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Die Einführung von Wissensmanagement Untersuchung aus der Perspektive der internen Wissensmanagement- Verantwortlichen am Fallbeispiel einer Konzern-Vertriebsorganisation DISSERTATION der Universitt St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Uwe Trillitzsch aus Deutschland Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Georg F. von Krogh und Prof. Dr. Günter Müller-Stewens Dissertation Nr. 2896 Verlag Werner Schweikert, Flein

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Die Einführung von Wissensmanagement

Untersuchung aus der Perspektive der internen Wissensmanagement-

Verantwortlichen am Fallbeispiel einer Konzern-Vertriebsorganisation

DISSERTATION

der Universität St. Gallen,

Hochschule für Wirtschafts-,

Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

zur Erlangung der Würde eines

Doktors der Wirtschaftswissenschaften

vorgelegt von

Uwe Trillitzschaus

Deutschland

Genehmigt auf Antrag der Herren

Prof. Dr. Georg F. von Kroghund

Prof. Dr. Günter Müller-Stewens

Dissertation Nr. 2896

Verlag Werner Schweikert, Flein

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Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- undSozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung dervorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenenAnschauungen Stellung zu nehmen.

St. Gallen, den 13. Januar 2004

Der Rektor

Prof. Dr. Peter Gomez

Die Deutsche Bibliothek � CIP Einheitsaufnahme

Trillitzsch, Uwe

Die Einführung von Wissensmanagement.

Untersuchung aus der Perspektive der internen Wissensmanagement-Verantwortlichen am Fallbeispiel einer Konzern-Vertriebsorganisation

Flein b. Heilbronn: Verlag Werner Schweikert, 2004

ISBN: 3-933696-08-9

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Vorwort

Nur auf den ersten Blick ist eine Dissertation ein einsamer Kampf, um ausGedanken Formulierungen werden zu lassen. Aber dahinter stecken eineganze Reihe von Menschen, die wichtige Beiträge für die Entstehung dieserArbeit geleistet haben. Heute, wo der Blick zurück schweift auf diese Zeitdes Werdens, ergibt sich für mich die Möglichkeit, Dank zu sagen für diestille Mitarbeit. Ohne Euren Anteil gäbe es dieses Buch heute nicht.

Mein erster Dank gilt den direkten Ermöglichern dieser Forschungsarbeit.Auf akademischer Seite waren das meine Referenten am Institut fürBetriebswirtschaft der Universität St. Gallen. Ich danke Prof. Dr. Georg vonKrogh und Prof. Dr. Günter Müller-Stewens für die eingeräumtenFreiräume, die notwendig waren, um diese Praxispromotion planen,durchführen und erfolgreich zum Abschluss bringen zu können.

Nicht minder großen Anteil hatte die Siemens AG durch ihre finanzielleund inhaltliche Unterstützung. Besonderen Dank schulde ich dabei meinenManagern und Kollegen, die mir die Möglichkeit boten, ihre Praxis zubegleiten und zu hinterfragen, die aber auch für die Bodenhaftung undPraxisnähe meiner Gedanken und Konzepte sorgten. Einige Kollegen sindmittlerweile zu guten Freunden geworden.

Nicht zuletzt bedanke ich mich bei meinen Interview- und geistigenSparringpartnern in Industrie und Wissenschaft. Stellvertretend danke ichProf. Dr. hc. mult. Johan Galtung, Prof. Dr. Ekkehard Kappler und Prof. Dr.Birger P. Priddat, die seit Jahrzehnten Lust an Wissenschaft haben und Lustauf Wissenschaft machen sowie den Teilnehmern des Forums fürorganisationales Lernen und Wissensmanagement sowie der Community ofPractice �Corporate Knowledge Management� des Siemens-Konzerns.

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Dr. Simone Schweikert und Dr. Giorgio Buzzi di Marco danke ich für dieregelmäßige Erinnerung daran, mit welchen Zielen ich diesesPromotionsvorhaben gestartet habe, ihre wertvollen Fragen undAnregungen und für die tiefe Freundschaft seit einem Dutzend von Jahren.

Die größte Anerkennung gilt aber meinen Eltern und Großeltern für ihrelangjährige geduldige und ermutigende Unterstützung auf meinem Wegdurch Studien- und Promotionszeit. Nicht nur die finanzielle, vor allemauch ihre emotionale Unterstützung hat mir diesen Weg erst ermöglicht.Auch wenn sie meinen Wissensdrang vielleicht nicht immer ganznachvollziehen konnten, akzeptierten sie ihn und waren mir damit zu jederZeit eine Homebase, auf die ich bauen konnte. Ihnen möchte ich dieseArbeit widmen.

Plauen, im Februar 2004

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Verzeichnisse I

Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG ................................................................................................................................9

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG ........................................................................................111.1.1 Forschungsfrage ....................................................................................................................161.1.2 Untersuchungsgegenstand .....................................................................................................171.1.3 Forschungsmethode ...............................................................................................................18

1.2 WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE POSITIONIERUNG .........................................................................181.2.1 Sozialkonstruktivistische Sichtweise .......................................................................................191.2.2 �Verstehen� und �Plausibilisieren� als Forschungsziel.........................................................211.2.3 Integrierte Vorgehensweise im Forschungsprozess.................................................................23

Induktive Vorgehensweise ......................................................................................................................... 23Deduktive Vorgehensweise ........................................................................................................................ 24Integrierte Vorgehensweisen ...................................................................................................................... 24

1.2.4 Qualitativer Forschungsansatz...............................................................................................271.3 AUFBAU DER DISSERTATION.........................................................................................................281.4 ZUSAMMENFASSUNG ....................................................................................................................30

2 WISSENSMANAGEMENT: VOM ERKENNEN UND NUTZEN EINER STRATEGISCHENRESSOURCE...........................................................................................................................................33

2.1 BEDEUTUNG VON WISSEN FÜR UNTERNEHMEN..............................................................................342.2 AKTIVES MANAGEMENT DES WISSENS ALS KONSEQUENZ ..............................................................372.3 STAND UND BEGRIFFSBESTIMMUNG ZENTRALER KATEGORIEN IM FORSCHUNGSFELD.......................40

2.3.1 Wissen als Unternehmensressource........................................................................................412.3.2 Wissensmanagement als bewusstes Management der Ressource Wissen .................................482.3.3 Akteure des Wissensmanagements: Wissensmanager und Wissensmanagement-Verantwortliche

592.4 ZUSAMMENFASSUNG ....................................................................................................................69

3 WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG ALS FORSCHUNGSFELD: VOMERSCHLIEßEN EINER STRATEGISCHEN RESSOURCE................................................................71

3.1 KONZEPTE ZUR EINFÜHRUNG VON WISSENSMANAGEMENT.............................................................733.1.1 Wissensmanagement-Einführung � eine inhaltliche Annäherung............................................773.1.2 Einführung von Wissensmanagement als Hilfsfunktion bzw. als Kernfunktion ........................823.1.3 Wissensmanagement und wissensintensive Unternehmen........................................................85

3.2 DERZEITIGER STAND DER FORSCHUNG ZUR EINFÜHRUNG VON WISSENSMANAGEMENT ...................913.3 ANFORDERUNGEN AN DIE FORSCHUNG ZUR WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG ........................103

3.3.1 Wissensmanagement als �Phänomen im Entstehen� ............................................................1033.3.2 Anforderungen an einen passenden Forschungsprozess .......................................................108

Überbrückung der Theorie-Praxis-Grenze ................................................................................................ 109Interpretativer Zugang.............................................................................................................................. 111Longitudinal Study................................................................................................................................... 112

3.4 ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................113

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II Die Einführung von Wissensmanagement

4 FORSCHUNGSMETHODIK UND FORSCHUNGSPROZESS FÜR DIE EMPIRISCHESTUDIE..................................................................................................................................................117

4.1 FORSCHUNGSMETHODISCHE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE..............................................................1204.2 DIE EIGNUNG DES FALLBEISPIELS TELCOTECH ZUR ERFORSCHUNG DER WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG.......................................................................................................................................125

4.2.1 Mögliche Leistungen der Fallstudie für Wissenschaft und Praxis .........................................1264.2.2 Beschränkungen durch eine Fallstudien-Forschung.............................................................127

Generelle Beschränkungen....................................................................................................................... 128Konkrete Beschränkungen ....................................................................................................................... 129

4.2.3 Fazit ....................................................................................................................................1304.3 ECKPFEILER DER FORSCHUNGSMETHODIK FÜR DIE EMPIRISCHE STUDIE.........................................132

4.3.1 Forschungsstrategie: Fallstudie als Langzeit-Einzelfall-Studie ............................................1334.3.2 Ziele der Studie: Verstehen, Plausibilisieren und Systematisieren........................................1374.3.3 Vorgehensweise zur Datengenerierung: Einsatz eines Methoden-Portfolios .........................1404.3.4 Evidenz-Typen: Qualitative Evidenz ....................................................................................1474.3.5 Vorgehensweise zur Theoriebildung: Rekonstruktion und Grounded Theory ........................1484.3.6 Fazit ....................................................................................................................................153

4.4 REALISIERTER FORSCHUNGSPROZESS FÜR DIE FALLSTUDIE...........................................................1544.4.1 Forschungsinteresse und Ausgangshypothesen.....................................................................1554.4.2 Methoden und Vorgehen bei der Datengenerierung .............................................................1564.4.3 Methoden und Vorgehen bei der Datenanalyse ....................................................................1634.4.4 Aufbereitung und Präsentation der Ergebnisse ....................................................................1674.4.5 Fazit ....................................................................................................................................170

4.5 QUALITÄTSSICHERUNG IM FORSCHUNGSPROZESS.........................................................................1714.5.1 Qualitätskriterien der Fallstudienforschung.........................................................................173

Konstruktvalidität .................................................................................................................................... 175Interne Validität....................................................................................................................................... 177Externe Validität ..................................................................................................................................... 179Reliabilität............................................................................................................................................... 180

4.5.2 Fazit ....................................................................................................................................1824.6 ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................183

5 WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG BEI TELCOTECH: ÜBERBLICK, KONTEXTUND ABLAUF.......................................................................................................................................185

5.1 ÜBERBLICK UND VORGESCHICHTE ..............................................................................................1875.2 KONTEXTFAKTOREN FÜR DIE WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG BEI TELCOTECH.....................187

5.2.1 Einbindung in den Siemens-Konzern und in das Wissensmanagement des Siemens-Konzerns188

5.2.2 Kontext der Telcotech-Organisation ....................................................................................1915.2.3 Wettbewerbs- und Branchenkontext von Telcotech...............................................................1925.2.4 Geschäftsstrategische Ausrichtung als dynamische Anpassung an die Kontextfaktoren ........194

Veränderung der Kundenanforderungen: Höhere Komplexität .................................................................. 194Geschäftspolitische Konsequenz dieser Veränderung: Lösungsgeschäft als strategischer Hebel................. 195Wissensmanagement als Voraussetzungen für das Lösungsgeschäft.......................................................... 196

5.2.5 Zwischenbilanz: Einführung von systematischem Wissensmanagement als Konsequenz........197

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Verzeichnisse III

5.3 PROZESS DER WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG IM ZEITVERLAUF ..........................................1985.3.1 Weichenstellung für die Wissensmanagement-Einführung: Das Strategie- undDefinitionsprojekt ..........................................................................................................................199

Strategische Implikation: Wissensmanagement als Knowledge Networking.............................................. 200Strategische Implikation: Konzentration auf die Vernetzung der Wissensträger ........................................ 201Strategische Implikation: Knowledge Networking als Mix aus kurz- und langfristigen Aktivitäten............ 201Strategische Implikation: Knowledge Networking als Initiativen-Portfolio................................................ 202

5.3.2 Mit vier plus drei KN-Initiativen an den Start: Die Implementierungsplanung .....................203Bezugsrahmen der Start-Initiativen .......................................................................................................... 203KN-Mitbewerb ........................................................................................................................................ 205KN-Servicewissen ................................................................................................................................... 206KN-Gelbe Seiten ..................................................................................................................................... 206KN-Wissensworkshop.............................................................................................................................. 207KN-Kommunikation ................................................................................................................................ 207KN-Training............................................................................................................................................ 207KN-Führungsinstrumente......................................................................................................................... 208

5.3.3 Implementierung als Nachvollzug des Erdachten: Der Funktionsbereich�Wissensmanagement� ..................................................................................................................208

Aufbau des Implementierungsteams, Konkretisierung der definierten KN-Initiativen und Vorbereitung desRoll-out�s ................................................................................................................................................ 209Die Folgen der Reorganisation: Noch einmal nacharbeiten ....................................................................... 210Roll-out: Alles für jeden........................................................................................................................... 213

5.3.4 Nach der Implementierung ist vor der Implementierung: Verbesserung und Ausbau derInitiativen ......................................................................................................................................216

Handwerk: Stille Arbeit und wenig Schlagzeilen ...................................................................................... 216Optimierung: Fokus auf Verbesserung des Bisherigen.............................................................................. 216Zweifel: Ist das bisher Erreichte ausreichend für die Zielsetzung vom Anfang?......................................... 217

5.3.5 Implementierung neu-gedacht: Welche Rolle können die Wissensmanagement-Verantwortlichen einnehmen, um eine Organisation zu bewegen?..................................................220

Die Ergebnisse des Tegernsee-Workshops................................................................................................ 221

5.3.6 Sofortmaßnahmen: Freimachen von Ressourcen und Bildung von Allianzen ........................222Überführung der KN-Initiativen in den Regelbetrieb ................................................................................ 222Freimachen von weiteren Ressourcen und Erhöhung der Effektivität durch Allianzmanagement ............... 223Verstärkung durch Koalitionsbildung mit oder Einbringung in laufende Projekte ..................................... 224Verstärkung der Aktivitäten zur Steuerung und zum Strategischen Controlling......................................... 225

5.3.7 Implementierungskraft dauerhaft aufrecht erhalten: Mit dem KN-Indikator und KN-Enabling225

Der KN-Indikator als unternehmensweite Mess- und Steuergröße für das Wissensmanagement................ 226KN-Enabling als Vorgehenskonzept für die Betreuung und Beratung der Geschäftsverantwortlichen vor Ort................................................................................................................................................................ 228

5.3.8 Der Stand und Abschluss zum Abschluss der Feldphase .......................................................2315.4 ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................234

6 KONZEPTUALISIERUNG DER WISSENSMANAGEMENT-EINFÜHRUNG:ENTWICKLUNG UND DISKUSSION KRITISCHER ASPEKTE ....................................................239

6.1 AKTIVITÄTEN ALS BETRACHTUNGSEBENE ...................................................................................2406.2 BEZUGSRAHMEN DER UNTERSUCHUNG........................................................................................241

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IV Die Einführung von Wissensmanagement

6.2.1 Dimension: Ziel- und Wirkungsebene von Wissensmanagement-Einführungs-Aktivitäten .....2426.2.2 Dimension: Scope der Aktivitäten bei der Wissensmanagement-Einführung.........................2456.2.3 Integration zu einer Aktionsfelder-Matrix für Wissensmanagement-Verantwortliche im Rahmender Wissensmanagement-Einführung .............................................................................................246

6.3 INHALTLICH AUSGERICHTETE AKTIVITÄTEN ZUM �ANDERS DENKEN� ..........................................2486.3.1 Languaging � Handhabung der Begriffe ..............................................................................249

Die Arbeit an den Begriffen ..................................................................................................................... 250Aufdecken von (Fehl-) Projektionen......................................................................................................... 251Bereitstellen von Arbeitsdefinitionen ....................................................................................................... 257

6.3.2 Festlegung der Start-Position ..............................................................................................258Anbindung an eine geschäftliche Notwendigkeit ...................................................................................... 259Anbindung an die Unternehmensstrategie ................................................................................................ 260Anbindung an den derzeitigen Stand der Organisation.............................................................................. 262Positionierung der Wissensmanagement-Einführung im Verhältnis zu anderen Management-Themen ...... 265

6.3.3 Bestimmung der Ziel-Position ..............................................................................................266Zielvorstellungs-Bilder der Wissensmanagement-Einführung................................................................... 266Rollenmodelle der Wissensmanagement-Verantwortlichen....................................................................... 274

6.3.4 Anwalt der Wissensperspektive ............................................................................................276Schaffen und Erhalten von Sonder-Aufmerksamkeit ................................................................................. 278Arbeit an den Rahmenbedingungen für das Wissensmanagement ............................................................. 279Wissen und Fähigkeiten über Wissensmanagement bilden ....................................................................... 279

6.4 INHALTLICH AUSGERICHTETE AKTIVITÄTEN ZUM �ANDERS HANDELN� ........................................2806.4.1 Knowledge Practice Prototyping..........................................................................................2816.4.2 Mischung aus KIP und KAP.................................................................................................285

Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung als Doppel-Helix.............................................. 288Multi-Projektmanagement........................................................................................................................ 289

6.4.3 Portfoliobildung und Modularisierung.................................................................................290Management der Portfolio-Qualität .......................................................................................................... 290Verankerung durch Nutzung in weiteren Kontexten ................................................................................. 292Modularisierung ...................................................................................................................................... 293

6.4.4 Ausrichtung auf den �Situational Fit� ...................................................................................294Unterscheidung der Zielgruppen .............................................................................................................. 295Identifikation der Handlungs-Auslöser ..................................................................................................... 296Die Implementierungs-Toolbox - Hebel der Wissensmanagement-Verantwortlichen................................. 297Arbeit am Mess-System ........................................................................................................................... 301

6.5 PROZESSUAL AUSGERICHTETE AKTIVITÄTEN ZUM �ANDERS DENKEN�..........................................3026.5.1 Die Zurechnung von Erwartungen und Bedeutungen steuern ...............................................303

Erwartungsmanagement ........................................................................................................................... 304Verbindung von Aktions- und Sinn- Ebene (Bedeutungsmanagement)...................................................... 305Bilder und Metaphern.............................................................................................................................. 306Assessment.............................................................................................................................................. 306

6.5.2 Kontinuität und Übergänge..................................................................................................307Personelle Kontinuität und Übergänge ..................................................................................................... 307Thematische Kontinuität und Übergänge.................................................................................................. 308

6.5.3 Looping ...............................................................................................................................309Betroffene beteiligen................................................................................................................................ 310Schaffung von Kontexten für gemeinsame Lernschleifen .......................................................................... 311

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Verzeichnisse V

�Practice what you preach� ...................................................................................................................... 311

6.6 PROZESSUAL AUSGERICHTETE AKTIVITÄTEN ZUM �ANDERS HANDELN�........................................3126.6.1 Time Pacing � die Sache in der Hand behalten....................................................................3126.6.2 Allianzen schmieden und Partner-Management ...................................................................314

Zusammenarbeitsnetzwerke mit Partnern aufbauen .................................................................................. 315Orchestrieren ........................................................................................................................................... 316Allianzen schmieden................................................................................................................................ 316

6.6.3 Die Rolle von Türöffnern .....................................................................................................3176.7 ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................319

7 ZUSAMMENFASSUNG UND IMPLIKATIONEN ...................................................................323

7.1 SPANNUNGSBOGEN DER ARBEIT .................................................................................................3237.2 IMPLIKATIONEN DER UNTERSUCHUNG FÜR DIE THEORIE ..............................................................3257.3 IMPLIKATIONEN DER UNTERSUCHUNG FÜR DIE PRAXIS.................................................................3267.4 AUSBLICK..................................................................................................................................328

LITERATURVERZEICHNIS...............................................................................................................329

ANHANG...............................................................................................................................................361

ANHANG 1: QUELLENÜBERSICHT..........................................................................................................361ANHANG 2: VERZEICHNIS DER WICHTIGSTEN INTERVIEW-PARTNER FÜR DIE FALLSTUDIE........................361ANHANG 3: WICHTIGE WORKSHOPS WÄHREND DER FELDPHASE DER FALLSTUDIE ..................................363

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VI Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Fragestellungen im Kontext der Arbeit aus Sicht der Praxis ................................... 9

Abbildung 2: Gliederung der Argumentation in Kapitel 1 ........................................................... 11

Abbildung 3: Das Forschungsprojekt im Überblick....................................................................... 13

Abbildung 4:Induktive bzw. deduktive Vorgehensweise bei der Forschung ............................. 25

Abbildung 5:Verwendete Ordnungskriterien im Forschungsverlauf .......................................... 27

Abbildung 6: Gang der Argumentation in dieser Dissertation..................................................... 29

Abbildung 7: Gliederung der Argumentation in Kapitel 2 ........................................................... 34

Abbildung 8: Abgrenzung zwischen Zeichen, Daten, Information und Wissen......................... 42

Abbildung 9: Das APQC-Rahmenkonzept des Wissensmanagements........................................ 51

Abbildung 10: Das Wissensmanagement-Rahmenkonzept der Siemens AG.............................. 52

Abbildung 11: Zieldimensionen von Wissensmanagement-Interventionen................................ 53

Abbildung 12: Bausteine des Wissensmanagements ..................................................................... 54

Abbildung 13: Die SEKI-Prozesse der Wissensgenerierung ......................................................... 57

Abbildung 14: Die Aufgaben des Corporate CKO im Siemens Konzern..................................... 63

Abbildung 15: Die Wissensmanagement-Organisation im Siemens Konzern............................. 64

Abbildung 16: Aufgaben und Akteure im Wissensmanagement ................................................. 65

Abbildung 17: Gliederung der Argumentation in Kapitel 3 ......................................................... 72

Abbildung 18: Zwei alternative Forschungsperspektiven ............................................................ 76

Abbildung 19: Zusammenspiel von Inhalt und Prozess................................................................ 79

Abbildung 20: Merkmale wissensintensiver Unternehmen.......................................................... 87

Abbildung 21: Strategien des Wissensmanagements .................................................................... 88

Abbildung 22: Zunehmende Wissensintensivierung in Industrieunternehmen ......................... 89

Abbildung 23: Quer- und Längsschnitts-Studien zur Wissensmanagement-Einführung .......... 96

Abbildung 24: Die Wissensmanagement-Einführung als Enterprise Transformation...............102

Abbildung 25: Vier Typen von Problemen als Forschungsfelder ................................................106

Abbildung 26: Gliederung der Argumentation in Kapitel 4 ........................................................119

Abbildung 27: Die Lernentwicklung im Konzept des Cognitive Apprenticeship .....................123

Abbildung 28: Der spezielle Forschungskontext der Untersuchung...........................................131

Abbildung 29: Forschungsmethodologische Dimensionen..........................................................133

Abbildung 30: Typen von Forschungsstrategien ..........................................................................134

Page 11: Die Einführung von Wissensmanagement - unisg.chFILE/... · Die Einführung von Wissensmanagement Untersuchung aus der Perspektive der internen Wissensmanagement-Verantwortlichen

Verzeichnisse VII

Abbildung 31: Typen von Fallstudien............................................................................................138

Abbildung 32: Stärken und Schwächen verschiedener Methoden zur Datenerhebung ............145

Abbildung 33: Portfolio der Methoden der Datengenerierung ...................................................157

Abbildung 34: Eingesetzte Methoden der Datengenerierung......................................................158

Abbildung 35: Die Vorgehensweise bei der Theoriebildung .......................................................164

Abbildung 36: Zwischenpräsentationen der Forschungsstände..................................................170

Abbildung 37: Die vier Kriterien bei der Qualitätssicherung der Fallstudienforschung...........174

Abbildung 38: Gliederung der Argumentation in Kapitel 5 ........................................................186

Abbildung 39: Die acht Arbeitsgebiete von Siemens....................................................................188

Abbildung 40: Notwendigkeit systematischen Wissensmanagements bei Telcotech................196

Abbildung 41: Die Phasen der Knowledge Networking-Einführung .........................................199

Abbildung 42: Knowledge Impact Projekte und Implementierungsinitiativen .........................203

Abbildung 43: Das Portfolio der vier plus drei KN-Initiativen zum Start..................................204

Abbildung 44: Gliederung der Argumentation in Kapitel 6 ........................................................240

Abbildung 45: Modell der Ebenen in organisationalen Transformationsprozessen..................243

Abbildung 46: Aktivitätenfelder für Wissensmanagement-Verantwortliche .............................247

Abbildung 47: Die �Wissensmatrix� als Darstellungsstruktur....................................................264

Abbildung 48: Das Portfolio der vier plus drei KN-Initiativen zum Start..................................286

Abbildung 49: Wissensmanagement-Einführung als Doppel-Helix............................................289

Abbildung 50: Management der Portfolio-Qualität der KIPs ......................................................292

Abbildung 51: Botschaften und Aktionsziel in der Kommunikation..........................................296

Abbildung 52: Toolbox für Wissensmanagement-Verantwortliche ............................................298

Abbildung 53: Messung der Wissensmanagement-Einführung mit dem KN-Indikator...........302

Abbildung 54: Gliederung der Argumentation in Kapitel 7 ........................................................323

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VIII Die Einführung von Wissensmanagement

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Einführung 9

1 Einführung

"Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß."(Heinrich von Pierer, VorstandsvorsitzenderSiemens AG)

Stimmen aus der Praxis zeigen, dass dem Wissensmanagement eineprinzipiell hohe Bedeutung für die Unternehmen zugemessen wird.Fraglich hingegen ist es für die Praktiker, wie die theoretischen Grundlagenin eine konkrete Ausgestaltung übersetzt und in eine Realisierung in ihrenUnternehmen überführt werden können.

Nach im eigenen Unternehmen gemachten Erfahrungen richtet sich ihrInteresse auf die Hintergründe von Erfolgen oder Misserfolgen solcherBemühungen und die Frage, wie es hätte besser gemacht werden können.Andere Fragen richten sich danach, wie ein solcher Übersetzungs- undRealisierungsprozess ausgestaltet sein müsse, um die Erwartungen an dasWissensmanagement zu erfüllen.

Abbildung 1: Fragestellungen im Kontext der Arbeit aus Sicht der Praxis

Quelle: eigene Darstellung

Wie kann eineWissensmanagement-

Einführung zu tiefgehendemWandel führen und zugleich

schnelle Ergebnisse bringen ?

Warum startenWissensmanagement-Projekte oftmit hochgesteckten Erwartungenund enden dann mit enttäuschten

Gesichtern?

Wir hatten diese Wissens-Datenbank, die in dem Presseartikelbeschrieben war, gekauft - warum

wird sie bei uns nicht genutzt ?

Was kann ich alsVerantwortlicher für

Wissensmanagement eigentlichtun, um zu erreichen, dass eine

Wissensmanagement-Einführunggelingt oder scheitert ?

Wie muss eine Wissens-management-Einführung

aussehen, die nicht nur die Probleme von heute löst, sondern zu einem dynamischen Wissensmanage-

ment führt?

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10 Die Einführung von Wissensmanagement

Dieser Übersetzungs- und Realisierungsprozess wird in der vorliegendenArbeit thematisiert und als Wissensmanagement-Einführung beschriebenund untersucht.

Insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung, die dem Wissensmanagementvon der Praxis zugemessen wird und die Erwartungen, die in es gestelltwerden, hat das Thema der Wissensmanagement-Einführung eine hohepraktische Relevanz.

Wenn Wissensmanagement als eine der Kernaufgaben eines Unternehmensangesehen wird und sogar als tragender Bestandteil derUnternehmensstrategie1 angesehen wird, hat dies Konsequenzen für denUmfang, die Tiefe und die Dauer einer Wissensmanagement-Einführung.

Um die Anforderung als tragender Bestandteil der Unternehmensstrategiezu erfüllen, muss die Wissensmanagement-Einführung auf einWissensmanagement zielen, welches umfassend, systematisch undorganisationsdurchdringend ist. Zudem sollte es eine Eigendynamikaufweisen, die eine Anpassung auch auf Veränderungen im Unternehmenund im Umfeld erlaubt.

Eine so verstandene Wissensmanagement-Einführung bietet auch eineinteressante Fragestellung für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit ihr.Sie ist nicht trivial und kann mit einem klassischen Projektmanagement-Ansatz von Definitions- und nachfolgendem Implementierungsprojektkaum realisiert werden. Es ist zu erwarten, dass sich Anforderungen undMöglichkeiten zur Gestaltung des Wissensmanagements erst mit demProjektfortschritt ergeben oder die Planung der Einführungsschritte nichtvorab, sondern nur Schritt-für-Schritt im Zuge der Einführungsarbeiterfolgen kann.

In der vorliegenden Dissertation wird diese für Praxis und Theorierelevante Fragestellung aufgegriffen. Es wird danach gefragt, wie einEinführungsprozess von Wissensmanagement als Kernfunktion einesUnternehmens aussehen kann und wie es gelingen kann, über einen

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Einführung 11

mehrjährigen Zeitraum ein hohes Momentum der Einführung aufrecht zuerhalten.

Abbildung 2: Gliederung der Argumentation in Kapitel 1

Im ersten Abschnitt dieses einführenden Kapitels wird die Problemstellungder Arbeit umrissen und eine Zielsetzung für die Untersuchung entwickelt.Danach werden die wissenschaftstheoretische Positionierung sowie derGang der Argumentation in dieser Dissertation vorgestellt.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Competition today is not between differentproducts. It is between different businessmodels.(Gary Hamel)

Mit vielen offenen Fragen im Hinterkopf wurde das hier beschriebeneForschungsprojekt konzipiert. Das Forschungsinteresse war zu Beginn nochweit gefasst, um ausreichend Unvoreingenommenheit gegenüber der

1 Wie im untersuchten Fallbeispiel von Telcotech

1. Einführung1. Einführung

1.4. Zusammenfassung1.4. Zusammenfassung

1.1. Problemstellung undZielsetzung

1.1. Problemstellung undZielsetzung

1.2. Wissenschafts-theoretische Positionierung

1.2. Wissenschafts-theoretische Positionierung

1.3. Aufbau der Dissertation1.3. Aufbau der Dissertation

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12 Die Einführung von Wissensmanagement

�Sichtweise der Praxis� und ihren Fragestellungen sicherzustellen. Ausdieser Perspektive heraus sollte im Verlauf des Forschungsprojekts eineenger gefasste Forschungsfrage bestimmt und weiter vertieft werden. Dazusollten sowohl theoretische Interessen, als auch die Anforderungen aus demUnternehmen einfließen, denn bisherige Gespräche mit Praktikern hattengezeigt, dass es noch erhebliche �Übersetzungsschwierigkeiten� zwischenTheorieangeboten und Alltagspraxis gab2.

Eine enge und längerfristige Zusammenarbeit mit Wissensmanagement-Praktikern sollte diese Vorgehensweise ermöglichen. Im Dialog zwischenBedürfnissen und Anforderungen der Praxis und der bisherigenWissenschaftslandschaft wurde die Forschungsfrage während der erstenZeit im Feld entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse und theoretischerÜberlegungen fokussiert und konkretisiert.

2 Diese Gespräche mit insgesamt rund 40 Führungskräften aus verschiedenen Branchenwurden u.a. bei Management-Seminaren von Innovation Associates, Inc. (Juni 1996),dem Gottlieb-Duttweiler-Institut (November 1996) und InnoVatio AG (September 1997)geführt.

Forschungs-interesse

Quelle: eigene Darstellung

Forschungs-frage

Disser-tationFeldphase I Feldphase II

• Erkennen und Bewerten von Issues(theoretische und praktische)

• Teilnahme, TeilnehmendeBeobachtung

• Induktiv• Iterativer Wechsel aus Beobachtung,

Hinterfragung und Test

• Konzeptualisieren derWissensmanagement-Einführung

• Beobachtung, Interviews,Workshops

• Induktiv und Deduktiv• Iterativer Wechsel aus Entwicklung

und Validierung

• Realisierung der Potentiale der Ressource Wissen• Einführung von Wissensmanagement im Zeitverlauf

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Einführung 13

Abbildung 3: Das Forschungsprojekt im Überblick

So startete das Forschungsprojekt im Sommer 1997 mit dem Eintritt insWissensmanagement-Team von Telcotech3 und der Frage �Wie lassen sichdie Erkenntnisse von Wissen als Produktionsfaktor und organisationalemLernen als Prozess der Entwicklung von organisationalem Wissen inUnternehmen optimal nutzen, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zuerzielen?�4

Bereits kurze Zeit nach dem Eintritt ins Unternehmen zeigte sich, in welcheRichtung eine sinnvolle Anpassung und Fokussierung desForschungsinteresses erfolgen konnte, denn die zu Beginn verwandteFragestellung erwies sich als zu umfassend.

Mit dieser Erkenntnis und im Verlauf der weiteren Arbeit im Feld verschobsich mein Forschungsinteresse auf diejenigen Aktivitäten, welche dieRealisierung der Potentiale ermöglichen sollten � den Einführungsprozessvon Wissensmanagement aus Sicht der internen Wissensmanagement-Verantwortlichen. Dieser Fokus ließ sowohl eine praktisch relevante, alsauch eine theoretisch interessante Forschungsperspektive vermuten.

Praktisch relevant ist diese Fokussierung, denn mit derWissensmanagement-Einführung wird einer der wichtigstenErfolgsfaktoren untersucht. In der Phase der Einführung zeigt sich, ob dieerwarteten und geplanten Potentiale überhaupt realisiert und fürsUnternehmen nutzbar gemacht werden können. Im Feld wurde deutlich,dass die klassische, sonst gut funktionierende5 Vorgehensweise von

3 Hinter dem Begriff �Telcotech� verbirgt sich eine Konzerneinheit innerhalb desSiemens-Konzerns. Der fiktive Unternehmensname wurde zum einen aus Gründen derVertraulichkeit gewählt. Andererseits erlaubt die Verwendung eines Eigennamens aucheinen flüssigeren Lesefluss.

4 Diese Vorüberlegungen wurden bereits vor Beginn der Feldphase in einemKonzeptpapier (Trillitzsch, 1996) festgehalten und mit dem Wissensmanagement-Leitervon Telcotech diskutiert. In der Dynamik der Feldphase konnten sie immer wieder alsReferenz dienen, um die Ausgangsposition nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren.

5 So wird die Konstruktion aus Definitions- und Implementierungsprojekt von Telcotechselbst im Rahmen ihres Geschäfts (Systemintegrationsprojekte) genutzt.

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14 Die Einführung von Wissensmanagement

Definitions- und Implementierungsprojekt bzw. Pilot und anschließendemRoll-out bei der Wissensmanagement-Einführung schwierig war. So gerietbeispielsweise der Übergang von der Definitions- und Pilotphase in denRoll-out häufig ins Stocken. Mir stellten sich deshalb mehrere Fragen: Washeißt es eigentlich, Wissensmanagement �einzuführen�? Wie verläuft derWeg im Unternehmen von den erkannten Potentialen hin zu breit gelebtenneuen �Practices�? Wo bedrohen Fehlannahmen und Irrtümer denEinführungserfolg und welche Schwierigkeiten müssen gemeistert werden?

Theoretisch interessant erscheint diese Perspektive, denn zum Beginn derFeldphase lagen erst wenige Forschungsergebnisse über denEinführungsprozess von Wissensmanagement vor, welche demWissensmanagement-Praktiker Hilfestellung für seine Arbeit gebenkönnen6. Viele Veröffentlichungen beleuchten die strategische Seite vonWissen und dessen Integration in die Managementwissenschaft, anderezeigen gelungene operative Realisierungen auf. ÜbergreifendeFallbeschreibungen, welche die Brücke vom Aufdecken der Potentiale zuihrer Realisierung schlagen, dabei die organisationale Verankerungberücksichtigen oder die beteiligten Akteure mit ihren Aktivitätenunterscheiden, waren knapp. Gerade solche reflektierendeFallbeschreibungen aber würden es den Praktikern erlauben, ihre eigenePraxis zu hinterfragen, zu analysieren und daraus neueHandlungsalternativen gewinnen zu können.

Forschungspraktisch sprach für diese Akzentuierung, dass ich zu genaudem Zeitpunkt meine Forschung im Feld (Unternehmen) begann, als dasDefinitionsprojekt zur Wissensmanagement-Einführung startete � ich hattedamit die Möglichkeit, die Aktivitäten zur Einführung von der erstenStunde an über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu begleiten. Weil dieUntersuchung der Wissensmanagement-Einführung aus Perspektive derWissensmanagement-Verantwortlichen besonders sinnvoll erschien undweil sie Einblicke in die Denk- und Rechtfertigungsprozesse und dieVeränderungen im Zeitverlauf erlaubte, entschied ich mich für eine

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Einführung 15

Positionierung als Mitglied im Projektteam, wobei ich von vornherein eineRollenklärung suchte7.

Auch nachträglich erwies sich die Entscheidung, den Einführungsprozessesvon Wissensmanagement aus der Akteursperspektive zum Gegenstand derUntersuchung zu machen, als produktiv. Sie wurde zusätzlich legitimiertdurch die Veröffentlichung einer Reihe von aktuellen Forschungsarbeitenzu ähnlichen Fragestellungen, deren Ergebnisse in die Diskussion meinerForschungsergebnisse einfließen konnten8.

Pfeffer/Sutton (1999) beleuchten die Gefahr des Auseinanderfallens vonWissen und Wissensanwendung und zeigen auf, dass es nicht ausreicht zuwissen, was getan werde müsste, ohne dessen gelingende Umsetzung zuvollziehen. Diese Illusion, dass die planende geistige Vorwegnahme derImplementierung schon alle Probleme ausräumt und die Implementierungnur noch Vollzug des Geplanten ist, bezeichnet Kühl (2000:74f. & 83ff.) als�planerische Verdoppelung des Veränderungsprozesses� und stellt diese alsFehlprojektion eines Maschinenverständnisses auf Organisationenbesonders heraus. Ansoff (1984) verweist auf die �Paralyse durch Analyse�und den Aspekt, dass strategische Pläne nicht nur aufgestellt, sondern auchin die Tat umgesetzt werden müssen. Beer/Eisenstat (2000:29) schließen daan und machen die Falschannahme, dass die formulierte undkommunizierte Strategie bereits auch schon die implementierte sei, zumAusgangspunkt ihrer Analyse der Verhinderer erfolgreicherStrategieumsetzung.

Earl/Scott (1998, 1999) legen die Ergebnisse einer empirischenUntersuchung der im Zuge des Wissensmanagements entstehenden neuenManagementfunktion des Chief Knowledge Officers (CKO) vor und lieferneinen Querschnitt über dessen biografischen Hintergrund, seineorganisationale Zuordnung und seine Tätigkeiten. Unabhängig von derformalen Managementfunktion des CKO konzeptualisieren von Krogh et al.

6 Siehe Abschnitt 3.2.7 Siehe Abschnitt 4.5.8 Siehe Abschnitt 2.3.3.

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(1997) die Rolle des �Knowledge Activist� und seine Bedeutung fürgelingendes Wissensmanagement in Organisationen.

Der besondere Beitrag des hier präsentierten Forschungsprojektes zurWissensmanagement- und Implementierungsforschung liegt in derMöglichkeit einer umfassenden Teilnahme an einem Wissensmanagement-Einführungsprozess, welche sowohl Einblicke in die handlungsorientiertePerspektive der Akteure, als auch in deren Sinnstiftungsprozesse undRollenmodelle gibt. Diese Phänomene werden längerfristig und in ihrenVeränderungen im Zeitverlauf betrachtet.

Als Ergebnis dieser Untersuchung werden Felder aufgezeigt, welchen vonden Wissensmanagement-Praktikern besondere Aufmerksamkeit geschenktwerden muss. Zum Gelingen einer Wissensmanagement-Einführung ist esunumgänglich, sich innerhalb dieser Felder bewusst zu positionieren. Eswerden Aktivitäten aufgezeigt, wie und vor welchem Hintergrund diesePositionierung bei Telcotech geschah. Damit erlaubt diese Arbeit demLeser, von Vorerfahrungen anderer zu profitieren und dabei zugleich eineneigenen und für das Unternehmen passenden Weg zu gehen, ohne alleschmerzhaften Erfahrungen selbst noch einmal machen zu müssen. DieBeschreibung eines idealtypischen Königsweges der Wissensmanagement-Einführung ist jedoch nicht zu erwarten, denn je nachUnternehmenskontext, Ausgangssituation und Zielbestimmung muss eineEinführung von Wissensmanagement in jedem Unternehmen verschiedenverlaufen.

1.1.1 ForschungsfrageDiese Untersuchung fragt danach, warum sich so viele Probleme im Zugeeiner Wissensmanagement-Einführung, welche die erkannten Potentiale,die im Wissensmanagement liegen, für ein Unternehmen realisieren soll,ergeben, so dass in der Praxis regelmäßig eine Enttäuschung über dieerreichten Ergebnisse vorherrscht.

Zur Beantwortung dieser Fragestellung kann nach einer Sichtung derrelevanten Literatur die Forschungsfrage weiter konkretisiert werden.

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Einführung 17

Die konkretisierte Forschungsfrage heißt: Wie stellt sich eineWissensmanagement-Einführung aus Sicht ihrer Akteure dar und wie kannsie aus dieser Perspektive heraus konzipiert werden? WennWissensmanagement eine Kernfunktion des Unternehmens darstellen soll,wie kann im Zuge einer längerfristig ausgelegten Wissensmanagement-Einführung ein dauerhaft hohes Momentum der Einführung aufrechterhalten werden?

Fragwürdig ist dies, da einerseits gute theoretische Begründungen für denSinn und die Potentiale des Wissensmanagements vorliegen undandererseits eine breite Auswahl an Tools und Methoden beschrieben ist,welche Wissensmanagement unterstützen.

Eine Hauptursache wird im Fehlen geeigneten Transformationskonzeptegesehen, die praxisnah aufzeigen, welche Aktivitäten nötig sind, um dieIdee des Wissensmanagements mit Leben zu füllen und dauerhaft in derOrganisation zu verankern. Die Ausgestaltung der Wissensmanagement-Einführungsphase wird dabei als kritischer Faktor angesehen.

Bei der Untersuchung wird der Fokus auf die internenWissensmanagement-Verantwortlichen als diejenigen Akteure gelegt,denen die Verantwortlichkeit für die Wissensmanagement-Einführungzugerechnet wird. Eine Untersuchung deren Tätigkeit soll Aufschluss gebenüber Aktivitäten, welche notwendig sind für eine erfolgreicheWissensmanagement-Einführung.

1.1.2 UntersuchungsgegenstandUntersuchungsgegenstand sind die Wissensmanagement-Verantwortlichenin einer Organisation und deren Aktivitäten.

Im untersuchten Fallbeispiel waren die Wissensmanagement-Verantwortlichen zunächst in einer Projektorganisation, später in einerAbteilung organisiert.

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Die Wissensmanagement-Einführung geschieht in einer Konzerneinheiteines internationalen diversifizierten Konzerns, die sich mit Beratung,Vertrieb und Service von Telekommunikationssystemen beschäftigt.9

1.1.3 ForschungsmethodeDie Untersuchung wird als Einzelfall- Langzeit-Fallstudie durchgeführt10.

1.2 Wissenschaftstheoretische Positionierung

Erst die Kenntnis der wissenschaftstheoretischen Positionierung erlaubt esdem Leser, die Ergebnisse in die wissenschaftliche Diskussion einzuordnenund die Zugehörigkeit zu Interpretationsgemeinschaften (oderDenkkollektiven, siehe Fleck, 1993) zu verstehen. Diese Transparenzermöglicht auch, den spezifischen wissenschaftlicher Beitrag derUntersuchung einzuschätzen (dazu auch Whetten, 1989).

Diese Arbeit sieht sich in der Tradition einer Betriebswirtschaftslehre,welche sich als angewandte Wissenschaft versteht und sich am Kriteriumder Nützlichkeit und Problemlösungskraft der Konzepte und Modelle fürdie Praxis orientiert (Bleicher, 1999:177ff.). Da Problemstellungen aus derPraxis präferiert werden, kommen bevorzugt Theorie-Praxis-integrierendenForschungsansätze zum Einsatz (Walter-Busch, 1990:245ff.; Kirsch/Weber,2000). Die A-Disziplinarität der praktischen Problemstellungen gibt einedisziplinübergreifende und eklektische Vorgehensweise vor, denn esbraucht �... die Auswertung des Wissens zahlreicher Disziplinen, die jeeinzelne Aspekte der a-disziplinären Problemstellung zu erhellenvermögen�, um für die Praxis nützliche Ergebnisse vorzulegen (Bleicher,1999:192).

9 Siehe Abschnitt 5.2.10 Siehe Abschnitt 4.3.1.

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Einführung 19

1.2.1 Sozialkonstruktivistische SichtweiseWelches ontologisches (Verständnis der Wirklichkeit) undepistemologisches (Verständnis von der Gewinnung von Erkenntnissen)Grundverständnis des Forschers (dazu Burrell/Morgan, 1979; Morgan,1983; Wollnik, 1993) wird dieser Dissertation zugrunde gelegt?

In dieser Hinsicht lassen sich generell zwei Pole unterscheiden: eineobjektivistische oder positivistische einerseits und eine subjektivistischeoder naturalistische Weltvorstellung andererseits.

Der positivistischen Weltvorstellung liegt die Annahme zugrunde, dass eseine soziale Wirklichkeit (oder objektive Realität) gibt, die durch denForscher als unbeteiligten Beobachter nach Gesetzmäßigkeiten undKausalitäten durchforscht werden kann. Wahrheitskriterium für dieseGesetzmäßigkeiten ist, dass diese zeitlich, räumlich und kontextuellungebunden sind. Wissenschaftliche Forschung ist wertfrei und beziehtihren Erkenntnisgewinn über Laborexperimente und quantitativeBefragungen (Wollnik, 1993:280).

Die subjektivistische Weltvorstellung geht davon aus, dass es viele, sozialkonstruierte Wirklichkeiten gibt, die sich nur über ihre Phänomene (oderdie Wirklichkeit; vgl. Watzlawick et al., 1971) erschließen. Für dieErforschung gilt damit, dass das Beforschte nicht unabhängig vomForschenden ist und deshalb nur zeitlich und kontextuell gebundeneAussagen gemacht werden können. Wesentlich ist deshalb, dass dieseKontexte und Annahmen mittransportiert werden müssen, denn nur indiesem Zusammenhang sind subjektivistische Aussagen gültig. Damitbekennt sich die subjektivistische Sichtweise auch zu ihrerWertgebundenheit. Geeignete Forschungsmethoden sindTextinterpretationen, qualitative Interviews oder teilnehmendeBeobachtung (Wollnik, 1993: 281).

Zwischen diesen Extrempositionen haben sich verschiedene Mischformengebildet (dazu Morgan/Smircich, 1980), wo insbesondere im Bereich derSozialwissenschaften eine tendenziell subjektivistische Weltsicht zuproduktiveren Ergebnissen führt. Hierbei ist aufgrund ihrer Relevanz für

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diese Arbeit die sozialkonstruktivistische Sichtweise (vgl.Berger/Luckmann, 1969) zu nennen, bei der die Wirklichkeitssicht alssubjektiv konstruiert, kulturell geprägt und sozial abgesichert gesehenwird. Die subjektiven Theorien gelten so lange als wahr, wie sie innerhalbeiner Community akzeptiert werden (Fleck, 1979; Kuhn, 1970). Durch densozialen Absicherungsprozess verlieren die verschiedenen individuellenWirklichkeitssichten ihre Gleich-Gültigkeit, und es zeichnen sichbevorzugte ab.

Eine solche pluralistische, sozialkonstruktivistisch geprägte Sichtweise wirdauch dieser Dissertation zugrunde gelegt. Mit deren pluralistischerBerechtigung und Gültigkeit mehrerer verschiedener Weltsichten verliertder Wahrheitsanspruch in der Wissenschaft seine absolutistische Position.Neben ihn tritt ein gleichberechtigter Zweckmäßigkeitsanspruch, demwissenschaftliche Aktivitäten genügen müssen. Ziel pluralistischerErkenntnisgewinnung wird, die Anschluss-, Interpretations- undHandlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten bzw. deren Freiheitsgrade zuerhöhen (Wilke, 1993; von Foerster, 1984). Die Welt ist damit keine zuerkennende mehr, sondern eher eine zu handhabende (Kappler, 1999) unddie Aufgabe der Sozialwissenschaften ist das Suchen und Aufbrechen vonInvarianzen (verstanden als Nicht-Mehr-Hinterfragtem oder Nicht-Mehr-Hinterfragbarem; siehe Galtung, 1978) zur Aufrechterhaltung dieserFähigkeiten. So verweist Campbell (1989:7) darauf, dass es für diewissenschaftliche Evaluation von neuen wissenschaftlichen Hypothesennötig ist, deren Implikationen und Plausibilität im Spiegel bestehenderTheorievorschläge weiterzudenken und zu präsentieren, anstatt sie mit demZiel positivistischer Bestätigung dekontextualisiert darzustellen.

Weil ein zentraler Punkt subjektivistisch geprägter Wissenschaft dieWahrnehmungen, Selektionen und Deutungen des Wissenschaftlers sind,lässt sich � gerade in den Sozialwissenschaften � Wissenschaft nicht sinnvollbetreiben, ohne nicht die wissenschaftstheoretische Positionierung, dieAnnahmen und Setzungen, die zum Einsatz kommendenForschungsmethoden und die Rolle des Forschers im Forschungsprozess zubenennen und zu reflektieren.

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Einführung 21

1.2.2 �Verstehen� und �Plausibilisieren� als ForschungszielEntsprechend der Wissenschaftsauffassung des Forschers ist auch das Zieldieses Forschungsprojektes formuliert. Ziel ist es, Phänomene der Praxisreflektierend-theoretisierend nachzuvollziehen sowie plausible undzweckmäßige Rationalisierungen und Interpretationen dafür anzubieten.Damit grenzt sich das Forschungsziel � typisch für die Sozialwissenschaften� sowohl von der Prognose über den Eintritt künftiger Phänomene, als auchvon einer deterministischen Gültigkeitsvorstellung ab.

Damit positioniert sich dieses Projekt in der Diskussion zwischenVerstehens- und Erklärungszielen in den Sozialwissenschaften auf der Seitedes Verstehens. Zur Verdeutlichung für diese Positionierung werden dieGrundpositionen anschließend umrissen und diskutiert.

Im Rahmen aller empirischer Untersuchungen lassen sich sowohl�Erklärung-verlangende Fragen� stellen, wie auch �epistemische� oder�Begründung-verlangende Fragen�, die nach Evidenz und Plausibilität fürempirische Phänomene suchen (Hempel, 1977). Hempel hält deduktiv-nomologische Aussagen, die Phänome aufgrund spezifischer Umständeplus dem Wirken statistischer oder gesetzmäßiger Modelle erklären unddamit auch Voraussagen über das Eintreffen von Phänomenen aufgrundder Kenntnis der spezifischen Umstände erlauben, sowohl für die Natur- alsauch die Sozialwissenschaften für möglich. In der nachfolgendenDiskussion wird jedoch von diesem Forschungsziel abgerückt, denn wieschon Hollis (1991) bemerkte, kann es in den Sozialwissenschaften zwarmöglich sein, dass Verstehen und Erklären zusammenfallen, dies mussjedoch nicht zwangsläufig so sein. Denn die �Erkenntnisobjekte� derSozialwissenschaften haben ein eigenes Bewusstsein und damit immer dieMöglichkeit, gegen die Gesetzmäßigkeiten zu verstoßen. Weil diese ein Teilder �Forschungsanordnung� sind und das zu erkennende Bewusstsein auchein erkennendes ist, ist es sogar unwahrscheinlich, dass sich dieses passivverhält11. Es ist immer möglich, durch Handlungen bewusst gegen die

11 Dabei sind aus Gründen der Vereinfachung die sozialen Einwirkungen, denen dieAkteure unterliegen, noch gar nicht einbezogen.

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Gesetzmäßigkeiten zu verstoßen. Der Weg der Erkenntnisgewinnung in denSozialwissenschaften führt deshalb nach Hollis über die Annahmerationalen Handelns und die rationale Nachkonstruktion der zuuntersuchenden Phänomene aus Sicht der Akteure.

Kirsch (1996) unterscheidet folgendermaßen zwischen beiden Typen:

Ein beobachtetes Phänomen wird erklärt, wenn die entsprechendeBeobachtungsaussage unter eine (empirisch) allgemeineGesetzesaussage über Regelmäßigkeiten subsumiert werden kann.[...] Gegenüber dem Erklären ist das Verstehen mit einem Wechselder Perspektive verbunden, in der ein sozialwissenschaftlicherForscher ein Phänomen (eine Entscheidung, eine Handlung)betrachtet. �Verstehen durch Regelpartizipation� setzt somit quasieine Teilnahme an der Lebenswelt voraus. (Kirsch, 1996:10)

In den von mir vorgenommenen Setzungen und Annahmen wird deutlich,dass Forscher und Beforschtes nicht unabhängig voneinander und nichtmehr klar zu trennen sind12. Außerdem wird deutlich, dass das Ergebnis desForschungsprozesses von Forscher, Beforschtem und Kontextgleichermaßen geprägt ist13.

Das formulierte Forschungsziel �Verstehen� in Verbindung mit demzugrundegelegten Wissenschaftsverständnis hat auch Konsequenzen für dieAnwendbarkeit der Forschungsergebnisse. Diese Untersuchung ist nichtpräskriptiv im Sinne einer Betriebsanleitung, sondern bietet der Praxis einesystematische, valide und methodisch abgesicherte Spiegelung ihrerWirklichkeit. Damit sind die Ergebnisse in anderen Praxiskontexten auchnicht adoptierbar, sondern maximal adaptierbar. Sie müssen für den neuenKontext vergegenwärtigt (zum Konzept der Verallgemeinerung durchVergegenwärtigung Kappler, 1989:70, 1993:3660) werden. Ihre Bedeutungfür den neuen Kontext muss also interpretiert und durch

12 Zu den Konsequenzen siehe Abschnitt 1.2.4.13 Siehe dazu Abschnitt 1.2.1.

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Einführung 23

Auseinandersetzung mit deren Andersartigkeit angeeignet werden(Waldenfels, 1990).

1.2.3 Integrierte Vorgehensweise im ForschungsprozessGenerell gibt es aus epistemologischer Sicht zwei Ausgangspunkte fürwissenschaftliche Erkenntnis: �Evidenz� oder �Hypothesen�. Beide stellenzunächst für das bestehende Wissen eine Herausforderung dar. DurchÜberprüfungen, Diskussionen, weitere Untersuchungen und Bezugnahmenzeigt sich, ob die neuen Erkenntnisse in ein bestehendes Wissens-Systemübernommen oder zurückgewiesen werden.

Im Hinblick auf die Gestaltung des Forschungsprozesses lassen sich darauszwei Grundtypen forschungsmethodischer Vorgehensweise ableiten: dieinduktive und die deduktive.

Induktive VorgehensweiseBei der induktiven Vorgehensweise wird ausgehend von �quasi-naiven�Realitätsbetrachtungen versucht, Unterscheidungen, Gemeinsamkeiten undMuster zu extrahieren. Es wird dabei nicht von vorher entwickeltenHypothesen ausgegangen, sondern diese werden anschließend anbestehender Theorie gespiegelt, um zu neuen theoretischen Einsichten zukommen.

Weil die induktive Vorgehensweise vorhandene Forschungsergebnisse erstspät im Forschungsprozess integriert und damit keine Fokussierung bei derDatengenerierung betreibt, werden dafür tendenziell mehrForschungsressourcen benötigt, andererseits erfordert die induktiveVorgehensweise auch keine bereits vorhandenen Forschungsergebnissebzw. erarbeitet ihre Erkenntnisse von Grund auf, so dass sie für neueThemen und Themen, in denen noch kein gesichertes Wissen vorliegt,bevorzugt erscheint.

So resümieren auch von Krogh und Roos (1996b:335) in Bezug auf dasForschungsfeld Wissensmanagement:

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24 Die Einführung von Wissensmanagement

�So far, we have seen too few inductive studies, that is, studies thatare trying to build theory from observation of and participation inthe context of the business issue investigated.

Deduktive VorgehensweiseUmgekehrt geht die deduktive Vorgehensweise an die Realität heran. Hierwerden, ausgehend von theoretischen Vorüberlegungen, Hypothesengebildet, die dann anschließend an der Realität getestet werden. Damit sinddie Ergebnisse deduktiver Forschung stärker von der Qualität derAusgangshypothesen abhängig und damit durch die Verfügbarkeitbisheriger Forschungsergebnisse bestimmt. Sie ist damit besonders geeignetzum Schließen von Forschungslücken oder der Ausweitung bestehenderForschungsfelder.

Integrierte VorgehensweisenBeide Vorgehensweisen können als idealtypische Vorgehensweisen (vgl. zurVerwendung von Idealtypen als wissenschaftliche Methode, Weber,1991:73f.) interpretiert werden, die in ihrer Reinform in derForschungsrealität kaum angewandt werden. Denn beiden immanent ist einSet aus Vor- und Nachteilen, die in folgender Grafik illustriert sind:

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Einführung 25

Abbildung 4:Induktive bzw. deduktive Vorgehensweise bei der Forschung

Um die Nachteile des einzelnen Typus mit den Vorteilen des anderen zukompensieren, wurde folgerichtig versucht, integrative Vorgehensweisenals Mischformen zu entwickeln. Dies kann beispielsweise über eine zeitlicheAbfolge innerhalb eines Forschungsprojektes, über einen iterativenForschungszyklus oder über eine Parallelisierung verschiedenerTeilprojekte realisiert werden. Ausgearbeitete Vorschläge für solcheintegrativen Ansätze sind z.B. die Grounded Theory (Glaser/Strauss, 1967;Strauss/Corbin, 1990) oder der iterative Suchprozess als Hin-und-Her-Pendeln von Deduktion und Induktion (Willke, 1993:140).

Bei diesen integrativen Forschungskonzepten geht es darum,Theoriebildung zu betreiben, welche ihren Ausgangspunkt und ihreBegründung in Phänomenen der Unternehmenspraxis hat. Dersystematische Einbezug bereits vorliegender Forschungsergebnisse in derPhase der Datenauswertung und Theoriebildung kann helfen, auf neue undrelevante Erkenntnisse zu fokussieren. Die dabei entstehenden Theorienkönnen dann � z.B. bei der Grounded Theory � fortlaufend mittels gezielterweiterer Datenerhebung (Theoretical Sampling) validiert werden. Diese

Quelle: eigene Darstellung

Vorgehensweise

• Ursprung der Untersuchung liegt inHypothesen aus der Theorie

• Herangehensweise mit�theoretischer Brille�

• Schließen von Forschungslücken inbestehenden Theorien

• (+) Fokussierung und tiefeBearbeitung des Themas

• (+) klarer Forschungsprozess• (-) Geringe Flexibilität für neue

Erkenntnisse

• Ursprung der Untersuchung liegt inBeobachtungen in der Praxis

• �Quasi-Naive� Herangehensweise

• Erschließen von neuenForschungsgebieten

• (+) Theoretische Offenheit undFlexibilität

• (+) Erlaubt Arbeit im theoriearmenRaum

• (-) höherer Ressourcenaufwand

induktiv deduktiv(+

) / (-

)C

hara

kter

istik

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26 Die Einführung von Wissensmanagement

�pendelnde� Vorgehensweise zwischen Induktion und Deduktionentspricht auch besser dem Prozess menschlichen Erkenntnisgewinns. Sieerlaubt es besser als eine rein induktive Vorgehensweise, Energie undRessourcen auf vielversprechende Stellen zu lenken, so an der Schließungtheoretischer Lücken zu arbeiten (Bacharach, 1989) und gleichzeitig dietheoretische Offenheit und Integrationsfähigkeit einer induktivenUntersuchung aufrecht zu erhalten.

Das dieser Dissertation zugrundeliegende Forschungsprojekt folgt einersolchen integrativen Vorgehensweise. Dabei wurde der Untersuchung einetendenziell induktive Phase vorangestellt, um einerseits meine theoretischeSensibilität (Strauss/Corbin, 1996) zu erhöhen und andererseits das breitePhänomen Wissensmanagement auf interessante und vielversprechendeSchwerpunkte zu fokussieren. Diese Schwerpunkte wurden nach Abschlussder ersten Phase zuerst nach praktischer Relevanz geordnet und danach mitvorliegenden Forschungsergebnissen abgeglichen. Die daraus resultierendeDatengenerierung und -auswertung wurde iterativ betrieben. Dabei wurdein der Regel induktiv getrieben, aber deduktiv informiert vorangegangen.

Als Forscher nehme ich im Forschungsprozess eine nicht-naive (im Sinnevon theoretisch vorgebildete und damit auch theoretisch vorbelastete)Position ein.

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Einführung 27

Abbildung 5:Verwendete Ordnungskriterien im Forschungsverlauf

1.2.4 Qualitativer ForschungsansatzQuantitative und qualitative Forschungsansätze sind keine klarabgrenzbaren Kategorien. Eine tendenzielle Zurechnung kann aufgrund desgenerierten Datenmaterials und der verwendeten Analysemethodenvorgenommen werden. Mit van Maanen (1979a:520) lässt sich diequalitative Forschung sinngemäß abgrenzen als eine Forschungsrichtung,welche nicht mit Häufigkeiten arbeitet, sondern interpretative Technikennutzt, um Phänomene der sozialen Welt zu beschreiben, zu entschlüsselnund zu übersetzen.

Qualitative und quantitative Studien stehen dabei in einem zeitlichenZusammenhang. Qualitative Forschung kann als Vorstufe quantitativerUntersuchungen gelten (van Maanen, 1979a:521), denn nachdem mit Hilfequalitativer Forschung ein Interpretationsraster für ein Phänomen erarbeitetund innerhalb einer Community akzeptiert wurde, können daraufaufbauend quantitative Studien zu Teilaspekten des Phänomensdurchgeführt werden. Denn erst nachdem es durch qualitative Studien

• Validierung• Systematik• Referenz oder

Forschungsquelle

19981997 1999 2000

• Assoziation• Gefühl• Analogieschluss

• Ohne Ordnungskriterium• Interesse

Ord

nung

skrit

eriu

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Quelle: eigene Darstellung

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28 Die Einführung von Wissensmanagement

gelungen ist, zwischen Phänomen und Kontext zu unterscheiden undTeilaspekte des Phänomens zu isolieren, ist es möglich, quantitativeForschungsstrategien, wie z.B. Experimente (Yin, 1989a) erfolgreichanzuwenden.

Damit ist diese Untersuchung den qualitativen Studien zuzurechnen, dennhier sollen Vorschläge für Konstrukte oder Konzepte erarbeitet werden, dieals Redewerkzeuge (Osterloh/Grand, 1994) oder Ideengeber von derWissenschaft und der Praxis eingesetzt werden können.

1.3 Aufbau der Dissertation

Der Aufbau dieser Dissertation spiegelt den Weg des Erkenntnisgewinns imzugrundegelegten Forschungsprojekt wider. Es startet in das Praxis undschärft das dem Projekt zugrunde liegende Forschungsinteresse anhand vonProblemstellungen der Praxis zu einer Forschungsfrage.

Durch eine Sichtung vorhandener Theoriebeiträge zur Forschungsfragewird eine Theorielücke aufgezeigt. Zu deren Schließung werden zweiEvidenzquellen genutzt. Durch aktiv-reflektierende Teilhabe an der Praxiswerden Beobachtungen und Erfahrungen zu Hypothesen verdichtet undgetestet. Zudem werden diese im Spiegel vorhandener Theoriebeiträgediskutiert und zu einem Bezugsrahmen integriert.

Die Qualität dieser tendenziell induktiven Theoriebildung wirdsichergestellt, indem sich die aus dem konkreten Unternehmensfallentstehende Theorie immer wieder iterativ ihrer Richtigkeit durch Kontrolleanhand vorliegender Forschungsergebnisse versichert. Zudem werden dieErkenntnisse anhand der sich weiterentwickelnden Situation im Feld aufihre Angemessenheit geprüft.

Damit ist der Weg der Theoriebildung dieser Dissertation inspiriert durchdie Konzepte der wissenschaftlichen Fallstudienforschung14 (Yin, 1989a), derGrounded Theory15 (Glaser/Strauss, 1967; Strauss/Corbin, 1996) und des

14 Siehe Abschnitt 4.3.1.15 Siehe Abschnitt 4.3.5.

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Einführung 29

Ansatzes von �Precensing�16 (Scharmer, 2000a, 2000b; Senge/Scharmer,2000:21; Käufer/Scharmer, 2000; Scharmer, 1999).

Abbildung 6: Gang der Argumentation in dieser Dissertation

Das erste Kapitel stellt die Problemstellung der Dissertation vor undpräsentiert die wissenschaftstheoretische Positionierung der Arbeit.

Das zweite und dritte Kapitel erarbeiten inhaltliche Grundlagen zumThema. Die zentralen Begrifflichkeiten im Forschungsfeld waren zu klärenund zu diskutieren. Dabei widmet sich das zweite Kapitel den ThemenWissen, Wissensmanagement und den Akteuren des Wissensmanagements.Das dritte Kapitel erweitert diese Sicht um Fragen zur Einführung einesWissensmanagements und betrachtet deren unterschiedliche Ausgestaltungsowie wissensintensive Unternehmen.

Nach der Würdigung der bisherigen Forschung zum Thema wechseltKapitel vier die Perspektive der Arbeit eröffnet die empirischeBeschäftigung mit der Thematik. Dazu werden forschungsmethodische

16 Siehe Abschnitt 3.3.2.

1. Einführung1. Einführung

7. Zusammenfassung und Implikationen7. Zusammenfassung und Implikationen

4. Forschungsmethodik und Forschungsprozess für dieempirische Studie

4. Forschungsmethodik und Forschungsprozess für dieempirische Studie

3. Wissensmanagement-Einführung: Vom Erschließeneiner strategischen Ressource

3. Wissensmanagement-Einführung: Vom Erschließeneiner strategischen Ressource

2. Wissensmanagement: VomErkennen und Nutzen einerstrategischen Ressource

2. Wissensmanagement: VomErkennen und Nutzen einerstrategischen Ressource

6. Konzeptualisierung derWissensmanagement-Einführung

6. Konzeptualisierung derWissensmanagement-Einführung

5. Wissensmanagement-Einführungbei Telcotech

5. Wissensmanagement-Einführungbei Telcotech

Falls

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Problemstellungen thematisiert und der dementsprechend ausgestalteteForschungsprozess vorgestellt. Fragen zur Qualitätssicherung derForschung beenden das Kapitel.

Kapitel fünf und sechs sind der Fallstudie dieser Dissertation gewidmet.Dazu wurde eine Wissensmanagement-Einführung über einen Zeitraumvon mehreren Jahren untersucht. Kapitel fünf stellt den Kontext und denAblauf der Fallstudie dar, im Kapitel sechs werden die wesentlichenErkenntnisse diskutiert und zu einem Bezugsrahmen wichtiger Aktivitätenzur Wissensmanagement-Einführung aus Sicht der Wissensmanagement-Verantwortlichen zusammengefasst.

Das abschließende Kapitel sieben fasst die Arbeit noch einmal zusammen,gibt Hinweise, wie Wissensmanagement-Verantwortliche die Erkenntnisseder Dissertation nutzen können und diskutiert Implikationen der Arbeit fürTheorie und Praxis.

1.4 Zusammenfassung

Obwohl sowohl die Potentiale und mögliche Wertschöpfungsbeiträge vonWissensmanagement, als auch deren operative Methoden bekannt sind,herrschen Schwierigkeiten in der Umsetzung der Erkenntnisse im Rahmender Einführungsprozesse in den Unternehmen sowie in einer umfassendenwissenschaftlichen Beschreibung dieser Aktivitäten.

Mögliche Ursachen werden in der Vernachlässigung desTransformationscharakters der Einführung, in einer fehlendenAusdifferenzierung von Akteursrollen, unzureichendenVorgehensmodellen, der Vernachlässigung dynamischer Aspekte derWissensmanagement-Einführung sowie in unvollständigen Aktivitäten-Katalogen vermutet.

Gelingt es, diese Punkte zu berücksichtigt, lassen sich aus derUntersuchung der Wissensmanagement-Einführung nicht nur Erkenntnissezu dessen Verständnis, sondern auch zu dessen Gestaltung ziehen.

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Einführung 31

Die zu erwartenden Erkenntnisse können über die Anwendung auf dasWissensmanagement hinaus auch allgemein unser Verständnis vonProjekten, die strategische Potentiale für die Organisation nachhaltigerschließen sollen, erweitern.

Diese Dissertation wählt für die Untersuchung den Weg einer Fallstudie ineinem einzelnen Unternehmen über einen Zeitraum von mehreren Jahren.

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2 Wissensmanagement: Vom Erkennen und Nutzeneiner strategischen Ressource

"The only thing that increasingly will matter innational as well as in international economicsis management�s performance in makingknowledge productive.�(Peter Drucker)

Bevor mit der Betrachtung der Wissensmanagement-Einführung alsErschließen einer strategischen Ressource begonnen werden kann, soll indiesem Kapitel das Wissensmanagement als Gegenstand derWissensmanagement-Einführung betrachtet werden. Denn je nachdem,welches Verständnis von Wissen und Wissensmanagement genutzt wird,hat dies Auswirkungen auf die Konzipierung und Durchführung derEinführungsaktivitäten.

Der Umgang mit Wissen in Organisationen wird gegenwärtig als eine derwichtigen organisationalen Herausforderungen für die nächsten Jahrewahrgenommen. Bei der Einschätzung der Bedeutung von Wissen wirdsogar so weit gegangen, Wissen als wesentliches Attribut unsererGesellschaft anzusehen (Drucker, 1992, 1993; Reich, 1991; Toffler, 1990;Burton-Jones, 1999).

Wie kommt eine solche Einschätzung zustande? Was bedeutet sie fürUnternehmen, und wie begegnen diese den damit verbundenenHerausforderungen?

In diesem Kapitel wird die Grundlage des Forschungsvorhabens gelegt,indem bisherige Forschungsströme und wissenschaftliche Erkenntnisse desForschungsfeldes zusammengefasst werden.

Dabei wird auf Wissen als Gegenstand des Wissensmanagements, denStand der Wissensmanagement-Forschung und wesentlicherEntwicklungsströme der Theorie eingegangen. Ziel ist die Schaffung einesVerständnisses von Wissensmanagement, bevor im nächsten Kapitel dieEinführung von Wissensmanagement im Fokus der Betrachtung steht.

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Abbildung 7: Gliederung der Argumentation in Kapitel 2

2.1 Bedeutung von Wissen für Unternehmen

"We are drowning in information, but starvingfor knowledge.�(John Naisbitt)

Ein Unternehmen erfolgreich am Leben zu halten, war nie einfach, und mitder beschleunigten Veränderungsgeschwindigkeit und der steigendenGlobalisierung des letzten Jahrzehnts17 ist es mit Sicherheit nicht einfachergeworden. Brown/Eisenhardt (1998) beschreiben die drastische Verkürzungvon Innovations- und Produktlebenszyklen, D�Aveni (1994), Moore (1996)und Dawson (2000) das Zusammenwachsen von Märkten und Branchenund die Neudefinition von Industrien oder Geschäftsmodellen, Quinn(1992) die Durchdringung der Produkte von Dienst- oder

17 Beispielsweise sei hier auf die Entwicklungen zu Ende der 80-er Jahre Bezuggenommen. So haben die politischen Veränderungen mit der Transformation mittel-und osteuropäischer Staaten langfristig getroffene Unternehmensentscheidungen � wiez.B. den Unternehmensstandort � neu infrage gestellt und disponibel gemacht(Kappler, 1994)

2. Wissensmanagement: Vom Erkennen und Nutzen einerstrategischen Ressource

2. Wissensmanagement: Vom Erkennen und Nutzen einerstrategischen Ressource

2.4. Zusammenfassung2.4. Zusammenfassung

2.1. Bedeutung von Wissenfür Unternehmen

2.1. Bedeutung von Wissenfür Unternehmen

2.2. Aktives Management desWissens als Konsequenz

2.2. Aktives Management desWissens als Konsequenz

2.3. Stand undBegriffsbestimmung zentralerThemen im Forschungsfeld

2.3. Stand undBegriffsbestimmung zentralerThemen im Forschungsfeld

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Gedankenleistungen und Badaracco (1991) Zusammenschlüsse undAllianzen als die treibenden Trends für das Management im letztenJahrzehnt.

An Wissen wird die Erwartung gestellt, Unsicherheiten absorbieren zukönnen, die aus solchen Veränderungen resultieren. Dies soll geschehen,indem das Wissen die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen auch ankomplexe und turbulente Umwelten sicherstellt (Nonaka, 1991).

So wird Wissen als wichtigste Quelle für nachhaltige Wettbewerbsvorteilegesehen (vgl. Porter, 1997:17; Drucker, 1998b; Spender, 1996; Quinn, 1992;Kurtzke/Popp, 1999). Ähnliche Bedeutung wird Lernen als dem Prozess derWissensbildung zugemessen (De Geus, 1997; Senge, 1990:7;Brown/Duguid, 1998). Für die Unternehmen stellt sich in diesem Hinblickdie Aufgabe, die Wissensbasis des Unternehmens kontinuierlich zuerneuern, gemeinschaftlich verfügbar zu machen und in Geschäftserfolg zutransformieren (Pautzke, 1989; Probst et al., 1998).

Aus dieser Argumentation folgt, dass Wissen im Extremfall den einzigenProduktionsfaktor für ein Unternehmen, z.B. in der �New Economy�,ausmachen kann. Damit stellt Wissen eine wesentliche Quelle für den Werteines Unternehmens dar. Aufgrund nicht vorhandener anderer Assets (z.B.Anlagevermögen), nicht vorhandener Vergangenheitswerte zu Umsatz etc.und (noch) nicht vorhandener Gewinne erfolgt dieUnternehmensbewertung aufgrund des �Intellectual Capital� desUnternehmens (vgl. zu diesem theoretischen Ansatz: Stewart, 1997;Roos/Roos, 1997; Sveiby, 1997; Edvinsson/Malone, 1997; Bontis, 1998).

Bewertet wird damit im wesentlichen der aus dem Wissen resultierendeWettbewerbsvorteil und das darin begründete Potential, Geschäfte andersund erfolgreicher zu betreiben als Wettbewerber. Die im Zuge vonBörsengängen und Unternehmensübernahmen in den letzten Jahrengezahlten Beträge sind ein Indiz für die immensen Erwartungen, die in dieProduktivkraft des Unternehmenswissens gesetzt werden. Zugleichverweisen die starken Schwankungen dieser Summen in den letzten Jahrenauf die Unsicherheit von Unternehmensbewertungen, die sich im

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wesentlichen auf die (noch nicht realisierten) Wissenspotentiale einesUnternehmens stützen.

Doch auch in der �Old Economy� wächst der Anteil von Wissen an derWertschöpfung der Unternehmen. Die Rolle von Wissen wird deutlich,wenn in der 1997-er Studie des Fraunhofer-Institutes für Arbeitswirtschaftund Organisation (IAO) in Stuttgart bereits 40% der deutschenGrossunternehmen angeben, dass Wissen für mehr als 60% ihrerWertschöpfung verantwortlich ist (vgl. Parlass, 1997; Bullinger et al., 1997).Als noch größer wird der Anteil von Wissen an der Wertschöpfung imSiemens-Konzern eingeschätzt:

Between 60 and 80 percent of the value added we generate isdirectly linked to knowledge � and the proportion is growing. (vonPierer, 2000:5)

Zwangsläufig verbunden ist diese steigende Bedeutung mit einerwachsenden Abhängigkeit vom erfolgreichen Einsatz des Wissens:

In a quiet and pervasive way, Siemens has become an organizationthat is highly dependent upon knowledge to advance its strategiesand key business processes. (Davenport/ Probst, 2000:10)

Die wissenschaftliche Forschung verweist darauf, dass das Wissen einesUnternehmens einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil begründet(stellvertretend Drucker, 1998b). Darunter verstanden wird eine Ressourceeines Unternehmens, welche ein Unternehmen dauerhaft von seinenWettbewerbern differenzieren kann (von Krogh/Venzin, 1995; Grant, 1991;Itami, 1987).

Nach Barney (1991:105) muss eine Unternehmensressource, die einennachhaltigen Wettbewerbsvorteil darstellt, die folgenden vier Eigenschaftenhaben:

• Wertvoll, im Sinne der Fähigkeit, Möglichkeiten nutzen oder Risikenminimieren zu können

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Wissensmanagement 37

• Selten, im Sinne von verfügbar für die Konkurrenten

• Schwer imitierbar, im Sinne von entwickelbar für die Konkurrenten

• Nicht substituierbar, im Sinne von verfügbaren Alternativen für dieKonkurrenten

Dabei wird von manchen Autoren Wissen ein konstituierender Charakterfür die Existenz von Unternehmen zugewiesen (siehe Spender, 1996;Spender/Grant, 1996; Grant, 1996; Grant/Baden-Fuller, 1995;Kogut/Zander, 1992; Willke, 1998; Burton-Jones, 1999). DieseBedeutungsveränderung von Wissen als Unternehmensressource wirdweitgehend akzeptiert und konzeptionell weiter entwickelt. Das Wisseneines Unternehmens und der Umgang damit stellt so heute einenweitgehend akzeptierten wichtigen strategischen Wettbewerbsvorteil dar,der eine besondere Aufmerksamkeit und gezielte Managementaktivitätenerfordert.

