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IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite1 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Konzeptbeschreibung
für
Integriertes Prozess‐ und Wissensmanagement
bei wissensintensiven Geschäftsprozessen
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
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Inhalt
1. Summary (Management) ...................................................................................................................... 4
2. Problemstellung / Ziel ........................................................................................................................... 4
3. Prozess‐ und Wissensmanagement ...................................................................................................... 4
3.1. Prozessmanagement “State of the Art” ............................................................................................ 4
3.1.1. Modellierungssprachen und ‐tools ............................................................................................... 6
3.1.2. Wissensintensive Geschäftsprozessen.......................................................................................... 7
3.2. Wissensmanagement “State of the Art” .......................................................................................... 8
3.2.1. Wissensmanagement‐Architekturen ............................................................................................ 9
3.3. Ergebnis und Herausforderungen ................................................................................................... 13
4. Integriertes Konzept für Prozess‐ und Wissensmanagement ............................................................. 15
4.1. Konzeptvorschlag ............................................................................................................................ 15
4.1.1. Erläuterung der KMDL‐Methode ................................................................................................ 15
4.1.2. Vorgehensmodell bei KMDL‐Projekten ....................................................................................... 19
4.1.3. Projektmanagement‐Schema für WM Einführung ..................................................................... 20
4.1.4. Integration von Vorgehensmodell und PM‐Schema ................................................................... 24
4.2. Durchführung eines Pilot mit integriertem Konzept ...................................................................... 24
4.2.1. Randbedingungen und Annahmen ............................................................................................. 24
4.2.2. Beschreibung des Pilotprojektes ................................................................................................. 25
4.2.2.0. Projektanbahnung ................................................................................................................... 25
4.2.2.1. Zielvereinbarung und Auswahl eines GP ................................................................................ 25
4.2.2.2. Aufnahme der Prozesssicht ..................................................................................................... 26
4.2.2.3. Identifikation wissensintensiver Aufgaben ............................................................................. 27
4.2.2.4. Aufnahme der Aktivitätssicht .................................................................................................. 29
4.2.2.5. Analyse und Auswertung ........................................................................................................ 32
4.2.2.6. Entwicklung eines Sollkonzepts .............................................................................................. 34
4.2.2.7. Umsetzung .............................................................................................................................. 34
4.2.2.8. Evaluation ............................................................................................................................... 35
4.2.3. Ergebnisse des Pilotprojektes ..................................................................................................... 35
5. Ergebnis des integrierten Konzepts .................................................................................................... 36
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6. Ausblick ............................................................................................................................................... 36
7. Anhänge .............................................................................................................................................. 37
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozessmanagement Prozess ............................................................................................ 5
Abbildung 2: Verknüpfung der verschiedenen Wissensarten ................................................................ 9
Abbildung 3: Integrierte Wissensmanagement Architektur ................................................................ 10
Abbildung 4: Know‐Net Architektur ..................................................................................................... 11
Abbildung 5: Wissensmanagement‐Grundkonzept ............................................................................. 12
Abbildung 6: Sichten unterschiedlicher Personengruppen ................................................................. 16
Abbildung 7: Wissen‐Konversionstypen ............................................................................................... 17
Abbildung 8: Vorgehensmodell für wissensintensive Geschäftsprozesse .......................................... 19
Abbildung 9: Vorgehen zur Analyse von KMDL‐Modellen ................................................................... 20
Abbildung 10: Die fünf Wissenskernaktivitäten ..................................................................................... 21
Abbildung 11: Projektmanagement‐Schema für die WM‐Implementierung ......................................... 23
Abbildung 12: Integriertes Prozess‐ und Wissensmanagement Konzept .............................................. 24
Abbildung 13: Prozesslandkarte ............................................................................................................. 26
Abbildung 14: GP: Angebotserstellung (links) und Auftragsbearbeitung/‐prüfung (rechts) ................. 27
Abbildung 15: wissensintensiven Aufgaben aus Detail‐Geschäftsprozessen ........................................ 29
Abbildung 16: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Erstgespräch ............................................................... 30
Abbildung 17: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Anfrage / Änderungswunsch machbar ...................... 30
Abbildung 18: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Projektphasen ............................................................ 31
Abbildung 19: Ergebnismatrix des Knowledge Quick Scan (7S‐Modell)................................................. 31
Abbildung 20: „Conversion Relevancy Report“ Auswertung ................................................................. 32
Abbildung 21: „Competence Report“ Auswertung ................................................................................ 33
Abbildung 22: „Object Occurrency Report“ Auswertung ....................................................................... 33
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1. Summary(Management)Aufgrund der steigenden Komplexität innerhalb der Unternehmen und derer Geschäftsprozesse, sowie
der fortschreitende Wandel von einer Informations‐ zu einer Wissensgesellschaft, gewinnt die Integrati‐
on des Prozess‐ und Wissensmanagement immer mehr an Bedeutung. Durch die Vermittlung der Wis‐
sensmanagement‐Grundlagen und dem das Modell der wissensintensiven Geschäftsprozesse innerhalb
des Coachings konnte seitens des Ingenieursdienstleisters ein gutes Grundverständnis aufgebaut, und in
Kombination mit dem bereits vorhandene Prozessmanagement Wissen ein innovatives Konzept zu ei‐
nem Produktansatz entwickelt werden. Durch diese sinnvolle Erweiterung des Produktportfolios und die
sich abzeichnende Marktnachfrage ist der Ingenieursdienstleister für die kommenden Marktanforderun‐
gen besser aufgestellt. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes sicher zu stellen, ist das Konzept
noch um die definierten Maßnahmen weiter zu entwickeln. Darüber hinaus ist eine Kooperation in wis‐
senschaftlichem Umfeld, insb. mit den Entwicklern der KMDL, geplant.
2. Problemstellung/ZielErweiterung der klassischen Prozessmanagement‐Analysemethoden um einen innovativen Prozess/
Konzept zum Extrahieren von vorhandenem Wissen und Abbildung/Speicherung in einem Wissensma‐
nagementsystem im Dienstleistungsumfeld.
Das heißt:
Entwicklung eines integrierten Konzeptes/Ansatzes von Prozess‐ und Wissensmanagement
Einsatz und professionelle Anwendung von geeigneten Hilfsmitteln wie z.B. Web 2.0 basierte
Wissensmanagements‐Tools
Anwendung des "Fünf Phasen Projektmanagement‐Schemas" entsprechend des Europäischen
Leitfadens zur erfolgreichen Praxis im Wissensmanagement
Sicherstellung der mittelfristigen Wettbewerbsfähigkeit
Sicherstellung der praktikablen Anwendung
3. Prozess‐undWissensmanagementNach einer kurzen Einführung in den aktuellen Stand des (Geschäfts‐)Prozessmanagement und die hier‐
bei verwendeten Modellierungssprachen werden im Bereich Wissensmanagement nach einer Kurzein‐
führung ausgewählten WM‐Architekturen erläutert. Abschließend werden die Defizite und die sich hie‐
raus abgeleiteten Herausforderungen beschrieben.
3.1. Prozessmanagement“StateoftheArt”Geschäftsprozessmanagement hat sich mittlerweile als taugliches Werkzeug bewiesen, interne Unter‐
nehmensabläufe zu erfassen, analysieren und optimieren. In Abbildung 1 ist ein typischer Prozessma‐
nagement‐Prozess abgebildet.
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Abbildung 1: Prozessmanagement Prozess
Die einzelnen Prozessphasen werden nachfolgend erläutert:
Plan & Control:
In dieser Phase des Prozesses wird ein Prozessportfolio erstellt, oder ein bereits vorhandenes auf Ände‐
rungsnotwendigkeit überprüft. Es wird definiert, welcher Prozess mit welcher Priorität behandelt wer‐
den muss. Vergangene Maßnahmen werden überprüft.
Define Goals:
Nachdem die zu bearbeitenden Prozesse klar sind, werden Ziele für diese definiert.
Analyse:
In der Analysephase gilt es den IST‐Zustand eines Prozesses zu erfassen, und auf Optimierungspotenzial
zu überprüfen. Dabei erfolgt zuerst eine Vorstrukturierung des Prozessablaufes, welcher danach in einer
Detail‐Visualisierung um Informationen über Input, Outputs und Rollen verfeinert wird. Bei der an‐
schließenden Reflexion werden Verbesserungspotenziale analysiert, und Maßnahmen abgeleitet.
Verbesserungspotenziale können beispielsweise sein:
Viele Wechsel der Verantwortlichkeiten und Bearbeitungsorte
Schleifen
Medienbrüche
Doppelarbeiten
uvm.
Design & Define:
Nach der Analyse und Erhebung der Verbesserungspotenziale wird der Soll‐Prozess gestaltet und nach
Freigabe des Prozesses notwendige Maßnahmen in die Wege geleitet. (Anpassung der IT, erstellen neu‐
er Vorlagen, etc.)
Processmanagement Process
Review Realize Design &
Define Analyse
Define
goals
Plan &
Control
Struktur‐
ierung
Detail
Visualisierung Reflektion
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Realize:
Nach Fertigstellung des Soll‐Prozesses folgt die Planung des Roll‐outs. Hierbei ist es wichtig, dass die
betroffenen Personen umfassend über die Änderungen informiert und geschult sind, so dass am Tag der
„Live‐Schaltung“ des Prozesses ein reibungsloser Übergang gewährleistet ist.
Review:
Einige Zeit nach dem Roll‐out des Prozesses wird die Prozesseinhaltung mit einem Review, Audit oder
Assessment überprüft.
3.1.1. Modellierungssprachenund‐toolsDie gängigsten Modellierungssprachen und Modellierungstools werden im Folgenden vorgestellt.
