vorgeschlagen, eine neue Route auszubauen (rote durch-
gezogene Linie in Abb. 56) als Verbindung zwischen Maihälden und der Südweststadt. Von Mai-
hälden kommend kann die S-Bahnstation angebunden werden, dann die Fritz-Erler-Schule und
68 Pforzheim-Weststadt
weiter der Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr. Die weitere Verbindung zur Südweststadt kann
entlang der Enz und dann ansteigend über die Bohrainstraße erfolgen.
Die beiden Knotenpunkte Westliche Karl-Friedrich-Straße / Hans-Sachs-Straße / Antoniusstraße
und Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße müssen dazu deutlich fahrradfreundlicher umgestaltet
werden, da sie jetzt schon ein hohes Gefahrenpotenzial bergen und allein die Ausweisung eines
Fahrradstreifens im parallelen Bus- und PKW-Verkehr voraussichtlich nicht die erforderliche Si-
cherheit bietet, insbesondere nicht für Schüler. Im Rahmen eines Verkehrskonzeptes ist zu prüfen,
ob für den Knotenpunkt Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße eine oberirdische Querung mit
Fahrradampeln zielführender wäre oder eine Anbindung an die Fahrradunterführung mit kleinem
Umweg (rote gestrichelte Linie in Abb. 53). Falls erforderlich, könnte durch den Wegfall der Park-
plätze entlang der Hans-Sachs-Straße vor der Fritz-Erler-Schule eine ausreichende Fahrbahnbreite
für einen zusätzlichen Fahrradstreifen erreicht werden.
Maßnahme 26: Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen
Im Hinblick auf eine möglichst flexible Wahl der Mobilitätsmittel innerhalb der Stadt haben Leih-
fahrräder eine große Bedeutung. Wenn Pforzheim sich für ein stadtweites Netz an Leihstationen
entscheidet, sind mögliche Standorte in der Weststadt der S-Bahn-Halt Maihälden, der Platz vor
der Kirche St. Antonius und der Messplatz, sofern er baulich entwickelt wird. Neben "normalen"
Leihfahrrädern sollten dann auch E-Bikes zur Verfügung stehen aufgrund der bewegten Topografie
und für Menschen mit eingeschränkter Fitness.
5.8 Stadtklima
Die Freiräume und ihre Benutzungsqualität sind entscheidend für das Wohlbefinden der Bewohne-
rinnen und Bewohner in der Weststadt. Diese Qualität wird maßgeblich auch vom Stadtklima be-
einflusst, das sich aus dem Zusammenspiel von gebauter Stadt und der sie durchdringenden Luft
mit Temperatur, Feuchte und Bewegungsgeschwindigkeit ergibt. Das Untersuchungsgebiet wird
von mehreren Hitzeinseln stark belastet, weshalb großer Handlungsbedarf besteht, insbesondere
im Bereich des Messplatzes. Der Klimawandel mit steigender mittlerer Jahrestemperatur, einer
höheren Zahl von Hitzetagen und Extremereignissen wie Starkregen und Hochwasser erfordert
eine eigene Anpassungsstrategie.
Maßnahme 27: Hitzeinseln in den Hinterhöfen entschärfen: Grünanteil erhöhen
Die Hinterhöfe der Blockrandbebauungen haben einen besonders hohen Versiegelungsgrad und
bedürfen einer besonderen Strategie, vergleiche Maßnahme 23: "Blockinnenbereiche aufwerten".
Diese Strategie muss auch einen Fokus auf die Erhöhung des Grünanteils legen, sowohl an schat-
tenspendenden Bäumen als auch an Grünflächen zur Pufferung des Regenwassers und für Ver-
dunstungskälte. Hinzu kommt die Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung im Rahmen der
Bauleitplanung und der Förderkriterien bei Sanierungsmaßnahmen. Neben Regenwasserpufferung
und Verdunstungskälte verringert sie auch die Wärmeabstrahlung der Gebäude.
Maßnahme 28: Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten
Sowohl für den Stadtteil als auch gesamtstädtisch von großer Bedeutung ist das Freihalten der
Kaltluftbahnen entlang der Enz und der sie speisenden Flächen Rod und Brötzinger Waldwiesen.
Hinzu kommt der Aufbau zusammenhängender Freiraumstrukturen mit schattenspendenden Bäu-
men und weiteren Grünflächen mit Wasserflächen und durchfeuchteten Flächen für Verdunstungs-
kälte. Der bislang komplett versiegelte Messplatz und die angrenzenden Enzauen bieten das größ-
te Potenzial dazu. Die Komplexität erfordert ein eigenes Fachgutachten, das Ziele für die Stadtent-
wicklung in Bezug auf das Stadtklima formuliert.
Pforzheim-Weststadt 69
5.9 Bebauung Messplatz
Maßnahme 29: Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz
erarbeiten
Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit seiner attraktiven
Lage an der Enz und der zentralen Lage in der Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus.
Der Messplatz stellt ein städtebauliches Vakuum in der Weststadt dar, das stadträumliche Verbin-
dungen unterbricht und die Entwicklung des Stadtteils hin zu einem attraktiven Wohn-, Lebens- und
Arbeitsstandort stark behindert. Eine Bebauung und damit eine neue Nutzung würde der gesamten
Weststadt zugute kommen, denn eine Vielzahl der in Kapitel 3 beschriebenen Defizite und Mängel
des Untersuchungsgebietes und der Gesamt-Weststadt könnten durch eine neue Nutzung deutlich
verringert oder ganz behoben werden. Ohne die Entwicklung des Messplatzes sind eine Reihe von
Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des Untersuchungsgebietes möglich (beispielsweise Rad-
und Fußwege), aber erst durch die Umnutzung würde ein nachhaltiges "Heilen" und Zusammen-
wachsen des gesamten Stadtteils Weststadt möglich werden. Von großer Wichtigkeit ist es, für den
Messplatz ein langfristiges städtebauliches Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das auf die nach-
folgend genannten Entwicklungspotenziale eingeht.
Maßnahme 30: Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen:
neue Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung,
Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme
Entwicklungspotenzial Wohnen
Die Größe des Messplatzes bietet die Chance, nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche
Wohnformen zu realisieren – auch in modellhafter Form –, die sich gegenseitig befruchten können.
Es gilt, ein differenziertes Wohnangebot für unterschiedliche Zielgruppen wie Familien, Studenten,
Ältere und Menschen mit viel oder wenig Einkommen zu schaffen. Kurze Wege und gute Erreich-
barkeiten, neue Mobilitätsformen, Wohnen und Arbeiten, Generationenwohnen und Baugemein-
schaften sind weitere Möglichkeiten für das Wohnen in der Stadt, die modellhaft auf dem Messplatz
entwickelt werden könnten. Besonders wichtig ist die Einbeziehung der Enz bei der Entwicklung
des Geländes. "Wohnen und Arbeiten am Wasser" mit einer besonders guten Gestaltung der Au-
ßenbereiche kann als Motto für die Entwicklung des Gebiets stehen.
Entwicklungspotenzial Einzelhandel und Gewerbe
Im Vergleich zu einem reinen Wohngebiet ist die Nahversorgung im Untersuchungsgebiet nicht
völlig unbefriedigend, denn viele kleinere Anbieter erlauben die Möglichkeit, sich mit dem Nötigsten
und auch mit Frischem zu versorgen. Allerdings fehlt ein reichhaltiges Angebot, vergleichbar mit
einem Vollsortimenter, denn die kleinen Geschäfte haben teilweise nur ein begrenztes Angebot für
einen eingeschränkten Kundenkreis. Allein die Erhöhung der Anzahl der Bewohner im Stadtteil
durch die Bebauung des Messplatzes wird zu einer deutlichen Erhöhung der Kaufkraftdichte in der
Weststadt führen und voraussichtlich ein oder mehrere Einzelhandelsgeschäfte wirtschaftlich trag-
bar machen. Es ist auch zu prüfen – beispielsweise mit Hilfe eines Einzelhandels- und Zentrenkon-
zept, ob bei einer baulichen Entwicklung des Messplatzes sogar ein Vollsortimenter angesiedelt
werden kann. Als heutige und zukünftige Kunden sind nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner
der Weststadt zu bedenken, sondern auch die hier Beschäftigten.
Entwicklungspotenzial Stadtraum-Verknüpfungen und Zentrenbildung
Durch eine Bebauung des Messplatzes mit räumlichen Bezügen und Wegeverbindungen in die
Weststadt und die Südweststadt bietet sich die Chance, die nördlich und südlich gelegenen Wohn-
gebiete neu zu verknüpfen und an die hochwertigen Freiräume an Enz anzubinden. Die Stadt kann
an dieser Stelle "heilen" und zusammenwachsen, und der Messplatz bietet die Chance, mittel- bis
langfristig die neue Mitte der Weststadt zu werden. Eine Neubebauung darf sich nicht abgrenzen
und einen eigenen Stadtteil im Stadtteil bilden.
70 Pforzheim-Weststadt
Entwicklungspotenzial Enzauen
Neues Wohnen auf dem Messplatz wird in Verbindung mit Wasser besonders attraktiv. Gleichzeitig
laden die Enzauen die Pforzheimerinnen und Pforzheimer als Naherholungsflächen zum Spazier-
gang und Ausruhen ein. Eine neue Gestaltung der Uferbereiche mit breiten Grün- und Platzflächen
kann sowohl den neu hier Wohnenden als auch allen in Pforzheim vielfältige Möglichkeiten bieten.