2.2 Aktives Management des Wissens als Konsequenz

Es besteht ein großes Interesse [anWissensmanagement], auch gibt esUmsetzungsversuche, aber keiner ist mitseiner Lösung wirklich vollstens zufrieden.(Trojan/Döring-Katerkamp, 2000)

Konsequenterweise entwickelte sich parallel mit der Erkenntnis dersteigenden Bedeutung von Wissen für den Unternehmenserfolg zugleicheine Managementdisziplin in der Managementforschung, aber auch in derUnternehmenspraxis: das Wissensmanagement. Ihr Ziel ist es, die neuerkannte Ressource Wissen besser zu nutzen und gezieltweiterzuentwickeln.

Die Managementdisziplin Wissensmanagement musste jedoch nichtkomplett neu erfunden werden, sondern setzt auf einem bestehendenUmgang mit Wissen auf. So weist Berres (1999) darauf hin, dassWissensteilung keine neue Aufgabenstellung für Unternehmen ist. In allenarbeitsteiligen Organisationen wurde und wird Wissen geteilt,weitergegeben oder angewandt. Mit Wissensmanagement erweitert sich

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dies auf den Wissensaustausch zwischen Personen, die nicht direktzusammenarbeiten bzw. bei denen die Weitergabe von Wissen nicht zu denexpliziten Aufgaben des Jobs gehört.

Neu ist am Wissensmanagement dessen gesteigerte Bedeutung undAusmaß. Die direkte Verknüpfung mit der Wertschöpfung, dieBewusstmachung der Wissensmanagement-Aktivitäten, derorganisationsweite Ansatz, die Einbindung in die Geschäftsmodelle und diesystematische Vorgehensweise lassen zudem eine neue Qualität erkennen(dazu auch Roehl, 1999:79f.).

Empirische Untersuchungen zu Rolle und Umgang mit Wissen belegendementsprechend, dass in den Unternehmen ein hohes Bewusstsein für dieBedeutung von Wissen für den geschäftlichen Erfolg vorhanden ist. DieEinsicht, dass das Wissen der Organisation eng mit ihremunternehmerischen Erfolg verbunden ist, ist vorhanden. Zugleich zeigendieselben Untersuchungen dramatisch die Unzufriedenheit undUnsicherheit mit der bisherigen Realisierung der Potentiale desUnternehmenswissens auf. Fast einhellig liegen die erhobenen Werte in denUntersuchungen (Bullinger et al., 1997; Herp, 1998; KPMG, 1998;Trojan/Döring-Katerkamp, 2000) bei ca. vier Fünftel der Befragten, dieWissen wichtig und sehr wichtig einschätzen, und ein Fünftel der Befragten,die mit der bisherigen Operationalisierung des Umgangs mit Wissenzufrieden sind.

Diese Untersuchungen spiegeln die Bedeutung und den Handlungsbedarfwider, den die Unternehmen dem Wissensmanagement beimessen.Zugleich lässt diese Interpretation eine große Gefahr für das noch jungeThema Wissensmanagement erkennen, bei den Praktikern nachhaltigeAkzeptanz zu erreichen. Denn die Unzufriedenheit im Umgang mit Wissenkann einerseits in verstärkte Aktivitäten führen, andererseits zurErkenntnis, das Wissen als gestaltbarer Ansatzpunkt für das Managementungeeignet sei. Einige Studien lassen genau solche Tendenzen einergewissen Ernüchterung oder Resignation erkennen (Liebl, 1998; Bain &Company, 1999).

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Eine Basis dieses Praxis-Urteils ist die Unzufriedenheit mit derOperationalisierung des Wissensmanagements. Viele mitWissensmanagement befasste Beiträge in Zeitschriften, Konferenzen undUnternehmenspräsentationen werden als �schwammig�, �esoterisch�,�nicht schlüssig� etc. eingeschätzt. Es wird darauf verwiesen, dass sichdiese Beiträge häufig auf Hinweise zur Bedeutung von Wissen, auf wenige,immer wiederkehrende Best-Practice-Beispiele und Empfehlungen zumEinsatz bestimmter Werkzeuge beschränken, ohne eine wirklicheHilfestellung bei der Realisierung der Potentiale des Wissens zu geben. ImSinne von Argyris (1999) können solche Beiträge als �Flawed Advices�eingestuft werden; Ratschläge, die entweder aufgrund fehlenderKontextbeschreibungen zum einen schwer überprüfbar sind und denenzum anderen ausreichende Informationen fehlen, um sie wirklich nutzen zukönnen. Ähnlich verhält es sich mit Beratungsangeboten, die für dieUnternehmen ebenfalls keine zufriedenstellende Unterstützung anbieten(dazu Liebl, 2001).

Auf der anderen Seite hat auch die wissenschaftliche Wissensmanagement-Forschung noch nicht die Akzeptanz der Praxis erreicht. So zeigt eineBefragung von 350 Managern, dass aktuelle Forschungsergebnisse bishernur selten (6% der Befragten) in die Unternehmensaktivitäten zurVerbesserung des Umgangs mit Wissen eingeflossen sind (Döring-Katerkamp et al., 2000).

Diese Untersuchung spiegelt auch den Gesamtzustand in Bezug auf denUmgang mit Wissen in Unternehmen wieder:

�Auffallend ist jedoch eine deutliche Diskrepanz zwischen Wollenund Tun, denn obwohl 99% der Befragten Wissensmanagement füreine wichtige Sache halten, haben über 60% keine konkretereVorstellung davon, was genau darunter zu verstehen ist, bzw. wiees gewinnbringend im Unternehmen eingeführt werden kann.�(Döring-Katerkamp et al., 2000)

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Die Wichtigkeit des Wissens für den Unternehmenserfolg ist weitgehenderkannt und akzeptiert. Die daraus folgende Bedeutung eines verbessertenund gesteuerten Umganges mit diesem Wissen wird ebenfalls erkannt.Doch die Konzepte für die Operationalisierung werden noch nicht alspraxistauglich angesehen. Vermisst werden Erkenntnisse, wie dieWissenspotentiale in greifbare und anhaltende Ergebnisse überführt werdenkönnen.

Die aufkommende Resignation über die Gestaltbarkeit einesWissensmanagements birgt eine Gefahr, denn die Frage- undAufgabenstellungen, die mit Hilfe des Wissensmanagements bearbeitetwerden sollen, sind weiterhin hoch relevant und weitgehend ungelöst.

2.3 Stand und Begriffsbestimmung zentraler Kategorien imForschungsfeld

�A joke that works is complete knowledge in ananosecond.�(Steve Martin)

Obwohl diese Arbeit einer induktiven Vorgehensweise folgt, ist esunumgänglich, einige grundlegende und für mich beobachtungsleitendeBegriffe bereits vorab zu definieren oder zumindest zu charakterisieren.Denn bei der Wahrnehmung der Praxisphänomene erfolgt eineUnterscheidung der Beobachtungen in relevante und nicht-relevantePhänomene, und diese Unterscheidung wird aufgrund der von mirzugrunde gelegten Definitionen vorgenommen.

Insbesondere geht es dabei um das Verständnis von Wissen, Wissen alsUnternehmensressource, Wissensmanagement und der Akteure desWissensmanagements, welches im folgenden erarbeitet wird.

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2.3.1 Wissen als Unternehmensressource

�Knowledge is that which enables you to dothings.�(Peter Drucker)

�Wissen ist der Beginn von Praxis. Handelnist die Vollendung des Wissens.�(Ming 1498)

�Was ist eigentlich Wissen?�, ist vielleicht die schwierigste Frage für einenWissensmanager, denn Wissen ist ein facettenreicher Begriff, was zudefinitorischen Schwierigkeiten führt. Da es aber einer der zentralenBegriffe im Forschungsfeld Wissensmanagement ist, erscheint eine Vorab-Begriffsklärung sinnvoll und notwendig (Penrose, 1959:77; Drucker, 1993;Scarbrough/Burrell, 1996:178; Schneider, 1996:7).

Als erste Schwierigkeit erweist sich dabei die fehlende Trennschärfe in derAlltagssprache, wo Begriffe wie Wissen, Erfahrung, Kenntnisse,Informationen etc. oft synonym verwendet werden (Cohen, 1998:35). Hinzukommt eine irreführende Verinnerlichung des Wissensbegriffs durch dieSchulbildung, wo Wissen im wesentlichen die Speicherung und Wiedergabevon Fakten bezeichnet. Wie später noch gezeigt wird, liegen in diesemAlltagsverständnis von Wissen grundlegende Herausforderungen für dieWissensmanagement-Praxis.

Wissenschaftliche Annäherungen an das Phänomen Wissen wurden bishernicht nur in der Betriebswirtschaftlehre vorgenommen, in vielenverschiedenen Disziplinen finden sich Begriffsbestimmungen (für einemÜberblick siehe Romhardt, 1998; Rüstmann, 1999). Diese Breite anBegriffsbestimmungen soll hier nicht mehr nachvollzogen werden, sondernes kann sich auf betriebswirtschaftliche Wissensdefinitionen beschränktwerden.

In einer ersten Annäherung wird eine häufig vorzufindendeWissensabgrenzung vorgestellt, welche eine Differenzierung zwischenZeichen, Daten, Informationen und Wissen zugrunde legt (Nonaka, 1995;Hansen, 1992; Rehäuser/Krcmar, 1996; North, 1998)

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Zeichen werden dabei zu Daten, wenn sie in nach einem bestimmten Syntaxzusammengestellt werden. Daten verdichten sich weiter zu Informationen,wenn sie vom Empfänger in einen bestimmten Kontext eingeordnet werdenkönnen und somit für sie Sinn machen. Können diese Informationen vomEmpfänger zusätzlich in ein Handlungspotential umgesetzt werden, sprichtman von Wissen.

Abbildung 8: Abgrenzung zwischen Zeichen, Daten, Information und Wissen

Entlang dieser Folge vom Zeichen zum Wissen erfolgt eineBedeutungsanreicherung (Gemmerich/Stratmann 1998:24) und zugleicheine Spezifizierung. Pointiert ausgedrückt, bedeutet eine Aussage vomZeichen zum Wissen für immer weniger immer mehr.

Andere Forscher erarbeiten ähnliche Unterteilungen oder erweitern diese.So bestimmt North (1998:41) die dem Wissen übergeordnete Kategorien�Können�, Handeln� und �Kompetenz�, die sie im wesentlichen imHinblick auf einen Anwendungsbezug bzw. eine Routinisierung ergänzen.

Die vorgestellte Klassifizierung suggeriert eine genaue und eindeutigeZuordenbarkeit eines Sachverhaltes zu einer dieser Kategorien. Damit wird

Handlungsbezug,Verbindung mit

eigener Geschichte

Verwendungeiner Syntax

Einordnung in einen Kontext

Auswahl aus Zeichenvorrat

Bei

spie

le

Zeichen Daten Information Wissen

Individualisierung, Bedeutungsanreicherung

�Kaufsignal�für den

Devisenmarkt

Devisenkurs$1 = DM 2,15

2,15�2�; �1�; �5�

Quelle: eigene Darstellung nach Rehäuser/Krcmar (1996:3)

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Wissensmanagement 43

in dieser Klassifizierung jedoch der personenabhängige und situativeCharakter von Wissen vernachlässigt, der einen Sachverhalt für jemandenals Wissen, für jemanden anderes als Information oder als Datumerscheinen lässt (dazu Willke, 1995:265; Albrecht, 1993:46).

Seit mehreren Jahren beschäftigte sich deshalb eine wissenschaftlicheDiskussion (von Krogh et al., 1994; Nonaka/Takeuchi, 1995) auch mit derEpistemologie als Fundament einer Wissensmanagement-Theorie. Eskonnten dabei verschiedene epistemologische Paradigmen aufgezeigtwerden, deren Wissensbegriffe jeweils unterschiedliche Ausprägungen vonWissensmanagement induzieren.

In einem abbildtheoretischen, im wesentlichen kognitivistisch geprägtenWissensverständnis, kann Realität objektiv wahr abgebildet werden. Weilso entstandenes Wissen für jede Person gleich ist, kann es in dieserTradition in Datenbanken, Wissensspeichern oder Expertensystemengespeichert werden.

Der epistemologische Gegenpol, der auch dieser Arbeit zugrundegelegtwird, ist ein (sozial)-konstruktivistisches Wissensverständnis (dazu Walter-Busch, 1996). Wissen gründet sich auf individuelle Beobachtungen,Vorerfahrungen und Erwartungen, welche kollektiv validiert werden.Wahrheit entsteht in diesem Verständnis nicht durch Abbildung, sondernwird erschaffen. Kriterium für die Bewertung solches Wissens ist seineZweckmäßigkeit, also inwiefern es adäquate Handlungen erlaubt oder neueHandlungsspielräume eröffnet. Wissen wird als abhängig von dem sozialenund situativen Kontext, in dem es gebildet wurde, angesehen, eine direkteWeitergabe von Wissen durch Kommunikation ist nicht möglich.

Daran ist auch die grundlegende Schwierigkeit eines gemanagtenWissensaustausches erkennbar. Was für jemanden Wissen darstellt, ist fürjemanden anderes, der nicht über denselben persönlichen Hintergrundverfügt, nur Datum oder Information. Als Datum oder Information wird esjedoch nicht handlungswirksam oder erhöht die Handlungsfähigkeit.Wissensaustausch wird damit zu einem nicht-deterministischem System, erist möglich, jedoch nicht bestimmbar. Managementaktivitäten beziehen sich

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dann darauf, Bedingungen der Möglichkeit gelingendenWissensaustausches zu schaffen bzw. dessen Wahrscheinlichkeit zuerhöhen � garantiert werden kann er jedoch nicht.

Zudem ist der Wert dieses Wissens immer personengebunden und kannextern kaum bestimmt werden. Was für jemanden den �größtenWissensschatz� darstellt, kann für eine andere Person nicht relevant sein.Ein anderer, beiläufig geäußerter Hinweis, kann hingegen für einenEmpfänger den entscheidenden Handlungsauslöser darstellen.

Dieses Wesen des Wissens stellt eine große Herausforderung für dieWissensmanagement-Forschung dar und erschwert Definitionsversuchevon Wissen. Dementsprechend schlagen von Krogh/Venzin (1995:418) vor,auf eine Definition von Wissen ganz zu verzichten, um den dynamischen,beobachter- und kontextabhängigen Charakter von Wissen nichteinzugrenzen.

Alternative Ansätze zum Umgang mit diesen definitorischenSchwierigkeiten umfassen häufig die Bildung von Typologisierungen(Nonaka/Takeuchi, 1995; Wikström/Norman, 1994; Quinn et al., 1996) undMetaphern (Sackmann, 1992)

Beispielhaft wird hier eine der üblichsten Unterscheidungen vorgestellt, dieNonaka/Takeuchi (1995:58) ihrer Theorie der Wissensgenerierungzugrunde legen. In Anlehnung an Polanyis Theorie des Wissens (Polanyi,1958, 1966) unterscheiden sie zwischen explizitem und implizitem (oder�tacit�) Wissen. Implizites Wissen umfasst dabei das Erfahrungswissen derMitarbeiter, explizites Wissen hingegen Konzepte, Modelle, Dokumenteoder Arbeitsanweisungen (Nonaka/Takeuchi 1995:61).

Weitere Typologisierungen wurden nach der Art oder Funktion von Wissengemacht. Hierbei differenzieren Wikström/Norman (1994:10f.) zwischenInformationen, Fähigkeiten (Know-how), Erklärungswissen undVerstehenswissen.

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Wissensmanagement 45

Ähnlich unterscheiden Quinn et al. (1996:72) zwischen �know-what�(kognitives Wissen), �know-how� (Fortgeschrittenenwissen), �know-why�(Systemverständnis) und �care-why� (selbstmotivierte Kreativität).

Sackmann (1992) entwickelt verschiedene Wissensmetaphern mit ihrerUnterscheidung von �dictionary knowledge� (Situationswissen), �directoryknowledge� (Erklärungswissen), �recipe knowledge� (Rezeptwissen) und�axiomatic knowledge� (Basiswissen).

Typologisierungen lassen sich nicht nur nach der Art, sondern auch nachdem Grad des Wissens vornehmen, wobei die Spannweite von Unwissenbis Expertentum reichen kann. In diesem Sinne unterscheidenDreyfus/Dreyfus (1997) zwischen fünf und Bohn (1994) sogar zwischen achtverschiedenen Stufen der Expertise.18

Einen umfassenden Definitionsversuch von Wissen, welcher mehrere deroben diskutierten Aspekte des Wesens von Wissen aufnimmt und zuintegrieren versucht, wird von Probst et al. (1998) unternommen. Sie(1998:44) definieren Wissen als �Gesamtheit der Kenntnisse undFähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Diesumfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregelnund Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten undInformationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personengebunden. Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert derenErwartungen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in einembestimmten Kontext.�

Bezugnehmend auf die Arbeit von Duncan/Weiss (1979) und Pautzke(1989) entwickeln sie (1998:34ff.) ihr Konstrukt der organisationalenWissensbasis. Diese �... setzt sich aus individuellen und kollektivenWissensbestandteilen zusammen, auf die eine Organisation zur Lösungihrer Aufgaben zurückgreifen kann. Sie umfasst darüber hinaus die Datenund Informationsbestände, auf welchen individuelles und organisationales

18 Praktische Bedeutung erlangt diese Unterscheidung nach dem Grad des Wissensinsbesondere für Expertenverzeichnisse oder beim Skill Management.

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Wissen aufbaut.� Mit dem Konstrukt der organisationalen Wissensbasisgelingt es ihnen, die Aufgabe des Wissensmanagements als dasManagement des gestaltbaren Teils dieser organisationalen Wissensbasis zuverorten.

Fazit

Da in dieser Arbeit eine Konzeptbildung aus der Praxis heraus betriebenwird, muss auch die Möglichkeit geschaffen werden, im Zuge dieser Arbeiteinen eigenen Wissensbegriff zu formen. Deshalb sollen hier vorab�Mindest-Abgrenzungskriterien�19 aufgestellt werden, die den Raumdessen, was im Kontext dieser Arbeit als Wissen angesehen wird, abstecken,ohne ihn genau determinieren zu müssen. Sie eröffnen damit dieMöglichkeit, offen und flexibel an das Wissensphänomen heranzugehen,ohne beliebig zu sein.

Folgende Mindest-Abgrenzungskriterien sollen dabei angelegt werden:

• Im Gegensatz zu Informationen bezieht Wissen sich auf die Fähigkeit zuhandeln und ist handlungsorientiert (Stehr, 1994, Sveiby, 1997). FürUnternehmen bedeutet das, Information wird durch den Bezug aufgeschäftsrelevante Handlungen zu Wissen (Wissen, um zu ....).

• Wissen ist eine gesamthafte Erscheinung und speist sich aus mehrerenQuellen. Nonaka/Takeuchi (1995) und Nonaka/Konno (1998)unterscheiden dabei das Zusammenwirken von expliziten undimpliziten Wissenskomponenten. Scharmer (1999) verweist ergänzendauf �self-transcending knowledge�, eine Wissenskomponente, welchenicht durch Erfahrungslernen (Kolb, 1984) erreicht werden kann, da siebenötigt wird, noch bevor Erfahrungen gemacht werden können.Scharmer rechnet dieser Wissenskomponente wachsende Bedeutung zu.

19 Hedberg et al. (1976) arbeiten mit dem Konstrukt der �Mindest-Organisationsbedingungen�, um einerseits einer Organisation Form zu geben und siezu strukturieren, auf der anderen Seite aber auch Freiraum zu lassen, innerhalb dererVeränderungen und Anpassungen möglich sind. An dieses Konstrukt lehnen sich diehier vorgeschlagenen �Mindest-Abgrenzungskriterien� an.

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Wissensmanagement 47

• Wissen umfasst persönliche und organisationale Bestimmungsfaktorenund ist kontextsensitiv (gültig für den jeweiligen Kontext, in dem esformuliert wurde).

• Wissen ist nicht absolut wahr, sondern innerhalb einer Gemeinschaft alsgültig vereinbart (Fahey/Prusak, 1998). Es handelt sich dabei um einenbestätigten oder erprobten Glauben (�justified true belief�;Nonaka/Takeuchi, 1995).

• Wissen wird aus Erfahrungen und Informationen gebildet, die in dieZukunft fortgeschrieben werden und stellt damit Erwartungen an denAusgang zukünftiger Handlungen dar (Willke, 1998).

• Je nach Art (z.B. Beteiligung von Maschinen vs. Menschen, Routine vs.Innovation) und Kontext dieser Handlungen gibt es unterschiedlicheWahrscheinlichkeiten für das Eintreffen der Erwartungen und damitauch für die Wahrscheinlichkeit erfolgreichen Wissenstransfers bzw. derAuswahl geeigneter Wissensmanagement-Instrumente. Dies hatKonsequenzen für die Steuerung und Erfolgsmessung vonWissensmanagement-Aktivitäten.

• Durch Bestätigung setzt ein Prozess der �Verobjektivierung� dieserErwartungen ein, welcher den Vorläufigkeits-Charakter von Wissen inden Hintergrund drängt und das Hinterfragen derGültigkeitsbedingungen von Wissen erschwert.

Ein adäquates Wissensmanagement muss so ausgestaltet werden, dass esdiesen komplexen und vielschichtigen Charakter von Wissen aufnehmenund strukturieren kann, ohne ihn zugleich zu stark zu beschneiden.

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2.3.2 Wissensmanagement als bewusstes Management derRessource Wissen

�In the knowledge economy everybody is avolunteer.�(Peter Drucker20)

Die Abgrenzungs- und Definitionsschwierigkeiten beim Wissensbegriffziehen sich weiter zum Wissensmanagement-Begriff, für den sich ebenfallsnoch keine einheitliche Definition durchgesetzt hat. So konstatierte Albrecht(1993:94) als Ergebnis einer Sichtung der Wissensmanagement-Literatur voreinigen Jahren:

�Für die Bewirtschaftung der Ressource Wissen, d.h. die bewussteund gezielte Planung, Kontrolle und Steuerung des Wissens bzw.�von Wissenssystemen im Unternehmen�, wird in der Literaturauch der Begriff des Wissensmanagements verwendet, wobei dieserTerminus unterschiedlich weit gefasst wird.�

Bis heute hat sich diese Situation nicht grundlegend verändert (zurDiskussion verschiedener Wissensmanagement-Ansätze Schüppel, 1996;Romhardt, 1998; Bogaschewsky, 1998; Roehl, 1999; Scarbrough, 1999;Cortada/Woods, 2000). Bedingt durch verschiedene Wissensbegriffe,zugrunde gelegte Management-Konzepte und Intentionen hat sich in derLiteratur eine große Variation an Wissensmanagement-Begriffen und -Ansätzen gebildet21.

Dieses Phänomen ist einerseits ein Indiz dafür, das dieWissensmanagement-Forschung noch immer ein dynamischesForschungsfeld ist, welches von verschiedenen Disziplinen bzw.interdisziplinär beforscht wird. Andererseits spiegelt es eine

20 Drucker (1998a) � Präsentation auf der Delphi Knowledge Management Conference1998 (IKMS'98), San Diego, CA.

21 Im Rahmen dieser Arbeit können nur einige Ansätze vorgestellt werden.Auswahlkriterien waren dabei Anwendungsbezug, Akzeptanz in derUnternehmenspraxis und Anwendbarkeit für die Unternehmenspraxis bei gleichzeitigvorhandener konzeptioneller Tiefe und wissenschaftlicher Fundiertheit.

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multiparadigmatische Wissenschaftsauffassung wider, welche nichtaufgelöst werden kann.

In diesem Sinne soll hier eine Annäherung an den Wissensmanagement-Begriff durch eine Sichtung und Ordnung bisheriger wesentlicherForschungsbeiträge erfolgen, bevor das Wissensmanagement-Verständnisdieser Dissertation abgesteckt wird.

Wie herausgearbeitet, ist es Ziel eines Wissensmanagements imUnternehmen, den produktiven Einsatz der Unternehmensressource Wissenzu ermöglichen und weitgehend sicherzustellen. Zunächst lassen sich ausdiesem Ziel zwei mögliche Ansatzpunkte bestimmen: direkteInterventionen (Gestaltung von Wissensinhalten) bzw. indirekteInterventionen (Kontextsteuerung). Zu beiden Ansätzen lassen sichForschungsbeiträge nachweisen.

Direkte Interventionen zielen auf die Gestaltung von Wissensinhalten oderWissensprozessen. Regelmäßig wird dabei ein abbildtheoretischesWissensverständnis zugrundegelegt. Wissensobjekte sind zu modellierenund das richtige Wissen ist zur richtigen Zeit am richtigen Ortbereitzustellen. Wissensmanagement wird dabei im Sinne einerWissenslogistik (Hartlieb, 2000) verstanden.

Der Ansatz direkter Interventionen kann für ein Unternehmen zielführendsein, denn er liefert sichere Ergebnisse. Ob aber damitwettbewerbsrelevantes Wissen gebildet wird, muss bezweifelt werden.Direkte Interventionen allein greifen zu kurz, denn sie vernachlässigen oderreduzieren die implizite Komponente des Wissens. NotwendigeKontextfaktoren, die helfen, die Geltungsbedingungen von Wissen zurekonstruieren, transparent und kollektiv nachvollziehbar zu machen, sindmit direkten Interventionen nicht zu erreichen.

Den indirekten Interventionen liegt die Annahme zugrunde, dass sichWissensmanagement aufgrund der Charakteristika von Wissen nichterzwingen lässt. Ein wesentlicher Teil der Qualität des Wissens bestimmtsich dadurch, inwieweit bei seiner Bewusstmachung und Explizierung dieKontexte (als Anwendungsbedingungen) integriert werden können - und ist

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damit vor allem abhängig vom Willen und der Bereitschaft der Wissenden(Drucker, 1998b). In diesem Verständnis legen beispielsweise von Krogh(1998) und von Krogh et al. (1997, 2000) ihr Konzept von �Care� vor. Sieargumentieren, dass eine Stimmung des Sorge-Tragens und Einfühlen-Könnens geschaffen werden muss, damit Wissensmanagement gelingenkann. Nur wenn beide an einem Wissensaustausch Beteiligte den jeweilsanderen mitdenken, kann der Wissensaustausch gelingen.

Bei der indirekten Intervention liegt ein wesentlicher Teil desWissensmanagements in der Gestaltung von Organisationsbedingungenund dem Anbieten von Instrumenten, welche die Funktion von Befähigernhaben.

Die Ansätze direkter und indirekter Interventionen stehen dabei nichtunverbunden nebeneinander. Die meisten Forscher arbeiten an einerIntegration zum Bezugsrahmen. Dabei lassen sich jedoch unterschiedlicheSchwerpunkte erkennen.

Vom American Productivity and Quality Center (APQC, 1995, 1996:7f.)wurde in Zusammenarbeit mit Arthur Andersen ein Wissensmanagement-Rahmenkonzept vorgestellt, welches beide Aspekte integriert. DasRahmenkonzept unterscheidet zwischen dem Wissensmanagement-Prozessund den Befähigern des Wissensmanagements (Enablers). DerWissensmanagement-Prozess unterteilt sich in (1) Schöpfung (creating),Identifikation (finding), Sammlung (collecting) von internem Wissen undBest Practice, (2) Teilen (sharing) und Verstehen (understanding) dieserPractices, um diese handhabbar zu machen) und (3) Anpassung (adapting)und Anwendung (applying) dieser Practices an neue Situationen. Unter dieBefähiger subsumiert das APQC die Subsysteme Strategie (strategy) undFührung (leadership), Informations- und Kommunikationstechnologie(Technology), Unternehmenskultur (culture) und Wissensmessung und -bewertung (measurement).

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Abbildung 9: Das APQC-Rahmenkonzept des Wissensmanagements

Im Rahmen eines Projektes zwischen Siemens-Wissensmanagement-Experten und externen Wissenschaftlern wurde dieses Rahmenkonzepterweitert und mit dem Business Excellence-Rahmenkonzept der EuropeanFoundation for Quality Management (EFQM) abgeglichen. Damit sollte dieEinsetzbarkeit im Unternehmen und die Einbindung desWissensmanagements in die Business Excellence-Aktivitäten erleichtertwerden.

Leadership

Technology

Culture

OrganizationalKnowledge

Knowledge ManagementEnablers

Knowledge ManagementProcess

Measurement

Apply ShareCreate

IdentifyCollectAdapt

Organize

Quelle: eigene Darstellung, nach APQC (1995; 1996:7)

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52 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 10: Das Wissensmanagement-Rahmenkonzept der Siemens AG

Die wesentlichen Unterschiede bilden die neue Strukturierung vonBefähigern und Ergebnisgrößen, welche aus dem aktuellen EFQM-Modell(EFQM, 2000) übernommen wurde. Außerdem wurde eine Erweiterung umWerte sowie eine Detaillierung der Stellhebel (Hofer-Alfeis et al., 1999)vorgenommen.

Beide Rahmenkonzepte zielen auf die Identifikation und Abbildung vonEinflussfaktoren auf das Wissensmanagement. Sie bilden damit denWerkzeugkasten des Wissensmanagers (Hofer-Alfeis et al., 1999), aus demdieser die für sein Problem geeigneten Stellhebel auswählen kann. Zugleichstrukturieren sie die Wissensmanagement-Aktivitäten und ermöglicheneinen Vergleich.

Eine andere, verbreitete Strukturierung erfolgt anhand der Zieldimensionenvon Wissensmanagement-Interventionen. Hierbei unterscheiden Reinmann-Rothmeier/Mandl (1998) zwischen den Dimensionen Technologie,Organisation und Mensch, auf welche die Wissensmanagement-Interventionen zielen. Der richtige Mix zwischen den verschiedenenDimensionen des Wissensmanagements wird als wesentlicher Erfolgsfaktor

MitarbeiterMitarbeiter

Inhalt undKontext

Inhalt undKontext

OrganisationOrganisation

InfrastrukturInfrastruktur

WerteWerte

StrategieStrategie

Zusammenarbeitund

Führung

Zusammenarbeitund

Führung

externeBeziehungen

externeBeziehungen

ErgebnisseErgebnisseProzesse

Quelle: Siemens AG (2000)

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eingeschätzt, die Strukturierung soll helfen, alle Dimensionengleichberechtigt einzubeziehen.

Abbildung 11: Zieldimensionen von Wissensmanagement-Interventionen

Eine vergleichbare Strukturierung wird auch von Lank (1997b) mit derUnterscheidung nach der Orientierung auf Kultur, Geschäftsprozesse undTechnologie vorgenommen.

Ebenfalls auf die Strukturierung der Wissensmanagement-Aktivitäten zieltder Wissensmanagement-Bezugsrahmen von Probst et al. (1998) undRomhardt (1998). Sie entwickeln eine Strukturierung entlang von achtBausteinen des Wissensmanagements, welche einem Ablaufschema folgen.Diese Strukturierung fokussiert auf mögliche Felder der Wissensproblemeund soll Wissensmanagern eine systematische Vorgehensweiseermöglichen.

Dabei unterscheiden sie zwischen einem Wissenskreislauf ausWissensidentifikation, Wissenserwerb, Wissensentwicklung,Wissens(ver)teilung, Wissensnutzung und Wissensbewahrung. Ergänzt

Wissens-management

Mensch

Tech

nolo

gie Organisation

Psychologische, mentaleund kulturelle Aspekte

Informations- undkommunikations-technische Aspekte

Strukturelle undprozessuale Aspekteder Organisation

Quelle: eigene Darstellung, nach Mandl (1998)

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wird dieser durch einen Steuerungskreis aus vorgeschalteten Wissenszielenund nachgelagerter Wissensmessung.

Abbildung 12: Bausteine des Wissensmanagements

Ausgangspunkt des Wissensmanagements ist die Definition von (1)Wissenszielen, die bestimmen, in welche Richtung die Aktivitäten desWissensmanagements gesteuert werden sollen. Um einen Überblick überintern und extern bestehendes Wissen zu erhalten, sollte sich einUnternehmen anschließend im Rahmen der (2) WissensidentifikationTransparenz über vorhandenes Wissen verschaffen. Somit erhält esAuskunft darüber, welche spezifischen Fähigkeiten, die intern nichtvorhanden sind, noch aus Quellen, die außerhalb des Unternehmens liegen,durch (3) Wissenserwerb erschlossen werden müssen. Bei der darauffolgenden (4) Wissensentwicklung bemüht sich die Organisation explizitum die Generierung von intern noch nicht bestehendem Wissen, d.h. siefördert die Kreation neuer Fähigkeiten und Produkte, besserer Ideen undleistungsfähigerer Prozesse. Das vorhandene Wissen soll durch den Prozessder (5) Wissens(ver)teilung innerhalb des Unternehmens verbreitet werden,damit es an zahlreichen Stellen der Organisation genutzt werden kann und

Wissens-erwerb

Wissens-nutzung

Wissens-identifikation

Wissens-entwicklung

Wissens-(ver)teilung

Wissens-bewahrung

Wissens-zielsetzung

Wissens-bewertung

Feedback Steuerungs-prozess

Prozess

Quelle: Probst et al. (1998)

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keine isolierten Wissensbasen entstehen, die zu Doppelspurigkeiten undIneffizienzen führen können.

Mit all diesen Aktivitäten ist jedoch bisher die (6) Nutzung des Wissens desUnternehmens, das mit großem Aufwand erstellt und als strategischwichtig eingeschätzt wurde, noch nicht sichergestellt. Nächstes Ziel desWissensmanagements muss es demnach sein, den produktiven Einsatz desorganisationalen Wissens zum Nutzen des Unternehmens zu fördern.Einmal erworbene Fähigkeiten stehen allerdings nicht automatisch in derZukunft zur Verfügung, denn es besteht die Gefahr, dass ein Unternehmendurch unachtsamen Umgang und mangelnde Pflege der vorhandenenWissensbasen im Laufe der Zeit Wissensverluste hinnehmen muss. Die (7)Wissensbewahrung hat somit die Aufgabe, durch Speicherung, Selektionund regelmäßige Aktualisierung die Wissensschätze des Unternehmenslangfristig zu sichern. Letztes Glied in der Kette der Wissensmanagement-Aktivitäten ist das Controlling bzw. die (8) Wissensmessung des Erfolgs derLernprozesse im Unternehmen.

Die Bausteine des Wissensmanagements haben sowohl in der Theorie, alsauch der Unternehmenspraxis eine weite Verbreitung gefunden (Bullingeret al., 1997; Bürgel, 1998; Pettkoff, 1997). Allerdings zeigt sich bei derpraktischen Arbeit mit ihnen, dass sie sich eher als Heuristik, denn alsArbeitsleitfaden eignen, denn bei der Zuordnung von konkretenWissensproblemen auf einzelne Bausteine zeigt sich deren fehlendeTrennschärfe (Berres, 1999).

Neben der Sensibilisierung für potentielle �Wissensproblemstellen� leistetdas Baustein-Konzept von Probst et al. die Integration einer dynamischenKomponente. Dabei intendieren die einzelnen Bausteine eine zeitlicheAbfolge.

Diese bildet auch das Strukturierungskriterium in Nonaka/Takeuchi�sModell der Wissensgenerierung (Nonaka/Takeuchi, 1995; Nonaka et al.,2000). Kern dieses Modells sind die Wechselwirkungen zwischen explizitemund impliziten sowie individuellem und kollektiven Wissens zurGenerierung von Wissen und Innovation. Nach Nonaka/Takeuchi erfolgt

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dies in vier Schritten (SEKI-Prozess). Diese Schritte benennen sieSozialisation (S), Externalisierung (E), Kombination (K) und Internalisierung(I). Die zyklische Abfolge dieser vier Schritte bildet die �Wissensspirale�und stellt den Motor des Wissensmanagements dar.

1. In der Phase der Sozialisation wird implizites Wissen zwischenWissensträgern ausgetauscht, so dass auf diese Weise neues implizitesWissen entsteht. Dieses Wissen ist aber für die Gesamt-Organisationnoch nicht verfügbar, da nur die am Sozialisationsprozess beteiligtenPersonen Zugang zu diesem Wissen haben.

2. Durch die Externalisierung wird implizites Wissen in explizites Wissenumgewandelt und das Wissen in expliziter Form der ganzenOrganisation zur Verfügung gestellt. Dies geschieht durchDokumentation des impliziten Wissens in Form von Modellen undDiagrammen, aber auch in Metaphern, Analogien oder bildhafterSprache.

3. Durch die Kombination expliziten Wissens wird in der Organisationvorhandenes Wissen zusammengeführt und neues Wissen erzeugt.

4. Das dokumentierte explizite Wissen in der Organisation wird in derPhase der Internalisierung von den Mitarbeitern durch Aufnahme,Ergänzung und Neuordnung wieder in implizites Wissen umgewandelt.

Die Wissensgenerierung erfolgt auf verschiedenen Wissensebenen, wobeiNonaka/Takeuchi (1995:62) hierbei die Individuums-, Gruppen-,Organisationsebene und organisationsübergreifende Ebene unterscheiden.

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Wissensmanagement 57

Abbildung 13: Die SEKI-Prozesse der Wissensgenerierung

In ihren weiteren Forschungsarbeiten konzentrieren sich Nonaka/Takeuchiauf die Befähiger für den SEKI-Prozess (von Krogh et al., 1997, 2000). Dabeiwird auch auf die unterschiedliche Einbettung des Wissensmanagements inder asiatischen bzw. westlichen Kultur hingewiesen (Hedlund/Nonaka,1993; Nonaka/Konno, 1998). Mit ihrem Ansatz liefern sie ein gutausgearbeitetes und wissenschaftlich fundiertes Erklärungsmodell für dieWissensgenerierungsprozesse im Unternehmen, gehen allerdings nichtexplizit auf konkrete Management-Aktivitäten zur Einführung dieserProzesse ein.

Fazit

Wie die untersuchten Wissensmanagement-Konzepte zeigen, hatWissensmanagement nicht nur eine direkte (Wissensinhalte und -prozesse),sondern auch eine indirekte (Rahmenbedingungen als Befähiger)Komponente. Wissensmanagement-Konzepte weisen deshalb in der Regeleine integrierte Form dieser beiden Interventionsebenen auf.

Quelle: eigene Darstellung nach Nonaka (1994), Nonaka/Takeuchi (1995)

Tacit Knowledge

Explicit Knowledge

Sozialisierung Externalisierung

Internalisierung Kombination

Tacit Knowledge

Von ...

In ... Explicit Knowledge

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58 Die Einführung von Wissensmanagement

Die Konzeptionierung von Wissensmanagement folgt dabei verschiedenenStrukturierungsansätzen. Wesentliche Konzepte orientieren sich dabei ander Darstellung von Einflussgrößen und Stellhebeln, von Zieldimensionen,von Wissensproblemstellen oder von Abläufen der Wissensprozesse.

Im Hinblick auf das implizierte Verständnis organisationaler Übergängesind die meisten Konzepte dem Konfigurationsansatz (Gerstner, 1995)zuzurechnen. Nur wenige Konzepte berücksichtigen dynamische Aspekte(Nonaka/Konno, 1998). Insbesondere Konzepte, welcheWissensmanagement als umfassendes organisationales Phänomenberücksichtigen und dessen Gestaltung thematisieren, werden dabei alsnoch nicht ausreichend eingeschätzt.

Die betrachteten Wissensmanagement-Konzepte folgen zudem in der Regeleiner externen Sichtweise. Damit vernachlässigen sie den Blickwinkel desGestalters von Wissensmanagement und dessen Aktionsorientierung.

Die Berücksichtigung solcher dynamischer, organisationaler undakteursorientierten Aspekte eines Wissensmanagements stellen jedochwichtige Faktoren dar, denn Wissensmanagement stellt für einUnternehmen eine quantitativ und qualitativ neue Aufgabenstellung dar,die es zu gestalten gilt. Mit Wissen als Grundlage von Handlungen wurdeschon immer umgegangen, doch erfährt dies eine neue Dimension imHinblick auf die wachsende Bedeutung von Wissen, die direkteVerknüpfung mit der Wertschöpfung, die Bewusstmachung derWissensmanagement-Aktivitäten, der organisationsweite Ansatz, dieEinbindung in die Geschäftsmodelle und die systematischeVorgehensweise. Damit steht Wissensmanagement für den Anspruch,bisher zur persönlichen Arbeitsweise gehörende Aktivitäten zumGegenstand organisationaler Managementtätigkeiten zu machen und fürdas Unternehmen als nachhaltige Ressource zu erschließen.

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Wissensmanagement 59

2.3.3 Akteure des Wissensmanagements: Wissensmanagerund Wissensmanagement-Verantwortliche

�Genauso, wie ein Zitronenfalter Zitronenfaltet, so managt ein WissensmanagerWissen.�(anonym)

Wie gezeigt wurde, bringt Wissensmanagement Aktivitäten mit sich,welche vorher im Unternehmen noch nicht notwendig waren. Deshalbsollen diese Aktivitäten hier systematisiert und Akteuren zugerechnetwerden. Zur Fragestellung der Akteure des Wissensmanagements wurdenbereits verschiedene Forschungsergebnisse vorgelegt, die in dieUntersuchung aufgenommen werden (North, 1998; Probst et al., 1998;Earl/Scott, 1998, 1999; Guns, 1998; von Krogh et al., 1997, 2000;Kaeser/Miles, 2001, 2002).

Deutlich wird bei einem ersten Sichten dieser Untersuchungen, dass imwesentlichen zwei Zugänge zu den Akteuren des Wissensmanagementsgefunden wurden: ein personenorientierter und ein funktionsorientierter.

Zum personenorientierten Zugang rechne ich die Untersuchungen zum�Knowledge Activist� (von Krogh et al., 1997, 2000:10ff.; Kaeser/Miles,2002) oder zur Figur des �Rüethi� (Seemann, 1996; Preissler et al., 1997),welche die Bedeutung und die Aktivitäten bestimmter Mitarbeiter für denWissensaustausch und die Wissensgenerierung in der Organisationwürdigen. Mit �Rüethi� bezeichnet Seemann (1996) diejenigen Mitarbeiter,welche als verbindende Elemente in der Organisation wirken, ohne selbstim Rampenlicht zu stehen. Sie nehmen Wissen auf, geben es überOrganisationsgrenzen hinweg weiter oder stellen Verbindungen zwischenMitarbeitern mit ähnlichen Interessen her, damit diese zusammenarbeiten.Ähnlich nimmt der Knowledge Activist (von Krogh et al., 1997, 2000) dieFunktion eines Mittelsmannes von Initiativen wahr. In dieser Rolleüberbrückt er Organisationsgrenzen und bringt Gruppen (Micro-Communities) zusammen, die bei der Wissensgenerierungzusammenarbeiten sollen. Darüber hinaus hat er noch zwei weitereFunktionen. Er wirkt als Katalysator für die Generierung von Wissen,

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indem er Fragen stellt und so Mitarbeiter zum Nachdenken undWeiterdenken motiviert. Als Händler von Vorausschau zeigt er Visionenauf und beeinflusst die Richtung der Wissensgenerierung. Ein KnowledgeActivist ist dabei nicht zwangsläufig als einzelne Person zu verstehen,sondern kann auch mehrere Personen umfassen. Er kann durch dieUnternehmensleitung legitimiert sein oder seine Aufgabe selbst gewählthaben.

Der funktionsorientierte Zugang stellt die Notwendigkeit der Schaffungbzw. das Phänomen des Auftauchens neuer Managementfunktionen wieWissensmanager, Kompetenzfeldverantwortlicher, Community-of-Practice-Manager oder Chief Knowledge Officer (CKO) in den Mittelpunkt.

North (1998:245) fasst die Funktion, die ein Wissensmanager übernimmt,allgemein zusammen als �...Aufgabe, Interessen zu bündeln,wissensbezogene Ziele zu operationalisieren, Projekte zu strukturieren undErfahrungstransfer anzuregen.�

Probst et al. (1998:362f.) verweisen darauf, dass die Aufgabe desManagements von Wissen aufgrund ihrer Komplexität ganz neueBerufsfelder hervorbringen wird. Exemplarisch gehen sie dabei auf zweineue Funktionen ein, die des Kompetenzfeldverantwortlichen und desChief Knowledge Officers (CKO).

Laut Probst vernetzt ein Kompetenzfeldverantwortlicher die internenExperten eines Kompetenzfeldes und verdichtet bzw. sammelt dieExpertise, die zu einem bestimmten Thema intern und extern vorhanden ist.Er ist verantwortlich für die Bereitstellung und Pflege der Infrastruktur(Newsgroups, Best Practice Workshops etc.).

Der CKO hingegen sensibilisiert die Gesamtorganisation für die Bedeutungder Ressource Wissen und trägt die Verantwortung für die Infrastrukturendes Wissens, wie Kompetenzzentren oder Informationssysteme. AlsMitglied der Geschäftsleitung vertritt er deren Wissensperspektive und lebtdie angestrebte Wissenskultur vor.

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Wissensmanagement 61

Die Funktion des CKO wurde bisher in den meisten Untersuchungenaufgegriffen. So wurden Funktion, Aufgaben und Fähigkeiten eines CKO�sin weiteren Forschungen sowohl konzeptionell (Amidon, 1997; Davenport,1997; Skyrme/Amidon, 1997; Rüter, 1999), als auch empirisch (Guns, 1998;Earl/Scott, 1998, 1999) untersucht.

Skyrme/Amidon (1997) bestimmen die Aufgaben eines CKO als

• Erkennen und Managen der größeren Zusammenhänge, inklusive einerWissensvision

• Vertretung und Kommunikation der Wissensmanagement-Agenda,Entwicklung von Sprache, Bezugsrahmen und Modell für dasWissensmanagement

• Überwachung der Entwicklung der Wissensmanagement-Infrastruktur

• Pflege der wissensbezogenen Verbindungen des Unternehmens undKommunikation im und über das Unternehmen hinaus

Nach Earl/Scott (1998, 1999) besteht der generische Wertschöpfungsbeitrageines CKO in der Arbeit an (1) der Verbesserung bzw. Entwicklung vonwissensbasierten Produkten und Dienstleistungen, (2) der Verbesserungund dem Neudesign wissensbasierter Geschäftsmodelle undGeschäftsprozesse und (3) dem verbesserten Treffen von Entscheidungenim Hinblick auf die Anpassungsfähigkeit und Sensibilität der Organisation.Dafür rechnen sie dem CKO folgende drei Gruppen von Aufgaben zu:

• Design und Einführung von Technologien und Prozessen, um Wissen zuidentifizieren, aufzuzeichnen, teilen, nutzen und schützen und dieIgnoranz der Organisation durch Lernen zu verkleinern

• Design und Steuerung von Rahmenbedingungen und Aktivitäten, umauch nicht formalisiertes Wissen auszutauschen und weiterzugebensowie die Mitarbeiter in diesem Prozess zu ermutigen und unterstützen

• Grund und Wesen von Wissensmanagement in Worte fassen und imUnternehmen kommunizieren, sowie die Wissensmanagement-

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Aktivitäten mit anderen Aktivitäten (strategischen und operativen) zuverbinden

Diese Untersuchungen orientierten sich im wesentlichen am Phänomen desAuftauchens der neuen Unternehmensfunktion des CKO�s auf derUnternehmensleitungs-Ebene von Großunternehmen und zielen auf dessenErforschung.

Allerdings zeigt sich ebenfalls, dass wesentliche Aufgaben, die für denErfolg eines Wissensmanagements maßgeblich sind, hierbei nichteinbezogen sind. Sie liegen auf einer anderen Handlungsebene undumfassen Tätigkeiten, die nicht zum Aufgabengebiet eines Corporate CKOgehört und deshalb in der Beschreibung des CKO�s nicht abgedeckt werden.So zeigt Guns (1998:319) auf, das ein CKO entweder ein �klassischer�Führer mit allumfassenden Fähigkeiten und Rollen sein kann oder sichintegrativ um den Aufbau einer Wissensmanagement-Organisationkümmern muss.

In der Praxis finden sich mittlerweile solche mehrstufigenWissensmanagement-Organisationen mit unterschiedlichen Akteuren. ImSiemens-Konzern strukturiert sich beispielsweise die Wissensmanagement-Organisation wie folgt:

Ein CKM-Board auf Vorstandebene steuert gemeinsam mit einem CKM-Council aus Wissensmanagement-Experten auf Geschäftssegment-Ebene dieAktivitäten des Corporate CKO. Die Aufgaben, die dieser übernimmt, sindStrategieentwicklung, Koordination und Kommunikation, externeRepräsentation und Promotion sowie die Bereitstellung von grundlegendenDiensten.

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Wissensmanagement 63

Abbildung 14: Die Aufgaben des Corporate CKO im Siemens Konzern

Isomorph befindet sich unter der Ebene des Corporate CKO die Ebene derCKO�s, die Wissensmanagement-Organisationen der Geschäftssegmente, -bereiche oder Landesgesellschaften. Diese CKO�s organisieren gemeinsammit den Geschäftsverantwortlichen und Wissensmanagement-Beratern und-entwicklern für alle Mitarbeiter das Wissensmanagement innerhalb ihresVerantwortungsbereichs. Die Wissensmanager, CKO�s und Corporate CKOarbeiten dabei in der �Community of Practice Knowledge Management� auffachlicher Ebene zusammen.

StrategyImplementation

StrategyImplementation

Promotion andCoordination

ExternalRepresentation

Promotion andCoordination

ExternalRepresentation

ServicesProvisionServicesProvision

CKM

• Strategy and Alignment• Knowledge Risks Management• Framework and Roadmap• Standards

• Cross-group Best Practice Sharing• Helpdesk for Communities of Practice• Knowledge Culture• Processes and Organization• CoP KM Facilitation• Contact, Reputation, Collaboration• KM-Research and Education

• I&C Tool Consulting• Knowledge Economy Watch

Quelle: eigene Darstellung, nach Hofer-Alfeis (1999)

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Abbildung 15: Die Wissensmanagement-Organisation im Siemens Konzern

Durch die Fokussierung auf die Funktion des CKO blenden dieseUntersuchungen erfolgskritische Wissensmanagement-Aktivitäten, welchein der Unternehmenspraxis nicht dem CKO zugerechnet werden, aus. Solassen sie eine analytische Trennschärfe im Hinblick auf Handlungsebenendes Wissensmanagements vermissen.

Zweckmäßiger erscheint ein Akteursbegriff, der sich nicht an Funktionenoder Personen, sondern an Rollen, die ausgeübt werden, orientiert. DiesenÜberlegungen Rechnung tragend startet Allweyer (1998) seineUntersuchung der Aktivitäten des Wissensmanagements mit einerStrukturierung nach den Handlungsebenen von Wissensmanagement. Erunterscheidet dabei zwischen den Ebenen Anwendung, Steuerung,Management und Gestaltung des Wissensmanagements, welche jeweilsunterschiedliche Aktivitäten beinhalten und aus denen dementsprechendunterschiedliche Rollen von Wissensmanagement-Akteuren abgeleitetwerden können.

Bei der Ableitung der Akteurs-Rollen wendet er seine Strukturierung jedochnicht auf einen umfassenden Wissensmanagement-Begriff an, sondern

Knowledge Management Developers and Consultants

Business Owner / Business Process Owner

KM Leader / CKO (Group/RG/Z-Department) .

Corporate Knowledge ManagementCorporate Knowledge Officer

Employees and Line Management

CKM BoardExecutive Board Promoters

CKM C

ounc

ilCom

munity of Practice KM

Quelle: Siemens AG (2000)

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Wissensmanagement 65

reduziert Wissensmanagement auf die Ausgestaltung vonWissensprozessen und beschränkt sich auf die Rollen beim Design und Re-Design dieser Prozesse.

Diese Untersuchung ist jedoch im Hinblick auf die Unterscheidung derHandlungsebenen hilfreich. Der darin vorgestellte Ansatz soll in dieserArbeit genutzt werden, um eine eigene Klassifizierung vonWissensmanagement-Akteuren vorzunehmen. Die Klassifizierung erfolgtdabei aus analytischen Gründen und verweist nicht auf unterschiedlichePersonen.

Ich unterscheide zwischen anwendenden, gestaltenden, steuernden undverantwortenden Wissensmanagement-Tätigkeiten.

Abbildung 16: Aufgaben und Akteure im Wissensmanagement

Anwendende Tätigkeiten im Wissensmanagement umfassen imwesentlichen die Nutzung von Wissen und die Explizierung oderWeitergabe von Wissen unter Nutzung angebotener Prozesse undInfrastrukturen.

Anwendung

Gestaltung

Steuerung

Verantwortung

Ebene Akteurs-RolleNutzung von Wissen undWissensmanagement-Systemen,Persönl. Wissensmanagement

Gestaltung von Wissensmanage-ment-Systemen, Aufbereiten undBereitstellen von Inhalten

Entwicklung und Steuerung einerWissensmanagement-Strategie

Entscheidungen über Ziele desWissensmanagements undRessourcenzuweisung

Wissensmanagement-Anwender

Wissensmanager

Wissensmanagement-Verantwortliche

prinzipielle Entscheider(Management-Team)

Beschreibung

Quelle: eigene Darstellung

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Gestaltende Tätigkeiten sind die Einführung und Anpassung vonWissensmanagement-Prozessen (z.B. ein After-Action-Review-Prozess),Werkzeugen (z.B. eine Groupware-Plattform) oder Infrastrukturen (z.B. einCommunity-Konzept). Dazu gehören sowohl die Entwicklung, als auch dieImplementierung und Promotion dieser Aktivitäten.

Steuernde Tätigkeiten verweisen z.B. auf die Schaffung von für dasWissensmanagement adäquaten Rahmenbedingungen, die Mitentscheidungüber die Wissensmanagement-Ziele, die Entwicklung derWissensmanagement-Strategien sowie die Vermittlung von Sinn, Ziel undStrategie des Wissensmanagements.

Unter den verantwortenden Tätigkeiten des Wissensmanagements fasse ichdie Entscheidungen, ob und in welchem Umfang Wissensmanagementbetrieben werden soll, die Ressourcenzuweisung und die Entwicklung derWissensmanagement-Ziele.

Unter Verwendung dieser vier Handlungsebenen lassen sich nun Rollenverschiedener Wissensmanagement-Akteure bilden. Im Unterschied zurFunktion wird eine Rolle nicht ausschließlich ausgeübt, sondern kann nebender eigentlichen Tätigkeit wahrgenommen werden. DieseBegriffsbestimmung schließt jedoch nicht aus, dass die Rollen auch durchhauptberufliche Spezialisten ausgeübt werden können.

Ich unterscheide zwischen den Rollen Anwender, Wissensmanager,Wissensmanagement-Verantwortliche und Wissensmanagement-Entscheider.

In der Anwender-Rolle sind Mitarbeiter, wenn sie Wissen oderWissensmanagement-Systeme für die Erledigung eine Arbeitsaufgabenutzen.

In Abgrenzung dazu sind Mitarbeiter in der Wissensmanager-Rolle, wennsich ihre Wissens-Aktivitäten nicht auf eine Arbeitsaufgabe, sondern direktauf Wissen beziehen. Im wesentlichen geschieht dies, wenn Wissensträgerihr Wissen explizieren und weitergeben oder Lernende Informationenaufnehmen und daraus Wissen entwickeln. Die Wissensmanager-Rolle kann

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Wissensmanagement 67

in Bezug auf die eigene Arbeit oder als Leistung für andere ausgeführtwerden. Kennzeichnend ist, dass Wissensmanager diese Aktivitäten auf einkonkretes Wissensproblem beziehen, ohne eine generelle odersystematische Lösung dafür anzustreben. Damit umfasst dieWissensmanager-Rolle die Handlungsebenen Anwendung und teilweiseGestaltung.

Die Rolle des Wissensmanagement-Verantwortlichen abstrahiert von konkretenWissensproblemen. Wissensmanagement-Verantwortliche zielen mit ihrenWissens-Aktivitäten auf die systematische und dauerhafte Bearbeitungdieser Probleme und etablieren dafür Lösungen. Kennzeichnend ist, dassdiese Lösungen geschaffen werden, um sie einer größeren Anzahl vonMitarbeitern (den Wissensmanagern) zur Verfügung zu stellen. Dafüragieren Wissensmanagement-Verantwortliche im wesentlichen auf denHandlungsebenen Gestaltung und Steuerung, teilweise auch auf der EbeneVerantwortung. Um die Lösungen zu pilotieren und validieren, greifen sieauch auf die Anwendungsebene zurück.

Die letzte Akteurs-Rolle mit direktem Bezug zum Wissensmanagementeines Unternehmens sind die prinzipiellen Entscheider, die für dieRahmenbedingungen des Wissensmanagements verantwortlich sind.Typischerweise ist dies die Unternehmensleitung, welcheBudgetentscheidungen in Bezug auf das Wissensmanagement trifft und dieRahmenbedingungen für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen (z. B. Entscheidungsbefugnisse bzw. Tiefe und Reichweiteder Aktivitäten) bestimmt. Damit liegen die Aktivitäten derWissensmanagement-Entscheider im wesentlichen auf der verantwortendenund steuernden Ebene.

Diese Strukturierung von Akteursrollen erlaubt eine bessere Zuordnungvorliegender Forschungsergebnisse. Sie zeigt, dass die Akteurs-RolleAnwender keine wissensmanagement-spezifischen Aktivitäten umfassenund damit vernachlässigt werden können. Die Rolle der prinzipiellenEntscheider des Wissensmanagements ist mit der Forschung zum CKO gutabgedeckt, während Untersuchungen zum Knowledge Activist die Rolle

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der Wissensmanager abdecken. Die dazwischen liegende Rolle derWissensmanagement-Verantwortlichen jedoch ist noch weitgehendunerforscht, obwohl sie in der Praxis des Wissensmanagements wesentlicheAufgaben wahrnimmt. So wird von dieser Akteurs-Rolle dieKonkretisierung der Wissensziele und deren Überführung inWissensmanagement-Systeme, Prozesse und Infrastrukturen bestimmt.

Fazit

Bewusstes Wissensmanagement bringt für das Unternehmen Aktivitätenmit sich, die vorher noch nicht anfielen. Eine Klassifizierung dieser neuenAufgaben zeigt, dass sie nicht komplett an eine neu eingeführte Funktion(oft als Stabsfunktion) �Wissensmanagement� delegiert werden können.

Vielmehr ergibt sich eine Zurechnung der Wissensmanagement-Aktivitätenauf alle Mitarbeiter, die Wissensmanagement-Verantwortlichen und dieUnternehmensleitung.

Da ein größerer Kreis der Mitarbeiter eine aktive Rolle imWissensmanagement übernehmen muss, die nicht nurAnwendungscharakter hat, schlage ich vor, den Begriff Wissensmanagernicht als Bezeichnung für die neu geschaffene Funktion zu verwenden,sondern die Rollen genauer zu differenzieren.

Als Wissensmanagement-Verantwortliche bezeichne ich die Mitarbeiter,welche mit der Gestaltung und Steuerung des gesamtenWissensmanagements eines Unternehmens oder Unternehmensbereichesbeschäftigt sind. Wissensmanager kümmern sich um die Gestaltung undteilweise die Steuerung konkreter Wissensmanagement-Aktivitäten22. DerenAnwendung liegt in der Verantwortung aller Mitarbeiter. Dieverantwortenden Aufgaben werden durch die Wissensmanagement-Verantwortlichen in Absprache mit den prinzipiellen Entscheidern

22 Im Hinblick auf das Forschungsziel, die Untersuchung der Einführung vonWissensmanagement, ist die Unterscheidung zwischen Wissensmanagement (alsGesamtprojekt) insgesamt und den konkreten einzelnen Wissensmanagement-Aktivitäten zweckmäßig und unumgänglich.

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Wissensmanagement 69

übernommen. Alle drei Wissensmanagement-Rollen sind offiziell und vonder Organisation legitimiert.

Mit dieser Unterscheidung lässt sich in einer Untersuchung auf die Rolledes Wissensmanagement-Verantwortlichen fokussieren, in welcher sichwesentliche Aktivitäten der Gestaltung und Steuerung desWissensmanagements eines Unternehmens konzentrieren. Damit verbindetund ergänzt eine solche Untersuchung die bereits vorliegendenErkenntnisse zur Funktion des CKO einerseits und zur Persönlichkeit vonWissensmanagement-Aktivisten andererseits.

2.4 Zusammenfassung

Die Erkenntnis, dass Wissen wesentlich zur Wertschöpfung einesUnternehmens beitragen kann, führte zum Entstehen einer eigenenManagement-Disziplin, die sich mit der Frage beschäftigt, wie dieserWertschöpfungsfaktor als strategischer Wettbewerbsfaktor undAlleinstellungsmerkmal aktiv gestaltet werden kann. Dazu wurden bereitseine Reihe wichtiger Forschungsarbeiten vorgelegt.

Das Kapitel strukturiert wesentliche Beiträge zur Wissensmanagement-Diskussion.

Grundlegende Konzepte zur Rolle von Wissen in Unternehmen undGesellschaft und zur Abgrenzung des Wissensbegriffs werden vorgestellt.Darüber hinaus werden verschiedene Ansätze zum Management desWissens vorgestellt und diskutiert. Diese orientieren sich an der Darstellungvon Einflussgrößen und Stellhebeln, von Zieldimensionen, vonWissensproblemstellen oder von Abläufen der Prozesse zurWissenstransformation.

Dabei wurde deutlich, dass in vielen Untersuchungen die Frage nach dem�warum� und des �was� des Wissensmanagements beantwortet werden.Die Untersuchungen nehmen eine externe Sichtweise ein. Damit kann dieAktionsperspektive (Fragen nach dem �wie�) nicht betrachtet werden. Dochgerade die Berücksichtigung solcher dynamischer, organisationaler und

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70 Die Einführung von Wissensmanagement

akteursbezogene Aspekte sind wichtige Herausforderungen bei derGestaltung eines Wissensmanagements in Unternehmen.

Um im Hinblick auf dieses Thema das Forschungsfeld weiter zustrukturieren, werden danach Aussagen zu den Akteuren imWissensmanagement untersucht. Nach einer Unterscheidung zwischenpersonenorientierten Ansätzen wie dem Knowledge Activist undinstitutionenorientierten Ansätzen wie dem Chief Knowledge Officer wirdeine eigene Unterscheidung der Wissensmanagement-Akteure eingeführtund der Wissensmanagement-Verantwortliche als Gestalter desWissensmanagements eines Unternehmens identifiziert.

Die Rolle des Wissensmanagement-Verantwortlichen für die Festlegungund Steuerung eines systematischen Wissensmanagements und dessenEinführung im Unternehmen wird im folgenden weiter vertieft.

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Wissensmanagement-Einführung 71

3 Wissensmanagement-Einführung alsForschungsfeld: Vom Erschließen einerstrategischen Ressource

One might think that mature knowledgemanagement initiatives are widespread aswell. In fact, the gap between organizationsrecognizing the value of knowledgemanagement and those fully implementing itis large.(APQC, 2000)

Im letzten Kapitel wurde gezeigt, dass Wissen als Unternehmensressourceerkannt wurde. Wissensmanagement wird dementsprechend von denUnternehmen als neue, wichtige und zugleich anspruchsvolleAufgabenstellung eingeschätzt und in hohem Maße akzeptiert.

Die wissenschaftliche Forschung hat zum Wissensmanagement in denletzten Jahren umfangreiche Konzepte vorgelegt, welche wichtigeGrundlagen zur Operationalisierung von Wissensmanagement schaffen undbereits viele Aspekte abdecken. Sie lassen jedoch auch noch Lückenerkennen.

Darüber hinaus wurde aufgezeigt, dass die Realisierung vonWissensmanagement im Unternehmen neue Aktivitäten und neue Akteurs-Rollen mit sich bringt. Deutlich wurde auch die Unzufriedenheit mit demderzeitigen Stand der Realisierung des Wissensmanagements in vielenUnternehmen. Unklarheit herrscht über die neuen Aufgabenstellungen undangemessenen Vorgehensweise zu deren Bewältigung. Auch diewissenschaftliche Forschung hat zu diesen Aspekten noch keineausreichenden Beiträge geleistet bzw. diese konnten in der Praxis nichtverwirklicht werden.

Es stellt sich die Frage, ob es sich dabei um ein konzeptionelles Defizit oderum praktische Umsetzungsprobleme handelt. Deshalb wende ich mich imfolgenden Kapitel dem erstmaligen Auftauchen dieser neuen Aktivitäten imUnternehmen zu, dem Prozess der Einführung des Wissensmanagements.

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72 Die Einführung von Wissensmanagement

Dazu wird zunächst die Bedeutung der Wissensmanagement-Einführungund die Funktionen von Wissensmanagement-Einführungskonzeptenbeleuchtet. Danach wird untersucht, welche wissenschaftlichen Arbeitenzur Einführung von Wissensmanagement vorliegen und welche Fragendiese bereits beantworten. Die Einführung von Wissensmanagement alsKernfunktion wird als nachhaltig erfolgversprechende Strategie einerWissensmanagement-Einführung entwickelt. Prototypisch wird sie zumGegenstand der weiteren Untersuchungen gemacht, da sie als konzeptionellanspruchsvoller Typ die vorkommenden Schwierigkeiten am bestenumfasst.

Abbildung 17: Gliederung der Argumentation in Kapitel 3

3. Wissensmanagement-Einführung: Vom Erschließen einerstrategischen Ressource

3. Wissensmanagement-Einführung: Vom Erschließen einerstrategischen Ressource

3.4. Zusammenfassung3.4. Zusammenfassung

3.1. Konzepte zur Einführungvon Wissensmanagement

3.1. Konzepte zur Einführungvon Wissensmanagement

3.2. Derzeitiger Stand derForschung zur Einführung von

Wissensmanagement

3.2. Derzeitiger Stand derForschung zur Einführung von

Wissensmanagement

3.3. Anforderungen an dieForschung zur

Wissensmanagement-Einführung

3.3. Anforderungen an dieForschung zur

Wissensmanagement-Einführung

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Wissensmanagement-Einführung 73

3.1 Konzepte zur Einführung von Wissensmanagement

�Viele der Wissensmanagement-Konzeptesind entweder zu plakativ undmarktschreierisch, um sie im Unternehmeneinsetzen zu können oder so abstrakt, dassdie Anwendung in der Praxis schwer fällt.�(Interner Consultant, Siemens AG)

In der Vielzahl der vorgelegten Forschungsergebnisse zumWissensmanagement spiegelt sich das starke praktische undwissenschaftliche Interesse dieses Themas wider. DieseForschungsergebnisse weisen � typisch für junge Themen � eine großeHeterogenität auf und decken nicht das gesamte Forschungsfeldgleichmäßig ab. So existieren innerhalb der Wissensmanagement-ForschungForschungsfelder, welche als bisher unzureichend bearbeitet eingeschätztwerden (Teece, 1998; Bertels/Savage, 1998, 1999; Schneider, 1999, 2001;Dierkes, 1999).

Wenn solche weißen Flecke auf der Wissensmanagement-Karte als wichtig,erfolgsentscheidend und konzeptionell anspruchsvoll eingeschätzt werden,ergibt sich ein dringender Forschungsbedarf. Diese Einschätzung trifft aufdie Fragestellung nach der erfolgreichen Gestaltung derWissensmanagement-Einführung zu (Dierkes, 1999:22f.; North, 1998).

• Wichtig ist die Wissensmanagement-Einführung aufgrund der hohenAkzeptanz, welche Wissensmanagement in der Unternehmenspraxisgenießt und den damit verbundenen Erwartungen.

• Erfolgsentscheidend ist sie, weil sie die Basis für den langfristigen Erfolgdes Wissensmanagements legt. Bei der Wissensmanagement-Einführungwird zugleich bestimmt, ob Wissen als strategische Ressourceerschlossen und als Erfolgsfaktor in einem wissensbasierten Wettbewerbwirksam werden kann.

• Konzeptionell anspruchsvoll ist sie, weil sie neben operativen Aktivitätenauch Veränderungen der strategischen und normativen Basis desUnternehmens (Bleicher, 1994, 1999; Ulrich, 1984) umfasst. Zudem ist dieWissensmanagement-Einführung durch ihre hohe dynamische

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74 Die Einführung von Wissensmanagement

Komplexität und Verhaltenskomplexität als anspruchsvolleinzuschätzen23.

Die Schwierigkeit, Prozessen mit hoher dynamischer Komplexität zusteuern und die Tendenz, die zeitlich vorausgehenden Aktivitäten zuvernachlässigen, illustrieren Hamel/Prahalad (1994; eigene Übersetzung) inBezug auf das strategische Management pointiert und sehr treffend so:

�Um auch in Zukunft im Wettbewerb bestehen zu können,befinden sich die Unternehmen in einem �Wettlauf um dieZukunft�. Dieser lässt sich mit einer Schwangerschaft vergleichenund besteht - genau wie diese - aus drei Elementen: Zeugung (oderKonzeption), Schwangerschaft (oder Entwicklung) und Geburt(oder Performance).

Lehrbücher und strategische Planungen konzentrieren sich meistauf letzteres Element, den Wettbewerb um Marktpositionen undMarktanteile. Diese Konzentration auf den Wettbewerb im Markt -ohne tieferes Verständnis für den Wettbewerb auf denvorgelagerten Ebenen Wissens-Führerschaft undUmsetzungsgeschwindigkeit - ist wie der Versuch, den Prozesseiner Geburt zu verstehen, ohne Verständnis für Zeugung undSchwangerschaft. [...]

Nach unserer Erfahrung verbringen viele Manager einenunverhältnismäßig großen Teil ihrer Zeit vor dem Kreissaal undwarten auf das Wunder der Geburt. Aber wie wir alle wissen, istdas Wunder der Geburt sehr unwahrscheinlich, ohne dass neunMonate zuvor einige Aktivitäten stattgefunden haben.�

Eine ähnliche Problematik scheint bei der Einführung vonWissensmanagement vorzuliegen, wie Wissensmanagement-Beiträge in

23 Siehe Abschnitt 3.3.

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Wissensmanagement-Einführung 75

Business Journals24 zeigen. Regelmäßig wird die Bedeutung derEinführungsphase für ein langfristig erfolgreiches Wissensmanagementbetont. Fehler, die während der Einführung gemacht werden, können späteroft nur noch mit hohem Aufwand korrigiert werden, führen zu falschenErwartungen in der Organisation oder zerstören nachhaltig die Akzeptanzfür das Thema Wissensmanagement. Zugleich finden sich Auflistungen mitSchwierigkeiten beim Wissensmanagement, die häufig dieWissensmanagement-Einführung betreffen und Hinweise auf fehlendepraxisgerechte Einführungskonzepte. (Bullinger et al., 1998; Davenport etal., 1998)

Sowohl die Beiträge in Business Journals, als auch wissenschaftlicheBeiträge zur Wissensmanagement-Einführung werden von denWissensmanagement-Praktikern als nur bedingt hilfreich eingestuft. Wieeine aktuelle Studie (Döring-Katerkamp et al., 2000) belegt, wird eines derwichtigsten Probleme beim Wissensmanagement25 darin gesehen, dieTheorien in eine praxisgerechte Vorgehensweise zu übersetzen und in denUnternehmen nutzbar zu machen.

Trotz des erkannten Forschungsbedarfs besteht eine Theorielücke zwischender wissenschaftlichen Forschung und dem Bedarf der Unternehmen nachkonzeptioneller Hilfestellung bei der Wissensmanagement-Einführung.Speziell liegen bisher keine zufriedenstellende Erkenntnisse über Aufgaben,

24 Im Unterschied zu den Scientific Journals adressieren die Business Journals dieZielgruppe der Praktiker. Im deutschsprachigen Markt veröffentlichen beispielsweise�wissensmanagement�, �Computerwoche� und �Information Management &Consulting� regelmäßig Wissensmanagement-Berichten, darüber hinaus wirdWissensmanagement aber in nahezu allen Journals thematisiert.Zunehmend widmen sich auch Internet-Informations-Intermediäre dem ThemaWissensmanagement und bauen spezielle Wissensmanagement-Online-Informationsangebote auf (z.B. www.knowledgemarkt.de, www.community-of-knowledge.de, www.symposion.de; und für ein Portal zu internationalenWissensmanagement-Websites www.brint.com)

25 Das Ranking der wichtigsten Probleme des Wissensmanagements ist (1)Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern (50%), (2) Aufbereitung und Gliederung desWissens (47%), (3) Schwierigkeiten die Theorie in eine praxisnahe Vorgehensweise zuübertragen (45%), (4) Auswahl geeigneter Komponenten (25%). Wieder werden Defizitebei der Einführung besonders genannt, denn die Probleme (1), (3) und (4) sind dort zueinzuordnen.

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76 Die Einführung von Wissensmanagement

Ausgestaltung und Erfolgsfaktoren der Einführung vonWissensmanagement vor.

Ein Grund für die mangelnde Transferierbarkeit der vorgelegten Beiträge indie Praxis ist in der Position zu sehen, welche vom Forscher eingenommenwurde.

Abbildung 18: Zwei alternative Forschungsperspektiven

Während die externe Beobachterperspektive hier die Regel ist, wurde ausder Akteursperspektive noch keine ausreichende Forschung vorgenommen.Doch diese würde den Transfer in die Praxis erleichtern. Aus derBetrachterperspektive geführten Untersuchungen nehmen eine für denPraktiker weniger hilfreiche Perspektive ein, denn sie weisen eine zu großeDistanz zur Realität der Wissensmanagement-Akteure in den Unternehmenauf oder vernachlässigen die Betrachtung der Einführungsarbeit (GartnerGroup, 1997, 1998).

Alle genannten Ausprägungen verstärken die Unsicherheit und hoheUnzufriedenheit in der Praxis und legen weitere wissenschaftliche

Quelle: In Anlehnung an Brown/Duguid (1991)

Opus operatus Modus operandi

Beobachterperspektive(z.B. in Handbüchern, Organi-grammen, Stellenbeschreibungen)

Umleitung

St. Gallen

Rom

Akteursperspektive(z.B. in Fallstudien, ProcessConsultation)

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Wissensmanagement-Einführung 77

Anstrengungen im Verständnis der Einführungsprozesse vonWissensmanagement nahe.

Der nächste Abschnitt dient einer inhaltlichen Annäherung an dasForschungsfeld Wissensmanagement-Einführung. Basierend auf denAussagen der Praxis werden deren Anforderungen aufgenommen und sosystematisiert, dass sie in der anschließenden detaillierten Literaturanalyseals Referenz und Prüfkriterium dienen können.

3.1.1 Wissensmanagement-Einführung � eine inhaltlicheAnnäherung

�Wissensmanagement lässt sich nicht einfachverordnen. Es müssen auch die richtigenVoraussetzungen dafür geschaffen werden.�(Gruppenleiter Knowledge Networking,Telcotech)

Dazu ist es sinnvoll, die bestehende Unzufriedenheit mit denkonzeptionellen Angeboten als Ausgangspunkt zu nehmen und genauer zuhinterfragen. Bemängelt wird u.a. immer wieder die Inkompatibilität derKonzepte mit der Wirklichkeit der Unternehmen. Deshalb soll zunächst eineallgemeine Betrachtung der Wissensmanagement-Einführung erfolgen. Sieerlaubt eine Annäherung an das Phänomen und eine Strukturierung, ohnebereits durch die Konzeptlogik vorliegender Theorieangebote befangen zusein.

Zunächst ist der Begriff Wissensmanagement-Einführung selbstklärungsbedürftig. Was heißt es, Wissensmanagement einzuführen?Handelt es sich dabei um eine einmalige Angelegenheit in der Entwicklungeines Unternehmens? Und wenn � wie vorhin gezeigt �Wissensmanagement schon immer in Organisation betrieben wurde, wasgilt es dann �einzuführen�?

Im Rahmen dieser Arbeit sollen unter Wissensmanagement-Einführungzunächst allgemein diejenigen Aktivitäten verstanden werden, welche imZuge des Übergangs einer Organisation, die bisher kein bewusstesManagement ihres Wissen betrieben hat, hin zu einer Organisation mit

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bewusstem, zielgerichtetem Wissensmanagement vorgenommen werden.Entsprechend der in Kapitel zwei erarbeiteten Wissensmanagement-Modelle umfassen diese Aktivitäten sowohl direkte Wissensmanagement-Prozesse, als auch die Gestaltung von Rahmenbedingungen. Durch diesegezielte Erschließung der Ressource Wissen kann eine Veränderungangeregt werden, sie sich durch die gesamte Organisation zieht.

Die Wissensmanagement-Einführung ist als singuläres Ereignis in derOrganisationsentwicklung anzusehen, allerdings werden dabei Grundlagenund Infrastrukturen geschaffen, die eine weitere Entwicklung derOrganisation nach sich ziehen. Im Modell der Entwicklung einesUnternehmens kann eine so verstandene Wissensmanagement-Einführungals eine Phase tiefgreifender und revolutionärer Unternehmensentwicklung(Greiner, 1962; Bleicher, 1999) verstanden werden. Damit weist sieTransformationscharakter auf.

Die Beschreibung der Wissensmanagement-Einführung als Transformationbietet sich auch aus weiteren Gründen an. Wissensmanagement-Einführungund Transformationen weisen eine vergleichbare Gestalt auf. Die bisherigeForschung hat gezeigt, dass in der Wissensmanagement-Einführung sowohlinhaltliche, als auch prozessbezogene Aspekte wichtig sind. BeideDimensionen bieten Quellen für Fehler, und Fehler in einer derDimensionen gefährden das Vorhaben insgesamt.

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Wissensmanagement-Einführung 79

Abbildung 19: Zusammenspiel von Inhalt und Prozess

Inhaltlich kann beispielsweise die alltagssprachliche Verwendung desWissensbegriffs26 zu Fehlprojektionen27 in Bezug auf Aufgabenstellung undAktivitäten des Wissensmanagements führen. Auf der Ebene derGestaltung des Einführungsprozesses beeinflusst eine Vielzahl vonFaktoren den Erfolg. Wissensmanagement-Verantwortliche müssen beideDimensionen berücksichtigen und handhaben28.