(1) Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK): 1
Die Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) ist eine grafische Modellierungssprache zur Darstellung von
Geschäftsprozessen einer Organisation bei der Geschäftsprozessmodellierung. Sie wurde 1992 von einer
Arbeitsgruppe unter Leitung von August‐Wilhelm Scheer an der Universität des Saarlandes in Saarbrü‐
cken im Rahmen eines Forschungsprojektes mit der SAP AG zur semiformalen Beschreibung von Ge‐
schäftsprozessen entwickelt. Die Methode wurde im Rahmen der Architektur Integrierter Informations‐
systeme (ARIS) zur sichtenorientierten Modellierung von Geschäftsprozessen entwickelt und ist wesent‐
liches Element des ARIS‐Konzepts.
EPK stellen Arbeitsprozesse in einer semiformalen Modellierungssprache grafisch mit Syntaxregeln dar.
Dadurch sollen betriebliche Vorgänge systematisiert und parallelisiert werden, um Zeit und Geld einspa‐
ren zu können. Da innerhalb des Prozesses Entscheidungen auf Basis von Bedingungen und Regeln ge‐
troffen werden, gibt es in der EPK Verknüpfungsoperatoren („und“, „oder“, „exklusivoder“). Das
Grundmodell der Ereignisgesteuerten Prozesskette umfasst neben diesen Operatoren auch Ereignisse
und Funktionen. Dazu werden Objekte in gerichteten Graphen mit Verknüpfungslinien und ‐pfeilen in
einer 1:1‐Zuordnung verbunden (Ausnahme bei logischen Verknüpfungen). In einer solchen Verknüp‐
fungskette wechseln die Objekte sich in ihrer Bedeutung zwischen Ereignis und Funktion ab, das heißt
sie bilden eine alternierende Folge, die zu einem bipartiten Graphen führt. Wesentliches Kennzeichen ist
die Abbildung der zu einem Prozess gehörenden Funktionen in deren zeitlich‐logischer Abfolge.
(2) Business Process Modeling Notation (BPMN): 1
Die Business Process Modeling Notation (BPMN, engl. Modellierungsnotation für Geschäftsprozesse) ist
eine grafische Spezifikationssprache in der Wirtschaftsinformatik. Sie stellt Symbole zur Verfügung, mit
denen Fach‐ und Informatikspezialisten Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe (techn.: Workflows) mo‐
dellieren und dokumentieren können. Die BPMN kann mit den Ereignisgesteuerten Prozessketten vergli‐
chen werden. Da sie differenziertere Objekte bietet, ist sie einerseits komplizierter, dafür aber auch
ausdrucksstärker.
1 Quelle: Wikipedia
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(3) ARIS (IDS‐Sheer): 1
Es handelt sich bei der Software um ein datenbankbasiertes Modellierungstool, welches kollaborative
Beschreibungen und Analysen von gerichteten Graphen ermöglicht. Bei dem mit Abstand am bedeu‐
tendsten Use Case der Prozessmodellierung werden Geschäftsobjekte (Aktivitäten, Personen, Risiken,
IT‐System etc.) als Knoten und die Interaktion dieser Objekte untereinander (z. B. „verwendet“ oder „ist
Personalverantwortlich für“) als Kanten innerhalb gerichteter Graphen (Modellen) abgebildet. Hierbei
kann der Modellierer sowohl an Knoten als auch an Kanten konfigurierbare Attribute pflegen. Beispiel‐
hafte Attribute in der Geschäftsprozessmodellierung sind z. B. Objektname, Bearbeitungsdauer und
Eintrittswahrscheinlichkeit (an Kanten).
Die Beschreibung erfolgt z. B. über Wertschöpfungsketten („grob“) bis hinunter zu feingranularen „er‐
eignisgesteuerten Prozessketten“ (EPKs). Dabei wird die Modellierung von Prozessen insbesondere
durch den in ARIS integrierten Methodensupport vereinfacht, d. h. jedes Modellierungselement in ARIS
entspricht einem methodisch definierten Objekt, welches nur zu den Modellierungselementen eine se‐
mantische Beziehung aufbauen kann, welche auch sinnvoll und erlaubt sind.
(4) Visio (Mircosoft):2
Visio kann als einfaches Modellierungstool verwendet werden. Es dient dazu, mit Hilfe verschiedener
Vorlagen mit passenden Werkzeugen und Symbolen grafische Darstellungen zu erzeugen. Die so entste‐
henden Diagramme lassen sich einfach, z. B. per Drag and Drop, aber auch als eigenständige Datei
(*.vsd) in andere Dokumente einbetten. Besonders geeignet ist es für Flussdiagramme und Geschäfts‐
prozesse, aber auch andere Arten von Diagrammen, z. B. einfache technische Zeichnungen und sogar
UML‐Diagramme lassen sich damit erstellen.
3.1.2. WissensintensiveGeschäftsprozessenZur Beschreibung oder Definition wissensintensiver (Geschäfts‐)Prozesse werden unterschiedliche An‐
sätze verwendet. Wird die Planbarkeit des Wissensbedarfs betrachtet, kann über die Wissensintensität
anhand des Vorhandenseins von Variabilität und Ausnahmebedingungen entschieden werden. Prozesse
können wissensintensiv sein, wenn eine Verbesserung mit klassischen Methoden der Geschäftspro‐
zessoptimierung nicht oder nur zum Teil möglich ist. Schließlich kann anhand der Vielfältigkeit und Un‐
gewissheit von Input und Output auf die Wissensintensität geschlossen werden.
Ein Prozess ist dann wissensintensiv, wenn die durch ihn entstehende Wertschöpfung nur durch Befrie‐
digung des Wissensbedarfs der Prozessbeteiligten erzeugt werden kann. Anhaltspunkte für wissensin‐
tensive Prozesse sind daher neben den zuvor genannten Kriterien insbesondere:
Quellen‐ und Medienvielfalt
Varianz und dynamische Entwicklung der Prozessorganisation
viele Prozessbeteiligte mit unterschiedlicher Expertise
2 Quelle: Wikipedia
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Einsatz von Kreativität
hoher Innovationsgrad
verfügbarer Entscheidungsspielraum
hohe Komplexität
schwache Prozessstrukturierung
kommunikationsorientierte Aufgaben
Neuartigkeit
Verteiltes Know How
3.2. Wissensmanagement“StateoftheArt”Wissensmanagement ist die methodische Einflussnahme auf die Wissensbasis eines Unternehmens (or‐
ganisationales Wissensmanagement) bzw. der eigenen Person (Persönliches Wissensmanagement).
Unter der Wissensbasis werden alle Daten und Informationen, alles Wissen und alle Fähigkeiten ver‐
standen, die diese Organisation bzw. Person zur Lösung ihrer vielfältigen Aufgaben hat oder haben soll‐
te. Bei organisationalem Wissensmanagement sollen individuelles Wissen und Fähigkeiten (Humankapi‐
tal) systematisch auf unterschiedlichen Ebenen der Organisationsstruktur verankert werden. Organisati‐
onales Wissensmanagement kann daher als intervenierendes Handeln verstanden werden, das auf den
Theorien der Organisationslehre und des organisationalen Lernens beruht und diese systematisch in die
Praxis überführen will.
Wissen ist die Kombination von Daten und Information, unter Einbeziehung von Expertenmeinungen,
Fähigkeiten und Erfahrung, mit dem Ergebnis einer verbesserten Entscheidungsfindung. Wissen kann
explizit und/oder implizit, persönlich und/oder kollektiv sein.
Wissensmanagement ist das Management der Aktivitäten und Prozesse, welche die Wirksamkeit von
Wissen steigern und die Wettbewerbsfähigkeit durch bessere Nutzung und Erzeugung von individuellen
und kollektiven Wissensressourcen stärken.
Das Wissen innerhalb eines Unternehmens wird dabei als Produktionsfaktor verstanden, der neben die
schon bekannten Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Boden tritt. Die strategische Grundlage für das
Wissensmanagement bietet vor allem die wissensbasierte Unternehmenssicht. Diese stellt eine Erweite‐
rung der Auffassung dar, Information (z. B. im Rahmen der Marktgestaltung und ‐beeinflussung) als be‐
triebliche Ressource bzw. als Produktionsfaktor zu sehen.
Bei der Klassifizierung von Wissen gibt es verschiedene Ausprägungen. Einerseits gibt es das explizite
Wissen (kodifizierbares Wissen), das beschrieben werden kann und folglich geeignet ist, in Dokumenten
vorgehalten zu werden. Andererseits gibt es das implizite Wissen, das nicht in kodifizierbarer Form als
Information kommuniziert werden kann. Weiterhin kann nach der Verortung des Wissens unterschieden
werden. Das individuelle Wissen ist an den einzelnen natürlichen Wissensträger gebunden und ist nur
ihm zugänglich. Kollektives Wissen ‐ auch organisatorisches Wissen genannt ‐ entsteht aus der koordi‐
nierten Zusammenarbeit der einzelnen Wissensträger. Die Einbettung der individuellen Kenntnisse und
Wissensbestände ist Voraussetzung, um aus dem Wissen der einzelnen Wissensträger kollektives Wissen
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zu entwickeln. Das heißt die Summe des individuellen Wissens, über das die einzelnen Wissensträger
verfügen, stellt per se noch kein organisatorisches Wissen dar.
Abbildung 2: Verknüpfung der verschiedenen Wissensarten
Wissensdomänen beschreiben die Gebiete, über das Wissen vermittelt werden soll. Hierbei können
unterschiedliche Wissensdomänen formuliert werden:
Methoden
Fachwissen
Produkte
Patente
Normen/Gesetze
Technologie
Kunden
Personen
Markt
Wettbewerber
Prozesse
Projekte
Unternehmenskultur
Partner
3.2.1. Wissensmanagement‐Architekturen(1) Model of Tasks and Flows in Knowledge Management Integrated Framework
Ausgangspunkt ist ein Modell von Aufgaben und Flüssen des Wissensmanagements. Dabei werden die
wesentlichen Komponenten und Ebenen im Rahmen der Arbeiten von MAIER sukzessive erweitert, so
dass ergänzt mit weiteren Modellen eine integrierte Architektur entsteht. Ausgehend von der Wissens‐
management‐Strategie wird sukzessive ‐ über die Ebenen Strategy, Design, Operational Management
und Operational ‐ eine (organisationsspezifische) korrespondierende Umgebung für Wissensmanage‐
ment‐Aktivitäten entwickelt.