Entwicklungspotenzial zukunftsgerichtete Mobilität
Das neue Wohnquartier könnte modellhaft für neue, zukunftsgerichtete Mobilität stehen. Innen-
stadtnahes Wohnen ohne eigenes Auto, aber mit einem vielfältigen Mobilitätsangebot aus Carsha-
ring (bislang fehlen Carsharing-Standorte in der Weststadt), ÖPNV, Radwegen und Leihfahrrädern
kann vorbildlich für die gesamte Stadt sein. Das Fahrrad als kurze Verbindung in die Innenstadt
kann auch in Zusammenhang mit dem Enztalradweg besonders attraktiv sein, auch im Hinblick auf
den lokalen bis überregionalen Fahrrad-Tourismus für Einzelhandel und Gastronomie. Eine Elekt-
ro-Tankstelle oder E-Bikes könnten dem neuen Quartier in der Weststadt auch über die Stadtteil-
grenzen hinaus Aufmerksamkeit verschaffen.
Entwicklungspotenzial Stadtklima
Aufgrund der heute großen versiegelten Fläche entwickelt sich besonders an Sommertagen ein
Hitzestau über dem Messplatz. Durch Dachbegrünung, viel Grün in den Freiflächen, eine Aufwei-
tung der Enzauen und eine Bebauung, die für die Kaltluftströme entlang des Enztals durchlässig
bleibt, kann der Wärmeinsel-Effekt deutlich gemindert werden.
Entwicklungspotenzial Fernwärme
Die Wärmebedarfs- bzw. Verbrauchsdichte im Untersuchungsgebiet ist im heutigen Zustand aus-
reichend für den wirtschaftlichen Betrieb der Fernwärmeversorgung (vgl. Abb. 31). Mit zunehmen-
der Verbesserung des Wärmeschutzes reduziert sich der Wärmebedarf der Gebäude, wobei nach
heutigem Kenntnisstand auch zukünftig ein wirtschaftlicher Betrieb in der Weststadt möglich ist. Ein
Teil des Fehlbetrags kann durch die Nachverdichtung im Bereich des Messplatzes sinnvoll ausge-
glichen werden. Es ist davon auszugehen, dass es sinnvoll ist, die Neubebauung ebenfalls mit
Fernwärme zu versorgen.
Abb. 61 Entwicklungspotenzial Wahrnehmung: Temporäre Aufwertungen
Quelle: Weeber+Partner, Rahmenplan Weststadt, 2011
Kurzfristige Aufwertungen: Entwicklungspotenzial Wahrnehmung
Bereits im Schlussbericht "Rahmenplan Weststadt" wurden neben einer mittel- bis langfristigen
attraktiven Wohnnutzung auch Vorschläge für eine kurzfristige Aufwertung im Bestand gemacht.
(vgl. Rahmenplanung Weststadt, Kap. 3.4.2) Durch Gestaltung und Veränderungen des Belags,
Aufwertungen des Uferbereichs und temporäre Nutzungen (Gastronomie, Kunst, Märkte, Sport)
kann die bislang unattraktive Fläche neu und anders in Erscheinung treten und in Schritten zuneh-
mend als attraktiver städtischer Raum wahrgenommen werden.
Kurzfristige Aufwertungen
Pforzheim-Weststadt 71
Maßnahme 31: Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren
Studenten des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Architektur am Institut Entwer-
fen von Stadt und Landschaft bei Professor Bava, haben sich mit der städtebaulichen Entwicklung
des Messplatzes in der Weststadt auseinandergesetzt und im Wintersemester 2012/2013 hierzu
verschiedene Entwürfe für das "Neue Wohnen an der Enz" erarbeitet, die im Sommer 2013 im
Rathaus Pforzheim ausgestellt waren. Die folgenden drei Arbeiten wurden stellvertretend für die
insgesamt zehn verschiedenen Entwürfe ausgewählt. Sie zeigen unterschiedliche und interessante
Lösungen für eine mögliche Bebauung auf, sie stellen aber längst noch nicht die ganze Spannweite
der Entwicklungsmöglichkeiten für den Messplatz dar. Die drei Studienarbeiten werden hier in ihrer
Bedeutung für die Entwicklung der Weststadt diskutiert.
Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser
Abb. 62 Schematische Darstellung des Entwurfs Graf/Moser, eigene Darstellung
Abb. 63 Entwurf Graf/ Moser: Gestaltungsvorschlag Enzauen
Der Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser zeichnet sich durch einen Wechsel von unter-
schiedlich großen Blockrandbebauungen mit dazwischen gesetzten niedrigeren Solitären aus. Die
Neubebauung nimmt die Maßstäblichkeit des angrenzenden Gebiets zwischen Habermehl- und
Karl-Friedrich-Straße auf, außerdem die bestehenden Straßenachsen und schafft auch neue
Sichtbeziehungen zur Enz hin. In dieser Bebauungsform lässt sich eine Mischung aus Wohn-,
gewerblicher und öffentlicher Nutzung gut vorstellen und ein allmähliches Zusammenwachsen mit
dem Bestand. Die geschlossenen Blöcke trennen klar zwischen privat und öffentlich und bieten
Entwicklungsmöglichkeiten für die Innenhöfe. Zur Enz hin entsteht eine breite Freifläche mit einem
weit ausschwingenden Uferbereich, der vielfältige Freiräume für Freizeit und Naherholung bietet –
nicht nur für die Neubebauung, auch für den gesamten Stadtteil.
72 Pforzheim-Weststadt
Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz
Abb. 64 schematische Darstellung des Entwurfs Platten/Schmitz, eigene Darstellung
Abb. 65 Entwurf Platten/Schmitz: Innenhöfe und großzügig angelegter Uferbereich an der Enz
Der Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz bildet eine starke Raumkante entlang der
Habermehlstraße. Dies schirmt den Verkehrslärm ab, erschwert aber auch ein stadträumliches
Zusammenwachsen mit dem nördlich angrenzenden Bestand. Der entstehende Straßenraum mit
seinen angrenzenden Erdgeschossflächen ist wahrscheinlich nur eindimensional für den Verkehr
zu optimieren, nicht aber auch qualitätsvoll für Fußgänger, Einzelhandel oder Wohnen.
Als Ausgleich zum geschlossenen Auftreten an der Habermehlstraße öffnen sich die Baublöcke zur
Enz hin, lockern auf und halten großen Abstand zugunsten einer breiten Uferzone. Diese bietet
großzügige Naherholungsflächen nicht nur für die Neubebauung, sondern auch für den gesamten
Stadtteil. Der breite Grünraum wird durch eine großzügige Freitreppe an der Fußgängerbrücke zur
Südweststadt unterbrochen.
Pforzheim-Weststadt 73
Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele
Abb. 66 schematische Darstellung des Entwurfs Dettmer/Eisele, eigene Darstellung
Abb. 67 Entwurf Dettmer/Eisele: Vogelperspektive, Freitreppe an der Enz
Der Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele erreicht eine besonders hohe Ausnutzung der
Messplatzfläche mit durchweg städtischer oder sogar großstädtischer Bebauung und hoher Dichte.
Wie der vorige Entwurf grenzt sich die Neubebauung durch eine hohe Raumkante gegenüber der
Habermehlstraße und dem nördlich angrenzenden Bestand ab, was ein Zusammenwachsen er-
schwert und einen eindimensionalen nur auf den Verkehr hin optimierten Straßenraum erzeugt.
Eine interessante Überlegung stellt die Uferpromenade mit urbanem Gepräge dar, in der Einzel-
handel, Gastronomie und Büros gut vorstellbar sind, sofern sich an dieser Position in der Gesamt-
stadt ein neuer Standort wirtschaftlich darstellen lässt. Der Entwurf verzichtet zugunsten von attrak-
tiv gelegenen Einzel- und Doppelhäusern an der Enz auf eine großzügigere Uferzone.
74 Pforzheim-Weststadt
5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit
Die energetische Stadtsanierung berührt die Interessen vieler und kann nur gelingen, wenn die
wichtigen Akteure in die Konzept- und Umsetzungsarbeit eingebunden sind, selbst aktiv werden
und so weit wie möglich am selben Strang ziehen. Die in der Konzeptphase begonnene Zusam-
menarbeit mit verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung, mit Wohnungsunternehmen, Stadtwer-
ken, Gewerbetreibenden und weiteren war fruchtbar und sollte in dieser Form unbedingt weiter
verfolgt werden. Dabei kommt der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Rolle zu.
Auch wenn die Stadt auf die Zusammenarbeit und die Unterstützung durch die unterschiedlichen
Akteure angewiesen ist, bleibt ihre Rolle die entscheidende bei der energetischen Stadtsanierung.
Die Initiierung, Koordination und Vermittlung ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des von ihr beauf-
tragten oder direkt angestellten Sanierungsmanagements. Ihm kommt auch die Aufgabe zu, die
integrierte Betrachtung der Themen im Quartier zu gewährleisten und die Verknüpfung zu weiteren
Konzepten, Planungsverfahren und Umsetzungsprojekten herzustellen.
Maßnahme 32: Energieforum Pforzheim fortsetzen
Das Energieforum tagte während der Projektlaufzeit sechsmal und bot sowohl den vom Untersu-
chungsgebiet direkt betroffenen Fachleuten als auch der gesamten Stadt die neue Chance, sich zu
Fragen rund um Energie und Klimaschutz fachübergreifend auszutauschen. Dies erfolgte sowohl
zu Themen, die das Untersuchungsgebiet direkt betrafen, als auch zu allgemeinen Themen wie
Wohnqualität, Finanzierungsmöglichkeiten usw. Eine Fortführung des Gremiums wird in folgender
Weise vorgeschlagen:
¯ Erste Sitzung mit Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements zur Information über Ziele, Ar-
beitsweise und Einbindung der Akteure in die Umsetzungsphase. Die Stadtverwaltung bzw. das
Sanierungsmanagement soll einladen.
¯ Weitere 1-2 Sitzungen im Abstand von ca. 2 Monaten mit direktem Bezug zur Arbeit im Quartier
¯ Danach Öffnung der Themen und des Teilnehmerkreises hin zu einer gesamtstädtischen Be-
trachtungsweise. Sitzungstermine ca. zwei- bis dreimal pro Jahr. Mit der Öffnung soll die Initia-
tive vom Sanierungsmanagement auf eine breitere Verantwortung gestellt werden, beispiels-
weise im Wechsel durch die wichtigsten Akteure.