Ein Konzept zur Wissensmanagement-Einführung muss demnach dieseDualität aus Inhalts- und Prozessdimension aufnehmen können. Damitvollzieht das Wissensmanagement eine Bewegung nach, wie siebeispielsweise auch in aktuellen Forschungen zum strategischenManagement (im Überblick bei Lechner/Müller-Stewens, 1999; Van deVeen, 1992; Lorange et al., 1993; Müller-Stewens/Lechner, 2001) und zumManagement von Transformationen (Orgland/von Krogh, 1998;Gomez/Müller-Stewens, 1994; Pettigrew, 1987) gemacht wurde.

26 Siehe Abschnitt 2.3.1. und 6.3.1.27 Siehe Abschnitt 6.3.1.

Quelle: eigene Darstellung

Fehler, die bei einereinzelnen Dimension derWissensmanagement-Einführung gemachtwerden, bringen diegesamte Einführung insStocken.

Wichtig ist einabgestimmtesZusammenspiel beiderEinzeldimensionen.

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So verstanden, könnte die Wissensmanagement-Einführung auch alskonkretes Beispiel für den Prozess des Erkennens und Erschließens einerstrategischen Ressource (Hamel/Prahalad, 1994; Hamel, 1998; Barney, 1991)verstanden werden29. Wie dort ausgeführt, kann sich ein solcherEinführungsprozess durch alle Bereiche des Unternehmen ziehen undberührt die gesamten Ebenen des Unternehmens inklusive dessennormativer Basis (z.B. infolge der Neubewertung der Rolle derProduktivfaktoren).

Durch eben den Charakter einer Erschließung einer strategischen Ressourceergeben sich Implikationen für die Konzeptualisierung derWissensmanagement-Einführung Aus der Definition einer strategischenRessource als unternehmensspezifisch schlussfolgernd werden dieAktivitäten zur Wissensmanagement-Einführung nicht in jedemUnternehmen gleich verlaufen.

Eine Konzeptualisierung zur Wissensmanagement-Einführung sollte daherunternehmensspezifisch oder -spezifizierbar sein. Sie muss die Dynamikeines Transformationsprozesses widerspiegeln können. Sie sollte dieWechselwirkungen von Inhalts- und Prozessebene aufnehmen können.

Zur Erarbeitung weiterer Prüfkriterien ist es hilfreich, sich die Funktion vonKonzepten zur Wissensmanagement-Einführung in der Praxis zuvergegenwärtigen. Denn daraus lassen sich weitere Schwierigkeiten bei derÜbersetzung von Konzepten in die Praxis erkennen.

Einführungskonzepte dienen in der Unternehmenspraxis zu verschiedenenZwecken. Sie sind grundlegend für eine Planung der Wissensmanagement-Einführung. Diese geht über die Erwartung der direkten Übertragbarkeitvon Konzepten auf die Unternehmensrealität hinaus. Denn auch wenn siekeine Prognosesicherheit gewährleisten, sind sie notwendig, um währendder Einführungs-Aktivitäten eine Positionsbestimmung oderAbweichungsanalyse vornehmen zu können (Kappler, 1983:11).

28 Siehe Abschnitt 6.2.2.29 Siehe dazu Abschnitt 2.3.1. und Abschnitt 6.7.

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Wissensmanagement-Einführung 81

Eine solche Verwendung gibt einen Hinweis darauf, dass einEinführungskonzept nicht zwingend genau oder detailliert sein muss. Essoll vielmehr ein systematisches und strukturiertes Nachdenken überAbläufe, Abhängigkeiten und Szenarien anregen, denn dies ist dieVoraussetzung für die Steuerbarkeit der Einführung.

So verstanden fungieren Einführungskonzepte zunächst alsStrukturierungs- und Redeinstrument (Osterloh/Grand, 1994;Osterloh/Frost, 1999) für Praktiker. Sie bieten ihnen Sprache undMetaphern, um die eigene Situation besser zu beschreiben und zureflektieren und daraus neue Handlungsoptionen generieren zu können.Darüber hinaus ermöglichen sie, Vergleiche mit anderen vornehmen zukönnen oder Ergebnisse zu messen. In Unternehmen werden solche Datenin Form von Prozess- oder Kenngrößen-Benchmarks nicht zuletzt alsEntscheidungsbasis genutzt, wenn es um Entscheidungen über dieZuordnung und Aufrechterhaltung von Ressourcen geht.

Um diese Verwendungen zu ermöglichen, muss ein Einführungskonzeptfür Wissensmanagement eine ausreichende theoretische Güte haben.Zumindest sollte die Theoriebildung auf der Ebene eines theoretischenBezugsrahmens (Kirsch/Weber, 2000; Osterloh/Grand, 1994; Porter, 1986,1991; Strauss, 1991) geschehen.

Bezugsrahmen leisten zwar keine Erklärung beobachteterPhänomene im Sinne der Subsumptionstheorie wissenschaftlicherErklärungen. Sie ermöglichen aber häufig �Erklärungsskizzen�, diezu einem �Verständnis� von Zusammenhängen führen.(Kirsch/Weber, 2000:53)

Die Ebene eines Bezugsrahmens erscheint angemessen, denn dieserfokussiert darauf, Einflussfaktoren aufzuzeigen sowie Abhängigkeiten undZusammenhänge zwischen ihnen darzustellen. Anders als beim Modell, dernächsthöheren Theorieebene, müssen jedoch keine Kausalitätenzugrundegelegt werden können (Porter, 1991). Aufgrund derStrategieabhängigkeit des Wissensmanagements und dem frühen Reifegrad

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des Forschungsfeldes Wissensmanagement-Einführung erscheint diesesauch als ein zu hoch gestecktes Ziel.

Im Hinblick auf die oben angesprochene Strategieabhängigkeit desWissensmanagement ist beispielsweise anzunehmen, dass die Breite undTiefe der Einführung von der strategischen Einordnung von Wissen insGeschäftsmodell des Unternehmens abhängt. Zwei dabei zu erwartendeGrundtypen von Wissensmanagement-Strategien, welche weitereKonsequenzen für die Art und Konzeptualisierung der Einführung nachsich ziehen, möchte ich mit (1) Wissensmanagement als Hilfsfunktion und(2) Wissensmanagement als Kernfunktion beschreiben.

Sie werden im nächsten Abschnitt genauer eingeführt.

3.1.2 Einführung von Wissensmanagement als Hilfsfunktionbzw. als Kernfunktion

Wenn Wissen nicht als Kern der Wertschöpfung des Unternehmensangesehen wird, ist zu vermuten, dass auch der Wissensmanagement-Einführung nicht höchste Priorität eingeräumt wird. So wird dieSystemgastronomie-Kette McDonalds nicht anstreben, einen intensivenWissensaustausch über die Hamburger-Zubereitung zwischen denAngestellten in allen Filialen zu organisieren, sondern sich eher auf denTransfer von der Zentrale in die Filialen konzentrieren.Wissensmanagement nimmt im Rahmen solcher Geschäftsmodelle eineunterstützende Funktion ein und wird in den Unternehmen alsHilfsfunktion ausgestaltet.

Unterschiede dazu ergeben sich, wenn das Wissensmanagement hingegenals Kernfunktion des Unternehmens verstanden wird. Diese Einstufungleitet sich nicht von der Branchenzugehörigkeit (�Als Handelsunternehmenbetreiben wir Wissensmanagement so und so...�) des Unternehmens ab,sondern von dessen individuellem Geschäftsverständnis. Dabei kannsowohl das gegenwärtige, als auch ein angestrebtes Geschäftsverständnisals Maßstab dienen. Beispielsweise versteht sich Buckman Laboratoriesschon seit etlichen Jahren nicht als Spezialitätenchemie-Produzent, sondern

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Wissensmanagement-Einführung 83

als Wissensunternehmen (Rifkin, 1996; Ellis, 1998; Meek, 1999). WirdWissen eine zentrale oder direkt wertschöpfende Rolle zugerechnet, dannverändert die Wissensmanagement-Einführung das Unternehmengrundlegend. Der gesteuerte Übergang von einem unbewusst betriebenenzum bewusst betriebenen Wissensmanagement zieht dann umfassendeAktivitäten nach sich.

Gerade wenn Wissensmanagement als Kernfunktion angesehen wird, wirddie Wissensmanagement-Einführung erfolgskritisch für dasGesamtunternehmen. Denn wenn das Wissensmanagements zentral für daswirtschaftliche Überleben des Unternehmens ist, können Verzögerungen,Fehler oder Lücken bei der Wissensmanagement-Einführungexistenzbedrohende Konsequenzen haben.

Eine Unterscheidung der verschiedenen Reichweiten von Strategien inBezug auf das Wissensmanagement nehmen auch von Krogh et al. (1994)vor. Dazu differenzieren sie zwischen Survival und Advancement-Strategien. Survival-Strategien zielen auf den Erhalt von Profitabilitätinnerhalb eines bekannten Umfeldes. Advancement-Strategien fokussierenauf zukünftige Profitabilität, indem sie potentielle Schwachstellen in derzukünftigen Ressourcenausstattung des Unternehmens aufdecken undschließen. In von Krogh et al. (2000:71ff.) wenden sie diese Unterscheidungvon Strategien explizit auf das Wissensmanagement an.

In den Survival-Strategien des Wissensmanagements steht derWissensaustausch und die Wissensnutzung im Mittelpunkt. Darum stehenAktivitäten, die auf eine ständige Verbesserung des Vorhandenen zielen, imVordergrund.

Advancement-Strategien des Wissensmanagements hingegen fokussierendarüber hinaus auf die Generierung neuen Wissens und damit auf dasHervorbringen von Innovation und Neuem30. Sie bringen Aspekte des

30 Für eine Diskussion des Wesen und zur Rolle des Neuen in der Wirtschaft siehe auchvon Pierer/von Oetinger (1997) oder Knoblauch (1996) und Kappler (1996) und unterBezugnahme auf Waldenfels (1990) und Groys (1992).

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Zukünftigen und Nachhaltigen in das Wissensmanagement undpositionieren Wissen als strategische Ressource des Unternehmens.

Sowohl bei der Advancement-Strategie, als auch bei der vorherbeschriebenen Einführung von Wissensmanagement als Kernfunktionnimmt Wissensmanagement die zentrale Rolle für die künftige Existenz desUnternehmens ein.

Die Einführung von Wissensmanagement als Kernfunktion umfasst alleAktivitäten der Wissensmanagement-Einführung als Hilfsfunktion undgeht darüber hinaus. Weil die Wissensmanagement-Einführung alsHilfsfunktion in der Wissensmanagement-Einführung als Kernfunktion alsoenthalten ist, reicht es aus, sich in der weitere Untersuchung auf dieWissensmanagement-Einführung zu konzentrieren, bei der der Umgang mitWissen existenziell für das Unternehmen ist oder dieser im Rahmen einerÄnderung des Geschäftmodells werden wird (Wissensmanagement alsKernfunktion).

Vor dem Hintergrund dieser Fokussierung konkretisiert sich auch dieProblemstellung: Inwiefern kann es gelingen, Wissensmanagementumfassend, organisationsdurchdringend und integriert mit den anderenUnternehmensfunktionen nachhaltig erfolgreich einzuführen?

Bevor die Aktivitäten der Einführung von Wissensmanagement alsKernfunktion weiter untersucht werden, stellt der nächste AbschnittUnternehmen in den Mittelpunkt, bei denen Wissensmanagement bereitsals Kernfunktion realisiert ist. In der betriebswirtschaftlichen Forschungwurden solche Unternehmen als wissensintensive Unternehmencharakterisiert. Im Rahmen der Forschung zu wissensintensivenUnternehmen wurden in den letzten Jahren bereits verschiedeneForschungsarbeiten vorgelegt, auf die hier zurückgegriffen werden kann.

Diese Forschungsergebnisse zeigen auf, wie ein bereits implementiertesWissensmanagement als Kernfunktion aussehen kann. Sie können damit inder weiteren Arbeit als Kriterien für die Zielbeschreibung derWissensmanagement-Einführung als Kernfunktion dienen.

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Wissensmanagement-Einführung 85

3.1.3 Wissensmanagement und wissensintensiveUnternehmen

The most comprehensive strategies are foundin firms that believe knowledge is what theysell. For these firms, the value proposition forknowledge management is self-evident, andthe barriers are not culture or the need toestablish business cases...APQC (1996:18)

Wie bereits angerissen, bringt die Einführung von Wissensmanagement alsKernfunktion bestimmte Implikationen mit sich, die in verschiedenenArbeiten bereits untersucht wurden. Diese Untersuchungen stellen zwarnicht eine prozessuale Betrachtung der Einführungs-Aktivitäten vonWissensmanagement in den Mittelpunkt, bieten aber wichtigeAnhaltspunkte im Hinblick auf die Beschreibung einesWissensmanagement-Zielzustandes.

So wurden in der Wissensmanagement-Forschung in den letzten Jahrenimmer wieder Unternehmen herausgestellt, für die Wissen einegrundlegende Bedeutung besitzt, wie z.B. Managementberatungsfirmen,Wirtschaftsprüfungsunternehmen, Unternehmen der Pharma-Forschung,Engineering Firms etc. Diese Firmen wurden als wissensintensiveUnternehmen (Sveiby, 1986; Starbuck, 1992, 1993; Bonora/Revang,1993:191f.; Dunford, 1999, 2000; Hansen et al. 1999; Davenport/Smith, 2000)bezeichnet, denn Wissen ist ihre wesentliche Geschäftsgrundlage.

Mit Starbuck (1992:716ff.) lassen sich wissensintensive Unternehmenanhand von fünf Merkmalen erkennen:

• Eine wissensintensive Unternehmung ist nicht notwendigerweisezugleich informationsintensiv. Die strategische Ausrichtung eineswissensintensiven Unternehmens erfolgt auf die Nutzung und Erhaltungeines exklusiven �Stock of Expertise� (z. B. bei Managementberatungen).Davon zu unterscheiden ist das standardisierte Verarbeiten großerDatenmengen (z. B. bei Versicherungen).

• Eine wissensintensive Unternehmung braucht für ihre Arbeit den Zugriffauf eine �esoteric expertise�, die sich von einem �widely shared

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knowledge� unterscheidet. �Widely shared knowledge� ist in jedemUnternehmen anzutreffen, doch daraus kann kein Wettbewerbsvorteilgeneriert werden, der sich verkaufen lässt. Eine wissensintensiveUnternehmung bezieht ihren Wertschöpfungsbeitrag aus einer speziellen�esoteric expertise�, verstanden als �exceptional and valueable expertise[that] dominates commonplace knowledge� (Starbuck, 1992:716).

• Der Begriff der Expertise als konstituierendes Merkmal vonwissensintensiven Unternehmen muss noch weiter eingegrenzt werden.Im Sinne von Starbuck beruht die Expertise in einem wissensintensivenUnternehmens auf die Fähigkeit, ein sich ein Expertisegebiet nicht nurdetailliert angeeignet zu haben (Spezialistenwissen, im engeren Sinnetechnisches Spezialwissen), sondern auch durch Relevanzwissen undWissen über die Sinnstruktur eines Expertisegebietes (Expertenwissen)zu beherrschen (dazu auch Krebs, 1998:145; Hansen et al., 1999).Starbuck bezieht sich dazu auf zwei alternative Abgrenzungen vonExpertise. In einem weiten Sinne kann sie bereits durch die externeZurechnung eines Expertenstatus an einen Menschen verstanden werdenoder durch Wissen, welches in Maschinen und Routinen integriert ist. Ineinem engen Sinne schlägt Starbuck vor, Expertise auf einenExpertenstatus zu beschränken, welcher nur durch eine höhere formaleAusbildung (z.B. Hochschulstudium) erlangt werden kann.

• Die Experten in wissensintensiven Unternehmung müssen nichtnotwendigerweise �professional experts� sein, welche sich über dieZugehörigkeit zu bestimmten Professionen (Anwälte, Ärzte etc.)definieren. Nach Starbuck werden Professionen durch geteilte Expertise,eine Standesethik, Zusammengehörigkeit, kollegiale Standards zurQualitätssicherung und Autonomie gekennzeichnet. Der Expertenstatushingegen ist unabhängig von der Zugehörigkeit zu solchen Professionenmit deren eigenen Berufsvereinigungen. Nicht jede �professional firm�ist damit zugleich eine wissensintensive Unternehmung. Beispielsweisekönnte nach Starbuck eine Anwaltskanzlei kein wissensintensivesUnternehmen sein, obwohl jeder Angestellte für sich als Anwalt einProfessional Expert ist.

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• Eine wissensintensive Unternehmung verfügt in der Regel nicht nurüber das individuelle Wissen ihrer Mitglieder, sondern zudem überorganisationales Wissen. Starbuck (1992:718f.) sieht dies insbesondere in�plant, equipment, or financial instruments�, �firms routines andcultures� und �professional cultures�.

Abbildung 20: Merkmale wissensintensiver Unternehmen

Die Untersuchungen von Starbuck (1992) oder Bonora/Revang (1993)beschäftigen sich in erster Linie mit der Begriffsbestimmungwissensintensiver Unternehmen und der Erarbeitung von konstitutivenMerkmalen. Spätere Arbeiten zum Wissensmanagement inwissensintensiven Unternehmen beschäftigen sich darüber hinaus mitGestaltungsempfehlungen und Erfolgsfaktoren für das Management einessolchen Unternehmens.

So verweist beispielsweise Starbuck (1993) auf Managementimplikationen,die sich aus den Wechselwirkungen zwischen individuellen und kollektivenWissensbildungsprozessen in wissensintensiven Unternehmen ergeben.Moore/Birkingshaw (1998) stellen Centers of Excellence alsOrganisationsform der Wissensgenerierung in globalen Professional Service

Quelle: eigene Darstellung, nach Starbuck (1992)

Merkmale wissensintensiver Unternehmungen• Vorhandensein eines exklusiven �Stock of Expertise� im Gegensatz zur Verarbeitung großer

Mengen von Information

• Zugriff auf eine �esoteric expertise�, die sich von einem �widely shared knowledge� unterscheidet. �

• Expertise als Fähigkeit, sich ein sich ein Expertisegebiet nicht nur detailliert angeeignet zu haben(Spezialistenwissen, i.e.S. technisches Spezialwissen), sondern auch durch Relevanzwissen undWissen über die Sinnstruktur eines Expertisegebietes (Expertenwissen) zu beherrschen

• Der Expertenstatus hingegen ist unabhängig von der Zugehörigkeit zu Professionen (geteilteExpertise, eine Standesethik, Zusammengehörigkeit, kollegiale Standards zur Qualitätssicherungund Autonomie) mit deren eigenen Berufsvereinigungen.

• Organisationales Wissen in �plant, equipment, or financial instruments�, �firms routines andcultures� und �professional cultures�.

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Firms vor. Hansen et al. (1999) entwickeln zwei grundlegende Strategiendes Wissensmanagements in Management Consulting Firms: diePersonifizierungsstrategie und die Kodifizierungsstrategie.

Abbildung 21: Strategien des Wissensmanagements

Dunford (2000) sowie Davenport/Smith (2000) betrachten spezifischeAnforderungen an das Human Resource-Management einerwissensintensiven Unternehmung. Da deren Wertschöpfung zu großenTeilen durch ihre individuellen Mitglieder realisiert wird, wird HumanResource Management zur Kernaufgabe.

Während sich die meisten dieser Untersuchungen mit �klassischen�wissensintensiven Unternehmen (im wesentlichen mit den gut

PERSONALISIERUNGPERSONALISIERUNGKODIFIZIERUNGKODIFIZIERUNG

Wettbewerbs-strategie

Geschäfts-modell

Strategie derWissens-

vernetzung

Informations-technik

Personalpolitik

• Individuelle Expertise, um analytischekreative Ratschläge bei schwierigstenstrategischen Problemen zu geben.

• Ökonomie der individuellen Expertise• Hohe Preise für kundenspezifische Lösungen

einzigartiger Probleme• Ausrichtung auf hohe Margen/ Gewinne.

• Interpersoneller Wissensaustausch• Persönliche/ Thematische Wissensnetze zum

Austausch impliziten Wissen unter denBeteiligten.

• Maßvolle Investitionen in IT, um direktenWissensaustausch innerhalb der Firma zuerleichtern.

• Einstellung von Hochschulabsolventen, dieProbleme lösen und Ambivalenz aushaltenkönnen.

• Schulung jedes einzelnen durch direktzugeordnete Mentoren.

• Vergütung in Abhängigkeit vom Einsatz zurVernetzung von Mitarbeiter und von direkterWissensweitergabe.

• Nutzung von verlässlichen und schnellenInformationssystemen, kodifiziertes Wissenwieder verwendbar zu machen.

• Ökonomie der Wissenswiederverwendung• Einmalige Investition in Wissenskapital, das

viele Male wiederverwendet wird.• Ausrichtung auf hohe Gesamteinnahmen.

• Dokumentenbasierter Wissensaustausch• Elektronisches Dokumentensystem, mit dem

Wissen kodifiziert, gespeichert undwiederverwandt werden kann.

• Investitionen in die Informationstechnik, umden Mitarbeitern den Zugriff auf kodifiziertesWissen zu ermöglichen.

• Einstellung von Hochschulabsolventen, dieWissen wiederverwenden und bereitsvorhandene Lösungen realisieren.

• Schulung in Gruppen/ Aufnahme von Wissenaus dem Computer.

• Vergütung in Abhängigkeit von der Nutzungder Dokumentenspeicher und derenAnreicherung um eigene Beiträge.

Quelle: eigene Darstellung; nach Hansen et. al. (1999)

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Wissensmanagement-Einführung 89

dokumentierten Wissensmanagement-Aktivitäten in den internationalenManagementberatungen) beschäftigen, kommen wissensintensiveUnternehmen in der Entstehung kaum vor. Hierzu sind z. B. vieleUnternehmen der Investitionsgüterbranche zu rechnen, welche sich vomklassischen Industriegeschäft abwenden und zunehmend Turn-Key-Solution-, Systemintegrations- und Dienstleistungsgeschäfte betreiben.Obwohl noch nicht komplett den wissensintensiven Unternehmenzuzurechnen, zieht die Migration ihrer Geschäftsmodelle eine genau solcheEntwicklung nach sich.

Abbildung 22: Zunehmende Wissensintensivierung in Industrieunternehmen

Zum einen zwingen die Marktveränderungen zu einerWissensintensivierung, um auch künftig den Kundenanforderungen zuentsprechen. Zum zweiten versprechen wissensintensive Geschäfte einehöhere Wertschöpfung und damit eine Verbesserung der Margen. Zumdritten bieten sie aufgrund der Dauerhaftigkeit des WettbewerbsfaktorsWissen eine langfristig attraktive Positionierung im Wettbewerb.

So lassen sich immer mehr Unternehmen finden, deren Geschäft undOrganisation einer Wissensintensivierung folgt (Sveiby, 1997). Beispiele für

Quelle: Siemens AG (2000)

product business

system business

facility business

service business

solution business

consulting business

Design-to-costVolume

Software competencyPlatforms

Business sector knowledgeProject management

Customer intimacyService culture

Networks of competenciesSystem integration

Consulting competencyKnowledge infrastructure / services

know

ledge

inte

nsity

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diese Entwicklung sind Outsourcing- oder Logistik-Anbieter,Systemintegratoren sowie industrielle Dienstleister. Verbunden mit dieserWissensintensivierung war und ist ein stark zunehmender Bedarf an einerAusweitung und Systematisierung des Wissensmanagements (Lank, 1997a,1999; Bell et al., 1997; Ward/Alexander, 1997; Servatius, 1998; Mangold,1997, 2000; Sieloff, 1999; Martiny, 1998; Davenport/Prusak, 1998; Prusak,1999; Schütt, 2000).

Durch die steigende Bedeutung der Wissens-Wertschöpfung sind diebisherigen Geschäftsprozesse und Wertschöpfungsketten auf ihreWissenstauglichkeit zu überprüfen, anzupassen und gegebenenfalls umWissensprozesse zu erweitern. Da auch die Kultur- und Wertebasis derOrganisation den Anforderungen einer wissensintensiven Unternehmungentsprechen muss, werden häufig auch hier Veränderungen notwendig.Eine dritte Herausforderung ist die Aktivierung und Verbindung derverschiedenen Wissens-Schichten des Unternehmens. Mit ihrem Konstruktder Hypertext-Organisation verweisen Nonaka/Konno (1998) auf dieInteraktionen zwischen den drei Wissens-Schichten: derAufbauorganisation, der Ablauforganisation und der Schicht derProjektorganisation.

Diese Umgestaltung von Geschäft, Organisation und geistigem Fundamentim Rahmen der Entwicklung von einer industriellen zu einerwissensintensiven Unternehmung möchte ich als Business Transformation31

charakterisieren. Mit diesem Begriff wird verdeutlich, dass Umfang undTiefe der notwendigen Umgestaltungen über eine punktuell wirkende�Implementierung� hinausgehen. Die Implementierung umfasst nurAnpassungen einzelner Bereiche oder der Oberflächenstruktur derOrganisation, ohne Berücksichtigung von Zusammenhängen undWechselwirkungen und Integration in ein Gesamtkonzept wie das einer

31 Zum Begriff der Business Transformation vgl. Gouillart/Kelly (1995, 1999);Doppler/Lautenburg (1995); Cummings/Worley (1997); Kurtzke/Popp (1998, 1999);dazu abgrenzend zur Organizational Transformation vgl. den Überblick bei Pettigrew(1985) oder Lechner (1998)

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Transformation (zu dieser Unterscheidung auch Gouillart/Kelly, 1995;Argyris/Schön, 1978; Schüppel, 1996; Spalink, 1998)32.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Während über die Ausgestaltungdes Wissensmanagements in bestehenden wissensintensiven Unternehmenverschiedene Forschungsergebnisse vorliegen (Moore/Birkingshaw, 1998;Hansen et al., 1999; Dunford, 2000) blieb die Einführung und Entwicklungvon Wissensmanagement in den Transformationsunternehmen bisherwenig berücksichtigt (Servatius, 1998; Rüter, 1999; Ward, 1999).

Hier fehlen sowohl Erkenntnisse über den notwendigen Umfang, dieanstehenden Aktivitäten, als auch über die Gestaltung und Steuerung einessolchen Prozesses der Wissensintensivierung im Zeitverlauf sowie zudessen Erfolgsfaktoren.

Für die Unternehmen stellen sich diese Transformationsaktivitäten jedochals große Herausforderungen dar. Einerseits bilden sie eine wesentlicheBasis für den Erfolg des neuen, in der Entwicklung befindlichenGeschäftsmodells. Erfahrungswerte aus der Unternehmensgeschichte stehendafür in der Regel nicht zur Verfügung. Andererseits ist dieWissensmanagement-Einführung ein singuläres Ereignis in derUnternehmensentwicklung, welche nicht vorab �trainiert� werden kann. Sieerfordert vielmehr eine flexible, fortwährende und mitlaufende Steuerung.

3.2 Derzeitiger Stand der Forschung zur Einführung vonWissensmanagement

It�s a kind of Cheshire Cat. The [knowledgemanagement] program should appear,catalyze, analyze, reorganize and thendisappear slowly, with the smile as the lastthing to fade.(Victoria Ward)

Welche Anregungen und Lehren können aus den bisherigenForschungsergebnissen zur Wissensmanagement-Einführung gewonnen

32 vgl. Abschnitt 6.3.4.

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werden? Welche Erfahrungen mit der Konzeptualisierung derWissensmanagement-Einführung wurden bereits gemacht, die für dieseUntersuchung genutzt werden können? Welches Einführungsverständnisliegt bisherigen Untersuchungen zugrunde?

Die Analyse bisheriger Wissensmanagement-Literatur macht zweiunterschiedliche Ebenen der Vernachlässigung der Wissensmanagement-Einführung deutlich. Auf der ersten Ebene nehmen Einführungsaspektegenerell eine nachrangige Rolle in der Wissensmanagement-Forschung ein.Wird hingegen die Wissensmanagement-Einführung thematisiert, zeigt sichauf der zweiten Vernachlässigungs-Ebene eine Fokussierung auf dieBeschreibung der Veränderung der Wissensmanagement-Prozesse. Häufigunberücksichtigt bleibt dabei, dass auch die Rahmenbedingungen desWissensmanagements zu betrachten sind33.

Selbst in detaillierten Wissensmanagement-Fallbeispielen (Bell et al., 1997;Hjelmervik, 2000; Franz et al., 2000) nimmt die Beschreibung dereingesetzten Wissensmanagement-Konzepte und Werkzeuge meist dengrößten Teil ein. Die Aktivitäten, die notwendig waren, um diese Konzepteund Werkzeuge zum Leben zu bringen und organisational zu verankern,geraten dabei in den Hintergrund. Diejenigen Einführungsaspekte, dieangesprochen werden, spiegeln eine große Nähe zu den Initiativen oderTools wider. Deren Beschreibung beschränkt sich zumeist auf die losgelösteImplementierung der einzelnen vorgeschlagenen oder beschriebenenWerkzeuge, eine Einbindung in ein strategisches Programm- oderProjektmanagement wird nicht geleistet.

Auch in speziellen Veröffentlichungen zur Wissensmanagement-Einführung finden sich solch verkürzte Betrachtungen. Indem ein Soll-Modell der Wissensmanagement-Einführung vorgegeben wird, erhebendiese Untersuchungen den Anspruch, das Einführungs-Phänomen vonWissensmanagement umfassend zu beschreiben. Doch diesen Anspruchkönnen verschiedene Untersuchungen nicht einlösen. So fokussieren Rey et

33 Siehe Abschnitt 6.4.2.

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Wissensmanagement-Einführung 93

al. (1998) und Levett/Guenov (2000) auf die Implementierung lokalerWissensmanagement-Prozesse, wobei die Gestaltung passenderRahmenbedingungen vernachlässigt wird. North/Papp (1999) oderEhms/Langen (2000) unterstellen mit ihrem allgemein gültigenNormmodell eine organisationsübergreifende Vergleichbarkeit deserreichten Reifegrades zur Steuerung der Wissensmanagement-Einführung.Wiig (1998) konzeptualisiert die Wissensmanagement-Einführung alsallgemein gültiges Phasenmodell, welches eine bestimmte serielle Abfolgevon Aktivitäten impliziert.

Rey et al. (1998:30ff.) entwickeln ihr Konzept der Wissensmanagement-Einführung als Stufenmodell. Jede Stufe besteht aus einemWissensmanagement-Prozess. Dieser gliedert sich in Extraktion,Strukturierung, Dokumentation, Verteilung und Entwicklung von Wissen.Durch einen mehrfachen Durchlauf dieses Prozesses, wobei die in derWissensentwicklung ermittelten Anforderungen wieder an die Extraktionweitergegeben werden, erklimmt die Organisation neue Stufen desWissensmanagements. Damit reduziert sich das Konzept von Rey et al. aufeine Beschreibung eines Knowledge Management-Prozesses mitSteuerungsrückkopplung. Aktivitäten der Verankerung desWissensmanagements in der Tiefenstruktur der Organisation werden indiesem Konzept komplett ausgeblendet.

Levett/Guenov�s (2000) Anspruch ist eine allgemeine Vorgehensweise derWissensmanagement-Einführung in der Automobilindustrie. In der Tatentwickeln sie jedoch ein Scoring-Modell zur Abschätzung der Wirkungvon Stellhebeln des Wissensmanagements. Dazu schlagen Levett/Guenov(2000:261) ein Set aus acht Messgrößen/ Wissensmanagement-Dimensionenvor. Auswahl und Abgrenzung der Dimensionen werden nicht nähererläutert. Anschließend modellieren sie eine Befragungsmethodik mit demZiel, die subjektiven Einschätzungen der Mitarbeiter über die Ursache-Wirkungs-Ketten von Wissensmanagement-Prozessen zu erfassen undtesten diese in einem Pilot (2000:267f.). Danach beenden sie ihren Beitragmit dem Hinweis, dass die Unternehmen mit dieser Methodik nun nur noch

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die entsprechenden Maßnahmen einleiten und eine Erfolgskontrolleetablieren müssten, um ihr Wissensmanagement zu optimieren.

North/Papp (1999) und Ehms/Langen (2000) zielen auf eine bessereSteuerbarkeit der Wissensmanagement-Einführung durch Vergleichbarkeitmit anderen Unternehmen und die Zuordnung zu einemEntwicklungsstand. Als Datengrundlage dient North/Papp (1999:18ff.) eineBefragung von Unternehmen mit Wissensmanagement-Erfahrung, ausdenen induktiv ein Modell aus vier Einführungspfaden und dreiEntwicklungsphasen gebildet wird. Ehms/Langen modellieren deduktivaufbauend auf das CMM (Capability Maturity Model) des SoftwareEngineering Institute der Carnegie Mellon University (2000:22f.) ihr KMMM(Knowledge Management Maturity Model), welches acht Dimensionen undfünf Reifestufen umfasst. Durch zusätzliche empirische Untersuchungenwird die Datenbasis erweitert. Die umfangreichen Datenbasen erlauben esWissensmanagement-Verantwortlichen, eine Evaluation ihresUnternehmens gegen den aggregierten Stand der anderen Unternehmenvorzunehmen34. Die Zuordnung zu einem Entwicklungsstand jedoch erfolgtbei beiden Untersuchungen aufgrund eines durch die Autorenzugrundegelegten Soll-Modells.

Wiig (1998) strukturiert sein Konzept der erstmaligen Wissensmanagement-Einführung in einer Organisation anhand von acht Schritten. Nachdem (1)Wissensmanagement-Verständnis und -Commitment beim Top-Management geschaffen wurde, sollen (2) Fokus, Prioritäten und Strategieder Wissensmanagement-Landschaft für das Unternehmen bestimmt sowie(3) ein Team von Wissensmanagement-Verantwortlichen benannt werden.Danach sind (4) Methoden zur Erfolgs- und Fortschrittsmessung für dasWissensmanagement festzulegen und dementsprechend (5)wissensmanagement-freundliche Anreizstrukturen zu gestalten.Anschließend startet die (6) Vermittlung von konzeptuellem Meta-Wissenüber Methoden und Inhalte des Wissensmanagements an alle Mitarbeiter.

34 Ähnlich beim Knowledge Management Assessment Tool von Arthur Andersen/APQC(1997)

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Konkrete Aktivitäten (7), die erlauben, dass die Mitarbeiter und dieOrganisation intelligenter handeln und (8) die Errichtung unterstützenderInfrastrukturen führen die Wissensmanagement-Einführung zu ihremAbschluss.

Die Entwicklung eines Sollmodells stellt die konzeptionelle Gemeinsamkeitder bisher vorgestellten Einführungskonzepte dar. Einer solchenKonzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung liegt dieAnnahme zugrunde, dass sich die Wissensmanagement-Einführung planenlässt. Die Implementierung ist demzufolge nur noch der Nachvollzug vonetwas vorab Erdachten (Kühl, 2000). Ihr selbst wohnt keine Dynamik inne.Auftretende Unvorhersehbarkeiten müssen wieder auf den Normpfadzurückgeführt werden. Scheitert die Implementierung, war das vorherErdachte falsch, denn bei der Umsetzung kann nichts mehr �falschgemacht� werden (dazu kritisch Orlikowski, 1996; Conner/Clements, 1998;Krüger, 1999; Kühl, 2000).

Die Kritik an diesem deterministischen Einführungsverständnis führt zueiner zweiten Gruppe von Untersuchungen der Wissensmanagement-Einführung. In ihnen wird die Annahme der Implementierung als bloßes�Doing� nicht mehr aufrecht erhalten. Weil die Organisation als komplexessoziales System anerkannt wird, ändert sich der Anspruch einerwissenschaftlichen Beschreibung der Einführungsprozesse.

Häufig nutzen diese Untersuchungen einen empirischen Zugang. Sie zielenauf das Verstehen und Ordnen der Wissensmanagement-Einführung imkonkreten Unternehmensfall. Eine darüber hinausgehende Analyseversucht, Erfolgsfaktoren, Barrieren oder Zusammenhänge aufzudeckenund diese in einen Katalog von kritischen Faktoren oder einenBezugsrahmen zu integrieren. Dem präskriptiven Anspruch einesSollmodells hingegen wird nicht gefolgt.

Beim empirischen Zugang bieten sich zwei grundsätzliche Möglichkeiten:die Querschnitts-Studie, bei der verschiedenen Praxisfälle untersuchtwerden oder die Längsschnitts-Studie, die sich auf einen einzelnen oder

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wenige Fälle konzentriert35. Bei den bisherigen Untersuchungen zurWissensmanagement-Einführung lassen sich beide Ansätze nachweisen. Fürdiese Untersuchung konzentriere ich mich auf diejenigen Beiträge, die dabeieinen engen Praxis- und Anwendungsbezug suchen.

Abbildung 23: Quer- und Längsschnitts-Studien zur Wissensmanagement-Einführung

Die Querschnittsstudien nutzen zumeist Interviews (qualitativ undquantitativ) mit Wissensmanagement-Verantwortlichen verschiedenerUnternehmen und erarbeiten Erfolgsfaktoren für das Gelingen vonWissensmanagement-Einführungen (Davenport et al., 1998; Ruggles, 1998;Earl/Scott, 1998, 1999; APQC, 1996, 2000; APQC/EFQM, 1998;Trojan/Döring-Katerkamp, 2000; von Krogh et al., 2000).

Davenport et al. (1998) untersuchten 31 Wissensmanagement-Projekte in 24Unternehmen. Nachdem sie typische Change Management-Aspekteherausgefiltert haben, erarbeiten sie folgende acht Erfolgsfaktoren fürWissensmanagement-Projekte:

35 Zu beiden Ansätze auch die Überlegungen in Abschnitt 4.3.1.

Quelle: eigene Darstellung

Kriwet(1997)

Läng

ssch

nitt-

Stud

ien

Querschnitt-Studien

Davenport et al.(1998)

Ruggles(1998)

Earl/Scott(1998)

Nonaka et al.(2000)

Bresman et al.(1999)

Moore/Birkinshaw(1998)

Rüter(1999)

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Wissensmanagement-Einführung 97

1. Verbindung zum wirtschaftlichen Erfolg schaffen und in einer konkretenNutzenargumentation aufzeigen

2. Verbesserungen sowohl der technischen, als auch der organisationalenInfrastruktur adressieren, Einführung neuer Rollen oder Funktionen fürdas Wissensmanagement

3. Erarbeitung und Implementierung einer Standardstruktur zurOrganisation des Wissens, welche einfach, flexibel und anpassungsfähigsein sollte

4. Ausrichten des Wissensmanagement-Projektes auf die bestehendeKultur oder Adressieren von Veränderungen hin zu einerwissensfreundlichen Kultur (z.B. positive Konnotation von Wissen,Wissensaustausch und Zusammenarbeit)

5. Konkrete Zielsetzung und klare begriffliche Abgrenzungen, umungesteuerte Zurechnungen von Erwartungen zu vermeiden

6. Beachtung der Motivatoren in der Organisation und entsprechendeAnpassungen der Anreizstrukturen

7. Nutzung verschiedener Medien (im wesentlichen elektronisch, verbal,Face-to-Face) zur Unterstützung des Wissensaustausches

8. Einbezug des Top-Managements in Bezug auf Zielbestimmung,Ressourcenzuweisung und Kommunikation

Daneben verweisen sie darauf, dass es in den untersuchten Projektenentscheidend war, Veränderungen sowohl des Verhaltens, als auch desDenkens zu adressieren und dass die aktive Unterstützung durch dasManagement unumgänglich für den Projekterfolg ist (dazu auch Wiig,1998). Ein prozessorientierter Ansatz für das Wissensmanagement scheintam Anfang Vorteile zu bringen, weil er anschlussfähig an die Erfahrungender Organisation mit Qualitäts- und Geschäftsprozessmanagement sei.Später bringt dieser Ansatz jedoch nicht mehr auszuschaltendeVerkürzungen auf spezielle, von den Geschäftsprozessen separierteWissensmanagement-Prozesse mit sich. Die Autoren kommen zurSchlussfolgerung, dass in der Untersuchung kein Patentrezept erkennbar

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war und die Wissensmanagement-Projekte in jedem Fall auf dieGegebenheiten des Unternehmens und des Projektfortschritts abgestelltwerden müssen.

Auch von Krogh et al. (2000) konzentrieren sich in ihrer Untersuchung aufdie kritischen Faktoren in Unternehmen, die im Rahmen einerInnovationsstrategie besonders erfolgreich Wissensgenerierung betreiben.Weil die Wissensgenerierung selbst nicht aktiv gesteuert werden kann,schlagen sie Befähiger des Wissensmanagements vor, die alsKontextsteuerung auf die organisationale Wissensgenerierung wirken.Entlang einer Struktur von fünf Schritten der Wissensgenerierung(Austausch impliziten Wissens, Konzeptbildung, Absicherung desKonzepts, Prototyp-Bildung, Verbreitung der Lösung) und fünf Befähigernstellen sie Fallbeispiele aus Unternehmen vor und zeigen die Wirkung aufdie Wissensgenerierung auf. Die fünf von ihnen vorgeschlagenen Befähigersind:

1. Aufbauen von einer Wissensvision: Eine Wissensvision hilft, denWissensmanagement-Gedanken in der Organisation zu verbreiten, zulegitimieren und zu verankern. Sie wirkt sich auf die Bewusstmachungdes Wissens aus und unterstützt insbesondere die Explizierung vonWissen und die Verbreitung von Wissen in der Organisation.

2. Gestalten von Kommunikation: Wissensmanagement basiert aufvertrauensvollen Beziehungen zwischen Mitarbeitern. Das Managementder Kommunikation wirkt sich damit umfassend auf alleWissensmanagement-Aktivitäten aus und bildet deren Grundlage.

3. Mobilisieren von Knowledge Activists: Knowledge Activists sind dieTräger des Wissensmanagements und wirken dabei als Agitatoren,Steuerleute und Beschleuniger. Sie sichern eine breite Teilnahme undkoordinieren die Integration von Wissensmanagement-Wissen undFachwissen.

4. Schaffen von passenden Rahmenbedingungen: Insbesondere inVerbindung mit einer Anbindung des Wissensmanagements an dieStrategie und einer unterstützenden Organisationsstruktur fördern

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passende Rahmenbedingungen eine Einstellung des �Caring� in derOrganisation. Sie wirken damit positiv auf alle fünf Schritte derWissensgenerierung.

5. Globalisierung von verteilt vorliegendem Wissen: Wissen liegt lokal vorund muss über organisationale, geografische und zeitliche Grenzenhinweg weitergegeben werden, um organisationsweit nutzbar zuwerden. Insbesondere wenn Wissensgenerierung und Wissensnutzungauseinanderfallen, nimmt dieser Befähiger eine wesentliche Rolle ein.

Den umgekehrten Weg geht Rüter (1999) und startet mit den Gründengescheiterter Wissensmanagement-Programme. Er bezieht sich dabei aufLucier/Torsilieri (1997), die in ihrer Untersuchung 70 Wissensmanagement-oder Managed Learning-Projekten betrachten und daraus vierProblemfelder zusammenfassen:

1. Es wurde kein spezifisches Geschäftsziele für das Wissensmanagementformuliert, nur allgemeine Ziele, wie �Best Practices teilen� oder�Zusammenarbeit fördern�.

2. Es wurde eine unvollständige Programmarchitektur angewandt und dieWechselwirkung von Wissensbildung und -nutzung und nachhaltigerorganisationaler Veränderungen nicht umfassend berücksichtigt.

3. Es wurde ein verkürzter Fokus auf ein oder zwei strategische Prioritätengelegt. Widersprüche traten auf, weil keine Abstimmung mit allenPrioritäten erfolgte.

4. Es wurde zwar das Top Management als Sponsor gewonnen, allerdingsohne aktive Rolle und ständigen Einbezug.

Ausgehend von diesen Ergebnissen und Erfahrungen in der eigenenBeratungspraxis entwickelt Rüter einen Bezugsrahmen zur Gestaltung vonWissensmanagement-Projekten, der zwischen Einführungsphasen undAktivitäten differenziert.

Bei der Einschätzung der Ergebnisse in diesen Untersuchungen ist zuberücksichtigen, dass viele diese Querschnitts-Untersuchungen auf ex-postBefragungen beruhen. Damit widerspiegeln sie bereits verarbeitete und

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rationalisierte Erfahrungen der Akteure und unterliegen Gefahr einer Ex-Post-Rationalisierung. Die Forscher nutzten zur Erkenntnisgewinnungzumeist Interviews oder Lessons Learned-Berichte aus der Praxis undhatten nicht die Möglichkeit zu Beobachtungen und Begleitung von Ort.Damit lassen diese Untersuchungen die Perspektive der handelndenAkteure sowie Veränderungen im Zeitverlauf außer acht.

Nichtsdestotrotz liefern sie wesentliche Beiträge für das Verständnis derEinführung von Wissensmanagement. Sie stellen ein Gerüst dar, welchesdurch korrespondierende Längsschnitt-Studien (Kriwet, 1997;Moore/Birkinshaw, 1998; Bresman et al., 1999) zur erfolgreichen Gestaltungdes Wissensmanagements sinnvoll ergänzt wird.

Kriwet (1997) untersucht die Entwicklung der Wissensteilung in eineminternationalem Konzern anhand des Technologie- und Know-how-Transfers zwischen verschiedenen Landesgesellschaften. Durch den Einsatzethnografischer Methoden gelingt es ihr, auch die kognitive Ebene zuerschließen und in ihre Studie einzubeziehen. Als Ergebnis schlussfolgertsie, das funktionierende Wissensteilung der Kern internationalerUnternehmen sei. Ein Managementsystem für den erfolgreichenWissensaustausch stellt somit eine Unternehmensressource für eininternationales Unternehmen dar. Deshalb bietet sie für den gemanagtenWissensaustausch drei konkrete und neue Konzeptualisierungen an:

• Wissensaustausch als Gleichzeitigkeit von Innovations- undImplementierungsaufgaben

• Wissensaustausch als �Brückenbau� für Wissensflüsse undProblemstellungen oder als Management von Übergängen

• Wissensaustausch als vorausschauendes Ausbalancierenwissensbasierter Stakeholder-Interessen

Da diese Ergebnisse aus Sicht der Akteure des Wissensmanagementserarbeitet wurden, erlauben sie nicht nur ein besseres Verständnis derWissensteilung, sondern ermöglichen zugleich auch eine bessere Gestaltungvon Initiativen zur Wissensteilung.

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Wissensmanagement-Einführung 101

Die Arbeiten von Bresman et al. (1999) und Birkinshaw (1999) untersuchenden Wissensaustausch zwischen Organisationseinheiten in einer Post-Merger-Phase, die in zwei Teilstudien als Quer- und Längsschnittuntersucht wurden. Die Längsschnittstudie diskutiert dabei dieHerausforderung der parallelen Zusammenführung derAktivitätendimension (Aufgaben, Prozesse) einerseits und der sozialenDimension (Mitarbeiter) andererseits und zeigt unterschiedlicheIntegrationsstrategien auf. In Bezug auf den damit verbundenen Austauschvon Wissen deckt die Studie dabei zwei verschiedene Phasen derIntegration auf. Während zunächst der Wissenstransfer vom akquirierendenzum akquirierten Unternehmen überwiegt (Transfer von Wissen, wie das�Geschäft hier läuft�), trägt das akquirierte Unternehmen im Zeitverlaufzunehmend mit seinem Wissen zum Gesamtunternehmen bei und derWissensaustausches verschiebt zu einem gleichgewichtig-reziproken,qualitativ hochwertigen Wissenstransfer. Die Untersuchung schließt mitVorschlägen zur besseren Gestaltung von Integrationsprozessen ausWissenssicht.

Aus den Erfahrungen der Quer- und Längsschnittstudien bietet sich dieErgebnisdarstellung die Form eines Bezugsrahmens an, der eine inhaltlicheund eine prozessual bestimmte Dimension aufweist. Er erlaubt dieUnterscheidung verschiedener Aktivitätenströme und deren Verfolgungüber die Zeit.

Solche Bezugsrahmen fanden auch in einigen betrachteten UntersuchungenVerwendung (Servatius et al., 1999; von Krogh et al., 2000). Sieunterscheiden zumeist zwischen Phasen im Einführungsprozess undDimensionen oder Aufgabenfelder des Einführungsprozesses.Kreuztabelliert erlauben sie einen Einblick in die Zusammenhänge undAbläufe einer Wissensmanagement-Einführung.

Insbesondere Beratungsunternehmen haben ihre Beratungs-Erfahrungenmit der Wissensmanagement-Einführung in dieser Form aufbereitet. Dasich ihr Aufbau ähnelt, soll stellvertretend der Bezugsrahmen vonDeloitte/Touche (Servatius et al., 1999) vorgestellt werden. Dieser wurde

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gewählt, da er der detaillierteste der vorgefundenen Bezugsrahmen ist undinhaltlich auch die Ansätze der anderen Unternehmen umfasst.

Abbildung 24: Die Wissensmanagement-Einführung als Enterprise Transformation

Die Bezugsrahmen bieten dem Praktiker einen Überblick und erlauben eineEinordnung und Systematisierung der eigenen Aktivitäten. Meist bleibensie dabei jedoch in der Logik des Ablaufs von Beratungsprojekten undorganisieren sich um einen linearen zeitlichen Ablauf. Dies suggeriertteilweise (schon aus Abbildungsgründen) eine Soll-Vorstellung underschwert das Übersetzen des Bezugsrahmens in Steuerungsaktivitätenwährend der Wissensmanagement-Einführungsphase (z.B. Anpassung anden Unternehmenskontext, Notwendigkeit von Schleifen oderWiederholungen, Stockungen in der Einführung).

Hier erscheint weitere Forschung (vgl. die Längsschnitt-Studien) lohnend,um bessere Einblicke in die Veränderung der Wissensmanagement-Einführungsaktivitäten im Zeitverlauf zu gewinnen.

Phasen

Dimensionen

Umsetzung (Realisation)

Konzeption(Design)

Zielsetzung und Analyse (Knowledge Audit)

Programm-Management

IKT- Systeme

Organisation

Wandel des Verhaltens

Marketing

Controlling

Strategie

Unterstützung durch die Führung

Analyse der vorhandenen Systeme Identifik. relevanten expliziten und impliziten Wissens

Analyse von Wissensbarrieren und WiderständenAnalyse vorhandener Ansätze zur Kundenwissen-Erfassung

Analyse der eingesetzten Controlling-Instrumente

Analyse der strategischen Bedeutung

Evolutionäre Programmplanung und -organisation

Weiterentwicklung der Wissensinfrastrukturen

Verbesserung des Wissensaustauschs zw. Prozessen und Organisationseinheiten

Gestaltung der Rahmenbedingungen und Wandel zu einer neuen Lernkultur

Realisierung eines Kundenbeziehungs-Managements in Knowledge Ecosystems

Messung des intellektuellen Vermögens undWertsteigerung des Unternehmens

Erfolgreiches Wachstum durch neues Wissen und Innovation

Quelle: Servatius et al. (1999)

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Wissensmanagement-Einführung 103

3.3 Anforderungen an die Forschung zurWissensmanagement-Einführung

�So far, we have seen too few inductivestudies, that is, studies that are trying to buildtheory from observation of and participation inthe context of the business issueinvestigated.(von Krogh/Roos, 1996b:335)

Im ersten Teil dieses Abschnitts werden an den Erkenntnissen derLiteraturanalyse des letzten Kapitels themenbezogene Anforderungen andie Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung diskutiertund formuliert. Die Strukturierung erfolgt anhand der zwei Dimensioneneines möglichen Bezugsrahmens: dem Inhalt der Wissensmanagement-Einführung sowie dessen Prozess.

Der zweite Teil des Abschnitts nimmt die methodischen Überlegungen derbisherigen Untersuchung auf und leitet daraus Anforderungen an einegeeignete Forschungsmethodik ab, mit welcher neue Einblicke und einbesseres Verständnis in die Wissensmanagement-Einführung erreichtwerden kann.

3.3.1 Wissensmanagement als �Phänomen im Entstehen�Die Literaturanalyse der Wissensmanagement-Einführung hat gezeigt, dassdie bisherige Forschung zum Wissensmanagement sich insbesondere aufzwei Faktoren konzentriert hat. Einerseits wurde die Begründung derWertschöpfung durch einen besseren Umgang mit dem Wissen desUnternehmens erarbeitet. Zum zweiten liegen eine Vielzahl vonFallbeschreibungen vor, die aufzeigen, welche operativen Maßnahmen aufeine Professionalisierung des Umgangs mit Wissen zielen. Vermisst werdenBeiträge zum verbindenden Glied: Wie bestimme ich den Weg einesManagementprogramm für Wissen, welches zur Strategie desUnternehmens passt und zu nachhaltigen und operativ wirksamenErgebnissen führt. Damit ist ein Transformationskonzept desWissensmanagements angesprochen.

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104 Die Einführung von Wissensmanagement

Daneben wurde erarbeitet, dass eine solche Konzeptualisierung auf derTheorie-Ebene eines Bezugsrahmens angemessen erscheint. So setzen diebisher vorgefundenen Ansätze auch auf dieser Ebene an. Gemeinsam istdiesen vorgefundenen Bezugsrahmen, dass sie eine inhaltliche und einezeitliche Dimension aufweisen. Dies geht einher mit Aussagen ausErfahrungsberichten der Praxis, die häufig schlussfolgern, dass beideDimensionen die Aktivitäten der Wissensmanagement-Einführungbestimmen. Für den Erfolg müssen sie von den Akteuren gleichberechtigtberücksichtigt und gesteuert werden.

In Bezug auf die inhaltliche Qualität der Wissensmanagement-Einführungist es sinnvoll noch weiterzugehen. Die bisherige Forschung betrachtetselten die Qualität der Wissensmanagement-Einführung. Fragen nach derAnschlussfähigkeit an das bestehende Managementsystem, der Integrationin die normative Ebene der Organisation und damit nach derNachhaltigkeit der Wissensmanagement-Einführung werden nichtthematisiert. Hierin liegt ein hohes Enttäuschungspotential, wenn sich dieErwartungen, die aus der Idee des Wissensmanagement geweckt werden,nicht realisieren lassen (Herp, 1998; Trojan/Döring-Katerkamp, 2000).

Wie ausgeführt unterliegen also sowohl die zeitliche, als auch dieinhaltliche Dimension der Wissensmanagement-Einführung einer hohenKomplexität, die in der Untersuchung der Wissensmanagement-Einführungberücksichtig werden muss.

Die Untersuchungen von Roth/Senge (1995, 1996) und Senge/Scharmer(1996) zu Problemtypen ermöglichen mit der Einstufung vonWissensmanagement-Einführung als �wicked messes� (bösartig-schlechtstrukturierte Probleme) für die ForschungsmethodikAnforderungen abzuleiten, welche zu beachten sind.

Roth/Senge (1995) unterscheiden in ihrem Modell verschiedene Typen vonProblemen in Organisationen anhand von zwei Dimensionen vonKomplexität. Die erste Dimension bildet die dynamische Komplexität,welche auftritt, wenn Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge durch zeitlicheVerzögerung oder Rückkopplungen intransparent werden. Damit

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Wissensmanagement-Einführung 105

erschließen sich solche Probleme nicht über selbst gemachte Erfahrung unddem erfahrungsbasierten Lernen (Kolb, 1984). Häufig tritt dynamischeKomplexität bei der Einführung komplexer technischer Systeme (dazuDörner, 1989; Orlikowski, 1996) oder im Zuge von langfristigenVeränderungsprogrammen, welche das (nicht-deterministische) sozialeSystem der Organisation adressieren (Willke, 1998; Bleicher, 1995), auf.Kennzeichnend dafür ist, dass diese Veränderungen nicht direktimplementiert werden können, sondern nur über Programmmanagement(zum Management von Quantitäten der Implementierung) undKontextsteuerung (zum Management von Qualitäten der Implementierung)zu bewältigen sind.

Die zweite Komplexitätsdimension, die Roth/Senge unterscheiden, ist dieVerhaltenskomplexität. Sie ist gekennzeichnet durch das Tangieren vonAnnahmen, mentalen Modellen oder Werten � die Ebene des Nicht-Rationalen. Die hier vorliegende Diversität der Werte oder mentalenModelle kann nicht logisch aufgelöst werden, sondern erfordertkommunikative Verständigungsprozesse. Verhaltenskomplexität kanndabei sowohl in Bezug auf die Definition von Problemen, aber auch imHinblick auf die Vorschläge zur Lösung vorliegen (Scharmer, 1999).

Trägt man beide Dimensionen in einer Kreuztabelle auf, ergeben sich vierProblemtypen und davon abgeleitete Forschungsfelder.

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106 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 25: Vier Typen von Problemen als Forschungsfelder

Die Wissensmanagement-Einführung ist gekennzeichnet sowohl durch einehohe Verhaltenskomplexität (wenn Wissensmanagement als Kernfunktiondes Unternehmens verstanden wird), als auch durch eine hohe dynamischeKomplexität. Damit kann sie in die Gruppe der �wicked messes�eingeordnet werden, die während ihrer Bearbeitung eine kontinuierlicheBegleitung durch sinnstiftende kommunikative Prozesse in derOrganisation erfordern und nicht vorab vollständig planbar sind.

Orlikowski (1992, 1996) und Orlikowski/Hofman (1997) erkennen in ihrerUntersuchung der Einführung von Groupware in Organisationen ähnlicheCharakteristika des Einführungsprozesses. Sie entwickeln daraus ein�improvisational model� des Einführungsprozesses, welchen sie alsVeränderungsprozess beschreiben. Dieser stuft die Veränderungsprozesseim Rahmen der Groupware-Einführung als fortlaufend und nicht durcheinen Anfangs- und Endpunkt gekennzeichnet ein, nach welchem dieOrganisation wieder in einen Stabilitätszustand fällt. Darüber hinauskennzeichnet ihn ein Zusammenspiel technischer und organisationalerVeränderungen, welche Wechselwirkungen aufweisen und nicht komplett

Dynamische Komplexität

• �Schlecht-strukturierte�Probleme(Messes)

• �Bösartig-schlecht-strukturierte�Probleme(Wicked Messes)

• �Wohlstrukturierte�Probleme(Tame Problems)

• �Bösartige�Probleme(Wicked Problems)

Verh

alte

nsko

mpl

exitä

t

niedrig hoch

hoch

nied

rig

Quelle: eigene Darstellung, nach Senge/Scharmer (1996)

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Wissensmanagement-Einführung 107

voraussagbar und steuerbar sind. Kern ihres Modells ist das Vorkommenvon drei verschiedenen Veränderungsmodi, welche diesen Prozessstrukturieren. Dies sind der (1) antizipierte, der (2) emergente und der (3)möglichkeitsgetriebene Wandel.

Während der antizipierte Wandel vorausgesagt ist und intendiert eintritt,tritt der emergente Wandel spontan und ungeplant aufgrund der Situationvor Ort auf. Daneben stellt Orlikowski den möglichkeitsgetriebenenWandel, welcher nicht vorhergesagt war, aber dann aufgrund von sichergebenden Möglichkeiten, Situationen oder gescheiterten Versuchenintendiert und begründet eingeleitet wird. Sie belegt diese drei Modianhand verschiedener Fallstudien, aus denen sie auch zwei Erfolgsfaktorenentwickelt. Dieser Wandelprozess lässt sich verwirklichen, wenn dieWandeldimensionen Technik, Organisation und Wandelmodell aufeinanderabgestimmt werden und wenn ausreichend Ressourcen auch zurfortlaufenden Steuerung des emergenten und des möglichkeitsgetriebenenWandel bereitgestellt werden. Damit stellt ein solcher Wandelprozess beider Groupware-Einführung eher einen �Reiseführer, als eine Landkartedar� (nach Suchmann, 1989) und erfordert einen flexiblen und responsivenUmgang mit dem Wandel. Er unterliegt weder einem deterministischen,noch einem anarchistischen Wandelverständnis, sondern reflektiere, dassPlanungen in komplexen und dynamischen Umfeldern in der Regelscheitern und deshalb Anpassungsflexibilität notwendig machen (Kappler,1983). Diese gilt es, diese von vornherein und aktiv in den Wandelprozesszu integrieren (Orlikowski/Hofman, 1997).

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108 Die Einführung von Wissensmanagement

3.3.2 Anforderungen an einen passendenForschungsprozess

�Es ist kein linguistischer Zufall, dass �Bau�,�Konstruktion� und �Arbeit� sowohl einenProzess, als auch dessen fertiges Ergebnisbezeichnen. Ohne die Bedeutung des Verbsbleibt die des Substantivs leer.(Dewey, 1934:65)

Wie gezeigt wurde, unterliegt die Wissensmanagement-Einführung einerzeitlichen Dynamik. Diese Dynamik aufnehmen und wiedergeben zukönnen, ist eine Anforderung an den Forschungsprozess.

Zudem ist Wissensmanagement auch als Forschungsfeld ein relativ jungesPhänomen, welches sowohl in der Praxis, als auch in der Wissenschaft einergroßen Dynamik unterliegt. Die Forschungsannäherungen erfolgen ausverschiedenen Disziplinen heraus, ständig müssen neue Erkenntnisse in dassich entwickelnde praktische Methoden- bzw. wissenschaftlicheTheoriegebäude integriert werden.

Diese fortwährenden Selbstbestimmungs-Prozesse, denen prinzipiell jedesForschungs- oder Praxisgebiet unterliegt, sind im ForschungsfeldWissensmanagement jedoch noch stark ausgeprägt. Das ForschungsfeldWissensmanagement kann damit als ein �emergentes Phänomen�charakterisiert werden. Der Emergenzbegriff wird hier jedoch nicht imspezifisch wissenschaftlichen Sinn36 verwendet, sondern in seinerallgemeineren Bedeutung als �entstehen� oder �erscheinen� (Schischkoff,1991:162). Als emergente Phänomene sind also in dieser Arbeit �Phänomeneim Entstehen� bezeichnet.

Bei emergenten Phänomenen erfordert der Forschungsprozess eine höhereSensibilität für die Wechselwirkungen zwischen Forschungsprozess und

36 Insbesondere in Verbindung mit Komplexitätstheorie und der Forschung zu �complexadaptive systems� wird der Begriff �Emergenz� in einem engerenBedeutungszusammenhang verwendet, dem in dieser Arbeit nicht gefolgt wird (dazuz.B. Waldrop, 1992). Kern dieser Forschungsrichtung ist u.a. die Annahme, dassinkementale quantitative Veränderungen zum Umschlagen in eine neue Qualitätführen können.

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Wissensmanagement-Einführung 109

Forschungsergebnissen. Ein falscher Forschungsprozess kann leicht zuverzerrten oder falschen Aussagen führen, denn die Strukturen und Formendes Forschungsobjektes sind noch im Entstehen und verfestigen sich erst imVerlauf des Forschungsprozesses � und in Wechselwirkung mit ihm (dazuKieser, 1998:47f.; Argyris/Schön, 1999; Dierkes, 1999; Levenhagen et al.,1993; Scharmer, 2001).

Dabei ist der emergente Charakter nicht exklusiv für die Einführung vonWissensmanagement. Die Wissensmanagement-Einführung steht nur alsVertreter einer breiten Reihe von Themen, die neue Herausforderungen anUnternehmen, Managementberatung und Wissenschaft stellt.

Electronic Commerce, Mobile Commerce, Strategische Allianzen � dies sindweitere thematische Vertreter einer Bewegung, in der es keine vorhandenenWegbeschreibungen gibt, sondern bei der sich der Weg erst beim Gehenentscheidet.

Unternehmen müssen entscheiden und handeln, ohne auf vorherigeErfahrungen zurückgreifen zu können (Eisenhardt, 1989b; Levenhagen etal., 1993; Brown/Eisenhardt, 1997; Hamel, 1998; Scharmer, 1999; Kappler,1999), Managementberatern fehlen breite Vergleichsdaten aus anderenUnternehmen und bereits erprobte Analysebausteine. Forscher in diesenThemenbereichen sind ebenfalls von dieser Problematik betroffen, denn fürsie bedeutet diese Situation, sie müssen ohne gesicherte Forschungsströmeund Paradigmen auskommen, an denen sie ihre weiterenForschungsaktivitäten ausrichten können (Jordan, 1996).

Trotzdem und gerade deshalb bilden diese �Phänomen im Entstehen�herausfordernde, wichtige und besonders spannende Arbeitsgebiete fürManager, Managementberater und Unternehmensforscher, fordern jedocheine besondere Beschäftigung mit methodischen Fragestellungen (Jordan,1996; Jaworski/Scharmer, 2000; Scharmer, 2000; Leonard-Barton, 1995).

Überbrückung der Theorie-Praxis-GrenzeZur Wissensgewinnung über solche emergente Themen bietet sich an, dieKernkompetenzen von Managern, Managementberatern und

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110 Die Einführung von Wissensmanagement

Unternehmensforschern zusammenzubringen. WährendUnternehmensforscher geübt sind im Umgang mit Unsicherheiten undVorläufigkeiten, ergänzen Managementberater dies durch die Fähigkeit,Erkenntnisse in pragmatische Methoden zu überführen (Trillitzsch, 1999c).Manager tragen ihre Kenntnisse der Praxis und Erfahrungen in derAnwendung und Umsetzung bei.

Dementsprechend werden Ansätze zur praktischen und konzeptionellenHandhabung emergenter Problemfelder einerseits in der Zusammenarbeitzwischen den drei Gruppen gesehen37 (von Hippel, 1976, 1994). Zumanderen finden sich Ansätze, nicht die Personen selbst, sondern derenAktionslogik in die eigene Gruppe zu integrieren. Hier ist das Konzept derparallelen Lernstrukturen zu nennen (Schein, 1999; Bushe/Shani, 1991),welches Managern bei der Entwicklung wissenschaftlich-konzeptionellenDenkens in Unternehmensstrukturen helfen soll. Darüber hinaus kann einbefristeter personifizierter Methodentransfer durch speziell ausgestalteteProjekte mit Universitäten oder Unternehmensberatungen oder durchGrenzgänger, wie z.B. Doktoranden38, genutzt werden.

Ein solches Praxis-Wissenschafts-Projekt (Trux et al., 1988; Cyert/Goodman,1997) wurde auch in diesem Forschungsvorhaben genutzt. Eingebunden ineine Doppel-Rolle von Wissenschaftler und Mit-Akteur und ausgestattetmit weitgehend zeitlicher Selbstbestimmung begleitete ich einWissensmanagement-Projekt über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren.Gegenseitige Erwartung war die Ermöglichung von Reflection-in-Action(Schön, 1983, 1987; Scharmer, 2000a), also einer Echtzeitforschung alsreflektierend-konzeptionellen Arbeit, die sofortige und direkteAuswirkungen auf die Aktivitäten in der Praxis hat (Argyris/Schön,1999:45ff.; Sackmann, 1967; Kirsch/Gabele, 1976; Susman/Evered 1978;

37 Aspekte davon sind in den Organisationsformen der Business Accelerator undCorporate Think Thanks zu finden.

38 Aufgrund persönlicher Erfahrungen und Gesprächen mit anderen Doktoranden, diemit Unternehmen zusammenarbeiten, bin ich überzeugt, dass der methodischeWissenstransfer in solchen Kooperation mindestens genauso stark wie der auf derinhaltlichen Ebene ist.

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Wissensmanagement-Einführung 111

Smircich, 1983). Diese Erwartungshaltung verweist auf einen Mit-Gestaltungsanspruch in der Praxis, dem nur durch �Customer Intimacy� �in diesem Fall längerfristiger enger Zusammenarbeit und gemeinsamerTheorieentwicklung vor Ort � Rechnung getragen werden konnte.

Interpretativer ZugangIn diesem Forschungsprojekt nehmen deshalb die Forschungspartner ausder Praxis nicht nur bei der gemeinsamen Bestimmung der Problem- bzw.Fragestellung, sondern auch in der Phase der Theoriebildung eine wichtigeRolle ein (von Hippel, 1976, 1994; Schön, 1983, 1987; Morgan, 1983). ImSinne einer interpretativen Vorgehensweise (Wollnik, 1993:281; Whyte,1991a, 1991b) waren die Forschungspartner bei der Projektdefinition(Bestimmung des Forschungszieles und Forschungsdesigns) involviert, aberauch bei der Herausarbeitung und Prüfung der impliziten Theorien aktiveingebunden, und die Prinzipien des interpretativen Forschungsansatzeswurden berücksichtigt:

• Das Kriterium der Gegenstandsangemessenheit fordert, dass dieHerangehensweise dem Gegenstand �soziale Wirklichkeit� angemessensein muss. So wird selbst der Prozess des Forschens als sozialeWirklichkeit mitgedacht, und dadurch erhält die interpretativeForschungsmethodik ihren reflexiven Charakter.

• Das Kriterium der theoretischen Offenheit schließt sich daran an undfordert Sensitivität für die lebensweltliche Strukturiertheit desForschungsgegenstandes bei der Methodenauswahl und -entwicklung.

• Das Kriterium der Berücksichtigung der Perspektiven der Handelnden forderteine bestimmte Art der Erschließung der sozialen Wirklichkeit. Diesgeschieht durch das Anknüpfen an die Perspektiven der Handelndenund die Rekonstruktion dieser Perspektiven aus der Sicht derForschenden.

• Das Kriterium des kommunikativen Zugangs zur sozialen Wirklichkeitfordert, dass zwischen Forschern und Akteuren eineKommunikationsbeziehung eingegangen werden muss, die den

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112 Die Einführung von Wissensmanagement

lebensweltlich tragfähigen Kommunikationsweisen der Akteure gerechtwird.

Die Wahl eines interpretativen Zuganges wirkt sich auf die Möglichkeitender Methodenauswahl zur Datenerhebung aus39.

Longitudinal StudyLongitudinal Studies oder Langzeitstudien bieten einen wesentlichenVorteil gegenüber anderen empirischen Studien: Sie ermöglichen, denFaktor Zeit in die Studie aufzunehmen. Damit können Phänomene undVeränderungen im Zeitverlauf in Echtzeit untersucht werden undVeränderungen, die sich über einen längeren Zeitverlauf erstrecken, könnenebenfalls untersucht werden.

Aus diesem Vorteil leiten sich auch die Einsatzgebiete für Langzeitstudienab. Insbesondere bei Phänomenen mit hoher Verhaltens- und dynamischerKomplexität bietet sich der Zugang über eine �longitudinal Study� an.Diese hohe Komplexität ist oft bei relativ jungen Themen anzutreffen, weilhierbei noch keine Ausdifferenzierung der �richtigen� Vorgehensweisestattgefunden hat. Weil sie Entwicklungen des Forschungsgegenstandes imZeitverlauf nachzeichnen können, liefern sie auch einen wichtigen Beitragzum Verständnis der Dynamik von Forschungsgegenständen.

Longitudinal Studies finden sich dementsprechend regelmäßig in den mitden Unternehmen eng verbundenen Forschungsfeldern wie beispielsweiseProjektmanagement (Van de Veen, 1980a, 1980b), Technologiemanagement(Barley, 1990; Leonard-Barton, 1990; Orlikowski, 1991, 2000), strategischesManagement (Van de Veen, 1992) oder Organisationstransformationen (Vande Veen/Huber 1990; Pettigrew, 1990; Dent, 1991). In diesen komplexenund veränderlichen Umfeldern mit ihren vielen Akteuren undVerbindungen kann eine Langfriststudie ihre Stärken ausspielen.

Wie oben gezeigt, weist auch das Forschungsfeld Wissensmanagement eineähnliche Charakteristik auf. Deshalb wurde hier seit dem Aufkommen des

39 Siehe Abschnitt 4.3.3.

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Wissensmanagement-Einführung 113

Themas immer wieder die Forderung nach mehr Langzeitforschung gestellt(Miner/Mezias, 1996:94; von Krogh/Roos, 1996b:335), verschiedeneLangzeitstudien wurden auch bereits vorgelegt (vgl. Kriwet, 1997, Hilse,2000).

Langzeitstudien bieten sich hier aufgrund ihrer Fähigkeit, Komplexität vonWissensproblemen zu handhaben, an. Indem sie nicht vortäuschen,wissensintensive Prozesse mit einigen wenigen Interviews erfassen zukönnen, nehmen sie sowohl den Charakter von Wissen, als auch die Arbeitder Wissensarbeiter ernst (Davenport et al., 1996:61).

Trotz ihrer guten Eignung für diese Forschungs-Themenstellungen sprechenauch einige Gründe gegen Langzeitstudien. So erfordert dieseForschungsform eine großes Ressourcen-Commitment sowohl von Seitendes Forschers, als auch von Seiten der beteiligten Praxis. Dieser hoheAufwand ist als Grund anzusehen, warum diese Forschungsform nichthäufiger gewählt wird (Leonard-Barton, 1990; Roos et al., 1996;Miner/Mezias, 1996:94).

Eine praktische Möglichkeit, Langzeitstudien trotz des hohen Aufwandesdurchzuführen, ist die Konzentration auf einen einzelnen Fall (Leonard-Barton, 1990:256). Eine zweite Möglichkeit besteht darin, Langzeitstudienim Rahmen von umfassenden Forschungsarbeiten zu nutzen, wie z. B. imRahmen von Dissertationen. Ihre besonderen Bedingungen machen esmöglich, ausreichend Ressourcen zu mobilisieren und einzusetzen.

Durch die �Barriere� des Ressourcen-Commitments bieten sich für eineLangzeitstudie auch interessante Forschungslücken, die von�professionellen Forschern� bisher noch nicht näher untersucht wurden.

3.4 Zusammenfassung

Die Wissensmanagement-Einführung kann im Rahmen von Surivial-Strategien oder Advancement-Strategien geschehen. Bei der Survival-Strategie wird Wissensmanagement als Hilfsfunktion verstanden, dieEinführung folgt einem einfachen Implementierungsansatz, ohne

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114 Die Einführung von Wissensmanagement

tieferliegende Organisationsschichten zu berühren. Typisch sind lokaleVerbesserungsansätze, die auf die bessere Nutzung vorhandenen Wissensabzielen. Die Vorgehensweise bei der Wissensmanagement-Einführung imRahmen von Survival-Strategien wurde bereits in verschiedenen Fallstudienbeschrieben, häufig unter Verwendung eines simplenImplementierungsansatzes. Kennzeichnend ist dabei oft ein mechanistischgedachter Ansatz, welcher Phänomene wie Selbstaktualisierung,Nachsteuerung oder dynamische Anpassungsfähigkeit desWissensmanagements nicht integrieren kann. Soziale Prozesse derEinführung und notwendige Anpassungen an sich veränderndeRahmenbedingungen werden genauso wenig mitgedacht wie der Aufbauvon Selbststeuerungs- und Selbsterneuerungspotentialen.

Im Rahmen einer Advancement-Strategie wird Wissen als strategischeUnternehmensressource verstanden. Es geht nicht nur um die Nutzungbestehenden Wissens, sondern um eine umfassende Wissensnutzung undWissensentwicklung. Wissensmanagement wird als Kernfunktion undKernkompetenz des Unternehmens verstanden. Die Einführung hat denCharakter eines strategischen Veränderungsprogramms und umfasst diegesamte Organisation sowie das Geschäftsmodell.Implementierungsansätze greifen mit ihrer operativen Orientierung hierbeizu kurz, eher kommen Transformationsansätze zum Einsatz. Spezifisch fürdie Wissensmanagement-Einführung liegen jedoch noch keine solchen, breitausgearbeiteten Einführungskonzepte vor.

Hilfreiche Anlehnungen können bei den Forschungsergebnissen zumWissensmanagement in wissensintensiven Unternehmen gemacht werden.Diese berücksichtigen allerdings nicht den Einführungsaspekt, dawissensintensive Unternehmen typischerweise bereits über einWissensmanagement verfügen. Studien zu Unternehmen auf dem Weg zueinem wissensintensiven Geschäft liegen hingegen nicht vor, obwohl derenBedeutung bereits in der Literatur erkannt wurde. So muss eine Integrationzu einem Transformationskonzept für Unternehmen auf dem Weg zumwissensintensiven Geschäft noch geleistet werden.

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Wissensmanagement-Einführung 115

Vorliegende Arbeiten mit Bezug zur Wissensmanagement-Einführungbefassen sich mit der Untersuchung der Erfolgsfaktoren erfolgreicherWissensmanagement-Einführungen, wobei Querschnittstudien typisch sind.

Eine Längsschnitt-Studie, welche die internen Wissensmanagement-Verantwortlichen als Analyseebene wählt, stellt eine sinnvolle Ergänzungdazu dar und kann einen hilfreichen Beitrag zum besseren Verständnis derWissensmanagement-Einführung leisten.

Aufbauend auf der Charakterisierung der Wissensmanagement-Einführungals �wicked messes� wurde gezeigt, welche Anforderungen an denForschungsprozess gestellt werden müssen, um neue Einblicke und gültigeAussagen zur Wissensmanagement-Einführung aus Sicht der Akteure zugewinnen.