Strategische Ebene
Ausgangspunkt ist die Identifikation von Wissens‐Lücken oder Wissens‐Problemen innerhalb einer Or‐
ganisation und die damit verbundene Ableitung von Wissens‐Zielen bzw. korrespondierenden Wissens‐
Strategien.
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Design Ebene
Auf der Design‐Ebene werden vier Interventions‐Dimensionen unterschieden: Organisationale Instru‐
mente, Wissens‐Struktur bzw. (Kern‐)Themen, IKT‐Infrastruktur und weitere Interventions‐
Möglichkeiten. Die einzelnen Komponenten dieser Ebene vermitteln zwischen den Zielen und der opera‐
tiven Umsetzung.
Operationale Management Ebene
Auf dieser Ebene werden die Fortschritte und Effekte der Wissensmanagement‐Initiative kontinuierlich
bewertet; insbesondere hinsichtlich der aus den strategischen Wissenszielen abgeleiteten operativen
Wissensziele. Im Vordergrund des Modells steht dabei das Management von Menschen und Prozessen,
das Management der Wissens‐Qualität sowie das Management der IKT‐Infrastruktur und den damit
verbundenen Diensten.
Operative Ebene
Die wissensbezogenen Flüsse in einer Organisation beginnen und enden in der Umwelt der Organisati‐
on. Neue Wissensflüsse können innerhalb und außerhalb einer Organisation ausgelöst werden. Letzteres
insbesondere, wenn die Organisation eng mit ihren Partnern zusammenarbeitet. Der Fokus des Modells
liegt auf Wissens‐Flüssen und kollektiven Lernprozessen innerhalb einer Organisation. Allerdings enden
diese Flüsse und Prozesse nicht an den organisationalen Grenzen, die selten eindeutig definiert sind.
Abbildung 3: Integrierte Wissensmanagement Architektur
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(2) The Know‐Net Framework
Die Know‐Net Architektur wurde im Rahmen des EU‐Projektes Know‐Net entwickelt und ist Bestandteil
einer umfassenden Wissensmanagement‐Lösung, die sowohl einem prozessorientierten, als auch einem
produktorientierten Wissens‐Begriff Rechnung trägt. Die Ergebnisse des Projektes teilen sich in den
Know‐Net Ansatz, die Know‐Net Methode und das Know‐Net Werkzeug auf.
Abbildung 4: Know‐Net Architektur
Dabei ist die Know‐Net Architektur zentraler Bestandteil des Know‐Net Ansatzes und fasst wesentliche
Interventionsfelder und Gestaltungsebenen des Wissensmanagements zusammen:
die geschäftsrelevanten knowledge assets einer Organisation,
die organisationsindividuelle Wissensmanagement‐Infrastruktur (Strategie, Prozesse, Struktu‐
ren und Systeme) sowie
die Wissens‐Vernetzung auf individueller, Team‐, organisationaler und interorganisationaler
Ebene.
Knowledge assets
Im Mittelpunkt der Architektur stehen die knowledge assets, wobei in menschliche, strukturelle und
marktbezogene knowledge assets unterteilt wird. Diese generieren, nutzen und verteilen so genannte
Wissens‐Objekte (die die Informationen beinhalten, die von Menschen zu Wissen transferiert werden
können).
Wissensmanagement‐Infrastruktur
Um die knowledge assets gliedern sich die zentralen organisatorischen Elemente (Wissensmanagement‐
Infrastruktur), die die organisationsspezifischen knowledge assets optimal gestalten und bewirtschaften.
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Wissens‐Vernetzung
Die Wissensmanagement‐Infrastruktur unterstützt die Vernetzung der knowledge assets auf vier ver‐
schiedenen organisatorischen Ebenen Individuum, Team, Organisation und Inter‐Organisational.
(3) Wissensmanagement Grundkonzept: Eine europäische Perspektive
Das Wissensmanagement‐Grundkonzept (engl. European Knowledge Management Framework) ist ähn‐
lich zu der Know‐Net Architektur Bestandteil eines umfassenden‐Wissensmanagement‐Konzeptes, dem
European Guide to Good Practice in Knowledge Management. Dabei will das Wissensmanagement‐
Grundkonzept die sukzessive Entwicklung eines einheitlichen (europäischen) Verständnisses von Wis‐
sensmanagement fördern. Die Architektur umfasst drei Ebenen des Wissensmanagements:
Kerngeschäft (Wertschöpfende Geschäftsprozesse)
Wissenskernaktivitäten
Befähiger
Abbildung 5: Wissensmanagement‐Grundkonzept
Wertschöpfende Geschäftsprozesse
Im Mittelpunkt stehen die (relevanten) Geschäftsprozessen einer Organisation, als Ausgangspunkt jegli‐
cher Wissensmanagement‐Initiative; Wissen wird als wettbewerbsentscheidende Ressource betrachtet.
Im Vordergrund steht die Wertschöpfungskette, welche die Strategie‐Entwicklung, die Innovation von
Produkten und Dienstleistungen sowie die Herstellung bzw. die Dienstleistungserbringung, als auch den
Verkauf und die Kundenbetreuung umfasst. Diese Prozesse beschreiben den organisationalen Kontext,
in dem kritisches Wissen, wie beispielsweise über Produkte und Dienstleistungen, aber auch Kunden
und Technologien generiert und angewandt wird. Dabei verschiebt sich der Fokus mehr und mehr auf
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die interorganisationale Ebene, auf der Organisationen im Rahmen von Netzwerken mit Lieferanten,
Partnern und Kunden, agieren.
Wissenskernaktivitäten
Wissensmanagement‐Kernaktivitäten bzw. Wissensmanagement‐Prozesse können aufgrund ihrer Bezie‐
hungen zu verschiedenen Disziplinen vielfältig abgegrenzt werden. Prinzipiell lassen sich jedoch Konsoli‐
dierungen hin zu einigen Aktivitäten feststellen. Im Rahmen der hier vorgestellten Architektur werden
fünf Kernaktivitäten des Wissensmanagements berücksichtigt:
Identifizieren
Generieren
Speichern
Teilen
Nutzen
Diese beschreiben die zweite Ebene der Architektur, wobei sie einen integrierenden Prozess bilden.
Typischerweise werden diese Aktivitäten zur Unterstützung der Geschäftsprozesse ausgeführt. Die In‐
tegration und Einführung innerhalb einer Organisation wird (dabei) durch entsprechende Wissensma‐
nagement‐Methoden und Wissensmanagement‐Instrumente unterstützt.
Befähiger für Wissensmanagement
Die so genannten Befähiger (engl. enabler) stellen die dritte Ebene der Architektur dar und werden da‐
bei in zwei Kategorien unterschieden: Personale und organisationale Wissensfähigkeiten, die sich gegen‐
seitig ergänzen. Somit beschreiben sie die Befähiger der zuvor benannten Wissenskernaktivitäten. Per‐
sönliches Wissen umfasst jene Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie z. B. Verhalten, Erfahrung, Werkzeug‐
und Zeitmanagement, welche auf individueller und gruppenbezogener Ebene weiterentwickelt werden
müssen, um Verbesserungen für den Umgang mit Wissen zu erzielen.
3.3. ErgebnisundHerausforderungenErgebnis
Die in Kapitel 3.1 und 3.2 beschriebenen gängigen Prozess‐ bzw. Wissensmanagement Ansätze be‐
schreiben die vielfältigen Vorgehensweisen und Methoden. Leider werden die vorgestellten Prozess‐
bzw. Wissensmanagement unabhängig voneinander angewendet und bieten keine definierten Berüh‐
rungspunkte zwischen der prozess‐ und der wissensorientierten Sicht.
Eine klassische Prozessmodellierung mithilfe der gängigen Prozessmanagement‐Methodik deckt die
Anforderungen an ein Wissensmanagement nicht vollständig ab. Auf der anderen Seite ist ein Prozess‐
management (mindestens in einer rudimentären Form) unbedingt notwendig, um in einer WM‐Analyse
wissensintensive Aufgaben in einem Geschäftsablauf identifizieren zu können. Ziel muss es also sein, die
Prozessmanagement‐Methodik an den Stellen zu verfeinern, an denen Wissensmanagement eine tiefere
und detailliertere Betrachtung erfordert.
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Herausforderungen
Wie zuvor erwähnt laufen parallel zu den herkömmlichen Geschäftsprozessen unterschiedliche Wissen‐
sprozesse ab, die in nur geringem Maße strukturiert sind. Diese zu erkennen, zu modellieren, zu analy‐
sieren und letztendlich zu optimieren, muss das Ziel eines umfassenden integrierten Prozess‐ und Wis‐
sensmanagements sein. Die sinnvolle Modellierung von wissensintensiven Geschäftsprozessen ist daher
das Ziel dieses prozessorientierten Wissensmanagementansatzes.
Wissensintensive Geschäftsprozesse zeichnen sich durch eine Vielzahl von Aktivitäten aus, die sich wan‐
delnde, nicht planbare Wissensbedürfnisse beinhalten und alternative Ergebnisse bereitstellen. Um eine
Modellierung wissensintensiver Geschäftsprozesse zu verwirklichen, bedarf es weiterer Kriterien, die
über Funktionsumfang bisheriger Prozessmodellierungsansätze wie in Kapitel 3.1.1 Modellierungsspra‐
chen und ‐tools beschrieben hinausgehen. Nachfolgende Kriterien3 können zur Modellierung wissensin‐
tensiver Geschäftsprozesse herangezogen werden:
Zielsetzung: Welche Zielsetzung wird mit der Modellierung verfolgt? Dient sie ausschließlich zur
Dokumentation oder auch für Sollkonzeption und Schwachstellenanalyse?