Maßnahme 33: Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-
Straße
Das Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt ist sehr gut vernetzt und kennt
die Strukturen, Schlüsselpersonen, Sorgen und Potenziale der Bewohnerinnen und Bewohner rund
um die Kaiser-Friedrich-Straße am besten. Außerdem existiert ein Büro der Stadt, das gegebenen-
falls noch besser ausgelastet werden kann. Hier sollen sowohl in personeller als auch räumlicher
Form Synergien ausgeschöpft werden.
Maßnahme 34: Wohnungsunternehmen: Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen
Die Wohnungsunternehmen haben ihren Gebäudebestand überwiegend mindestens auf die EnEV-
Anforderungen gebracht, daher ist das Einsparpotenzial in der Gebäudehülle begrenzt. Sie sind
aber prinzipiell offen für alternative Wärmeversorgungskonzepte über Blockheizkraftwerke und
Wärmenetze – sofern nicht bereits ein Anschluss an die Fernwärme besteht – und auch für
Contracting-Modelle. Die aktuelle Mietrechtsänderung erleichtert den Wechsel der Wärmeversor-
gung und berücksichtigt auch Contracting. Eine mögliche gemeinsame Heizzentrale kann für die
Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 entstehen, vgl. Kap. 5.4.
Für dieses Projekt besteht Bedarf zur Koordination der Beteiligten und evtl. auch in baurechtlichen
Fragen beim Bau einer Wärmeleitung.
Pforzheim-Weststadt 75
Maßnahme 35: Wohnungsunternehmen: Information der Mieter zum Energiesparen ver-
stärken
Der Energieverbrauch eines Gebäudes wird wesentlich auch vom Nutzerverhalten beeinflusst. Viel
erreichen kann oft eine persönliche Energiesparberatung der Mieter. Die Mieter sind als Verbrau-
cher auch eine Zielgruppe für die Umsetzung der energetischen Stadtsanierung. Es geht um einen
insgesamt verantwortungsbewussten Umgang mit Energie, nicht nur um Investitionen. Hier geht es
um Unterstützung der Wohnungsunternehmen bei der Beratung und den richtigen Kommunikati-
onswegen.
Maßnahme 36: Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung inten-
sivieren
Der Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 war der Start in die Zusammenar-
beit mit den Einzeleigentümern. Die Resonanz war nicht die erwartete und hat gezeigt, mit wie viel
Beharrlichkeit und Ausdauer das Thema auf allen Kanälen der Ansprache und Informationsarbeit
weiter verfolgt werden muss. Neben zentralen Veranstaltungen ist die Energieberatung eine der
wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in die energetische Sanierung. Sie bietet die Möglichkeit, mit
den Bauherren ins direkte Gespräch zu kommen.
Das Energie- und Bauberatungszentrum Pforzheim/Enzkreis (EBZ) ist dazu hervorragend aufge-
stellt, aber die Angebote sind vermutlich zu wenig bekannt. Aufgabe des Sanierungsmanagements
ist es, zusammen mit dem EBZ das bestehende Beratungskonzept für die Erstberatung und die
darauf aufbauenden Beratungs- und Planungsschritte zu optimieren.
Maßnahme 37: Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Energetische Stadtsanierung auf der Maßstabsebene eines Quartiers ist für viele Bürgerinnen und
Bürger und selbst für Fachleute aus den Bereichen Energie und Klimaschutz nicht selbstverständ-
lich und voraussichtlich weiterhin erklärungsbedürftig. Hier liegt eine besondere Aufgabe, Sinn und
Zweck der bevorstehenden Umsetzungsphase verständlich zu machen. Dabei ist es auch wichtig,
manche abstrakt erscheinenden Themen auf eine leicht verständlichere Betrachtungsebene "her-
unterzubrechen". So kann es beispielsweise zielführender sein, Wohnungseigentümer für Wohn-
komfort und Lebensqualität zu gewinnen als für Klimaschutz und Energieeffizienz. Um die Breiten-
wirkung auch weiterhin zu sichern, ist für die Öffentlichkeitsarbeit ein breit aufgestelltes Methoden-
konzept erforderlich. Wichtig ist es, vielfältig und in verschiedenen Formen der Ansprache auf die
Betroffenen – insbesondere die privaten Eigentümer – zuzugehen. Neben den klassischen Infor-
mationswegen Presse und Internet ist auch der direkte Kontakt in den Beratungen und Vor-Ort-
Veranstaltungen besonders zielführend. Die ersten Schritte für das Sanierungsmanagement sind:
¯ Pressegespräch zum Projektstart organisieren:
Der offizielle Start der Umsetzungsphase mit dem Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements
muss genutzt werden, um die Mitarbeiter der Redaktionen (freie Journalisten, Redakteure) für
ein Pressegespräch zu gewinnen, möglichst zusammen mit dem Baubürgermeister. Hierbei ist
Gelegenheit, im persönlichen Gespräch den nicht immer leicht nachvollziehbaren Weg von der
(theoretischen) Konzeption zur baulichen Umsetzung zu erläutern. Damit kann eine gute Basis
für weitere Zeitungsartikel geschaffen werden, für die dann einfache Pressemitteilungen genü-
gen, weil das Verständnis für das Thema bereits aufgebaut wurde.
¯ Regelmäßige Pressemitteilungen für die Tagespresse schreiben, möglichst als Artikelserie:
Auf der Basis des oben genannten Pressegesprächs kann über einen längeren Zeitraum von
einigen Monaten mit Pressemitteilungen für die Tagespresse gearbeitet werden, idealerweise
als Artikelserie zur energetischen Stadtsanierung. Die Beiträge können sich zum einen direkt
auf das Sanierungsgebiet beziehen, aber auch weitere Aspekte aufzeigen (zum Beispiel För-
dermöglichkeiten und -konditionen, Kombination von energetischer Sanierung und altersge-
rechtem Umbau usw.). Alle Presseinformationen müssen vom Amt für Presse- und Öffentlich-
keitsarbeit der Stadt Pforzheim koordiniert werden. Ein Artikel pro Monat gewährleistet ein Mi-
nimum an Präsenz des Projektes in der Öffentlichkeit.
76 Pforzheim-Weststadt
Maßnahme 38: Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten
Das Projekt zur energetischen Sanierung und insbesondere das Sanierungsmanagement benötigt
eine eigene Internetpräsenz, möglichst als Teil der Homepage der Stadt Pforzheim. Hier können
Interessierte permanent weitere Informationen erhalten, auch Verlinkungen zu wichtigen externen
Informationsquellen. Die eigene Seite ermöglicht es auch, sich kompakt über alle aktuellen Veran-
staltungen und Angebote des Sanierungsmanagements zu informieren, auch über die Öffnungszei-
ten des gegebenenfalls in der Kaiser-Friedrich-Straße eingerichteten Büros (vgl. Kap. 6.2).
Maßnahme 39: Besondere Marketingmittel: Das Thema Energie und Klimaschutz bei
den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen
Schon im persönlichen Verbrauchsverhalten (Nutzerverhalten) liegen erhebliche Einsparpotenziale,
dabei sind einfache Möglichkeiten wie effektives Lüften nicht allen bekannt. Viele Bürgerinnen und
Bürger müssen überhaupt erst einmal für das Energiesparen sensibilisiert werden. Hier kommt
dem Sanierungsmanagement eine besondere Rolle der Aufklärung, Information und Überzeu-
gungsarbeit zu. Die Themen sollen durch mediale Präsenz im Quartier und darüber hinaus ständig
präsent sein. Dazu können auch Plakate geklebt oder ein Riesentransparent an einer leeren
Hauswand oder über die Straße gespannt werden. Auch die Nutzung und weitere Verbreitung des
im Rahmen des Integrierten Quartierskonzepts produzierten Films zum Energiesparen soll in die-
sem Zusammenhang intensiviert werden.
Pforzheim-Weststadt 77
6 Vorbereitung der Umsetzungsphase
6.1 Maßnahmenkatalog
Der Maßnahmenkatalog geht aus dem Integrierten Handlungskonzept aus Kapitel 5 hervor, die
ausführliche Erläuterung findet sich dort. Für die Vorbereitung, Koordination und Umsetzung ist in
der Regel das Sanierungsmanagement zuständig. Die Maßnahmen sind in Kurzform beschrieben
und bekommen als Gewichtung eine zeitliche Priorität. Prinzipiell ist eine Vorgehensweise in Stufen
realistischer und leichter umsetzbar als das längerfristig angelegte Klären von Konzepten und
Rahmenbedingungen für ein großes zusammenhängendes Projekt. Trotzdem ist es wichtig, bei
einigen Maßnahmen einen "langen Atem" zu bewahren, beispielsweise bei einem Entwicklungs-
konzept für den Messplatz.
Kategorien
sofort loslegen bzw. begonnene Arbeit intensiv fortführen
intensiv vorbereiten
stetig, mit längerem Zeithorizont angehen
Gelegenheiten suchen und nutzen
Für die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs ist darüber hinaus zu beachten:
¯ Baldige Umsetzung erster Pilotprojekte mit Ausstrahlung
¯ Raum für innovative Projekte schaffen
¯ Strukturen für Beteiligung und Kooperation schaffen (das ist zum Teil im Rahmen der Konzept-
entwicklung Quartierskonzept schon geschehen: Energieforum, Energietag, Energiefilm). Hier
ist es wichtig, an bereits aufgebauten Strukturen anzuknüpfen und sie weiterzuentwickeln
¯ in städtischen Handlungsprogrammen verankern
1 Gebäude und Gebäudehülle
M1 Sektor Wohnen:
Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen
M2 Sektor Wohnen:
Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch / wirt-
schaftlichen Potenziale auszuschöpfen
M3 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe
M4 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln
M5 Sektor öffentliche Gebäude:
Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten
M6 Sektor öffentliche Gebäude:
Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen
2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser
M7 Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen
M8 Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht
78 Pforzheim-Weststadt
3 Wohnkomfort
M9 Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung
mit Schallschutzmaßnahmen
4 Gute Beispiele und Musterkonzepte
M10 "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren
M11 Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren
M12 Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer Energien
M13 Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen. Ener-
gieeffizienzprojekte unterstützen
5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden,
Denkmalschutz
M14 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale):
Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalge-
schützte Rückfassaden dämmen
M15 Erhaltenswerte Gebäude:
Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht
geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.