Insbesondere konnte gezeigt werden, dass der direkte Zugriff auf einelaufende Wissensmanagement-Einführung notwendig ist, umVeränderungen im Zeitverlauf und die sich entwickelndenEinführungsfortschritte zu erkennen. Um diese Phänomenebenen zuerschließen, muss sich der Forscher selbst in die Praxis begeben. Dazu bietetsich ein interpretativer und interaktiver Zugang zum Forschungskontext an,der es in einer gemeinsamen Rekonstruktion von Praktiker undWissenschaftler (collective sensemaking) erlaubt, die impliziten undHandlungstheorien der Akteure der Praktiker zugänglich zu machen(Morgan, 1983; Schön, 1983). Aus einer solchen Forschung kann einRedeinstrument (Osterloh/Grand, 1994:280) entstehen, mit dem es möglichwird, die Einführungsprozesses von Wissensmanagement adäquat in Wortezu fassen und die gemachten Erfahrungen daran zu spiegeln.

Eine qualitative Langzeitstudie ist geeignet, diese Anforderungenaufzunehmen.

Die herausgearbeiteten Anforderungen an den Forschungsprozesseserfordern eine sorgfältige Reflektion über die Forschungsmethodik. Esbesteht die Gefahr, vollständig in die Akteursrolle zu verfallen und dieDistanz zum Forschungsgegenstand zu verlieren. Diese ist aber notwendig,um valide wissenschaftliche Aussagen zu gewinnen.

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116 Die Einführung von Wissensmanagement

Diese Betrachtung und Reflektion der Forschungsmethodik für dieempirische Untersuchung wird im nachfolgenden Kapitel 4 geleistet.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 117

4 Forschungsmethodik und Forschungsprozess fürdie empirische Studie

Eindeutigkeit � Vieldeutigkeit

�Er ist schnell, denn er denkt in eindeutigenBildern.Ich bin langsam, denn ich denke invieldeutigen Bildern.

Er wird unempfindlich, denn er vertrautseinen eindeutigen Bildern.Ich werde aufmerksam, denn ich misstrauemeinen vieldeutigen Bildern.

Da er seinen Bildern vertraut, glaubt er anderen Bedeutung.Da ich meinen Bildern misstraue, stelle ichihre Bedeutung in Frage.

Da er an ihre Bedeutung glaubt, glaubt erauch, dass sie der Wirklichkeit entsprechen.Da ich ihre Bedeutung in Frage stelle, stelleich auch ihren Realitätsgehalt in Frage.

Wenn ihm die Tatsachen wiedersprechen,zweifelt er an seiner Wahrnehmung.Wenn mir die Tatsachen widersprechen,achte ich noch mehr auf meineWahrnehmung.

Er handelt schnell und unempfindlich mitseinen eindeutigen Bildern.Ich handle langsam und aufmerksam mitmeinen vieldeutigen Bildern.

Er mit einer neuen Konfusion seinesVerstehens.Ich mit einem neuen Verständnis meinerKonfusion.�

(Robert Graves)40

In poetischen Worten beschreibt das vorangestellte Gedicht zugleichprägnant den Unterschied zwischen den unterschiedlichenBetrachtungsweisen, mit welchen ein Praktiker bzw. ein Wissenschaftler aufdie Welt schauen. Während der Praktiker mit seiner aktionsorientierten

40 Zitiert nach: Meurer (1995:43)

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118 Die Einführung von Wissensmanagement

Sicht nach Lösungen und Handlungsansätze sucht, strebt derWissenschaftler mit seiner reflektionsorientierten41 Weltsicht nachVerständnis oder nach Erklärungen für die Phänomene. WährendUnerwartetes für den ersten eine Störgröße ist, entwickelt der letztere ausden Abweichungen von Hypothesen und Fakten seine Theorien.

Genau aus dieser Differenz der unterschiedlichen Betrachtungsweisen �oder besser aus deren dialektischem Verhältnis (Kappler, 1994) � entstehtder prinzipielle Beitrag, den eine angewandte Wissenschaften für die Praxishat: Aus einem tiefen Verständnis der Praxis heraus kann sie diejenigenReflektionen und Interpretationen anbieten, welche neue oder neuartigeEinsichten erlauben, um daraus neue Handlungsoptionen zu generieren, diein der Praxis wirksam werden können. Diesem Wissenschaftsziel wird auchhier gefolgt42.

Ein solch dialektisches Verhältnis verweist auf die Wichtigkeit einerRollenklärung für den Forscher, der einerseits Praktiker genug sein muss,um ein tiefes Verständnis der Praxis und der Sichtweisen der Praxis zuerreichen. Andererseits muss er aber zugleich Theoretiker genug sein, umdie Praxis nicht unhinterfragt hinzunehmen, sondern sie distanziert undreflektierend zu betrachten, um nach den Bedeutungen hinter denPhänomen zu suchen (Glaser, 1978:2; Mintzberg, 1979; Kappler, 1999).

Auch zeigt sich eine prinzipielle Schwierigkeit des Nachdenkens überWissen im Rahmen einer Dissertation: die Selbstbezüglichkeit von Inhaltund Vorgehensweise. Denn wenn es Ziel der Forschung ist, Einsichten zuerarbeiten, die handlungswirksam werden, geht es um Wissen im Sinne derBegriffsbestimmung von Kapitel 3 und 4. Damit wird es notwendig, dieinhaltlichen Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit Wissen und seinenBestimmungsfaktoren wieder in die Methodik zur Erforschung desselbeneinfließen zu lassen (Kappler, 1999).

41 Entgegen der allgemeinen Rechtschreibekonvention verwende ich hier den Begriff�Reflektion�, um im Unterschied zum eher der Optik zuzurechnenden Begriff derReflexion den aktiven und nicht-abbildtreuen Charakter der Reflektion durch denBetrachter (Watzlawick et al., 1971) deutlich zu machen.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 119

Gerade bei empirischen Arbeiten können deren Forschungsergebnisse � wiejedes Wissen � erst dann sinnvoll von Dritten (ob Wissenschaftler oderPraktiker) interpretiert und genutzt werden, wenn auch ihr Entstehungs-und Geltungskontext vermittelt wird. Dazu gehört dieEntstehungsgeschichte und Motivation des Forschers genauso wie dasForschungsdesign, mit dem das Wissen generiert wurde oder dietheoretischen Scheinwerfer (Kirsch, 1989, 1997) der anschließendenDiskussion, in deren Licht-Schatten-Spiel die Ergebnisse selektiert,verdichtet und präsentiert werden. Gemeinsam bilden diese Komponentendie Forschungsmethodik für den empirischen Teil dieser Forschungsarbeit,welche in diesem Kapitel vorgestellt wird.

Abbildung 26: Gliederung der Argumentation in Kapitel 4

Im ersten Abschnitt des Kapitels wird dazu die methodischeEntstehungsgeschichte der empirischen Studie nachgezeichnet. Sie gewährtEinblicke in meine Forschungsmotivation und gibt damit zugleich eineBegründung für den von mir gewählten qualitativ-empirischen Ansatz.

42 Siehe Abschnitt 1.2.

4. Forschungsmethodik und Forschungsprozess für die empirischeStudie

4. Forschungsmethodik und Forschungsprozess für die empirischeStudie

4.6. Zusammenfassung4.6. Zusammenfassung

4.1. ForschungsmethodischeEntstehungsgeschichte

4.1. ForschungsmethodischeEntstehungsgeschichte

4.2. Die Eignung desFallbeispiels Telcotech zur

Erforschung derWissensmanagement-

Einführung

4.2. Die Eignung desFallbeispiels Telcotech zur

Erforschung derWissensmanagement-

Einführung

4.3. Eckpfeiler derForschungsmethodik für die

empirische Studie

4.3. Eckpfeiler derForschungsmethodik für die

empirische Studie

4.4. RealisierterForschungsprozess für die

Fallstudie

4.4. RealisierterForschungsprozess für die

Fallstudie

4.5. Qualitätssicherung imForschungsprozess

4.5. Qualitätssicherung imForschungsprozess

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120 Die Einführung von Wissensmanagement

Der zweite Abschnitt zeigt die forschungsmethodischen Alternativen aufund diskutiert sie im Licht der wissenschaftlichen Methodik-Forschung. Dievon mir getroffenen Entscheidungen werden begründet und die Eckpfeilerder Forschungsmethodik für die empirische Studie vorgestellt.

Im dritten Abschnitt werden die Entscheidungen für die gewählte Formeiner Einzelfall-Langzeit-Fallstudie konkretisiert. Die sich darausergebenden Anforderungen und der realisierte Forschungsprozess werdenausführlich vorgestellt.

Im vierten Abschnitt wird besonderes Augenmerk auf dieQualitätssicherung im Forschungsprozess gelegt, da dieser in empirischenStudien eine besonders wichtige Bedeutung zukommt. Die vorgenommenenMaßnahmen zur Qualitätssicherung werden dargestellt und diskutiert.

Eine Zusammenfassung beendet das Kapitel und leitet zur Fallstudie über,die im Zentrum der nächsten Kapitel steht.

4.1 Forschungsmethodische Entstehungsgeschichte

�Our thinking has shifted from conceiving ofour work as providing authoritative, scientificinput to policy makers to a view of ourselvesas partners in the co-construction of a newmeaning within the organization.�(Jordan, 1996:204)

Wichtige Wurzeln des dieser Dissertation zugrundeliegendenForschungsprojektes gehen zurück bis ins Jahr 1996. Bereits während derFeldphase zu meiner Diplomarbeit lernte ich Forscherinnen und Forscherder Stanford University und des Institutes for Research on Learning (IRL)kennen, welche schon seit Jahren an der noch jungen Wissensmanagement-Diskussion beteiligt waren. Aus der Pädagogik- und Didaktikforschungkommend entstanden am IRL grundlegende Arbeiten zur Bildung undTeilung von Wissen in Organisationen und den Bedingungen von Lernenals soziales Phänomen (Lave, 1988, 1990; Jordan, 1989, 1994; Suchman, 1989;Brown/Duguid, 1991; Lave/Wenger, 1991; Orr, 1996; Wenger, 1998). ImZuge dieser Forschungsaktivitäten zu Lern- und Wissensteilungsprozessen

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 121

wurde zugleich großes Augenmerk auf methodischen Überlegungengerichtet, welche auch Einfluss auf die Forschungsmethodik am IRL hatten.

Der fortlaufende Austausch mit Forscherinnen und Forschern des IRL seitdieser Zeit hatte auch Einfluss auf mein Methodenverständnis und prägtedie Ausgestaltung meines eigenen Forschungsprojekts mit.

Deshalb sollen hier die wichtigsten aus dem Umfeld des IRLübernommenen Ansätze vorgestellt werden. Wenn dabei Verweise aufeinzelne Autoren gemacht werden, sind diese meist exemplarischanzusehen, denn die vorgestellten Ansätze stehen als Beispiel für �situated�oder �social� knowledge43. Die Konzepte entstanden in Diskussionen in derForscher-Community im und um das IRL und wurden dort von mehrerenWissenschaftler aufgegriffen, übernommen und weiterentwickelt. Damitkönnen die dort gewonnenen Erkenntnisse als soziales undkontextgebundenes Phänomen angesehen werden, welches sich nichtexklusiv einem einzelnen Autor zuordnen lässt.

Traditionell führt Lernen als Weg zur Aneignung von Wissen oft über dieVermittlung von (abstrakten) Theorien. Dem gegenüber stellen die IRL-Forscher das Konzept des Lernens über die Teilnahme an der Praxis. Siebegründen dies im �situated and social character� von Wissen. Weil Wissenkontextabhängig ist, muss es auch im Kontext erworben werden, umverstanden und angeeignet werden zu können (Lave/Wenger, 1991). Diesgeschieht idealerweise nicht über abstraktes Erfragen, reine Beobachtungoder die Vermittlung von theoretischem Meta-Wissen, sondern über dieTeilhabe an �authentic activities� � Aktivitäten, wie sie typisch für denjeweiligen Kontext sind (Jordan, 1989). Zur Illustration dieser Idee werdenvom IRL häufig Anleihen bei der Ausbildung von Handwerkern durchLehrmeister gemacht. Die Teilnahme an diesen Aktivitäten wird dabei als�legitimate peripheral participation� (LPP) bezeichnet. Der Lehrling beginnt

43 Die Erkenntnis und Beschreibung des situativen und kontextuellen Charakters vonWissen stellen einen der wesentlichen Beiträge aus der Forschung am IRL dar undwurden im folgenden in der Forschung zum Wissensmanagement immer wiederbestätigt. (siehe Abschnitt 2.3.1.)

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122 Die Einführung von Wissensmanagement

mit der legitimierten und beobachtenden Teilnahme an den Aktivitäten derGesellen und Meister. Nach und nach übernimmt der Lehrling eine aktiveRolle und führt bestimmte Aktivitäten selbst aus. Die Qualität undVerantwortung der �authentic activities� steigert sich dabei im Zeitablauf,der Lernende rückt immer weiter vor zu den zentralen undverantwortungsvollsten Aktivitäten.

Zur Unterscheidung von handwerklicher Ausbildung (Vermittlung vonFähigkeiten und Fertigkeiten) und geistiger Ausbildung (Vermittlung vonWissen) wird der Prozess der geistigen Wissensaneignung vom IRL als�cognitive apprenticeship� (CA) bezeichnet, verläuft aber gleich wie der inder Handwerkerausbildung. Der Weg geht vom Nachahmen, über dieReflektion des Wissens bis hin zur Urteilsfähigkeit über undWeiterentwicklung des vermittelten Wissens (Brown et al.,1989; Collins etal., 1989)

Inhaltliche Erkenntnisse, die in den IRL-Projekten zum Lernen gewonnenwurden, flossen auch zurück in die Methodenüberlegungen und hattenEinfluss auf die methodische Gestaltung der IRL-Projekte. Erkenntnisseüber Wissensgenerierung und Wissensteilung wurden dabei zu neuenmethodischen Ansätzen weiterentwickelt.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 123

Abbildung 27: Die Lernentwicklung im Konzept des Cognitive Apprenticeship

Forschungsinhalte aus der Arbeit des IRL wie das Konzept des �cognitiveapprenticeship� kamen so als methodisches Fundament in anderenForschungsprojekten � nicht nur im schulischen Kontext, sondern auch inProjekten in Betrieben44 � zum Einsatz. Durch die legitime Teilhabe undTeilnahme am Geschehen im Forschungskontext gewinnt der Forscher einenpraktischeren und intimeren Zugang zum Forschungsgegenstand underschließt sich auch dessen Kontextbedingungen. Herausgestellt wird dabei,dass er so ein umfassendes und tiefgehendes Verständnis desForschungsgegenstandes gewinnt und damit eine höhere Qualität derErkenntnisse, als dies mit reinem Desk Research möglich wäre.

Als Forschungs-Konzeptionen sind �legitimate peripheral participation�und der �cognitive apprenticeship� insbesondere dann geeignet, wenn der

44 Ich verwende hier den Begriff �Betrieb�, um auf die zumeist soziologischenFragestellungen in Projekten des IRL zu verweisen. Häufig ging es um Fragen derZusammenarbeit in Organisationen.

Apprentice-ship

Coaching

Collaboration

Multiple Practice

Reflection

Articulation/ Manifestation

Embedded Activity

GeneralPrinciples

Getting started in an authentic

activity

Participating consciously

Reflected situatedunderstanding

Reflection of former activities

Development of conceptual knowledge

Quelle: eigene Darstellung, nach Brown et al. (1988:23, 24)

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124 Die Einführung von Wissensmanagement

zu untersuchende Forschungskontext selbst durch eine hohe dynamischeund soziale Komplexität geprägt ist, und die Forschungsfrage eineReduktion dieser Komplexität durch die Wahl bestimmterForschungsmethoden nicht zulässt.

Bereits in die Untersuchungen zur Diplomarbeit , die sich mit derEinführung und Ausgestaltung von Wissensprozessen beschäftigt, flossendie methodischen Erkenntnisse aus der Arbeit des IRL ein(Schweikert/Trillitzsch, 1997). Im Rahmen einer After-Action-Review voncross-functional project teams wurde dabei aber vorrangig mit Interview-und Workshopdaten, also mit reflektierten und kommunikativ vermitteltenPraxiserfahrungen, gearbeitet. Dies macht auch die Grenzen des damalsgewählten Ansatzes deutlich. Pettigrew (1990:286ff.) verweist in diesemZusammenhang besonders auf die Gefahr, dass vergangenheitsbezogeneInterviewdaten oft durch den Interviewten beeinflusst sind.

Durch die punktuelle Praxisinteraktion und die Vergangenheitsorientierungwar es zudem kaum möglich, dynamische Aspekte in der Praxisnachzuzeichnen. Es war schwierig, eine punktuelle Datenaufnahme(Interview) zu machen, die sich auf einen ganzen Zeitraum (Gesamtdauerder Projektarbeit) bezog (Kimberley, 1979:123f.) Auch hatte mittlerweileeine Reflektion und Ex-Post-Rationalisierung bei den Interviewtenstattgefunden (Golden, 1992:848ff.).

Doch gerade diese dynamischen Aspekte ermöglichen eine interessante undwichtige Perspektive, wenn es um die Einführung und Ausgestaltung vonWissensmanagement geht., Denn darin liegen für die Akteure wichtigeGestaltungsmöglichkeiten. Erst eine �Echtzeitbetrachtung� aus Praxissichtermöglicht das wissenschaftliche Erschließen der sich daraus ergebendenHandlungsspielräume.

Die Erkenntnisse aus der methodologischen Arbeiten des IRL und dieErfahrungen aus dem Forschungsprojekt zur Diplomarbeit flossen hierwieder als Basis in die empirisches Studie zur Dissertation ein. Die Ansätzeder �legitimate peripheral participation� und des �cognitiveapprenticeship� sollten in einen Forschungsprozess integriert werden, der

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 125

eine wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung in einem dynamischenUnternehmenskontext in Echtzeit ermöglicht.

4.2 Die Eignung des Fallbeispiels Telcotech zur Erforschungder Wissensmanagement-Einführung

�...theory building from case study research isparticulary appropriate because it does notrely on previous literature or empiricalevidence. [...] In sum, building theory fromcase study research is most appropriate inthe early stages of research on a topic or toprovide freshness in perspective to analready researched topic.�(Kathleen M. Eisenhardt, 1989a:548)

In diesem Teil wird geprüft, ob Telcotech als Fallbeispiel zur Untersuchungder Wissensmanagement-Einführung geeignet ist. Dazu wird geprüft, ob esBeiträge zum besseren Verständnis der Wissensmanagement-Einführungaus Sicht der Wissensmanagement-Verantwortlichen führen kann.

Entsprechend der in Kapitel 4 angestellten Vorüberlegungen sollte einFallbeispiel ausgesucht werden, welches Einblicke in einerWissensmanagement-Einführung im Zuge einer Business Transformationerlaubt.

Es sollte ein Fallbeispiel gewählt werden, in welchem Wissensmanagementals Kernfunktion des Unternehmens bestimmt wurde und wo dieWissensmanagement-Einführung umfassend und nachhaltig vollzogenwerden sollte.

Das Fallbeispiel der Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech bietetdie Voraussetzungen für eine solche Untersuchung. Das Unternehmen sahsich mit einer Verschiebung seiner Wertschöpfungsaktivitäten in RichtungWissensbasierung konfrontiert, was durch eine bessere organisationaleNutzung des Wissens des Unternehmens aktiv vorangetrieben werdensollte. Wissensmanagement wurde als Kernkompetenz bestimmt sowie einDefinitionsprojekt zur Wissensmanagement-Einführung gestartet. Indemvon der Unternehmensleitung auch die Möglichkeit zu einerwissenschaftlichen Langzeitstudie sichergestellt wurde, bot das Fallbeispiel

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126 Die Einführung von Wissensmanagement

Telcotech das Potential, zu interessanten Einblicken in die Arbeit vonWissensmanagement-Verantwortlichen bei der Wissensmanagement-Einführung in einem zunehmend wissensintensiven Geschäft zu gelangen.

4.2.1 Mögliche Leistungen der Fallstudie für Wissenschaftund Praxis

�Ideas about organization are always basedon implicit images or metaphors thatpersuade us to see, understand, and managesituation in a particular way. Metaphors createinsight. But they also distort. They havestrengths. But they also have limitations.�Gareth Morgan, 1997)

Dieses Forschungsvorhaben hat seine hauptsächlichen Wurzeln in denbeiden aktuellen Forschungsgebieten Wissensmanagement undImplementierungsmanagement. Damit verbindet es die inhaltlich bezogeneSichtweise des Wissensmanagements mit der prozessbezogenen desImplementierungsmanagements.

Im Rahmen der Untersuchung werden Fragen zu kritischen Faktoren beider Einführung von Wissensmanagement angesprochen und diskutiert.Durch die Darstellung aus der Perspektive des internenWissensmanagement-Verantwortlichen wird eine handlungsorientierteSichtweise eingenommen. Damit zielt die Untersuchung einerseits auf einbesserer Verständnis, andererseits werden auch Lösungsansätzevorgeschlagen.

Das Forschungsvorhaben setzt dabei an der kommunikativen Erfassungund Rationalisierung des Phänomens Wissensmanagement-Einführung anund liefert eine umfangreiche Fall-Beschreibung und �analyse (�thickdescription�) einer Wissensmanagement-Einführung im konkretenUnternehmenskontext. Dabei wird nicht nur die Ebene der sichtbarenAktivitäten erfasst, sondern insbesondere auch die kognitiven Prozesse beiden Wissensmanagement-Verantwortlichen angesprochen. Die Verbindungzwischen beiden Betrachtungsebenen wird hergestellt, die Wiedergabe derEntwicklung griffiger sprachlicher Konzepte reflektiert die Entstehung einesreflektiven Bewusstseins bei den Wissensmanagement-Verantwortlichen.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 127

Der spezifische Kontext aus einem Unternehmen für Informations- undKommunikationsnetzwerk-Infrastruktur erlaubt zugleich Einblicke inAnsätze zur Bearbeitung aktueller Geschäftsanforderungen in einerVertriebsorganisation der technisch anspruchsvollen Investitionsgüter-Branche.

Neben der Betrachtung zur Ausgestaltung von Wissensmanagement ineinem Vertriebsbereiches erlaubt das Fallbeispiel Einblicke in dieWissensmanagement-Einführung in einer Konzern- bzw.Geschäftsbereichsorganisation.

Indem Dilemmata oder Stolpersteine aufgezeigt werden, wird zugleichauch die Frage nach den Grenzen des Wissensmanagements in der Praxisgestellt.

Darüber hinaus leistet diese Arbeit auch für die Praxis einen Beitrag, indemsie zum besseren Verständnis der Potentiale undRealisierungsmöglichkeiten des Wissensmanagements beiträgt. Sie richtetsich dabei sowohl an Wissensmanagement-Verantwortliche, denen sieReflektionsansätze, Strukturierungshilfen und Anregungen für die eigeneArbeit bietet, als auch an Mitglieder der Geschäftsleitung, die alsRessourcenverantwortliche oder Mitglieder in Lenkungsausschüssen überdie Wissensmanagement-Aktivitäten des Unternehmens zu entscheidenhaben.

4.2.2 Beschränkungen durch eine Fallstudien-Forschung

�In creating ways of seeing, the create waysof not seeing. There can be no single theoryor metaphor that gives an all-purpose point ofview, and there can be no simple �correcttheory� for structuring everything we do.�Gareth Morgan, 1997)

Andererseits bringt eine Fallstudienforschung auch bestimmteBegrenzungen mit sich. Während sie einerseits bestimmte Einblicke undErkenntnisse ermöglicht, werden gleichzeitig bestimmte andereErkenntnismöglichkeiten ausgeschlossen. Deshalb ist es notwendig, auchdie Beschränkungen der Studie aufzudecken, um so dem Leser zu

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128 Die Einführung von Wissensmanagement

ermöglichen, die Gültigkeit der Forschungsergebnisse besser einschätzen zukönnen.

Beschränkungen kommen hier durch zwei Faktoren. Einerseits werdengenerelle Beschränkungen durch die Methodik der Fallstudienforschungselbst bestimmt. Andererseits bestimmt das konkrete Fallbeispiel und derUmgang damit Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis.

Generelle BeschränkungenDie generellen Beschränkungen durch den Einsatz der Fallstudienmethodikwerden in Kapitel fünf ausführlich diskutiert. Hier sind im wesentlichen dieKritik in Bezug auf die Repräsentativität der Ergebnisse undBeschönigungstendenzen zu nennen.

Zu Beschönigungstendenzen kann es durch den interpretativen Spielraum,den der Forscher hat, kommen. Dem kann jedoch begegnet werden, indemAussagen in ihrem situativen Interessen- und Motivkontext gesehenwerden (van de Veen, 1992). Außerdem ist es dafür wichtig zu überwachen,inwieweit die Interpretationen des Forscher durch Sympathien mitAkteuren oder Akteursparteien (�going native�) gefärbt werden (Pettigrew,1990:278). Gerade bei Einzelforschern ist die Gefahr von fehlenderObjektivität gegeben. Deshalb ist es wichtig, dies durchReflektionsgespräche mit anderen Wissenschaftlern auszugleichen(Pettigrew, 1990:278). All diese Beschönigungstendenzen würden dieForschungsergebnisse verzerren und deren Repräsentativität in Fragestellen.

Fallstudien-Forschung sieht sich generell der Kritik mangelnderRepräsentativität ausgesetzt. Wie in verschiedenen Forschungsarbeitenjedoch argumentiert wurde (Yin, 1984), ist auf Fallstudien und anderequalitative Untersuchungen nicht das Kriterium statistischerRepräsentativität, sondern der replikativen Repräsentativität (Yin,1984:53ff.) und der kontextuellen Repräsentativität (Diesing, 1972)anzuwenden. Die replikative Repräsentativität verweist auf dieVerifizierung von Aussagen durch wiederholte Untersuchungen desselben

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 129

Fallbeispiels oder der Untersuchung anderer. Kontextuelle Repräsentativitätist dann gegeben, wenn die Forschungsergebnisse sich in eineForschungstradition einfügen bzw. auf diese Bezug nehmen.

Konkrete BeschränkungenDie konkreten Beschränkungen beruhen auf der Spezifik des untersuchtenFalles sowie die durch mich vorgenommenen Setzungen undAbgrenzungen.

Die Setzungen und Abgrenzungen begrenzen den Ausschnitt derWirklichkeit, die in dieser Fallstudie untersucht werden. So wird hier diePerspektive der internen Wissensmanagement-Verantwortlicheneingenommen, um zu erkennen, durch welche Kategorien und Variablen(z.B. Zielvorstellung, Selbstbild, Kommunikationsformen) deren Aktivitätenund Aktionsmöglichkeiten umrissen sind. Die Sichtweisen undGestaltungsmöglichkeiten der Unternehmensleitung oder andererFachabteilungen, die ebenfalls wichtig für die Gesamtheit einer gelingendenWissensmanagement-Einführung sind, bleiben in dieser Untersuchunginsofern unberücksichtigt, als die Wissensmanagement-Verantwortlichendiese Faktoren nicht steuern oder bestimmen können.

Der Gegenstand der Fallstudie ist ein einzelnes und reales Unternehmen, indem der Einführungsprozess von Wissensmanagement untersucht wird.Somit ist der Forscher zunächst auch nur verantwortlich für die Richtigkeitund Gültigkeit der Aussagen für das konkrete Fallbeispiel.

Dabei dient diese Fallstudie nicht der Überprüfung und Verfeinerung vorabformulierter theoretischer Hypothesen (Eisenhardt, 1989a, 1991) durch eineRealsituation, sondern als Ausgangspunkt für die Formulierung vontheoretischen Aussagen (Yin, 1981a; Moser, 1995; Strauss/Corbin, 1996)

In Verbindung mit der theoretischen Analyse der vorangegangenen Kapitel,weiteren Forschungsergebnissen und der Diskussion in derwissenschaftlichen Gemeinschaft verdichten sich die Ergebnisse derFallstudienforschung zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen (vonKrogh/Grand, 2000).

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130 Die Einführung von Wissensmanagement

Ein allgemein gültiges Modell einer Vorgehensweise zurWissensmanagement-Implementierung kann und will diese Arbeit nichtaufzeigen, leistet aber einen Beitrag zu dessen besserem Verständnis. DasErgebnis kann nicht eine generell gültige �How-to-do�-Anweisung sein.Zudem widerstrebt die Vorstellung einer für jedes Unternehmen passendenStandardvorgehens für die erfolgreiche Wissensmanagement-Einführungder Überzeugung des Forschers, dass eine Einführung vonWissensmanagement je nach Unternehmenskontext und strategischerZielbestimmung verschieden verläuft. Ein erfolgreichesWissensmanagement-System muss unternehmensspezifisch erarbeitetwerden und entzieht sich damit einer generellen Wissensmanagement-Normstrategie.

Weiterhin spiegelt die vorliegende Forschungsarbeit einen Zwischenstandder Theoriebildung wider, der für den Augenblick und den gewähltenUnternehmenskontext gültig und richtig ist, jedoch noch seiner Diskussionund Weiterentwicklung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft sowieseiner Applikation in der wirtschaftlichen Praxis bedarf, der jedoch nichtmehr in der Verantwortung des Forschers liegt.

Was damit jedoch geleistet ist, ist der Beginn eines besseren Verständnissesder Einführungsaktivitäten, der Korrespondenz der Wissensmanagement-Einführung mit den zugehörigen Kontextfaktoren und der Möglichkeitender Gestaltbarkeit des Einführungsprozesses.

4.2.3 FazitDie Untersuchung des Fallbeispiels Telcotech ist zur Verbesserung desVerständnisses einer Wissensmanagement-Einführung geeignet.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 131

Abbildung 28: Der spezielle Forschungskontext der Untersuchung

Dabei ist der spezielle Forschungskontext und die Möglichkeiten undGrenzen einer Falluntersuchung zu beachten.

Da speziell zur Thematik Einführung von Wissensmanagement aus Sichtder Akteure noch keine empirischen Daten vorliegen, bietet sich eineFalluntersuchung an, um erste theoretische Vorschläge zu machen. Indiesem Status der wissenschaftlichen Entwicklung haben Fallstudien ihrebesondere Bedeutung, da sie neue Themengebiete ordnen können.

� Einzelfall-Langzeit-Studie� Erforschung der Wissensmanagement-Einführung im Zeitverlauf� Blickwinkel des �modus operandi�� ermöglicht �Customer Intimacy� zur Erkundung von Motivationen, impliziten Theorien etc.

� Einzelfall-Langzeit-Studie� Erforschung der Wissensmanagement-Einführung im Zeitverlauf� Blickwinkel des �modus operandi�� ermöglicht �Customer Intimacy� zur Erkundung von Motivationen, impliziten Theorien etc.

� Vertriebsunternehmen� Individuenzentriert: Stark beeinflusst von persönlichem Engagement und Leistung� Stark wettbewerbs- und ergebniszentriert: Kurzfristige operative Orientierung und kurze

Feedbackzyklen� Business Transformation vom Produkt- zum Lösungsverkäufer: Zunehmende Bedeutung

von Wissen und Wissensmanagement als Kern des Geschäfts

� Vertriebsunternehmen� Individuenzentriert: Stark beeinflusst von persönlichem Engagement und Leistung� Stark wettbewerbs- und ergebniszentriert: Kurzfristige operative Orientierung und kurze

Feedbackzyklen� Business Transformation vom Produkt- zum Lösungsverkäufer: Zunehmende Bedeutung

von Wissen und Wissensmanagement als Kern des Geschäfts

� Branche: I&K-Industrie (Ausrüster)� Deregulierung: Neue Kunden, Wettbewerber und Marktstrukturen bilden sich heraus� Konvergenz: Neue Spielregeln und steigende Kundenanforderungen� Globalisierung: Steigender Standardisierungs- und Vernetzungsbedarf� Veränderung der Wertschöpfungsketten: Spezialisierung und Fokussierung,

Kooperationsstrategien

� Branche: I&K-Industrie (Ausrüster)� Deregulierung: Neue Kunden, Wettbewerber und Marktstrukturen bilden sich heraus� Konvergenz: Neue Spielregeln und steigende Kundenanforderungen� Globalisierung: Steigender Standardisierungs- und Vernetzungsbedarf� Veränderung der Wertschöpfungsketten: Spezialisierung und Fokussierung,

Kooperationsstrategien

Quelle: eigene Darstellung

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132 Die Einführung von Wissensmanagement

4.3 Eckpfeiler der Forschungsmethodik für die empirischeStudie

�...theory building from case study research isparticulary appropriate because it does notrely on previous literature or empiricalevidence. [...] In sum, building theory fromcase study research is most appropriate inthe early stages of research on a topic or toprovide freshness in perspective to analready researched topic.�(Kathleen M. Eisenhardt, 1989a:548)

Mit Yin (1981a, 1981b, 1989a) möchte ich zunächst eine Unterscheidung vonvier Dimensionen der Forschungsmethodik vornehmen, die gemeinsam dasforschungsmethodologische Fundament einer empirischen Studie bilden: Erdifferenziert zwischen Forschungsstrategien, Zielen der Studie,Vorgehensweisen zur Datenerhebung und Evidenz-Typen45.

45 Im englischen Original sind die Evidenz-Typen als �Sources of Evidence� bezeichnet.In einer freieren Übersetzung ließen sie sich vielleicht treffender als �Beweisstücke�übersetzen. Sie sind die Quelle von Hypothesen und theoretischen Aussagen unddienen als Beleg für deren Richtigkeit und Gültigkeit.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 133

Abbildung 29: Forschungsmethodologische Dimensionen

Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung sieht er in regelmäßigenBegriffsverwirrungen, die herrschen, wenn über empirische Studiengesprochen wird. So werden häufig Begriffe wie �Case-Study�, �qualitativeForschung� oder �teilnehmende Beobachtung� synonym verwendet.

Mit der Unterscheidung der vier Dimensionen verweist er zu Recht darauf,dass die Entscheidung für eine Fallstudie als Forschungsstrategie nochkeine bestimmte Form der Datengenerierung und der Evidenz-Typen nachsich zieht, sondern verschiedene Alternativen zulässt (vgl. die Diskussionbei Eisenhardt, 1989a, 1991 und Stake, 1995).

Die vier Dimensionen werden nachfolgend einzeln vorgestellt und die fürdieses Forschungsvorhaben getroffenen Entscheidungen diskutiert.

4.3.1 Forschungsstrategie: Fallstudie als Langzeit-Einzelfall-Studie

Forschungsstrategien sind normative und ordnende Aussagen zu generellenRichtung der Erkenntnisgewinnung. Sie müssen so gewählt werden, dass

Quelle: eigene Darstellung, nach Yin (1981, 1989)

Dimension Beschreibung, BeispieleForschungsstrategie

Ziel der Studie

Vorgehensweisen zurDatenerhebung

Evidenz-Typen

• Experiment, Befragung, Auswertung von Archivdaten(Zeitreihen), Historie, Case-Study

• untersuchend (exploratory), beschreibend (descriptive),erklärend (explanatory)

• Ethnografie, Interview, Beobachtung, teilnehmende Beobachtung

• z.B. Mehrheiten, Durchschnitte, Korrelationen (quantitativ) oderz.B. Dokumente, Äusserungen, Beobachtungen, Artefakte(qualitativ)

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134 Die Einführung von Wissensmanagement

sie zur Problemstellung und dem Forschungskontext passen und geeignetsind, eine Beantwortung der Forschungsfrage zu ermöglichen.

Festzulegen ist die passende Forschungsstrategie deshalb nach Yin(1989a:13) anhand von drei Kriterien. Sie ist zu bestimmen aufgrund (1) derForschungsfrage, (2) der Kontrollmöglichkeit über das Forschungs-Settingund (3) dem zeitlichen Bezug zu den zu untersuchenden Phänomenen (z.B.historische bzw. gegenwärtige Phänomene). Als alternativeForschungsstrategien für empirische Studien stellt er das Experiment, dieBefragung, die Auswertung von Archivdaten (Zeitreihen), die Historie unddie Case Study (Fallstudie46) vor und untersucht diese auf ihre spezifischenEinsatzfelder (siehe Abbildung).

Abbildung 30: Typen von Forschungsstrategien

Während das Experiment eine Isolation einzelner Variablen von denKontextfaktoren und damit eine direkte, präzise und systematische

46 Im folgenden wird immer die deutsche Übersetzung �Fallstudie� verwendet, auchwenn auf englischsprachige Autoren Bezug genommen wird. Die einheitlicheSprachverwendung soll den Lesefluss verbessern.

Quelle: eigene Darstellung, nach Yin (1989:17) und Markus (1999:199)

Forschungs-strategie

• Experiment

• Befragung

• Auswertung vonArchivdaten

• Historie

• Case-Study

Forschungssituation

Art derForschungsfrage

• Wie? Warum?

• Wer? Was? Wo?Wie viele? Wie oft?

• Wer? Was? Wo?Wie viele? Wie oft?

• Wie? Warum?

• Wie? Warum?

Einbezug desKontextes

• Nein

• Kaum

• Kaum

• Ja

• Ja

Fokus aufgegenwärtigeEreignisse

• Ja

• Ja

• Ja/ Nein

• Nein

• Ja

Kontrolle über dasForschungssettingnotwendig?

• Ja

• Nein

• Nein

• Nein

• Nein

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 135

Kontrolle über das Forschungs-Setting erfordert, stellen die anderenForschungsstrategien diese Forderung nicht � sie sind nicht anLaborbedingungen geknüpft, welche insbesondere dann nicht gewährleistetwerden können, wenn soziale Akteure beteiligt sind.

Im Unterschied zur Historie beschäftigt sich eine Fallstudie mitgegenwärtigen Phänomen. Damit erlaubt sie den Einsatz von direkterBeobachtung und Befragung des Forschungsgegenstandes � Methoden, dieim Rahmen der Datenerhebung für eine Historie nicht zur Verfügungstehen.

Mit der Erkenntnis, dass komplexe Phänomene wie organisationaleProzesse zur Erforschung nicht von ihrem Kontext separiert werdenkönnen, ohne zugleich ihre Verstehbarkeit zu verlieren, steigt dieBedeutung und Verbreitung von Fallstudien als problemadäquateForschungsstrategie (vgl. Kratochwill/Levin, 1992; Dent, 1991). Fallstudienkommen insbesondere zur Erforschung neuer Themen (Eisenhardt,1989a:532), einzigartiger Situationen oder komplexer Kontexte (Stake,1995:xi, 2000:237f.) zum Einsatz. Sie sind besonders geeignet, wenn dieseThemen zugleich (a) aktuell und in ihrer lebensweltlichen Eingebundenheitzu untersuchen sind, (b) die Trennung zwischen Forschungsgegenstandund Kontextfaktoren nicht klar ist (Yin, 1981b:59), der Forscher (c) keinevolle Kontrolle über die Ereignisse hat (Yin, 1989a:13) und insbesondereForschungsfragen nach dem Vorgehen (�Wie?�) und den Motiven(�Warum?�) zu beantworten sind (Yin, 1989a:13).

Sollen vor allem verstehende Fragen nach dem �Wie?� und erläuterndeFragen nach dem �Warum?� beantwortet werden, ist die Fallstudie zuwählen (Yin, 1989a:13; Stake, 2000:238). Denn diese Fragen lassen sich mitder Messung von Häufigkeiten oder singulären Ereignissen nichtzufriedenstellend beantworten.

Unter Anwendung der von Yin, Eisenhardt und Stake vorgeschlagenenKriterien zur Wahl der Forschungsstrategie wird für die empirische Studie

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136 Die Einführung von Wissensmanagement

dieser Dissertation eine Fallstudie47 zugrunde gelegt, welche als tiefgehendeLangzeit-Einzelfallstudie ausgestaltet wird.

Eine Fallstudie ist von allen untersuchten Forschungsstrategien am bestenin der Lage, einen aktuellen Forschungsgegenstand zu handhaben und zuuntersuchen, ohne ihn von seinem Kontext abkoppeln zu müssen. Wennsich der Forschungsgegenstand zudem während der Untersuchung in einerWeiterentwicklung befindet, erlaubt sie, diese Entwicklungen noch in diebereits laufende Forschung einzubeziehen. Auch die Bedingungen des nichtkomplett kontrollierbaren Forschungsumfeldes und die Konzentration aufFragen nach dem �Wie?� und �Warum?�, um Motivationen und implizitenTheorien zu erschließen, legen die Wahl einer Fallstudie nahe.

Als wissenschaftliche Fallstudie beschränkt sie sich dabei nicht auf dieBeschreibung des Falles, sondern folgt einem Erkenntnisinteresse und dientder Beantwortung einer Forschungsfrage. Dieses Ziel kann eine erläuterndeFallstudie am besten erfüllen. Bei der erläuternden Fallstudie steht nicht diePräsentation des konkreten Falles, sondern das Gewinnen von Verständnisüber ein untersuchtes Phänomen im Mittelpunkt. Die erläuternde Fallstudieist damit ein direkter Schritt der Theoriebildung, der untersuchte Fallnimmt eine unterstützende Funktion ein. (Stake, 2000:237; Yin, 1989a)

Für diese Arbeit beschränke ich mich auf die Untersuchung eines einzelnenFallbeispiels. Einerseits impliziert die Entscheidung für eine tiefgehendeLängsschnitt-Studie48 einen hohen Aufwand für die Datengenerierung und -analyse im Feld. Daneben stellt das zu untersuchende PhänomenWissensmanagement-Einführung ein Themenfeld dar, welchesumfangreichen Wechselwirkungen unterliegt. Um qualitativ hochwertigeEinsichten darüber zugewinnen, ist es sinnvoll, diese zu berücksichtigenund das Fallbeispiel aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Darum

47 Hierbei ist eine Fallstudie als Form wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung gemeint,abgrenzend zu Fallstudien als Instrument der Didaktik (vgl. Eisner, 1985; Masoner,1988) und der Fallstudie als journalistischem Stil. (siehe zu dieser Unterscheidung auchStake, 2000)

48 Siehe Abschnitt 4.2.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 137

kann nur die Beschränkung auf einen einzelnen Case eine tiefgehendeBeschäftigung mit dem Forschungsgegenstand sicherstellen.

Auch aus forschungspraktischen Gründen erscheint ist die Untersuchungeines einzelnen Falles angeraten. Es wäre nicht möglich gewesen, zu einemzweiten Unternehmen eine ebenso tiefe und vertrauensvolle Beziehungaufzubauen. Damit wäre es unmöglich gewesen, ein weiteres Unternehmenmit derselben Intensität und Ernsthaftigkeit zu beforschen, wie ich dies mitder Siemens AG realisieren konnte49. Die Oberflächlichkeit derUntersuchung eines weiteren Unternehmens hätte keineQualitätsverbesserung der empirischen Studie bedeutet50.

Aufgrund der oben ausgeführten Überlegungen erscheint eineEinzelfallstudie als angemessene Forschungsstrategie für die geplanteempirische Studie der Wissensmanagement-Einführung.

4.3.2 Ziele der Studie: Verstehen, Plausibilisieren undSystematisieren

Nach den Zielsetzungen einer Studien lassen sich mit Yin (1981b,1989a:17ff.) drei verschiedene Typen unterscheiden. Er differenziertzwischen beschreibenden (descriptive), erschließenden (explorative) underläuternden (explanatory) Studien.

49 Siehe Abschnitt 4.4.2.50 Um jedoch die Erfahrungen anderer Unternehmen in die Untersuchung einzubeziehen,

wurden während der Feldphase Forschungshypothesen in Gesprächen mitWissensmanagement-Verantwortlichen weiterer Unternehmen validiert bzw. imRahmen von Konferenzen präsentiert und diskutiert.

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138 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 31: Typen von Fallstudien

Die einzelnen Typen bestimmen sich dabei nach der Form der in der Studiegestellten Forschungsfrage.

1. In beschreibenden Studien werden eher Faktenfragen (�Was istgeschehen?�) gestellt werden. Ziel ist, einen Forschungskontext in seinerReichhaltigkeit zu illustrieren. Darüber hinaus Die Bewertung wird demLeser überlassen. Diese Form von Studien ist insbesondere fürFallstudien mit didaktischen Zielstellungen, für Arbeiten in neuenForschungsgebieten oder orthodoxe ethnografische Arbeiten typisch.Kritisiert werden kann an dem Ansatz, dass der Forscher nicht selbstStellung bezieht und seine Forschungsintentionen aufdeckt. DieErkenntnismöglichkeit einer beschreibenden Studie ist damit auch sehrbeschränkt (Yin, 1989a:18f., 1989b:3; Eisenhardt, 1991).

2. Erschließende Studien hingegen erweitern die Beschreibung durch dieSuche nach den wesentlichen Aktivitätenströmen und dazugehörigenAlternativen (�Was waren/sind andere denkbare Möglichkeitendazu?�). Damit problematisieren sie die in der Praxis vorgefundeneSituation. Diese Problematisierung erschließt Alternativszenarien und

Beschreibende Case Study

Explorative Case Study

Erklärende Case Study

Typ• Insbesondere zur Illustration von Forschungssituationen in

ihrem konkreten Kontext• Stellt insbesondere Faktenfragen �Was?�, �Wann?�, �Wo?�

• Insbesondere zur Erstellung von Alternativszenarien inneuen Forschungssituationen

• Stellt insbesondere Hintergrundfragen �Warum?�, �Wie?�,�Wann?�

• Insbesondere zur Theoriebildung in aktuellenForschungssituationen ohne volle Kontrolle

• Stellt insbesondere Hintergrund- und Motivfragen�Warum?�, �Wie?�, �Wann?�

Beschreibung

Quelle: eigene Darstellung

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 139

deckt Handlungsoptionen auf. Dazu werden in erschließenden Studienauch Fragen nach dem gestellt, was �nicht� geschehen ist. Jedochwerden nicht die Ursachen für den in der Praxis gewählten Weguntersucht.

3. Erläuternde Studien gehen noch einen Schritt weiter. Sie streben danach,auch die tieferliegenden Schichten des Fallbeispiels zu ergründen. Sieversuchen, Begründungszusammenhänge zu erschließen, aufzudecken,nachvollziehbar zu machen und zu vermitteln. Dazu stellen sieMotivations- und Begründungsfragen (�Wie?�, �Warum?� und�Wann?�) oder verfolgen das Geschehen im Zeitverlauf. Dabei setzen sieeine klare Beschreibung des Falles voraus, um dem Leser zuermöglichen, der Erkenntnisgewinnung aktiv zu folgen. Sie zielen aufeine Plausibilisierung des im Fallbeispiel gewählten Weges, indem sieaufdecken, welche Alternativen entwickelt und wie diese bewertetwurden. Diese alternativen Interpretationen werden diskutiert undverdichtet. Daraus ergibt sich eine Interpretation, welche aufgrund dervorliegenden Daten am wahrscheinlichsten ist (Yin, 1981b:61). Die dabeigewonnenen Erkenntnisse werden abschließend systematisiert und alsErklärungsversuche51 auch an anderen Fällen und bereits vorliegendenwissenschaftlichen Erkenntnissen gespiegelt (Yin, 1989a:18f.).

Die empirische Studie dieser Arbeit zielt darauf, einen Beitrag zumkonzeptionellen Verständnis der Wissensmanagement-Einführung zuleisten und die wissenschaftliche Theoriebildung voranzutreiben. Dazuwerden auch Forschungshypothesen entwickelt und diskutiert. Im Sinneeines Verständnisses von wissenschaftlicher Arbeit als �Generalizingbeyond data� (Mintzberg, 1979) reichen dafür ein beschreibender oder einerschließender Ansatz nicht aus. Weil auch ordnende undsystematisierende Verallgemeinerungen vorgenommen und Erklärungen

51 Nicht zu verwechseln ist die mit dem Wissenschaftsanspruch des �Erklärens�, der vonden Naturwissenschaften an die Sozialwissenschaften herangetragen wird. DieserForderung wird in dieser Arbeit nicht gefolgt, sie zielt auf einen �verstehenden�sozialwissenschaftlichen Zugang (Kirsch, 1992:120ff.; Kirsch, 1996:370ff.; Kirsch/Weber,2000:68ff.)

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140 Die Einführung von Wissensmanagement

dazu angeboten werden, begreift sich die hier vorliegende Studie alserläuternde Fallstudie.

4.3.3 Vorgehensweise zur Datengenerierung: Einsatz einesMethoden-Portfolios

Neben der Bestimmung einer adäquaten Strategie und Zielsetzung für dieStudie ist die Datengenerierung ein wesentliches Gestaltungselement einerempirischen Studie. Gerade bei qualitativen Untersuchungen hat sie großenEinfluss auf die Möglichkeiten und Grenzen der zu gewinnenden Aussagen.Die Bestimmung der Vorgehensweise zur Datengenerierung erfolgt deshalbim Einklang mit den Forschungszielen und der gewähltenForschungsstrategie. Entsprechend der strategischen Ausrichtung stehenunterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen der Datengenerierung zurVerfügung. Einen generellen Überblick über Typen von Methoden undeinzelne Methoden geben Atteslander (1991) oder Mayring (1996).

Speziell auf die verschiedenen qualitativen Datenerhebungsmethoden mitihren Einsatzmöglichkeiten, Vor- und Nachteilen gehen Scheuch (1969),Miles/Huberman (1984), Denzin (1989), Berg (1989) oder die Autoren inDenzin/Lincoln (2000) ein.

Klassische und damit bewährte qualitative Methoden zur Datengenerierungsind z.B. die Sekundärdatenanalyse, verschiedene Interviewformen, direkteBeobachtung, Ethnografie, teilnehmende Beobachtung, LegitimatePeripheral Participation (LPP) oder die systemischenInterventionstechniken52 wie Clinical Research, Action Science und ProcessConsultation.

Der Gestaltungsspielraum des Forschers liegt in der Auswahl geeigneterMethoden bzw. in deren Zusammenstellung. So stellen auch verschiedene

52 Ihnen liegt die Annahme der Heisenbergschen Unschärferelation zugrunde, nach demman ein System nicht erkennen kann, ohne es zu verändern (vgl. von Förster,1993:350ff.). Ich beziehe mich hier nur auf die systemischen Interventionstechniken,weil diese einen Bezug zur forschungsmethodischen Vorgehensweise aufweisen.Andere Interventionstechniken wie die Expertenberatung (vgl. Walger, 1996) bleibenausgegrenzt, da sie nicht auf die Gewinnung von Forschungserkenntnisse zielen.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 141

Untersuchungen von Vorgehendweisen heraus, dass einzelne Methodennicht besser oder schlechter als andere sind, sondern sich durch ihreEignung für bestimmte Forschungskontexte oder Fragestellungenunterscheiden (Jordan, 1996).

So wäre für den hier vorliegenden Fall einer Langzeit-Einzelfallstudie dieEthnographie eine theoretisch besonders geeignete Möglichkeit (Rosen,1991; Kriwet, 1997:12ff.). Ihre Herkunft aus der Forschung über fremdeKulturen befähigt sie, einen sensiblen und tiefgehenden Einblick in denForschungsgegenstand zu gewinnen, die Feld-Akteure aktiv einzubeziehenund Veränderungen im Zeitverlauf besonders gut erfassen zu können (vanMaanen, 1988). Aufgrund ihres langjährigen Forschungshintergrundesbietet die Ethnographie einen gut ausgearbeiteten Zyklus für dieDatengenerierung und �dokumentation und gibt außerdem Hinweise fürdie Verarbeitung und Analyse der Daten (Pelto/Pelto, 1978). Eine genauePrüfung zeigt jedoch, dass sowohl prinzipielle, als auch spezifischeSchwierigkeiten bestehen, welche den Forscher in diesem Fall von einerVerwendung der Ethnographie Abstand nehmen ließ.

Prinzipielle Schwierigkeiten beruhen auf der direkten Übernahme einerMethodik, welche in der Cultural Anthropology entwickelt wurde, in dieUnternehmensforschung (Rosen, 1991; Hammersley, 1990b, 1992; Kriwet,1997). Kriwet (1997:15ff.) erarbeitet prinzipielle Problemfelder, die zubeachten sind, wenn Ethnographie in der Unternehmensforschungeingesetzt werden soll.

1. Während die klassische Ethnographie auf eine Beschreibung vonKulturen zielt, reicht das Ziel der Beschreibung bei derUnternehmensethnographie nicht aus. Diese erfordert das Eröffnen vonneuen Handlungsoptionen.

2. Während in der klassischen Ethnographie von einem eher homogenenKulturbegriff von Volksgruppen oder Völkern ausgegangen wird, mussin der Unternehmensethnographie eine heterogene Kultur von kleinenGruppen (z.B. Teams, Unternehmen, Berufsstände) zugrunde gelegtwerden. Die Unternehmensethnographie erfordert deshalb eine

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142 Die Einführung von Wissensmanagement

Differenzierung zwischen verschiedenen Kulturen der verschiedenenInformanten.

3. Die klassische Ethnographie ist stärker interessengetrieben als dieUnternehmensethnographie. Während erstere mit einem breiten Ansatzstartet und sich das Erkenntnisziel erst während der Studie bildet,erfordert letztere einen engeren und stärker fokussierenden Ansatz.

4. Die Informanten in der Unternehmensethnographie haben stärkerezeitliche Beschränkungen als die der klassischen Ethnographie. Deshalbbraucht die Unternehmensethnographie einen organisiertenForschungsablauf, der die zeitlichen Beschränkungen der Feld-Akteureberücksichtigt.

5. Die Informanten in der Unternehmensethnographie haben im Gegensatzzur klassischen Ethnographie eine stärkere Zielorientierung und einEigeninteresse. Der Forscher muss deshalb den Informanten einenpersönlichen Nutzen bieten und die eigene Rolle reflektieren, um nichtvon den Informanten instrumentalisiert zu werden.

6. Die Informanten der Unternehmensethnographie haben einen anderenBildungshintergrund als die der klassischen Ethnographie. Sich darausergebende Ex-Post-Rationalisierungen oder politische Antwortenmüssen vom Forscher berücksichtigt und ausgefiltert werden.

7. Die Informanten der Unternehmensethnographie nehmen eine aktivereRolle im Forschungsprozess ein als die der klassischen Ethnographie.Wenn sie die ethnographische Untersuchung als Hilfe zur Selbsthilfebegreifen, muss dieses Ziel durch einen interaktiven Forschungsablauf(z.B. Einbezug oder Zwischenfeedback an die Informanten) undHilfestellungen des Forschers berücksichtigt werden.

8. Der Forscher hat es bei der Unternehmensethnographie oft mit einergrößeren Anzahl von Stakeholdern zu tun als bei der klassischenEthnographie. Eine ethnographische Studie im Unternehmenskontext hatdaher eine höhere Komplexität und erfordert einen höherenInformations- und Abstimmungsaufwand.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 143

9. Während der Forscher bei der klassischen Ethnographie eine neutraleund außenstehende Rolle einnehmen kann, erfordert dieUnternehmensethnographie eine aktive Rolle, denn erst so (z.B.Übernahme einer konkreten Aufgabe) wird in Unternehmen ein guterZugang zum Forschungsgegenstand möglich. In vielen Situationen wirktdas Vorhandensein eines �Beobachters ohne Aufgabe� als störenderFaktor.

Neben diesen prinzipiellen Schwierigkeiten gibt es spezifischeSchwierigkeiten der Nutzung der Ethnographie als Methode derDatengenerierung im Unternehmenskontext. Sie entstehen, wennDifferenzen zwischen den Anforderungen der Ethnographie und demkonkrete Forschungskontext der Studie, der gewählten Forschungsstrategieoder der Fragestellung bestehen. Unter diesen Voraussetzungen könnte dieEthnographie ihre Stärken nicht ausspielen und würde keine ausreichendenoder verfälschte Daten liefern. Im vorliegenden Fall sprachen auch solche,für den untersuchten Fall spezifische Schwierigkeiten gegen den Einsatzvon Ethnographie als Methode zur Datengenerierung.

Während erstens eine wesentliche Stärke der ethnografischen Methodikdarin besteht, eine sich verfestigte und über einen Zeitraum etabliertesoziale Praxis wieder erkenn- und veränderbar zu machen (Yin, 1989b:3),hatte sich eine solche Praxis im vorliegenden Fallbeispiel noch gar nichtherausgebildet. Eine Abbildung der Praxis war damit auch nicht möglich,denn diese entwickelte sich erst im Verlauf des Forschungsprojektes53.Während die Ethnografie auf impliziten Regeln und zu Routinengewordene Practices fokussiert, wurde im vorliegenden Fallbeispiel erstdurch die Wissensmanagement-Verantwortlichen versucht, neue Practicesherauszubilden und festzuschreiben.

Zweitens greifen die Feldforscher in der klassischen Ethnografie auf im Feldgut verwurzelte Informanten zurück, die ihnen den Zugang zuBedeutungszuweisungen, Hintergründen und zu weiteren Informanten

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vermitteln (Van Maanen, 1979b:542). Diese existierten im vorliegendenFallbeispiel noch gar nicht, da sich die Wissensmanagement-Verantwortlichen ihre Position im Unternehmen erst selbst erarbeitenmussten. Während der klassische Ethnograph also viele Daten durch seineInformanten beziehen kann, musste sie sich der Forscher hier selbsterarbeiten.

Der vorläufige und sich in der Entwicklung befindliche Charakters derPraxis führte hier zu speziellen Schwierigkeiten, welche eine Verwendungder ethnografischen Methoden und Prozesse für das vorliegende zuuntersuchende Fallbeispiel als unangemessen erscheinen ließ.

Wie an den Überlegungen zum Einsatz der Ethnographie beispielhaftgezeigt, ist die Bewertung der Eignung und die Auswahl der Methoden zurDatengenerierung immer nur vor dem Hintergrund der konkreten Studiezu entscheiden. Dabei sind sowohl die prinzipiellen Schwierigkeiten, diesich aus den Stärken und Schwächen der Methode ergeben, als auch diespezifischen Schwierigkeiten, die sich aus der Passung von zuuntersuchendem Fallbeispiel und Methode ergeben, zu berücksichtigen. Esist zu prüfen, ob die Methode generell abzulehnen ist, oder eine Anpassungerfolgen kann, mit der die Schwierigkeiten kompensiert oder akzeptiertwerden können.

Zur Anpassung können Veränderungen an einer einzelnen Methodevorgenommen werden, um sie auf das konkrete Forschungsprojektabzustimmen. Andererseits ist es möglich, mehrere Methoden so zukombinieren, dass die Schwierigkeiten einzelner Methoden durch denEinsatz weiterer Methoden kompensiert werden können. Besondersbewährt hat sich diese Nutzung von mehreren Methoden zurDatenerhebung, um eine für das konkrete Projekt passende undwissenschaftlich valide Datengenerierung zu erreichen (Yin, 1989a:894ff.;Eisenhardt, 1989a:537f.).

53 Die Gestaltung dieser Entwicklung ist selbst eine wichtige Aktivität in der Arbeit derWissensmanagement-Verantwortliche und sollte untersucht werden.

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Abbildung 32: Stärken und Schwächen verschiedener Methoden zur Datenerhebung

Insbesondere bei Einzelfallstudien ist die Kombination verschiedenerMethoden angeraten, da hierbei keine statistische Validierungsmöglichkeitzwischen mehreren Fallbeispielen möglich ist (Leonard-Barton, 1990:149f.).Durch eine Methodenkombination wird es möglich, auch innerhalb eineseinzelnen Fallbeispiels eine Datenvalidierung durch die Erzeugungmultipler Perspektiven zu erreichen (ebd., 254). Diese Verankerung derErkenntnisse in mehreren Evidenz-Quellen stellt dabei ein wesentlichesElement der Qualitätssicherung in einer Fallstudienforschung dar(Eisenhardt, 1989a:538).

Wesentliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Methoden bestehenim Hinblick auf die Notwendigkeit einer Vor-Ort-Anwesenheit desForschers im Feld, deren Dauer und Aufwand sowie ihrer Distanz zu denzu untersuchenden Phänomenen (direkte Erfahrung, Beschreibung,analysierte Erfahrung) (Mintzberg, 1979). Ein weiterer wichtigerUnterschied ist der Grad, wie stark sie den Forschungsprozess strukturierenund führen. Damit stellen sie unterschiedliche Anforderungen an die

Methoden Stärken und SchwächenStrukturiertes Interview(Survey)

Teilstrukturiertes odernarratives Interview

Beobachtung

Teilnahme

• Stärken: Gewinnung von quantitativen Daten (z.B. Häufigkeiten),empirische Validität durch Generalisierbarkeit

• Schwächen: Relevanzfilter; es werden nur Fragen beantwortet, die derInterviewer vorab als relevant ausgewählt hat, fehlende Kontextualisierung

• Stärken: Interviewte bestimmen relevante Ausschnitte, durch Narrationwerden auch Reflektionen der Interviewten offengelegt

• Schwächen: Reflektionsfilter; es werden nur die �espoused theories� desInterviewten erhoben, fehlende Validierbarkeit durch den Forscher

• Stärken: Gründung auf für den Forscher �sichtbare� Daten, damitMöglichkeit zur

• Schwächen: Wahrnehmungsfilter; es werden nur Phänomene erkannt,Motive sind schwer erkennbar, Problem der Akzeptanz des Zugangs

• Stärken: Wechsel zur Binnenperspektive, Gewinnung von Erfahrungsdaten,Möglichkeit zur multiplen Validierung

• Schwächen: Selbstreflektionsfilter; durch die Handlungsperspektive wird diereflektierende Beobachtung erschwert

Quelle: eigene Darstellung

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Erfahrung des Forschers und seine theoretische Sensibilität (Strauss/Corbin,1996:25ff.). Diese Unterschiede sind zu berücksichtigen ,um geeigneteMethoden auszuwählen.

Neben der Auswahl geeigneter Methoden zur Datenerhebung ist auch derOrganisations- und Dokumentationsmöglichkeit der DatenAufmerksamkeit zu schenken, denn sie bergen Gefahren für denFallstudienforscher. So wird von Leonard-Barton (1990:255) die �plethora ofdata� angesprochen, welche die Stärke und zugleich auch die Schwächeeiner qualitativen Langzeitstudie darstellt. Miles (1979), Van Maanen (1988)und Pettigrew (1990) verweisen ebenfalls auf diese Gefahr des �Erstickensin Daten� (Pettigrew, 1990:281f.). Eine weitere Gefahr liegt in der zeitlichenÜberforderung des Forschers. Der Forscher wird dabei zunehmend zumOpfer des Fallbeispiels. Aus Angst, nicht genügend Zeit vor Ort zuverbringen und wichtige Ereignisse zu versäumen, wird die Dokumentationund Aufbereitung der Daten vernachlässigt, was zu Problemen bei derDatenauswertung und Theoriebildung führt (Miles, 1979:592ff.).

Diese Unterschiede und Gefahren verdeutlichen die Wichtigkeit einerPlanung bei der Datenerhebung54. Das Verfolgen einer reinenQuantitätsstrategie (�Sammelwut�) kann die Untersuchung gefährden, weildie Daten nicht die notwendige Dichte für eine valide Analyse aufweisen.Ebenso erscheint eine zu starke Reduzierung bei der Datenerhebungproblematisch. Insbesondere wenn die Phase der Datenerhebung in sichabgeschlossen oder zeitlich beschränkt erfolgt, hinterlässt sie Lücken in derDatenbasis und mindert die Möglichkeiten der Datenauswertung. Deshalbmuss eine Planung der Datenerhebung auch im Hinblick auf dennachfolgenden Forschungsschritt der Theoriebildung (Datenauswertung)und die Nutzung der Daten als Evidenz-Quellen geschehen. Dazu wird dieVorgehensweise zur Datenerhebung gemeinsam mit den Entscheidungen

54 Die Planung darf jedoch nicht den Raum für spontane Datenerhebung einengen, denngerade informelle Gespräche vor Ort sind eine wichtige Informationsquelle (Leonard-Barton, 1990:255).

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 147

über die Verwendung von Evidenz-Typen festgelegt, denn beide bedingensich wechselseitig.

4.3.4 Evidenz-Typen: Qualitative EvidenzDie verwendeten Evidenz-Typen bestimmen die Form der�Beweisführung� in einer empirischen Untersuchung. Sie bilden dasFundament der Datenauswertung.

Generell lassen sich einerseits quantitative und andererseits qualitativeEvidenz-Typen unterscheiden. Zu den quantitative Evidenz-Typen zählenz.B. Mehrheiten, Durchschnitte, Korrelationen, zu den qualitativen z.B.Dokumente, Artefakte, Äußerungen, Beobachtungen.

Während quantitative Daten eher geeignet sind, das Vorhandensein bzw.die Veränderung eines Phänomens zu belegen, erschließen qualitativeDaten die dahinterliegenden Zusammenhänge und stellen die Verbindungzur Theorie her (Eisenhardt, 1989a:538).

Je nach Forschungsstrategie können beide Typen separat oder kombinierteingesetzt werden, außerdem können verschiedene Evidenz-Quelleninnerhalb eines der beiden Grundtypen verwendet werden. In Bezug augdie Fallstudienforschung verweist Yin auf deren Vorteil:

�[...] the case study�s unique strength is its ability to deal with afull variety of evidence.� (Yin, 1989a:20)

Insbesondere bei der Verbindung von Längsschnitt- und Querschnittstudienbietet sich eine Kombination quantitativer und qualitativer Evidenz-Quellen an. Die Untersuchung über mehrere Fallbeispiele hinweg erlaubtdie Verwendung der quantitativen Typen Mehrheiten und Durchschnitte,welche sonst eher in Experimenten und Befragungen zum Einsatz kommen.Eisenhardt (1989a) und Leonard-Barton (1990) arbeiten die Vorteile derKombination beider Evidenz-Typen in solchen dualen Untersuchungenheraus. In Bezug auf die Verallgemeinerbarkeit und statistischerRepräsentativität erfüllen diese dualen Untersuchungen besser dieAnforderungen der quantitativen Wissenschaft. Der Nachteil besteht im

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hohen Zeit- und Ressourcenaufwand für solche Gesamtstudien, die voneinem Einzelforscher kaum zu leisten sind (Pettigrew, 1990; Van Maanen,1988). Doch auch eine arbeitsteilige Teamforschung bringt hier keinenwirklichen Vorteil, da sich der Kommunikations- undAbstimmungsaufwand zwischen den Teammitgliedern in denverschiedenen Teilstudien massiv erhöht (Miles, 1979:593f.)

Bei Einzelfall-Längsschnittstudien ist es dagegen schwierig, beide Evidenz-Typen zu kombinieren. Weil mit Längsschnittstudien insbesondereVeränderungen im Zeitverlauf und deren Ursachen untersucht werden,konzentriert sich das Interesse auf qualitative Daten, da diese bessergeeignet sind, Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe zu erschließen(Kimberly, 1976). Deshalb spielen in diesen Langzeit-Fallstudien diequalitativen Evidenz-Quellen Dokumente, fremde und eigeneAufzeichnungen, Interviewdaten, direkte und teilnehmende Beobachtungensowie Artefakte die größte Rolle (Miller/Friesen, 1982; Yin, 1984:85f.,1989b). Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung informeller Gespräche alsEvidenz-Quelle (Leonard-Barton, 1990:255), mit denen wertvolleZusatzinformationen gewonnen werden können.

4.3.5 Vorgehensweise zur Theoriebildung: Rekonstruktionund Grounded Theory

Mit den Entscheidungen für eine Forschungsstrategie und dieVorgehensweise zur Datenerhebung wurden bereits Festlegungen in Bezugauf die danach folgenden Forschungsschritte getroffen. Bei der Wahl derVorgehensweise zur Theoriebildung ist diesen Einschränkungen zu folgen.Daher kann ich mich hier direkt auf die Ansätze zur Theoriebildung unterVerwendung von qualitativen Daten konzentrieren.

Bei der Arbeit mit qualitativen Daten wird die Theoriebildung oftmals alsder mystische oder individuelle Teil der Forschung dargestellt. Viel seiabhängig von der Erfahrung des Forschers und seiner Intuition. Setzungenund Interpretationen bestimmen darüber hinaus die Ergebnisse derForschung. Dementsprechend wird insbesondere die Theoriebildung ausqualitativen Daten mit dem Vorwurf konfrontiert, wissenschaftlichen

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 149

Kriterien der Theoriebildung nicht zu erfüllen (Silverman, 1993). Einer derhäufigsten Vorwürfe ist die Nicht-Nachvollziehbarkeit oder fehlendeReplizierbarkeit einer qualitativen Erkenntnisgewinnung (dazuMiles/Huberman, 1984:16; Yin, 1989a:21f.).

Dennoch ist es möglich, Prinzipien zu formulieren, welche die Güte derTheoriebildung aus qualitativen Daten sichern (Sieber, 1976; Miles, 1976,1979; Denzin, 1978; Morgan/Smircich, 1980; Miles/Huberman, 1984:125ff.;Strauss, 1991; Mayring, 1996).

Sieber (1976) definiert dazu vier Grundprinzipien:

• Verknüpfung von Analyse und Datengenerierung, um während desAnalyseprozesses Validierungen vorzunehmen

• Bildung von Kategorien zur Strukturierung und Klassifizierung derDaten

• Erarbeitung von inhaltlichen Themensträngen, die sich durch dasFallbeispiel verfolgen lassen

• Hinterfragen und Testen von Forschungshypothesen durch die Suchenach Existenzbedingungen, nach fördernden und hemmenden Faktorenetc.

Miles (1976, 1979) nimmt diese Grundprinzipien auf und entwickelt daraussein Set aus Faustregeln für die qualitative Forschung.

• Verbessern der Handhabbarkeit der Daten, Datenreduzierung durchoffenes Kodieren und Klassifizieren

• Überprüfen der Validität von Generalisierungen durch kontinuierlicheSuche nach weiterer Evidenz in den Daten (Verdichtung)

• Überprüfen der Validität von Generalisierungen durch konsequentesWeiterdenken der Generalisierungen und Prüfung, ob sich dieKonsequenzen nachweisen lassen (theoretische Validierung)

• Bildung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, Prüfung, ob sich dieWirkung in den Daten nachweisen lässt (Triangulation)

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150 Die Einführung von Wissensmanagement

• Überprüfen der Validität von Generalisierungen durch Rückspiegelungder Generalisierung an die Akteure des Fallbeispiels zur Korrektur vonFehlern und zur kommunikativen Validierung der Interpretationen

• Überprüfen der Validität von Generalisierungen durch den Vergleichdes Auftretens in mehreren Kontexten im oder in mehrerenFallbeispielen (Cross-Site-Analysis).

Neben Zusammenstellungen von Prinzipien liegen für die Theoriebildungaus qualitativen Daten auch einige umfassende Konzepte vor. Im Zuge derletzten Jahrzehnte stieg das Interesse an qualitativer Forschung und siewurden ständig weiterentwickelt, so dass sie heute als gut ausgearbeitetund praxiserprobt gelten können. Insbesondere ist hier die Theoriebildungnach der Grounded Theory zu nennen, welche zuerst durch Barney Glaserund Anselm Strauss (Glaser/Strauss, 1967) ausformuliert und veröffentlichtwurde. Sie verbindet die Notwendigkeit, Praxis und dort gemachteErfahrungen in die Theoriebildung einzubeziehen und diese nicht nur zubeschreiben, sondern zu Theorien zu verdichten. Dabei integriert dasKonzept einerseits die Komplexität, die vielfältigen Abhängigkeiten undZusammenhänge sowie den dynamischen Charakter von realen Phänomeneund akzeptiert zugleich die aktive Rolle der menschlichen Akteure bei derHervorbringung dieser Phänomene. Beide Faktoren macht die GroundedTheory für den Prozess wissenschaftlicher Theoriebildung nutzbar(Strauss/Corbin, 1990:24ff.).

Die Grounded Theory wurde von den Autoren seither weiterentwickelt(Glaser, 1978; Strauss, 1991; Strauss/Corbin, 1990, Strauss/Corbin, 1996)und ihre Ideen breit aufgegriffen (Silverman, 1993, Flick, 1995).

Grounded Theory hat sich in der sozialwissenschaftlichen Forschunginsbesondere bewährt, um aus umfangreichem qualitativem DatenmaterialTheorien mittlerer Reichweite (Midrange-Theorien) zu bilden. DieseMidrange-Theorien der Grounded Theory zeichnen sich durch ihreVerankerung in Fallbeispielen als Untersuchungseinheiten aus, gehen aberin ihrem Gültigkeitsanspruch über die �thick descriptions� beschreibenderFallstudien hinaus (Hildenbrand, 1991:11).

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 151

Neben der Gegenstandsverankerung zeichnet sich die Grounded Theorydurch folgende Merkmale aus (Hildenbrand, 1991:11ff.):

• Der Fall bildet eine eigenständige Untersuchungseinheit, welches nichtzur Illustration theoretischer Untersuchungen dient, sondern in seinerEigenlogik rekonstruiert wird.

• Die Grounded Theory kann mit ihren sozialwissenschaftlichenInterpretationen auch als Kunstlehre begriffen werden und erschließtdamit die ästhetische Dimension für die Wissenschaft55.

• Grounded Theory entsteht in der Kontinuität und Dialektik vonalltagsweltlichem und wissenschaftlichem Denken. Das dabeieingesetzte Theoretical Sampling erschließt das Alltagswissen alswichtige Ressource wissenschaftlicher Theoriebildung.

• Mit ihrem Anspruch, Midrange-Theorien hervorzubringen, ist dieGrounded Theory eine Wissenschaft mit offenem Theoriegebäude. Diemit ihr entwickelten Begriffe, Kategorien und Konzepte erheben denAnspruch vorläufiger Geltung, bis bessere Interpretationen vorgelegtwerden. Damit müssen sie ihre Tauglichkeit zum wissenschaftlichenErschließen der Wirklichkeit mit jeder Untersuchung neu unter Beweisstellen.

Die Vorgehensweise der Theoriebildung nach der Grounded Theoryorientiert sich an einem logischen Ablaufschema (Strauss, 1991:50ff.). Diegenerierten Daten werden zuerst mit Kategorien versehen (Offenes undSelektives Kodieren). Innerhalb der Kategorien lassen sich mitzunehmendem Forschungsfortschritt verschiedene Ausprägungen(Dimensionen und Subdimensionen) erkennen. Aufgrund derunterschiedlichen Ausprägungen lassen sich Hypothesen und darausImplikationen über Konditional- oder Kausalzusammenhänge aufstellen,welche typischerweise in Theoretical Memos oder Integrationsgrafiken

55 Dieser Aspekt wird auch bei Yin (1989a:109) berücksichtigt, denn er empfiehlt, auchmit �den Daten zu spielen�, um Zusammenhänge zu finden, welche mit analytischenVorgehensweisen nicht erschlossen werden können.

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dokumentiert werden. Diese Hypothesen werden durch Überprüfung inden Daten, weitere gezielte Datengenerierung oder theoretischeÜberlegungen validiert. Dieser Kernprozess in der Grounded Theory wirdals Theoretical Sampling bezeichnet. Ist durch das Theoretical Samplingeine ausreichende Sättigung der Hypothesen erreicht, erfolgt die Integrationzu einer Theorie und deren Aufbereitung und Präsentation.

In die Theoriebildung durch Grounded Theory gehen also neben den Datendes Falles auch das Kontext- und Erfahrungswissen des Forschers sowieErkenntnisse der Fachliteratur ein. Beide Faktoren werden herangezogen,um die Dimensionalisierung und die Interpretation der Daten zu leiten undzu validieren (Strauss, 1991:36). Damit ist die Grounded Theory einetendenziell induktive Form der Theoriebildung, jedoch beinhaltet sie auchElemente der Deduktion (Bildung von Implikationen aus den Hypothesen)und der Verifikation (Hypothesenvalidierung durch Theoretical Sampling).

Mit ihren Merkmalen und ihrem logischen Ablauf ist die Grounded Theoryin der Lage, die Ansprüche an eine anwendungsorientierte undsozialwissenschaftlich verstandene Betriebswirtschaftslehre weitreichend zuerfüllen. Bis heute erweist sie sich als passender und zeitgemäßerForschungsprozess für die qualitative Forschung.

Je nach formuliertem Forschungsziel können die Merkmale der GroundedTheory jedoch auch als Nachteile ausgelegt werden. Weil der Fall und nichteine bestimmte Theoriesicht den Gang der Untersuchung bestimmt, neigtsie dazu, komplexe Theorien hervorzubringen (Strauss, 1991:31). Weil siesich auf einzelne Fälle stützt, besitzen die Theorien vorläufigen Charakterund lokale oder mittlere Reichweite und erheben keinen Anspruch aufAbgeschlossenheit und Allgemeingültigkeit (ebd.:323f.). Andererseits sindgerade deshalb die Theorien, die unter Nutzung der Grounded Theorygebildet werden, besonders klar in ihren Aussagen, anwendungsbezogenund praxisnah (ebd.:277).

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 153

4.3.6 FazitEmpirische Studien sind passend zur Problemstellung und demForschungskontext auszugestalten. Sie umfassen mehrere Schritte, welchejeweils selbst Raum für alternative Vorgehensweisen bieten. In mehrererHinsicht sind bei der Planung einer empirischen Studie Entscheidungenüber Alternativen zu treffen.

Für diese Studie wurde eine Fallstudienstrategie ausgewählt und alsLangzeit-Einzelfall-Studie ausgestaltet. Als erläuternde Studie zielt siedarauf, die dem Fall innewohnende Theorie zu verstehen, zuplausibilisieren und zu systematisieren. Die Datenerhebung erfolgte übereinen Zeitraum von mehr als drei Jahren und umfasste unterschiedlicheMethoden der Datengenerierung. Insbesondere wurden qualitativeEvidenz-Typen verwendet. Zur Analyse der Daten wurde dem Ansatz derGrounded Theory gefolgt, da dieser eine bewährte Methode bietet, ausfallbezogenen Daten valide theoretische Beiträge zu erarbeiten. Auchwährend der Analysephase standen die Gesprächspartner für eineNacherhebung oder die Validierung von Daten zur Verfügung.