Integration von Prozessmodellierung und Wissensmodellierung: Dieses Kriterium bezieht sich
darauf, ob z.B. Aktivitäts‐, Organisations‐, Kommunikations‐ und Wissensperspektiven innerhalb
der Modellierung vereint werden.
Implizites Wissen: Wie wird der Wissensbegriff bei der Modellierung definiert und verwendet?
Ist eine Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen möglich und können ver‐
schiedene Abstufungen von implizitem Wissen modelliert werden?
Wissenskonversion: Werden unterschiedliche Arten der Wissenskonversion berücksichtigt und
im Modell unterschieden?
Wissensfluss: Wird neben dem Informationsfluss eine getrennte Darstellung des Wissensflusses
in der Modellierung bereitgestellt?
Angebot und Nachfrage von Wissen: Kann eine angebots‐ bzw. nachfrageorientierte Darstel‐
lung von Wissen modelliert werden?
Personenbezogenes Wissen: Wird die Wissensmodellierung auf Organisationseinheiten be‐
schränkt oder ist es möglich, personenbezogenes Wissen in die Modellierung zu integrieren?
Soll/Ist Vergleich von Wissen: Bietet die Modellierung einen Soll/Ist‐Vergleich von Wissen in
Bezug auf Stellenanforderungen und personenorientiertes Wissen?
Sichtendarstellung: Wird eine Sichtendarstellung angeboten, die es erlaubt bestimmte Kriterien
zu fokussieren, zum Beispiel eine Organisations‐ oder Prozessablaufsicht?
Wissenslandkarten: Ermöglicht die Modellierung die Erstellung von Wissenslandkarten?
Ziel muss es sein anhand dieser Kriterien ein Verfahren zur Modellierung von Geschäftsprozessen – wo‐
bei der Wissensfluss integraler Bestandteil der Prozessdarstellung sein muss – anzuwenden.
3 Quelle: Vortrag "Modellierung von wissensintensiven Geschäftsprozessen (Norbert Gronau et al.)"
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4. IntegriertesKonzeptfürProzess‐undWissensmanagement
4.1. KonzeptvorschlagDie Knowledge Modeling and Description Language (KMDL)4 – auch Sprache für Wissensmodellierung
und ‐beschreibung genannt – ist eine Methode zur Modellierung, Analyse und Bewertung wissensinten‐
siver Geschäftsprozesse. Sie gehört zu den Methoden des geschäftsprozessorientierten Wissensmana‐
gements, welches die Aktivitäten des Wissensmanagements auf die Geschäftsprozesse fokussiert. Sie
ermöglicht es neben den klassischen Geschäftsprozessen die Wissensflüsse und ‐transformationen sys‐
tematisch zu erfassen und zu analysieren.
KMDL bildet ein Rahmenwerk, dass es ermöglicht, die Modellierung der Geschäftsprozesse und die Mo‐
dellierung des Wissensflusses in einer ganzheitlichen Sichtweise zu integrieren. Hierbei werden drei
Sichten definiert (Prozesssicht, Aktivitätssicht und Kommunikationssicht). Die mithilfe der Prozesssicht
und Aktivitätssicht erfassten Informationsobjekte (kodifiziertes Wissen bzw. explizites Wissen) und Wis‐
sensobjekte (stillschweigendes bzw. implizites Wissen) entlang der modellierten Wissensflüsse und ‐
transformationen können somit mittels des in Kapitel 3.2.1 beschriebene Wissensmanagement Ansatzes
„Wissensmanagement Grundkonzept – Eine europäische Perspektive“ abgebildet werden.
Nachfolgend wird zuerst die KMDL‐Methode beschrieben, anschließend das Vorgehensmodell bei
KMDL‐Projekten für wissensintensive Geschäftsprozesse und das Projektmanagement‐Schema für Wis‐
sensmanagement Einführung erläutert. Abschließend wird im Kapitel „Integration von PM‐Schema und
Vorgehensmodell“ der integrierte Prozess‐ und Wissensmanagement Ansatz beschrieben.
4.1.1. ErläuterungderKMDL‐Methode1. Umwandlung Prozess‐, Aktivitäts‐ und Kommunikationssicht
Während auf der Prozesssicht Objekte zur Erfassung des Geschäftsprozessablaufs sowie Konzepte zur
Abbildung organisationaler Beziehungen modelliert werden, stehen in der Aktivitätssicht Konzepte zur
Erfassung des Wissensübergangs zwischen Informations‐ und Wissensobjekten im Fokus. Als speziell auf
die wissensintensiven Aktivitäten ausgerichtete Sicht werden konkrete Personen und Teams, Wissens‐,
Anforderungs‐ und Informationsobjekte sowie Funktionen bzw. Konversionsmethoden betrachtet. Die
Kommunikationssicht beschreibt den Ablauf der Kommunikation innerhalb der betrachteten Organisati‐
on. Neben dem unterschiedlichen Blickwinkel wird zwischen diesen drei Sichten auch die Abstraktionse‐
bene variiert. Die Prozesssicht betrachtet (wissensintensive) Geschäftsprozesse auf einer höheren Gra‐
nularitätsebene als die Aktivitätssicht und Kommunikationssicht, die eine Detaillierung der Wissens‐ und
Informationsflüsse, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind, vorsieht. Unterschiedliche Sichten, die
sich durch die Variation von Abstraktionsebene und Inhalt ergeben, sind in Abbildung 6: Sichten unter‐
schiedlicher Personengruppen5 dargestellt.
4 entwickelt unter Leitung von Prof. Dr.‐Ing. Norbert Gronau (Universität Potsdam) 5 nach Junginger (2001)
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
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Abbildung 6: Sichten unterschiedlicher Personengruppen
2. Umwandlung von Wissen und Informationen
Die Interaktion von explizitem und stillschweigendem Wissen wird als Hauptantriebskraft bei der Wis‐
senserzeugung angesehen und kann durch Konversionen zwischen den Wissensarten beschrieben wer‐
den. Wissenskonversionen treten in Organisationen entlang der Geschäftsprozesse und zwischen den
Prozessbeteiligten eines Unternehmens auf. Es werden die folgenden vier Konversionsarten (auch Kon‐
versionstypen genannt) unterschieden6:
Sozialisation wird als Erfahrungsaustausch bezeichnet, bei dem stillschweigendes Wissen, wie etwa ge‐
meinsame mentale Modelle oder technische Fertigkeiten, entsteht. Dies kann in einem persönlichen
Gespräch, bei einer Konferenz, durch Erfahrungsaustausch oder Nachahmung geschehen. Ein Großteil
des stillschweigenden Wissens besteht daher aus Erfahrung und Intuition.
Externalisierung ist der Prozess der Artikulation vom stillschweigenden, explizierbaren Wissen in explizi‐
te Konzepte. Unter Nutzung von Reflektion, Metaphern, Analogien oder Modellen kann stillschweigen‐
des, explizierbares Wissen so ausgedrückt werden, dass es durch Dritte verstanden wird.
Bei der Kombination wird bestehendes explizites Wissen durch Verknüpfung zu neuem expliziten Wis‐
sen zusammengesetzt. In der KMDL wird explizites Wissen mit Informationen gleichgesetzt. Explizites
Wissen kann durch erneutes Sortieren, Aggregieren, Konfiguration, Kategorisierung und Addition zu
dem bestehenden expliziten Wissen erweitert werden.
Internalisierung ist der Prozess zur Eingliederung von explizitem in stillschweigendes Wissen, stark ver‐
wandt mit dem „Learning‐by‐doing”. Erfahrungen und Fähigkeiten („Know‐how“), die auf Basis von Sozi‐
alisation, Externalisierung oder Kombination gesammelt werden, werden in das individuell bestehende
mentale Modell integriert. Gängige Methoden Lesen von Texten, Sehen von Bildern, Hören oder Lernen.
6 nach NONAKA und TAKEUCHI
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
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Abbildung 7: Wissen‐Konversionstypen
Neben den eben beschriebenen atomaren Konversionen gibt es noch weitere Konversionsarten.
Komplexe Konversionen setzen sich aus mehreren Inputobjekten und genau einem Outputobjekt bzw.
aus einem Inputobjekt und mehreren Outputobjekten zusammen. Dadurch ist ebenfalls eine genaue
Identifikation der Entstehungswege möglich. Diese Art der Konversion ist jedoch ausdrucksstärker und
ermöglicht somit z.B. die Darstellung des Sachverhaltes, ein Buch zu lesen und dabei gleichzeitig vor‐
handenes Wissen zur Generierung neuen Wissens zu verwenden Dieser Sachverhalt wäre mit atomaren
Konversionen nicht eindeutig darstellbar.
Abstrakte Konversionen setzen sich aus mehreren beteiligten Input‐ und Outputobjekten zusammen. Bei
abstrakten Konversionen können die Entstehungswege nicht mehr nachvollzogen werden. Sie werden
verwendet, wenn die verwendeten Informations‐ und Wissensobjekte nicht mehr in atomare oder kom‐
plexe Konversionen aufgeteilt werden können, weil keine eindeutige Zuordnung zu den erzeugten In‐
formations‐ bzw. Wissensobjekten möglich ist.
Unbestimmte Konversionen werden verwendet, wenn die Konversionsart (atomar, komplex oder abs‐
trakt) nicht feststellbar ist. Sie stellen Platzhalter für die anderen Konversionsarten dar und können im
Zuge einer detaillierteren Modellierung durch diese ersetzt werden.
3. Analysemöglichkeiten mit KMDL
Die Analysemöglichkeiten können mit Hilfe von Reports, Prozessmustern, Analysesichten und freien
Potentialanalysen durchgeführt werden. Nachfolgend werden die verschiedenen Analysemöglichkeiten
kurz erläutert.