M16 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus) exemp-
larisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und
Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fenster-
teilungen und Türen originalgetreu oder passend erneuern
M17 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten:
Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich
M18 Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen
6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume
M19 Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen
M20 Gestaltungsschwerpunkt setzen: von Maihälden zur Enz
M21 Westliche Karl-Friedrich-Straße Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen
M22 Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen
M23 Blockinnenbereiche aufwerten
Pforzheim-Weststadt 79
7 Mobilität
M24 Mobilitätskonzept erstellen
M25 Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen
M26 Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen
8 Stadtklima
M27 Hitzeinseln entschärfen
M28 Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten
9 Bebauung Messplatz
M29 Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz
M30 Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen: neue
Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbil-
dung, Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme
M31 Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren
10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und
Öffentlichkeitsarbeit
M32 Energieforum Pforzheim fortsetzen
M33 Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-Straße
M34 Wohnungsunternehmen:
Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen
M35 Wohnungsunternehmen:
Information der Mieter zum Energiesparen verstärken
M36 Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivie-
ren
M37 Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit
M38 Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten
M39 Besondere Marketingmittel:
Das Thema Energie und Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern prä-
sent machen
80 Pforzheim-Weststadt
6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements
Die Stadt Pforzheim möchte die mit diesem Quartierskonzept begonnene Arbeit zur energetischen
Stadtsanierung von einem aus dem KfW-Programm geförderten Sanierungsmanagement fortfüh-
ren lassen. Die Förderkonditionen dazu wurden im Juli 2013 von der KfW angepasst. Ein Sanie-
rungsmanagement wird jetzt für maximal drei Jahre bis zu einem Höchstbetrag von 150.000 Euro
bezuschusst, wobei der Zuschuss 65 Prozent der förderfähigen Kosten beträgt.
Die Arbeit wird in den die Schwerpunkten Initiierung von Umsetzungsmaßnahmen, Koordination
der Projektbeteiligten, Beratung (teilweise auch Energieberatung) und Öffentlichkeitsarbeit umfas-
sen. Wichtigste Aufgabe ist es, die in Kapitel 5 beschriebenen Handlungsfelder und Maßnahmen
zu initiieren, voranzutreiben und umzusetzen.
Das Sanierungsmanagement kann entsprechend den Förderkriterien der KfW sowohl von einer
externen Fachperson übernommen werden als auch von der Stadtverwaltung selbst. Es wird die
koordinierende Schnittstelle zwischen Stadtverwaltung, Stadtwerken, Dienstleistern, lokalen Akteu-
ren und Eigentümern sein. Es sollte mindestens als Halbtages-, besser Ganztagesstelle eingerich-
tet sein und mit einer Fachperson mit Qualifikationen im Projektmanagement, in der Koordination
und insbesondere in der Kommunikation besetzt sein. Die Person soll ausreichend Erfahrung in
mehreren der folgenden Bereiche mitbringen: Energiemanagement, Energieeinsparung, Energie-
versorgung, energetische Sanierung von Gebäuden, Stadtentwicklung, Stadtumbau- oder Quar-
tiersmanagement, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Beratung und Beteiligung. Selbständiges
Arbeiten, gute kommunikative Fähigkeiten und sicheres Auftreten sind von großem Nutzen für die
anstehenden Aufgaben.
Eine einladende und attraktive Präsenz im Sanierungsgebiet sollte durch ein temporäres oder
dauerhaftes Büro erreicht werden, das als zentrale Anlaufstelle dient. Hierfür bietet sich die Koope-
ration mit dem Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt in der Kaiser-
Friedrich-Straße an, um personelle und räumliche Synergien auszuschöpfen.
6.3 Qualitätssicherung und Monitoring
Das Sanierungsmanagement ist das Projektmanagement und somit die zentrale Stelle zur Umset-
zung des Integrierten Quartierskonzepts. Die Einsetzung eines Kümmerers und Koordinators ist die
wesentliche Grundlage zur Qualitätssicherung.
Zielwerte festlegen und überprüfen
Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, in Abhängigkeit von den gewählten Maßnahmen aus
dem Integrierten Quartierskonzept zur Wirkungskontrolle ein geeignetes Monitoring-Konzept weiter
auszuarbeiten. Dies soll in enger Abstimmung mit mindestens dem Planungsamt, dem Umweltamt
und dem Klimaschutz-Management erfolgen. Dies können zum Beispiel die Zahl der Energiebera-
tungen, die Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen – beispielsweise durch die
erreichte Sanierungsrate – sein. Hierfür sind 2% pro Jahr ein erfolgreicher Wert (im Vergleich:
Durchschnitt in Deutschland 1 %). Zur Überprüfung der Zahl und Art der durchgeführten Sanie-
rungsmaßnahmen ist es erforderlich, eine jährliche Erhebung im Untersuchungsgebiet zu machen.
Die Erhebung kann unterstützt werden durch eine Auskunftspflicht derjenigen Bauherren, die eine
geförderte Energieberatung in Anspruch genommen haben. Eine CO2-Bilanz auf der Basis tatsäch-
licher Verbräuche ist nur unter erheblichem Aufwand und umfangreicher Auskunft der vielen Eigen-
tümer (beispielsweise zu Energieträgern) zu bewerkstelligen und daher eher unrealistisch.
Verstetigung
Zu einer soliden Strategieentwicklung gehört auch, von Anfang an über das Projektende hinaus zu
denken, wenn die Arbeit des Sanierungsmanagements beendet ist: tragfähige Strukturen, Perso-
nen und Netzwerke, die die wesentlichen Ziele und Erkenntnisse aus dem Projekt fortführen.
Pforzheim-Weststadt 81
6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten
Teilweise sind die Vorgehensweisen, die in der Weststadt
entwickelt wurden, auf andere Stadtteile leicht übertragbar,
teilweise bleiben sie spezifische Quartiersthemen. Um die
Übertragbarkeit auf die Gesamtstadt sicher zu stellen,
wurden oben bereits erläuterte und mögliche weitere
Herangehensweisen in einem "Städtebaulichen Werkzeug-
kasten" zusammengefasst. Er soll helfen, die wichtigsten
Arbeitsschritte strukturiert anzugehen, und die Übertragbar-
keit auf die gesamtstädtische Ebene erleichtern.
Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung
Grundlagen für das Handeln schaffen
Beitritt Klimabündnis usw. Klimaschutzziele festle-
gen
Zieldefinition, Beschlussfassung
Gemeinderat
Rahmenplan Energetische
Stadtsanierung
Quartiersentwicklung
festlegen
Aufstellung Leitlinien, Ziele und
(grobe) Maßnahmen
Energieleitlinie für eigene
Liegenschaften
Klimaschutz in eigenen
Liegenschaften, Vorreiter-
rolle der Kommune etab-
lieren
Aufstellung einer Energieleitlinie,
Umsetzung durch das Gebäudema-
nagement und Kommunikation der
Leitgedanken und Erfolge (Betreiber
v.a. öffentlicher Gebäude)
Öffentlichkeitsarbeit
Motivation Stadt als Vorreiter bei
Klimaschutz etablieren
Öffentlichkeitsarbeit durch Klima-
schutzleitstelle, Pressestelle. Re-
gelmäßige Veröffentlichungen, Akti-
onen, Logo usw.
Energieberatung Bekanntheit der Förder-
möglichkeiten steigern
Vortrag, ständige Beratung durch
IHK; Energieberatungsstelle
Förderberatung Erhalt von Baukultur Information und beim Bauherren
Interesse wecken durch Gespräche,
Beispiele etc.
Information "Dämmen und
Baukultur“
Bauherren, Bauträger,
Wohnungswirtschaft zum
Mitmachen motivieren
Gelungene Beispiele aktiv einbrin-
gen und vermarkten. Für die breite
Information zu einfach reproduzier-
baren Beispielen sind "good prac-
tice"-Beispiele oft besser als
"Leuchtturmprojekte"
„good practice“ Projekte
veröffentlichen und fördern
Darstellung von – auch in
wirtschaftlicher Hinsicht –
gelungenen Beispielen,
Handlungsmöglichkeiten
aufzeigen und Motivation
verbessern
Zur allgemeinen Motivation sind
"good practice“ -Beispiele oftmals
wichtiger als Leuchtturmprojekte, da
sie auf dem Boden der breiten Um-
setzbarkeit gründen. Hierbei spielen
auch Fragen der wirtschaftlichen
Umsetzbarkeit eine große Rolle.
82 Pforzheim-Weststadt
Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung
Leuchtturmprojekte
darstellen
Innovationen darstellen Um (technische) Innovationen
und/oder neue Wege aufzuzeigen,
sind solche Projekte unverzichtbar.
Sie genießen hohe Aufmerksamkeit
und sind Motivator.
Einbindung und Vernetzung der Akteure
Akteursgespräche mit Fra-
gebogen oder Checkliste
Lokale Akteure finden und
einbinden
Aktivitäten, Akteure und Multiplikato-
ren gezielt ansprechen, zum Ge-
spräch aufsuchen, kennenlernen, in
weitere Arbeitsschritte einbinden
Energieforum Stadtwerke, Wohnungs-
wirtschaft, betroffene
Ämter einbinden
Gesprächsrunde mit den Akteuren
Gestaltungsbeirat Gestaltung diskutieren
und sichern
Ein Gestaltungsbeirat aus motivier-
ten und fachkundigen Planern, Ar-
chitekten u.ä. kann sowohl im Sanie-
rungsfall als auch im Neubaubereich
wichtige Impulse geben
Sanierungsmanagement /
Quartiersmanagement
Umsetzung und Versteti-
gung der Aktionen
Neues Angehen
In vielen Prozessen besteht die
Gefahr, dass nach anfänglich gro-
ßem Zulauf der Prozess versandet.