Die hier getroffenen Entscheidungen bedingen teilweise einander undmüssen deshalb aufeinander abgestimmt sein.

Sie können deshalb nicht erst während der Durchführung der Studie �asyou go� getroffen werden, sondern erfordern eine Vorab-Planung (Yin,1989a:27ff.), welche in die Beschreibung eines systematischenForschungsprozesses mündet.

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154 Die Einführung von Wissensmanagement

4.4 Realisierter Forschungsprozess für die Fallstudie

�... dass Forschung als Arbeit zu verstehenist. Im Prinzip plädieren wir für eine in hohemMasse selbst-reflexive Herangehensweise andie Forschungsarbeit, d.h. man muss sichüberlegen, wie die Arbeit beschaffen ist undunter verschiedenartigen Bedingungen in deneinzelnen Forschungsphasen durchgeführtwerden kann. [...] Sie erfordert, dass dieAufgaben organisiert werden.(Anselm Strauss, 1991:34)

Gerade bei Studien, die über einen langen Zeitraum dauern, ist esnotwendig, die Arbeit im Forschungsprojekt zu planen und zu organisieren.Der Forschungsprozess dient dabei als Leitfaden und Arbeitsplan, an demsich das Vorgehen des Forschers orientiert (Yin, 1989a, 1989b). Für dieseOrientierungsfunktion ist es wichtig, dass bereits vor Eintritt ins Feld einDesign für den gesamten Forschungsprozess erarbeitet wird. Er umfasstdafür alle Schritte vom Beginn bis zum Ende der Studie und zeigt dielogische Abfolge der Schritte auf (Yin, 1989b:2). Er soll damit eineOrientierungsfunktion für den gesamten Ablauf geben, aber auch flexibelgenug sein, um auf Veränderungen der Situation im Feld eingehen zukönnen. Im einzelnen muss der Forschungsprozess dazu mehrereAnforderungen erfüllen:

• Er muss logisch und in sich konsistent sein und den Weg von derForschungsfrage zur Ergebnispräsentation aufzeigen.

• Er muss umfassend sein und alle Forschungsschritte umfassen, um einezielgerichtete und planvolle Arbeit im Prozess zu ermöglichen.

• Er muss robust sein, um mit Überraschungen und Unvorhersehbarkeiten(ob exogen, z.B. im Setting oder endogen, z.B. im Prozessablauf)umgehen zu können.

• Er muss flexibel genug sein, um Anpassungen und Änderungen imForschungsprozess oder Verschiebungen des Forschungsfokusintegrieren zu können.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 155

• Er gibt Kriterien vor, in dessen Licht die Ergebnisse der Untersuchungbeurteilt werden können.

Der Forschungsprozess versucht, alle Phasen eines Forschungsprojektes zuberücksichtigen. Im wesentlichen macht er dabei Aussagen zu:

• Forschungsfrage und Ausgangshypothesen

• Methoden und Vorgehen bei der Datengenerierung

• Methoden und Vorgehen bei der Datenanalyse

• Aufbereitung und Präsentation der Ergebnisse

Auch für die Fallstudie wurde deshalb vorab ein Forschungsprozessausgearbeitet und mit den beteiligten Praktikern und Wissenschaftlernabgestimmt. So wurde sichergestellt, dass die Erwartungen für Theorie undPraxis getroffen werden konnten. Nachfolgend sind die Überlegungenzusammengefasst, die dabei zum Einsatz kamen.

4.4.1 Forschungsinteresse und AusgangshypothesenDas Forschungsinteresse dieser empirischen Studie ist die Frage, warumsich die Unternehmen schwer tun bei der Realisierung der Potentiale,welche sich durch ein Wissensmanagement ergeben. Fragwürdig ist dies, daeinerseits gute theoretische Begründungen für den Sinn und die Potentialedes Wissensmanagements vorliegen und andererseits eine breite Auswahlan Tools und Methoden beschrieben ist, welche Wissensmanagementunterstützen (vgl. Pawlowsky/Reinhardt, 2002:VIIf.). DieAusgangshypothese ist, dass es an geeigneten Transformationskonzeptenfehlt, die praxisnah aufzeigen, welche Aktivitäten nötig sind, um die Ideendes Wissensmanagements mit Leben zu füllen.

Nach einer ersten Zeit im Feld konnte dieses Forschungsinteressekonkretisiert und eingegrenzt werden. So wurde die Untersuchung auf dieinternen Wissensmanagement-Verantwortlichen als diejenigen Akteurebezogen, denen die Verantwortlichkeit für die Wissensmanagement-Einführung zugerechnet wird. Als konzeptionelle Unzulänglichkeitbisherigen Theorieangebote wurde eine Separierung von Planung der

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156 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissensmanagement-Einführung und deren Implementierung erkannt.Diese Trennung setzt sich in eine organisatorische Trennung imUnternehmen fort, wo verantwortende, steuernde, planerische undausführende Tätigkeiten der Wissensmanagement-Einführungauseinanderfallen56. Warum dies den Erfolg der Wissensmanagement-Einführung gefährden kann und welche Schlüsse für die tatsächlichenAktivitäten der internen Wissensmanagement-Verantwortlichen gezogenwerden können, wird im Rahmen einer Langzeit-Einzelfallstudie erforscht.

Ausgangshypothese ist der Verdacht, dass die Aktivitäten, die in derWissensmanagement-Literatur in der Regel beschrieben werden, nicht dieeinzigen bzw. die entscheidenden sind, welche die Wissensmanagement-Verantwortlichen wahrnehmen müssen, um Wissensmanagementerfolgreich und dauerhaft im Unternehmen zu verankern.

4.4.2 Methoden und Vorgehen bei der DatengenerierungDie Phase der Datengenerierung für diese Langzeitstudie erstreckte sichinsgesamt über fast drei Jahre. Die Intensität und Zielsetzung derDatengenerierung veränderte sich über diesen Zeitraum und gliederte sichin verschiedene Forschungsabschnittes. Um sicherzustellen, dass dieeingesetzten Methoden zur jeweiligen Zielsetzung passen, wurde währenddieses Zeitraum nicht permanent mit derselben Methode gearbeitet,sondern es kam ein entsprechendes Methoden-Portfolio zum Einsatz(Denzin, 1978).

Die Strukturierung der Datengenierung in Abschnitte lehnte sich amKonzept der Cognitive Apprenticeship57 (Brown et al.,1989; Collins et al.,1989; Lave/Wenger, 1991) an. So wurde das Datengenerierungszielzunächst immer mehr von unbeteiligten Beobachtung zur Teilhabeverschoben, um gegen Ende der Datengenerierungsphase wieder mehrBeobachtungs- und Reflektionsdistanz zum Fallbeispiel aufzubauen. Dieeingesetzten Methoden unterschieden sich dementsprechend in Bezug auf

56 Siehe Abschnitt 2.3.3.57 Siehe Abschnitt 4.1.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 157

ihre Orientierung an Fakten (im Gegensatz zum Bezug an den impliziteTheorien der Praktiker) sowie ihrer Aktionsnähe (im Gegensatz zurBeobachtung). Dabei erforderten die Methoden teilweise ein hohesVertrauen der Praktiker, welches sich erst im Verlauf der Untersuchungentwickelte.

Die mit den Methoden verbundene unterschiedliche Rolle des Forscherswurde gegenüber den Praxisakteuren immer transparent gemacht, um andie Rolle geknüpfte Erwartungen zu klären.

Abbildung 33: Portfolio der Methoden der Datengenerierung

Die wesentlichen Methoden, die zur Datengenerierung eingesetzt wurden(siehe Abbildung), waren

• Interviews in verschiedenen Formen (Scheuch, 1969; Atteslander, 1991;Massarik, 1981),

• Shadowing (Jordan, 1989; Stucky, 1998),

• teilnehmende Beobachtung (McCall/Simmons, 1969; Jorgensen, 1989),

Quelle: eigene Darstellung

Methode FaktenbezugNarratives Interview

Shadowing

TeilnehmendeBeobachtung

Process Consultation

Phenomenal Interview

Workshops

Aktionsbezug Vertrauen nötig?

...

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158 Die Einführung von Wissensmanagement

• Process Consultation (Schein, 1997, 1999; Heintel/Krainz, 1994;Lippitt/Lippitt, 1999) sowie

• Workshops zur Hypothesenbildung und -validierung (Klebert et al.,1995; Seifert, 2000).

Die Methoden unterscheiden sich insbesondere in Bezug auf ihre Nähe zuFakten (im Gegensatz zum Bezug auf theoretische Inhalte), zur Aktion (imGegensatz zu einem Beobachtungsbezug) sowie ihren Anforderungen andas Vorhandensein einer Vertrauensbasis zwischen Forscher undFeldakteuren (siehe Abbildung). Es wird deutlich, dass die Forderung, dieverschiedenen Methoden sollten ihre Schwächen gegeneinanderkompensieren, vom eingesetzten Methodenportfolio erfüllt wird. Dieeinzelnen Methoden haben unterschiedliche Ausprägungen und ergänzensich gut.

Abbildung 34: Eingesetzte Methoden der Datengenerierung

Im einzelnen wurde die Phase der Datengenerierung so strukturiert:Narrative Interviews (Atteslander, 1991) und Shadowing wurden

Quelle: eigene Darstellung

Methode BeschreibungInterview

Shadowing

TeilnehmendeBeobachtung

Process Consultation

Literaturanalyse

Workshops

• Kommunikative Erschließung der Sichtweisender Akteure

• Begleitung von Akteuren bei ihren üblichenAktivitäten

• Beobachtung und Interaktion mit den Akteuren,Reflektion

• Interaktion und Teilhabe an den Aktivitäten derAkteure (Aufbau einer hilfreichen Beziehung)

• Abgleich der Beobachtungen in der Praxis mitweiteren wissenschaftlichen Ergebnissen

• Gemeinsame Bildung & Validierung vonHypothesen, Gemeinsame Sinnstiftung

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 159

insbesondere zu Beginn eingesetzt. Sie hatten primär drei Funktionen unddienten dazu,

1. eine Beziehung zum Feld, insbesondere zu den Hauptakteuren imUnternehmen, aufzubauen

2. mich schnell mit den wichtigen Fakten und der Situation im Feldvertraut zu machen und

3. einen ersten Eindruck von den Bedeutungszuweisungen (Was ist denLeuten wichtig?) sowie den expliziten und impliziten Theorien (Wieerklären oder bewerten sie es?) der Akteure zu bekommen.

Zu dieser Zeit hatte das Wissensmanagement den Status eines Projektesund diese Gespräche wurden im wesentlichen mit den Projekt-Kernteam-Mitgliedern, mit Mitgliedern des Lenkungsausschusses, mit temporärenAbordnungen aus den Funktionsbereiche sowie mit firmeninternenExperten- und Prozessberatern (zur Unterscheidung siehe Walger, 1996)geführt. Unterstützend dazu wurden bereits vorhandene Dokumente alsweitere Evidenzquellen gesichtet und gesammelt.

Nach und nach wandelte sich der Modus der Datengenerierung. Diefolgende Phase ist durch eine aktivere Beteiligung des Forschersgekennzeichnet. Hier wurden insbesondere über teilnehmendeBeobachtung, temporären Wechsel in die Teilnahme und Einsatz vonElementen des Process Consultation weitere Daten generiert. Mit derVerstärkung der Teilnehmerrolle sollte ein besseres Gefühl für dasGeschehen im Feld entwickelt werden. In dem ich die Perspektive desFeldes einnahm und als Teilnehmer agierte, war es möglich, implizitesErfahrungswissen und Urteilskraft aufzubauen. Dieses Erfahrungswissenwurde in der weiteren Datengenerierung und bei der Datenanalyse als�vorstrukturierender Relevanz- und Validitätsfilter� eingesetzt (Jackson,1990; Strauss/Corbin, 1996).

Im letzten Teil der Datengenerierung (der mit der Datenanalyseparallelisiert und verknüpft wurde) wurde wieder die Teilhabe an derPraxis reduziert und eine Beobachterdistanz aufgebaut. Zielgerichtete

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160 Die Einführung von Wissensmanagement

teilnehmende Beobachtung half, Hypothesen zu bilden und zu testen sowieerste Konzeptionalisierungen vorzunehmen. Darüber hinaus konntenaufgrund des erreichten Vertrauensverhältnisses zunehmend �PhenomenalInterviews� (Massarik, 1981:203f.) geführt werden. Im Gegensatz zuanderen Interviewformen sind diese von vollkommener Offenheit undgegenseitiger Fürsorge der Gesprächspartner geprägt. Massarik betont, dassin ihnen die Differenz zwischen Interviewer und Interviewten aufgehobenist und die gemeinsame Suche nach Verständnis der Phänomene insZentrum rückt.

Abschließendes Ereignis dieser Phase der Datengenierung war dieOrganisation und Durchführung eines umfassenden Lessons-Learned-Prozesses58 mit allen relevanten Akteuren. In einer Interview-Reihe wurdezunächst die Relevanz verschiedener Issues, die ich in der bisherigenDatenerhebung erarbeitet hatte, getestet. Weitere Issues ergaben sich durchdie Aussagen der Akteure in den Interviews. Im Anschluss daran wurdenalle Issues in einem zweitägigen Workshop aufgegriffen und gemeinsamanalysiert und diskutiert. Daraus wurden Ansätze zum künftigen Umgangmit diesen Problemfeldern erarbeitet (Siemens, 2000).

Dieser Workshop und die anschließende Erstellung einer umfassendenFallrekonstruktion (Trillitzsch/Gibbert, 2000a, 2000b) bildeten denSchlusspunkt meines regelmäßigen Vor-Ort-Aufenthaltes im Feld undverlagerten den Schwerpunkt meiner Arbeit in Richtung Datenanalyse.

Während der Phase der Datenanalyse wurden neue Daten noch punktuellund gezielt hinzugezogen59. Hauptsächlich kamen hierbei �PhenomenalInterviews� zum Einsatz, um Konzeptionalisierungen zu testen und zuneue Konzeptionalisierungen zu validieren. In Verbindung mit dem

58 Lessons-Learned-Prozesse haben sich zu einer leistungsfähigen Methode derWissensgenerierung aus Praxiserfahrungen entwickelt. Ziel ist eine Explizierung undSozialisierung der Alltagstheorien der Akteure, um daraus neue Handlungsoptionenfür die Zukunft gewinnen zu können. Vergleichbare Ansätze zum Lessons-Learned-Prozess sind auch das Project Debriefing (Management Consulting-Unternehmen) oderdie After Action Review (US Army).

59 Vgl. dazu die Idee des �Event Sampling� bei Glaser/Strauss (1967) oder Douglas (1976)

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 161

Abgleich an bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen sicherte diesesRückspiegeln an die Praxisakteure die Qualität der entstandenen Konzepteim Sinne der Grounded Theory.

Die Dokumentation der generierten Daten60 erfolgte über unregelmäßigeAd-hoc-Notizen in einem Feld-Tagebuch und regelmäßige �AnalyticNotes�, die elektronisch vorgenommen wurden. Eine Trennung zwischenbeschreibenden �Descriptive Notes� und separaten analysierenden�Analytic Notes�, wie sie insbesondere für die klassische ethnografischeFeldforschung typisch ist (Geertz, 1973; Adler/Adler, 1987; von Maanen,1989), wurde von mir nicht vorgenommen. Meine Analytic Notesbeinhalteten sowohl die Darstellung der Daten, als auch zugehörigeKategorisierungen und Hypothesen. Im Zeitverlauf verschob sich der Fokuszu analysierenden Inhalten, so dass zuletzt auch neue Notes entstanden,ohne dass ich mich im Feld aufhielt. Die Analytic Notes nahmen damitbereits Elemente der Funktion der Theoretical Memos61, einem Element derTheoriebildung nach der Grounded Theory, wahr.

Für die Entscheidung, den Dokumentationsprozess durch Auslassen desErstellens von Descriptive Notes zu verkürzen, sprachen verschiedeneGründe. Einerseits bestanden prinzipielle Einwände gegen die Anwendungder Vorgehensweise der klassischen Ethnographie zur Datengenerierung.Ethnographie im Unternehmenskontext verlangt in jedem Fall eineabgeänderte Vorgehensweise, und die spezielle Fragestellung hier war füreine ethnographische Arbeit nicht geeignet. Andererseits erschien es beieiner Zeit im Feld von mehr als drei Jahren und der Konzentration auf eherlangfristige Veränderungen nicht zweckmäßig und nicht praktikabel,Descriptive Notes als ersten Schritt der Datendokumentation zu schreiben.Zum ersten sind entgegen ihres Namens auch Descriptive Notes nicht reinbeschreibend, denn auch sie sind geprägt von der Wahrnehmung undSelektion des Forschers (Van Maanen, 1979a:520; Barley, 1990:232; Fine,

60 Die Methodik der Datendokumentation wurde abgesichert, indem sie mehrmals miterfahrenen Feldforschern wie Brigitte Jordan oder Etienne Wenger diskutiert undabgestimmt wurde.

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162 Die Einführung von Wissensmanagement

1993). Zum zweiten wäre es notwendig, sie zeitnah zu erfassen und dies istkaum möglich, ohne die Dynamik des Feldes oder den informellenCharakter vieler Gespräche zu verändern (Leonard-Barton, 1990:255). Zumdritten wäre die Menge an Descriptive Notes über die Laufzeit derFeldphase kaum handhabbar gewesen, da diese im Feld nicht elektronischhätten erfasst werden können.

Vor dem Hintergrund der hier diskutierten Besonderheiten erfolgte dieDokumentation aller generierter Daten in drei Fallstudien-Datenbanken.

1. Die Ad-hoc Notizen bildeten ein Feld-Tagebuch, welches entsprechendder vorgegebenen Struktur eines Buches chronologisch organisiert ist.

2. Die Analytic Notes wurden direkt in einer geeigneten Volltext-Datenbank62 erfasst, wobei sie zugleich mit dem Erstellungsdatumversehen wurden. Dabei erfolgte zugleich eine Überprüfung ihrerVerbindung zu bereits vorhandenen Daten und eine Zuordnung zuinhaltlichen Themensträngen (Yin, 1989a:107). Ebenso wurde einesofortige theoriebezogene Kategorisierung vorgenommen. Mitfortschreitendem Forschungsverlauf wurden zunehmend Querverweisezu anderen Analytic Notes erstellt.

3. Als dritte Säule der Datengenerierung diente eine Datenbank für alleDokumente und Artefakte (Interne Memos und Dokumentationen,Präsentationen, Pressetexte, Dokumente zum Forschungskontext),welche eine zentrale Bedeutung für die Analyse hatten. Durch die engeund langfristige Zusammenarbeit mit den Praxisakteuren erhielt ichumfassenden Zugriff auf interne Dokumente, Verteiler, gemeinsameNetz-Laufwerke sowie das Siemens-Intranet. Die Dokumente konntendementsprechend in Papierform, elektronisch oder in internenDatenbanken vorliegen. Diese Quellen wurden nach Möglichkeit in

61 Siehe Abschnitt 4.3.5.62 Zum Einsatz kam hier eine Asksam5-Datenbank. Sie ist speziell für die Verarbeitung

großer Mengen von unstrukturierten Daten geeignet, da diese einerseits über sehrleistungsfähige Such- und Indiziermöglichkeiten, andererseits über größtmöglicheFlexibilität bei der Dateneingabe verfügt.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 163

elektronischer Form in die Datenbank aufgenommen, um die spätereVerfügbarkeit zu erhöhen. Wenn neue Dokumente hinzukamen, wurdensie zeitnah gesichtet, auf ihre Relevanz bewertet63 und nach ihremErstellungsdatum katalogisiert, um sie später den Notizen und AnalyticNotes zeitlich entsprechend zurechnen zu können.

Entsprechend den Prinzipien der Grounded Theory bildetenDatengenerierung und Datenanalyse keine abgeschlossenen Etappen,sondern gingen ineinander über. Wie beschrieben wurden bereits währendder Datengenerierung Analysen vorgenommen und Konzeptualisierungenvorgenommen, und während der Analysephase wurden zur Validierunggezielt weitere Daten erhoben.

4.4.3 Methoden und Vorgehen bei der DatenanalyseZiel der Datenanalyse ist, mit den generierten Daten des Fallbeispiels, demgebildeten Erfahrungswissen und unter Spiegelung an wissenschaftlicherLiteratur geeignete Konzeptualisierungen zum besseren Verständnis derProblemstellung vorzunehmen. Der wissenschaftliche Anspruch lässt sichdabei unter anderem an einer strukturierten und logischen Vorgehensweiseerkennen. In diesem Sinne wurde hier weitgehend der Vorgehensweise derGrounded Theory gefolgt.

Gemäss der Grounded Theory geschah dies in einem iterativem Prozess ausInduktion, Deduktion und Verifikation.

Die Daten wurden zunächst gesammelt, gesichtet und kodiert. Dieeinzelnen Evidenzquellen wurden durch offenes Kodieren mit Kategorienund Dimensionen versehen. Durch die Kategorien wurde diechronologische Ordnung der Daten aufgelöst und es erfolgte einethematische Zuordnung. Das beim offenen Kodieren entstehendeKategoriensystem wurde einerseits genutzt, um inhaltliche Strängeinnerhalb der Geschichte des Falles erkennbar und nachverfolgbar zu

63 Kriterien hierfür waren der Bezug zur Forschungsfrage, die Quelle bzw. der Verfasserund die Frage, ob die Dokumente neue oder ergänzende Aspekte zu bereits vorhandenDaten enthielten.

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164 Die Einführung von Wissensmanagement

machen. Zum anderen erfolgte dabei eine erste Zuordnung zu theoretischenIdeen. Innerhalb der Kategorien konnten Dimensionen gebildet werden,welche verschiedene Ausprägungen innerhalb der Kategorien kennzeichnen(Strauss/Corbin, 1996:43ff.; Flick, 1995:198ff). Sie dienten zur Generierungvon Hypothesen und bildeten den Auftakt für Interpretationen der Daten.

Diese vorläufigen Konstrukte wurden im zweiten Schritt durchTriangulation und Theoretical Sampling verdichtet und validiert. In dieserPhase der Datenanalyse kamen weitere teilstrukturierte und Interviews undPhenomenal Interviews zum Einsatz, in denen sowohl bestehendeKonstrukte getestet, als auch weitere generiert werden.

Im dritten Schritt wurden sie zu einem Bezugsrahmen verdichtet, welcherim folgenden als Ordnungsschema zur Präsentation der Fallstudie genutztwird.

Abbildung 35: Die Vorgehensweise bei der Theoriebildung

Im einzelnen verlief der Prozess der Datenanalyse folgendermaßen:Während der ersten Wochen wurde ein vorher zusammengestelltes Set vonKategorien genutzt. Damit wurde erreicht, dass von Beginn an die

Generierte Feld-Daten

Phänomene, Kategorienund Dimensionen

• Beobachtungen• Interviews

Rüc

kbin

dung

Rüc

kbin

dung

an

die

Fel

d-D

aten

....

Theorie-

Bildung

Theorie-

BildungForschungs-

beiträge

• Erfahrungen• Dokumente

Theorie-

Bildung

Zusammenhänge undKonzeptionalisierungen

Bezugsrahmen undInhalte

Quelle: eigene Darstellung

• Artefakte• Workshop-Daten

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 165

generierten Daten kodiert werden konnten. Schnell wurde jedoch deutlich,dass die Spezifik des Falles veränderte und weitere Kategorien erforderte.Ebenfalls wurde im Sinne der Grounded Theory versucht, sehr früh mitinterpretierenden und ordnenden Aussagen zu beginnen. Die Strategie, vonAnfang an mit Analytic Notes zu arbeiten, erwies sich dazu als sinnvoll undnützlich. Ebenso sinnvoll erwies sich, Zwischenergebnisse bereits währendder Feldphase in beschreibenden oder konzeptionellen Papers64

zusammenzufassen und mit den Feldakteuren und Wissenschaftlern65 zudiskutieren.

Das offene Kodieren zog sich über die gesamten Phasen derDatengenerierung und Datenanalyse hin. Neu aufgenommene Kategorienerforderten, auch vorherige Notes noch einmal im Hinblick auf dieseKategorien zu überprüfen. Ebenso wurde versucht, Kategorien aufzulösenund zusammenzulegen, um die Anzahl handhabbar zu halten.

Neben der Kategorisierung mittels offenem Kodieren wurde durchselektives Kodieren (Strauss/Corbin, 1996:94ff.) nach Zusammenhängenzwischen verschiedenen Daten gesucht. Damit wurden insbesonderemögliche Korrelationen oder Kausalitäten aufgedeckt und festgehalten. Diehierbei verwendeten Fragestellungen waren:

• Welche Voraussetzungen waren nötig, damit das jeweilige Phänomeneintreten konnte?

• Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem jeweiligen Phänomen?

• Welche anderen Phänomene müssten auch erkennbar sein, damit dievermuteten Zusammenhänge des jeweiligen Phänomens bestätigtwerden?

Da diese Fragen mit der Prozessdimension in Verbindung stehen, lagen diezu verbindenden Notes häufig zeitlich weit auseinander. Die Entscheidung,

64 Siehe Abschnitt 5.3.4.65 Die Community der Doktoranden an der Hochschule St. Gallen und des

Internationalen Doktorandenarbeitskreises �Wissensmanagement� waren dabeiwertvolle Sparrings-Partner.

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166 Die Einführung von Wissensmanagement

alle Notes mit einem Datenbankprogramm zu erfassen, erwies sich hierbeials hilfreich66. Mit Hilfe der Suchfunktion war es leichter, Zusammenhängeherzustellen.

Die Ergebnisse des selektiven Kodierens wurden in einem zweiten Schrittzu theoretischen Notizen oder zu integrativen Diagrammen (dazuStrauss/Corbin, 1996:169ff.; Flick, 1995) ausgearbeitet und erweiterten dieDatenbasis. Nach Möglichkeit enthielten sie Verweise auf die AnalyticNotes, aus denen sie entstanden waren67.

Die entstehenden theoretischen Notizen und integrativen Diagrammenwurden nach den Prinzipien der Grounded Research in den Daten undtheoretischen Erkenntnissen zurückgebunden, um ihre Gültigkeit zuüberprüfen. Die Rückbindung in den Daten konnte erfolgen, indem weitereEvidenz in den vorhandenen Daten gefunden werden konnte(Triangulation) oder indem neue Daten gezielt gesammelt wurden(Theoretical Sampling). Ebenso konnte die Gültigkeit überprüft werden,indem wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen wurden. So umfasstediese Phase der Datenanalyse auch intensive Literaturarbeit, dieVeröffentlichung von Fachartikeln und die Präsentation und Diskussionvon Konzeptpapieren auf wissenschaftlichen Konferenzen68.

Entsprechend der konkreten Forschungssituation und den sich darausergebenden Anforderungen und Möglichkeiten wurde die Methodik derGrounded Theorie nicht nur angewandt, sondern auch angepasst (Strauss,

66 Der Nachteil ist der gegebene Funktionsumfang einer solchen Software. So war es nichtmöglich, zusammengehörige Notes zu gruppieren, um sie später wieder leichtaufzufinden.

67 Allerdings sind nicht alle Notizen und Diagramme direkt auf bestimmte Datenzurückzuführen, denn mit zunehmenden Forschungsfortschritt erfolgte dieTheoriebildung nicht mehr so nah an den Daten. Gemachte Erfahrungen, der Überblicküber die Gesamtheit des Falles und ein sich entwickelndes Gespür für Zusammenhängewaren dann der Auslöser für theoretische Überlegungen, die danach an vorhandenenoder neuen Daten validiert werden konnten. Jean Jackson (1990:21) beschreibt dieseErfahrung bei der Theoriebildung als �I am a Field Note!�.

68 So wurden vorläufige Ergebnisse auf der 8. CEMS Conference 1999 in Barcelona,Spanien, der IX-th EDINEB Conference 1999 in Bergen, Norwegen und der SiemensGroup Knowledge Conference 2000 in München, Deutschland präsentiert.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 167

1991:32ff.). Durch die geschaffene Vertrauensbasis und die engeZusammenarbeit mit den Feldakteuren war es möglich, diese auch in dieDatenanalyse einzubeziehen. Forschungshypothesen wurden gemeinsamdiskutiert oder entwickelt und konnten auf diesem Wege validiert werden.Bewährt haben sich hierbei regelmäßige Forschungsupdates, in denen derZwischenstand der Datenanalyse vorgestellt und Forschungsergebnissedurchgesprochen wurden. Ergebnisse dieser Runden waren Hinweise aufweitere Daten, die Bestätigung oder notwendige Korrekturen meinerBeobachtungen und ein Feedback auf die gebildeten Thesen. Teilweise wares auch möglich, Forschungshypothesen aufzunehmen, in die laufendeWissensmanagement-Einführung zu integrieren und so in ihrer praktischenUmsetzung zu testen.

Neben der Triangulation und dem Theoretical Sampling entwickelte sichdiese kommunikative Validierung (Lincoln/Guba, 1985; Yin, 1989a:143;Flick, 1995) und die gemeinsame Dateninterpretation undKonzeptionalisierung (Schön, 1983; Argyris/Schön, 1993; Lincoln/Guba,1985; Flick, 1995) zu weiteren wesentlichen Säulen der Datenanalyse.

Neben dem Austausch mit den direkten Feldakteuren wurdenForschungsergebnisse auch regelmäßig an die Wissensmanagement-Experten in der CKM69- Community von Siemens zurückgespiegelt. DieseGespräche ergaben oft wertvolle Anregungen für die weitere Analyse.

Im dritten Schritt erfolgte die Verdichtung des Materials. Dabei konnte dieAufbereitung anhand der Kategorien erfolgen, die bis zum Ende derDatenanalyse übrig blieben. Sie bilden die Struktur der Präsentation derFallstudie.

4.4.4 Aufbereitung und Präsentation der ErgebnisseBei der Aufbereitung und Präsentation der Ergebnisse einer Fallstudie mussder Forscher Entscheidungen über folgende Punkte treffen (Stake, 2000:244):

• Wie stark soll der Fall als Geschichte präsentiert werden?

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168 Die Einführung von Wissensmanagement

• Wie viele Vergleiche mit anderen Fällen sollen vorgenommen werden?

• In welchem Umfang sollen Schlussfolgerungen gezogen werden, oderwird dies der Leserin überlassen?

• Wie stark wird in der Präsentation die Person des Forschers und seineRolle als Teilnehmer am Fall thematisiert?

• Wie stark soll der Fall anonymisiert werden?

Insbesondere bei Langzeitstudien erscheint es angeraten, die Präsentationder Ergebnisse nicht erst am Schluss der Studie vorzunehmen (Pettigrew,1990:279; Strauss, 1991:274ff.). So würde die Dokumentation vonErkenntnisfortschritten im Forschungsprozess verloren gehen. Vielmehrkönnen Zwischenstände wertvolle Reflektionsschleifen auslösen und bei derweiteren Analyse hilfreich sein. Im einzelnen unterscheidet Pettigrew(1990:280ff.) in zeitlicher Abfolge (1) The Case as Analytic Chronology, (2)The Diagnostic Case, (3) The Interpretative/Theoretical Case und (4) MetaLevel Analysis across Cases.

1. The Case as Analytic Chronology: Im Zentrum steht die Aufbereitungder Geschichte des Fallbeispiels. Sie dient der Erschließung undPlausibilisierung der Geschichte. Diese Form der Fallstudie ist imwesentlichen beschreibend. Theoriebildung oder verschiedenetheoretische Ebenen werden nicht separiert, die Aufbereitung erfolgtchronologisch.

2. The Diagnostic Case: In der nächsten Stufe wird die strikte Chronologieder Ereignisse aufgelöst. Der Fall wird rekonstruiert, es werdenthematische Zusammenhänge herausgearbeitet und in Form einerDiagnose der relevanten Fallaspekte dargestellt. Diese Stufe dient oft zurDiskussion mit den Forschungspartnern und zum Festlegen der weitererTheoriebildung, deren Grundlage der diagnostic case bildet.

3. Im Interpretative Case oder Theoretical Case werden einzelne,theoretisch interessante Aspekte herausgegriffen und diskutiert. Eigene

69 Corporate Knowledge Management

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 169

Interpretationen und die Theoriebildung unter Einbezug vonwissenschaftlicher Literatur stehen im Mittelpunkt. Obwohl diese Stufebereits theoriegeleitet strukturiert ist, sind die Interpretationen fest inden Daten des Fallbeispiels verankert.

4. Meta Level Analysis across Cases: In dieser Stufe wird der Bezug zumeinzelnen Fallbeispiel und dessen Integrität aufgehoben. DiePräsentation ist rein thematisch organisiert und stellt herausgearbeiteteErgebnisse in den Mittelpunkt. Die Evidenz wird über verschiedeneFallbeispiele und Literaturverweise aufgezeigt.

Entsprechend ihren unterschiedlichen Zielsetzungen folgen diesePräsentationstypen auch unterschiedlichen Ordnungskriterien(chronologisch, entlang von Themensträngen, entlang vonTheoriebausteinen, über Fallbeispiele hinweg) und können so diefortschreitende Theoriebildung widerzuspiegeln (Yin, 1989a:137ff.;Pettigrew, 1990). Auch für diese empirische Langzeitstudie wurdenverschiedene Zwischenstände dokumentiert und veröffentlicht (sieheAbbildung), die Etappen des Theoriebildungsprozesses widerspiegeln.

Forschungsstand BeschreibungThe Case as AnalyticChronology

The Diagnostic Case

The Interpretative/Theoretical Case

Meta Level Analysisacross Cases

• Aufbereiten der Geschichte desFallbeispiels ohne Berücksichtigung derEbenen der Theorie (chronologisch)

• Herausarbeitung von Issues zurVorbereitung weiterer Theoriebildung(überwiegend chronologisch)

• Ablösung von der Chronologie desFalles, Aufgreifen und Diskutiereneinzelner Aspekte (theoriegeleitet)

• Aufheben der Integrität des Fallbeispiels,Diskussion von Theoriebausteinen übermehrere Fallbeispiele (theoriegeleitet)

Veröffentlichung• Berres (1998)• Trillitzsch (1999a)

• Trillitzsch (1999b)• Trillitzsch/ Holz (1999)• Trillitzsch/ Gibbert

(2000a, 2000b)• Gibbert et al. (2001)• Trillitzsch/ Kloster-

meier (2001a, 2002)

• Trillitzsch (2000a)• ...

Quelle: eigene Darstellung unter Verwendung von Pettigrew (1990:280)

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170 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 36: Zwischenpräsentationen der Forschungsstände

Für diese unterschiedlichen Präsentationsformen können gemeinsameAnforderungen formuliert werden, denn alle präsentieren die Ergebnissequalitativer Forschung. Hierbei sind insbesondere die klassischenForderungen nach Verstehen, Glaubwürdigkeit, Wirklichkeitsnähe undLeserverständnis zu nennen (Strauss, 1991:277), die eine qualitative Studieerfüllen muss. Zudem muss der spezifische Erkenntnisbeitrag, den dasgenutzte Fallbeispiel leistet, deutlich gemacht werden. Darüber hinaus wirddarauf hingewiesen (Strauss, 1991:32f.), dass in der Ergebnispräsentationeiner qualitativen Studie auch der persönliche Arbeitsstil des Forschersdeutlich werden sollte, da dieser maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnissehat.

In der Tradition der Grounded Theory sind diese Ergebnispräsentationennicht als abschließend anzusehen. Es sind Theorievorschläge, die derScientific Community zur Diskussion und Prüfung zur Verfügung gestelltwerden. Sie gelten so lange, bis neue Daten vorgelegt werden, dieWidersprüche aufzeigen, oder bis neue Konzeptionalisierungen erarbeitetwerden, welche die untersuchten Phänomene besser beschreiben.

In diesem Sinne stellen auch die Ergebnisse dieser empirischen Studie einenZwischenstand der Forschung dar, welche in der wissenschaftlichenDiskussion ihre Weiterführung findet.

4.4.5 FazitBei einer empirischen Studie über mehrere Jahre ist es notwendig, einenForschungsprozess zu erarbeiten und zu dokumentieren. DieserForschungsprozess ist einerseits zur Organisation der Forschungsarbeitnotwendig, und dient andererseits dem Leser zur besseren Einordnung derForschungsergebnisse.

Der hier verwendete Forschungsprozess nutzte in der Phase derDatengenerierung ein inhaltlich und zeitlich abgestimmtesMethodenportfolio. Die einzelnen Methoden wurden so ausgestaltet und

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 171

eingesetzt, dass zunächst eine Annäherung an den Fall geschah, danach dasGeschehen im Feld aktiv begleitet wurde, und zum Ende der Phase derDatengenerierung wieder Distanz zum Fall aufgebaut wurde. Diesezunehmende Distanz am Ende der Datengenerierung ist notwendig, umwährend der Datenanalyse nicht von der Menge und Komplexität der Datenerdrückt zu werden. In der Phase der Datenanalyse wurde das Vorgehennach der Grounded Theory genutzt. In einem iterativen Prozess ausDatengenerierung, -interpretation und Konzeptionalisierung wurden dieForschungshypothesen immer weiter ausformuliert, validiert undverdichtet und so die Theoriebildung vorangetrieben. Die Ergebnisse derTheoriebildung wurden in unterschiedlichen Reifestufen dokumentiert undmit Praktikern und Wissenschaftlern diskutiert. Die Ergebnisse dieserDiskussionen flossen in die Datenanalyse zurück und konnten so für dieweitere Theoriebildung nutzbar gemacht werden.

4.5 Qualitätssicherung im Forschungsprozess

Mit der Erkenntnis, dass Wahrnehmung, Selektion und Interpretation vonWirklichkeit subjektiv geprägt sind, gewinnt das Thema Qualitätssicherungim Forschungsprozess eine hohe Bedeutung. Vom Forscher dabei zugrundegelegte Vorgehensweisen, Annahmen, Setzungen etc. müssen expliziertwerden, damit ein Forschungsbeitrag vom Leser richtig eingeschätzt undbewertet werden kann.

Konsequenterweise nimmt die Diskussion von Qualitätssicherung gerade inBezug auf qualitative sozialwissenschaftliche Forschung eineaußerordentliche Stellung ein (Miles, 1979; Reason/Rowan, 1981; VanMaanen, 1983; Tsoukas, 1989; Hammersley, 1990a; Leininger, 1994;Denzin/Lincoln, 2000; Flick et al, 2000). Dies ist wahrscheinlich zusätzlichdarin begründet, um mögliche Vorwürfe mangelnder Erfüllung vonQualitätsanforderungen und Wissenschaftlichkeit vorwegzunehmen und zuentkräften (Dreher, 1994; Sutton, 1997).

Die traditionellen Kriterien zur Beurteilung wissenschaftlicherUntersuchung Verallgemeinerbarkeit (Generalizability), Gültigkeit

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172 Die Einführung von Wissensmanagement

(Validity), Zuverlässigkeit (Reliability) und Wiederholbarkeit(Repeatability) sind für objektivistisch orientierte Forschungsarbeitenentwickelt worden und eignen sich nur bedingt für qualitative Arbeiten(Atteslander, 1991; Morse, 1994).

Insbesondere die Anwendbarkeit der Prinzipien der Verallgemeinerbarkeitund der Gültigkeit (Kirk/Miller, 1986; Kvale, 1989; Hammersley, 1990a;March et al., 1991; Flick, 1995) und der richtigen Positionierung imSpannungsfeld von methodischer Strenge versus situativer Angemessenheitund Flexibilität war dabei Gegenstand intensiver Diskussionen (Eisenhardt,1989a; Dyer/Wilkins, 1990; Eisenhardt, 1991).

Zur Verbesserung der Anwendbarkeit bei qualitativen Studien wurdenbereits frühzeitig Adaptionen der traditionellen Kriterien gefordert undvorgeschlagen (Sieber, 1976:1; Guba, 1979; Lincoln/Guba, 1985).

Der Vorschlag von Lincoln/Guba (1985) umfasst die KriterienVertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Übertragbarkeit, Zuverlässigkeitund Bestätigbarkeit, wobei der Vertrauenswürdigkeit eine zentrale Rollezugerechnet wird.

Doch worin liegen konkret die Probleme der Anwendbarkeit dertraditionellen Kriterien für qualitative Untersuchungen? Exemplarisch seidies hier für das Prinzip der Verallgemeinerbarkeit (Generalizability)dargestellt (Yin, 1989a).

Für eine Befragung gilt, dass die Forschungsergebnisse statistischgeneralisierbar sein müssen. Das Sample für die Befragung ist so zu wählen,dass die Ergebnisse auch für größere Populationen gültig sind(Repräsentativität). Fallstudien hingegen müssen eine analytischeGeneralisierbarkeit gegenüber Theorien oder weiteren Daten aufweisen. Soverweist Yin (1989a:21) darauf, dass die Kritik, �das Sample für dieFallstudie wäre zu klein gewählt�, vollkommen den Charakter einerFallstudie verfehlen würde. Vielmehr vollziehe sich die Verallgemeinerungder Fallstudienergebnisse eher durch ein �Reasoning from Case to Case�(Levi, 1948) im Laufe der Zeit.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 173

�The short answer is that case studies, like experiments, aregeneralizable to theoretical propositions and not to populations oruniverses. In this sense, the case study, like the experiment, doesnot represent a �sample�, and the investigator�s goal is to expandand generalize theories (analytic generalization) and not toenumerate frequencies (statistical generalization).�

Im Hinblick auf diese analytische Generalisierbarkeit vergleicht Yin (1981b)die Arbeit bei der qualitativen Unternehmensforschung mit der einesDetektivs (genauso Mintzberg, 1979). Zunächst sind vom Detektiv aus derDatenfülle Annahmen über deren Relevanz zu treffen und die nicht-relevanten Daten auszuschließen. Danach verdichtet er diese Indizien zumöglichen Erklärungen. Aus konkurrierenden Erklärungsansätzen werdendie am wenigsten plausiblen ausgeschlossen, indem ihre Unverträglichkeitmit vorhandenen und neuen Daten untersucht wird.

Van Maanen (1979a:520) verweist darauf, dass diese Detektivarbeit nichterst bei der Datenanalyse, sondern bereits bei der Datengenerierungbeginnt. Deshalb solle bei qualitativen Studien auch nicht vonDatensammlung, sondern von Datengenerierung, gesprochen werden, dennbereits bei der Suche nach den �Fakten� und deren �Beschreibung� wird inder Regel durch den Forscher eine Selektion und Filterung vorgenommen.Deshalb muss im Sinne einer Qualitätssicherung bereits in dieser Phaseeines Forschungsprozesses die Rolle und die Aktivitäten des Forschersreflektiert werden.

Dementsprechend muss eine umfassende Qualitätssicherung Maßnahmenfür alle Phasen des Forschungsprozesses enthalten: von der Wahl undAusgestaltung der Forschungsstrategie, über die Datengenerierung, dieDatenanalyse und Theoriebildung bis hin zur Darstellung derForschungsergebnisse.

4.5.1 Qualitätskriterien der FallstudienforschungAuch speziell für die Fallstudienforschung wurden Vorschläge zurAnpassung der Qualitätskriterien auf die Besonderheiten der

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174 Die Einführung von Wissensmanagement

Forschungsstrategie gemacht (Yin, 1981a, 1984, 1989a; Eisenhardt, 1989a;March et al., 1991; Stake, 1995, 2000). Dabei erarbeitet Yin (1989a:27, 40ff.)ein komplettes Set von Qualitätskriterien vor, welches auf die Anforderungvon Fallstudien zugeschnitten ist. Anhand seiner vier Kriterien wird hierdie Diskussion der Qualitätssicherung in der vorliegenden Fallstudiegeführt.

Als oberstes Qualitätskriterium sollten die Forschungsergebnisse einerFallstudie in Verbindung mit dem Forschungsprozess und dem Fallplausibel sein (Yin, 1981b:61). Diese Plausibilität operationalisiert er in vierKriterien (1989a: 41), an denen sich die Qualität einer Fallstudienforschungbeurteilen lässt:

1. Konstruktvalidität

2. Interne Validität

3. Externe Validität und

4. Zuverlässigkeit oder Reliabilität.

Abbildung 37: Die vier Kriterien bei der Qualitätssicherung der Fallstudienforschung

Quelle: eigene Darstellung, nach Yin (1989:40f.)

Test-Kriterien

• Konstrukt-validität

• InterneValidität

• ExterneValidität

• Reliabilität

Zusammenfassung

• Basiert die Analyse auf einerprofunden Datengrundlage mitden richtigen Kenngrössen?

• Wurde die Analyse anhand vonAbhängigkeiten undKausalketten entwickelt?

• Sind die Ergebnisse der Studieauch für andere Settingsübertragbar?

• Geschah die Studie sosystematisch, dass sie auchvon anderen Forschern mitgleichen Ergebnissenvorgenommen werden Könnte?

Phase der Case-Study-Forschung

• Datensammlung

• alle Phasen

• Datenanalyse• Datenanalyse

• Design derStudie

• Datensammlung

• Datensammlung

Realisierungs-beispiele in dieserStudie

• Relevanzfilter• Review-Zyklen• Review-Workshop• Diskussion im Spie-

gel bestehenderLiteratur & Theorie

• nicht anwendbar,aber Offenlegung desDesigns

• Offenlegung desStudien-Designs

• Elektronische Daten-bank für Artefakteund Analytic Notes

Lösungsvorschläge

• Mehrere Evidenz-quellen und -ketten

• Iterative Zyklen

• Mustervergleich• Kausal- und

Erklärungsketten

• Replikationslogik beimehreren Teilstudien

• XXXX

• Protokollierung beimVorgehen in der CaseStudy

• Aufbaue einer Case-Study-Datenbank

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 175

KonstruktvaliditätDie Konstruktvalidität testet, ob für die zu untersuchenden Phänomenegeeignete Daten genutzt und erhoben wurden. Sie ist damit auch ein Maßdafür, wie profund und systematisch die Datengenerierung für dieFallstudie im Hinblick auf das Forschungsziel erfolgte.

Konstruktvalidität berührt insbesondere die Phase der Planung desForschungsprozesses und der Datengenerierung.

Mit der Planung des Forschungsprozesses werden die Grundlagen für denErfolg der Untersuchung gelegt. In dieser Phase sind folgende Fragen zustellen: Sind die Daten zur Untersuchung der Phänomene geeignet? Werdendurch den Forschungsprozess diese Daten generiert und dokumentiert?Bilden diese Daten eine verlässliche Basis für die nachfolgendeTheoriebildung? Durch die geplante Nutzung mehrerer Evidenz-Quellenund die langfristige Verfolgung der Evidenzquellen im Zeitverlauf (Yin,1989a:41) wurde hier eine dichte und tragfähige Datenbasis geschaffen, diewesentlich zur Konstruktvalidität beiträgt.

Zur weiteren Sicherung die Verlässlichkeit der Datenbasis wurden mehrereReview-Zyklen in den Forschungsprozess eingebaut. Eine sozialeValidierung der Daten erfolgte sowohl direkt nach der Generierung, alsauch im Verlauf der Theoriebildung. So wurden Fallbeschreibungen erstelltund mit den Akteuren diskutiert oder sogar gemeinsam verfasst70. Inregelmäßigen Jour fixes wurden Forschungshypothesen vorgestellt unddiskutiert. Die Diskussion von Zwischenergebnissen in den Jour fixeswurde frühzeitig vorgenommen, denn so konnten Forschungsergebnissefrühzeitig an die Praxis zurückgebunden werden und dieses Feedback indie weitere Arbeit einfließen. Validierungsworkshops mit den Feldakteurenbildeten den Schlussstein der Entwicklung von Konzepten und Theorien.Sie dienten einer abschließenden Prüfung der Relevanz der ausgewähltenPhänomene, der Richtigkeit der zugrunde gelegten Daten und derPlausibilität und Nützlichkeit der daraus gebildeten Theorien.

70 Siehe Abschnitt 4.4.3.

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176 Die Einführung von Wissensmanagement

Doch ein richtig geplanter Forschungsprozess ist nicht ausreichend, um dasKriterium der Konstruktvalidität zu erfüllen. Oft wird gerade während derDatengenerierungsphase dagegen verstoßen (Yin, 1989a:42).Fallstudienforscher laufen Gefahr, zu stark in den Fall �hineingesaugt� odervom Fall instrumentalisiert zu werden. Die Datengenerierung würde dannnur noch zufällig oder subjektiv erfolgen. Damit wird einerseits genau eineStärke der Fallstudienforschung thematisiert, denn sie erlaubt, flexibel mitVeränderungen im Fallbeispiel oder im Forschungskontext umzugehen undnoch während der Datengenerierung Veränderungen oder Erweiterungenam Forschungsprozess vorzunehmen. Doch diese Flexibilität ist direkt mitRisiken verbunden. So droht dadurch der Verlust der reflektierendenDistanz durch Gewöhnung an den Forschungskontext und zunehmendeIdentifikation oder durch die Länge des Aufenthaltes im Feld. BeideFaktoren können zu einer verzerrten Wahrnehmung und zunehmende�blinde Flecke� führen. Diese Gefahr des Verlustes derBeobachtungsdistanz führt zu einer Verwässerung des eigenenRollenmodells (Moser, 1995:56), was von Pettigrew (1990:278) als �Goingnative� bezeichnet wurde. Nicht mehr die Theoriebildung, sondern dieoperativen Probleme des Feldes stehen im Mittelpunkt der Aktivitäten undbestimmen diese.

Verhindert werden kann das Risiko des �Going native� durch einenbewusste Positionswechsel des Forschers zwischen teilhabender Nähe undreflektierender Distanz (Osterloh, 1993:120). So wurde hier imForschungsprozess vom Forscher versucht, während der Feldphase dasRollenmodell transparent zu halten (Yin, 1989a:93). Dies bedeutete offen zulegen, mit welcher Brille (z.B. offene Wahrnehmung, Hypothesenbildung,Theorietest) gerade gearbeitet wurde. Neben der expliziten Rollenklärungwurden auch die Rollenwechsel im Ablauf des Forschungsprozesses sehrdeutlich vollzogen. Für den Wechsel von der Datengenerierungs- in dieTheoriebildungsphase bedeutete dies beispielsweise, den Hauptarbeitsortvom Büro in das Heimbüro zu verlagern und sich konsequent von derTeilhabe am Tagesgeschäft zurückzuziehen.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 177

Weitere Maßnahmen gegen die Gefahr des �Going native� warenregelmäßig geplante Feedbackschleifen mit anderen Wissenschaftlern amInstitut oder in der Wissensmanagement-Community.

Einer zu starken Selbstbezüglichkeit innerhalb des Falles wurdevorgebeugt, indem während der Theoriebildung systematisch Daten ausanderen Fallstudien oder wissenschaftlichen Untersuchungen hinzugezogenwurden. Hier bietet das Prinzip des Theoretical Sampling aus der GroundedTheory die Grundlage, auch andere wissenschaftliche Erkenntnisse in dieFallstudienforschung zu integrieren. So können auch die Ergebnisse desbegleitenden Desk Research nutzbar gemacht werden.

Interne ValiditätDie interne Validität ist eine klassische Forderung an wissenschaftlicheStudien und bezieht sich auf die Eindeutigkeit, Allgemeingültigkeit undGesetzmäßigkeit der aufgezeigten Zusammenhänge zwischen mehrerenVariablen. Damit wird über die interne Validität insbesondere in die Phaseder Datenauswertung und der Theoriebildung entschieden und dortmüssen Maßnahmen zur Sicherung der internen Validität vorgenommenwerden.

In ihrer strengen Form testet sie, ob Wirkung C tatsächlich von Ursache A,nicht umgekehrt und nicht etwa durch einem dritten Faktor (Ursache B)ausgelöst wird (Yin, 1989a:43). Damit erfordert eine strenge interneValidität die Trennung von Beobachtungs- und Kontextfaktoren und dieKontrolle über das Forschungs-Setting (abgeschlossenes System)71. In dieserstrengen Form ist die interne Validität für Experimente oder quantitativeStudien gedacht und in den Sozialwissenschaften kaum anwendbar.

In einer erweiterten Form jedoch ist sie insbesondere bei erläuterndenFallstudien72 als Prüfkriterium sehr hilfreich. Dort eingesetzt überwacht siedie Güte der Zusammenhänge zwischen Variablen und testet, ob wirklich

71 Siehe Abschnitt 4.2.2.72 Siehe Abschnitt 4.3.2.

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178 Die Einführung von Wissensmanagement

begründbare Korrelationen und Abhängigkeitsbeziehungen aufgezeigtwerden und es sich nicht nur um zufällige Zusammenhänge handelt.

Forschungshypothesen und Theorien sollten mehrfach in Daten undTheorien (durch Triangulation) und Argumentationsketten (durch Aufbauvon Chains of Evidence) abgesichert sein, ehe sie als gültig angenommenwerden können. Miles/Huberman (1984) raten deshalb dazu, bei derAnalyse von qualitativen Daten verschiedene Analysetechnikennebeneinander einzusetzen. So sollten insbesondere Musterabgleiche, Testsvon Konditionalzusammenhängen durch weiteren Daten, die Bildung vonKausalketten und die Verfolgung von Variablen im Zeitverlauf in der Phaseder Theoriebildung genutzt werden, um die interne Validität zu erhöhen(Yin, 1989a: 109ff.).

In dieser Studie wurde zur Sicherung der internen Validität die GroundedTheory verwendet, welche genau diese Leistung erbringt. Sie beinhaltet,Forschungshypothesen in vorhandenen und neu erhobenen Datenabzusichern. Dabei nutzt sie eine iterative Vorgehensweise, in welcher sichTheoriebildung und Theorieprüfung abwechseln. Phänomene, welche ausmehreren Datenquellen bestätigt werden, von den Gesprächspartnernbesonders betont werden oder im Zeitverlauf mehrfach auftauchen, werdendurch die Vorgehensweise herausgefiltert und verdichtet. Damit fokussiertdie Grounded Theory die validen und zugleich relevanten Phänomene.

Darüber wurden zurückgespiegelte Erklärungsbausteine in der Praxis einerkommunikativen Validierung (Flick, 1995; Scheele/Groeben, 1988;Groeben/Scheele, 2000) bzw. einem Test unterzogen. AngenommeneZusammenhänge mussten sich durch unterstützende bzw. widerlegendeAnnahmen prüfen lassen. Die Durchsprache von Phänomenen undForschungshypothesen erfolgte dabei nicht nur mit Wissenschaftlern undden Fall-Akteuren, sondern auch mit weiteren Wissensmanagement-Experten des Siemens-Konzerns und aus eingebundenenUnternehmensberatungen. Somit wurde hier nicht nur die interne, sondernzugleich auch die externe Validität der Untersuchung erhöht, denn dieValidierung erfolgte auch an den Erfahrungen dieser Gesprächspartner in

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 179

anderen Wissensmanagement-Projekten innerhalb und außerhalb vonSiemens.

Weitere Forschungsergebnisse wurden im Rahmen von Desk Researchherangezogen. Auch solche wissenschaftlichen Veröffentlichungen sindgeeignet, um die Validitätsvermutung der eigenen Theorien zu verstärkenoder zu entkräften (Eisenhardt, 1989a).

Unterstützend für die interne Validität wirkte auch die Dauer derUntersuchung. In Langzeitstudie können die Annahmen undTheoriebausteine häufiger und aufwendiger in den Daten oder anderenForschungsbeiträgen überprüft werden. Der Forscher entwickelt in ihneneine höhere theoretische Sensibilität (Straus/Corbin, 1996:25ff.). Diese bildetsich aus drei Quellen: aus der Kenntnis der Fachliteratur, ausprofessionellen und persönlichen Vorerfahrungen und aus der intensivenund langfristigen Beschäftigung mit den Daten. Im Zusammenspiel ergebensie ein Gefühl für das tatsächliche Vorhandensein und die Gültigkeit vonZusammenhängen zwischen Variablen. Die theoretische Sensibilität wirktsogar als Korrektiv, denn vermutete Zusammenhänge werden zunächst mitSkepsis betrachtet.

Langzeitstudien bieten mehr und bessere Möglichkeiten für dieSicherstellung interner Validität als punktuelle Untersuchungen oderQuerschnittsstudien, und sie weisen in der Regel auch eine höhere interneValidität auf. Querschnittsstudien jedoch haben Vorteile in Bezug auf dieexterne Validität.

Externe ValiditätDie externe Validität ist ein Prüfkriterium für die Allgemeingültigkeit derAussagen über den einzelnen Fall hinaus. Sie testet, ob die innerhalb einerFallstudie aufgezeigten Zusammenhänge auch über die Grenzen dieserFallstudie hinweg gültig sind. Damit wird auch deutlich, warum in Bezugauf die externe Validität Querschnittsstudien systematisch Vorteile besitzenmüssen. Sie legen bereits durch ihren Forschungsprozess ihrerTheoriebildung mehrere Fallbeispiele zugrunde.

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180 Die Einführung von Wissensmanagement

In Einzelfallstudien kann annäherungsweise auch von externer Validitätgesprochen werden. Wenn die Studie umfassend ist und mehrere�Mikrofälle� umfasst (Eisenhardt, 1991), ist es möglich zu prüfen, ob sichKonzeptionalisierungen und Theorien in anderen Situationen desselbenFalles wiederfinden und somit validieren lassen.

Externer Validität kann auch durch die analytische Generalisierbarkeit derFallstudienforschung sichergestellt werden, denn mit ihr wird einereplikative externe Validierung von Konzeptionalisierungen und Theorienvorgenommen. Das heißt, wenn sich die Ergebnisse einer Einzelfallstudie inanderen Untersuchungen und Veröffentlichungen wiederfinden odereinordnen lassen, kann von externer Validität der Fallstudie gesprochenwerden. Um auch in einer Einzelfallstudie dieses Qualitätskriterium zuerfüllen, ist das Heranziehen von wissenschaftlichen Veröffentlichungenund weiteren Fallbeschreibungen in der Phase der Datenanalyse undTheoriebildung notwendig, (Eisenhardt, 1989a).

Dazu wurden geplante externe Validierungs-Ereignisse (Yin, 1989a:143f.) inden Forschungsprozess integriert. So halfen die Validierungs-Workshopsmit den Akteuren, die Diskussionen der Zwischenstände und dieCommunity-Aktivitäten den Bezug zur Realität andererWissensmanagement-Einführungen herzustellen und diese sowohl implizitals Feedback, aber auch explizit als Quellenangabe in meineForschungsergebnisse einfließen zu lassen. Der begleitende Desk Researchstellte den Abgleich mit anderen wissenschaftlichen Forschungsarbeitensicher.

ReliabilitätDer Test der Reliabilität ist eng mit der Forderung nach objektivenwissenschaftlichen Erkenntnissen verbunden. So fordert die Reliabilität,dass sich diese oder ähnliche Ergebnisse auch finden lassen würden, wennein anderer Forscher die Untersuchung vorgenommen hätte. Damitignoriert diese Forderung die aktive Rolle des Forschers bei der Erfassungund Interpretation der Wirklichkeit und setzt einen durch die Forschungunbeeinflussten Forschungsgegenstand voraus. Somit liegt dieser

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 181

Forderung ein objektivistisches Wissenschaftsverständnis73, welches für diequalitative Forschung nicht konsequent aufrecht erhalten werden kann.Gerade die besonderen Stärken qualitativer Untersuchungen wie dieNutzbarmachung der theoretischen Sensitivität des Forschers für dieTheoriebildung führen zu einer �Observer Dependency� (von Krogh et al.,1994:65), welche das Kriterium der Reliabilität verletzen würde.

Deshalb wurden andere Vorschläge gemacht, welche dieerkenntnistheoretischen Veränderungen besser berücksichtigen. So schlägtHollis (1991) aufgrund erkenntnistheoretischer Überlegungen und Walter-Busch (1996:73ff.) als Resultat einer Analyse aktueller Beiträge derOrganisationsforschung die Nachvollziehbarkeit als adaptiertesQualitätskriterium zur Verwendung in qualitativen Untersuchungen vor.Dieser Meinung wird auch in dieser Arbeit gefolgt, und es wurdenMaßnahmen zur Erleichterung der Nachvollziehbarkeit getroffen.

Nachvollziehbarkeit der Überlegungen für andere Forscher ist am bestengegeben, wenn ein direkter Austausch ermöglicht wird. So wurden in dieserStudie Wissenschaftler und Mit-Doktoranden desDoktorandenarbeitskreises �Wissensmanagement� mehrfach in dieTheoriebildung einbezogen. Die dabei geführten Diskussionen waren einewichtige Quelle für Feedback, Validierung und die gemeinsameWeiterentwicklung von Forschungsideen.

Ist ein direkter Austausch nicht möglich, können andere Forscher dieErgebnisse auch dann besser nachvollziehen, wenn der genutzteForschungsprozess transparent gemacht wird, die dabei getroffenenAnnahmen und Setzungen offengelegt sowie die verwendeten Methodendokumentiert werden (Yin, 1989a:45f.). Darüber hinaus ist es sinnvoll, einesystematische Fallstudien-Datenbasis aufzubauen, welche auch anderenForschern zur Verfügung gestellt werden kann.

Der im letzten Abschnitt vorgestellte Forschungsprozess ermöglichtanderen Forschern einen detaillierten Einblick in das Design und die

73 Siehe Abschnitt 1.2.1.

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182 Die Einführung von Wissensmanagement

verwendeten Methoden dieser Fallstudie. Gemeinsam mit den Fallstudien-Datenbanken74 ermöglichen sie es, die Fallstudie nachzuvollziehen und diedaraus gewonnenen Erkenntnisse zu überprüfen. Beides steht für weitereForschungen zur Verfügung und sichert die Nachvollziehbarkeit dieserFallstudie.

Insofern kann der Autor eine Reliabilität dieser Arbeit nicht sicherstellen,aber fördern. Sie wird sich daran messen lassen müssen, wie gut sich dieseStudie in die laufende wissenschaftliche Diskussion einfügt und wie siedort aufgenommen wird. Doch dies liegt nicht mehr in der Hand undVerantwortung des Forschers.

4.5.2 FazitObwohl in der Vergangenheit Gegenstand intensiver Diskussionengewesen, liegen bis heute noch keine generell anwendbarenQualitätskriterien für die Fallstudienforschung vor. Insbesondere dieForderungen nach Validität und Reliabilität der Ergebnisse sind vor allembei qualitativen Studien nicht uneingeschränkt anwendbar.

Um Wissenschaftlichkeit in der Fallstudienforschung sicherzustellen,wurden andererseits unterschiedliche Lösungsvorschläge erarbeit, welcheeine Annäherung an diese Forderungen darstellen.

Mehrere solche Lösungen wurden in dieser Fallstudie zurQualitätssicherung angewandt. Zu den wichtigsten Vorschlägen zurErhöhung der Validität gehören

• die iterative Arbeitsweise bei der Datengenerierung und Theoriebildungzur Absicherung von Daten und Forschungshypothesen,

• die mehrfache kommunikative Validierung mit Praktikern undWissenschaftlern zum Test von Daten und Konzeptionalisierungen,

• der Einsatz von Theoretical Sampling bei der Theoriebildung zurMehrfachverankerung der Konzeptionalisierungen in Daten,

74 Siehe Abschnitt 4.4.2.

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Forschungsmethodik und Forschungsprozess 183

• die analytische Generalisierung der Theoriebausteine durch denEinbezug von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen im Zuge einesverbundenen Desk Research.

Mit diesen Maßnahmen wurde sichergestellt, dass die gebildete Theorie gutin den Daten, aber auch in anderen wissenschaftlichen Forschungenverankert ist. Mit der Darstellung des Fallbeispiels wird die Basis der vonmir vorgenommenen Konzeptionalisierungen aufgedeckt, was Hinweise aufdie Anwendungsbedingungen der erarbeiteten Ergebnisse gibt.

In Bezug auf die Reliabilität waren die wichtigsten Maßnahmen in dieserStudie

• die Offenlegung und Dokumentation des Forschungsprozesses,

• die Klärung und Offenlegung der Rolle des Forschers in Bezug zumFallbeispiel,

• die Sammlung der generierten Daten in mehreren Fallstudien-Datenbanken und

• die Diskussion von Zwischenergebnissen mit anderen Forschern.

Diese Maßnahmen machen sie meine Setzungen und Vorgehensweisentransparent. So wird es für andere Forscher nachvollziehbar, warum ich zumeinen Ergebnissen gekommen bin.

4.6 Zusammenfassung

Die empirische Studie wird als Langzeit-Einzelfall-Studie durchgeführt,deren Ergebnisse zu einer erläuternden Fallstudie aufbereitet werden.Neben einer umfassende Fallbeschreibung bietet diese Raum für dieInterpretation und Diskussion der Daten. Die Fallstudie zielt darauf, diebeobachteten Phänomene besser zu verstehen, zu systematisieren und zuplausibilisieren.

Wegen des emergenten Charakters einer Wissensmanagement-Einführungwurde eine Langzeitstudie gewählt, da sie eine intensive Teilhabe amFallgeschehen und Beobachtungen im Zeitverlauf ermöglicht.

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184 Die Einführung von Wissensmanagement

Zur Datenerhebung kommt ein Methoden-Portfolio zum Einsatz, in demsich die einzelnen Methoden gegenseitig unterstützen.

Zur Analyse der erhobenen qualitativen Daten eignen sich dieVorgehensweise und die Prinzipien der Grounded Theory und derRekonstruktion. Dazu werden die gebildeten Interpretationen immerwieder durch Abgleich mit den erhobenen und neu zu erhebenden Datengetestet. Die Diskussion der Interpretationen mit den Akteuren desFallbeispiels ergänzen die Verankerung in den Daten durch einekommunikative Validierung. Gemeinsam mit der Einhaltung derQualitätskriterien für die Fallstudienforschung sichert dies eine hoheValidität der Untersuchungsergebnisse.

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 185

5 Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech:Überblick, Kontext und Ablauf

Wir dürfen nicht vergessen, dass Siemensein Spiegelbild der Gesellschaft ist. Und auchdie hat es noch nicht geschafft, den Schrittvon der Industrie- zur Wissensgesellschaft zutun. Hier müssen wir Vorreiter sein. Wirmüssen Rahmenbedingungen schaffen, dieder Zeit der Wissensgesellschaftangemessen sind.75

(Volker Jung, Siemens Zentralvorstand)

Dieses Kapitel stellt die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech inForm einer Fallbeschreibung vor76. Es gibt einen umfassenden Überblickund ermöglicht ein Gesamtverständnis des Falles. Damit bildet es die Basisund den Hintergrund für die Diskussion von wesentlichenEinzelphänomenen im nächsten Kapitel. Das Gesamtverständnis erlaubtdem Leser eine bessere Einordnung der diskutierten Einzelphänomene insGesamtbild und schafft eine theoretische Sensibilität (Strauss/Corbin, 1996),die den Leser vom Betrachter zum Mit-Konstrukteur vonBedeutungszuweisungen macht. Daneben erleichtert die Anonymisierung,Verbindungen zu eigenen Erfahrungen herzustellen.

Deshalb wird versucht, in diesem Kapitel neben den Fakten auch möglichstviel Kontext und �Gefühl� für die Fallstudie zu vermitteln. Nach einemkurzen Gesamtüberblick werden im zweiten Teil die Kontextfaktorenvorgestellt.

Die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech77, einemUnternehmensbereich innerhalb des Siemens-Konzerns, ist eng mit dem

75 Siemens AG, IC Netline, Nr. 4/1999; http://intranet.icn.siemens.de76 Diese chronologische Fallbeschreibung wurde aus der zeitlichen Perspektive des

Sommers 2001 geschrieben, als die Phase der Feldforschung abgeschlossen wurde. Ausder Perspektive des Frühjahrs 2003, dem Abschluss der Dissertation wurde sie um eineBeschreibung des derzeitigen Standes ergänzt.

77 Mit dem Begriff �Telcotech� wird eine fiktive Bezeichnung eingeführt, welche hier fürden Unternehmensbereich verwendet wird. Für die Anonymisierung des Fallbeispielshabe ich mich entschieden, um einen besseren Lesefluss zu ermöglichen und keineFilterung firmeninterner Informationen vornehmen zu müssen. Sie erlaubt zweitens

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186 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissensmanagement im gesamten Siemens-Konzern verbunden. Beide sindverbunden durch den gemeinsamen organisationalen Kontext, denVorgaben von Rahmenbedingungen auf Konzern-Ebene und derEinbindung des Telcotech-Wissensmanagements ins Wissensmanagementdes Konzerns. Deshalb wird zunächst der organisatorische Kontext imKonzern und das Wissensmanagement auf Konzernebene beschrieben.

Im nächsten Teil wird der Prozess der Wissensmanagement-Einführungausgeführt, wobei die grundsätzliche Orientierung chronologisch ist. Hierwerden sowohl die Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen,als auch externe Einflüsse und die Wechselwirkungen zwischen beidenbetrachtet.

Eine Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte beendet das Kapitel.

Abbildung 38: Gliederung der Argumentation in Kapitel 5

dem Leser eine bessere Konzentration auf das Fallbeispiel, indem nicht zum Fallgehörende Erfahrungen mit der Organisation oder ihrer einzelnen Mitglieder leichteraußen vor bleiben können. Drittens sichert sie die Anonymität der agierenden Personenund ermöglicht damit einen offeneren Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen.

5. Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech5. Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech

5.4. Zusammenfassung5.4. Zusammenfassung

5.1. Überblick undVorgeschichte

5.1. Überblick undVorgeschichte

5.2. Kontextfaktoren für dieWissensmanagement-

Einführung bei Telcotech

5.2. Kontextfaktoren für dieWissensmanagement-

Einführung bei Telcotech

5.3. Prozess derWissensmanagement-

Einführung im Zeitverlauf

5.3. Prozess derWissensmanagement-

Einführung im Zeitverlauf

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 187

5.1 Überblick und Vorgeschichte

Bereits seit mehreren Jahren zeichnete sich bei Telcotech die Notwendigkeitsystematischen Umgangs mit Wissen ab. Der Anteil am Projektgeschäftstieg, und die Kommunikation zwischen den in ganz Deutschland verteiltenMitarbeitern nahm zu. Seit Mitte der 90-er Jahre wurde ein Intranet-Angebot entwickelt, was diese Bedürfnisse abdeckte. Doch mit denMöglichkeiten stiegen auch die Anforderungen, und die Schwierigkeiten beider Etablierung einer gemeinsamen Projektdatenbank führte 1996 zurAuseinandersetzung mit der Idee des Wissensmanagements. Ein gezieltesWissensmanagement ergänzend zu einem umfassendenInformationsmanagement wurde als Lösung gesehen, die damaligenstrategischen Zielsetzungen von Telcotech weiter zu verfolgen:

• Verbessern der Bekanntheit und Kompetenz von Telcotech alsLösungsanbieter

• Steigerung der Kunden- und Branchenorientierung

• Erhöhen der Geschwindigkeit und Qualität des Geschäftes durchVerbessern der Geschäfts- und Informationsprozesse im Hintergrund

Als Knowledge Networking sollte das Wissensmanagement das Wissen ausden Köpfen der Mitarbeiter holen, welches dann vomInformationsmanagement entsprechend aufbereitet und im Intranet wiederallen zur Verfügung gestellt werden kann.

Dieser Anspruch wurde im Zuge der Wissensmanagement-Einführungangepasst, denn vor dem Hintergrund der Kontextfaktoren, innerhalb dererdas Wissensmanagement funktionieren sollte, erwies er sich als zumechanistisch gedacht und nicht praktikabel.

5.2 Kontextfaktoren für die Wissensmanagement-Einführungbei Telcotech

Das spezielle Setting der Einführung von Wissensmanagement beiTelcotech ist von vier wesentlichen Kontextfaktoren geprägt. Während (a)der Konzernkontext, (b) der Organisationskontext und (c) der

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188 Die Einführung von Wissensmanagement

Branchenkontext eher statischer Natur sind, ist (d) der geschäftsstrategischeKontext als dynamisch anzusehen, da er sich aus den ersten drei Kontextenergibt und veränderlich ist.

5.2.1 Einbindung in den Siemens-Konzern und in dasWissensmanagement des Siemens-Konzerns

In den mehr als 150 Jahren seines Bestehens hat sich Siemens zu einem derführenden und weltweit größten Unternehmen für Elektrik und Elektronikentwickelt. In derzeit acht thematisch abgegrenzten Arbeitsgebieten werdeneine Vielzahl unterschiedlichster Produkte hergestellt: vom Kraftwerk biszum Hörgerät, von Eisenbahnen, Computern und Glühlampen bis hin zuMobiltelefonen.

Abbildung 39: Die acht Arbeitsgebiete von Siemens

Aufbauend auf die innovativen Produkte bietet Siemens seinen Kundenverschiedene Leistungen an � Produkte, Systeme, ganze Fabriken,Beratungs- und Planungsleistungen, genauso wie Wartungsverträge,Trainings oder den kompletten Betrieb und die Finanzierung der Anlagen.

SIEMENS - Zentralvorstand

Industrie

Finanzdienst-leistungen

EnergieLicht

Bauelemente

Medizin

VerkehrInformation &Kommunikation

ICNIP-basierte

Kommunikation

SBSProfessional Services

ICMMobile Kommunikation

Stan

d: 0

9.19

99

Quelle: Siemens AG (2000)

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 189

Die weltweite Matrixorganisation aus Geschäftsgebieten undVertriebsbereichen bringt eine starke Dezentralisierung mit sich. WährendGeschäftsgebiete für eine bestimmte Gruppe von Produkten undLeistungen weltweit verantwortlich sind, sind die Vertriebsorganisationenregional orientiert.

Einige Zentralstellen, wie z.B. die für Grundlagenforschung,Personalmanagement oder Planung und Controlling, erarbeitenUnternehmensstandards und unterstützen den globalen Zusammenhalt.Verbunden mit der Dezentralisierung der Organisation ist eineDezentralisierung des Wissens, welches im Konzern stark fragmentiert undregional verteilt vorliegt.

Dementsprechend fasste Peter Pribilla, im Zentralvorstand für das HR-Management verantwortlich, in seiner Rede auf der Siemens BusinessConference78 die Aufgabe für den Konzern so zusammen:

�Vorhandenes Individualwissen muss in Systemwissen verwandeltund dann mit Unterstützung der Informationstechnologieunternehmensweit verfügbar gemacht werden. Das ist Aufgabe desKnowledge Managements, und sie wird mit zunehmenderAusweitung unseres Dienstleistungsgeschäftes noch weiter anBedeutung gewinnen.�

Seit Jahrzehnten wird der Umgang mit Wissen bei Siemens mit dem Spruchverbunden: �Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß.� � eineAnforderung, die bei mehr als 440.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternweltweit schwer zu erfüllen ist. Aber das Wissensmanagement bei Siemensversucht, diese Aufgabe pragmatisch zu lösen und das Wissen von Siemensfür die Verbesserung bestehenden Geschäfts und der Entwicklung neuerprofitabler Betätigungsfelder zu nutzen.

78 Rede auf der Siemens Business Conference 1999, veröffentlicht im Siemens-Intranetunter http://intranet.siemens.de

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190 Die Einführung von Wissensmanagement

Ausgehend von den geschäftlichen Anforderungen an einWissensmanagement wurden in den letzten Jahren Wissensmanagement-Initiativen in vielen Geschäftsgebieten gestartet. Diese bunteWissensmanagement-Landschaft mit über 200 einzelnen Projekten undInitiativen wird seit 1996 durch ein virtuelles Netzwerk �CorporateKnowledge Management� (CKM) auf Konzernebene zusammengehaltenund koordiniert.

Das CKM-Netzwerk zielt in erster Linie auf den Erfahrungsaustausch zumThema Wissensmanagement und besteht mittlerweile aus mehr alszweihundert Mitarbeitern aus nahezu allen Geschäftsgebieten,Regionalgesellschaften und Zentralbereichen. Über eine Intranet-Site, eineMailing-Liste und bei den halbjährlichen Treffen präsentieren dieverschiedenen Bereiche ihre Vorgehensweise und stellen diese zurDiskussion. Innerhalb des CKM-Netzwerkes haben sich darüber hinaus seit1998 mehrere Communities of Practice (CoP) zu bestimmten Fachthemenaus dem Wissensmanagement-Umfeld (z.B. Erfolgsmessung, Best PracticeSharing) gebildet. In gezielten Wissensbildungsprojekten wurde das Wissender CoP-Mitglieder aufbereitet und danach dem gesamten CKM-Netzwerkzur Verfügung gestellt.

Die Koordination der CKM-Aktivitäten hatte zunächst ein freiwilligesKernteam übernommen, welches 1998 in einem Vorstandsprojekt eineWissensmanagement-Roadmap für Siemens und eine Vorstandsvorlageerarbeitete. Kernaussage war die Empfehlung, weiter mit der freiwilligenund selbstgesteuerten Community zu arbeiten, zusätzlich jedoch einezentrale Koordinierungs- und Ansprechstelle einzurichten.

Im Herbst 1999 wurde das Unternehmensreferat Corporate KnowledgeManagement als eigenständige Organisationseinheit im Zentralvorstands-Bereich Chief Information Officer gebildet. Das Team ist verantwortlich fürdie Umsetzung und Aktualisierung der Wissensmanagement-Roadmap, dieKoordination und Unterstützung der einzelnen Wissensmanagement-Initiativen im Konzern, die Erarbeitung von Standards und die externeKommunikation des Siemens-Wissensmanagements.