Reports sind in der KMDL‐Analyse statische Auswertungen auf Modelle. Die Reports unterscheiden sich
bezüglich Betrachtungsebene, Inhalt, Verdichtungsgrad und Genauigkeit und weiterer Dimensionen. Es
werden in der KMDL‐Analyse Reports auf drei Ebenen unterschieden:
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite18 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
1. Aktivitätsebene (pro Konversion)
2. Aufgabenebene (pro Aufgabe bzw. Aktivitätsmodell)
3. Prozessebene (pro Prozessmodell)
Ein Prozessmuster stellt dabei eine spezifische Konstellation von KMDL‐Objekten dar, die eine bestimm‐
te Situation beschreibt, die häufig innerhalb wissensintensiver Geschäftsprozesse auftritt. Jedes Pro‐
zessmuster stellt dabei einen Indikator für ein Potenzial dar. Derzeit werden fünf Kategorien (Familien)
von Prozessmustern unterschieden:
Occurrence Pattern
Multistep Pattern
Relevance Pattern
Exclusive Pattern
Prerequisite Pattern
Learning Pattern
Eine Analysesicht bildet eine Untermenge aller im Prozess vorhandenen Objekte ab. Möglich ist in Ge‐
schäftsprozessmodellierungssprachen etwa eine Unterscheidung zwischen
funktionaler
dynamischer
organisatorischer
inhaltlicher
und operationaler Sicht.
Prinzipiell ist die Anzahl der Sichten jedoch nicht begrenzt und je nach Zielsetzung können diese erwei‐
tert werden (z.B. erweiterte Prozesssicht, erweiterte Aktivitätssicht, erweiterte Kommunikationssicht,
kombinierte Prozess‐ und Aktivitätssicht). Notwendige Voraussetzung für die Zuordnung von Objekten
zu verschiedenen Sichten ist ein Repository zur konsistenten Speicherung der Objekte.
Die freie Potentialanalyse dient zur Identifizierung verschiedene Barrieren für den Wissensaustausch
bzw. der Wissensweitergabe die nicht durch einen entsprechenden Report, eine Analysesicht oder ein
Prozessmuster formalisiert werden können. Die identifizierten Barrieren können in drei Kategorien ein‐
geteilt werden:
Individuelle Barrieren
Technische Barrieren
Organisatorische Barrieren
Weitere Details bzgl. der Analysemöglichkeiten können in einem entsprechenden Arbeitsbericht nachge‐
lesen werden7.
7 Arbeitsbericht KMDL ‐ Eine semiformale Beschreibungssprache zur Modellierung von Wissenskonversionen
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite19 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
4.1.2. VorgehensmodellbeiKMDL‐ProjektenDas Vorgehensmodell beschreibt die verschiedenen Phasen, die in einem KMDL‐Projekt typischerweise
durchlaufen werden.
Abbildung 8: Vorgehensmodell für wissensintensive Geschäftsprozesse
Nachfolgend eine kurze Erläuterung des Vorgehensmodells mit den entsprechenden Phasen:
Zur Erfassung des Ist‐Zustandes werden typischerweise teilstrukturierte Interview‐Verfahren eingesetzt.
Die Erstellung von Modellen der Aktivitätssicht beschränkt sich aufgrund des hohen Modellierungsauf‐
wands auf die Aufgaben, die als besonders wissensintensiv identifiziert wurden. Zur Identifikation der
relevanten Prozesse wird die Wissensintensität des Prozesses aus der Analyse spezifischer Eigenschaften
abgeleitet. Exemplarisch können Charakteristika, wie hohe Komplexität, schwache Prozessstrukturie‐
rung, kommunikationsorientierte Aufgaben, hohe Mitarbeiterautonomie als Indikatoren für wissensin‐
tensive Geschäftsprozesse dienen – siehe hierzu auch Kapitel 3.1.2. Wissensintensive Geschäftsprozes‐
sen. Ergebnis der Aufnahme (Phase 3) sind KMDL Aktivitätsmodelle. Diese Modelle sind die Vorausset‐
zung der Analyse und Auswertung (Phase 4). Der Analyse vorgelagert ist die Arbeit von KMDL‐
Methodenentwicklern. Bei der Analyse übernehmen diese vorgelagerte Aufgaben, z.B. im Bezug auf die
Sondierung, Anpassung und Neukonzeption von Reports, Prozessmustern und Analysesichten.
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite20 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Abbildung 9: Vorgehen zur Analyse von KMDL‐Modellen
Im ersten Schritt (5.1) der Analyse erfolgt eine Untersuchung der Ist‐Prozessmodelle unter Einsatz von
Reports, Prozessmustern und Analysesichten. Nach der Untersuchung der Ist‐Modelle erfolgt die Ablei‐
tung von Verbesserungsvorschlägen (5.2). Das Ziel dieses Schrittes besteht in der Erstellung einer unge‐
ordneten Potenzialliste. Die ermittelten Potenziale werden im nächsten Schritt (5.3) anhand von infor‐
mationsflussorientierten, organisatorischen, technischen, kommunikationsorientierten und wissensori‐
entierten Aspekten klassifiziert und anschließend bezüglich des Potenzials bewertet. Im letzten Schritt
der Analyse werden die Verbesserungspotenziale nach Wichtigkeit und Aufwand in Zusammenarbeit mit
dem Auftraggeber bzw. Projektpartner evaluiert (5.4). Die Ergebnisse der Analyse sind die Basis für die
Soll‐Konzeption. Weitere Details bzgl. des Vorgehensmodells bei KMDL‐Projekten und hier speziell hin‐
sichtlich der Analyse‐ und Auswertungsphase können in einem entsprechenden Arbeitsbericht nachgele‐
sen werden.8
4.1.3. Projektmanagement‐SchemafürWMEinführungDie fünf Wissenskernaktivitäten, die von Unternehmen am häufigsten genannt wurden, dienen als eine
Art Suchraster für Wissensprobleme im Unternehmen. In ihnen spiegeln sich auch die Entwicklungspha‐
sen von Wissensmanagement wieder.
Identifizierung von Wissen: Das ist ein entscheidender strategischer Schritt. Menschen und Organisati‐
on sind aufgefordert, darüber nachzudenken, was sie erreichen möchten und welches Wissen für die
Zielerreichung notwendig ist. Es sollte analysiert werden, welches Wissen bereits zur Verfügung steht
und welches Wissen fehlt (Analyse der so genannten „Wissenslücken“). Diese Analyse bezieht sich auf
organisationaler Ebene auf den strategischen Wissensbedarf und auf persönlicher Ebene auf die tägliche
Wissens‐ und Informationsbeschaffung. Die Identifizierung von bestehendem Wissen ist essenziell für
den Entscheidungsfindungsprozess.
8 Arbeitsbericht KMDL ‐ Eine semiformale Beschreibungssprache zur Modellierung von Wissenskonversionen
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite21 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Abbildung 10: Die fünf Wissenskernaktivitäten
Um die Wiederverwertung von bestehendem Wissen zu fördern, sollte die Identifizierung vor der Erzeu‐
gung neuen Wissens stattfinden. Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung dieses Schrittes sind z.B.
systematische Suchstrategien, Brainstorming, Techniken wie Wissenslandkarten und (Kunden‐) Feed‐
back.
Erzeugung von (neuem) Wissen: Es gibt viele Wege, neues Wissen zu erzeugen. Auf persönlicher und
Team‐Ebene ist dies oft ein Ergebnis sozialer Interaktion, z.B. durch Training, „Learning by Doing“, ge‐
meinsame Problemlösung oder Brainstorming. Auf Abteilungs‐ oder Unternehmensebene zielen Innova‐
tionsprozesse typischerweise auf neues Wissen für Produkte und Dienstleistungen ab, während Verbes‐
serungsmaßnahmen auf interne Prozesse und Verfahren gerichtet sind. Wissenserzeugung kann inner‐
halb der Forschungs‐ und Entwicklungsaufgaben stattfinden, durch die Einrichtung einer Expertengrup‐
pe, wie die so genannten Communities of Practice (CoPs), durch Einstellung von Experten oder durch
Akquisition eines anderen Unternehmens. In allen Fällen sind es Menschen, die ihr bestehendes Exper‐
tenwissen, in expliziter und impliziter Form, einbringen müssen, damit neues Wissen erzeugt werden
kann. Jedoch werden oftmals neue Lösungen und hervorragende Ideen zum Zwecke der Wiederverwer‐
tung oder des Lernens nicht festgehalten. Daher ist es entscheidend zu prüfen, wie solches Wissen am
besten bewahrt werden kann.
Speicherung von Wissen: Der Aufbau von intellektuellem Kapital findet eingebettet im Kontext einer
Organisation statt. Wissen ist meist in den Köpfen der Menschen „gespeichert“ und verbleibt häufig
auch dort als so genanntes „implizites Wissen“. Darüber hinaus kann Wissen in Team‐ oder Organisati‐
onsgewohnheiten „gespeichert“ sein, ohne jemals explizit beschrieben worden zu sein (wie uns das z.B.
erfolgreiche Sportteams zeigen). Solange diese Menschen oder Teams zur Verfügung stehen, kann man
sagen, dass sich ihr Wissen im „Gedächtnis“ der Organisation befindet und für einen wiederholten Ein‐
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite22 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
satz bereit steht. Man kann dieses Wissen auch durch Institutionalisierung als so genanntes Strukturka‐
pital in den Strukturen, Prozessen und der Unternehmenskultur einer Organisation bewahren. Um expli‐
zites Wissen abzuspeichern, werden unterstützende Maßnahmen benötigt, wie z.B. die Selektion, Ord‐
nung bzw. Kategorisierung, die Aktualisierung aber auch das Löschen von veralteten Informationen. Die
Bewahrung von gespeicherten Wissensbeständen über einen längeren Zeitraum kommt der Anwendung
eben dieses Wissens sehr nahe, da Wissen stets an aktuelle Gegebenheiten, veränderte Kontexte und
Angelegenheiten angepasst werden muss. Um das Potenzial dieses Wissens nutzen zu können, muss die
nächste Aktivität des Wissensprozesses – die Wissensteilung – gewährleistet sein. Zu den technischen
Hilfsmitteln für die Wissensbewahrung zählen z.B. Dokumentdatenbanken, Frage‐ und Antwortsysteme,
Systeme zur Lokalisierung von Expertise (z.B. „Yellow Pages“).