Hier kann ein/e Sanierungsmana-
ger/in als dauernder Ansprechpart-
ner und "Kümmerer“ für Umsetzung,
Verstetigung und für neue Aktionen
sorgen
Grundlagenermittlung, Datensammlung (Input)
Akteursgespräche mit Fra-
gebogen oder Checkliste
Wie funktioniert der Stadt-
teil? Stärken und Schwä-
chen, Stolpersteine identi-
fizieren
Aktivitäten, Akteure und Multiplikato-
ren gezielt ansprechen, zum Ge-
spräch aufsuchen, kennenlernen, in
weitere Arbeitsschritte einbinden
Begehung zur Be-
standsanalyse
Überblick über den Ge-
bäudezustand, besondere
Gegebenheiten und Cha-
rakter des Ortes bekom-
men
Baualtersklassen zuordnen und
Sanierungszustand aufnehmen
Schornsteinfegerdaten Verbrauchsdaten- und
Energieträger-Analyse
Bezirksschornsteinfegermeister und
Innung ins Boot holen
Fragebogen an Eigentümer
und Haushalte
Verbrauchsdaten- und
Energieträger-Analyse
Repräsentative Umfrage
EVU Gute Kenntnis des Ener-
gieverbrauchs des Stadt-
teils
Verbrauchsdaten der Energieliefe-
ranten (vor allem der Primärversor-
ger z.B. Stadtwerke) einbinden
Pforzheim-Weststadt 83
Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung
Gebäudetypologie Gebäude in der Stadt /
dem Stadtteil klassifizie-
ren
Neben der reinen Klassifizierung,
die für viele Städte direkt oder aus-
reichend genau vorhanden ist, ist
die Erstellung (und ggf. die Veror-
tung) der Gebäudezahlen wichtige
Grundlage des Handelns.
Ortsanalysen Energieverbraucher und
Energiegewinnung identi-
fizieren, abstimmen. Po-
tenziale ermitteln
Durch verortete Analysen wird ge-
zieltes Handeln möglich. Hieraus
ergibt sich eine wichtige Ergänzung
zu stadtweiten Aussagen z.B. eines
Klimaschutzberichts.
Datenanalyse, Potenzialermittlung (Output)
Begehung Baudetailkatalog Überblick über die Kate-
gorien Denkmalschutz,
Gestaltungsmerkmale,
Details
Katalogisieren
Analyse Sozialstrukturen Erreichbarkeit der Eigen-
tümer und Wohnungsnut-
zer abschätzen. Je nach
Alter, Haushaltsgröße,
sozialer Lage etc. unter-
schiedliche Interessen
Städtische Daten verwenden und
aufbereiten.
Potenzialkarte Einsparpotenziale identifi-
zieren
Aus Bestandsanalyse und Zu-
standsszenario Potenzial berechnen
Handlungskonzept und Maßnahmen
Bebauungsplan, weitere
Satzungen
Konflikt zwischen Wärme-
schutz und Überschrei-
tung der Grundstücksflä-
che abmildern
B-Plan aufstellen, ändern:
Ausnahmen zulassen: Einbindung
Baurechtsamt, Beschlussfassung
Gemeinderat
Versorgungskarte (z.B.
Energieträger) aufstellen
Ausbau der regenerativen
Energieträger, Ausbau
Fernwärme
Aktiv in die Wärmeversorgung des
Stadtgebiets einsteigen und steuern.
Gespräche mit Makro-Akteuren (z.B.
Stadtwerke)
Energieverbrauchskarten
und Energiebedarfskarten,
Potenzialkarten
Energieverbrauch und
Energieerzeugung (veror-
tet) identifizieren
Hieraus ergeben sich örtlich bezo-
gene Handlungsempfehlungen.
Integriertes Entwicklungs-
konzept
Synergien generieren:
a. Klimaschutz, Energie-
einsparung und -effizienz
b. Verbesserung der Le-
bens- und Wohnqualität:
- Wohnkomfort Gebäude
- Wohnumfeld
c. Verkehr verringern:
- kurze Wege erleichtern
- Nahversorgung
- alternative Mobilität
Auswahl eines geeigneten Gebietes
auf der Grundlage einer gesamt-
städtischen Schau:
- wo sind größten Einsparpotenziale
- wo bestehen die größten Chancen
auf Umsetzbarkeit (Erreichbarkeit
der Eigentümer, Ausbau der (Fern-)
Wärmeversorgung usw.
- wo ist die größte Vorbildwirkung zu
erwarten
- Städtebaulicher Werkzeugkasten
84 Pforzheim-Weststadt
7 Literatur
Aminde, Jochen (2011): Der Energienutzungsplan – Ein neues Planungsinstrument auf dem Prüf-
stand. Masterarbeit an der Hochschule für Technik Stuttgart. Stuttgart.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG), das Bayerische Staats-
ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) sowie die Oberste
Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (OBB im StMI). (2011): Leitfaden zur
Erstellung eines Energienutzungsplanes. München
BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2012): Energetische Sanierung: Denken im Quartier.
Berlin.
BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2013): Stadtquartiere sanieren: Sozial Ökologisch Ästhe-
tisch. Berlin.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS); Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Hrsg.) (2009): Ursachen und Folgen des Klimawandels durch
urbane Konzepte begegnen Skizzierung einer klimawandelgerechten Stadtentwicklung. BBSR-
Online-Publikation 22/2009. urn:nbn:de:0093-ON2209R158
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (2011):
stadt:pilot spezial. Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz in der Stadt von mor-
gen. Berlin/Bonn.
Erhorn-Kluttig, Jank und 8 weitere Autoren (2011): Energetische Quartiersplanung, Methoden –
Technologien – Praxisbeispiele. Stuttgart
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (2010): Energie und Ortspla-
nung, Arbeitsblätter für die Bauleitplanung. München
Staatsministerium Baden-Württemberg (2013): Eckpunkte für eine Novellierung des EWärmeG
nach Kabinettsbeschluss vom 11. Juni 2013.
Stadt Pforzheim (2011): Rahmenplanung Weststadt. Bearbeiter Weeber+Partner, Institut für Stadt-
planung und Sozialforschung. Stuttgart
Pforzheim-Weststadt 85
8 Quellen
[EU 2002/91/EG] Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von
Gebäuden. Brüssel, 4. Jan. 2003
[EnEV 2009] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und
energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden
(Energieeinsparverordnung, Neufassung vom 29. April 2009).
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil 1 Nr. 23, Bonn 30.April 2009.
[EnEV 2014] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparen-
de Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung, nach
dem Beschluss vom 16.10.2013). Noch nicht amtlich veröffentlcht.
[EnEV RegelnNiWo09] Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und der
Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand. Vom 30. Juli 2009.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
[EWärmeG-BW2007] Gesetz zur Nutzung erneuerbarerWärmeenergie in Baden-
Württemberg (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWärmeG).
Gesetzesbeschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 7.
Nov. 2007. Drucksache 14 / 1969.
[EEWärmeG-2009] Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich
(Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz EEWärmeG). 1. Jan 2009
[Nahwärme BaWü] Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.).
Nahwärmekonzepte. Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare
Energien. Stuttgart 2007.
[LF KomKlimaschutz] Difu - Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Hrsg.) Praxisleitfaden
Klimaschutz in Kommunen. Berlin, 2011.
[LF EnergStadt] BMVBS - Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(Hrsg.). Handlungsleitfaden zur Energetischen Stadterneuerung.
Berlin, Juni 2011.
[KEA 2011] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.
Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim. KEA 12-2011
[KEA 2011-2] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.
Klimaschutzkonzept Pforzheim Maßnahmenkatalog. KEA 2011
[KEA BM 2011] "Aktionsplan für nachhaltige Energie“ (Sustainable Energy Action Plan
– SEAP) der Stadt Pforzheim für den Konvent der Bürgermeister.
19.4.2011.
[RP Karlsruhe 2006] Luftreinhalte-/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.
Regierungspräsidium Karlsruhe 2006.
[RP Karlsruhe 2012] Fortschreibung Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.
Regierungspräsidium Karlsruhe 2012.
[VEP 2009, Kurzfassung] Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH Aalen/Stuttgart.
Verkehrsentwicklungsplan Stadt Pforzheim 2009
86 Pforzheim-Weststadt
9 Anhang
9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in Pforz-
heim
Präambel
Der Klimawandel ist eines der größten und in weiten Bereichen nicht mehr zu vermeidenden Prob-
leme, dem die Weltgemeinschaft gegenübersteht. Hauptursache der globalen Erwärmung ist die
Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Ausstoß des Treibhausgases Koh-
lendioxid (CO2). Klimaschutz fällt dabei nicht allein in die Zuständigkeit von Staatsregierungen.
Auch auf kommunaler Ebene bestehen Gestaltungsspielräume zur Einflussnahme auf die Arten der
Energiegewinnung und auf die Menge der Energieverbräuche. Städte und Gemeinden können
beim Klimaschutz beispielhaft vorangehen, geeignete Rahmen setzen sowie ihre Bürger sachver-
ständig informieren und beraten.
Leitbild
Die Stadt Pforzheim verpflichtet sich dem Leitbild einer nachhaltigen und ressourcenschonenden
Stadtplanung. Zukünftig sollen die Flächennutzungsplanung, die Bebauungsplanung und informelle
städtebauliche Planungen auf ihre Auswirkungen auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und
Klimaschutz geprüft werden.