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 191

5.2.2 Kontext der Telcotech-OrganisationTelcotech ist eine der umsatzstärksten Einheiten im Siemens-ArbeitsgebietInformation and Communications mit entsprechender strategischerBedeutung für den gesamten Arbeitsbereich.

Das Arbeitsgebiet Information and Communications umfasst alleAktivitäten von Siemens in den Bereichen Informations- undKommunikationstechnologien. Es gliedert sich in die GeschäftsgebieteInformation and Communication Mobile (z.B. Mobilfunk-Netze, Handy�s),Information and Communication Networks (z.B. IP-Netzwerke, Telefon-Nebenstellenanlagen, Vermittlungssysteme) und Siemens Business Services(z.B. Beratung, Systementwicklung, Outsourcing). Alle drei Bereiche tretenam Markt unter der gemeinsamen Marke �The Solution Provider� auf.

An mehr als 50 Standorten in Deutschland werden von rund 9.000Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Netzwerklösungen für Sprach- undDatenkommunikation für Unternehmenskunden und Netzbetreibervermarktet und gewartet. Der Kundenkreis umfasst mehr als 280.000Kunden, mit denen ein Umsatz in Milliardenhöhe erwirtschaftet wird.Mehrere Vertriebskanäle bearbeiten den Markt geografisch, nachKundengröße und Produktwunsch des Kunden.

Als Vertriebsunternehmen ist Telcotech stark beeinflusst von der Leistungund dem Engagement einzelner Mitarbeiter, die auch als Träger desUnternehmenserfolges angesehen werden. Verstärkt wird diese Sichtweisedurch internen Wettbewerb zwischen den Vertriebskanälen. DieUnternehmenssteuerung erfolgt anhand des realisiertenVertriebsergebnisses, die Ausrichtung des Unternehmens istdementsprechend kurzfristig und operativ geprägt. Ergebnisse müssenschnell sichtbar werden, eine strategische Erschließung des Marktes existiertnur für wenige Kunden oder Marktsegmente. Eine anstehende BusinessTransformation vom Produkt- zum Lösungsverkäufer stellt diesePositionierung des Unternehmens infrage und verstärkt die Bedeutung von

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192 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissen und Zusammenarbeit. Knowledge Management soll die Rolle einer�wesentlichen Säule dieser strategischen Neuausrichtung�79 übernehmen.

Mit Telcotech wurde für die Feldforschung im Rahmen dieserUntersuchung eine seit mehreren Jahren bestehende Konzern-Organisationgewählt, in der vergleichbare Phänomene wie in bereits bestehendenUnternehmen beobachtet werden können. Außerdem führt in einer�etablierten� Organisation die Einführung zu einer �Neuverhandlung� derWertigkeit der verschiedenen Unternehmensfunktionen. Mit einer Größevon rund 9.000 Mitarbeitern bietet sie zudem ausreichend Komplexität, umorganisationale Prozesse im Rahmen der Wissensmanagement-Einführungerforderlich zu machen und deutlich sichtbar werden zu lassen.

5.2.3 Wettbewerbs- und Branchenkontext von TelcotechMit Telcotech wurde eine reine Marktorganisation (ohne Entwicklung undProduktion) ausgewählt, die im Rahmen ihres Wettbewerbskontextes miteiner steigenden Bedeutung von Wissen konfrontiert ist.

Die Branche, in welcher Telcotech aktiv ist � Netzwerk-Ausrüster fürInformations- und Kommunikationstechnologie � befindet sich momentanstark im Umbruch, was eine größere Offenheit für anstehendeVeränderungen vermuten lässt. Die I+K-Industrie (Informations- undKommunikationstechnologie) ist stark durch folgende Faktoren geprägt:

1. Deregulierung: Insbesondere im Bereich der Netzbetreiber (Swisscom,Deutsche Telekom) werden auch in Europa ehemalige Staatsmonopoleaufgebrochen, dereguliert bzw. privatisiert. Dies hat natürlich auchAuswirkungen auf die Anbieter von Ausrüstungen, die ihreVertriebsfunktionen auf die neuen Kundengruppen ausrichten müssen.

2. Konvergenz: Mit dem weiteren Zusammenwachsen der BereicheSprachkommunikation, Datenkommunikation, Informationstechnologieund Medien sehen sich die klassischen Anbieter neuen Wettbewerberngegenübergestellt. Start-up-Unternehmen aus dem Internet-Umfeld (IP-

79 I-01 (18.2.00)

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 193

Netze) nutzen zunehmend diese technologische Plattform (z.B.deltathree.com; net2phone.com), um auch Sprachkommunikation zuermöglichen, was bisher spezialisierten Anbietern vorbehalten war.

3. Globalisierung und Konzentration: In der I+K-Branche fandenKonzentrationsbewegungen sowohl auf der Seite der Anwender (MCIWorldcom und Sprint Telecom, Debitel und Swisscom, Mannesmannund Vodafone Airtouch), als auch auf der Seite der Ausrüster (NortelNetworks und Bay Networks, Lucent Technologies und PhilipsTelekommunikationstechnik) statt. Damit sind aus technologischer Sichtvorher abgeschottete Märkte bereits weitgehend zu einem globalenMarkt zusammengewachsen. Auch in Bezug auf veränderteAnforderungen an der Kundenschnittstelle wird sich diesesZusammenwachsen zunehmend fortsetzen. So kündigte im August 1999Cisco Systems � einer der führenden Internet-Ausrüster � an, sich mitmehr als 1 Mrd. US$ am Bereich Gobal Internet Services von KPMG zubeteiligen, um bis 2001 mehr als 4.000 neue e.engineers aufzubauen(Cisco Systems, 1999).

4. Wachstum: Im Rahmen der steigenden Bedeutung desDienstleistungssektors werden die Bereiche Informationstechnik undKommunikation in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Allerdingswird es � verbunden mit den drei anderen Herausforderungen � zu einerweiteren Ausdifferenzierung innerhalb der Branche kommen, und diebisherigen vertikalen Wertschöpfungsketten werden sich zunehmend inWertschöpfungsnetzwerke verwandeln (beispielhaft für die Computer-Industrie: siehe Markus, 1999:36)

Eine betriebswirtschaftliche Antwort auf diese Veränderungen in derIndustrie besteht für die Ausrüster (in Abgrenzung zu den Netzbetreibern,Service Providern und Mehrwertdienstleistern, die in dieser Forschungnicht betrachtet werden) in der Profilierung zum Lösungsanbieter. Um denschmelzenden Technologievorsprung, den Verlust von Exklusivität durchoffene Schnittstellen und den fortschreitenden Preisverfall aufzufangen,sollen zusätzliche Ertragspotentiale in den Bereichen Systemintegration,

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194 Die Einführung von Wissensmanagement

Beratung, Training oder Outsourcing erschlossen werden. Verglichenwerden kann diese Strategie mit der Entwicklung von Systemhäusern imBereich Informationstechnologie in den 80-er Jahren.

5.2.4 Geschäftsstrategische Ausrichtung als dynamischeAnpassung an die Kontextfaktoren

Eine solche Transformation zum Lösungsanbieter hat tiefgehendeKonsequenzen für das Agieren der Mitarbeiter (Bonart, 1999:95ff.) und dieAufstellung des gesamten Unternehmens, da hierbei bis hin zur ValueProposition und dem Geschäftsmodell das gesamte Unternehmen betroffenist. Bedingt durch den steigenden Anteil von Gedankenleistungen,Projektarbeit und der Spezialisierung in der Vertriebsorganisation steigtauch die Bedeutung von Wissen im Lösungsgeschäft im Vergleich zumProduktgeschäft. Die mit dem Übergang zwischen den Geschäftsmodellenverbundene Transformation und Systematisierung desWissensmanagements soll in der Dissertation untersucht werden. Dafürwerden handlungsleitende Theorien der Akteure und Muster imImplementierungsprozess herausgearbeitet, Kategorien undRahmenbedingungen zur Beschreibung erarbeitet, derImplementierungsprozess systematisch beschrieben sowie Vorschläge fürStellgrößen (Treiber und Enabler) gemacht.

Veränderung der Kundenanforderungen: Höhere KomplexitätAngetrieben durch die wachsende strategische Bedeutung vonKommunikation und der zunehmenden Konvergenz in denKommunikationstechnologien in den letzten Jahren verschob sich derGeschäftsfokus bei Telcotech immer stärker vom einfachen Produktgeschäfthin zum komplexen Lösungsgeschäft. Im typischen Produktgeschäft ist eineKundenanfrage oft mit der kompletten technischen Spezifikation derbenötigten Produkte versehen. Im Lösungsgeschäft dagegen wurdeTelcotech schon früher einbezogen und die Kundenbeauftragten bereits inder Phase der Problembestimmung vom Kunden angesprochen. �Ichmöchte meine Kundennähe erhöhen � wie kann mich Telcotech dabei

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 195

unterstützen?�, stellt eine Problemstellung dar, mit der Kundenbetreuerheute von innovativen Kunden konfrontiert werden kann. Doch dieskönnen schon morgen Standard-Kundenanfragen sein, und dieseMarktdynamik hat fundamentale Konsequenzen für das zukünftigeGeschäft bei Telcotech.

Geschäftspolitische Konsequenz dieser Veränderung: Lösungsgeschäftals strategischer HebelDer Vertriebsbeauftragte musste also in der Lage sein, gemeinsam mit demKunden dessen Problemstellung zu strukturieren, kundenspezifischeLösungsansätze herauszuarbeiten und den Kunden durch dieImplementierungsphase der vorgeschlagenen Problemlösung zu leiten.

Dieses Vorgehen startet oft mit dem Bezug der Problemstellung desKunden zu seinen Geschäftszielen, aus denen dannKommunikationsanforderungen formuliert und mit dem heutigen Statusverglichen werden. Danach werden neue Kommunikationsflüsse entwickeltund eine dementsprechend geeignete Technologieplattform ausgewählt.

Diese Technologieplattform sollte die notwendigen Kommunikationsdienste(wie z.B. E-Mail, Telefonat, Fax, Voice Mail) erlauben und gleichzeitigvorhandene Dienste (wie z.B. SAP) unterstützen. Außerdem sollte sie diebereits vorhandene Technik einbinden können, um bereits getätigteInvestitionen zu schützen. Nach der Installation müssen noch Anschlüssezu den bestehenden Systemen hergestellt werden und die Mitarbeiter desKunden mit den Möglichkeiten der neuen Kommunikationsdienste undArbeitsabläufe vertraut gemacht werden. Um den Austausch vonfundiertem Erfahrungswissen zu fördern, welches notwendig ist, umumfassende Projekte erfolgreich abschließen zu können, muss dieOrganisation und das Management bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

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196 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissensmanagement als Voraussetzungen für das LösungsgeschäftBei Telcotech hat man sich dafür entschieden, den anspruchsvollen Wegvom �Boxenverkäufer80� zum Anbieter von Lösungen undSystemintegration zu gehen und die notwendigen Voraussetzungen zuschaffen. Konsequenterweise mussten bisherige Grundannahmen desVertriebsgeschäfts in Frage gestellt werden. Die klassischeVertriebsorganisation war stark wettbewerbsorientiert organisiert,Kooperation und Teamleistung waren nicht notwendig. Wissensaustausch,obwohl schon damals eine kritische Erfolgsgröße im Vertrieb, wurdetypischerweise über enge persönliche Beziehungsnetze mit einzelnenbefreundeten Kollegen gepflegt, die langfristig stabil blieben. EinWissensaustausch über die Grenzen der eigenen Vertriebsregion hinwegwurde nicht benötigt und fand deshalb kaum statt.

Abbildung 40: Notwendigkeit systematischen Wissensmanagements bei Telcotech

80 Boxenverkäufer wurden bei Siemens Verkäufer genannt, die keine kundenspezifischenLösungen, sondern nur standardisierte Produkte anbieten.

DigitalisierungundKonvergenz

Globalisierungund

Deregulierung

SchnelleInnovations-und Marktzyklen

Exponentiellsteigende

Kommunikation

???

• Fragmentierung des Wissens• Sinkende Halbwertzeit des Wissens• Hoher Anteil an Erfahrungswissen

Quelle: Siemens AG (2000)

• Zunehmendes Projektgeschäft• Steigender Umsatzanteil durch

Dienstleistungen, Systemintegration undAfter-Sales-Services

• Wachsende Heterogenität derMitarbeiterlandschaft

• Verquickung von technischem undkaufmännischem Lösungswissen

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 197

Das Geschäftsmodell des Lösungsgeschäfts basiert auf der Integration hochspezialisierten, aber verstreut vorliegenden Wissens. Es erfordertumfassendes Wissen über die Geschäftsprozesse der Kundenunternehmen,Technologiewissen und Kenntnisse von Beratungsmethoden. Außerdem istein einfacher Zugriff auf bereits realisierte Lösungen und gemachteErfahrungen in ähnlichen Problemstellungen notwendig. Diese Breite undTiefe an Wissen konnte von einem einzelnen Vertriebsmitarbeiter nichtmehr hinreichend bewältigt werden. Auch im Austausch mit befreundetenKollegen war das benötigte Wissen oft nicht mehr in der notwendigenQualität beschaffbar. Damit wuchs die Bedeutung der Wissensvernetzungüber bestehende persönliche Beziehungsnetzwerke hinaus, denn aufbenötigtes Wissen musste durch den projektbezogenen Aufbau vonWissensnetzen organisationsweit ad hoc zugegriffen werden können. Dieskonnte zum einen durch Zugriff auf dokumentiertes Wissen, zum anderendurch die direkte Zusammenarbeit mit den jeweiligen Wissensexpertenerreicht werden. Damit wurde ein systematisch betriebenes Managementdes Zugriffs auf Wissensinhalte und Wissensträger sowie die Schaffungeiner Vertrauensgrundlage für die kurzfristige projektbezogeneZusammenarbeit zunehmend zu kritischen Größen für den Vertriebserfolg.

5.2.5 Zwischenbilanz: Einführung von systematischemWissensmanagement als Konsequenz

Die erfolgreiche Einführung von Wissensmanagement bei Telcotech wurdeso zur geschäftspolitischen Notwendigkeit und erhielt eine grundlegendeBedeutung für die weitere Geschäftsentwicklung. Die starke Arbeitsteilungund zunehmende Spezialisierung, die dezentrale Organisation mit ihrenvielen Geschäftsstellen und das lokal vorliegende Wissen machten einesystematische Vernetzung des Wissens unumgänglich. Verschärft wurdedies durch den hohen Anteil von implizitem Erfahrungswissen, welchesbesonders schwierig zu teilen und auf neue Mitarbeiter zu übertragen ist.

Der Wissensmanagement-Erfolg war also abhängig von einerzielgruppenorientierten Vorgehensweise, bei der die speziellen

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198 Die Einführung von Wissensmanagement

Grundannahmen des Vertriebs berücksichtigt und integriert werdenmussten.

Die Bedeutung des Wissensmanagements für Telcotech wird deutlich, wenndessen Geschäftsführer betont:

"Wissensmanagement bei Telcotech ist nicht nur bei der Umsetzungunserer Geschäftsstrategie wichtig, es ist vielmehr selbst eine tragendeSäule der Strategie.�

5.3 Prozess der Wissensmanagement-Einführung imZeitverlauf

Basierend auf diesen Kontextfaktoren ergab sich die Vorgehensweise, diebei der Wissensmanagement-Einführung verfolgt wurde. Im ersten Schrittbestimmte ein Definitionsprojekt die Ausgestaltung desWissensmanagements, im zweiten Schritt wurden in einemImplementierungsprojekt diese Ausgestaltungsvorschläge umgesetzt unddaran anschließend übernahm ein neu gebildeter FunktionsbereichWissensmanagement die Steuerung und Weiterentwickelung der laufendenAktivitäten81.

81 Die Reflektion der Vorgehensweise geschah in einem fortlaufenden Dialog zwischenden Wissensmanagement-Verantwortlichen von Telcotech und dem Autor. NachAbschluss eines gemeinsamen Case Writing-Prozesses (zur angewandten Methodik:Probst, 2000) mit Unterstützung eines externen Coaches im Frühjahr 2000 wurdedaraus eine Fallstudie zusammengestellt und publiziert (Trillitzsch/Gibbert, 2000a,2000b).

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 199

Abbildung 41: Die Phasen der Knowledge Networking-Einführung

5.3.1 Weichenstellung für die Wissensmanagement-Einführung: Das Strategie- und Definitionsprojekt

Die Wissensmanagement-Initiative bei Telcotech startete im Herbst 1997mit dem Projekt �Knowledge 2000�. Ziel des fünfmonatigenDefinitionsprojektes war es, Ansatzpunkte für ein systematischesManagement des Wissens zu identifizieren und deren Ausgestaltungfestzulegen. Das Einführungs-Konzept sollte dabei auf die Bedürfnisse derGeschäftsstrategie und die Anforderungen der Unternehmenskultur beiTelcotech ausgerichtet sein.

Die Leitung von �Knowledge 2000� übernahm Susanne H., die zumProjektstart aus einem anderen Siemens-Bereich zu Telcotech gewechselthatte, gemeinsam mit dem Abteilungsleiter für Informations- undKommunikationsmanagement bei Telcotech. In der Analysephase setztesich das Projektteam aus insgesamt fünf Mitarbeitern aus Vertrieb undService zusammen, wobei nicht alle Vertriebskanäle im Projekt vertretenwaren. Außerdem unterstützten bis zu fünf Kollegen aus wichtigen

Vertrieb:Aufbau von Lösungs-kompetenz durch den Austausch von Projekterfahrung

Service:Steigerung von Qualität,Kundenzufriedenheit und Serviceeffektivität durch Verbesserung des Knowhow-Transfers

Wis

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basi

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2000

1997-1998

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t1996-1997

Technische Grundlagen/ Vorarbeiten

KonzeptionelleGrundlagenund Piloten

Einführungs- und Überzeugungsarbeit

Quelle: Siemens AG (2000)

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200 Die Einführung von Wissensmanagement

Partnerbereichen wie z. B. Personal- oder Informationsmanagement sowieinterne Experten das Projekt mit einer Kapazität von ein bis zwei Tagen proWoche.

In regelmäßigen Lenkungsausschuss-Sitzungen wurdenZwischenergebnisse und Erkenntnisse vorgestellt und die weitereVorgehensweise im Projekt besprochen. Der Lenkungsausschuss setzte sichdabei nicht nur aus den Leitern des Vertriebsbereiches zusammen, sondernumfasste auch die Leiter wichtiger interner Partnerbereiche sowieWissensmanagement-Experten.

Strategische Implikation: Wissensmanagement als KnowledgeNetworkingDie Analysephase verdeutlichte, dass die überregionale Vernetzung zumAustausch von Projekterfahrungen den besten strategischen Hebel zurFörderung des Lösungsgeschäfts und damit zur Generierung von schnellsichtbaren Erfolgen bot. Innerhalb der sechs deutschen Vertriebsregionenerfolgte der Wissensaustausch größtenteils durch langfristig stabilepersönliche Netzwerke. Das bereits gut ausgebaute Intranet stellte denInformationsfluss von der Zentrale in die Vertriebsregionen sicher. Aberüber die Grenzen der einzelnen Vertriebsregionen hinweg gab es keineUnterstützung, um schnell und gezielt auf Erfahrungen bzw. dieErfahrungsträger anderer Regionen zugreifen zu können. Eine besondereNotwendigkeit zur überregionalen Erfahrungsvernetzung wurde für dieBereiche Vertriebswissen und Kundendienstwissen identifiziert.

Zwei Grundannahmen bestimmten deshalb das generelle Design derWissensmanagement-Initiative. Erstens: Aufgrund der gestiegenenKomplexität des Geschäfts kann nicht mehr jeder Mitarbeiter alles wissen.Er muss sich dieses Wissen fallbezogen � oft Just in Time � besorgenkönnen. Zweitens: Das Wissen im Lösungsgeschäft ist typischerweise sehrstark von persönlichen Erfahrungen und implizitem Wissen bestimmt undhat nur eine kurze Gültigkeitsdauer.

Um die spezifische Positionierung und Ausgestaltung desWissensmanagements bei Telcotech als (überregionale) Wissensvernetzung

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 201

deutlich zu machen, wurde für die Wissensmanagement-Initiative bewusstder Name �Knowledge Networking� (KN) gewählt, und als Markenzeichender Initiativen wurde die Vorsilbe �KN-� vorangestellt. Erklärtes Ziel wares, ein �schwingendes Netzwerk des Wissens� zwischen allenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Telcotech zu schaffen, also ein Netz,das relevantes Wissen aller aufnimmt und auch allen wieder zur Verfügungstellt.

Strategische Implikation: Konzentration auf die Vernetzung derWissensträgerDie Erkenntnisse der Analysephase machten neben der Fokussierung aufWissensvernetzung deutlich, dass Kodifizierungsstrategien (das Ablegendes Wissens in Datenbanken) nur für spezielle Wissensgebiete sinnvoll sind.In jedem Fall müssen solche Ansätze durch eine Vernetzung dereigentlichen Wissensträger unterstützt werden. Weil sich � wie oben gezeigt� das Wissen schnell verändert, müssen sich die Wissensträger ständigweiterbilden, um auf dem Laufenden zu bleiben. Weil dieses Wissen nur inderen Köpfen immer auf dem aktuellsten Stand ist, soll es nach Möglichkeitauch dort �gespeichert� bleiben. Das Knowledge Networking bei Telcotechwurde also bewusst ausgestaltet als Vernetzung von Wissensträgern mitFokus auf Erfahrungswissen.

Strategische Implikation: Knowledge Networking als Mix aus kurz- undlangfristigen AktivitätenNeben schnell sichtbaren Erfolgen sollte ein dauerhafterBewusstseinswandel bezüglich der Bedeutung und dem Umgang mitWissen und Wissensnetzwerken eingeleitet werden � die Basis für denlangfristigen Erfolg im Beratungs- und Systemintegrationsgeschäft. Dazuwurden auch die Barrieren für die Entwicklung solcher Wissensnetzeidentifiziert. Im Vertriebsbereich liegen sie primär in der starken Personen-und Wettbewerbsorientierung, im Kundendienstbereich in der hohenBelastung durch das operative Geschäft. BegleitendeKommunikationsmaßnahmen und die Überarbeitung vonFührungsinstrumenten sollten deshalb den persönlichen Nutzen des

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202 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissensmanagements für den Einzelnen herausstellen und so helfen, dieseBarrieren zu umgehen.

Strategische Implikation: Knowledge Networking als Initiativen-PortfolioNeben der Festlegung der generellen Ausrichtung des KnowledgeNetworking als überregionale Vernetzung aller Vertriebsmitarbeiter unterBerücksichtigung der speziellen Barrieren bei Telcotech wurden im Projekt�Knowledge 2000� zunächst ein Portfolio aus vier konkreten Initiativenentwickelt und beschlossen, mit dem die überregionale Wissensvernetzungrealisiert werden sollte. Dies geschah im Bewusstsein, dass die vierInitiativen nicht die komplette Bandbreite der Möglichkeiten zurüberregionalen Vernetzung ausschöpften, so dass später weitere Initiativenfolgen können.

Unterstützt werden sollten die Initiativen durch begleitendeImplementierungsinitiativen, welche auf die Rahmenbedingungen desWissensmanagements wirken.

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KN-Strategieals Beschleuniger

Kommunikations- und Controllingkonzeptals Beschleuniger

Quelle: Siemens AG (2000)

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 203

Abbildung 42: Knowledge Impact Projekte und Implementierungsinitiativen

Insbesondere sind hierbei eine übergreifende Kommunikations- undMotivationskampagne, Trainingsmaßnahmen sowie die Einbindung in diePersonalführungssysteme des Unternehmens angesprochen, welche denErfolg oder Misserfolg eines Wissensmanagement-Programms maßgeblichbeeinflussen.

5.3.2 Mit vier plus drei KN-Initiativen an den Start: DieImplementierungsplanung

Bezugsrahmen der Start-InitiativenDie Ausgestaltung von Knowledge Networking als Portfolio von Initiativeninnerhalb eines gemeinsamen Bezugsrahmens war bewusst gewählt. Essollte nicht eine Wissensmanagement-Maßnahme für die Bedürfnisse allergefunden werden, sondern mit einzelnen gezielten und spezifischenInitiativen auf konkrete Problemfelder eingegangen werden. Eine Staffelungvon unterschiedlichen Fristigkeiten der einzelnen Initiativen sollte zu einemfrüh erkennbaren und lang anhaltenden Nutzen führen. So solltenInitiativen mit kurzfristigem Verbesserungspotential begleitet werdendurch Infrastruktur-Initiativen, welche eine längere Vorlaufzeit erfordern.

Dazu wurden von �Knowledge 2000� zunächst vier wichtige Problemfelderidentifiziert und dazu passende Wissensmanagement-Initiativen entwickelt.Zwei Initiativen zielten auf aktuelle Themen, eine auf den Aufbau einerInfrastruktur zur Wissensvernetzung und die vierte auf ein dynamischenKonzept, welches in der Lage war, den Schwung der Einführung aufrechtzu erhalten.

Kritisch war das Bündeln dieser einzelnen Initiativen. Kommunikativwurde deshalb als �Markenzeichen� allen Initiativen die Vorsilbe �KN-�vorangestellt, um die Zugehörigkeit zum Knowledge Networking deutlichzu machen.

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204 Die Einführung von Wissensmanagement

Inhaltlich in der Spur gehalten wurden die Initiativen durch eine breitkommunizierte Wissensvision einerseits sowie drei begleitendeImplementierungs-Initiativen andererseits.

Die 1997 vom Projektteam formulierte Wissensvision sollte die Verbindungzwischen den einzelnen Aktivitäten deutlich machen und die gemeinsameRichtung vorgeben. Darüber hinaus sollte sie die Mitarbeiter anregen, überweitere mögliche Initiativen nachzudenken. Die Wissensvision hieß:

Wissen ist das Kerngeschäft von Telcotech. Wissen lebt in unserenKöpfen und entwickelt sich im Umgang miteinander weiter. DieseEntwicklung zu fördern und für unser Geschäft zu nutzen, istunsere wichtigste Aufgabe.

Die drei Implementierungs-Initiativen waren KN-Kommunikation, KN-Training und KN-Führungsinstrumente und bezogen sich auf wesentlicheUnterstützungshebel.

Abbildung 43: Das Portfolio der vier plus drei KN-Initiativen zum Start

• Prozess, um das Wettbewerbswissen allerVertriebsmitarbeiter bundesweit zur Verfügung zu stellen

• Prozess zur Sammlung und redaktionelle Bearbeitung vonWissen im Field-Service

• Verzeichnis zur besseren Verknüpfung vonWissenssuchern und Wissensträgern

• Mehrstufiger Teamworkshop zur Teambildung imVertriebsprozess und zur Optimierung der Wissensflüsse

• Integration von Wissensmanagement-Modulen in dieSystemhaus-Trainings

• Integration von KN in Funktionsbeschreibungen undFührungsinstrumenten

• Kontinuierliche Promotion der Bedeutung von KN für denGeschäftserfolg sowie der KN-Aktivitäten

• KN-Mitbewerb

• KN-Servicewissen

• KN-Gelbe Seiten

• KN-Wissensworkshop

• KN-Training

• KN-Führungsinstrumente

• KN-Kommunikation

Quelle: Siemens AG, 2000

Initiative KurzbeschreibungWissens-inhalte undProzesse

Infra-strukturen

Prozesse

Kommuni-kation undVerankerung

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 205

Die ersten beiden Initiativen KN-Mitbewerb und KN-Servicewissen bezogensich auf Problemfelder mit einem hohen operativen Leidensdruck. In beidenFällen handelte es sich um Brüche der Wissensflüsse entlang wichtigerGeschäftsprozesse. Hier sollten �Quick Wins� realisiert werden, mit denender direkte Nutzen von Knowledge Networking deutlich gemacht werdenkann. Die dritte Initiative KN-Gelbe Seiten ist auf ein eher strategischesProblemfeld ausgerichtet, und erforderte den Aufbau einer eigenenInfrastruktur (Entwicklung einer webbasierten Datenbank, zugehörigerProzesse für Benutzung und Pflege sowie begleitende Anpassung vonorganisationalen Rahmenbedingungen). KN-Wissensworkshop als vierteInitiative ist ein Methodenbaukasten für Wissensmanagement-Projekte undschafft die Möglichkeit einer zielgruppenspezifischen Vorgehensweise,welche den Motor von Knowledge Networking bildet. Mit KN-Wissensworkshop sollen immer wieder neue Problemstellungen im Umgangmit Wissen aufgedeckt werden, welche dann zu neuen KN-Initiativenführen können.

KN-MitbewerbDas erste �Quick Win�-Problemfeld ist das Wissen über Konkurrenten, indem ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Vertriebs liegt. Dieses Wissen istdabei weit gefächert und reicht von der strategischen Positionierung, überkurzfristige Marketingstrategien, Aktionspreise bis hin zum�Kleingedruckten� in den Verträgen der Konkurrenz. Über solches Wissenverfügen typischerweise einzelne Kundenbeauftragte, die im täglichenKundenkontakt immer wieder mit Informationen über Konkurrentenkonfrontiert werden. Bisher konnten bestenfalls noch Kollegen imunmittelbaren Umfeld dieser Kundenbeauftragten davon profitieren, jedochbei weitem nicht alle, für die solches Wissen relevant und wertvoll wäre.Ein Redaktionsprozess, der dieses lokale Wissen akkumuliert, selektiert,aufbereitet und dem Vertrieb wieder zur Verfügung stellt, soll kurzfristigeResultate bringen, die sich auch direkt in einem verbessertenVertriebsergebnis widerspiegeln.

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206 Die Einführung von Wissensmanagement

KN-ServicewissenDer zweite �Quick Win� fokussiert auf den Servicebereich. Bei derInstallation und Wartung der verkauften Kommunikationslösungen ist eswichtig, das �Rad nicht mehrmals neu zu erfinden�. Hier konnten dieTelcotech-Servicetechniker bereits auf ein Service-Informations-System (SIS)zugreifen, welche �elektronische Handbücher� und Ratschläge vonServicespezialisten enthält. Doch auch hier zeigte sich, dass darüber hinausviel mehr Wissen in den Köpfen der Servicetechniker und in regionalenInsellösungen vorlag, welches bisher im SIS nur unzureichend abgebildetund nutzbar gemacht wurde. Als Ergänzung soll deshalb einDiskussionsforum den virtuellen Austausch zwischen allenServicetechnikern in Deutschland ermöglichen und so den Wissensflussverbessern. Analog zum Bereich Wissen über Konkurrenten filtert eineFachredaktion aus diesem Forum die besten Tipps und Tricks aus, bereitetdiese auf und stellt sie in den SIS-Datenbanken allen zur Verfügung.

KN-Gelbe SeitenDas deutschlandweite Auffinden von Experten soll durch die dritteMaßnahme erleichtert werden. Jeder Mitarbeiter soll die Möglichkeit haben,in einem elektronischen Expertenverzeichnis nach kompetentenAnsprechpartnern zu suchen und sich selbst mit seinem Wissensprofil(einer strukturierte Zusammenstellung des geschäftsrelevanten Wissens)einzutragen. Das Eintragen und die Pflege des eigenen Wissensprofilsbedeutet für den Benutzer zunächst Zusatzarbeit. Deshalb sollte hier eineLösung gefunden werden, die einfach zu bedienen ist und dievollautomatisch bereits existierende Datenbestände (z.B. aus demelektronischen Firmentelefonbuch) integriert. Außerdem sollte sie eineMöglichkeit zum Verlinken mit bereits existierenden Dokumenten imIntranet und Internet bieten. Die KN-Gelben Seiten sind somit einmittelfristig wichtiges Werkzeug, um ad hoc und fallbezogen Wissensnetzeaufzubauen und so Anforderungen des Lösungsgeschäfts zu realisieren.

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 207

KN-WissensworkshopDie vierte Initiative zielte auf eine Dynamisierung, ein Konzept, mit demder KN-Gedanke am Leben erhalten werden sollte und das inverschiedenen Kontexten einsetzbar war. Mit einem speziellen Workshop-Design sollten es KN-Wissensworkshops auch kleinen Gruppen erlauben,schnell und pragmatisch ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenesWissensmanagement aufzubauen und zu vervollkommnen. Zusätzlichsollte diese vierte Maßnahme den �Motor� von Knowledge Networkingbilden, um langfristig immer wieder neue Problemfelder aufzudecken undsomit den Bedarf für weitere KN-Initiativen sichtbar zu machen.

KN-KommunikationMit KN-Kommunikation sollte das Kennen und das Wollen vonWissensmanagement adressiert werden. Deshalb sollte nicht nur eine reinePromotion der KN-Initiativen erfolgen, sondern zugleich der konzeptionelleHintergrund von Wissensmanagement bekannt gemacht werden. Vorgabefür die KN-Verantwortlichen war, dass in einer Vertriebsorganisation dieKommunikationskampagne genauso professionell sein muss wie die beieiner Produktneueinführung, um die Bedeutung, die dasWissensmanagement einnimmt, deutlich zu machen.

KN-TrainingNeben den Kenntnissen über Wissensmanagement und dieWissensmanagement-Angebote bei Telcotech sollte auch ihre Anwendungerleichtert werden. Deshalb sollten Trainingsmaßnahmen einerseits auf dieNutzung der Tools zielen, und andererseits allgemeine Methoden undTechniken des Wissensmanagements vermitteln. Dabei sollten insbesonderealle neuen Mitarbeiter, die ihre persönliche Arbeitsweise erst nochentwickeln, mit einem Training erreicht werden, um über sie dieveränderten Arbeitsweisen (Nutzen der KN-Gelbe Seiten, aktiveBeteiligung an KN-Servicewissen und KN-Mitbewerb) ins Unternehmen zutragen.

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Eine weiteres Ziel war die Nominierung und Einführung von KN-Multiplikatoren. Diese sollten als kompetente Ansprechpartner vor Ortagieren und wurden dafür besonders geschult.

KN-FührungsinstrumenteSehr deutlich zeigte sich bereits zu Beginn, dass die Aufrufe zurWissensvernetzung nicht durch die offiziellen Führungs- undBeurteilungssysteme konterkariert werden dürfen, da diese wesentlich dasVerhalten der Mitarbeiter bestimmen. Deshalb sollte eine Prüfung undAnpassung der relevanten Führungsinstrumente erfolgen.

5.3.3 Implementierung als Nachvollzug des Erdachten: DerFunktionsbereich �Wissensmanagement�

Die Erkenntnisse der Untersuchung im Definitionsprojekt sowie das darausabgeleitete geplante Initiativenportfolio wurde vom Projektteam in einerabschließenden Lenkungssausschuss-Präsentation vorgestellt. Dazu wurdedie Empfehlung an den Lenkungssausschuss ausgesprochen, dieEinführung von Wissensmanagement weiter voranzutreiben.

Mit dessen Beschluss, den Empfehlungen des Projektteams in jeder Hinsichtzu folgen, wurde das Definitionsprojekt �Knowledge 2000� abgeschlossen.

Zur Verdeutlichung des Commitments zum Wissensmanagement wurdedarüber hinaus beschlossen, den bisherigen Projektstatus aufzuheben undeine eigene Gruppe unter Leitung der bisherigen Projektleiterin für dieweitere Ausgestaltung und Implementierung der KN-Initiativen zu bilden.Die neue Organisationseinheit wurde innerhalb der Abteilung fürInformations- und Kommunikationsmanagement angesiedelt, die vomInitiator und Co-Projektleiter von �Knowledge 2000� geführt wurde.

Die Projektleiterin erhielt vom Lenkungsausschuss den Auftrag, einePlanung für die Implementierungsphase zu erstellen sowie ein neues Teamdafür zusammenzustellen. Gemeinsam mit ihr wechselte ein Werkstudentund ein freier Mitarbeiter aus dem Projekt in die neue Organisation. Dieübrigen Projektmitarbeiter kehrten in ihren normalen Job zurück, sie sollten

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 209

die Implementierung als Multiplikatoren vor Ort unterstützen. Für dieImplementierungsphase sollte das Team durch neue Projekt-Abordnungenaus den operativen Einheiten sowie gegebenenfalls durch temporäreMitarbeit externer Partner unterstützt werden.

Es dauerte ca. drei Monate, bis nach dem Ende des Definitionsprojektes unddem Implementierungsbeginn alle Arbeiten zum buchhalterischenAbschluss des alten Projektes und zur Planung (zeitliche, Meilenstein- undRessourcenplanung) der Implementierung erledigt waren. In dieser Zeitkonnten auch bereits drei neue Projektmitarbeiter aus operativen Vertriebs-und Serviceeinheiten transferiert werden und ihre Einarbeitung im neuenKnowledge Networking Team beginnen.

Aufbau des Implementierungsteams, Konkretisierung der definiertenKN-Initiativen und Vorbereitung des Roll-out�sNachdem das neu zusammengestellte Implementierungsteam (KnowledgeNetworking-Team) arbeitsfähig war, wurde sofort mit derImplementierungsplanung begonnen, denn der deutschlandweite Roll-outder KN-Initiativen sollte zum Beginn des nächsten Geschäftsjahres AnfangOktober 1998 stattfinden. In den sechs Monaten bis dahin mussten alle vierplus drei beschlossenen KN-Initiativen weiter konkretisiert,organisationstauglich realisiert, in Piloten getestet und mit derUnternehmensleitung abgestimmt werden.

Die notwendigen Änderungen in den Geschäftsprozessen für die beidenInitiativen KN-Mitbewerb und KN-Servicewissen wurden weiter detailliert,die dazugehörigen neuen Abläufe wurden entwickelt und mit denVerantwortlichen abgestimmt. Für die im Rahmen dieser Initiativeneinzuführenden technischen Systeme wurden die Spezifikationen erstellt.

Für KN-Gelbe Seiten wurde eine Evaluation der am Markt verfügbarenSoftware-Tools durchgeführt und � nachdem kein Tool alle gestelltenAnforderungen erfüllen konnte � wurde die Entscheidung für eineEigenentwicklung in Kooperation mit einem externen Partner getroffen.

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Nachdem zugleich auch erste Piloten der KN-Wissensworkshops angefragtwurden, wurde deutlich, dass es nicht möglich war, alle anstehendenAufgaben selbst zu erledigen. Zudem zeigte sich während dieser Phase,dass die schnelle �Taktfolge� der Projektmeilensteine, wie sie imDefinitionsprojekt möglich waren, während der Implementierung nichtmehr eingehalten werden konnte. Gründe hierfür wurden in denHerausforderungen des Roll-out�s und der Einarbeitung der neuenTeammitglieder gesehen.

Für zwei wichtige Themenfelder wurde deshalb eine externeUnternehmensberatung hinzugezogen. Einerseits übernahmen sie dieErstellung eines Kommunikations- und Multiplikationskonzeptes und zumanderen die konzeptionelle Arbeit zur Anpassung der Führungsinstrumenteauf die Knowledge Networking-Bedürfnisse.

Die Zwischenergebnisse der Roll-out-Vorbereitung wurden regelmäßig derLeitung von Telcotech präsentiert und die noch anstehenden Aufgaben aufden geplanten Termin ausgerichtet. Folge dieser Taktung war eine hoheFragmentierung und Spezialisierung der Arbeit bei den einzelnenMitarbeitern, die Gesamtperspektive wurde im wesentlichen von derGruppenleiterin überwacht und zusammengehalten.

Trotz der planmäßigen Arbeitsfortschritte musste im Sommer 1998 dergeplante Roll-out-Termin verschoben werden. Durch eine Neuordnung imGesamtkonzern stand eine umfassenden Reorganisation des gesamtenKonzernbereichs, zu dem Telcotech gehört, für Anfang Oktober 1998 an, diemit höchster Priorität und umfassenden Ressourcen vorangetrieben wurde.Um nicht im Strudel dieser Reorganisation unterzugehen bzw. nichtwahrgenommen zu werden, wurde der Roll-out-Termin für KnowledgeNetworking um vier Wochen auf Anfang November 1998 verschoben.

Die Folgen der Reorganisation: Noch einmal nacharbeitenDie Reorganisation brachte jedoch nicht nur eine Verschiebung derImplementierung von vier Wochen, sondern hatte umfassendere Folgen fürdas Knowledge Networking.

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Im Zuge des Konzern-Reorganisationsprojektes wechselte im September1998 mit dem Abteilungsleiter die übergeordnete Verantwortung für dasKnowledge Networking. Günter B. hatte eine neue Funktion im Konzernangeboten bekommen, und Brigitte P., seine Nachfolgerin übernahm zum 1.September seine Aufgaben � und damit auch die Verantwortung für dasKnowledge Networking-Team. Susanne H., die als Gruppenleiterin diedirekte Verantwortung für das Knowledge Networking-Team trug, war zudieser Zeit seit einigen Wochen schwanger und fiel aufgrund vonKomplikationen fast zeitgleich zum Wechsel der Abteilungsleitung fürmehrere Wochen komplett aus.

Währenddessen arbeiteten die restlichen Teammitglieder fieberhaft an derFertigstellung der ersten Version der KN-Gelbe Seiten und den letztenvorbereitenden Arbeiten für die Kommunikationskampagne, um denanstehenden Roll-out-Termin halten zu können.

Die neue Abteilungsleiterin Brigitte P. fand sich also bei der Übernahmeihres Jobs mit einer der heißesten Phase der bisherigen Arbeit desKnowledge Networking Teams konfrontiert. An Dutzenden verschiedenenStellen waren noch Arbeiten abzuschließen. Verschärft wurde dieseangespannte Situation dadurch, dass der Vertrag mit derUnternehmensberatung auslief und deren Aufgaben zusätzlich von denTeammitgliedern übernommen werden mussten.

In den bis zum Roll-out-Termin verbleibenden Wochen gelang es denTeammitgliedern nicht, der neu hinzugestoßenen Abteilungsleiterin einenschnellen und kompletten Überblick sowie ein gutes Gefühl zur bisherigenArbeit im Knowledge Networking zu vermitteln. Die Gründe waren derVerlust der Gesamtperspektive, bedingt durch den Ausfall derGruppenleiterin. Zusätzlich hinzu kam eine extrem hohe Belastung durchoperative Tätigkeiten, welche sich mit dem Wegfall der externen Beraternoch verschärfte.

Weil Brigitte P. somit das nötige Vertrauen in den Erfolg der geplantenImplementierung fehlte, musste sie zunächst Zeit gewinnen, um sich selbsteinen umfassenden Überblick zu verschaffen. Zudem brachte sie einen

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anderen Erfahrungshintergrund mit und setzte so andere Präferenzenzwischen den Aktivitäten als bisher. Als Resultat verschob sie den Roll-out-Termin gleich zweimal; zunächst auf den Jahresbeginn 1999 und später aufden 1. März 1999.

Dieser Zeitraum konnte einerseits genutzt werden, um die vier KN-Initiativen weiter zu verbessern. So wurde eine zweite Version der KN-Gelbe Seiten fertiggestellt, welche vor allem in Bezug auf dieBenutzeroberfläche, aber auch auf die dahinter liegendeWissensstrukturierung maßgeblich verbessert war. Andererseits wurdendurch den Aufschub des Roll-out Termins auch umfangreicheDoppelarbeiten notwendig, da alle Poster, Broschüren etc. für dieKommunikationskampagne mit einem Starttermin versehen und bereitsgedruckt waren bzw. in den internen Publikationen bereits Artikel für diefolgenden Ausgaben angemeldet waren.

Weil sich die Aktivitäten in diesem Zeitraum vorrangig auf die Arbeit aneinzelnen KN-Initiativen bezogen, fand auch eine Fokus-Verschiebung inder Wahrnehmung von der �Dach-Idee� Knowledge Networking auf dieeinzelnen Initiativen statt. Dabei nahmen insbesondere die KN-Gelbe Seiteneine exponierte Stellung ein. Hier waren zum einen im Vorfeld durch dieeigene Softwareentwicklung die höchsten Investitionen angefallen. Zumanderen war das zugrunde liegende Konzept eines �Branchenbuches�allgemein bekannt. KN-Gelbe Seiten war damit die am besten greifbareInitiative. Dagegen waren vor allem die Initiativen KN-Servicewissen undKN-Mitbewerb als gemeinsam zu füllende Rahmenwerke schwererverständlich und das zugrunde liegende Konzept nicht unmittelbargreifbar. KN-Wissensworkshops brachten als reines Vorgehensmodell diegrößte Offenheit und auch Unsicherheit mit sich. Die Initiative erfordertedas meiste Verständnis von Wissensmanagement und stellte damit zumGelingen hohe Ansprüche an die Mitarbeit der operativen Einheiten.

Diese Fokusverschiebung in der Arbeit hin zu den Einzelinitiativenspiegelte sich auch in der Kommunikation des Knowledge NetworkingTeams wider. In den Berichten an die Unternehmensleitung und die

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operativen Einheiten wurde im wesentlichen über Fortschritte bei denEinzelinitiativen informiert, die dahinterstehende strategische Klammergeriet dabei zunehmend in Vergessenheit.

Der nächste Personalwechsel stand bereits zum Februar 1999, also noch vordem anstehenden Roll out Termin an. Die Gruppenleitung des KnowledgeNetworking-Teams wechselte von Susanne H., derenSchwangerschaftsurlaub im März begann, auf Andreas F., der aus einemanderen Konzernbereich neu zu Telcotech kam.

Roll-out: Alles für jedenTrotz dieses erneuten Personalwechsels lief zum 1. März 1999 problemlosdie organisationsweite Kommunikationskampagne und damit derflächendeckende Roll-out von Knowledge Networking an. In allenTelcotech-Geschäftsstellen im Bundesgebiet hingen Poster zum KnowledgeNetworking, jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter fand eine Broschüreund eine persönliche Aufforderung zum Mitmachen vor, ein neuer Bereichim Intranet wurde freigeschaltet, und die vier ersten KN-Initiativen wurdenbundesweit präsentiert und allen zur Verfügung gestellt.

Auch hier standen die KN-Gelbe Seiten wieder am stärksten imRampenlicht, da diese zum schnellen Erreichen einer kritischen Masse anTeilnehmern mit einem attraktiven Incentiveprogramm für die schnellstenEinträge verbunden waren.

Bei Problemen mit der Benutzung der KN-Gelbe Seiten und für allgemeineAnfragen wurde eine eigene Hotline (Telefon- und E-Mail) zur Verfügunggestellt. In Abstimmung mit den internen Trainingsdienstleistern wurdendie Trainings für neue Mitarbeiter bei Telcotech um KnowledgeNetworking erweitert und auch die Trainingsinhalte der Produkttrainingsangepasst.

Darüber hinaus wurde sukzessive begonnen, Mitarbeiter aus allenVertriebsregionen als KN-Multiplikatoren auszuwählen und auszubilden.Als Change Agents vor Ort sollen sie die Knowledge Networking Botschaftbekannt machen und fördern. Dafür standen in den nächsten Monaten eine

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Reihe von regionalen Kommunikationsveranstaltungen auf demTerminkalender.

Während sich im Zuge dieser Kommunikationsveranstaltungen dieInitiativen KN-Gelbe Seiten und KN-Servicewissen immer besserentwickelten und auch rasch die ersten Ergebnisse brachten, zeigten sich beiKN-Wissensworkshop und KN-Mitbewerb Schwierigkeiten mit denUmsetzungsfortschritten.

Bei KN-Wissensworkshops waren noch die Folgen der laufendenUmstrukturierungen zu spüren. Die Resonanz aus den operativen Einheitenwar geringer als erwartet, Verzögerungen bei der Terminvereinbarungverschleppten oder unterbrachen bereits laufende oder vereinbarteDurchführungen. Im Knowledge Networking Team banden aufgrund dernoch immer angespannten Personalsituation die laufenden Aktivitäten allepersonellen Kapazitäten, und für KN-Wissensworkshop konnten keinedauerhaften Kapazitäten freigehalten werden. So wurde ein notwendigesverstärktes und kontinuierliches gezieltes Marketing erschwert, dieInitiative geriet zunehmend in den Hintergrund. Darüber hinaus war eskaum möglich, den direkt und sicher zu erwartenden Nutzen dieserInitiative zu vermitteln, wie dies bei den anderen Initiativen möglich war.Da die Reorganisationsphase noch immer viele Ressourcen band, erschieneine solche Initiative den Verantwortlichen der operativen Einheiten zuungewiss, ressourcenintensiv und nicht dringend. Damit war sie kaum �zuverkaufen�.

KN-Mitbewerb verzögerte sich ebenfalls immer weiter durch die Folgen derlaufenden Umstrukturierung. Vor allem die Abstimmung mit den einzelnenVertriebskanälen gestaltete sich schwierig, notwendige Entscheidungen derVertriebsleitungen wurden verspätet oder gar nicht getroffen. Zudem bautedie Initiative bei der Publikation des gewonnenen Wissens auf ein bereitsbestehendes Mitbewerberhandbuch im Siemens-Intranet auf, welches imZuge der Umstrukturierung überraschend eingestellt wurde. Aus diesenGründen wurde deutlich, dass eine komplette Überarbeitung des Konzeptesvon KN-Mitbewerb notwendig wurde. Diese musste aber zunächst

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aufgeschoben werden, denn in dieser Phase verließ der bis dahin für KN-Mitbewerb Verantwortliche das Knowledge Networking-Team undwechselte in einen anderen Unternehmensbereich.

Auch weitere personelle Veränderungen beeinflussten die weitere Arbeit.Im Juni 1999 nahm Brigitte P., die für das Knowledge Networkingverantwortliche Abteilungsleiterin, ein externes Job-Angebot an und wurdevom Unternehmen mit sofortiger Wirkung freigestellt. Ihr Nachfolgerkonnte zwar intern kurzfristig gefunden werden, war aber noch in seineralten Funktion gebunden und stand erst zum Herbst 1999 zur Verfügung.Wichtige Entscheidungen, wie z.B. zur Wiederbesetzung der freien Stelle imTeam oder zur Weiterentwicklung der Initiativen, wurden deshalb nichtgetroffen. Die schnellen direkten Kommunikationswege zurUnternehmensleitung und den Leitern der operativen Einheiten warendamit auch für mehrere Monate unterbrochen.

Zusammengefasst hatten dieser dreimalige Personalwechsel bei den direktoder übergeordnet Verantwortlichen für Knowledge Networking zwischenSommer 1998 und Sommer 1999 dramatische Folgen für die Arbeit desKnowledge Networking-Teams. Er führte zu einer erheblichenVerschlechterung der Planungs- und Entscheidungssicherheit, welchemehrfache Verzögerungen der Einführung nach sich zog. Weitere Problemeentstanden durch abweichende Prioritätssetzungen dieser unterschiedlichenVerantwortlichen, welche immer wieder neue Konzeptionsschleifen undAnpassungen der KN-Initiativen erforderten. In Folge dessen musste diegesamte Einführungsplanung mehrfach zeitlich und � durch verändertepersonelle und organisatorische Rahmenbedingungen � auch inhaltlichkorrigiert werden. Zusätzlich wurde durch die personellen Diskontinuitätendie direkte Kommunikation mit der Geschäftsleitung von Telcotecherschwert, bis sie schließlich weitgehend zusammenbrach. Als besonderskritisch daran erwies sich, dass das Knowledge Networking Team damitvon den aktuellen Aussagen zur Unternehmensstrategie abgeschnittenwurde und ihre Aktivitäten nicht darauf abstimmen konnte.

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Die Monate, bis der neue Abteilungsleiter zur Verfügung stand, wurdendeshalb vorrangig für den Ausbau und die Weiterentwicklung derbisherigen Initiativen genutzt.

5.3.4 Nach der Implementierung ist vor der Implementierung:Verbesserung und Ausbau der Initiativen

Handwerk: Stille Arbeit und wenig SchlagzeilenDas Fehlen der Führungskraft für fast ein halbes Jahr hatte jedoch nochweitere direkte Folgen. So gab es während dieser Monate kaumMöglichkeiten, notwendige strategische Veränderungen oder Ergänzungenvorzunehmen. Dringend anstehende Personalentscheidungen wie dieBesetzung der offenen Planstellen im Team wurden ebenfalls nichtgetroffen.

Die Arbeit konzentrierte sich darum in dieser Phase auf die Verbesserungdes Reifegrades der einzelnen KN-Initiativen.

Optimierung: Fokus auf Verbesserung des BisherigenSo konnte die Technologie der KN-Gelbe Seiten und damit ihr Nutzenweiter verbessert werden. Es wurde möglich, auch komplexe Abfragen (z.B.nach Wissensgebieten und Niederlassungen) zu stellen. Aufgrund dieserneuen Möglichkeiten nahm die Anzahl der registrierten Nutzer weiter zu.

Die Auswertung der Logfiles erlaubte zudem eine gezieltere Steuerung undKommunikation der Initiative, weitere Wünsche der Benutzer konntenrealisiert werden. Zusätzlich entschied ein weiterer Unternehmensbereich,die vom Knowledge Networking-Team entwickelte Softwareplattform fürein eigenes Expertenverzeichnis einzusetzen, was die Wahrnehmung dieserInitiative noch verstärkte. Der Administrationsaufwand wurde optimiert, sodass zur laufenden Pflege der Software-Plattform kaum noch Arbeitennotwendig waren, die Initiative hatte einen hohen Reifegrad erreicht undbrachte den erwarteten Nutzen. So wurde in dieser Phase im Verständnisvieler Mitarbeiter auch die KN-Gelbe Seiten mit Knowledge Networkinggleichgesetzt.

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Für KN-Servicewissen wurden Schulungen aller Servicetechniker konzipiertund durchgeführt. Dennoch stagnierten die Einträge in die Datenbank.Nachfragen ergaben, dass zwar die Bereitschaft zu Einträgen vorhandenwar, jedoch regelmäßig die Zeit dazu fehlte. Damit erwies sich das Prinzipder Freiwilligkeit als größter Hemmschuh dieser Initiative. EineMöglichkeit, dieses Problem zu lösen, wurde in einem gerade gestartetenumfassenden Projekt zur Produktivitätsverbesserung im Service gefunden.Im Rahmen des Teilprojektes �Servicequalität� wurde KN-Servicewissenneu positioniert, erweitert und mit einem Incentive-System unterstützt.Damit wurde auch für diese Initiative ein Status erreicht, mit dem keineweiteren Entwicklungsarbeiten notwendig waren, sondern nur noch dielaufende Pflege geleistet werden muss.

Die beiden Initiativen KN-Gelbe Seiten und KN-Servicewissen hatten alsobis zum Frühjahr 2000 ihren Regelbetrieb erreicht. Die Prozesse undtechnischen Plattformen waren ausgereift, und es war nur noch dielaufende Pflege und Betreuung sicherzustellen.

Für KN-Mitbewerb wurde ab Oktober 1999 noch einmal Zeit inKooperationsgespräche mit der Vertriebsleitung investiert, das Konzeptangepasst und eine Intranet-Plattform entwickelt. Mit einer Online-Redaktion für Wettbewerbswissen wurde im Februar 2000 eine neueTestphase gestartet. Die ersten Inhalte sind aufbereitet und stehen denVertriebsmitarbeitern im Intranet zur Verfügung.

Seit Jahresbeginn 2000 wurden auch die Erfahrungen aus der Startphase derKN-Wissensworkshops wieder aufgenommen. Das Konzept wurdeüberarbeitet, und die Workshops wurden stärker modularisiert und damitzielgruppenspezifischer wieder angeboten.

Zweifel: Ist das bisher Erreichte ausreichend für die Zielsetzung vomAnfang?Insgesamt wurde immer stärker deutlich, dass mit dem bisherigen Ansatzsolider �handwerklicher� Arbeit keine weiteren Fortschritte bei derWissensmanagement-Einführung zu erreichen sind. Obwohl bei denEinzelinitiativen erhebliche Fortschritte erreicht wurden, führten der

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Abbruch der Kommunikation mit der Geschäftsleitung, fehlende�Schlagzeilen� in der Kommunikation mit den Vertriebsmitarbeitern unddie mehrfachen zeitlichen Verschiebungen dazu, dass die positiveWahrnehmung des Gesamtthemas Knowledge Networking nachließ. BeiLeitung und Mitarbeitern von Telcotech kam Unzufriedenheit mit denbisher erreichten Implementierungsstand auf, der auch durch einzelnekonkrete Erfolgsmeldungen nicht kompensiert werden konnte.

Die besondere Ironie dieser Unzufriedenheit lag darin, dass dieursprünglichen operativen Zielsetzungen, mit denen KnowledgeNetworking im Herbst 1997 angetreten ist, zum Teil sogar übertroffenwurden. So wurde bei KN-Gelbe Seiten ein Nutzungsgrad erreicht, derdoppelt so hoch als geplant war. Die Initiative wurde auch von anderenUnternehmen und in Studien als Benchmark herangezogen.

Die Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Arbeit desKnowledge Networking-Teams und deren Folgen, die Divergenz zwischentatsächlichen Ergebnissen und deren Wahrnehmung, wurde im KnowledgeNetworking-Team als zunehmende Gefahr empfunden. Bei einzelnenTeammitgliedern und später auch im Team löste dies umfassendeReflektionsprozesse darüber aus, worin die Ursachen dieserWahrnehmungsdivergenz liegen und mit welchen Lösungsansätzen dieserGefahr in Zukunft frühzeitig oder sogar vorbeugend begegnet werdenkann.

Erste Ursachen wurden sowohl auf der inhaltlichen Ebene gesehen, als auchim gewählten Einführungs-Ansatz mit langer Definitions- undImplementierungsphase.

Die Konzentration auf die Verbesserung der bisherigen Initiativen und dieErgebnismessung an diesen Fortschritten führte zu einer Verschiebung imFokus und im Rollenmodell der eigenen Arbeit. Ging es zu Beginn derEinführung darum, etwas Noch-Nicht-Vorhandenes zu schaffen und neueAnsätze zu realisieren, verschob sich dies durch die Erfolgsmessung an denEinzelinitiativen zunehmend in Richtung einer Verteidigungshaltung.Wenn die einzelnen KN-Initiativen die Existenzberechtigung des

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Knowledge Networking-Teams darstellten, galt es, diese gegen neuaufkommende Themen und Konzepte abzuschirmen und zu verteidigen.Zudem waren sie mit beträchtlichen Investitionen verbunden, die zuschützen waren. Diese Rollenzuweisung wurde von einigenTeammitgliedern extrem kritisch wahrgenommen, denn sie fokussiertenicht auf die strategische Zielsetzung, sondern auf die Mittel zu derenUmsetzung.

Zum zweiten wurde in dieser Phase immer deutlicher, das dieseVerteidigungshaltung die zukünftige inhaltliche Arbeit einschränkte. Mitdem bisher verfolgten Ansatz wurde zwar ein erster wichtiger Schritt getan,dieser wurde aber als nicht ausreichend angesehen, um auch weiterhin einhohes Implementierungsmoment zu liefern. Zusätzliche Schritte musstenfolgen, sollte das strategische Ziel eines schwingenden Netzwerkes desWissens bei Telcotech erreicht werden.

Zudem zeigte sich, dass die konkrete Ausformulierung der Strategie nichtmehr angemessen für die Situation des Unternehmens war.

Unter anderem durch Marktveränderungen und die Konzernreorganisationhatten sich mittlerweile die Rahmenbedingungen verändert, unter denendie bisherige Wissensmanagement-Strategie entwickelt wurde. Damit warzunächst zu überprüfen, ob die Strategie sowie deren Ausformulierungimmer noch richtig waren und die Vorgehensweise entsprechendanzupassen. Außerdem wurde es als notwendig angesehen, solcheAnpassungszyklen systematisch in die Arbeit zu integrieren.

Vor dem Hintergrund dieser Aspekte wurde Anfang des Jahres 2000 einumfassender gemeinsamer Evaluations- und Strategieentwicklungs-Prozessgestartet. Er umfasste nicht nur die Teammitglieder des KnowledgeNetworking Teams, sondern auch die Führungskräfte sowie die �internenKunden� und verfolgte im wesentlichen fünf Ziele.

1. Erstens sollte der neue Abteilungsleiter optimal eingebunden werden,um das Team, die bisherige Arbeit und die Zielsetzungen kennen lernenzu können.

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2. Zweitens sollte die Fragmentierung und Rollenverschiebung im KN-Team durch die initiativengetriebene Arbeit wieder zurückgeführtwerden.

3. Drittens sollte eine generelle strategische Positionsbestimmung undEvaluation der Arbeit unter den veränderten Rahmenbedingungenerfolgen.

4. Aus der Evaluation sollten Anpassungen abgeleitet und beschlossenwerden, mit welchen die Wissensmanagement-Einführung mit neuerEnergie vorangetrieben werden kann.

5. Zudem bot der Evaluations- und Strategieentwicklungs-Prozess dieMöglichkeit zur Entwicklung, Diskussion bzw. Validierung vonForschungshypothesen für diese Forschungsarbeit.

Der Evaluations- und Strategieentwicklungs-Prozess gliederte sich in dreiPhasen, die in einem zweitägigen Workshop durchlaufen wurden. EinInterview-Zyklus zu Beginn aktivierte die Erinnerung. Mit jedemTeilnehmer wurde ein mindestens einstündiges teilstrukturiertes Interviewgeführt, in dem die individuelle Sicht auf die Arbeit der Vergangenheiterfragt wurde. Dabei wurde bewusst die deskriptive Ebene verlassen unddie Teilnehmer durch den Interviewer angeregt, selbst aktiv normativeUrteile zu aufgetreten Schwierigkeiten und deren Ursachen zu formulieren.Die Ergebnisse der Interviewreihe wurden direkt in die Vorbereitung desWorkshops aufgenommen. Der Workshop selbst widmete sich in derzweiten Phase der gemeinsamen Bewertung der Vergangenheit und in derdritte Phase der künftigen strategischen Planung.

5.3.5 Implementierung neu-gedacht: Welche Rolle können dieWissensmanagement-Verantwortlichen einnehmen, umeine Organisation zu bewegen?

Die Entscheidung, einen Evaluations- und Strategieentwicklungs-Prozessdurchzuführen, wurde vom Knowledge Networking Team sehr positivaufgenommen. Scheinbar bestand bei allen Beteiligten nach der Phase derzweijährigen intensiven Arbeit ein hoher Bedarf an Austausch und

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Reflektion jenseits des Tages- und Projektgeschäftes, um zu neuenstrategischen Überlegungen zu kommen. So wurden die Interviews und derWorkshop mit hohem Engagement betrieben und brachten eine ganze Reihevon neuen Erkenntnissen und konkreten Ansatzpunkten hervor, welche imAnschluss in Aktivitäten übersetzt und sukzessive realisiert wurden.

Die Ergebnisse des Tegernsee-WorkshopsDie wesentlichen im Workshop diskutierten Inhalte lassen sich in zweizentrale Themen zusammenfassen. Zum einen wurde das bisherigeVorgehensmodell hinterfragt und adaptiert, zum anderen wurde eineSystematisierung und Evaluation der Implementierungshebelvorgenommen.

In Bezug auf das Vorgehensmodell vermuteten die Teammitglieder, dasssich die zunächst angewandte Vorgehensweise von unternehmensweitemDefinitionsprojekt mit anschließendem Implementierungsprojekt nichtbewährt hat. Auch die später verfolgte initiativengetriebeneVorgehensweise brachte nicht die erhoffte Dynamik. Der Grund dafürwurde im zunächst zu umfassend gewählten Anspruch gesehen. Diesererforderte eine langfristige Projektplanung, welche die hohe Dynamik imGeschäft und der Organisation vernachlässigte. Auf Veränderungen undStörungen konnte nicht umgehend und flexibel genug reagiert werden. Sogeriet der Implementierungsfortschritt immer wieder ins Stocken oderverlief asynchron zum Unternehmensgeschehen.

Ein zweites Problem wurde in der Trennung der Verantwortlichkeit für dieGeschäftsziele und die Wissensmanagement-Einführung gesehen, welchezwingend zu Interessenkonflikten zwischen dem zentralen KN-Team undden Geschäftsverantwortlichen der operativen Einheiten führte. BeideParteien verfolgten unterschiedliche Ziele, es gelang nicht ausreichend, dieWissensmanagement-Ziele direkt mit den Zielen und Kenngrößen zurSteuerung des Geschäfts zu verbinden.

In der dritten Phase des Prozesses, dem Strategieteil des Workshops, wurdeeine Lösung zur Aufhebung dieser Schwierigkeiten erarbeitet. Eine neue

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Positionierung mit stärkerer Beratungsorientierung soll Abhilfe für diebisherigen Probleme schaffen. Die Geschäftsverantwortlichen solltenunterstützt werden, die von ihnen verfolgten Ziele auch mit Mitteln desWissensmanagements besser zu erreichen, ohne dass die Verantwortung fürdie Auswahl und den Einsatz bestimmter Wissensmanagement-Werkzeugebeim KN-Team liegt. Die Ergebnisverantwortung wird damit bei denGeschäftsverantwortlichen zusammengeführt, während in der Hand desKN-Teams die Verantwortung für die Beherrschung der Methoden undWerkzeuge, deren Weiterentwicklung und die Unterstützung derGeschäftsverantwortlichen für den Einsatz dieser Werkzeuge undMethoden bleibt.

Parallel dazu sollte daran gearbeitet werden, die Auswirkungen desWissensmanagements auf die Geschäftskennzahlen besser sichtbar undanalysierbar zu machen. Als Mittel wurden zum einen das strategischeReporting mit der Balanced Scorecard, zum anderen das Reporting mit denregelmäßigen Mitarbeiterbefragungen identifiziert.

5.3.6 Sofortmaßnahmen: Freimachen von Ressourcen undBildung von Allianzen

Überführung der KN-Initiativen in den RegelbetriebUm die im Workshop beschlossenen Veränderungen in Bezug auf dieEinführungsstrategie zu ermöglichen, mussten in einem ersten Schrittmöglichst schnell die Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu waren diebereits bestehenden Initiativen in einen Regelbetrieb zu überführen, um dieBindung von Ressourcen der Teammitglieder zu reduzieren. Dazu musstezunächst der laufende Wartungs- und Pflegeaufwand minimiert bzw.automatisiert werden. Außerdem war es sinnvoll, die Initiativen soweiterzuentwickeln, dass sie von Mitarbeitern gepflegt werden konnten, dienicht in deren Entwicklung eingebunden waren.

Dies schaffte die Grundlage, auf der in einem zweiten Schritt ihr Betriebkomplett an interne Partner übertragen wurde. So wurde kurzfristig derBetrieb der KN-Gelbe Seiten und die Initiative KN-Mitbewerb komplett

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abgegeben. Der technische und administrative Betrieb von KN-Servicewissen wurde ebenfalls abgegeben, nur das Incentive-System wirdweiter vom KN-Team gepflegt.

In der Verantwortung des Knowledge Networking Team blieben jedocheinige steuernde Aufgaben, die weiterhin sicherstellen, dass die Initiativenprofessionell betrieben werden und die Wissensmanagement-Strategieunterstützen.

Mit diesen kurzfristig wirksamen Aktivitäten wurden personelleKapazitäten im Knowledge Networking-Team freigesetzt, die für dieVerfolgung der neuen Strategie benötigt wurden.

Freimachen von weiteren Ressourcen und Erhöhung der Effektivitätdurch AllianzmanagementNicht nur bei den bestehenden Initiativen, auch bei laufenden und neuenEntwicklungsprojekten wurde nach Möglichkeiten zur sinnvollenEinbindung von Partnern gesucht.

Denn einerseits wurde im Workshop herausgearbeitet, dass es in dervergangenen Arbeit weder effektiv war, Projekte wie z.B.Trainingsmaßnahmen komplett selbst zu entwickeln, noch war es aufgrunddes hohen Koordinierungs- und Nachsteuerungsaufwandes zielführend,deren Entwicklung und Ausführung komplett an Dienstleister zu vergeben.

Gute Erfahrungen wurden hingegen mit Allianzen gemacht. Denn währenddie inhaltliche Kompetenz durch das Knowledge Networking Teameingebracht werden muss, ist es sehr gut möglich, bereits vorhandeneProzesskompetenzen der Allianzpartner zu nutzen. Gleichzeitigermöglichte dies, die Reputation, das bestehende Beziehungsnetzwerk unddie Einbindung in die Geschäftsprozesse des Allianzpartners zu nutzen.Diese Erfahrungen sollten künftig verstärkt und systematisiert werden.

Bei der zum Zeitpunkt des Workshops gerade gestarteten Entwicklungeines Trainings zum persönlichen Wissensmanagement wurde imAnschluss ein dementsprechend gezieltes Allianzmanagement umgehendrealisiert. Hierbei konnte mit einem erfahrenen internen

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Trainingsdienstleister zusammengearbeitet werden, welcher umfangreicheKompetenzen für die Gestaltung und Didaktik von Verhaltenstrainingsmitbrachte, die im KN-Team nicht vorhanden waren.

Der Dienstleister wurde bereits in der Phase der Bestimmung derTrainingsziele und Inhalte eingebunden. Nach der gemeinsamen Erstellungdes Trainingskonzeptes übernahm der Dienstleister die weitereAusarbeitung der Materialien, das Train-the-Trainer sowie die gesamteoperative Abwicklung während der deutschlandweiten Durchführung derTrainings.

Verstärkung durch Koalitionsbildung mit oder Einbringung in laufendeProjekteUm die Umsetzungskraft zu erhöhen, wurden darüber hinaus anderestrategische Initiativen identifiziert, welche Ziele adressieren, für dieKnowledge Networking ein Mittel sein könnte. Mit diesen Initiativen wurdeeine �Vertriebskoalition� gebildet, in der Aktivitäten gebündelt undgemeinsam durchgeführt wurden. Der Hintergrund: Indem diese Initiativenihre Zielsetzung (unter Nutzung von KN) erreichen, erreicht KN seineZielsetzung � und so auch umgekehrt.

Exemplarisch kann hier die Koalition zwischen KN-Servicewissen und derstrategischen Initiative DTS (�Design to Serviceability�) genannt werden, inder dieser neue Ansatz zuerst erprobt wurde. Ein Teilprojekt von DTS hattedie Verbesserung der Servicedokumentation zum Ziel � und damit genaudas, was ein umfassend realisiertes KN-Servicewissen leisten kann.

Es gelang, beide Initiativen so zu verbinden, dass sie sich wechselseitigverstärkten. So konnte DTS die Plattform von KN-Servicewissen nutzenund so den Entwicklungsaufwand für ein eigenes System einsparen. Damitkonnte das Marketingbudget für KN-Servicewissen erhöht und dasIncentivesystem umfangreicher realisiert werden. Auch in derKommunikation traten beide Initiativen gemeinsam auf.

Im Ergebnis wurde die Bedeutung beider Initiativen aufgewertet, dieRealisierungszeit verkürzt und Doppelarbeit vermieden. Beide Initiativen

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 225

verstärkten sich wechselseitig sehr. KN-Servicewissen erhielt durch dieKoalition mit DTS und durch das Incentivesystem so starken Zuspruch,dass die Fachredaktion über Wochen hinweg mit der Editierung dereingehenden Service-Tipps nicht mehr Schritt halten konnte.

Verstärkung der Aktivitäten zur Steuerung und zum StrategischenControllingEin weiterer starken Hebel neben der Bildung von Allianzen undKoalitionen mit anderen Initiativen verspricht die Aufnahme vonKnowledge Networking in die Balanced Scorecard zu werden, die bereitsvor dem Workshop pilotiert wurde. Schon durch die Aufnahme dervorläufigen Kenngröße (�Einträge der relevanten Wissensträger in die KN-Gelbe Seiten�) erhöhte sich die Menge und Qualität der Einträge in wenigenMonaten maßgeblich. Hierdurch wurde deutlich, dass erst der Einbezug insstrategische Controlling und damit in die Strategiedurchsprachen mit derGeschäftsleitung handlungsauslösend für die meisten Mitarbeiter ist.Kommunikations- und Trainingsmaßnahmen können unterstützend wirken,sind aber allein nicht in der Lage, Verhaltensänderungen herbeizuführen.

Aufbauend auf dieser Erkenntnis wurde nach dem Workshop verstärktdarauf hingearbeitet, nicht nur die Steuerung der einzelnen Initiativen zuoptimieren, sondern vor allem das strategische Controlling des KnowledgeNetworkings weiter zu verbessern. Wichtig war dazu, nicht die einzelnenInitiativen, sondern das dahinterstehende Ziel in die Messinstrumenteeinzubauen. Um die vorläufige und initiativenbezogene Kenngröße in derBalanced Scorecard möglichst schnell durch eine bessere Kenngrößeabzulösen, wurde im Anschluss an den Workshop ein übergreifenderIndikator zur Messung der Wissensvernetzung erarbeitet.

5.3.7 Implementierungskraft dauerhaft aufrecht erhalten: Mitdem KN-Indikator und KN-Enabling

Die Realisierung der Sofortmassnahmen schaffte die Voraussetzung für dieUmsetzung der veränderten Umsetzungsstrategie.

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226 Die Einführung von Wissensmanagement

Die neue Strategie ruhte auf zwei wesentlichen Säulen. Einerseits schaffteeine regelmäßige Messung und Berichterstattung der Wissensmanagement-Ergebnisse unternehmensweite Transparenz � und gegebenenfalls dennotwendigen Leidensdruck für Veränderungen. Auf der anderen Seitewurde mit KN-Enabling ein Beratungs- und Betreuungsangebot ausgebaut,um die Verbesserung der Wissensmanagement-Ergebnisse zu unterstützen.KN-Enabling wurde dabei zusätzlich verstärkt durch die zuvor etabliertensowie neue KN-Initiativen, welche nun gemeinsam mit Allianzpartnernvorangetrieben wurden.

Bedingt durch diese Neuausrichtung nahm das Knowledge Networking-Team neben der Rolle des Implementierers auch zunehmend die Rolle einesBeraters sowie eines Gestalters von Rahmenbedingungen ein.

Der KN-Indikator als unternehmensweite Mess- und Steuergröße für dasWissensmanagementDer Probebetrieb mit der vorläufigen Kenngröße (Messung der Einträge indie KN-Gelbe Seiten) hatte gezeigt, dass die Aufnahme einerWissensmanagement-Mess- und Steuergröße in die Balanced Scorecard einwirkungsvolles Instrument ist, um Verhaltensänderungen derOrganisationsmitglieder anzustoßen. Doch wurde hierbei auch deutlich,dass nur eine Kenngröße, welche die Idee des Wissensmanagements misst,geeignet ist, die Verhaltensänderung durch eine kognitive Veränderung zuflankieren. Die reine Verfolgung einer Kenngröße reicht nicht aus, wennnicht zugleich durch qualitative Durchsprachen ihre Interpretationmitgesteuert wird.

So wurde in einem Projekt der KN-Indikator entwickelt, getestet und in dieBerichtsprozesse des Strategiereportings von Telcotech implementiert (dazuauch Klingspor/Klostermeier 2002).

Er sollte nach Möglichkeit auf bereits vorhandene Daten zurückgreifen unddiese nutzen oder die Daten sollten unter Nutzung bereits vorhandenerErhebungsverfahren generiert werden. Damit sollte eine Zusatzbelastungvermieden werden, da die operativen Einheiten bereits über die große Zahlder zu berichtenden Zahlen klagten.

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 227

Der KN-Indikator sollte mindestens zwei Aspekte beinhalten: Einerseits dieVerbesserung ausgehend vom bisherigen Stand, andererseits Entwicklunggegenüber einem definierten Zielwert. Darüber hinaus soll er insofernstandardisiert sein, dass er Vergleiche zwischen den verschiedenenoperativen Einheiten ermöglicht (vgl. auch Parskey/Martiny 2000).

Die Auswertung der Ersterhebung zeigte, dass der KN-Indikator geeignetist, diese Anforderungen zu weiten Teilen zu erfüllen.

Er erlaubt den Geschäftsverantwortlichen vor Ort, eine individuelleVorgehensweise zu wählen, da er eine aggregierte Ergebniskenngröße ist.Er misst insbesondere die Resultate und nicht die eingesetzten Mittel.Allerdings werden für wenige strategische Initiativen, wie beispielsweisebei den KN-Gelbe Seiten, auch die Umsetzung verbindlicher Mittel in derEinheit erhoben.

Der KN-Indikator setzt sich zu je 50% aus einer objektiven und einersubjektiven Komponente zusammen. Die objektive Komponente besteht ausKennzahlen zur Nutzung von Wissensmanagement-Angeboten (20%) undKennzahlung zur Messung der Unterstützungsleistung (30%). So misstbeispielsweise die Anzahl der Abfragen in den KN-Gelbe Seiten dieNutzung, und die Anzahl der Mitarbeitereinträge misst den potentiellenNutzen, also die Unterstützungsleistung der Initiative.

Die subjektive Komponente erfragt die Einschätzung, Beurteilung undZufriedenheit der Mitarbeiter mit dem Wissensmanagement in der Einheit.Während die Daten für die objektive Komponente bereits vorlagen, da sieim Rahmen des Controllings erhoben wurden, musste für die subjektiveKomponente ein neues Erhebungsverfahren installiert werden. Diesgeschah im Rahmen einer regelmäßigen Stimmungsabfrage im Intranet, diedurch einen Wissensmanagement-Teil erweitert wurde. Die Erhebung dersubjektiven Komponente des KN-Indikators erfolgte zum ersten Mal imAugust 2000 und wird halbjährlich wiederholt. Die Onlinebefragung istkeine Vollerhebung, vielmehr wird jeweils ein repräsentatives Sample (nachGeografie, Funktion und Position) aus den Gesamtmitarbeitern gezogenund über E-Mail persönlich angeschrieben. Die Beantwortung des

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228 Die Einführung von Wissensmanagement

Fragebogens erfolgt dann direkt im Intranet und wird anschließendautomatisch ausgewertet. Vom internen Dienstleister, der diesen Prozessanbietet, werden sowohl die Auswertungen, als auch die Rohdaten zurVerfügung gestellt, so dass auch spezielle Auswertungen oder dieMehrfachverwendung der Daten in anderen Untersuchungen möglich ist.