Teilen von Wissen: Das Ziel dieser Aktivität ist der Transfer von Wissen an den richtigen Ort zur richtigen
Zeit mit der richtigen Qualität. In diesem Fall gelangt das Wissen in den richtigen Kontext – und zwar
dorthin, wo Wert geschaffen wird. Teilen kann auf vielerlei Art vor sich gehen. Wissen kann Datenban‐
ken hinzugefügt werden oder über Dokumente verteilt werden. Das ist der so genannte Lagerhaltungs‐
Ansatz („Stock Approach“, oder auch "Wissen als Produkt“‐Ansatz genannt). Menschen machen Wissen
in einer Weise verfügbar, dass andere Menschen es finden können. Aber häufig kann Wissen am besten
von einer Person an eine andere Person durch direkte Interaktion weitergegeben werden, durch Zu‐
sammenarbeit, in Workshops, durch Coaching, in einer Lehrling‐Meister‐Beziehung etc. weitergegeben
werden. Diese direkte Weitergabe von Wissen wird als Wissensfluss‐Ansatz („Flow‐Approach“, auch
„Wissen als Prozess“‐Ansatz genannt) bezeichnet. Zu den Methoden und Software‐Tools, die das Teilen
von Wissen unterstützen, zählt man z.B. Intranets/ Portale, Datenbanken, Kollaboration, CoPs (Commu‐
nities of Practice), Job Rotation, Coaching, Seminare und Trainings. Wenn wir jedoch nicht bereit sind,
das Wissen unserer Kollegen, Partner, Lieferanten und Kunden anzunehmen, können wir das eigentliche
Ziel von WM ‐ die sinnvolle Anwendung von Wissen ‐ nicht erreichen.
Anwenden von Wissen: “Wenn wir bloß wüssten, was wir wissen...wir wären drei Mal so profitabel!“
Wissen kann in einer Organisation nur durch seine Anwendung Wert schaffen. Weil viele Wissenspoten‐
ziale unausgeschöpft bleiben, soll mit dieser Aktivität sichergestellt werden, dass sich all die Anstren‐
gungen der vorhergehenden Aktivitäten gelohnt haben. Darüber hinaus bestimmt diese Aktivität den
eigentlichen Wissensbedarf und sollte immer als Referenzpunkt für das zu erzeugende, zu speichernde
und zu teilende Wissen dienen. Bei der Anwendung von Wissen können wir Wissenslücken entdecken
und auch neue Erfahrungen machen, die einen Wissenszuwachs für die Organisation bedeuten. Daher
sollte hier der Wissensprozess wieder übergehen in die Identifizierung und Erzeugung und damit zu ei‐
nem integrierten WM‐Prozess werden.
Im Folgenden stellen wir eine Projektmanagement‐Struktur vor, die auf Anforderungen von KMUs im
Zusammenhang mit der Einführung von Wissensmanagement abgestimmt ist. Ein allgemeines Projekt‐
management‐Schema für Wissensmanagement kann fünf Phasen beinhalten.
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
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Abbildung 11: Projektmanagement‐Schema für die WM‐Implementierung
Phase A: Initiieren eines WM‐Projekts
In der Phase 1 sollten Visionen, Gesamtziele, Strategien und Absichten der WM‐Initiative festgelegt und
konkrete Ziele formuliert werden.
Phase B: Analyse
Der gegenwärtige Stand der Wissensbestände und ‐flüsse sollte erhoben werden.
Phase C: Entwicklung
Erfordernisse sollten bestimmt und alternative Lösungen beurteilt werden. Das Design der Schlüs‐
selelemente der WM‐Lösung (Werkzeuge und Methoden) soll durchgeführt werden.
Phase D: Implementierung
Einführung der WM‐Lösung in die Organisation und, falls erforderlich, Training der Anwender der Werk‐
zeuge und Methoden.
Phase E: Evaluierung/ Nachhaltigkeit
Evaluierung des Projekts und Messen der Ergebnisse. Damit ist das Projekt noch nicht zu Ende, denn die
Ergebnisse und Erkenntnisse müssen fortlaufend in die tägliche Arbeit der Organisation integriert wer‐
den.
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite24 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Für jeden der oben genannten Schritt können in dem Europäische Leitfaden9 verschiedene Beispiele,
bewährte Vorgehensweisen, hilfreiche Werkzeuge etc., die bei der Einführung von WM in KMUs hilfreich
sein können, nachgelesen werden.
4.1.4. IntegrationvonVorgehensmodellundPM‐SchemaVorgehensmodell (wPM)
0: Projekt‐Anbah‐nung
1: Zielverein‐barung und
Auswahl eines Geschäftspro‐
zesses
2: Aufnahme der Prozess‐
sicht
3: Identifika‐tion wissens‐intensiver Aufgaben
4: Aufnahme der Aktivitäts‐
sicht
5: Analy‐se und Auswer‐tung
6: Entwicklung eines Sollkon‐
zeptes
7: Umsetzung 8: Evaluie‐rung
PM‐Schema (WM) Phase A:
INITIIERUNG
Phase B:
ANALYSE
Phase C:
ENTWICKLUNG
Phase D:
IMPLEMEN‐TIERUNG
Phase E:
EVALUIE‐RUNG
Prozess‐
ebene Wissens‐
ebene verwen‐
dete WM Domä‐nen
Prozess‐ebene (opt.)
Wissens‐ebene (opti‐miert)
Wissens‐daten‐bank‐ebene
Abbildung 12: Integriertes Prozess‐ und Wissensmanagement Konzept
4.2. DurchführungeinesPilotmitintegriertemKonzeptNachfolgend wird basierend auf dem zuvor beschriebenen Konzeptvorschlag beispielhaft ein Geschäfts‐
prozess modelliert. Die hierbei ebenfalls modellierten Wissensflüsse und ‐übergänge dienen als Basis für
den integrierten Wissensmanagement‐Prozess.
4.2.1. RandbedingungenundAnnahmenDa bei dem Ingenieurdienstleister entsprechende Kenntnisse hinsichtlich der Geschäftsprozess Model‐
lierungssprache Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) vorliegen und diese eine der Standard‐
Modellierungssprache ist werden die Geschäftsprozesse mit dieser modelliert. Als Werkzeug wird aus
Kostengründen auf das Standardprogramm Visio zurückgegriffen.
Wie in Kapitel 4.1 beschrieben ist die Knowledge Modeling and Description Language (KMDL) eine ge‐
eignete Methode zur Modellierung, Analyse und Bewertung wissensintensiver Geschäftsprozesse. Sie
ermöglicht es neben den klassischen Geschäftsprozessen die Wissensflüsse und ‐transformationen sys‐
tematisch zu erfassen und zu analysieren. Die Modellierung der nachfolgenden Wissensflüsse und ‐
9 Europäischer Leitfaden zur erfolgreichen Praxis im Wissensmanagement
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite25 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
übergänge (Aktivitätssicht) mit KMDL statt. Als Werkzeug wird der hierfür entwickelte K‐Modeler10 ver‐
wendet.
Zur Implementierung des Wissensmanagementsystems wird auf eine Wiki‐Server Lösung (JSPWiki) zu‐
rückgegriffen. Mit einer Wiki‐Lösung kann das gesamte Wissen eines Unternehmens transparent für alle
abgebildet werden.
In dem nachfolgenden Pilotprojekt wird die beispielhafte Umsetzung anhand eines Geschäftsprozesse
aus einem Dienstleistungsunternehmen durchgeführt.
4.2.2. BeschreibungdesPilotprojektesAnhand des nachfolgenden Pilotprojektes wird die Machbarkeit des zuvor entwickelten integrierten
Prozess‐ und Wissensmanagement Konzeptes nachgewiesen. Die verschiedenen Phasen des Vorge‐
hensmodell und des integrierten Projektmanagement‐Schema für die Wissensmanagement‐Einführung
werden nachfolgend schrittweise durchlaufen. Hierbei werden die einzelnen Aufgaben und Ergebnisse
aufgeführt.
4.2.2.0. ProjektanbahnungDie ursprüngliche Ausgangssituation ist, dass beim Einsatz den klassischen Prozessmanagement‐
Analysemethoden die „Zusatzinformationen“ die sich im Laufe des Arbeitslebens in den Köpfen der Mit‐
arbeiter sammeln (immaterielles Humankapital), und über Prozessdokumentationen schwer greifbar
sind. Durch die natürliche Fluktuation und den immer stärker in den Vordergrund rückenden Demogra‐
phischen Wandel geht bei vielen Unternehmen wertvolles Wissen (Lessons Learned) verloren und muss
mühevoll wieder aufgebaut werden. Daraus leiten sich die unter Kapitel 2 beschriebenen Problemstel‐
lungen und Ziele ab.
4.2.2.1. ZielvereinbarungundAuswahleinesGPFür das Pilotprojekt wird abgeleitet aus einer bestehenden Prozesslandkarte ein durchgängiger Kernpro‐
zess im Dienstleistungsumfeld festgelegt.
Die Kernprozesse Angebotserstellung und Auftragsbearbeitung/‐prüfung – Schwerpunkt FMEA‐Prozesse
– können als potentiell wissensintensiv eingestuft werden.