Ziele einer nachhaltigen und energieeffizienten Stadtentwicklung
¯ Der Flächenverbrauch soll begrenzt werden. Die Innenentwicklung genießt Vorrang gegenüber
der Erschließung von weiteren Baulandflächen: "Innenentwicklung vor Außenentwicklung"
¯ Es soll eine kompakte und verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur erreicht werden.
¯ Bei der Erschließung von neuen Baulandflächen ist eine ressourcenschonende Konzeption zu
wählen.
¯ Mit einem klimagerechten Städtebau sollen Bodenversiegelungen reduziert und ein günstiges
Kleinklima geschaffen werden.
¯ Durch eine „Stadt der kurzen Wege“ soll die Nutzungsmischung und die Reduzierung des MIV-
Aufkommens gefördert werden.
¯ Es sollen ressourcenschonende Verkehrsmittel (Fahrrad, ÖPNV usw.) besonders unterstützt
werden.
¯ Der Bebauungsplanung werden energieeffiziente Siedlungskonzepte und eine klima- und um-
weltfreundliche Energieversorgung zugrunde gelegt.
¯ Wo technisch und wirtschaftlich sinnvoll, sollen gegenüber den gesetzlichen Standards erhöhte
energetische Standards festgelegt werden.
¯ Die Wärmeversorgung der Gebäude soll mit einem hohen Anteil regenerativer Energie erfolgen
¯ Der Ausbau regenerativer Energiegewinnung vor Ort soll unterstützt werden
¯ In der Stadtentwicklung sollen bedarfsgerechte Wohnformen gefördert werden
¯ In der Stadtentwicklung soll das barrierefreie Wohnen im Innen- und Außenbereich unterstützt
werden.
Pforzheim-Weststadt 87
Wegweiser
Zur Umsetzung des städtischen Leitbilds für eine nachhaltige und energieeffiziente Stadtplanung in
Pforzheim bieten die folgenden Wegweiser eine wichtige Orientierung:
¯ Die kompakte Stadt mit hinreichend hoher städtebaulicher Dichte: Eine kompakte, sich vor-
nehmlich nach innen entwickelnde Stadt verringert die Ausweitung der Siedlungsfläche und
damit die Ausgesetztheit von Siedlungsflächen gegenüber Klimaänderungen. Gleichzeitig blei-
ben dadurch CO2-Senken im Freiraum bestehen.
¯ Eine kleinräumige Mischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit im Vergleich zu
gering verdichteten und monofunktionalen Quartieren am Stadtrand oder im Umland: Die Funk-
tionsfähigkeit des Gesamtsystems kann auf diese Weise auch dann erhalten bleiben, wenn
einzelne Teile vorübergehend ausfallen.
¯ Ein engmaschiges Infrastrukturnetz zur Energieversorgung mit vielen Knoten bietet die Voraus-
setzung für den Einsatz dezentraler Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien und somit
zur Minderung von CO2-Emissionen.
¯ Verringerung des Ressourcenein- und umsatzes, Abfall- und Verkehrsvermeidung zur Minde-
rung von CO2-Emissionen.
¯ Erhöhung der Robustheit neu entwickelter Siedlungsflächen: Eine erhöhte Robustheit kann den
negativen Einfluss klimabedingter Extremwetterereignisse oder schleichender Umweltverände-
rungen verringern.
¯ Die durchgrünte Stadt bietet die Voraussetzung für ein angenehmes Stadtklima.
¯ Soziokulturelle Leitbilder: Neben Aspekten der Stadtplanung gehört auch der gesellschaftliche
Wertekanon zum Leitbild einer klimagerechten Stadt. Modelle für nachhaltigere Lebensstile o-
der die aktive Übernahme von Verantwortung für kommende Generationen erweitern diesen
Wertekanon und sind wichtiger Bestandteil einer Richtschnur hin zur klimagerechten und ener-
gieeffizienten Stadt.
Vorgehen zur Weiterentwicklung und Verabschiedung des Leitbildes
Damit das Leitbild seine Funktion als Richtschnur für die Stadtentwicklung erfüllen kann, sollte es:
¯ möglichst in Zusammenarbeit sowie im Konsens mit allen Akteuren und Akteurinnen der Stadt-
entwicklung entstehen,
¯ Bürger und Bürgerinnen bei der Entwicklung des Leitbildes einbeziehen,
¯ ganzheitlich angelegt sein und sich damit im Gleichgewicht befinden zwischen einer systemati-
schen und konzeptorientierten Gesamtstrategie und den einzelnen Strategien der beteiligten
Akteure (z. B. Wohnungsunternehmen, Energieversorger, aktive Bürgergruppen und Vereine).
(s. Deutscher Städtetag, S.14),
¯ in eine zielgerichtete Umsetzung und Prozessgestaltung eingebettet sein,
¯ durch ein funktionierendes Monitoring begleitet werden,
¯ in der Erstellung sowie bei der Umsetzung personell und finanziell hinterlegt sein,
¯ durch den Beschluss politischer Entscheidungsträger legitimiert werden. Danach kann das
Leitbild als Grundlage für alle raumrelevanten Planungen dienen (s. BBSR 24/2009, S.7).
(Quelle: Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder / Alianza
del Clima e.V., http://www.klimascout.de, 7.2.2014)
88 Pforzheim-Weststadt
9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen
Ziel ist es, nach Möglichkeit flächendeckend Bilanzen nach verschiedenen Sektoren (Wohnen,
Gewerbe etc.) sowie verschiedenen Energieträgern (Fernwärme, Strom, Gas etc.) aufzustellen.
Hierbei können grundsätzlich verschiedene Ansätze gewählt werden.
1 Verbrauchsanalyse
Die Verbrauchsanalyse basiert auf Messwerten, wie z.B. dem Endenergieverbrauch Gas für
Gebäudebeheizung und Warmwasser. Diese Werte stehen in der Regel nicht zur Verfügung
oder können aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise übermittelt werden.
2 Bedarfsanalyse
Bedarfswerte sind Rechenwerte, die auf standardisierten Annahmen über Gebäude und Nut-
zung beruhen. Alle rechnerischen Nachweisverfahren, z.B. EnEV, basieren auf Bedarfsberech-
nungen. Bei städtebaulichen Analysen stützen sich Bedarfsberechnungen auf die musterhaften
Berechnungen anhand von Typengebäuden nach Baualter, Größe, erneuerte Elemente etc.
3 Top-Down-Methode
Hierbei werden landes-, kreis- oder stadtspezifische Daten auf Quartiersebene heruntergebro-
chen. Es ist klar, dass bei dieser Methode quartiersspezifische Eigenheiten verloren gehen. Im
Kontext von Quartierskonzepten kann diese Methode allenfalls hilfsweise zum Einsatz kom-
men.
4 Bottom-Up-Methode
Ausgehend vom einzelnen Gebäude werden Daten auf möglichst feinem Raster (Gebäude,
Liegenschaft) erhoben und summiert. Der Datenschutz kann bei dieser Methode problematisch
sein. Zudem stehen die Daten oft nicht so fein zur Verfügung.
Vor- und Nachteile der Verbrauchs- und Bedarfsanalyse sind in Tab. 9 gegenübergestellt. Es ist
klar, dass die Bilanz nicht ausgeglichen sein kann. Der Stadtteil (und auch Pforzheim) versorgt sich
nicht selbst mit Energie für Gebäudeheizung und Gebäudebetrieb. Ziel der Analysen ist vielmehr,
die Möglichkeiten der Bedarfsreduktion auszuloten und eine möglichst umfassende regenerative
Versorgung sicherzustellen.
Bedarf
Vorteil
Kann sehr gut Bottom-Up für Quartiere (mit begrenzter Gebäudeanzahl) angewandt werden
Kann ohne Kenntnis der Verbrauchsdaten ermittelt werden
Kann flächendeckend ermittelt werden
Ermöglicht Potenzialermittlung
Nachteil
Ungenauer als Verbrauchsanalyse (aufgrund beschränkter Kenntnis über Gebäude, Nutzung)
Beinhaltet nicht den Energieträger der Versorgung
Ohne Energieträger keine CO2 Bilanz möglich
Schwierig für wenig standardisierte Sektoren, Gewerbe, Denkmäler usw.
Verbrauch
Vorteil
Liefert auch Energieträger
Berücksichtigt Nutzung sehr gut
Auch bei Gewerbe etc.
Nachteil
Witterungsbereinigung muss durchgeführt werden, Bilanzzeitraum für ca. 3 Jahre
Liegt in der Regel nicht flächendeckend vor
Datenschutz muss beachtet werden
Potenzialanalyse nur sehr ungenau über Benchmarks möglich
Tab. 9 Vergleich Verbrauchs- und Bedarfsanalyse (Auswahl). Quelle ebök
Pforzheim-Weststadt 89
9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe
Bei der Benennung energetischer Größen meint Verbrauch gemessene Größen. So ist z.B. der
Endenergieverbrauch Gas eine am Zähler ablesbare Größe. Berechnete energetische Größen
werden dagegen mit Bedarf bezeichnet. Der oben genannte Heizenergiebedarf (oder Heizwärme-
bedarf) ist z.B. die berechnete Menge an Wärme (Nutzenergie s.u.), die an die Räume eines Ge-
bäudes zur Beheizung abgegeben wird. Im städtebaulichen Kontext wird der Energiebedarf in
absoluten Größen der Jahresarbeit (Megajoule MJ/a oder Megawattstunden MWh/a) angegeben.
Spezifische Größen eines Gebäudes beziehen sich in der Regel auf die Nutzfläche eines Gebäu-
des in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²a)). Für die Versorgung, insbesondere
bei zentralen Varianten, ist neben der Jahresarbeit die nachgefragte Leistung wichtig. Sie wird in
MW angegeben. Folgende Begriffe sind im Zusammenhang mit der Beurteilung des Energiebe-
darfs gebräuchlich:
Nutzenergiebedarf: Errechnete Menge an Energie (oder Wärme), die von der Heizungs- oder
Warmwasseranlage geliefert wird.