Die Ergebnisse des KN-Indikators dienen der Unternehmensleitung als eineGrundlage in den regelmäßigen Geschäftsdurchsprachen undPlanungsgesprächen mit den Verantwortlichen der operativen Einheiten.Damit stellt der KN-Indikator die Fortschrittsmessung derWissensmanagement-Einführung auf eine abgesicherte Datenbasis.Zugleich wird die Wissensmanagement-Einführung regelmäßigthematisiert und erhält höhere Aufmerksamkeit beim Management.

KN-Enabling als Vorgehenskonzept für die Betreuung und Beratung derGeschäftsverantwortlichen vor OrtDie Geschäftsverantwortlichen werden mit den Ergebnissen des KN-Indikators nicht allein gelassen, sondern erhalten umfassendeUnterstützung bei der Bestimmung und Durchführung vonVerbesserungsmaßnahmen. Aufsetzend auf die Messungen des KN-Indikators wurde mit KN-Enabling ein Vorgehenskonzept ausgearbeitet,welches ihnen individuelle Hilfestellung für die Verbesserung desWissensmanagements in ihren Bereichen gibt.

Die bisherige, im wesentlichen initiativengetriebene Arbeit des KN-Teamshatte gezeigt, dass die lokalen Führungskräfte ein Angebot bevorzugen,welches auf ihre spezifischen Probleme vor Ort eingeht, dabei zielorientiertvorgeht und frühzeitig die zu erwartenden Ergebnisse abschätzbar macht.Doch gerade darin liegt die Schwierigkeit einer Vorgehensweise, welche dielokalen Besonderheiten des Geschäfts in den Mittelpunkt stellt.Ansatzpunkte und Lösungswege zeigen sich erst im Laufe der Arbeit an derVerbesserung, konkrete Ergebnisse lassen sich deshalb vorab kaumbenennen oder garantieren.

Die Nutzung eines Vorgehenskonzept ist ein Möglichkeit, zwischen beidenAnsprüche zu vermitteln. Es bietet im Prozess eine klare Strukturierung mit

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 229

Meilensteinen, an denen bestimmte Zwischenergebnisse erarbeitet werden.Zugleich erlaubt es eine inhaltliche Flexibilität, welche die Besonderheitendes lokalen Geschäfts berücksichtigt. Eine weitere wichtige Grundlage wardie Bedingung, die für das operative Geschäft Verantwortlichen in derVerantwortung für die KN-Maßnahmen und Ergebnisse zu belassen, denndiese müssen sich dazu bekennen und sie vor der Unternehmensleitungverantworten.

Die Strukturierung des Prozesses erfolgt entlang der Prozessschritte austop+, einem vom Vorstand gesteuerten Konzern-Verbesserungsprogramm.Durch die Anlehnung an diese unternehmensweit bekannte und akzeptierteVorgehensweise sollte bereits im Vorfeld die Akzeptanz für KN-Enablingerhöht werden. Damit können die KN-Enabling-Projekte als top+-Projekteeingestuft und intern auch so �abgerechnet� werden, was einenzusätzlichen Nutzen darstellt.

Vor dem Hintergrund dieser Vorüberlegungen wurde KN-Enabling alsmodularer Prozess entwickelt und befindet sich derzeit in seinerPilotumsetzung. Durch den modularen Aufbau kann jedes KN-Enabling-Projekt mit dem Projektpartner individuell spezifiziert und ein passenderAblauf vereinbart werden. Damit werden auch die Besonderheit undRessourcenrestriktionen (z.B. zeitlich oder personell) der einzelnenoperativen Einheit berücksichtigt. Der Projektcharakter betont die gezielte,zeitlich beschränkte Arbeit an der Verbesserung. Der Lenkungsausschusssetzt sich aus dem KN-Team und den lokalen Verantwortlichen zusammenund zeigt die besondere Bedeutung und Aufmerksamkeit, die KN-Enablingzugewiesen wird.

Ein KN-Enabling-Projekt besteht aus der Abfolge von fünf Schritten. Esnimmt die Ergebnisse des KN-Indikators direkt auf und macht diese zurGrundlage des Verbesserungsprozesses. Im ersten Schritt, derInitialzündung, werden zunächst die Ergebnisse des KN-Indikators undweiterer Datenquellen aufbereitet. Dann erfolgt ein Abgleich mit den Zielenund Strategien des Projektpartners, der Verbesserungs-Fokus und derProjektablauf werden festgelegt.

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230 Die Einführung von Wissensmanagement

Im zweiten Schritt wird die Analyse entsprechend der getroffenenFokussierung vertieft. In gezielten Befragungen werden weitere Daten zurProblemsituation erhoben und Hypothesen über Ursachen, Barrieren undmögliche Lösungsansätze erfragt und getestet. In einem gemeinsamenWorkshop werden diese Daten interpretiert und verdichtet.

Der dritte Schritt dient der Auswahl und Zuordnung geeigneterVerbesserungsmaßnahmen. Dabei werden die zum Einsatz kommendenMaßnahmen in einem �Toolkoffer� gesammelt, der mit jedem KN-Enabling-Projekt weiter ergänz wird. Mittelfristig kann daraus eineunternehmensinterne Datenbank mit erfolgreichen Maßnahmen entstehen,auf die auch neue Mitarbeiter zugreifen können. Fraglich ist aus Sicht derKN-Teams jedoch noch, ob es möglich sein wird, eine praktikable Form derDokumentation zu finden, die trotzdem genügend Kontextwissentransportieren kann.

Die Ergebnisse der Analyse und der Maßnahmenerarbeitung fließt in einVerbesserungskonzept ein, welches im dritten Schritt imLenkungsausschuss diskutiert wird. Hier wird eine erste Schleife im Projektgeschlossen und in einem Beschluss des Lenkungsausschusses über Ziele,Ursachenbestimmung, Lösungsansatz und Rolle des KN-Teams bei derUmsetzung festgehalten.

Erst danach, mit der expliziten Zustimmung des Lenkungsausschusses,wird die zweite Schleife eröffnet. Hierzu wird eine Umsetzungsplanungerstellt und mit der Realisierung der Verbesserung begonnen. Je nachBeschluss des Lenkungsausschusses kann die Rolle des KN-Teams dabeivon �verantwortlich�, über �vorantreibend�, �begleitend� oder nur�überwachend� variieren.

Während der Realisierung kann ein Projektcontrolling erfolgen, welches denUmsetzbeschluss des Lenkungsausschusses und die ursprünglichenErgebnisse des KN-Indikators als Referenzgrössen verwendet.

Die ersten vier Schritte des Projektablaufs sollen konzentriert über einenZeitraum von nicht mehr als zwei Monaten erfolgen. Die Umsetzung derMassnahmen kann aufgrund der Vielzahl denkbarer Lösungen einen

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 231

längeren Zeitraum erfordern, ist jedoch in das Gesamt-Verbesserungskonzept, das mit KN-Enabling erarbeitet wurde, eingebettet.

Die ersten Ergebnisse der Piloten zeigen, dass die zielorientierte undkompakte Vorgehensweise besser auf die Bedürfnisse des operativenGeschäfts eingeht. Dabei wurde aber auch die Gefahr deutlich, in derAnalysephase zu viele Lösungsansätze und Maßnahmen zu bearbeiten undzu bestimmen, als zeitnah realisiert werden können. Ob die Realisierungdann auch noch über einen Zeitraum von einem Jahr oder längerdurchgehalten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erkennbar.

5.3.8 Der Stand und Abschluss zum Abschluss derFeldphase

Zum Abschluss der Feldphase dieser Forschungsarbeit befindet sich dieArbeit des KN-Teams im Sommer 2001 am Ende einer Konsolidierungs-und vor einem neuen Wachstumsphase.

Die Arbeit wurde zuletzt sehr stark durch operative und administrativeTätigkeiten dominiert. Zuviel Energie musste in die Absicherung derbisherigen Arbeit investiert werden, die Fortsetzung der begonnenenAktivitäten reichte nicht mehr aus. Eine Erweiterung von Ressourcen dafürwar nach mehr als dreijähriger Einführungsarbeit nicht sinnvoll. Ebensoerwies sich die initiativengetriebene Einführung als langfristig und wurdeimmer wieder durch externe Veränderungen von Ansprechpartnern oderden übergeordneten KN-Verantwortlichen gestört. Diese Störungenbrachten immer wieder Phasen der Neuplanung oder neuer gemeinsamerWillensbildung mit sich, in denen keine Fortschritte sichtbar gemachtwerden konnten.

In der Konsequenz wurde eine Überprüfung der strategischenPositionierung des Knowledge Networking bereits seit Ende 1999 als immerdringender angesehen. Die anstehenden Aufgaben im Hinblick auf dieanfänglichen Ziele und die Erwartungen der Geschäftsleitung waren neu zufassen und zu priorisieren.

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232 Die Einführung von Wissensmanagement

Mit dem seit Anfang 2000 durchgeführten Evaluations- undStrategieentwicklungs-Prozess wurde dieser Notwendigkeit entsprochenund bereits maßgebliche Veränderungen umgesetzt bzw. eingeleitet.

(1) Mit der Einbindung ins Strategische Reporting von Telcotech wurde dieArbeit des KN-Teams von einer personellen Steuerung auf einestrukturelle Steuerung durch den KN-Indikator umgestellt. Künftigepersonelle Veränderungen sollten damit nicht mehr zu starkenStörungen der Arbeit führen.

(2) Die Veränderung von initiativengetriebener Arbeit für dasGesamtunternehmen zu einer Positionierung als interner Berater undUnterstützer der Geschäftsbereiche akzeptiert die tatsächlicheEntscheidungssituation im Unternehmen. Während die Ziele aufUnternehmensebene vereinbart werden, haben dieGeschäftsverantwortlichen große Freiheiten in der Wahl der Mittel.

(3) Die Einführung eines strategischen Reportings mit Hilfe einer BalancedScorecard und die Nutzung der Verbesserungsmethodik der EuropeanFoundation for Quality Management (EFQM) schufen sichereRahmenbedingungen, die durch das Wissensmanagement nun bessergenutzt werden. Hilfreich ist hierbei die Verwendung im Unternehmenanerkannter Methoden.

(4) Das Vorgehenskonzept des KN-Enabling sichert die systematischeBildung und Anwendung von Einführungswissen zumWissensmanagement. Während auf individuelle Problemstellungeneingegangen wird, sichert die Methodik die Nutzung der Erfahrungauch zwischen den einzelnen Projekten in den operativen Einheiten.

Ein erheblicher Risikofaktor bleibt die starke Steuerung durch das operativeGeschäft, denen Telcotech als Vertriebsunternehmen unterliegt. Hier musssich zeigen, ob die fortschreitende Transformation vom Vertrieb zumSystemintegration fortgeführt wird.

Ein weiteres Risiko liegt in externen Veränderungen, die aus dem Marktoder der Konzernstrategie kommen. So führt eine weitere Verschärfung des

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 233

sich abzeichnenden Rückgangs der Nachfrage fürKommunikationstechnologien zu einer Renaissance reinerKostensenkungsprojekte und kann die weitere Wissensmanagement-Einführung bremsen oder zunichte machen.

Eine Reihe von Umstrukturierungen auf Konzernebene verschieben immerwieder die Kontextfaktoren und erfordern Anpassungen deseingeschlagenen Weges.

Der derzeitige Stand zum Zeitpunkt des Abschlusses der Dissertation

Bis zum Frühjahr 2003 hat sich an dieser Situation wenig verändert. Die(mittlerweile neue) Unternehmensleitung von Telcotech ist weiterhin vomprinzipiellen Nutzen eines Knowledge Networkings überzeugt, und nachwie vor wird die hohe Dringlichkeit der Verbesserung des Umgangs mitWissen gesehen. Allerdings werden die anfänglichen Investitionen in diesenBereich nicht im selben Umfang fortgesetzt.

Mehrere Wissensmanagement-Verantwortliche haben mittlerweile inandere Bereiche innerhalb des Konzerns gewechselt, und ihre Stellen sindnur teilweise neu besetzt worden. Die personellen Ressourcen und damitder Spielraum für eine Weiterentwicklung von Knowledge Networking isteingeschränkt, die Konjunktur- und Branchensituation führt weiterhin zueiner sehr angespannten Budgetsituation. Obwohl die bereits umgesetztenInitiativen funktionieren und Verbesserungen gebracht haben, sind dieChancen auf einen neuen Schub für das Wissensmanagement bei Telcotechdamit weiterhin eher unwahrscheinlich.

Mit einer zielgerichteten Fortführung der eingeleiteten Schritte und denLernerfahrungen aus den letzten Jahren wäre es noch immer möglich,erneut die Rolle einzunehmen, mit der Knowledge Networking 1997angetreten war: eine tragende Säule in der Geschäftsstrategie von Telcotechzu sein.

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234 Die Einführung von Wissensmanagement

Die Mitarbeiter schätzen die Wissensmanagement-Einführung als nochnicht abgeschlossen ein82, jedoch ist offen, ob diese in fokussierter Formunter dem Begriff Wissensmanagement-Einführung noch einmal re-aktiviert wird oder die Wissensmanagement-Aufgaben im Rahmen desTagesgeschäfts und anderer anstehender Projekte bearbeitet werden83.

5.4 Zusammenfassung

Die Fallgeschichte von Telcotech bietet eine Reihe von Ansätzen, welche füreine theoretische Bearbeitung des Themas Wissensmanagement-Einführungeine hohe Relevanz besitzen. Deshalb sollen hier noch einmal wesentlicheAspekte der Fallgeschichte herausgestellt werden.

Der wohl offensichtlichste Aspekt waren die Brüche und Unterbrechungen,welche durch eine Reihe von Personenwechseln in dieWissensmanagement-Einführung kamen. Die damit verbundenenVerzögerungen führten dazu, dass das Wissensmanagement anfangs garnicht seinen Nutzen zeigen konnte, da die Implementierungsphase erst garnicht erreicht wurde. Hier stellt sich die Frage, wie von denWissensmanagement-Verantwortlichen mit solchen Diskontinuitätenumgegangen werden kann?

Daneben zeigt der Fall, dass die Wissensmanagement-Einführung keineabgrenzbare Implementierungsphase enthielt. Eine Trennung vonplanerische Vorwegnahme und schlichter Umsetzung der Planung in einerImplementierungsphase erwies sich als praktisch nicht möglich. Vielmehrwar die Implementierung immer wieder durch Etappen derNeuorientierung oder Neuplanung unterbrochen. Diese Komplexität desEinführungsprozesses gilt es für die praktische Umsetzung, aber auch inder theoretischen Betrachtung zu berücksichtigen.

Der Fall verdeutlicht, dass die Wissensmanagement-Einführung sowohl diesichtbaren Ebenen im Unternehmen wie die Prozesse, aber auch die

82 I-07 (17.02.2003)83 I-08 (07.03.2003)

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 235

darunter liegende Unternehmenskultur verändern sollte. Die paralleleAdressierung dieser verschiedenen Ebenen führte zu verschiedenen, sichergänzenden Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen. DieseParallelität muss sich in der Konzeptualisierung wiederspiegeln. DieWissensmanagement-Einführung zielt dazu auf ein verändertes Agieren imUnternehmen, aber auch auf ein verändertes Denken. Die damitverbundenen Lernprozesse sind oftmals erfahrungsbasiert und brauchendaher viel Zeit. Wenn es gelingt, das Machen von Erfahrungen frühzeitig imProzess zu erlauben (z.B. durch Piloten, Simulationen, Metaphern,Prototypen), ist es möglich, diese Lernprozesse abzukürzen. SolcheMöglichkeiten zur Lernprozess-Verkürzung in einer Wissensmanagement-Einführung sind zu berücksichtigen.

Eine weitere Erkenntnis ist die Notwendigkeit zur engen Einbindung desWissensmanagements in die Unternehmensstrategie und dasGeschäftsmodell. Wissensmanagement ist erfolgreich, wenn es sich nichtneben dem oder zusätzlich zum Geschäft etabliert, sondern als dessenBestandteil. Dazu muss das Wissensmanagement seinenWertschöpfungsbeitrag zum Geschäft konkretisieren und bekannt machen.Dies hat für die konkreten Einzelaktivitäten genauso zu geschehen wie fürdas Gesamtvorhaben, wobei die Einzelinitiativen ihren Beitrag zumGesamtvorhaben aufzeigen können müssen.

Eng mit diesem Punkt verbunden zeigt der Fall die Tendenz, das gesamteWissensmanagement auf seine Einzelinitiativen zu reduzieren und diedahinterstehenden strategischen Zielsetzungen zu vernachlässigen. Da dieEinzelinitiativen das am besten Greifbare am Wissensmanagement sind, istdie Gefahr, dass sich auch die Wahrnehmung und die Erfolgsmessung nurauf dieser Ebene bewegen. Soll jedoch Wissensmanagement alsstrategischer Wettbewerbsfaktor eingeführt und entwickelt werden, mussdie Steuerung und Erfolgsmessung der Wissensmanagement-Einführungauch über die Instrumente des strategischen Managements wie z.B. dieBalanced Scorecard geschehen. Im Fallbeispiel verschob sich dieWahrnehmung zu stark auf die einzelnen KN-Initiativen. Obwohl dieWissensmanagement-Verantwortlichen versuchten, die Verbindung

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236 Die Einführung von Wissensmanagement

zumindest teamintern herzustellen, ist ein solch subversives Vorgehendauerhaft nicht aufrecht zu erhalten. In der Kommunikation ist darauf zuachten, immer wieder die Brücke zwischen Einzelaktivitäten undGesamtansatz zu schlagen.

Das Vorhandensein der Grundlagen für das Wissensmanagement in denKöpfen der Mitarbeiter konnte nicht vorausgesetzt werden. Wenn noch keineinheitliches Verständnis von Begrifflichkeiten oder unterschiedlicheErwartungen an ein Wissensmanagement vorhanden sind, muss hier eineKlärung im Rahmen der Wissensmanagement-Einführung erfolgen. DieseAktivitäten müssen in die Einführung eingeplant werden, damit nicht Fehl-Interpretationen unerwartet aufbrechen.

Weil Wissensmanagement eine Querschnittsaufgabe darstellt, die sich überbestehende Aufgaben und Methoden im Unternehmen erstreckt, ist eserfolgskritisch für die Wissensmanagement-Verantwortlichen, mit denentsprechenden, bereits vorhandenen Partnern im Unternehmenzusammenzuarbeiten. So können bereits vorhandene Initiativenaufgegriffen und um eine Wissensmanagement-Dimension erweitertwerden, oder die Verantwortlichen werden direkt in die Arbeiteingebunden.

Diese Aufzählung wichtiger Erkenntnisse aus der Fallstudie verdeutlicht,dass die Wissensmanagement-Einführung neben den direkten und durcheine Reihe von Untersuchungen bereits gut erforschten Aktivitäten (wie denMethoden oder Werkzeugen des Wissensmanagements) eine Vielzahl vonindirekten Aktivitäten zur Anbindung und Verankerung desWissensmanagements in der Organisation erforderte. Diese organisationaleSeite der Wissensmanagement-Einführung sorgt dafür, dass einEinführungs-Momentum gebildet und aufrecht erhalten wird. Obwohldiese Aktivitäten allein nicht ausreichen, ein Wissensmanagement zuetablieren, sind sie letztendlich für den Erfolg einer Wissensmanagement-Einführung ebenso verantwortlich.

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Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech 237

Weil über diese Aktivitäten und ihre Verbindung zur Wissensmanagement-Einführung bisher keine ausreichenden Erkenntnisse vorliegen, wird indieser Fallstudie verstärkt nach solchen Faktoren gesucht. DieserBlickwinkel verspricht interessante Einblicke in die Erfolgsfaktoren derWissensmanagement-Einführung. Deshalb wurde dem Aufzeigen undVorstellen dieser Seite der Wissensmanagement-Einführung in derFallgeschichte eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Die Diskussion der Fallgeschichte84 mit Wissensmanagement-Verantwortlichen aus anderen Unternehmen zeigte, dass die Erfahrungenbei der Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech nicht untypisch,sondern sogar symptomatisch für die Ergebnisse und Erfahrungen bei derEinführung von Wissensmanagement in etablierten großen Organisationensind.

Der Aufbereitung und Darstellung der Fallbeschreibung wurde hierabsichtlich ein großer Platz eingeräumt. Sie dient einerseits alsHintergrundinformation für die nachfolgende Diskussion wesentlicherEinzelaspekte und stellt die Verbindung zwischen diesen Einzelaspektendar. Andererseits ermöglicht sie dem Leser, die Interpretationen des Autorszu prüfen oder eine weitergehende oder abweichende Interpretationvorzunehmen.

84 Vor-Versionen dieser Fallbeschreibung wurden als diagnostische Fallstudie unterTrillitzsch/Gibbert (2000a, 2000b) veröffentlicht bzw. präsentiert. Der Austauschdarüber mit Wissensmanagement-Verantwortlichen anderer Unternehmen oder dieGespräche in unternehmensübergreifenden Communities wie dem Industrie-Arbeitskreis WiMiP oder dem Forum für Wissensmanagement und organisationalesLernen, an dem der Forscher mehrmals teilnehmen konnte, bestätigte diese Aussage.

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238 Die Einführung von Wissensmanagement

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 239

6 Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung: Entwicklung und Diskussion kritischerAspekte

�Man kann einem Menschen oder einerOrganisation, solange er oder sie wasser-scheu ist, nicht Schwimmen beibringen.�(Gruppenleiter Wissensmanagement beiTelcotech85)

Aufbauend auf den vorangestellten Begriffsbestimmungen undtheoretischen Überlegungen in den Kapiteln 2 und 3 einerseits und demMaterial der Fallgeschichte von Telcotech im Kapitel 5 auf der anderen Seitewerden in diesem Kapitel einzelne wesentliche Aspekte herausgegriffenund separat betrachtet.

Im Fokus der Betrachtung stehen dabei diejenigen Aktivitäten derWissensmanagement-Verantwortlichen, welche darauf ausgerichtet sind,über den Prozess der Wissensmanagement-Einführung hinweg ein hohesEinführungs-Momentum aufrecht zu erhalten.

Dazu wird ein Bezugsrahmen erarbeitet, mit welchem diese Aktivitätenabgebildet und geordnet werden können.

Danach werden die einzelnen Aspekte im Spiegel der Fallgeschichte undweiterer Forschungsergebnisse diskutiert. Für die Diskussion wird direktBezug auf die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Fallbeispielgenommen, es werden darüber hinaus zusätzliche wissenschaftlicheForschungsergebnisse hinzugezogen.

85 I-06 (02.03.2000)

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240 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 44: Gliederung der Argumentation in Kapitel 6

Eine Zusammenfassung schließt das Kapitel ab.

6.1 Aktivitäten als Betrachtungsebene

Als Betrachtungsebene für die Diskussion werden diejenigen Aktivitätenverwendet, die im Rahmen der Wissensmanagement-Einführung von denWissensmanagement-Verantwortlichen durchgeführt, geleitet oderüberwacht werden.

Die Betrachtung der Aktivitäten wird gewählt, da diese eine prinzipielleGestaltbarkeit der Wissensmanagement-Einführung und damit dieMöglichkeit eines Wissens-Managements überhaupt unterstellt. DieAuswahl der Aktivitäten als Betrachtungsebene erlaubt, sowohl direkteEingriffe ins Wissensmanagement, als auch die Steuerung über dieKontextbedingungen in eine gemeinsame Untersuchung zu integrieren.Darüber hinaus ermöglicht sie auch, symbolische Handlungen (Pfeffer,1977; Neuberger, 1990:259f.; Krüger, 1999) in die Betrachtung zu integrieren.

6. Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung6. Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung

6.7. Zusammenfassung6.7. Zusammenfassung

6.1. Aktivitäten alsBetrachtungsebene6.1. Aktivitäten alsBetrachtungsebene

6.2. Bezugsrahmen derUntersuchung

6.2. Bezugsrahmen derUntersuchung

6.3. Inhaltlich ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Denken�

6.3. Inhaltlich ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Denken�

6.4. Inhaltlich ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Handeln�

6.4. Inhaltlich ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Handeln�

6.5. Prozessual ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Denken�

6.5. Prozessual ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Denken�

6.6. Prozessual ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Handeln�

6.6. Prozessual ausgerichteteAktivitäten zum �Anders

Handeln�

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 241

Indem die Untersuchung aus der Perspektive der Wissensmanagement-Verantwortlichen geführt wird, erfolgt eine Fokussierung auf diegestaltbaren Elemente. Die von ihnen nicht-gestaltbaren Elemente wiebeispielsweise Konjunkturentwicklungen oder Merger & Aquisition-Aktivitäten auf Konzernebene werden mit dieser Perspektive ausgefiltert.Gleichwohl können diese die Einführung von Wissensmanagementbeeinflussen, sie sind jedoch für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen unplanbare Faktoren und fließen hier nur als externeFaktoren in die Betrachtung ein.

Die Wahl der Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen alsBetrachtungsebene unterstützt so die Absicht dieser Arbeit, mit derUntersuchung einen Beitrag zum besseren Gesamt-Verständnis derAusgestaltung der Einführungsprozesse von Wissensmanagement zuleisten, dabei wesentliche Aktionsfelder für die Arbeit einesWissensmanagement-Verantwortlichen zu identifizieren sowie Anregungenund Theorieangebote zur Festlegung adäquater Aktivitäten zurerfolgreichen Gestaltung einer Wissensmanagement-Einführung zumachen.

6.2 Bezugsrahmen der Untersuchung

Zur Strukturierung der Betrachtung wird zunächst zwischen zweiunterschiedlichen Dimensionen von Aktivitäten zur Wissensmanagement-Einführung unterschieden.

Dabei werden die Aktivitäten einerseits zwischen ihrer Ziel- undWirkungsebene differenziert, andererseits nach der Reichweite (Scope) derAktivitäten.

Innerhalb beider Dimensionen erfolgt eine weitere Unterscheidung injeweils zwei Kategorien.

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242 Die Einführung von Wissensmanagement

6.2.1 Dimension: Ziel- und Wirkungsebene vonWissensmanagement-Einführungs-Aktivitäten

Die Ziel- und Wirkungsebene der Aktivitäten betrachtet die Tiefe, auf derdie Aktivitäten Veränderung bewirken.

Sie berücksichtigt so beispielsweise den Unterschied, ob Mitarbeiter nachAbschluss eines Projektes Wissen in eine Datenbank einstellen, weil siebeispielsweise erst danach ihre Projekt-Spesen erstattet bekommen oderweil sie verstanden haben, dass Kollegen die gesammelten Erfahrungen inspäteren Projekten kostensparend nutzen können.

Die Tiefe der Veränderung wirkt damit insbesondere auf die Nachhaltigkeitund das Selbststeuerungspotential der Veränderung. Wenn die neuenVerhaltensweisen nicht nur automatisiert erlernt wurden, sondernverstanden und reflektiert übernommen wurden, können sie auch unterveränderten Kontextbedingungen von jedem Mitarbeiter angepasst und aufdie neuen Bedingungen ausgerichtet werden (Lave, 1988; Greeno, 1997a).

Doch Veränderung muss nicht in jedem Fall auf den tiefen Schichten,sondern vielmehr auf den passenden Schichten (Greeno, 1997b) eingeleitetwerden. Denn der Trade-off besteht in einem erhöhten Aufwand und einerverzögerten Wirkung, die für das Erreichen der tieferenWandlungsschichten notwendig sind.

Für die Untersuchung wird hier das Change Management-Schema vonLewin (1952) und darauf aufbauende Erweiterungen (Gomez/Müller-Stewens, 1994:141ff.; Scharmer, 1999:4, 2000a) verwendet.

Während Lewin insbesondere die Schritte der Veränderung �Unfreeze�(Auftauen), �Change� (Verändern) und �Freeze� (Einfrieren) betrachtet,ordnet Scharmer dem Veränderungsprozess zusätzlich Ebenen zu. Erunterscheidet zwischen Veränderungen der Aktivitäten, der Struktur, derProzesse, der mentalen Modelle sowie der Willens-Ebene der Organisation.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 243

Abbildung 45: Modell der Ebenen in organisationalen Transformationsprozessen

Gleichwohl im Zuge der Wissensmanagement-Einführung alle dieseverschiedenen Ebenen relevant sind, erscheint für die Verwendung in dieserArbeit eine Vereinfachung sinnvoll. Deutlich werden soll, dass sichAktivitäten auf den unterschiedlichen Ebenen von ihrer Zielsetzung undihrer angestrebter Wirkung unterscheiden, deshalb verschiedeneVorgehensweisen erfordern, aber die Berücksichtigung und Verbindung derunterschiedlichen Ebenen in Summe entscheidend für eine gelingendeWissensmanagement-Einführung ist.

Gomez/Müller-Stewens (1994:154ff.) unterscheiden dabei zwischen derOberflächenstruktur eines Unternehmens, die �die Gesamtheit allerorganisatorischen Regeln, Strukturen, Prozesse und sonstige Festlegungen,die offiziell dokumentiert, autorisiert und somit gleichsam an der�Oberfläche� der Organisation sichtbar sind�, umfasst. Danebenunterscheiden sie die Tiefenstruktur, die alles �organisatorisch Unbewusste�enthält, sich dabei direkter organisatorischer Gestaltung entzieht, dennochaber weitreichende Wirkung in der Organisation ausübt. Dazu zählen dieAutoren insbesondere die Unternehmenskultur, gruppenbezogene

Quelle: Scharmer (1999:4f., 2000)

Ebene 4: Re-Generating

Ebene 3: Re-Framing

Ebene 2: Re-Designing

Ebene 1: Re-Structuring

Ebene 0: Re-ActingAktion

Mentale Modelle

Prozesse

Strukturen

Neues Verständnis

Neue Prozesse

Neue Strukturen

Gemeinsamer Wille

Herausforderung

ChangeRefine

Un-FreezingUncovering

Re-FreezingEnacting

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244 Die Einführung von Wissensmanagement

kognitive Strukturen sowie Gruppen- und Individualinteressen derOrganisationsmitglieder.

Deshalb wird in Anlehnung an das Modell von Lewin (1952) und derUnterscheidung bei Gomez/Müller-Stewens (1994) hier eineDifferenzierung zwischen zwei Ebenen vorgenommen. Ich unterscheide fürdiese Untersuchung zwischen Aktivitäten zum �Anders Handeln�(Verhaltensänderungen) und �Anders Denken� (Veränderungen desVerständnisses und der Werte).

• Aktivitäten zum �Anders Denken�: Als Aktivitäten zum �AndersDenken� bezeichne ich Aktivitäten auf der Willens-Ebene und der Ebeneder mentalen Modelle. Sie wirken direkt auf die Werte- und Sinnebeneim Unternehmen und adressieren die Veränderung der Denk- undBewertungsmodelle sowie deren Neu-Verankerung. Damit wirken sieindirekt auf eine sichtbare Verhaltensänderung, welche allerdings erstnach dem Durchlaufen kognitiver oder adaptiver Lernprozesse (Kolb,1984; Piaget, 1935, 1987) sichtbar werden. Diese Lernprozesse bilden dieGrundlage für ein eigenständiges Weiterlernen sowie eine kreativeAnwendung der neuen Denkweisen und ermöglichen so eine dauerhafteVeränderung in den Handlungen86. Sie sind damit die Grundlage füreine Dynamisierung des Wissensmanagements. Allerdings ist die Arbeitzum �Anders Denken� auch verbunden mit einer höheren Unsicherheitüber den Ausgang der Lernprozesse sowie einem höheren Zeitaufwand.

• Aktivitäten zum �Anders Handeln�: Die Aktivitäten zum �AndersHandeln� wirken direkt und sichern die Umsetzung und Festschreibungder Wissensmanagement-Einführung in den Ebenen der Prozesse,Strukturen und Aktionen des Unternehmens. Sie bringen schonkurzfristig sichtbare Veränderungen und Ergebnisse, dabei wirken sieinsbesondere durch das Setzen von Anreizen und Strafen sowie derenVerstärkung. Die dabei stattfindenden Lernprozesse sind eher

86 Siehe Abschnitt 4.1.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 245

behavioristisch geprägt (Skinner, 1950, 1958, 1978) und werden durchEinüben sowie positive oder negative Verstärkung verinnerlicht.

Entscheidend ist hier das Zusammenspiel aus Aktivitäten aus beidenKategorien, um einerseits sichtbare Veränderungen zu bewirken, dieseandererseits aber auch in der kognitiven Basis des Unternehmens dauerhaftzu verwurzeln.

6.2.2 Dimension: Scope der Aktivitäten bei derWissensmanagement-Einführung

In der zweiten Dimension hilft eine Unterscheidung zwischen inhaltlich-spezifischen und prozessual-allgemein ausgerichteten Aktivitäten, dieReichweite (Scope) der Aktivitäten zu differenzieren.

Der untersuchte Fall zeigte eine Schwierigkeit der Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen darin, alle Aktivitäten derWissensmanagement-Einführung genuin dem Wissensmanagementzuzurechnen. Vielmehr zeigten eine Reihe von EinführungsaktivitätenPotentiale, welche über die Anwendbarkeit für das Wissensmanagementhinaus gingen. Praktische Probleme ergaben sich daraus in Bezug auf dieSteuerung und die Ergebnismessung der Wissensmanagement-Einführung.

Mit einer Unterscheidung zwischen zwei Ausprägungen soll dieserErkenntnis Rechnung getragen werden.

• Inhaltlich-spezifische Aktivitäten: Die inhaltlich-spezifischausgerichteten Aktivitäten leiten sich aus den Besonderheiten desWissensmanagements ab. Ihre Wirkung ist exklusiv auf dieWissensmanagement-Einführung ausgerichtet. Sie beruhen sobeispielsweise auf Anforderungen, die sich aus dem spezifischenCharakter von Wissen87 ergeben, beziehen sich direkt aufWissensprozesse der Organisation oder stellen Regelungen zurOrganisation des Wissensmanagements dar. Die inhaltlich-spezifisch

87 Siehe Abschnitt 2.3.1.

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246 Die Einführung von Wissensmanagement

ausgerichteten Aktivitäten spiegeln die Aktivitäten in einzelnenKnowledge Impact-Projekten88 wider.

• Prozessual-allgemeine Aktivitäten: Sollen jedoch die einzelnenWissensmanagement-Projekte zu einer umfassendenWissensmanagement-Einführung verbunden werden, reichen dieinhaltlich-spezifischen Aktivitäten nicht aus. Hier werden zusätzlicheAktivitäten benötigt, um Wechselwirkungen und dynamische Aspektezu handhaben. Diese als prozessual-allgemein bezeichneten Aktivitätensind nicht-exklusiv für die Wissensmanagement-Einführung. Sie werdenfür die Wissensmanagement-Einführung als ermöglichend oderunterstützend genutzt. Sie machen jedoch allein eineWissensmanagement-Einführung nicht aus, denn sie könnten auch inanderen Zusammenhängen gelten. Die prozessual-allgemeinenAktivitäten sind somit als notwendig, aber nicht hinreichend für eineWissensmanagement-Einführung einzustufen. Durch ihrenAllgemeinheitsgrad bieten sie Potentiale, die auch im Rahmen andererTransformationsthemen nutzbar sind. In die Kategorie der prozessualenAktivitäten fallen beispielsweise Projektmanagement-Themen oderaktuelle generische Management-Erkenntnisse, welche adaptiert undvon den Wissensmanagement-Verantwortlichen für die Förderung derWissensmanagement-Einführung nutzbar gemacht werden.

6.2.3 Integration zu einer Aktionsfelder-Matrix fürWissensmanagement-Verantwortliche im Rahmen derWissensmanagement-Einführung

Beide Dimensionen mit ihren jeweils zwei Kategorien spannen einen Raumvon vier Sektoren auf, in denen sich die Aktivitäten zurWissensmanagement-Einführung organisieren lassen.

Diese vier Sektoren bilden die Struktur für die nachfolgende Diskussion indiesem Kapitel.

88 Siehe Abschnitt 6.4.2.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 247

Abbildung 46: Aktivitätenfelder für Wissensmanagement-Verantwortliche

• Inhaltlich ausgerichtete Aktivitäten zum �Anders Denken�: DieserSektor enthält Aktivitäten, welche die �geistigen Voraussetzungen� fürden bewussten Umgang mit Wissen und für ein Wissensmanagementschaffen. Hierbei geht es um das Verständnis zum �warum?�, �woher?�,�wohin?� und �wie?� der Wissensmanagement-Einführung. Hierunterfallen beispielsweise Aktivitäten zur Positionierung und Ausrichtungdes Wissensmanagements, aber auch zur Klärung grundlegenderBegriffe.

• Inhaltlich ausgerichtete Aktivitäten zum �Anders Handeln�: In diesenSektor fallen Aktivitäten, welche direkt auf das Wissensmanagementbezogen sind und sich unmittelbar um den besseren Umgang mit Wissenbemühen. Sie stellen die Wissensmanagement-Einführung im engerenSinne dar und stellen ihre Legitimation sicher. Mit diesem Sektorbefassen sich typischerweise die meisten Untersuchungen zurWissensmanagement-Einführung, welche sich ausschließlich auf dieDarstellung und Analyse realisierter Wissensmanagement-Lösungenbeziehen.

Quelle: eigene Darstellung

• Die Zurechung von Erwartungenund Bedeutungen steuern

• Kontinuität und Übergänge

• Looping

• Time Pacing

• Allianzen schmieden und Partner-Management

• Die Rolle von Türöffnern

• Languaging• Festlegen der Startposition• Bestimmen der Zielposition• Anwalt der Wissens-Perspektive

• Knowledge Practice Prototyping• Mischung aus KIP und KAP• Modularisierung und Portfolio-

Bildung• Ausrichtung auf �Situational Fit�

Inhaltlich-spezifisch Prozessual-allgemeinA

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248 Die Einführung von Wissensmanagement

• Prozessual ausgerichtete Aktivitäten zum �Anders Denken�: DieserSektor beinhaltet Aktivitäten, die energetisierend auf die Veränderungender Denkgewohnheiten in der Organisation wirken. Sie berücksichtigendessen dynamische Aspekte und helfen, die Ausrichtung desWissensmanagements auf die Unternehmensanforderungen sowie dieAbstimmung auf die Organisation über den Einführungsverlauf hinwegsicherzustellen. Hierzu zählen beispielsweise einErwartungsmanagement oder Gestaltung von Übergängen.

• Prozessual ausgerichtete Aktivitäten zum �Anders Handeln�: DieserSektor bildet sich aus begleitenden und unterstützenden Aktivitäten,welche die allgemeine Veränderungsfähigkeit einer Organisationwiderspiegeln und verbessern, die hier jedoch konkret für dieWissensmanagement-Einführung genutzt wurden. Hierzu zählenbeispielsweise das Einbinden interner Partner in dieWissensmanagement-Einführung oder das Steuern derEinführungsgeschwindigkeit.

6.3 Inhaltlich ausgerichtete Aktivitäten zum �AndersDenken�

Es muss gelingen, mit demWissensmanagement nicht nur in dieHandlungen, sondern auch in die Köpfe undHerzen der Mitarbeiter zu kommen.(I-05; 15.12.1999)

Diese Aussage, welche die erste Projektleiterin für das Wissensmanagementbei Telcotech machte, kann als übergreifendes Motto für die Aktivitätengelten, die in diesem Sektor zusammengefasst sind.

Wenn sich die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen nur aufdas Aktivitätensystem des Unternehmens konzentriert, ohne die Mitarbeiterzu überzeugen, droht die Wissensmanagement-Einführung ein weiteres derOrganisation aufgestülptes Thema zu werden, welches versandet, sobalddie Aufmerksamkeit und der Druck des Top Management sowie die dafüreingesetzten Ressourcen zurückgehen.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 249

Notwendig sind deshalb Aktivitäten, welche das Wissensmanagement indie Aufmerksamkeit und das Bewusstsein der Organisation bringen. Siehelfen, das Phänomen Wissen und Wissensmanagement besser zubegreifen, in Bezug zur Situation des Unternehmens zu setzen sowie es insDenken und Entscheiden der Mitarbeiter einzubinden.

6.3.1 Languaging � Handhabung der Begriffe

Wir reden hier stundenlang über einscheinbar gemeinsames Problem, bis wirirgendwann merken, dass wir, wenn wirWissensmanagement sagen, von ganzunterschiedlichen Dingen sprechen.I-05 (14.01.1998)

Bei Themen, welche neu entstehen oder neu in denAufmerksamkeitsbereich eines Unternehmens rücken, besteht eine wichtigeAufgabe zu Beginn der Beschäftigung damit in einemVergegenwärtigungsprozess darüber, was der eigentliche Gegenstanddieses Themas ist und welches Nutzenpotential für das Unternehmenerschlossen werden kann.

Dieser Vergegenwärtigungsprozess geschieht auf Organisationsebene unddeckt so die Varianz der Wahrnehmung und Bewertung des Themasinnerhalb der Organisation auf. Die Spannweite speist sich aus demAllgemeinverständnis, aus vorbildungsgeprägten Sichtweisen und teilweiseauch aus anstehenden Problemen oder Wünschen der Akteure. Bevor einegemeinsame Beschäftigung oder Arbeit an diesem Thema beginnen kann,müssen diese Annahmen nicht nur auf den Tisch gebracht werden, sondernidealerweise muss auch eine gemeinsame Arbeitsdefinition formuliertwerden.

Die Wichtigkeit dieser Forderung zeigte im konkreten Fallbeispiel vonTelcotech immer wieder seine Bedeutung. Anfänglich nicht ausreichendgeklärte Wissensbegriffe führten hier zu einem Schein-Verständnis,bestehende Differenzen traten dann mitten in Workshops zu Tage oder

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250 Die Einführung von Wissensmanagement

wurden in den übersteigerten Projektionen in Bezug auf die zu erwartendenLeistungen des Wissensmanagements89 deutlich.

Gemeinsam war, dass kaum jemand bei Telcotech die Wichtigkeit vonWissen verneinte und zustimmte, dass ein verbesserter Umgang mit Wissenzu befürworten sei. Doch darüber hinaus ließen sich kaum noch intuitiveGemeinsamkeiten finden, der Raum war frei für die Vielfalt individuellerVorstellungen. Erschwerend kam hinzu, dass Wissen ein Aspekt ist, der fastjede Themenstellung und fast jedes Problem im Unternehmen tangiert.Sollen keine ungesteuerten und nicht mehr steuerbaren Projektionen dieorganisationale Wissensmanagement-Einführung gefährden, muss eineVerständigung darüber erfolgen.

Die Arbeit an den BegriffenAktivitäten zur Bildung eines gemeinsamen Verständnisses und einergemeinsamen Sprachverwendung nehmen deshalb auch in derWissensmanagement-Einführung eine wichtige Rolle ein. Sie machenverschiedene Sichtweisen auf das Thema deutlich und schaffen damit dieVoraussetzung, mögliche unterschiedliche Ausprägungen vonWissensmanagement zu erkennen. Erst durch diese Transparenz wird es inder Organisation möglich, sich bewusst für eine gemeinsame Sichtweise desThemas zu entscheiden.

Gerade im Falle der Wissensmanagement-Einführung kommt erschwerendeine definitorische Unklarheit über den Begriff Wissen und den Inhalt desWissensmanagements dazu. Hier wirkt sich insbesondere der in derAlltagssprache unscharfe Wissensbegriff, der unzureichend zwischenDaten, Informationen und Wissen differenziert, aus. Auch aus dem Bereichder Wissenschaft lassen sich keine leichten Anleihen machen, denn auchhier zeigt sich die Vielschichtigkeit und Vielgestaltigkeit desWissensbegriffs.

89 Siehe Abschnitt 6.5.1.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 251

In dieser Hinsicht zeigt Wissensmanagement in den Köpfen der Mitarbeiterkein kohärentes Bild.

Für Wissensmanagement-Verantwortliche ist es deshalb wichtig, eine solcheKlärung für sich selbst frühzeitig herbeizuführen. Eines ihrer Ziele muss essein, diese Diskussion in der Organisation anzustoßen und aufrecht zuerhalten, um die Vorstellungen von und die Erwartungen an dasWissensmanagement realistisch bestimmen zu können (von Krogh et al.,1997). Werden diese Aktivitäten zum �Languaging� vernachlässigt, bringtdies immer wieder Stockungen im Einführungsverlauf mit sich, weildeutlich wird, dass keine gemeinsame Basis darüber besteht, worüber maneigentlich redet. Dann verkommt Wissensmanagement zu einer�Abladestelle�90 beliebiger Projektionen und Probleme, die schon immermal gelöst werden sollen und die auch irgendwie mit Wissen zu tun haben.

Aufdecken von (Fehl-) ProjektionenEine Reihe von (Fehl-) Projektionen traten im Laufe derWissensmanagement-Einführung bei Telcotech zu Tage und mussten vonden Wissensmanagement-Verantwortlichen aufgedeckt und �enttarnt�werden (Trillitzsch, 2000). Vergleiche mit Untersuchungen in anderenUnternehmen (Davenport et al., 1998) zeigen, dass diese Projektionentypisch für herrschende Vorstellungen von Wissensmanagement sind.

Die wichtigsten, während der Wissensmanagement-Einführung beiTelcotech vorgefundenen (Fehl-) Projektionen waren:

• �So wie ein Produktmanager Produkte managt, so managenWissensmanager Wissen.�

Der hier zugrunde gelegt Wissensmanagement-Begriff suggeriert, dass sichWissen managen lässt wie Lagerbestände oder Finanzen. Dazu muss eszunächst aufgespürt und verfügbar gemacht, also dokumentiert werden. Daein wesentlicher Teil des wertvollen Wissens in Unternehmen dasErfahrungswissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, werden die

90 I-05 (11.02.1998)

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252 Die Einführung von Wissensmanagement

Erfahrungsträger ermutigt oder gedrängt, ihre Erfahrungen zu explizierenund zu dokumentieren.

Eine solche, rein auf die Explizierung und Bereitstellung von Wissenausgerichtete, Wissensmanagement-Strategie kann aus mehreren Gründenzu Problemen führen:

• Wissen, welches die Erfahrungsträger zu effektivem Handeln befähigt,ist über lange Zeit aufgebaut worden und damit eng mit der gesamtenPersönlichkeit des �Wissenden� verbunden. Wenn man diesesErfahrungswissen weitergeben möchte, müsste man den gesamtenGenerierungskontext mittransportieren, denn je nach Situation wird dasErfahrungswissen ja verschieden eingesetzt. Erfahrungswissen ist inseiner Komplexität kaum zu dokumentieren.

• Damit wird versucht, direkt auf das Persönlichste zuzugreifen, was einMitarbeiter dem Unternehmen zur Verfügung stellen kann: seineErfahrungen und sein Wissen. Zu versuchen, dass jemand sein WissenABGIBT, ruft dann schnell Widerstand hervor. Wie dieses auf einerWissensmanagement-Konferenz gehörte Zitat: �Ich lasse es nicht zu, dassjemand anderes mein Wissen managt�.

• Aus den oben genannten Gründen gibt es für einen Wissensmanager fürdiesen Prozess auch kaum verlässliche Steuerungsmöglichkeiten. ImZuge eines solchen Wissensmanagements könnte zwar sichergestelltwerden (z.B. durch Zielvereinbarungen oder obligatorische Projekt-Reviews), dass die Erfahrungsträger irgendetwas dokumentieren undweitergeben, nicht aber die Relevanz, Aktualität und Qualität diesesWissens. Was im Kopf eines Menschen steckt und wie er damit umgeht,darüber hat nur dieser Mensch selbst Kontrolle � nur er entscheidet, wasund wie viel davon er weitergibt.

Deshalb lässt sich Wissensmanagement nicht verordnen oder erzwingen.Peter Drucker (1998a) fasste dies treffend so zusammen: �In derWissensgesellschaft ist jeder ein Freiwilliger.� Die Aufgabe desWissensmanagements muss deshalb anders gefasst werden und könntesystemisch so formuliert werden: Schaffe Rahmenbedingungen,

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 253

Infrastrukturen, Systeme und Abläufe, so dass sich Wissensträger undWissenssuchende bei Bedarf schnell und effektiv austauschen können.Sorge dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im UnternehmenWissensmanagement kennen (Kommunikation), sich beteiligen können(Training) und dies auch wollen (Motivation). Arbeite an Werten undBeurteilungssystemen, die eine solche Wissensvernetzung fördern underfordern.

• �Wenn wir nur wüssten, was wir wissen ...�

Dieser Stoss-Seufzer war immer wieder aus den Begründungen fürWissensmanagement zu hören. Für den Siemens-Konzern galt er sogar alsgeflügeltes Wort und wurde, wie Anfangs bereits erwähnt, demVorstandsvorsitzenden Heinrich von Pierer zugeschrieben91.

Aber es gibt Gründe, ihn als (Fehl-) Projektion auf Wissensmanagementaufzudecken und nicht zum richtungweisenden Ziel einerWissensmanagement-Einführung zu machen.

Mit zunehmender Dezentralisierung und Veränderungsgeschwindigkeitsinkt zugleich auch die Transparenz in den Unternehmen, niemand kannmehr alles wissen, was im Unternehmen passiert. Und warum sollte mandas? Wenn alle über alles im Unternehmen Bescheid wissen, ist dann schoneine Euro mehr Umsatz gemacht oder ein Kunde besser bedient worden?

Es geht in Unternehmen also nicht nur darum zu wissen. Nur wenn dasUnternehmen ein Forschungsinstitut oder eine Beratungsfirma ist, wird esdirekt für das Wissen bezahlt. Die meisten Unternehmen bekommen vomKunden Geld für clevere Produkte, Dienstleistungen oder die erfolgreicheAbwicklung von Aufträgen. Das Wissen ist hierbei in den Produkten undDienstleistungen eingebaut, und der Kunde ist bereit, für clevere Angebotemehr zu bezahlen als für �dumme�. Wissensmanagement zielt dann darauf,dieses Wissen in die Angebote des Unternehmens und damit an den Markt

91 o.V. (1997); bezugnehmend darauf Schön (2000) Doch auch in anderen Unternehmenwird er zur Kennzeichnung des Wissensmanagement in Anspruch genommen(Davenport/Prusak 1998; Sieloff 1999)

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zu bekommen. Durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit kann derWissensvorsprung gegenüber Wettbewerbern aufrecht erhalten werden.

Im Hinblick auf eine bessere Abwicklung von Aufträgen ist esWissensmanagement-Aufgabe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zubefähigen, mit unzureichender Information leben zu können und trotzdemdie Kundenprojekte erfolgreich zu Ende zu führen. Dies hat viel mit Meta-Wissen zu tun, welches gebildet werden muss. Wo kann ich bei Bedarfnötiges Wissen nachlesen, wo finde ich Ansprechpartner, wie kann ich - z.B.mit Szenariotechnik - auch bei unsicheren Rahmenbedingungen zuErgebnissen kommen. Dazu kommt noch eine Portion Neugier undInteresse. Wie kann ich die Angebote noch ein bisschen besser machen, wielässt sich unsere Vorgehensweise optimieren, wie kristallisieren wirfrühzeitig erfolgversprechende Ansätze heraus?

Es geht also beim Umgang mit Wissen in Unternehmen nicht darum, dassjeder alles weiß, sondern eher um die Aufgabenstellung �Wenn wir unserWissen nur besser für unser Geschäft nutzen könnten!�

• �Wissensmanagement hat die Aufgabe, das Wissen aller imUnternehmen zu vernetzen.�

Ergebnis dieser Maxime kann das fünfte � nun konzernweite �Expertenverzeichnis sein oder unternehmensweite Wissensbasen, in denenentweder niemand sucht, oder in denen nichts oder niemand gefundenwird. Warum?

Eine stärker geschäftsbezogene Sichtweise kann hierauf eine Antwortgeben. Weil sich Unternehmen zunehmend in mehrere Geschäftsbereichegliedern und sich verstärkt unternehmensübergreifendeWertschöpfungsnetzwerke herausbilden, bilden sich auch ganz neueunternehmensübergreifende Wissensnetzwerke. Während man inregelmäßigem Austausch mit Partnern in anderen Unternehmen steht, hatman mit manchen Kollegen in der eigenen Firma kaum mehrAnknüpfungspunkte. Wenn dann noch Konkurrenzbeziehungen zwischenden verschiedenen Vertriebskanälen bzw. Geschäftsbereichen der Firma

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 255

bestehen, wird die Bildung eines unternehmensweiten Wissensmanagementweiter erschwert.

Da solche Strukturen aber Realität in der heutigen Wirtschaft sind, müssensie sich auch im Wissensmanagement widerspiegeln. Es kann deshalbsinnvoll sein, innerhalb eines Unternehmens verschiedeneWissensmanagement-Aktivitäten nebeneinander laufen zu lassen und nichtzu einem System zu integrieren. Andererseits muss Wissensmanagementnicht zwangsläufig an den Unternehmensgrenzen halt machen, sondernkann wichtige Partnerunternehmen mit einbeziehen.

Für die Abgrenzung der einzelnen Wissensmanagement-Aktivitäten bietetsich deshalb an: Nicht jeder muss sich an einer Wissensmanagement-Lösung beteiligen (Push), aber jeder sollte die Möglichkeit haben, sichbeteiligen zu können (Pull).

Darüber hinaus gibt es aber auch Aufgaben, die unternehmensweit gelöstwerden müssen, weil sie grundlegend für das Wissensmanagement sind.

Beispielsweise bestimmen die Qualität der unternehmensweitenKommunikationsverzeichnisse oder der E-Mail-Systeme auch die Qualität,die ein darauf aufbauendes Wissensmanagement-System bieten kann. Auchsollten unternehmensweite Standards bei der Auswahl vonKommunikationsmedien oder Software-Schnittstellen vereinbart werden.Denn es ist sinnvoll, wenn einzelne Systeme zwar nicht integriert werden,aber trotzdem kompatibel sind und miteinander vernetzt werden können.

• �Mehr Wissen ist besser.�

Auch diese Aussage erweist sich bei näherem Hinsehen als Trugschluss,wenn sie so generell gehalten wird. Wie bereits ausgeführt ist das Ziel derBereitstellung von Informationen und Wissen im Unternehmen dieHandlungs-Unterstützung. Deshalb muss das Wissensmanagementabhängig von den zugrundeliegenden Handlungen gemacht werden. Füreinfache und klar strukturierte Aufgaben ist es sinnvoll, auch dasentsprechende eindeutige und klar strukturierte Wissen zur Verfügung zustellen. Bei schlecht strukturierten und komplexen Aufgabenstellungen

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hingegen ist dies nicht möglich. Hier ist es notwendig, eine reichhaltigeAuswahl von Informationen und Wissen bereitzustellen.

Aber hierin liegt auch die Ursache für zunehmendeInformationsüberflutung: Bedingt durch die neuen IK-Technologien stehenplötzlich mehr Informationen bereit, als vom Mitarbeiter mit traditionellenArbeitstechniken gehandhabt werden können. Spezielle Trainingsangebotekönnen hier Abhilfe schaffen. So wurde im Rahmen desWissensmanagements bei Siemens ein Training für �PersönlichesWissensmanagement� entwickelt, in dem Methoden und Technikenvermittelt werden, wie Informationen strukturiert und selektiert werdenkönnen. Gelernt wird auch, deren Relevanz für die anstehenden Aufgabeneinzuschätzen und sie gezielt zu Wissen zu machen, mit dem dieanstehenden Aufgaben besser erledigt werden können.

Zusammenfassend gab es im Fallbeispiel Telcotech eineWissensvorstellung, welche Wissen als eine separierbare und von ihremKontext lösbare Entität begriff. Verbunden war dies mit der Annahme einesWerts von Wissen an sich und einer deshalb möglichen quantitativ-kumulativen Wertsteigerung des Wissenspools.

Besondere Schwierigkeiten entstehen, wenn diese Projektionen nicht nurvon Mitarbeitern, sondern auch vom Management als Auftraggeber derWissensmanagement-Einführung vertreten werden. So war es notwendig,der Geschäftsführung von Telcotech zu verdeutlichen, dass eine einzigeLösung für alle der neuntausend Mitarbeiter nicht sinnvoll ist, da dieeinzelnen Vertriebe mit ganz unterschiedlichen Geschäftsmodellenarbeiteten, die auch unterschiedliche Arbeitspraktiken der Mitarbeiter nachsich zog. Hier wird die politische Dimension in der Arbeit derWissensmanagement-Verantwortliche deutlich (Foote et al., 2001).

Für den einzelnen Mitarbeiter bestand die Schere im Kopf häufig darin,nicht nur die eigene Arbeit zu optimieren, sondern systematischeProblemlösungen anzustreben, die Wissensprobleme dauerhaft lösen.

Das nicht nur anfängliche Vorkommen dieser Missverständnisse, sondernein immer wieder vorkommende �Aufflackern� dieser Projektionen macht

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 257

deutlich, wie hartnäckig sie die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortliche betrafen. Diese Annahmen über Wissen und den Umgangdamit sind tief verinnerlicht und kulturell verwurzelt und weisen demLanguaging eine dauerhafte Aufgabe im Rahmen einerWissensmanagement-Einführung zu92.

Bereitstellen von ArbeitsdefinitionenDas Sichtbarmachen der bestehenden Projektionen auf das Thema ist einerster Teil der Arbeit an den Begriffen. Darüber hinaus gilt es, diealternativen Definitionsmöglichkeiten aufzuzeigen und gemeinsameArbeitsdefinitionen zu vereinbaren.

Im Telcotech-Fallbeispiel wurde der Ansatz eines Initiativen-Portfoliosunter einem gemeinsamen Leitprojekt gewählt. Mit dem BegriffWissensmanagement-Einführung wurde jedoch sowohl dasGesamtvorgehen, als auch die einzelnen Initiativen beschrieben. Darum wares wichtig, mit geeigneten Arbeitsdefinitionen eine Unterscheidungzwischen der gesamten Wissensmanagement-Einführung als Leitprojekteinerseits und den einzelnen KN-Initiativen als Teiletappen und Moduleandererseits deutlich zu machen.

In Anlehnung an diese Unterscheidung kann eine Anatomie einerWissensmanagement-Einführung bestimmt werden, die zwischenWissensmanagement-Projekten und der Wissensmanagement-Einführungals Wissensmanagement-Programm unterscheidet.

Wissensmanagement-Projekte sind die Aktivitäten, die auf konkreteGeschäftsprobleme abgestimmt sind und für diese Lösungen erarbeiten.

Die Wissensmanagement-Einführung stellt diese Aktivitäten in einerelationale und dynamische Beziehung und verbindet sie zu einemGesamtprogramm.

92 Siehe Abschnitt 6.5.1.

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258 Die Einführung von Wissensmanagement

Weitere Arbeitsdefinitionen bezogen sich auf den Wissensbegriff (�Wissenist Information in Aktion�) oder den Sinn von Wissensmanagement(�Keiner allein ist so schlau wie wir alle zusammen�).

Die Grenze von Arbeitsdefinitionen zu Slogans oder Claims in derKommunikation des Wissensmanagements ist damit fließend, relevant istihre ausrichtende und komplexitätssteuernde Wirkung. DieArbeitsdefinitionen ziehen sich durch die gesamte Kommunikationwährend der Wissensmanagement-Einführung und sollten von denWissensmanagement-Verantwortlichen einheitlich und kontinuierlichverwendet werden.

6.3.2 Festlegung der Start-Position

�Entscheidend für die Akzeptanz vonWissensmanagement-Bemühungen in derOrganisation ist der wahrgenommeneBusiness Need.�93

So fasst der Projektleiter bei Telcotech seine Erfahrungen nach mehr als dreiJahren Wissensmanagement-Einführungsarbeit zusammen. Erklärendergänzte er, dass in Bezug auf den �wahrgenommenen Business Need�beide darin enthaltenen Komponenten als wesentlich anzusehen sind.

Eine geschäftliche Notwendigkeit für das Wissensmanagement mussvorhanden sein und aufgezeigt werden können. Zugleich muss diese aberauch als Problem wahrgenommen und in der Organisation akzeptiertwerden. Gelingt dies, kann das Wissensmanagement direkt an das Geschäftangebunden werden und wirkt nicht aufgesetzt, sondern integriert. Einedritte Komponente, die erfüllt sein muss, fügt er noch hinzu: DasUnternehmen muss zur Wahrnehmung der Dinge, die in und um es herumgeschehen, überhaupt fähig sein, es darf also nicht einer autistischenInnensicht unterliegen.94

93 I-06 (15.10.1999)94 I-06 (15.10.1999)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 259

Unter dem Business Need, der die Ausgangsposition einer erfolgreichenWissensmanagement-Einführung bildet, können mehrere Komponentenverstanden werden. Beinhaltet sein können Notwendigkeiten in Bezug auf(a) die derzeitige geschäftliche Situation, (b) die Unternehmensstrategie und(c) den Entwicklungsstand der Organisation und der Mitarbeiter.

Notwendig dafür ist eine Analyse und Bewertung der treibenden Faktorendes Geschäfts. Dabei kann nicht vorausgesetzt werden, dass diesetatsächlich bekannt und bereits expliziert sind. Zudem kann nichtvorausgesetzt werden, dass eine einmalige Abstimmung zu Beginn derEinführungs-Aktivitäten ausreicht. Vielmehr ist eine regelmäßigeÜberprüfung des Fit notwendig.

Im Fallbeispiel waren mehrere Zyklen notwendig, um die Aktivitäten soauszurichten, dass sie die Geschäftstreiber wirklich unterstützten.

Anbindung an eine geschäftliche Notwendigkeit�Wissensmanagement ist kein Zweck an sich, sondern dient demgeschäftlichen Erfolg.�95, so die Erkenntnis der Wissensmanagement-Verantwortlichen bei Telcotech.

Diese Aussage mag zunächst trivial klingen, jedoch zeigten Gespräche beiTelcotech und anderer Unternehmen, dass es gerade in der Anfangszeit derBeschäftigung mit Wissensmanagement ein Lernprozess war, zu dieserErkenntnis zu kommen. Stellte man auf Managementmeetings die Fragenach dem �Wofür� des Wissensmanagements, waren Antworten wie �Wirmachen Wissensmanagement, um zu zeigen, dass wir neue Themen aktivaufgreifen� �Das hatte mich auch privat schon längere Zeit interessiert� oder�Wieso fragen Sie, Wissensmanagement ist die Zukunft� nicht dieAusnahme96. Dem Wissensmanagement selbst wurde ein normativer Wertzugemessen. Umso enttäuschender verliefen dann häufigWissensmanagement-Projekte und führten letztendlich zur oberflächlichen

95 I-02 (13.02.1999)96 Immer wieder gehört auf verschiedenen firmenübergreifenden Wissensmanagement-

Meetings oder Management-Seminaren zwischen 1997-1999.

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260 Die Einführung von Wissensmanagement

und damit falschen Generalaussage, dass Wissensmanagement nichtsbringt.

Der Blick hinter die Kulissen bei Telcotech hat gezeigt, dass diejenigenProjekte dauerhaft erfolgreich waren, die passend zur geschäftlichenSituation waren. So wurde eine Initiative zur Wettbewerbsbeobachtung inzwei Vertriebsschienen ganz unterschiedlich aufgenommen. Während ineinem stark verkaufsorientierten Vertriebskanal Wissen über denWettbewerb als sehr wichtig angesehen wurde, wurde dessen Bedeutung ineinem zweiten, stärker consulting-orientierten Vertriebskanal als wenigrelevant eingeschätzt.

Stattdessen fragten die Consultants verstärkt Workshops nach, in denen sielernten, Synergiepotentiale zwischen einzelnen Kundenprojekten zu nutzenoder in denen sie Methodikbausteine entwickelten. Solche Fragestellungenhatten jedoch für den Kleinkunden-Vertrieb keine Relevanz.

Anbindung an die UnternehmensstrategieDoch nicht nur die Statik des gegenwärtigen Geschäfts wirkt sich auf dieAusgestaltung und den Erfolg des Wissensmanagements aus, auch geplantestrategische Veränderungen müssen sich in den Wissensmanagement-Aktivitäten widerspiegeln.

Probleme für die Wissensmanagement-Einführung ergeben sich, wennkeine Strategie vorliegt bzw. diese nicht klar formuliert ist. Dann fehlt derWissensmanagement-Einführung die Referenz, an der sie sich ausrichtenkann. Da der Wissensmanagement-Einführung nicht die Rolle zukommenkann, selbst die Unternehmensstrategie vorzugeben, müssen dieWissensmanagement-Verantwortlichen diese Ausgangssituation in ihrerEinführungsplanung berücksichtigen und nach Möglichkeiten zumUmgang damit suchen. Solche Möglichkeiten können darin bestehen, eineStrategiediskussion einzufordern oder mit einem Geschäftsleitungsauftragdiese anzustoßen oder zu moderieren. Die Wissensmanagement-Verantwortlichen können jedoch auch mit Alternativszenarien mögliche

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 261

strategische Weichenstellungen vorausdenken und sich auf mehrereMöglichkeiten vorbereiten97.

Wissensmanagement-Einführung muss sich anhand und entlang derStrategie entwickeln � ohne Strategieanbindung ist eineWissensmanagement-Einführung nicht machbar, denn Wissensmanagementist von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn es entgegen derrestlichen Ziele des Unternehmens wirkt.

Bei Telcotech besteht die Strategie in der Ausweitung desSystemintegrationsgeschäfts und der Transformation vom Vertrieb zumLösungsanbieter98. Wissensmanagement ist eine der Voraussetzungen, dasssich das Unternehmen immer wieder dynamisch um die anstehendenKundenprojekte konfiguriert. Dazu muss jeder Mitarbeiter sein eigenesWissen bewusst managen und in der Lage sein, gemeinsam mit anderendynamische Wissens- und Zusammenarbeitsnetze aufzubauen. Aus dieserStrategieaussage für das Wissensmanagement konnte die weitere Planungder Wissensmanagement-Einführung abgeleitet werden(Trillitzsch/Klostermeier, 2001b).

Eine weitere Schwierigkeit der Strategieanbindung besteht jedoch darin, diewirklich handlungsleitenden Ziele des Unternehmens zu erkennen. Nichtimmer ist die kommunizierte und festgeschriebene Strategie auch diehandlungsleitende, nicht immer sind die Ziele der Unternehmensleitungauch die der Linienverantwortlichen. Nicht immer gehen die explizitausgesprochenen Ziele konform mit einer �hidden agenda� der Akteure.Nicht immer bleiben die Unternehmensziele konstant, sondern verändernsich über die Zeit. Nicht immer sind alle Ziele des Unternehmens konsistentbzw. bewusst und explizit gemacht.

Für Wissensmanagement-Verantwortliche ist es deshalb nicht nur zuBeginn der Wissensmanagement-Einführung unumgänglich, selbst aktiv zuwerden. Eine wiederholte aktive Auseinandersetzung mit dem Zielsystem

97 Siehe Abschnitt 6.6.1.98 I-02 (13.02.1999)

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262 Die Einführung von Wissensmanagement

des Unternehmens ist notwendig, häufig auch ein Eingriff in dieZielklärungs- und Zielformulierungsprozesse.

Im Fallbeispiel hat sich dafür ein Assessment-Prozess bewährt, in dem vonden Wissensmanagement-Verantwortlichen gemeinsam mit derUnternehmensleitung das aktuelle Zielsystem betrachtet und gemeinsambestimmt wurde, wie die Ziele für das Wissensmanagement in diesesSystem eingepasst werden. Dieser Prozess hatte mehrere Ergebnisse. Nebender (a) Vergegenwärtigung und (b) Überprüfung des Unternehmens-Ziel-Sets wird zugleich (c) ein dazu passendes Ziel-Set für dieWissensmanagement-Einführung festgelegt und mit derUnternehmensleitung vereinbart. Nachfolgende Assessments (d) messendie Zielerreichung und ermöglichen (e) die Steuerung desWissensmanagement-Einführungsprozesses99.

Zusammenfassend benötigt damit die Wissensmanagement-EinführungAussagen zur Unternehmensstrategie, ohne diese selbst festlegen zukönnen. Darüber hinaus richtet sich eine umfassende Wissensmanagement-Einführung nicht nur an der Unternehmensstrategie aus, sondern brauchtauch selbst eine eigene Strategie, um den Gesamtprozess zu strukturierenund zu steuern. Eine eigenen Strategie ist immer dann zwingendnotwendig, wenn die Ziele nicht direkt und sofort erreichbar sind, sondernüber ein abzustimmendes Maßnahmenbündel oder einen längerenZeitraum erfolgen müssen. Dies trifft auch auf das Wissensmanagement zu,deshalb müssen der Wissensmanagement-Implementierung strategischeÜberlegungen zugrunde gelegt werden. Daneben helfen die strategischenÜberlegungen, Ordnung in die vielfältigen Optionen zu bringen undKlarheit über die künftige Vorgehensweise zu erzielen.

Anbindung an den derzeitigen Stand der OrganisationWissensmanagement ist keine losgelöste Aktivität, welche unverbundenneben der Geschichte der Organisation und dem aktuellen Geschehen in ihrabläuft. Daher ist eine Positionierung zwischen der geplanten

99 I-05 (01.04.2000 und 04.09.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 263

Ausgestaltung des Wissensmanagements und dem augenblicklichen Standder Organisation notwendig.

Es muss dabei entschieden werden, ob Wissensmanagement sich denGegebenheiten der Organisation unterordnet und sich an diese anpasst oderaber eine Vorreiterrolle einnimmt, welche Tradiertes in der Organisationignorieren und neu bestimmen kann.

Wird die Auseinandersetzung mit diesen Fragstellungen versäumt, drohendie Wissensmanagement-Aktivitäten ins Leere zu laufen oder dieWissensmanagement-Verantwortlichen in Dilemma-Situationen zu führen(Trillitzsch/Gibbert, 2000b; Probst/Gibbert, 2002), weil die Anforderungen,die sich aus dem Wissensmanagement an die Mitarbeiter ergeben, konträrstehen zu den üblichen, weiterhin gültigen Anforderungen derOrganisation.

So zeigte sich bei Telcotech, dass Wissensmanagement-Initiativen fürVertriebsmitarbeiter anders aussehen müssen als für Servicetechniker. BeideGruppen im Unternehmen haben eigene Kulturen und Werte entwickelt,die sich im Wissensmanagement widerspiegeln müssen. Beispielsweise gibtes bei Servicetechnikern einen großen Zusammenhalt und die Tendenz, sichfreiwillig gegenseitig zu helfen. Vertriebsmitarbeiter hingegen arbeiten eherals Einzelkämpfer, die ohne Gegenleistung seltener für andere aktiv werden(dazu auch die Unterscheidung der �professional cultures� bei Schein, 1985;oder die Beschreibung der Arbeit von Servicetechnikern bei Orr, 1996).Diese verschiedene Prägung muss natürlich bei den Fragen nach Incentivesfür Wissensteilung berücksichtigt werden.

Wenn die Wissensmanagement-Initiativen den Stand der Organisationberücksichtigen und darauf ausgerichtet sind, stellt sich die Akzeptanz derInitiative und damit ihr Erfolg leichter ein (beispielhaft dazu diskutiert inTrillitzsch/Klostermeier, 2002).

Methodisch wurde dazu der Vorschlag von Bolman/Deal (1991) zurCharakterisierung von Wandlungsprozessen im Unternehmen genutzt, derzu Beginn für die gesamte Wissensmanagement-Einführung, später auch

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264 Die Einführung von Wissensmanagement

für Einzelthemen zum Einsatz kam. Diese unterscheiden die vierWandlungsdimension: Struktur, Kultur, Politik und Prozesse.

In Anlehnung an Bolman/Deal und in Verbindung mit dem konzerninterngenutztem Schema der top-Projekte100 wurden die vier Dimensionen derWissensmanagement-Einführung (1) Vision und Strategie, (2) Werte undVerhalten, (3) Struktur und Prozesse und (4) Infrastruktur/Toolsunterschieden. Eine umfassende Wissensmanagement-Einführung solltealle vier Wirkungsebenen adressieren.

Auf der zweiten Dimension kamen die Wissensbausteine (Probst et al.,1998) zum Einsatz, welche die Bandbreite möglicher Ausrichtungen vonWissensmanagement-Initiativen abbilden sollen.

Abbildung 47: Die �Wissensmatrix� als Darstellungsstruktur

100 top (time optimized processes) ist ein zu diesem Zeitpunkt laufendes, konzernweiterVerbesserungsprojekt.

Wissens-identifikation

Wissens-erwerb

Wissens-entwicklung

Wissens-(ver)teilung

Wissens-nutzung

Wissens-bewahrung

VisionStrategie

WerteVerhalten

StrukturProzesse

Tools

Quelle: eigene Darstellung, nach Siemens (2000)

Wissens-identifikation

Wissens-erwerb

Wissens-entwicklung

Wissens-(ver)teilung

Wissens-nutzung

Wissens-bewahrung

VisionStrategie

WerteVerhalten

StrukturProzesse

Tools

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 265

Eine Schwierigkeit in der Arbeit mit der Wissensmatrix war die Möglichkeiteiner trennscharfen Zuordnung zu den einzelnen Feldern. Insbesondere dieWissensbausteine waren eine zu theoretische Gliederung.

Im Verlauf der Einführungsarbeit wurden deshalb vor allem die viervertikalen Dimensionen genutzt und noch erweitert.

Als relevante Dimensionen, innerhalb derer eine Positionsbestimmungzwischen Wissensmanagement-Initiativen und dem Stand der Organisationerfolgte, wurden angesehen:

• Selbstverständnis und Kultur

• Strategie

• Struktur

• Performance- und Incentivesystem

• Technologie-Ausstattung und -einsatz und

• Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter.

Gegenüber diesen sechs Dimensionen wurde geprüft, wie eineWissensmanagement-Initiative ausgestaltet werden musste, um zum Standder Organisation zu passen.

Nicht alle Voraussetzungen für das Passen bezogen sich aufAufgabengebiete der Wissensmanagement-Verantwortlichen, so dass hierdie Abstimmung bzw. Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen für dieseManagement-Themen (z.B. Informationsmanagement, Personalabteilung,Training) gesucht werden musste.

Positionierung der Wissensmanagement-Einführung im Verhältnis zuanderen Management-ThemenNeben der Erarbeitung einer Zielvorstellung und der Wahl einesEinführungs-Ansatzes besteht eine wichtige Aktivität in der Abstimmungmit anderen Management-Themen.

Wie bereits aufgezeigt, besteht eine Herausforderung bei derWissensmanagement-Einführung darin, das Wissensmanagement keinen

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266 Die Einführung von Wissensmanagement

eigenen Claim besitzt, sondern quer und übergreifend zu bestehendenManagement-Aufgaben und deren Verantwortlichen verläuft. DieAbstimmung und Zusammenarbeit mit diesen Verantwortlichen muss aktivgeplant und betrieben werden.

Erfolgen kann die Abstimmung im Rahmen der Zusammenarbeit inPartner-Netzen oder durch Modularisierung101.

6.3.3 Bestimmung der Ziel-Position

Einer der Imperative für einenWissensmanagement-Verantwortlichen:Arbeite konkret � kommuniziere Ideen.I-07 (31.03.2000)

Neben der Festlegung, von wo die Wissensmanagement-Einführung startet,spielt die Bestimmung der Ziel-Position eine wichtige Rolle. Sie definiert,welche Leistungen von einem Wissensmanagement zu erwarten sind undwelche Methoden dazu eingesetzt werden. Außerdem gibt sie Hinweise,welche Funktion oder Rolle die Wissensmanagement-Verantwortlichendabei einnehmen.

Die Bestimmung der Zielposition ist zu Beginn der Wissensmanagement-Einführung zu leisten und im Verlauf der Einführung immer wieder zuüberprüfen und anzupassen.102

Zielvorstellungs-Bilder der Wissensmanagement-EinführungDie Vorstellungen über das Ziel der Wissensmanagement-Einführungblieben im untersuchten Fallbeispiel während der Einführungsarbeit nichtkonstant. Im Gegenteil, im Verlauf der Wissensmanagement-Einführungließen sich verschiedene Leitbilder identifizieren, an denen dieWissensmanagement-Verantwortlichen ihre Aktivitäten ausrichteten. DerWechsel zwischen solchen Bildern erfolgte teilweise geplant über das

101 Siehe Abschnitt 6.6.2.102 Während die unterschiedlichen Möglichkeiten, die Ziel-Position abzustecken, in

diesem Abschnitt beschriebenen werden, werden die Aktivitäten zur Überprüfung undSteuerung im Abschnitt 6.5.3. weiter vertieft.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 267

Erreichen bestimmter Zwischenziele, teilweise aber auch angestoßen durchneue interne Erkenntnisse oder veränderte externe Rahmenbedingungen.

Solche Leitbilder können mehrere Funktionen wahrnehmen. Bei Telcotechwurden sie insbesondere benötigt, um die eigene Aufgabe besser fassbar zumachen und zu konkretisieren, zum anderen dienten sie alsidentitätsstiftendes Moment zur Bestätigung der eigenen Rolle und zureinfachen Sozialisierung von neuen Teammitgliedern und Partnern.