10 entwickelt unter Leitung von Prof. Dr.‐Ing. Norbert Gronau (Universität Potsdam)
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite26 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Abbildung 13: Prozesslandkarte
Der Kernprozess Angebotserstellung ist unabhängig von den verschiedenen Produkten und ein wichtiger
Bestandteil des Geschäftsmodells, da hier vom Eingang der Anfrage bis zur Auftragserteilung der Grund‐
stein für alle Projekte gelegt wird. Der Kernprozess Auftragsbearbeitung/‐Prüfung ist ein generischer
Prozess von der Auftragserteilung bis zur Abnahme der Arbeitsergebnisse durch den Kunden, der auf
alle angebotenen Dienstleistungen angewandt werden kann. Um an den Stellen, an denen sich der Pro‐
zess bei den verschiedenen Dienstleistungen unterscheidet, die Wissensintensität untersuchen zu kön‐
nen, wird der Prozess am Beispiel der Dienstleistung „Einführung eines ganzheitlichen FMEA‐Prozesses“
beleuchtet.
Zielsetzung für dieses Projekt ist, dass bei den wissensintensivsten Tätigkeiten über die KMDL‐Methode
Wissensdefizite und/oder Risiken in der Bereitstellung von Wissen entdeckt, und daraus Maßnahmen
abgeleitet werden, so dass ein optimierter Soll‐Prozess definiert und eingeführt werden kann.
Das Unternehmen DaSI ist ein Dienstleistungsunternehmen und bietet für gewöhnlich maßgeschneider‐
te Produkte an die ggf. von einem Basis‐Standardprodukt abgeleitet werden können. Daher fokussiert
die Wissensmanagement‐Strategie auf die Vermarktung der Expertise, Vernetzung von Menschen und
einem direkten Erfahrungsaustausch zwischen den Experten.
4.2.2.2. AufnahmederProzesssichtUm die wissensintensiven Aufgaben zu beschreiben ist es zunächst nötig, dass der jeweilige Prozess an
den Stellen detaillierter beschrieben wird, an denen wissensintensive Tätigkeiten identifiziert wurden,
die jedoch aufgrund der Komplexität nicht sofort in einer Aktivitätssicht analysiert werden können. Um
die wissensintensivsten Tätigkeiten in den Prozessabläufen identifizieren zu können, werden alle Pro‐
zessschritte entsprechend den unter Kapitel 3.1.2 Wissensintensive Geschäftsprozessen aufgeführten
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite27 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Kriterien anhand einer Auswahlmatrix (beispielhaft „Angebotserstellung“ in Anhang A) nach Wissensin‐
tensität bewertet und priorisiert.
Abbildung 14: GP: Angebotserstellung (links) und Auftragsbearbeitung/‐prüfung (rechts)
4.2.2.3. IdentifikationwissensintensiverAufgabenDie Detailprozesse mit der höchsten Wissensintensität (siehe fette Umrandung in Abbildung 14) werden
nachfolgend für den jeweiligen Geschäftsprozess aufgeführt:
Angebotserstellung (AE):
Erstgespräch mit Kunden
Ist die Anfrage / Änderungswunsch machbar
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Auftragsbearbeitung/‐prüfung (AB):
Kickoff durchführen & Projektunterlagen beschaffen
Projektphasen nach Zeit‐/Meilensteinplan abarbeiten
Projektabschlussbericht erstellen ggf. Präsentation der Ergebnisse
Die sich hieraus ergebenden fünf Detail‐Geschäftsprozesse (beispielhaft „Erstgespräch mit Kunden“ in
Anhang B) werden in einem weiteren Schritt mithilfe der weiter oben schon erwähnten Auswahlmatrix
hinsichtlich potentieller wissensintensiver Prozesse untersucht. Folgende potentielle wissensintensive
Aufgaben innerhalb der jeweiligen Detail‐Geschäftsprozesse wurden hierbei ermittelt:
AE Erstgespräch
AE Anfrage / Änderungswunsch machbar
AB Kick‐Off durchführen
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März2010 Ingenieurdienstleistung Seite29 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
AB Projektphasen
AB Abschlussbericht und Präsentation
Abbildung 15: wissensintensiven Aufgaben aus Detail‐Geschäftsprozessen
4.2.2.4. AufnahmederAktivitätssichtDie Wissensflüsse der ausgewählten wissensintensiven Aufgaben werden mit Hilfe der Aktivitätssicht
nun dargestellt. Da die zwei Aufgaben Gemeinsames Verständnis bzgl. Problemstellung entwickeln, Lö‐
sungsansätze erarbeiten und Aufgabenblöcke definieren und Strategische Entscheidung bzgl. Anfra‐
ge/Änderungswunsch treffen jedoch auf einer sehr generischen Ebene beschrieben sind, werden den
Wissensobjekten (Knowledge Objects) nicht wie üblich Personen sondern Rollen zugeordnet. Da die
notwendigen Anforderungen an die Prozesse sehr Fach‐, Kunden‐ und Projektspezifisch sein können sind
diese ebenfalls nicht genau definierbar. Beim Prozess Potentialermittlung des FMEA‐Prozess über Reife‐
gradmodell wurde aus Konsistenzgründen wieder mit Rollen statt Personen gearbeitet.
Des Weiteren stellt sich heraus, dass es schwierig ist den „Rahmen“ einer Aktivitätssicht genau zu defi‐
nieren. Um einen schlüssigen Wissensfluss darstellen zu können, wurde deshalb die Aktivitätssicht nicht
wie geplant nur von einer Aufgabe erstellt, sondern „aufgabenübergreifend“. Mit diesen Voraussetzun‐
gen wurden nachfolgende Aktivitätssichten erstellt.
Innerhalb des Details‐Geschäftsprozesses „Erstgespräch“ wurde beispielhaft aufgabenübergreifend die
Aktivitätssicht „Gemeinsames Verständnis bzgl. Problemstellung entwickeln und Lösungsansätze erar‐
beiten und Aufgabenblöcke definieren“ modelliert. Zum besseren Verständnis finden sich in Anhang C
die Objektebeschreibungen der KMDL‐Aktivitätssicht.
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite30 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Abbildung 16: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Erstgespräch
Weiterhin wurde innerhalb des Details‐Geschäftsprozesses „Anfrage / Änderungswunsch machbar“ bei‐
spielhaft die Aktivitätssicht „Strategische Entscheidung bzgl. Anfrage/Änderungswunsch treffen“ model‐
liert.
Abbildung 17: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Anfrage / Änderungswunsch machbar
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
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Abschließend wurde innerhalb des Details‐Geschäftsprozesses „Projektphasen“ die Aktivitätssicht „Po‐
tentialermittlung des FMEA‐Prozess über Reifegradmodell“ modelliert.
Abbildung 18: Aktivitätssicht innerhalb des GP: Projektphasen
Ergänzend zu den Aktivitätssicht‐Modellen wurde ein WM‐Audit nach dem 7S‐Modell anhand des Know‐
ledge Quick Scans11 durchgeführt (Fragenkatalog siehe Anhang D). Dies ist ein Selbstbewertungsinstru‐
ment, das auf einfache Weise den aktuellen Status einer Organisation hinsichtlich des Umgangs mit Wis‐
sen identifiziert.
Abbildung 19: Ergebnismatrix des Knowledge Quick Scan (7S‐Modell)
11 Aus dem Leitfaden „Wissen managen ‐ Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“
IntegriertesProzess‐undWissensmanagement
März2010 Ingenieurdienstleistung Seite32 mit Unterstützung von Gehrung Wolff & Partner
Entsprechend der Punkteverteilung bieten folgende Bereiche der Knowledge Quick Scan Ergebnismatrix
das meiste Potential zur Optimierung des Wissensmanagement Prozesses:
Defizit im Bereich Unternehmensvision & Strategie
Unklare Struktur zur Wissensspeicherung und ‐Bereitstellung
Unzureichende IT‐Unterstützung für Wissensmanagement
4.2.2.5. AnalyseundAuswertungNachfolgend werden eine Auswahl an verschiedene Analysemöglichkeiten am Beispiel der Aktivitäts‐
sicht Abbildung 16 „Gemeinsames Verständnis bzgl. Problemstellung entwickeln und Lösungsansätze
erarbeiten und Aufgabenblöcke definieren“ vorgestellt.
Mit Hilfe des „Conversion Relevancy Report“ (Konversions‐Bedeutungs‐Report) kann die prozentuale
Aufteilung der in der zu analysierenden Aktivitätssicht durchgeführten Konversionen dargestellt werden.
Hierbei zeigt sich, wie in Abbildung 20 dargestellt, dass ca. 72% an Sozialisations‐Konversionen und nur
ca. 5% an Externalisierungs‐Konversationen durchgeführt werden. Dies lässt sich dadurch begründen,
dass in dem entsprechenden Wissensfluss viel neues implizites Wissen generiert und entsprechend
kommuniziert wird. Dieses Wissen wird zum Abschluss in ein Informationsobjekt – in Form eines Doku‐
mentes – externalisiert.
Abbildung 20: „Conversion Relevancy Report“ Auswertung
Der „Competence Report“ (Kompetenz‐Report) beschreibt die Kompetenzverteilung der beteiligten Per‐
sonen und Teams innerhalb der analysierten Aktivitätssicht. Die Verteilung in Abbildung 21 zeigt eine
deutliche Kompetenzkonzentration bei der Person Produktverantwortlichen, wogegen die Person Ac‐
count Manager nur eine geringe Kompetenzanhäufung aufweist. Diese Verteilung beruht auf der Tatsa‐
che, dass der Produktverantwortlich innerhalb der betrachteten Aktivitätssicht über viel implizites Wis‐
sen verfügt und dieses entsprechend sozialisiert wogegen der Account Manager nur wenige Wissensob‐
jekte für diese spezifische Aufgabe einbringen muss.
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Abbildung 21: „Competence Report“ Auswertung
Als weitere Analysemöglichkeit wird der „Object Occurrency Report“ (Objekt‐Häufigkeits‐Report) vorge‐
stellt. Wie in Abbildung 22 zu erkennen, gibt es innerhalb der analysierten Aktivitätssicht 11 Wissensob‐
jekte und nur 3 Informationsobjekte. Dies ergibt sich aus der oben beschriebenen Konversionsverteilung
innerhalb des Wissensflusses worin viel neues implizites Wissen generiert und entsprechend kommuni‐
ziert wird welches dann in ein Informationsobjekt fließt.