Endenergiebedarf: Die der Heizung, Warmwasseranlage oder auch elektrischem Gerät jeweils
zugeführte Menge an Öl, Gas, Strom usw. Der Endenergiebedarf enthält also alle anlagenspezifi-
schen Verluste. Er entspricht der (errechneten) Energiemenge, die vom Energieversorger bezogen
wird.
Primärenergiebedarf: Hierzu werden alle Energieträger (Wärme, Strom etc.) auf die bei der Er-
zeugung benötigten Mengen an Primärenergieträgern (Öl, Gas, usw.) bezogen. Der Primärener-
giebedarf enthält also neben den anlagenspezifischen Verlusten auch die bei der Erzeugung und
Verteilung auftretenden Verluste wie z. B. die Verluste bei der Stromerzeugung im Kraftwerk und
Verteilung im Stromnetz. Der Primärenergiekennwert ist der eigentlich umweltrelevante Wert, da-
her bezieht sich auch die Energieeinsparverordnung darauf.
Primärenergiefaktor des Energieträgers: Das Verhältnis von (gelieferter) Endenergie in kWh zu
Primärenergieaufwand in kWh des jeweiligen Energieträgers.
Anlagenaufwandszahl: (Primärenergiebezogene). Die Anlagenaufwandszahl ist eine Kenngröße
der Wärmeversorgungsanlage. Sie gibt das Verhältnis der (gelieferten) Nutzenergie zum Primär-
energieaufwand an. Die Anlagenaufwandszahl ist abhängig vom Energieträger der Versorgung,
den Anlagengüte, sowie dem Betrieb (der Nutzung) der Anlage.
Heizwert, Brennwert: Der Heizwert (oder untere Heizwert Hi, früher Hu) ist die bei einer Verbren-
nung maximal nutzbare Wärmemenge, ohne dass es zur Kondensation des im Abgas enthaltenen
Wasserdampfes kommt, bezogen auf die Menge (in Litern, m² usw.) eingesetzten Brennstoffs.
Kommt es zum Auskondensieren des Wasserdampfes, so wird die im Dampf latent gebundene
Wärme zusätzlich frei und man spricht vom Brennwert (oder oberen Heizwert Hs, früher Ho).
Brennwertgeräte nutzen genau diesen Effekt der Kondensation. Abhängig von der bei der Ver-
brennung enthaltenen Wassermenge arbeiten sie daher mit höherem Wirkungsgrad.
Das CO2-Äquivalent ist die Summe der Treibhauseffekt-wirksamen Emissionen, welche die glei-
che Wirkung wie die angegebenen Menge CO2 besitzt. Das CO2-Äquivalent wird spezifisch für
jeden Brennstoff angegeben. Damit lassen sich die Äquivalentmengen und damit die Umweltwirk-
samkeit eines (End-) Energieverbrauchs angeben und bewerten.
90 Pforzheim-Weststadt
9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse
Im diesem Arbeitsschritt des Quartierskonzeptes werden Energieeinspar- und Effizienzpotenziale
abgeschätzt. Um welches Potenzial handelt es sich? Insgesamt werden üblicherweise verschiede-
ne Potenzialebenen unterschieden:
Abb. 68: Darstellung der unterschiedlichen Potenziale und Potenzialbegriffe Quelle: Praxisleitfaden "Klimaschutz in Kommunen"
Das theoretische Gesamtpotenzial umfasst das gesamte physikalisch nutzbare Energieangebot
in einem zeitlich und räumlich festgelegten Betrachtungsraum, wie z.B. die maximal mögliche
Dämmung (z.B. Passivhaus) oder die von der Sonne auf die Erdoberfläche eingestrahlte Energie
(Globalstrahlung). Dieses Potenzial ist mehr als eine theoretische Obergrenze aufzufassen, da
aufgrund verschiedener Restriktionen (z.B. technische oder wirtschaftliche) in der Regel nur ein
deutlich geringerer Teil genutzt werden kann.
Das technische Potenzial beschreibt den Teil des theoretischen Potenzials, der unter den we-
sentlichen technischen Restriktionen genutzt werden kann. Dies sind zum Beispiel konstruktive
Grenzen der Dämmung im Gebäudebestand oder die mögliche in nutzbare Energieformen umge-
wandelte Globalstrahlung.
Das wirtschaftliche Potenzial beschreibt den Teil des technischen Potenzials, der unter ökonomi-
schen Gesichtspunkten umgesetzt werden kann. Das sind zum Beispiel wirtschaftliche Grenzen
der Dämmung oder Nutzung der Solarenergie. Nur wenn das Kostenverhältnis positiv ist, werden
z.B. Dämmung oder Solaranlagen auch installiert werden. Dieses Potenzial ist somit stark von den
Energiepreisen, den Kosten und möglichen Förderbedingungen abhängig. Diese Faktoren sind
zeitlichen Veränderungen unterworfen und damit ist dieses Potenzial eher eine Momentaufnahme
und kann sich im Laufe der Zeit in alle Richtungen verändern.
Schließlich werden nicht alle wirtschaftlichen Potenziale gleich umgesetzt. Bei der Dämmung und
Solaranlagen sind z.B. der begrenzende Faktor die jährlichen Sanierungsquoten oder mögliche
gestalterische oder rechtliche Restriktionen wie beispielsweise der Denkmalschutz. Letztendlich ist
dieses erschließbare Potenzial nur noch ein Bruchteil der Energie, die im theoretischen Potenzial
zur Verfügung steht.
Da die Aussagekraft des theoretischen und wirtschaftlichen Potenzials allein nicht zielführend für
das Quartier ist, wird auf das wirtschaftliche Potenzial zusätzlich eingegangen, eingeschränkt durch
die derzeit bekannten Restriktionen aus der Denkmalpflege.
Pforzheim-Weststadt 91
9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden
Effizienzpotenziale sollten in der Reihenfolge der Energieentwicklung erschlossen werden, d.h.
beginnend vom eigentlichen Nutzen über die Erzeugung zur Gestehung (Abb. 69). Energiema-
nagement und Energieeffizienzansätze müssen notwendigerweise in allen Ebenen ansetzen, es
bestehen jedoch nicht in allen Ebenen Handlungsmöglichkeiten.
Abb. 69 Wege der Energie Quelle: DIN 4701-10
In der kalten Jahreszeit muss durch die Heizung in Nutzräumen eine (konstante) Innentemperatur
aufrechterhalten werden. Dazu ist eine Wärmeabgabe z.B. aus den Heizkörpern notwendig. Die
Wärmemenge wird durch die Höhe der Wärmeverluste bestimmt, die in erster Linie aus der Quali-
tät der Gebäudehülle (Fenster, Außenwand etc.) resultieren. Dieser Nutzwärmebedarf wiederum
wird anlagentechnisch erzeugt (durch eine wie auch immer geartete Heizungsanlage). Es ist klar,
dass die Energiemenge in Einheiten von Energieträgern wie Erdgas, Heizöl, Strom, aber auch
Fernwärme größer ist als die Nutzenergie, da bei der Erzeugung und Verteilung Verluste auftreten.
Der Verbrauch von Energie besitzt in Abhängigkeit vom verwendeten Energieträger unterschiedli-
che Wirksamkeit bezüglich Gesamtbilanz der (unter Umständen weltweit verteilten) Erzeugung und
der Relevanz für das Klima. Entscheidend ist der Aufwand an nicht-regenerativen (in der Regel
fossilen) Energien für Erzeugung, Bereitstellung und Transport.
Abb. 70 Kreislauf erneuerbare Energien am Beispiel Holzenergie.
Wärme
CO2
Holz
H2O
Asche
(Mineralstoffe)
Sonnenernergie
92 Pforzheim-Weststadt
Im Gegensatz zu fossilen Energien wie Erdöl, Erdgas etc. erneuern sich regenerative Energien
(Holz, Biogas, Sonne etc.) in absehbarer Zeit. Da kein zusätzliches (fossil gebundenes) CO2 frei
wird, spricht man auch von CO2-Neutralität. Daraus ergibt sich jedoch nicht der Schluss, dass die
Effizienz zweitrangig ist. Gerade die Beschränktheit der alternativen Energien (in Menge oder Ar-
beit sowie in der zur Verfügung stehenden Leistung) bedingt notwendig eine hocheffiziente Technik
für Gebäude, Versorgung und Verkehr.
Damit wurden bereits die beiden wichtigsten Ansatzpunkte für Effizienzsteigerungen genannt:
Erstens die Minimierung der Wärmeverluste und zweitens die Erhöhung des Regenerativanteils.
Darüber hinaus sind auch die Erzeugungsverluste zu minimieren.
9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen
Der Einfluss der Kommune auf die Gebäudeeigner und -nutzer ist sehr unterschiedlich. Neben dem
allgemeinen Gesetzes- und Regelwerk, welchem Gebäude- und Anlagentechnik in jedem Fall
unterliegen wie z.B. Mindestwärmeschutz nach DIN, Energieeinsparverordnung oder Erneuerbare-
Energien-und-Wärmegesetz, kann die Kommune per Satzungsbeschluss nach Baugesetzbuch
Einfluss nehmen. Dies ist vor allem im Bereich der Energieversorgung (Anschluss- und Benut-
zungszwang, Verbrennungsverbot etc.), weniger im Fall ambitionierter energetischer Standards der
Gebäudehülle, der Nutzung usw. möglich. Nur im Falle einer Veräußerung können über privat-
wirtschaftliche Verträge und städtebauliche Verträge dezidierte Vereinbarungen getroffen werden.
Dieses Instrument sollte daher wo möglich angewandt werden. Keinen Einfluss hat die Kommune
auf Nutzung, Wohnungsgrößen, Innentemperaturen etc. Hier liegen die Handlungsmöglichkeiten
vor allem im Bereich der Beratung und Bildung. Daher ist es wichtig, gute Beispiele zu kommuni-
zieren. Förderungen, kommunal oder durch andere öffentliche Träger, sind wichtige Anschubhilfen.