Abbildung 22: „Object Occurrency Report“ Auswertung
Neben den hier beispielhaft vorgestellten Auswertungen gibt es noch eine Vielzahl an weiteren Analyse‐
und Auswertungsmöglichkeiten. Zu nennen wäre hierbei weitere Reports, verschiedene Analysesichten,
Prozessmuster und freie Potenzialanalyse.
Die mithilfe der Analyse‐ bzw. Auswertungsmöglichkeiten untersuchten Aktivitätssichten und der zuvor
durchgeführte Knowledge Quick Scan zeigen ein klares Bild über den aktuellen Status einer Organisation
hinsichtlich des Umgangs mit implizitem bzw. explizitem Wissen. Hieraus lassen sich mithilfe der fünf
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Wissenskernaktivitäten (Identifizierung von Wissen, Erzeugung von (neuem) Wissen, Speicherung von
Wissen, Teilen von Wissen und Anwenden von Wissen) entsprechend notwendige Maßnahmen wie Les‐
sons learned, Wissenskarten, Wissensportfolios, Best Practices, Brainstorming, externe Kooperationen,
Wissenszirkel, Workshops, etc. ableiten.
4.2.2.6. EntwicklungeinesSollkonzeptsDie Abgrenzung der IST‐Modellierung zur SOLL‐Modellierung – sowohl auf Prozess‐ als auch auf Aktivi‐
tätssicht – ist in diesem Pilotprojekt schwer zu fassen, da es sich aufgrund der geringen Häufigkeit der
Prozessdurchläufe und hohen Individualität der Projekte eher um unscharfe IST‐Prozesse (und somit
auch IST‐Aktivitätssichten) handelt. Somit wurde ein kombiniertes IST‐/Soll‐Modell mit Hilfe der not‐
wendigen Anforderungen erstellt.
4.2.2.7. UmsetzungAls Abweichungen vom „gelebten IST‐Stand“ zum gewünschten definierten SOLL‐Stand lassen sich fol‐
gende Schwerpunkte mit den zugehörigen Maßnahmen daraus ableiten:
Schwerpunkt Maßnahme umzusetzen bis:
Kein FMEA‐Reifegradmodell vorhanden
FMEA‐Reifegradmodell in Anlehnung an Fra‐gekatalog erstellen
August 2010
Gesamtprozesslandschaft nicht vollständig definiert
Gesamtprozesslandkarte definieren, und für ausgewählte Teilprozesse detaillieren. Ggf. müssen die Soll‐Prozesse inkl. Aktivitäts‐sicht daraufhin nochmals angepasst werden.
August 2010
Keine Unternehmenspräsenta‐tion vorhanden
Unternehmenspräsentation erstellen Mai 2010
Kein „Leitfaden“ vorhanden, was beim Erstgespräch alles vorhanden sein muss.
Checkliste für Erstgespräch erstellen, analog identifizierter Anforderungen aus Aktivitäts‐sicht
Juni 2010
Entscheidungs‐Inputdokumente für Machbar‐keitsanalyse nicht vorhanden.
Folgende Inputdokumente sind zu erstellen: 1) Honorartabelle 2) Kompetenzmatrix (inkl. Netzwerk‐
partner) 3) Unternehmensvision und ‐strategie
(Grundsätzliche Definition notwendig)
Juni 2010
Kein System zur Wissensspei‐cherung vorhanden
Prüfen ob WM‐System über Datenstruktur auf Laufwerk realisierbar ist. Alternativ ist der Aufwand zur Einführung eines Unternehmens‐Wikis zu prüfen.
Juli 2010
Schulung Vermittlung der neu hinzugekommenen Wis‐senskernaktivitäten über Workshops und Schulungen
September 2010
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Um eine entsprechende Nachhaltigkeit zu gewährleisten bedarf es je nach Situation einer Einführung
bzw. Erweiterung der geeigneten Wissensmanagement‐Lösung in die Organisation. Falls erforderlich
sollten ein Training der Anwender bzgl. der verwendeten Werkzeuge und Methoden stattfinden.
4.2.2.8. EvaluationEine Evaluierung wird aus Zeitgründen hier nicht durchgeführt.
4.2.3. ErgebnissedesPilotprojektesAls Ergebnisse des Pilotprojektes können folgende Punkte festgehalten werden.
Im Pilotunternehmen sind die notwendigen Prozesse noch nicht klar definiert
Durch die rudimentäre Prozessdarstellung ohne Integration in eine Prozesslandschaft ist es sehr
schwer singuläre Prozesse zu betrachten und zu definieren. Dies wirkt sich auch unmittelbar auf
die Qualität der Aktivitätssicht aus.
Im Pilotunternehmen hat eine Person überdurchschnittlich viele Rollen zu bedienen
Durch die hohe Verdichtung von Rollen auf wenige Personen, ist es sehr schwierig eine klare
Wissensverteilung festzustellen. Zudem verstärkt eine unklare Rollendefinition diesen Effekt.
K‐Modeller ist nur bedingt kundentauglich
Der K‐Modeller erweist sich als nicht intuitiv bedienbar. Für einen effektiven Einsatz in konkre‐
ten Projekten ist eine Verknüpfungsmöglichkeiten von Prozess‐ und Aktivitätssicht zwingend
notwendig, welche im aktuellen Entwicklungsstand jedoch nicht implementiert ist. Weiterhin
treten verschiedene kuriose, unverständliche Effekte auf, die die Arbeit unnötig erschweren und
viel Zeit kosten. Weiterhin gilt zu beachten, dass bei vielen Kunden bereits andere Software‐
Lösungen zur Prozessdokumentation eingesetzt werden. Hinsichtlich der Tatsache dass Medien‐
brüche wo möglich vermieden werden sollen, wäre der K‐Modeller als weiteres Tool in diesem
Bereich nur suboptimal.
Durchführung des Knowledge Quick Scans erfordert eine größere Menge an Umfrageteilneh‐
mer
Durch die doch sehr reduzierte Teilnehmerzahl aufgrund der recht geringen Unternehmensgrö‐
ße, besitzt die Umfrage eine sehr subjektive Sicht. Es lässt sich jedoch festhalten, dass die Fragen
verständlich und praxistauglich gestellt sind.
Analyse und Auswertung mangels „Aktivitätssicht‐Komplexität“ nur eingeschränkt möglich
Durch die sehr detaillierte Prozessdarstellung als Grundlage, und der sehr geringen Beteiligung
von verschiedenen Personen/Rollen in den Aufgaben ist es schwierig möglich konkrete Analyse‐
verfahren wie Patterns o.ä. anzuwenden.
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5. ErgebnisdesintegriertenKonzeptsNachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse des erarbeiteten Konzeptvorschlages zur integrierten
Betrachtung von Prozess‐ und Wissensmanagement bei wissensintensiven Geschäftsprozessen vorge‐
stellt.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass es eine enge Verzahnung zwischen dem klassischen Prozess‐
management und dem Wissensmanagement gibt. Speziell das Prozessmanagement mit wissensintensi‐
ven Geschäftsprozessen liefert vielfältigen Input für das unternehmensweite Wissensmanagement‐
System. Weiterhin erlaubt dieses integrierte Konzept eine differenzierte Sicht auf die vorhandenen bzw.
notwendigen Wissensträger (implizit bzw. explizit) innerhalb des Unternehmens woraus entsprechende
Maßnahmen abgeleitet werden können. Das ebenfalls mögliche Mapping von konkreten Personen zu
den jeweiligen Wissensobjekten (implizitem Wissen) liefert einen deutlichen Mehrwert. Des Weiteren
bietet dieser integrierte Konzeptvorschlag eine Transparenz über die im Unternehmen stattfindenden
Wissensflüsse, welche dann zum Wissensaufbau bzw. ‐ausbau innerhalb einer lernenden Organisation
Verwendung finden können.
Die unter dem Kapitel 3.1.2 entwickelten Kriterien für wissensintensive Aufgaben haben sich als ein gu‐
tes Maß zur Identifizierung von wissensintensiven Prozessaufgaben zur detaillierteren Aktivitätssicht‐
Modellierung bewährt. Leider hat sich aber auch gezeigt, dass es keine klare Trennung zwischen dem
Detaillierungsgrad der Prozessmodellierung und der zugehörigen Aktivitätssicht Darstellung gibt.
6. AusblickUm das Konzept in einen kundentauglichen Ansatz weiter zu entwickeln, gilt es vor allem die gewonne‐
nen Erkenntnisse und Potentiale aus dem Pilotprojekt mit den Entwicklern der KMDL zu klären. Hierzu
wäre es von Vorteil, wenn eine Zusammenarbeit mit dem entwickelnden Institut (Uni Potsdam) entste‐
hen würde. Parallel ist es notwendig, dass entweder nach einer sinnvollen Verknüpfung von Standard‐
Prozessmodellierungstools mit dem K‐Modeller gesucht wird, oder ein Weg gefunden wird wie das Prin‐
zip der Aktivitätssichten (insb. Wissensflüsse und ‐konversionen) mit eben diesen Standard‐
Modellierungstools ab‐ bzw. nachgebildet werden kann. Letztgenannter wäre aufgrund der zuvor ge‐
nannten Schwächen des K‐Modellers der zu bevorzugende Weg.
Schließlich muss zur Vertriebsunterstützung eine Produktpräsentation für potentielle Kunden erstellt
werden. Für erste Pilotprojekte im Kundeneinsatz ist angedacht, das Prinzip des integrierten Ansatzes
bei einem Prozessverbesserungs‐Projekte als „Add‐On“ mit entsprechendem Preisnachlass anzubieten.
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7. Anhänge
Anhang A: Auswahlmatrix Angebotserstellung
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Anhang B: Detail‐Geschäftsprozess Erstgespräch
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Anhang C: Objekte der KMDL‐Aktivitätssicht
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Anhang D: Knowledge Quick Scan Fragenkatalog
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