In der Kommunikation ist es auch enorm wichtig, dass die Kommune mit gutem Beispiel vorangeht.
Bei eigenen Gebäuden, welche auch selbst bewirtschaftet werden, kann nicht nur direkter Einfluss
genommen werden, sondern es können auch gut vorzeigbare Beispiele generiert werden. Eine
Energieleitlinie zeigt und manifestiert hierzu den Willen der Stadt [KEA 2011-2]
Gebäude Sektor
Eig
entu
m/S
elb
stg
enu
tzt
Ver
mie
tet
Gew
erb
lich
Öff
entl
ich
/ ö
ff. H
and
Akteure Einfluss
EFH, DH, RH Wohnen x (x) Besitzer Mäßig
MFH Wohnen x x WohngsUntern. Gut
Wohnen x WEG Mäßig
Citybebauung GHD/Wohnen x x x Gewerbe Wenig
Büro/Verwaltung GHD x x x Gewerbe Wenig
Gewerbebauten, Industriebauten, Sonderbauten
GHD x x x Gewerbe Wenig
Produktion Industrie x x x Gewerbe Wenig
Öffentliche Sonderbauten
Öffentliche x Öffentliche Sehr gut
Tab. 10 Kommunale Einflussmöglichkeiten zu Erschließung von energetischen Potenzialen im Bestand (Quelle ebök).
Pforzheim-Weststadt 93
9.7 Wohnklima und Innenluftqualität
Gutes Wohnklima bedeutet rundum warm empfundene Wände ohne Feuchte und Schimmel, was
durch guten Wärmeschutz erreicht werden kann.
Bauübliche Dämmstoffdicken führen zu ausreichend hohen Oberflächentemperaturen an den In-
nenoberflächen. An Fehlstellen, Durchdringungen usw. können jedoch Wärmebrücken entstehen,
die zu Kondensat und Schimmel führen können. Zur Vermeidung von baupysikalischen Problemen
von muss der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 an allen Stellen gewährleistet sein. Insbeson-
dere im Sanierungsfall ist auf eine wärmebrückenarme Ausführung zu achten. Der Wärmeschutz
ist vor allem auch bei den Fenstern wichtig. So ermöglicht z.B. eine Dreischeibenverglasung in
einem entsprechend guten Fensterrahmen, auch nahezu raumhohe Verglasungen ohne Aus-
gleichsheizungen auszuführen. Während es bei Zweischeibenverglasungen notwendig ist, im Brüs-
tungsbereich Heizkörper zu installieren, um Zugerscheinungen durch kalte Fallwinde am Fenster
entgegenzuwirken, sind die angespro-
chenen Dreischeiben-Fenster auch im
Kernwinter ausreichend warm, um Auf-
enthaltsqualität auch in der Nähe des
Fensters zu bieten.
Eine luftdichte Gebäudehülle dient nicht
nur der Energieeinsparung, sondern vor
allem auch der Vermeidung von
Bauschäden durch Kondensationswas-
ser aufgrund von Durchströmungen oder
Abkühlung an Bauteilen. Die luftdichte
Ausführung der Gebäudehülle ist bereits
in der Energieeinsparverordnung festge-
schrieben.
Wohnkomfort bedeutet jedoch auch,
dass die Innenluftqualität gut sein muss
und nicht durch Feuchte, Gerüche oder
Schadstoffe belastet sein darf. Dies lässt
sich nur durch ausreichendes Lüften
erreichen: Ausgenommen an sehr expo-
nierten Standorten ist die Außenluftquali-
tät immer sehr viel besser als die Raum-
luftqualität. Fensterlüftung ist zwar aus-
reichend, aber nicht immer praktikabel
z.B. bei Abwesenheit oder während der
Nachtstunden. Insbesondere dann,
wenn Räume während der Nachtstunden genutzt werden und/oder wenn das Umfeld lärmbelastet
ist, empfiehlt sich die mechanische Lüftung der Räumlichkeiten. Eingesetzt werden können im
Wohnungsbau z.B. Abluftanlagen oder Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Lüftung (kei-
ne Behandlung der Luft, nur Förderung) darf nicht mit Kühlung oder Klimatisierung (Heizen, Küh-
len, Feuchte) verwechselt werden!
Abb. 72 Häufige Schadstoffquellen in Wohnräumen. Quelle: Impulsprogramm Hessen. Illustration Stephanie Ziegler
Abb. 71 Schimmel in Wohnräumen – ein vermeidbares Problem. Quelle: ebök
94 Pforzheim-Weststadt
Dezember, Januar, Februar 4 bis 6 min
März, November 8 bis 10 min
April, Oktober 12 bis 15 min
Mai, September 16 bis 20 min
Juni, Juli, August 25 bis 30 min
Tab. 11 Empfehlungen für Fensterlüftung alle zwei Stunden. Notwendige Lüftungsdauer für einen Luftwechsel bei Stoß-Lüftung (ganz geöffnetes Fenster bei Windstille) je nach jahreszeitlicher Außentemperatur. Quelle: Hessisches Ministeri-um für Wirtschaft und Technik (Hrsg.): Energiesparinformationen (8) Lüftung im Wohngebäude.
Abb. 73: Funktionsschemata Mechanische Wohnungslüftung. Quelle ebök.
Die Nachrüstung von Lüftungsanlagen ist auch im Bestand sinnvoll, in den meisten Fällen tech-
nisch möglich und daher zu empfehlen. Nach DIN 1946-6 "Lüftung von Wohnungen“ ist ein Lüf-
tungskonzept für eine Sanierung erforderlich, wenn mehr als 1/3 der Fenster getauscht werden
(EFH oder MFH) und wenn mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird (EFH). Der Einbau von
Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung führt zusätzlich zu einer erheblichen Reduktion des
Wärmeenergiebedarfs.
An emissionsbelasteten Straßen, sowohl durch Lärm als auch durch Luftschadstoffe wie Staub
und Stickoxide, kann eine Lüftungsanlage – vorzugsweise mit Wärmerückgewinnung - auch gezielt
zur Verbesserung der Innenluftqualität eingesetzt werden, da nicht mehr unbedingt über geöffnete
Fenster gelüftet werden muss.
Bei innengedämmten Gebäuden kommt einer korrekt gehandhabten Lüftung sicher erhöhte Be-
deutung zu: Bei Innendämmungen oder Gebäudeanschlüssen zwischen gedämmten und unge-
dämmten Bauteilen wird es häufiger Details im Bereich der minimalen Kantentemperaturen nach
DIN 4108-2 geben. Diese sind jedoch bei sichergestellten vernünftigen Innenbedingungen auch
schadenfrei. Im Übrigen stellt auch DIN 1946-6 erhöhte Anforderungen an Gebäude und an die
nutzerunabhängig zu realisierende Feuchteschutzlüftung, falls Gebäude nicht wärmebrückenarm
(im Sinne von Beiblatt 2 zu DIN 4108-2) sind. In diesen Gebäuden kann die Lüftungsanlage mit
Wärmerückgewinnung auch als Kompensation des erhöhten Wärmebedarfs genutzt werden.
Pforzheim-Weststadt 95
9.8 Dokumentationen
Weitere Unterlagen zum Projekt sind als Begleit-Dokumentation auf CD beigelegt.
Hinweis1: Die Materialien entsprechen dem Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Erstellung.
Diese wurden teilweise im Projektverlauf überarbeitet und ergänzt. Die aktuellen Materialien sind
dem Endbericht zu entnehmen.
Hinweis2: Die Materialen unterliegen dem Copyright der Autoren und sind daher nur zum internen
Gebrauch bestimmt. Einer Veröffentlichung z.B. im Internet kann nicht ohne gesonderte Zustim-
mung der Betroffenen und Copyrightinhaber erfolgen!
9.9 Karten
Thema Datum/Nummer Version Quelle
Poster Energietag 19.10.2013 W+P
Handlungsfelder Städtebau 29.8.2013 W+P
Dachformen EK432Pf-DACH-02 1.8 ebök
Baualtersklassen EK432Pf-BAK-01 1.8 ebök
Denkmal EK432Pf-DENKM-02 1.0 ebök
Fassadenoberfläche EK432Pf-FASS-04 1.0 ebök
Istzustand Fenster EK432Pf-FE-04 1.1 ebök
Geschosse EK432Pf-GESCH-02 1.0 ebök
Gebäudenutzung EG EK432Pf-NU-EG-05 1.9 ebök
Gebäudenutzung OG EK432Pf-NU-OG-03 1.8 ebök
Anschlüsse Leitungsgebundene Energieträger EK432Pf-VERS-03 1.0 ebök
Endenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohn-
nutzung im IST-Zustand EK432Pf-EKW-IST-02 1.1 ebök
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100 EK432Pf-SAN-100-02 1.0 ebök
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 115 EK432Pf-SAN-115-02 1.0 ebök
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und
teilsaniert
EK432Pf-SAN-PH-02 1.0 ebök
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und
teilsaniert
EK432Pf-SAN-W-02 1.0 ebök
Spezifische Verbrauchswerte GHD EK432Pf-VER-02 1.0 ebök
Wärmebedarfsdichte IST- Zustand Endenergie EK432Pf-BED-IST 1.0 ebök
Wärmebedarfsdichte saniert EnEV2009 Endenergie EK432Pf-BED-ENEV 1.0 ebök
Wärmebedarfsdichte saniert KfW100 Endenergie EK432Pf-BED-KfW100 1.0 ebök
Dichte Wohnen/GHD/Messplatz EK432Pf-BED-VER-02 1.0 ebök
Handlungsfelder Energie / Konzept EK432Pf-KONZ-03 1.0 ebök Y:\688 PFORZHEIM_KFW\L\0_BERICHT\ABGABE_END\ENDBERICHT_V2-3.DOCX