Morgan, (1997:271ff.) verweist auf die Bedeutung von �Imaginization�, deraktiven Schaffung solche Leitbilder, um die Komplexität derUnternehmensrealität besser transportierbar und besser transformierbar zumachen. Leitbilder haben nicht nur einen realitätsabbildenden, sondernauch einen realitätsstiftenden Charakter und seien damit relevant inTransformationsprozessen.

Für die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech konnten sechssolcher Leitbilder unterschieden werden, die unten als Modi desWissensmanagements vorgestellt werden.

Die Entwicklung der Wissensmanagement-Einführung bei Telcotecherfolgte nicht linear anhand einer einheitlichen Zielvorstellung, sondern dieVorstellung vom Ziel des Wissensmanagements veränderte sich über dieJahre der Falluntersuchung mehrfach.

Innerhalb eines Zielvorstellungs-Modus konnte eine Zeitlang erfolgreichgearbeitet werden und mit kleinen Anpassungen konnten kleine weitereEinführungsfortschritte erreicht werden.

Doch mehrfach geriet man mit der Arbeit innerhalb eines Modus anGrenzen. Dann musste die bisherige Logik generell in Frage gestelltwerden, weil sie keine produktive Weiterentwicklung mehr ermöglichte.Meist waren solche Kristallisationspunkte, die eine Veränderung des Modusnach sich zogen, Reflektions- und Strategie-Workshops, in denen dieKonkretisierung der nächsten Einführungsschritte und die weitere Planungdafür erfolgen sollte. Diese bewusst geschaffenen Auszeiten führten dazu,dass wahrgenommen wurde, welche Ziele und Vorstellungen mit der

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268 Die Einführung von Wissensmanagement

bisherigen Logik nicht erreicht werden konnten. Durch eine bewussteEntscheidung wurde dann eine neue Logik gesucht und die Aktivitätenentsprechend neu ausgerichtet.

Somit lassen sich evolutionäre Verbesserungen und revolutionäre Brücheunterscheiden. Dieses Muster von evolutionären und revolutionärenEntwicklungen lässt sich auch in Untersuchungen zurUnternehmensentwicklung wiederfinden. Bei Greiner (1972:38) undBleicher (1999) findet eine Konzeptionalisierung als Phasenschema statt, beider die verschiedenen Phasen einer Unternehmensentwicklungnacheinander ablaufen. Auch für den AnwendungsfallWissensmanagement schlägt Burton-Jones (1999:167ff.) einEntwicklungsmodell des Wissenszuwachses und Ehms/Langen (2000:20ff.)ein Reifegradmodell vor.

Obwohl aufgrund des zeitlichen Verlaufes auch im untersuchtenFallbeispiel von Phasen der Wissensmanagement-Einführung gesprochenwerden kann, kann (noch) nicht von einem Phasenschema derWissensmanagement-Einführung gesprochen werden. Dies würde einezwingende Abfolge einzelner Phasen implizieren, doch für eine solcheAussage ist die Datenbasis einer Einzelfallstudie zu klein.

Weitere Forschung wäre hier sinnvoll und wünschenswert, um zuverbesserten Aussagen über Vollständigkeit, Abfolge undKontextabhängigkeiten und einem besseren Verständnis der einzelnenModi selbst zu kommen.103

103 Ein daraus gebildeter Bezugsrahmen könnte dazu dienen, die Aktionen derWissensmanagement-Verantwortlichen zu synchronisieren und im Hinblick auf dasNiveau des gelebten Wissensmanagements in der Organisation auszurichten.Weiterführende Implikationen eines solchen Bezugsrahmens sind Hilfestellungen beiProjektbesetzungen, Erleichterung bei der Projektsteuerung (Projektziele, Meilensteine),bei Timing-Entscheidungen oder der Entwicklung von Assessments.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 269

Unterschiedliche Modi, welche sich in der bisherigen Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech unterscheiden lassen, können überschriebenwerden mit:

• Wert des Wissens

• Mechanistisches Wissensmanagement

• Business Process-Wissensmanagement

• Organisationales Wissensmanagement

• Wissensmanagement-Services.

Sie unterscheiden sich unter anderem durch den gewählten Zielfokus derWissensmanagement-Einführung und den daraus abgeleitetenGestaltungsmöglichkeiten sowie den Grenzen, welche die jeweiligeSichtweise mit sich bringt.

Wert des Wissens � Erzeugen von Legitimation

Eine erste Ausprägung, die beobachtet werden konnte, kann unter demTitel �Wert des Wissens� zusammengefasst werden. Hierbei fokussieren dieWissensmanagement-Aktivitäten auf die Verdeutlichung, dass Wisseneinen Wert für das Unternehmen hat.

Argumente dafür liefern andere Unternehmen, in welchen ein Einsatz vonWissensmanagement mit einer Steigerung des Börsenwertes oder andererstrategischer Unternehmenskennzahlen (z.B. Anteil vom Umsatz ausProdukten jünger als drei Jahre) einherging. Zudem wird versucht, für daseigene Unternehmen Argumentationsketten zu bilden, welche zeigen, inwelcher Form Wissen zu einer Wertsteigerung führt.

Die Grenzen des Ansatzes liegen in der problematischenKonkretisierbarkeit und Operationalisierbarkeit. Wissensmanagement mitdiesem Ansatz wird nicht greifbar.

Er eignet sich nicht als Einführungsmodell, denn einen Einführungsprozessgibt es in diesem Ansatz nicht. Nachdem die Frage beantwortet ist,

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270 Die Einführung von Wissensmanagement

�warum� und evtl. �an welchen Stellen� Wissen wertsteigernd ist, stocktein derartiges Wissensmanagement.

Vor diesem Hintergrund hat es seine Bedeutung als frühe Ausprägung inder Beschäftigung eines Unternehmens mit Wissensmanagement, mussdann aber überwunden und durch geeignetere Ansätze abgelöst werden.

Mechanistisches Wissensmanagement � Definition über die Werkzeuge

Ein anderer Ansatz, der im Fallbeispiel erkennbar wurde, siehtWissensmanagement als Anwendung bestimmter anerkannter Technikenund Methoden.

Typische Ausprägung ist die Sammlung von �Best Practices� andererUnternehmen, die danach auf das eigene Unternehmen angewandt werden.Dies kann sowohl in angepasster Form, aber auch unangepasst erfolgen.Ergebnisse dieser Wissensmanagement-Ausprägung können �Werkzeug-Kästen�, �Wissensmanagement-Treibermodelle� oder andererSystematisierungen sein.

Die Grenzen dieses Ansatzes bestehen in seiner Tendenz zurKomplexitätserweiterung. Anstatt Hilfestellung zur Fokussierung zuliefern, spannt er die Bandbreite möglicher Wissensmanagement-Aktivitäten auf und lässt den Wissensmanagement-Verantwortlichen mitder Auswahl allein. Auch in Bezug auf die Einpassung in denUnternehmenskontext und die Integration in die bereits bestehende Tool-oder Verfahrenslandschaft des Unternehmens leistet dieser Ansatz keineHilfestellung.

Business Process-Wissensmanagement � Die Prozesse verbessern

Das Business-Process-Wissensmanagement geht den umgekehrten Weg. Eskonzentriert sich auf konkrete Wissensmanagement-Lösungen für einzelnewissensintensive Prozesse oder versucht, Wissensmanagement entlang derbestehenden Unternehmensprozesse zu entwickeln und zu betreiben.

Diese Herangehensweise entstammt dem Ansatz des Business-Process-Reengineering und wendet diesen auf wissensintensive Prozesse an. Dazu

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 271

werden die mit den Unternehmensprozessen korrespondierendenWissensflüsse analysiert und Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet.

Zugrunde gelegt wird die Hoffung, dass sich Erfahrungen aus denPilotprojekten (den zuerst bearbeiteten Prozessen) rasch für andereUnternehmensprozesse nutzen lassen104.

Die Grenze dieses Ansatzes liegt in seiner lokalen Ausrichtung und seinernicht-möglichen Skalierbarkeit auf andere Unternehmensprozesse oder dasGesamtunternehmen. Erfahrungen, die in einem Unternehmensprozessgemacht wurden sowie Lösungen, die dafür gefunden wurden, könnennicht als Pilotierung angesehen werden und im Sinne eines Roll-outseinfach auf andere Prozesse im Unternehmen und auf andereUnternehmensbereiche übertragen werden. Dieser Ansatz erfordert alsovon der Unternehmensleitung die Einsicht, dass Wissensmanagement imkonkreten Kontext am erfolgversprechendsten ist und nicht im Sinne einesPiloten-Rollout-Vorgehens danach im gesamten Unternehmen verbreitetwerden kann.

Organisationales Wissensmanagement � Den Hebel bei den Mitarbeiternansetzen

Nicht an den Prozessen als Ort des Wissensmanagement, sondern bei denMitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Träger und Ausführende derWissensmanagement-Aktivitäten setzt diese Herangehensweise an. Hierwird eine wissensfreundliche Kultur als grundlegende Voraussetzungbetrachtet und Maßnahmen zu deren Gestaltung eingeleitet. Schulungen inWissensmanagement-Methoden und Teamtrainings, verbunden mitArbeiten am Incentive-System des Unternehmens sind dafür typischeAktivitäten.

Wesentliche Grenzen dieses Ansatzes liegen in der Aufzeigbarkeit vonpositiven, direkt auf das Geschäft wirkende Resultaten und deren

104 So war bei Telcotech oft die Rede davon, dass nach der Bearbeitung der vier KN-Initiativen in der Projektphase der Wissensmanagement-Einführung anschließend mitdem �Roll-out� im Gesamtunternehmen begonnen werden könne.

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Zurechenbarkeit auf die Wissensmanagement-Aktivitäten. Damit ist dieLegitimierung des Wissensmanagements erschwert und erfordert ein tiefesVerständnis der Unternehmensleitung über die Schwierigkeiten derZurechnung von Kosten und Nutzen bei der Wissensmanagement-Einführung. Zudem ist dieser Ansatz sehr langfristig geplant, was indynamischen Umfeldern oder in schrumpfenden Geschäften schwerlegitimierbar ist.

Wissensmanagement-Services � Unterstützung für dieGeschäftsverantwortlichen vor Ort

Die Form, welche die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech zumEnde der Fallstudienuntersuchung hin einnahm, kann alsWissensmanagement-Services bezeichnet werden.

Hierbei übernahmen die Wissensmanagement-Verantwortlichen die Rolleeines internen Dienstleisters, welcher den lokalenGeschäftsverantwortlichen (a) konkrete Projektunterstützung, (b) einzelneWissensmanagement-Services (z.B. Gelbe Seiten, Wettbewerbsbeobachtung)und (c) Kommunikationsunterstützung (Intranet, Interne Kommunikation)zur Verfügung stellte. Ergänzt wurde diese Rolle durch die (d)Gesamtsteuerung Wissensmanagement-Einführung und einen (e) Mess-und Controllingauftrag der Unternehmensleitung.

Vorteil dieses Ansatzes ist, dass die Gesamtverantwortung für das Geschäftbei den Verantwortlichen vor Ort bleibt und diese damit auch dieVerantwortung für das Wissensmanagement wahrnehmen. Der Anstoß zuden Wissensmanagement-Aktivitäten wird in den Geschäftsdurchsprachenmit der Unternehmensleitung gegeben, in denen auch dieWissensmanagement-Fortschritte thematisiert werden. Über den Umfang,die zeitliche und die inhaltliche Gestaltung wird dann gemeinsam mit denWissensmanagement-Verantwortlichen entschieden, welche dieRealisierung unterstützen.

Zugleich liegen auch die Grenzen des Ansatzes in der Verlagerung derVerantwortung für die Wissensmanagement-Einführung hin zu den

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 273

einzelnen Geschäftsverantwortlichen. Sie erfordern die Bereitschaft derlokalen Geschäftsverantwortlichen, die Wissensmanagement-Einführungvoranzutreiben. Setzen sie Prioritäten anders oder erkennen den Nutzenvon Wissensmanagement für ihren Verantwortungsbereich nicht an, stocktdie Wissensmanagement-Einführung. Ein Gelingen ist dann abhängig vonden Steuerungs- und Zielvereinbarungsprozessen zwischen lokalenGeschäftsverantwortlichen und Unternehmensleitung. Außerdem müssenReview-Methoden für die Messung des Einführungsfortschrittes erarbeitetund bereitgestellt werden.

Die Abstimmung und Überzeugungsarbeit erfordert durch die höhereAnzahl an Ansprechpartnern mehr Zeit und wirkt sich auf dieEinführungsgeschwindigkeit aus.

Ebenfalls können mit diesem Ansatz Synergiepotentiale zwischen mehrerenlokalen Geschäftsverantwortlichen schwieriger erschlossen werden, da dieKosten bei den einzelnen Geschäftsverantwortlichen entstehen, währendder Nutzen gemeinschaftlich anfällt. Hierbei handelt es sich um eine�Public Good�-Problematik, die in der internen Verrechnung der einzelnenVerantwortungsbereiche schwierig abbildbar ist.

... und danach?

Die vorgestellten Ansätze können individuell oder in einer zeitlichenAbfolge innerhalb einer Wissensmanagement-Einführung in einemUnternehmen auftreten. Im untersuchten Fallbeispiel war jeder dieseAnsätze zu unterschiedlichen Zeitpunkten erkennbar. Eine zwingendezeitliche Abfolge ist jedoch nicht erkennbar, noch muss jeder dieser Ansätzedurchlaufen werden.

Ob sich ein Ansatz bewährt, hängt vielmehr von den Kontextfaktoren derEinführung ab. So ist in einem sehr dynamischen Unternehmens- undWettbewerbsumfeld eher ein Wechsel zwischen mehreren Ansätzen zuerwarten als in einer eher statischen Umgebung.

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Rollenmodelle der Wissensmanagement-VerantwortlichenVerbunden mit der Frage nach den Zielvorstellungsbildern waren dieZurechnungen an die Rolle der Wissensmanagement-Verantwortlichen. DieWissensmanagement-Verantwortlichen sahen sich mit folgenden Rollenkonfrontiert

• Alleswissender Problemlöser für alle Probleme

• Bibliothekar

• Technologe

• Rufer in der Wüste

• Programm-Manager

• Interner Consultant

Gerade zu Beginn der Wissensmanagement-Einführung wurden dieMitglieder des KN-Teams oftmals als Alleswissende oder Bibliothekarebetrachtet. So kamen per E-Mail Anfragen, welches Wissen denn jetzt vomKN-Team erhalten werden. Es wurden spezielle fachliche Fragen gestellt,von denen sich die Mitarbeiter eine Antwort erhofften. Oder es wurdeangefragt, wer denn im Unternehmen für dieses oder jenes Problemverantwortlich sei oder weiterhelfen könne. Die Wissensmanagement-Verantwortlichen wurden als Abladestelle105 für verschiedensteErwartungen genutzt, die irgend etwas mit Wissen zu tun hatten106.

Diese Erwartungen zeigen, dass von den Mitarbeitern zunächst einefallweise Lösung ihrer direkten Probleme gesucht wurde. Das Verständnisfür den Aufbau eines systematischen Wissensmanagements, welches dieInfrastrukturen für die Beantwortung solcher Fragestellungen bereitstellt,war zunächst nicht vorhanden.

Aus der Vielzahl von Rollenzurechnungen ergab sich für dieWissensmanagement-Verantwortlichen die Notwendigkeit einer aktiven

105 I-05 (11.02.1998)106 Siehe Abschnitt 6.5.1.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 275

Rollenklärung. Die Aussage: �Die machen das Wissensmanagement� warwahrscheinlich nicht greifbar genug, so dass die Rolle immer wieder überdie konkreten Aktivitäten definiert wurde. �Das sind die mit der Gelbe-Seiten-Datenbank�, legte die Arbeit auf die Rolle des Technologen fest.

Im Zuge der Kommunikation der Wissensmanagement-Einführung gelanges den Wissensmanagement-Verantwortlichen besser, die Rolle zuvermitteln, in welcher sie sich selbst sehen wollten, nämlich in der desProgramm-Managers und des internen Beraters.

Die Klärung, was von der Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen zu erwarten ist, erforderte ein aktives undkontinuierliches Erwartungsmanagement.

Das Erwartungsmanagement richtete sich dabei nicht nur an die Ebene derMitarbeiter, sondern insbesondere auch nach oben an die internenAuftraggeber: die Geschäftsleitung und die Ebene der Führungskräfte.Auch in der Zusammenarbeit mit diesen zeigten sich immer wiederErwartungen, die von den Wissensmanagement-Verantwortlichen nichtbefriedigt werden konnten. So kam in einem Fallstudien-Gespräch mit demGeschäftsführer mehr als zwei Jahre nach Beginn der Wissensmanagement-Einführung der Punkt zur Sprache, dass die Wissensmanagement-Verantwortlichen dafür verantwortlich sind, dass das richtige Wissen beiallen Mitarbeitern jederzeit zur Verfügung steht107.

Gespräche mit anderen Wissensmanagement-Verantwortlichen108 imKonzern und anderer Unternehmen verdeutlichten, dass diese unklareRollenzurechnung für Wissensmanagement-Verantwortliche ein häufigesPhänomen ist. Da sich der Output nicht eindeutig festlegen lässt, fällt esschwer, ihre Arbeit in einer Rolle zu fassen.

Konsequenzen für die Kommunikation

107 I-01 (10.02.2000)108 I-102; I-32; I-104 (Oktober 2000); I-120 (16.11.2000)

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Konsequenzen hat dies für die Kommunikation in Wissensmanagement-Projekten. Solange nicht sicher ist, dass die Erwartungen an dasWissensmanagement und die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen geklärt sind, muss diese Aufgabe in der Kommunikationimmer wieder geleistet werden. Um nicht unzulässig zu verkürzen, wurdevon den Wissensmanagement-Verantwortlichen versucht, immer dengesamten Hintergrund vom Wertschöpfungsbeitrag des Wissens bishinunter zur konkreten Ausprägung zu kommunizieren. Eine Verkürzungnach oben würde bedeuten, dass Wissensmanagement als�Dampfplauderei�109 von �Folienhaien�110 verstanden wird. Bei einerVerkürzung nach unten würde der Gesamtzusammenhang und dieEinbindung ins Wissensmanagement verloren gehen111.

Das heißt, während die Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen sachbezogen und konkret ausgestaltet sind, muss dieKommunikation zusätzlich immer wieder für Verständnis sorgen und denBedeutungszusammenhang herstellen und kommunizieren.

Diese Notwendigkeit eines Managements der Bedeutungen wurde vomGruppenleiter Wissensmanagement bei Telcotech in einem Workshop ineinem Imperativ zusammengefasst: �Arbeite konkret � kommuniziereIdeen.�112

6.3.4 Anwalt der WissensperspektiveDie Wissensperspektive bringt eine neue und ungewohnte Sichtweise insUnternehmen. In Diskussionen und Entscheidungen ergeben sich für dieVerantwortlichen daher Schwierigkeiten, diese zusätzliche Perspektivemitzudenken und entsprechend zu berücksichtigen.

109 I-13 (20.01.2000)110 I-15 (9.01.2000)111 So ist auch die Verzögerung beim Wechsel der Abteilungsleitung einzuschätzen, als es

in der Kommunikation mit der neuen Leiterin fast ausschließlich um operative Detailsging.

112 I-07 (31.03.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 277

Nicht nur, weil die Wissensperspektive neu ist, auch von ihrenCharakteristika her erweist sie sich als problematisch. Denn dasWissensmanagement besitzt als übergreifende Sichtweise keinen eigenen�Claim�, es kann weder einem Funktionsbereich (wie z.B.Produktmanagement, Marketing), noch einer Supportfunktion (wie z.B.Qualitätsmanagement, Personalmanagement) zugerechnet werden. Indemsich Wissensmanagement durch alle Funktions- und Supportbereiche zieht,sind alle Verantwortlichen dieser Bereiche gemeinsam verantwortlich unddamit niemand richtig.

Für den Wissensmanagement-Verantwortlichen ergibt sich daraus eineAufgabe: Er übernimmt es, der Wissensperspektive im Unternehmen eineStimme zu geben. Obwohl nicht mit der Verantwortung und den Mittelnausgestattet, Wissensmanagement erzwingen zu können, kann er eine�Anwaltsperspektive� für das Wissensmanagement einnehmen, also sichzum Sprachrohr für das Wissensmanagement machen.

Bei Telcotech zeigte sich, dass die Wissensmanagement-Verantwortlichendiese Rolle zunehmend erkannten und einnahmen. Dabei verfolgten sie imwesentlichen vier Ziele:

• Der Wissensperspektive wird im Arbeitsalltag immer wiederAufmerksamkeit geschenkt. Sie rückt so über ihre Präsenz insBewusstsein von Mitarbeitern und Management.

• Die Wissensperspektive fließt in die Diskussionen und Entscheidungenein und beeinflusst die Handlungsweise der Organisationsmitglieder.

• Die Wissensperspektive wird bei der Festlegung strategischer Themenberücksichtigt und so in die Richtungsgebung des Unternehmenseinbezogen.

• Die unterschiedlichen Akteure mit Bezug zur Wissensperspektivewerden in das Wissensmanagement eingebunden und ihre Aktionenkoordiniert.

Eng verbunden mit der Schwierigkeit, die Verantwortlichkeit für dasWissensmanagement zuzuweisen, ist die Problematik, den

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278 Die Einführung von Wissensmanagement

Wertschöpfungsbeitrag des Wissensmanagements abzugrenzen undzuzurechnen. Verbesserungen, die sich in den Geschäftskennzahlenwiderspiegeln, sind nicht einfach auf Wissensmanagement-Aktivitätenzurückzuführen.

Aus diesen Voraus- und Zielsetzungen leiten sich für dieWissensmanagement-Verantwortlichen eine Reihe von Aktivitäten ab,damit sie die Rolle als Anwalt der Wissensperspektive einnehmen können.Insbesondere geht es dabei darum, den Kontext so zu beeinflussen, dass dieWissensmanagement-Aktivitäten in der Organisation auf einen fruchtbarenBoden aufbauen.

Schaffen und Erhalten von Sonder-AufmerksamkeitWissensmanagement ist nicht etwas, was von allen im Unternehmenspontan verstanden und mit einer hohen Priorität vorangetrieben wird. Eskonkurriert mit dem Tagesgeschäft, aber auch mit anderen strategischenInitiativen oder Projekten um die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter.

Im Rahmen der Wissensmanagement-Einführung besteht deshalb eineAufgabe für die Wissensmanagement-Verantwortlichen darin, dieAufmerksamkeit für das Wissensmanagement und seine Sichtbarkeit imUnternehmen hoch zu halten.

Es zeigte sich auch, dass darüber hinaus auch die Wahrnehmung außerhalbdes Unternehmens auf die Aufmerksamkeit im Unternehmen wirken kann.In einer Veröffentlichung der Zeitschrift �Focus� zum ThemaWissensmanagement (o.V., 1999:326ff.) wurden die Gelben Seiten beiTelcotech als erfolgversprechendes Beispiel vorgestellt. Diese externeWürdigung führte umgehend zu einer signifikant höheren Nutzung derInitiative im Unternehmen. Dies spiegelte sich in der Auswertung derNutzungszahlen und Einträge in den Gelben Seiten wider, wo sich eindeutlicher �Focus-Peak�113 ergab, der sich danach nicht wieder vollständig

113 I-06 (26.11.1999)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 279

abbaute. So wirkte diese gewonnene Sonder-Aufmerksamkeit auf dieAkzeptanz der Initiative insgesamt.

Arbeit an den Rahmenbedingungen für das WissensmanagementIn engem Zusammenhang damit steht die Gestaltung vonRahmenbedingungen für das Wissensmanagement. Wissensmanagementsoll auf der Themen-Agenda des Unternehmens immer wieder vorkommen.

Erreicht wurde dies im Fallbeispiel durch die Mitarbeit in denthemenentscheidenden Gremien des Unternehmens. Dabei handelte es sicheinerseits um Strategieworkshops der Unternehmensleitung, wo der für dieWissensmanagement-Einführung verantwortliche Abteilungsleiter dasWissensmanagement vertrat.114 Zum anderen war es die aktive Mitarbeit inder Konzern-Community der Wissensmanagement-Verantwortlichen,welche als Fachgremium dem Erfahrungsaustausch dient, aber zugleich alspolitisches Gremium die Bedeutung des Wissensmanagements im Konzerndeutlich macht. So wurde diese Community mit der Ausarbeitung vonVorstandsvorlagen zu Organisationsmöglichkeiten desWissensmanagements auf Ebene des Konzerns beauftragt115, an welcherWissensmanagement-Verantwortliche aus den verschiedenenUnternehmensbereichen mitarbeiteten. Diese Mitarbeit im Konzernprojektwirkte wieder legitimierend zurück in die Wissensmanagement-Einführungbei Telcotech.

Wissen und Fähigkeiten über Wissensmanagement bildenDas Feedback nach Einführung der Gelben Seiten führte zu eineminteressanten Phänomen, welches die Wissensmanagement-Verantwortlichen nicht vorhergesehen hatten: Viele Mitarbeiter hattenerhebliche Schwierigkeiten, ihr Wissensprofil in der Datenbankeinzutragen116.

114 Er übernahm hier eine der Aufgaben, die auch ein Chief Knowledge Officerübernehmen würde (Earl/Scott, 1998)

115 I-102 (07.09.1999)116 Auswertung der Anrufe bei der Support-Hotline

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280 Die Einführung von Wissensmanagement

Es fiel ihnen schwer einzuschätzen, was sie eigentlich als ihr Wissenbezeichnen würden. Ihnen war unklar, was davon wichtig genug wäre füreinen Eintrag. Sie waren unsicher, ob ihr Wissen überhaupt für andereinteressant sein könnte.

Bisher war noch kein Anlass gegeben, sich intensiv mit dem eigenen Wissenauseinander zu setzen. Dazu fehlten auch geeignete Methoden, um daseigene Wissensportfolio aktiv zu managen.

Als Konsequenz wurde ein Training zum persönlichenWissensmanagement konzipiert und allen Mitarbeitern angeboten. ImTraining werden Mapping-Techniken für das eigene Wissen, Strategien fürdas Management des eigenen Wissensportfolios und Arbeitstechniken imeigenen Umgang mit Wissen vermittelt.

6.4 Inhaltlich ausgerichtete Aktivitäten zum �AndersHandeln�

Wissensmanagement-Projekte sindGeschäftsprojekte unter Verwendung vonMethoden des Wissensmanagements.Wissensmanagement ist ein neuer Hebel, umdie Geschäftsziele besser zu erreichen.(I-101; 15.04.1999)

Kernziel eines Wissensmanagement-Programms ist es, durch einen besserenUmgang des Unternehmens mit Wissen zu verbesserten Geschäftszahlen zukommen. Dieses Ziel muss bereits bei der Wissensmanagement-Einführungim Fokus der Aufmerksamkeit stehen.

Die Aktivitäten in diesem Sektor bemühen sich deshalb unmittelbar umdiese geschäftswirksame Verbesserungen im Umgang mit Wissen. Siewerden hier als Knowledge Impact Projects (KIP) bezeichnet. Bei Telcotechwurden solche KIPs definiert als Geschäftsverbesserungsprojekte, welchemit Methoden des Wissensmanagements arbeiten.

Darüber hinaus werden hier Aktivitäten betrachtet, die benutzt werden, umdiese KIPs erfolgreich zu gestalteten und mit denen sie in ein Gesamt-Wissensmanagement-Konzept integriert werden können.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 281

Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein funktionierendes Wechselspielvon kraftvoller Umsetzung der Projekte und dem gleichzeitigen Schaffenvon handlungsentlasteten Entwicklungsräumen zur weiteren Verbesserungder Projekte.

So sind bei der Implementierung auch Lernschlaufen für dieWissensmanagement-Verantwortlichen zu integrieren. Diese Erkenntnismacht die Problematik einer strikten Separierung von Konzeption undImplementierung deutlich, die bei Telcotech durch die Verwendung einesKnowledge Practice Prototyping-Ansatzes aufgehoben wurde.

6.4.1 Knowledge Practice Prototyping

�The quality of innovation improves when aprototype exists to be "played with", allowingfor cost-effective improvements based onreal-life interaction with a new product ortechnology.�(Schrage/Peters, 1999)

Knowledge Impact Projects (KIP) enden nicht mit der Situations-Analyseund dem Design neuer Wissensprozesse, sondern erst mit ihrerImplementierung und Bewährung in der täglichen Nutzung.

Erst wenn das Wissensmanagement zu den Kernprozessen im Unternehmengehört und nicht irgendwie neben dem Geschäft läuft117, steigt die Chanceeines dauerhaften Erfolges der Wissensmanagement-Einführung. DieseErkenntnis wurde im Verlauf der Wissensmanagement-Einführung für dieWissensmanagement-Verantwortlichen bei Telcotech immer deutlicher.

In der Regel ist es nicht der erste Entwurf, der sich letztendlich in derAlltagspraxis bewährt und zum gewohnten Handwerkszeug wird. Erst inder Praxiserprobung ergeben sich viele der Möglichkeiten zur Verbesserungoder Erweiterung. So war das Pflichtenheft mit den Anforderungen undVorschlägen der Benutzer einige Wochen nach dem Start der Gelben Seitenlänger als in der Entwicklungsphase. Die Struktur der Wissensworkshopswurde von Durchführung zu Durchführung verändert und verbessert.

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282 Die Einführung von Wissensmanagement

Das heißt, Konzeptions- und Implementierungsphase laufen in der Regelnicht nacheinander, sondern iterativ ab. Viele Veränderungen ergeben sicherst während der Implementierung, womit sich die Bedeutung beiderPhasen gegeneinander ausgleicht.

Eine solche Neubewertung von Konzeptions- und Implementierungsphasespiegelt sich in aktuellen Forschungsergebnissen wider. DieImplementierungsphase wird genauso wichtig wie die Konzeptionsphase(vgl. Argyris, 1989; Krüger, 1999), beide sind nicht unabhängig betrachtbar(Kühl, 2000), beide sind nicht mehr voneinander trennbar (Pfeffer/Sutton,1999; Orlikowski, 1991, 1992, 1996; Orlikowski/Hofmann, 1997).

Konkret angewandt ergeben sich daraus zwei Alternativen für dasManagement solcher Entwicklungsprojekte:

• Nachsteuerungs-Ansatz: Hierbei kommt die traditionelle Abfolge zumTragen. Durch eine umfassende und sorgfältige Planungsphase wirdversucht, Implementierungsfehler zu vermeiden. Als Ergebnis wird einFeinkonzept erstellt, anschließend wird dieses umgesetzt. Hinweise aufnotwendige Anpassungen werden gesammelt und nach Abschluss derImplementierung in einer Nachsteuerungsphase realisiert.

• Prototyping-Ansatz: Hier wird versucht, möglichst frühzeitig eine ersteKonzeptionsphase zu verlassen und mit einem �testbaren� Prototyp indie Implementierung zu kommen. Damit soll ein schnelles Feedback ausder praktischen Anwendung ermöglicht werden. Die erhaltenenRückmeldungen fließen in eine Adaptierung des Konzepts ein, welcheskurzfristig realisiert und danach wieder in der Praxis erprobt werdenkann.

Die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech wurde anfangs mit demNachsteuerungs-Ansatz durchgeführt. Nach einem Definitions-Projektfolgte ein Implementierungsprojekt, in dem die erarbeiteten Konzepte breit

117 I-02 (10.02.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 283

umgesetzt werden sollten. Notwendige Veränderungen sollten bei Bedarfim Anschluss realisiert werden.

Insbesondere bei umfassenden Projekten oder in Phasen großerVeränderungen im Unternehmen zeigten sich die Grenzen dieses Ansatzes.Denn wenn am Ende der Definitionsphase die Analyse bereits Monatezurückliegt, greift auch die Implementierung nicht mehr, da sich dieRahmenbedingungen zwischenzeitlich verändert haben. Wenn die erstenRückmeldungen aus der Praxis zeigen, dass grundsätzliche Fehlervorhanden sind, beginnt die Entwicklungsphase von Neuem.

Im Fallbeispiel führten darüber hinaus personelle Veränderungen im Teamund der Unternehmensleitung, Veränderungen im Geschäftsumfeld undder Strategie dazu, dass bereits zu Beginn der Implementierungsphaseerkennbar war, dass die erarbeiteten Konzepte stellenweise nicht mehr zumadressierten Problem passten oder das sich das Ausgangsproblemmittlerweile anders darstellte. Es drohte somit die Gefahr einer endlosenAnalyse- und Konzeptionsphase.

Mit dem weiteren Fortschreiten der Einführung wurde diesen ErfahrungenRechnung getragen, indem vorab keine umfassenden und detailliertenKonzepte mehr erarbeitet wurden, sondern die Schleifen aus Umsetzungund Weiterentwicklung verkürzt wurden. Möglich wurde dies durchkleinere Projekte, Fokussierung der Zielgruppe und kontinuierlicheEinbindung von fachkundigen Mitarbeitern.

Die Gewissheit, dass die Notwendigkeit einer Nacharbeit durchVerlängerung der Analyse und Konzeption nicht vermindert werden kann(sondern sogar verstärkt werden kann), führte zur Strategie, bereits mitfrühen und nicht komplett ausformulierten Konzepten in eine Schritt-für-Schritt-Realisierung zu gehen. Die dabei gewonnene Zeit kann in derRealisierung für Verbesserungen und Anpassungen verwendet werden.Wesentlich für diese Vorgehensweise war, dass die Konzepte zwar nichtkomplett ausformuliert, aber bereits �lauffähig� waren, das heißt, in sichschlüssig.

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284 Die Einführung von Wissensmanagement

So wurde der Ablauf der Mitbewerberbeobachtung gemeinsam mitVertriebsmitarbeitern entwickelt, welche die Anwendersicht einbrachtenund Ideen sofort gemeinsam mit ihren Kollegen testen konnten.

Eine solche Vorgehensweise wird in den Ingenieurdisziplinen unter demBegriff �Rapid Prototyping� (überblicksartig bei Gebhardt, 2000) bereits seitetlichen Jahren eingesetzt. In letzter Zeit gewinnt diese Sichtweise auchstärker Eingang in den betriebswirtschaftlichen Bereich (Seemann, 1996;Orlikowski, 1996; Orlikowski/Hofmann, 1997; Fahey/Prusak, 1998;Schrage/Peters, 1999)118.

Gerade für das Wissensmanagement bietet der Ansatz des RapidPrototyping eine Reihe von Potentialen, denn die Problemstellungen hiersind oftmals rein analytisch nicht bearbeitbar.

Vielmehr müssen neue Abläufe, Formen der Zusammenarbeit oderParallelstrukturen (Senge/Scharmer, 1996) entwickelt werden, die sich erstzu einer neuen Arbeitspraxis entwickeln müssen.

Die Entwicklung der Knowledge Practices mit einem Prototyping-Ansatzermöglicht ein experimentelles Vorgehen und ist damit eine Voraussetzung,um innovative und maßgeschneiderte Wissensmanagement-Lösungen zuerarbeiten (Fahey/Prusak, 1998). Die nach vorn gerichtete Arbeitsweise desPrototyping löst den Blick zudem vom tradierten Denken derVergangenheit und Gegenwart und führt zu einer höheren Gewichtungzukünftiger Möglichkeiten (Fahey/Prusak, 1998). Durch die Arbeit mitPrototypen wird die zu gestaltende Zukunft besser greifbar gemacht; durcheinen spielerischen Umgang und den Wechsel von Distanz und Nähekönnen Erfahrungen mit dem Prototyp gesammelt werden. Es entwickeltsich ein Gefühl für die Qualität der Wissensmanagement-Lösungen und einpersönlicher Bezug dazu. Nach einer Studie von McKinsey & Co.(Day/Jung, 2000) ist dieses wechselseitige Einnehmen einer Perspektive alsBetrachter bzw. als Akteur ein Erfolgsfaktor gelingenderTransformationsprozesse. Der Einsatz des Prototypings übernimmt so die

118 Für methodologische Überlegungen dazu siehe Schein (1999)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 285

Funktion eines �catalytic objects� (Day/Jung, 2000:125) bei derWissensmanagement-Einführung, welches diesen Perspektivenwechselfördert und erfordert.

In Bezug auf die Wissensmanagement-Einführung kann Prototypingheißen:

• Einbezug von betroffenen Mitarbeitern ab der Phase des Nachdenkensüber das Problem

• Schnelle Entwicklung �lauffähiger� (im Sinne von umfassenden, abernicht detaillierten) Prototypen

• Frühzeitiger Test des Prototyps direkt in der Praxis

• Professionelle Unterstützung der Tester beim Formulieren vonAnregungen und Verbesserungs-Ideen

• Kurze Feedbackzyklen bei der Überarbeitung des Prototypen (bei bereitserkannten Problemen nicht mehr lange weitertesten)

• Schneller �Release�-Wechsel schon bei kleinen Verbesserungen, umweiter mit der besten verfügbaren Version testen zu können

Dieses Vorgehen ist nicht nur bei der Entwicklung von technischenLösungen anwendbar, sondern kann insbesondere auch beiVorgehensweisen, Methodenbausteinen etc. eingesetzt werden.

Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn im Unternehmen keineErfahrungen mit einem Improvisations-Stil vorhanden sind oder dieser mitder Unternehmenskultur nicht kompatibel ist (Orlikowski/Hofmann, 1997;Orlikowski, 2000). Erfahrungen mit dem Knowledge Practice Prototypingerleichtern die Arbeit im nächsten KIP und verbessern allgemein denUmgang mit Innovationen und der Problemlösungsfähigkeit in sichentwickelnden Umfeldern (Scharmer, 2000b; Jaworski/Scharmer, 2000).

6.4.2 Mischung aus KIP und KAP

Ein erfolgreiches Implementierungs-management erfordert neben derBewältigung der sachlichen Fragen zusätzlich

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286 Die Einführung von Wissensmanagement

Aktivitäten zur Erhöhung derBewusstseinsakzeptanz und der Ver-haltensakzeptanz(Krüger, 1999:877ff.)

Wie bereits ausgeführt, steht die Wissensmanagement-Einführung in derErwartung, schnell konkrete Ergebnisse zu liefern und zugleich einenachhaltige Veränderung des Umgangs mit Wissen im Unternehmen zuerzielen.

Um diesen zwei Ansprüchen gerecht zu werden, kamen bei Telcotech zweiTypen von KN-Initiativen zum Einsatz. Bereits zum Start wurde ein �vierplus drei Initiativen-Paket�119 erarbeitet. Es handelte sich dabei um vierInitiativen, welche direkt auf einzelne Wissensprobleme zielten und dreiInitiativen (Training, Führungsinstrumente, Kommunikation), welcheunterstützend auf die Implementierung wirken sollten.

Abbildung 48: Das Portfolio der vier plus drei KN-Initiativen zum Start

Dieses geplante Zusammenspiel sich ergänzender Initiativen wurde auchim weiteren Einführungsverlauf als sinnvoll angesehen.

• Prozess, um das Wettbewerbswissen allerVertriebsmitarbeiter bundesweit zur Verfügung zu stellen

• Prozess zur Sammlung und redaktionelle Bearbeitung vonWissen im Field-Service

• Verzeichnis zur besseren Verknüpfung vonWissenssuchern und Wissensträgern

• Mehrstufiger Teamworkshop zur Teambildung imVertriebsprozess und zur Optimierung der Wissensflüsse

• Integration von Wissensmanagement-Modulen in dieSystemhaus-Trainings

• Integration von KN in Funktionsbeschreibungen undFührungsinstrumenten

• Kontinuierliche Promotion der Bedeutung von KN für denGeschäftserfolg sowie der KN-Aktivitäten

• KN-Mitbewerb

• KN-Servicewissen

• KN-Gelbe Seiten

• KN-Wissensworkshop

• KN-Training

• KN-Führungsinstrumente

• KN-Kommunikation

Quelle: Siemens AG (2000)

Initiative KurzbeschreibungWissens-inhalte undProzesse

Infra-strukturen

Prozesse

Kommuni-kation undVerankerung

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 287

Die diesen beiden Arten von Initiativen zugrundeliegende Unterscheidunglässt sich als Mischung aus KIP und KAP charakterisieren.

Die Knowledge Impact-Projekte (KIP) richten sich auf erkannte konkreteWissensprobleme und erarbeiten Lösungen dafür. Sie sorgen für schnellsichtbare Ergebnisse und erwirken direkte Verbesserungen im Geschäft. Siesind in der Regel kompakt (kurzfristig und mit abgegrenztem Umfang). Mitden damit erzielten Verbesserungen legitimieren sie die Fortsetzung derWissensmanagement-Einführung.

Aufgrund ihres lokalen Bezuges helfen sie jedoch nicht, eine Basis zuschaffen, auf der eine dauerhafte Veränderung des Umganges mit Wissenerreicht wird. Sie allein führen zu keiner Bewusstseinsveränderung in derOrganisation, wie sie von der Wissensmanagement-Einführung beiTelcotech erwartet wurde.

Diese Aufgabe übernehmen die Knowledge Awareness-Projekte (KAP),welche eine zweite Ebene der Wissensmanagement-Einführung bilden. Siesind längerfristig ausgerichtet und wirken auf die Kontextfaktoren derWissensmanagement-Einführung. So stellten sie sicher, dass die MitarbeiterFähigkeiten und Fertigkeiten des Wissensmanagements bilden können, dassseine Hintergründe bekannt sind oder dass das Wissensmanagement in dieFührungs- und Leistungsmessungssysteme des Unternehmensaufgenommen wird. Bei den KAPs geht es also um Veränderungen derWahrnehmung von Wissen und eine Neubewertung des Umganges damit.Sie spiegeln wider, dass dieser veränderte Umgang vom Unternehmenwirklich gewünscht und gewollt ist und erhöhen damit die Chance auf einedauerhafte Veränderung. Durch den in ihnen enthaltenen Lernaspektsorgen sie zudem für eine Dynamisierung des Wissensmanagements.Indem eine größere Anzahl von Mitarbeitern Wissen überWissensmanagement bilden, können sie ihre eigenen Wissensproblemelösen, ohne dauerhaft der Arbeit der Wissensmanagement-

119 So präsentiert dem Lenkungsausschuss am 17.12.1997

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288 Die Einführung von Wissensmanagement

Verantwortlichen zu bedürfen120. KAPs wirken damit auf die Nachhaltigkeitdes Knowledge Impacts und der Wissensmanagement-Einführung.

Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung als Doppel-HelixKIPs und KAPs unterstützen sich idealerweise gegenseitig. Während dieResultate der KIPs dafür sorgen, dass auch die langlaufenden KAPs weiterdurchgeführt werden können, erarbeiten die KAPs dieWissensmanagement-Grundlagen und Veränderungsfähigkeit derOrganisation, auf welche in den KIPs aufgebaut werden kann.

Dieses Wechselspiel aufeinander abgestimmter KIPs und KAPs kam imFallbeispiel über den gesamten Zeitraum der Wissensmanagement-Einführung zum Einsatz.

Ein solcher Zusammenhang lässt sich konzeptionalisieren als Doppel-Helix-Struktur (zwei durch Brücken verbundene spiralförmig angeordnetenKetten)121. Dabei stehen die Aktivitäten sowohl zwischen den einzelnenKIPs bzw. KAPs, als auch zwischen beiden Gruppen in Beziehungzueinander.

120 I-21 (17.12.1997)121 Die Metapher der Doppel-Helix ist aus der Biologie entlehnt. Der Biologe Watson

entdeckte 1953, dass das Erbgut des Menschen in der DNS in der Struktur einerDoppel-Helix organisiert ist. Dabei sind zwei Ketten bestehend aus einzelnenErbinformationen jeweils paarweise durch Brücken miteinander zur DNS verbunden.Erfolgreiche Kreuzungen entstehen, wenn beide Ketten anschlussfähig zueinandersind.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 289

Abbildung 49: Wissensmanagement-Einführung als Doppel-Helix

Multi-ProjektmanagementDiese Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung alsPortfolio aus KIPs und KAPs wirkt sich auch auf das Projektmanagementder Wissensmanagement-Einführung aus.

Da ständig mehrere Projekte mit unterschiedlicher Zeitschiene undAusrichtung nebeneinander laufen, wird ein �MasterProjektmanagement�122 erforderlich, welches die Gesamtsteuerungübernimmt, die einzelnen Projekte koordiniert und Synergien zwischen deneinzelnen Aktivitäten aufdeckt und realisiert.

Andererseits erleichtern diese Einzelprojekte das Projektmanagement,indem diese Aufgabe auf mehrere Schultern verteilt werden kann undeinzelne Wissensmanagement-Verantwortliche �ihr� Projekt eigenständigleiten können.

122 I-10 (01.04.2000)

Quelle: eigene Darstellung

KIP

Veränderung der Rahmenbedingungen

KIP(Knowledge Impact- Projects) auf derWertschöpfungs-Ebene

Veränderung der Rahmenbedingungen

Veränderung der Rahmenbedingungen

KIP KIP KIP KIP

KIPKIP KIP

KAP (Knowledge Awareness Projects) auf der Kultur-, Werte- u. Willens-Ebene

KIP KIP KIP KIP

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290 Die Einführung von Wissensmanagement

6.4.3 Portfoliobildung und ModularisierungBei der Reflektion über das Projektportfolio aus KIPs und KAPs betonen dieWissensmanagement-Verantwortlichen, dass es mehreren Anforderungengerecht werden sollte. Aus ihrer Sicht ist es wichtig, dass der Qualität desProjektportfolios Aufmerksamkeit geschenkt wird, um kontinuierlichEinführungserfolge aufweisen zu können und so einen positivenInformationsfluss sicherzustellen.123 Ebenso wurden die Möglichkeitenherausgestellt, die sich bieten, wenn Module der Problemlösung eines KIPin einem anderen Kontext oder einem anderen KIP wieder einsetzen undmehrfach nutzen können.124 Solche Quellen möglicher Synergien solltenaktiv gesucht werden.

Management der Portfolio-QualitätZiel ist es, dass die jeweils laufenden KIPs einen möglichst kontinuierlichenStrom an Erfolgsmeldungen generieren, um die Aufmerksamkeit undAkzeptanz für die Wissensmanagement-Einführung hoch zu halten.

Neben der unterschiedlichen Fristigkeit lassen sich dabei noch drei Typenverschiedener Projekte unterscheiden. Diese differenzieren sich nach ihremZiel und der Art des Erfolgs, den sie anstreben. Dabei unterschieden dieWissensmanagement-Verantwortlichen zwischen

1. �Brot-und-Butter�-Initiativen

2. �Innovations�-Initiativen

3. �U-Boot�-Initiativen

�Brot-und-Butter�-Initiativen sind bereits eingeführte und bewährteLösungen, die schon gut laufen. Sie benötigen keine hohen Ressourcen zurWeiterentwicklung oder Pflege mehr, generieren aber bereits einensichtbaren Nutzen. Sie bilden die Basis der derzeitigen Legitimation derWissensmanagement-Einführung und sichern ihr die laufende Zuweisung

123 I-05 (31.03.2000)124 I-08 (31.03.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 291

von Ressourcen. Die Gelben Seiten im Fallbeispiel stellen eine solcheInitiative dar.

�Innovations�-Initiativen befinden sich derzeit in der Realisierung oderEinführung. Sie generieren noch keinen Nutzen, haben jedoch das Potentialdazu. Durch ihren Innovationscharakter bieten sie allerdings heute bereitsden Zugang zu den themenentscheidenden Gremien des Unternehmens125

oder zur Wissensmanagement-Community im Unternehmen. Die dortigeDiskussion dieser Initiativen trägt ebenfalls zur Akzeptanzsteigerung indiesen Zielgruppen bei. Ihr künftig zu erwartende Nutzen sichert diezukünftige Ressourcenzuweisung. Die Wissensworkshops und ihrNachfolger, das KN-Enabling, waren Initiativen dieser Kategorie.

Die �U-Boot�-Initiativen gehen noch einen Schritt darüber hinaus. Umauch künftig zu den wichtigen Gremien und der Wissensmanagement-Community im Unternehmen Zugang zu haben, zielen diese Projekte aufdie künftige Akzeptanz in diesen Gremien. Sie laufen neben der Einführungals nicht-offizielle Projekte, denn für sie besteht noch kein Auftrag. Dochhier können Vorarbeiten für absehbare oder erhoffte Entwicklungen imUnternehmen geleistet werden. Bei Telcotech war die Entwicklung des KN-Indikators ein solches Beispiel. An dessen Vorläufer wurde bereitsgearbeitet, als noch nicht absehbar war, ob eine Unternehmenssteuerungmit Balanced Scorecard realisiert werden sollte und konnte.

125 Siehe Abschnitt 6.3.4.

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292 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 50: Management der Portfolio-Qualität der KIPs

Verankerung durch Nutzung in weiteren KontextenDie Einführung der in den KIPs erarbeiteten Lösungen wird erleichtert,wenn es gelingt, sie auch in weiteren Kontexten in der Organisation zunutzen. Sie lassen sich damit noch tiefer in der Organisation verankern undwerden zum gewohnten und bewährten Arbeitsmittel.

Wenn zudem für vergleichbare Aufgabenstellungen die identischenLösungen bzw. identische Ansprechpartner eingesetzt werden, vermeidetdies mögliche Verwirrung.

In diesem Sinne wurde der KN-Indikator zunächst als eigenständiges Mess-System entwickelt, um den Wissensmanagement-Einführungsfortschrittmessen zu können. Als im Zuge der Einführung einer Balanced Scorecarddie Möglichkeit bestand, eine Messgröße für die Erreichung derWissensmanagement-Ziele zu integrieren, konnte der Indikator nahezudirekt genutzt werden.

Doch es wurden nicht nur selbst erarbeitete Lösungen in anderen Kontexteneingesetzt, sondern auch Lösungen aus anderen Kontexten bei Telcotech. So

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Portfolio-Qualität als Erfolgsfaktor bei der Wissensmanagement-

Einführung

�Brot- und Butter�-Initiativen • sichern jetzige Existenzberechtigung

und Ressourcenausstattung• sichern jetzigen Zugang zu Gremien

und Wissensmanagement-Community• sind offiziell

�U-Boot�-Initiativen• sichern künftigen Zugang zu Gremien

und Wissensmanagement-Community• sind nicht offiziell

�Innovations�-Initiativen• sichern künftige Ressourcen-

ausstattung und den jetzigen Zugang zu Gremien und Wissensmanagement-Community

• sind offiziell

Quelle: eigene Darstellung

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 293

fungierten die Wissensmanagement-Verantwortlichen zugleich alsDeutschland-Manager für ShareNet, einer international ausgerichtetenWissensteilungs-Plattform für große Vertriebsprojekte. Die Übernahmedieser Funktion sicherte, dass es eine einheitliche Anlaufstelle fürWissensmanagement innerhalb von Telcotech gab.

ModularisierungÄhnliche Zusatznutzen ließen sich realisieren, wenn es gelang, dieerarbeiteten Lösungen zu modularisieren und Bestandteile davon inanderen Aufgabenfeldern zu nutzen.

In diesem Sinne wurden für die speziellen Anforderungen in derZielgruppe der Telcotech-Consultants die Gelben Seiten angepasst underweitert. Ein im Zuge eines KIPs für Servicetechniker realisiertes,intranetbasiertes Incentivesystem für erfolgreiche Wissensteilung wurdebereits bei der Entwicklung modular gestaltet und konnte so später noch inzwei weiteren Einsatzgebieten ohne nennenswerten Entwicklungsaufwandgenutzt werden. Ebenso wurde das Training zum persönlichenWissensmanagement bereits bei der Entwicklung modular aufgebaut,einzelne Trainingsmodule wurden dann auch in Trainings für neueVertriebs-Mitarbeiter integriert oder in angepasster Form mit derZielgruppe der Consultants durchgeführt.

Eine Modularisierung erzielt somit einerseits einen zusätzlichen Nutzendurch ein weiteres Einsatzgebiet, zum anderen erlaubt sie eine noch bessereAusrichtung auf eine kleine, segmentierte Zielgruppe.

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294 Die Einführung von Wissensmanagement

6.4.4 Ausrichtung auf den �Situational Fit�

Unsere Projekte sind nicht handlungs-entlastet. Im Kopf der Führungskräfte vor Ortstehen immer zwei Dinge: Eigentlich istWissensmanagement gut, aber nicht direktfür meine Geschäftszahlen hier. (I-05;31.03.2000)

Wissensmanagement erfordert veränderte Handlungsweisen vonMitarbeitern. Das Management des Situational Fit126 bezieht sich deshalb aufeine gezielte Ausrichtung der Wissensmanagement-Aktivitäten im Hinblickauf die jeweils gültigen Handlungsauslöser der beteiligten Akteure.

Eine Projektbörse war der Vorläufer und Auslöser der Beschäftigung mitWissensmanagement bei Telcotech. Die Analyse der Erfahrungen damitund die Schwierigkeiten, Mitarbeiter zur Dokumentation ihrer Erfahrungenzu bewegen, zeigte bei Telcotech, dass es in einer Organisation, welche imwesentlichen über kurzfristige individuelle Verkaufsziele gesteuert ist,kaum möglich war, Wissensteilung über die Argumentation des Nutzensfürs Gesamtunternehmen zu motivieren. Eine Verhaltensänderung, diedirekt über Veränderungen auf der Kultur- und Wertebene bewirkt werdensollte, scheiterte an der Kraft der Strukturen und der bestehendenPerformancesysteme. Der Wunsch nach Beteiligung wurde immer wiederbeantwortet mit Aussagen wie: �Ja, aber wir müssen uns erst um unserGeschäft kümmern.�127 In zwanzig zur Verfügung stehenden Minutenführte für den einzelnen Vertriebsmitarbeiter die telefonische Kaltakquisebei fünf Unternehmen vielleicht nicht zu einem Auftrag, das Eintragen einesgelungenen Projektes in die Projektbörse jedoch mit Sicherheit nicht.

Erfolgreicher für die Wissensmanagement-Einführung war es, nicht (nur)auf der Werte-Ebene die Werbetrommel zu rühren, sondern nach denstärksten individuellen Handlungsauslösern der Zielgruppe zu suchen.

126 Der Begriff wurde von den Wissensmanagement-Verantwortlichen in einem Strategie-Workshop geprägt (01.04.2000)

127 I-02 (06.11.1997)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 295

Waren diese erkannt, konnten die Aktivitäten darauf ausgerichtet werden,diese zu nutzen, um die gewünschten Handlungsweisen anzuregen.

Zugleich versuchten die Wissensmanagement-Verantwortlichen daran zuarbeiten, Wissensmanagement so in die Mess- und Performancesysteme zuintegrieren, dass diese auch das Wissensmanagement unterstützen.

Unterscheidung der ZielgruppenNicht von jedem Unternehmensangehörigen wird dieselbe Handlungsweiseerwartet. Je nach Funktion im Unternehmen lassen sich ihnenunterschiedliche Rollen bei der Wissensmanagement-Einführung zuweisen.Dementsprechend muss sich die zu vermittelnde Botschaft unterscheiden,da unterschiedliche Einstellungen und Handlungen hervorgerufen werdensollen.

Die Wissensmanagement-Verantwortlichen bei Telcotech unterscheidenzwischen vier Zielgruppen:

• Management als Ermöglicher des Wissensmanagements

• Mitarbeiter als Träger des Wissensmanagements

• Multiplikatoren als Promotoren und Informanten für dasWissensmanagement und die

• Unternehmensöffentlichkeit (Konzerneinheit und Konzern) alsMeinungsmacher für das Wissensmanagement.

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296 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 51: Botschaften und Aktionsziel in der Kommunikation

Das Management soll gegenüber dem Wissensmanagement positiveingestellt sein und dies durch Meinungsbildung und Förderungmanifestieren. Die Mitarbeiter sollen das Wissensmanagement verstehenund akzeptieren und sich aktiv daran beteiligen. Die Multiplikatorennutzen ihre Überzeugung für das Wissensmanagement, um dessen Idee imUnternehmen zu verbreiten. Die allgemeine Öffentlichkeit imUnternehmen sollte über das Wissensmanagement informiert sein und eszustimmend begleiten.

Identifikation der Handlungs-AuslöserNeben den unterschiedlichen Zielgruppen mit ihren spezifischenAnforderungen wurden vier verschiedene Bereiche identifiziert128, welcheals Handlungsauslöser infrage kommen:

128 Workshop-Ergebnis vom 13.02.1999

Quelle: eigene Darstellung

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Management

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Zielgruppe Handlung

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 297

1. KennenSind die Aktivitäten und deren Hintergründe bekannt? Werden sieverstanden?

2. KönnenBesitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Fähigkeiten undFertigkeiten, die Aktivitäten durchführen zu können?

3. WollenBesteht Verständnis für die Aktivitäten, wirken sie positiv auf dieWahrnehmung der eigenen Leistung?

4. DürfenErlauben es Führungskräfte, Messinstrumente, die Organisationskulturetc., die Aktivitäten durchzuführen?

Dabei nehmen (1) und (2) eine nachgelagerte Rolle gegenüber (3) und (4)ein. Erstere sind notwendig, aber ohne die zuletzt genannten nichthinreichend, um eine Handlung auszulösen.

Die Implementierungs-Toolbox - Hebel der Wissensmanagement-VerantwortlichenGerieten die Wissensmanagement-Aktivitäten ins Stocken, konntenmögliche Ursachen durch die Frage nach der beteiligten Zielgruppe unddem betroffenen Handlungs-Auslöser identifiziert werden.

Basierend auf den Erfahrungen der ersten zweieinhalb Jahre derWissensmanagement-Einführung wurden die zur Verfügung stehendenMöglichkeiten der Wissensmanagement-Verantwortlichen in einerImplementierungs-Toolbox zusammengefasst und systematisiert129 Darineingeflossen sind die bisher gemachten positiven Erfahrungen und

129 anlässlich eines Strategie-Workshops der Wissensmanagement-Verantwortlichen(31.03.2000)

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298 Die Einführung von Wissensmanagement

Misserfolge, so dass die Tool-Box als Sammlung bewährter Methodenangesehen werden kann130.

Abbildung 52: Toolbox für Wissensmanagement-Verantwortliche

• Networking umfasst die persönliche Kommunikation undZusammenarbeit mit den Zielgruppen, welche besonders wichtig für dieWissensmanagement-Einführung sind. Die Nutzung dieser Netzwerkeerlaubt, ein zeitnahes und ehrliches Bild der Wahrnehmung desWissensmanagements in der Organisation widergespiegelt zubekommen. Umgekehrt haben diese Zielgruppen eine wichtige Funktionfür die Meinungsbildung in der Organisation. Zu diesen Zielgruppenwurden die persönlichen Kontakte der Wissensmanagement-Verantwortlichen aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit, die Meinungsführeraufgrund ihrer Reputation und die Multiplikatoren aufgrund ihresVerständnisses von Wissensmanagement gezählt. Mitarbeiter, die zur

130 Dabei sind nicht alle enthaltenen Methoden als inhaltlich-spezifisch für dasWissensmanagement einzuschätzen, vielmehr handelt es sich teilweise um allgemeineMethoden des Implementierungsmanagements. Da jedoch die Toolbox insgesamt alsinhaltlich-spezifisch eingestuft werden kann, wird sie in diesem Abschnitt vorgestellt.

Quelle: eigene Darstellung, nach Siemens (2000)

KN-Team� Macher / Unternehmer� Persönliches Engagement � Guerilla Taktik

Kommunikation� keine Galionsfigur mehr � Nutzenargumente (alle Ebenen)� Success Stories� ... liefert Interpretationsmuster

Networking� Informelle Netzwerke � Meinungsführer� Multiplikatoren� Abordnungen

Regelwerke � Aufnahme in Prozesse und

Regelwerke

Nach-Druck� von oben� Individuelle Druckstellen nutzen� Umsetzungs-Controlling

Training� Persönliches KM� Multiplikatoren-Training

Incentives� e-Incentive � Fallweise Auslobung

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 299

temporären Mitarbeit bei der Wissensmanagement-Einführungabgeordnet werden, sind wichtig, um die Perspektive der Anwenderund der Alltagspraxis einzubringen.131 Ohne die Zusammenarbeit mitdiesen Netzwerken läuft die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen Gefahr, so praxisnah zu sein, �als wenn ein Blinderüber Farbe spricht�.132

• Kommunikation ist eine dauerhafte Aufgabe. Hier wurde insbesonderedie positiv motivierende Wirkung von Erfolgsgeschichten betont, dieeine große Rolle spielen, um Mitarbeiter für eine aktive Beteiligung amWissensmanagement zu gewinnen. Während anfangs eine Galionsfigurin der Kommunikation die Identifikation mit dem Wissensmanagementerleichtern kann, wird diese Personenzentrierung im Verlauf derWissensmanagement-Einführung besonders dann kontraproduktiv, denndieser Mitarbeiter das Unternehmen verlässt.133

• Training ist als Implementierungshebel immer dann konkret gefragt,wenn aufgrund fehlender Kenntnisse oder Fähigkeiten Schwierigkeitenmit der Beteiligung an den Wissensmanagement-Lösungen auftreten.Das allgemein gehaltene persönliche Wissensmanagement-Trainingrichtet sich als Türöffner an alle Mitarbeiter und vermittelt denMitarbeitern Kenntnisse und ein Gefühl davon, was es heißt, (hier seineigenes) Wissen zu managen.

• Nach-Druck wurde in der Diskussion verstanden als konsequentesNachhaken. Durch Zielvereinbarungen mit den Führungskräften unddem Ansetzen an den individuellen Handlungsauslösern wirdWissensmanagement zu einem gleichberechtigten Ziel wie z.B. erzielterUmsatz. Die Ernsthaftigkeit, mit welcher Wissensmanagement beiTelcotech betrieben wird, soll damit herausgestellt werden. Derangebotene KN-Indikators als Mittel zum Umsetzungs-Controlling

131 Siehe Abschnitt 6.4.1.132 I-13 (20.01.2000)133 Siehe Abschnitt 6.5.2.

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300 Die Einführung von Wissensmanagement

erlaubt, das Erreichen dieser vereinbarten Ziele auch zu messen und imZeitverlauf zu beobachten.

• In einer anderen Hinsicht zielt Regelwerk auf das selbe Ziel. Durch dieAufnahme in die offiziellen Unternehmensprozesse134 oderFührungsinstrumente135 wird die Ernsthaftigkeit derWissensmanagement-Einführung verdeutlicht, der Mitarbeiter erhält imUmkehrschluss dazu die offizielle � weil schriftlich fixierte �Berechtigung, sich im Wissensmanagement zu engagieren.

• Incentives sollen der fallweisen und in der Regel temporärenUnterstützung neuer Initiativen dienen. Sie erlauben es, eine Sonder-Aufmerksamkeit zu erzeugen, um ein Projekt schneller voranzubringen.Gerade bei den Gelben Seiten, wo eine kritische Masse der Einträgeentscheidend für die Nutzungsqualität ist (Trillitzsch/Klostermeier,2002:244), kann der Einsatz von Incentives sinnvoll unterstützen.

• Die Mitglieder des KN-Teams bewerteten sich selbst ebenfalls alsImplementierungshebel. Ihr persönliches Engagement und ihrunternehmerisches Handeln spielen für den Einführungserfolg einewichtige Rolle. Die Guerilla-Taktik verweist darauf, dass ihre Arbeitauch manchmal neben den offiziellen und erlaubten Wegen abläuft, umerfolgreich zu sein.

Der Einsatz der Werkzeuge sollte dabei den Entwicklungsstand derOrganisation berücksichtigen136. Während beispielsweise ausgelobte Preiseoder Incentivesysteme eher zu einer Art �gemanagter Motivation�137 führen,zielt die Publikation von Erfolgsgeschichten auf eine Eigenmotivation.Letztere Beispiele werden eher im weiteren Fortschritt der Einführungerfolgreich sein, die ersten eher zu Beginn.

134 Beispielsweise das Prozess-Handbuch im Rahmen der ISO-Zertifizierung135 Wissensmanagement wurde bei Telcotech in den Stellenbeschreibungen als Aufgabe

für jeden Mitarbeiter verankert.136 I-05 (31.03.2000)137 I-05 (31.03.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 301

Arbeit am Mess-SystemNeben der Arbeit mit der Toolbox, um situativ Verhaltensänderung zuunterstützen, wurde eine systematische Lösung gesucht,Wissensmanagement ins Zielsystem von Telcotech zu einzubinden und indie regelmäßigen Managementbesprechungen einzubringen(Klingspor/Klostermeier, 2002). Dazu wurde die Entscheidung für einenselbst entwickelten aggregierten Indikator, welcher objektive und subjektiveBestandteile vereint, getroffen.

Der Indikator misst zum einen die Nutzungszahlen der angebotenenWissensmanagement-Initiativen (Abfragen). Zum zweiten werden dieEinträge gemessen, ein Maß für die Unterstützungsleistung derbereitgestellten Wissensmanagement-Initiativen. Diese beiden objektivenKomponenten werden ergänzt durch die Ergebnisse einer Mitarbeiter-Befragung, bei der Einstellungen zum Wissensmanagement und dieWahrnehmung der erreichten Ergebnisse erhoben werden. Diese Befragungerfolgt in Verbindung mit der Mitarbeiterbefragung. Die erhobenenKennzahlen werden im KN-Indikator zusammengefasst.

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302 Die Einführung von Wissensmanagement

Abbildung 53: Messung der Wissensmanagement-Einführung mit dem KN-Indikator

Der KN-Indikator wurde im Sommer 2000 erstmals erhoben. Als zumHerbst 2000 bei Telcotech eine Balanced Scorecard eingeführt wurde, wurdeder KN-Indikator als Messgröße für die Wissensmanagement-Ziele in dasScorecard-Reporting integriert.

Damit haben die Unternehmensleitung und die lokalenGeschäftsverantwortlichen die Möglichkeit, Wissensmanagement als einesder strategischen Ziele des Unternehmens in ihreZielvereinbarungsgespräche zu integrieren und ihren Fortschritt in diesemBereich zu messen.

6.5 Prozessual ausgerichtete Aktivitäten zum �AndersDenken�

Diese Aktivitäten stellen über den Einführungsverlauf sicher, dass dieWissensmanagement-Einführung immer wieder auf Position gehalten oderin Bezug dazu angepasst wird. Dazu greifen die Wissensmanagement-

...

Frage 1Frage 2Frage 3

Frage xBef

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Gewichtung

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KN-Gelbe SeitenKN-Mitbewerb

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Quelle: eigene Darstellung, nach Siemens (2000)

Objektiv

Subjektiv

Indikator

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 303

Verantwortlichen auf Aktivitäten zurück, die nicht exklusiv für dieWissensmanagement-Einführung sind. Sie entstammen oft dem Projekt-oder Implementierungsmanagement, sind aber hier auf dieWissensmanagement-Einführung angepasst.

Die Aktivitäten halten zwischen der Wissensmanagement-Einführung undihrem Kontext eine kreative Spannung (Fritz, 1993), welche dieWissensmanagement-Einführung weiter voranbringt, aber trotzdem dieAnschlussfähigkeit zur Organisation sicher stellt.

Darüber hinaus geben diese Aktivitäten den Wissensmanagement-Verantwortlichen die Möglichkeit, das Steuer der Wissensmanagement-Einführung selbst in der Hand zu behalten. Sie wirken auf die Erwartungenund das Verständnis der Organisation in Bezug auf Wissensmanagementund tragen damit dazu bei, dass Wissensmanagement-Verantwortlichenicht Opfer von ungeplanten externen Zuschreibungen werden, die sichirgendwann als nicht mehr revidierbar erweisen.

Sie bieten ihnen Methoden für die Gestaltung des Einführungsprozesses imZeitablauf wie beispielsweise zur Sicherstellung von Kontinuität oder derEinleitung von Übergängen.

Insgesamt zielen die Aktivitäten in diesem Sektor darauf ab, denWissensmanagement-Verantwortlichen einen Handlungs- undGestaltungsspielraum zu sichern, der auch über den Prozess derWissensmanagement-Einführung hinweg aufrecht erhalten bleibt.

6.5.1 Die Zurechnung von Erwartungen und Bedeutungensteuern

�Wissensmanagement läuft Gefahr, zu einerAbladestelle der Erwartungen zu werden,wenn jeder seine Hoffungen ungesteuert aufdas Wissensmanagement projiziert.�(I-06; 15.01.2000)

Die Schwierigkeiten, die sich durch ungeklärte Bedeutungen von Begriffenund ungesteuerte Zurechnungen auf das Wissensmanagement ergeben,wurden bereits in Abschnitt 6.3. vorgestellt. Um die Wissensmanagement-

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304 Die Einführung von Wissensmanagement

Einführung selbstgesteuert gestalten zu können, reicht es nicht aus, solcheProbleme situativ zu lösen. Wenn sich die Erwartungen einmalverselbständigt haben, ist es kaum noch möglich, sie zurückzudrängen.

Daher hat sich bei Telcotech bewährt, die Zurechnung von Erwartungenund Bedeutungen durch ein aktives Management zu beeinflussen. DiesesErwartungs- und Bedeutungsmanagement verfolgt mehrere Zielsetzungen:

• Anpassung der Zurechnungen auf das Wissensmanagement durch eineaktive Vorgabe von selbst gesteckten Zielen

• Aufzeigen der Potentiale, die durch erfolgreiches Wissensmanagementrealisiert werden können

• Erhalten einer positiven Grundeinstellung zu Wissensmanagement

• Herstellen von Legitimation für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen

• Erhalten eines ständig hohen Aufmerksamkeits-Levels durchkontinuierliche Neuigkeiten

• Einwirken darauf, dass Inhalte des Wissensmanagements mit derrichtigen Intention interpretiert und verstanden werden

Das Erwartungs- und Bedeutungsmanagement ist eine fortlaufendeAktivität, die sich über die Wissensmanagement-Einführung erstreckt.

ErwartungsmanagementWenn jedem Mitarbeiter überlassen wird zu bestimmen, was für ihnWissensmanagement ist und was es leisten soll, bleiben die Forschritte derWissensmanagement-Einführung intransparent und blass. Jede geplanteInitiative wird mit Anforderungen überlastet und jeder Fortschritt mitweiteren Erwartungen erschlagen.

Eine kontinuierliche Kommunikation wirkte einer solchen Entwicklungentgegen. Die Wissensmanagement-Verantwortlichen achteten zudemdarauf, in der Kommunikation jeweils die ursprünglichen Ziele und die nunerreichten Resultate in Verbindung zu setzen.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 305

Um die richtige Interpretation zu erleichtern, wurden Ergebnisse undFortschritte nach Möglichkeit immer in Verbindung mitInterpretationsmustern oder Benchmarks anderer Unternehmenkommuniziert. Dies sollte eine mögliche Falsch-, Unter- oderÜberbewertung vermeiden. So stellt sich die Aussage, dass eineBeteiligungsquote von mehr als 40 Prozent der Mitarbeiter an den GelbenSeiten erreicht ist, ganz anders dar, wenn zugleich bekannt gemacht wird,dass in anderen Unternehmen Quoten von maximal 20 Prozent realisiertwurden138. Der Vergleich zu anderen Unternehmen erlaubt hier einerealistische Einschätzung und vermeidet eine falsche Erwartungshaltung.

Verbindung von Aktions- und Sinn- Ebene (Bedeutungsmanagement)Die Wahrnehmung der Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen erfolgt in der Regel auf der Aktions-Ebene. Trainingswerden organisiert und durchgeführt, Handbücher geschrieben, Intranet-Anwendungen bereitgestellt, Geschäftsprozesse überarbeitet. All dies istkonkret und greifbar.

Unsichtbar bleibt dabei, in welcher Beziehung diese Aktionen zumWissensmanagement stehen und welchen Beitrag sie dafür leisten. Wennnur die Aktionen allein wahrgenommen werden, besteht die Gefahr, dassdie eigentliche dahinterstehende Idee der Wissensmanagement-Einführungund ihre Ausrichtung auf die Unterstützung des Geschäfts gar nicht mehrmitgedacht wird.

Deshalb wurde in der Kommunikation der Wissensmanagement-Verantwortlichen immer wieder das Augenmerk auf die Verbindungzwischen sichtbaren Aktionen und dem Wissensmanagement und dessenBeiträge zur Geschäftsunterstützung gelegt.

Diese umfänglichen Nutzenargumentationen sollten sicherstellen, dassWissensmanagement sich nicht verselbständigt und irgendwann zumZweck an sich wird. Wenn nicht mehr wahrgenommen würde, wie das

138 I-205 (15.04.1999)

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306 Die Einführung von Wissensmanagement

Wissensmanagement konkret das Geschäft und die geplante Veränderungdes Geschäftes unterstützt, wäre der Erfolg der Fortführung derWissensmanagement-Einführung nicht mehr gewährleistet. So sind dieseNutzenargumentationen zwar aufwendig, aber für den langfristigen Erfolgunumgänglich.

Auch für die Wissensmanagement-Verantwortlichen selbst war diese Artder Vergegenwärtigung der eigenen Arbeit relevant. Sie stellten sicher, dassman sich nicht in diesen Detail-Aktionen verlor139. Die Kommunikation aufder Sinn-Ebene erlaubte immer wieder, die kleinen, konkreten Aktionen inden Gesamtzusammenhang und dessen Sinn einzuordnen.

Bilder und MetaphernIn der Beschreibung und Charakterisierung wurden die komplexenZusammenhänge nach Möglichkeit in Bilder oder Metaphern dargestellt.Die Idee der Wissensmanagement-Einführung als Doppel-Helix istbeispielsweise so eine Metapher. Eine andere war die Bezeichnung desZielzustandes der Wissensmanagement-Einführung als schwingendesNetzwerk des Wissens zwischen allen Mitarbeitern.

Solche Metaphern erlauben ein schnelles grundlegendes Verständniskomplexer Sachverhalte zu erreichen, indem sich diese über Analogienerschließen. Zudem macht es ihre Kommunikation leichter, da sie bessergreifbar sind und trotzdem ihre Komplexität vermitteln (Morgan,1997:271ff.).

AssessmentAssessments wie in den Wissensworkshops oder Messverfahren wie derKN-Indikator besitzen ebenfalls eine ordnende Funktion, denn in ihnenwerden Erwartungen deutlich oder Bedeutungen aufgedeckt. Sie stellendamit eine strukturierte Form zur Steuerung von Erwartungen undBedeutungszuweisungen dar.

139 I-15 (5.11.1998); I-07 (13.02.1999)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 307

6.5.2 Kontinuität und Übergänge

�Wenn wir den Lenkungsausschuss vonWissensmanagement überzeugen wollen,muss man uns das Funkeln in denKnopflöchern ansehen�(Projektleiterin Knowledge Networking)

Die im Zuge einer Wissensmanagement-Einführung auftretendendynamische Elemente stellen ein weiteres Aktivitätenfeld für dieWissensmanagement-Verantwortlichen dar. Im Fallbeispiel waren es vorallem die mehrfachen Personenwechsel, die immer wieder Anpassungennotwendig machten.

Personelle Kontinuität und ÜbergängeSo wechselte während der Untersuchung zweimal die direkte Leitung derWissensmanagement-Verantwortlichen und zweimal die Leitung derAbteilung, der die Wissensmanagement-Verantwortlichen organisatorischzugeordnet waren. Reorganisationen führten zu mehrerenPersonenwechseln bei wichtigen Ansprechpartnern derWissensmanagement-Verantwortlichen im Unternehmen.

Solche personellen Wechsel sind von den Wissensmanagement-Verantwortlichen nicht vorhersehbar oder gestaltbar. Die Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen zeigte jedoch, dass es Möglichkeitengab, sich darauf vorzubereiten.

So wurde nach dem ersten Wechsel der Teamleitung die Gefahr einerstarken Personenzentrierung in der Arbeit thematisiert. Während sie alsGalionsfigur für eine hohe Wahrnehmung im Unternehmen und eineeinheitliche Kommunikation sorgt, bringt ein unerwarteter Wechsel diegesamte Wissensmanagement-Einführung ins Stocken. Daher wurde spätereine solche Zuspitzung auf eine einzelne Identifikationsfigur vermieden.

Auch aus den Erfahrungen beim Wechsel der zuständigenAbteilungsleitung wurden Lernerfahrungen gezogen. Eine sich darausergebende Aktivität war ein Mentoring von unten. Ein Teammitgliedübernahm die Aufgabe, für alle Fragen der neuen Abteilungsleitung als

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308 Die Einführung von Wissensmanagement

Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und darauf hinzuarbeiten, dassschnellstmöglich wieder Akzeptanz für die Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen geschaffen wurde und dieEinführung ohne große Stockungen fortgesetzt werden konnte.

Thematische Kontinuität und ÜbergängeNeben den personellen Brüchen kam es auch zu thematischen Brüchen wiedem Wechsel zwischen Phasen mit verschiedenen Zielvorstellungs-Bildern140.

Der Anstoß für einen solchen Wechsel kam in der Regel aus einerReflektionsphase oder einem Abgleich mit der Strategie. Wenn die Analysezeigte, das mit den bisherigen Initiativen oder der bisherigenVorgehensweise die Zielsetzung des Wissensmanagements nicht mehrerreicht werden konnte oder der bisherige Ansatz seine Leistungsfähigkeitausgereizt hatte, wurden die Übergänge von den Wissensmanagement-Verantwortlichen selbst eingeleitet. Der Tegernsee-Workshop als Beispielwurde organisiert, als der bis dahin verfolgte Ansatz noch funktionierte,aber bereits absehbar war, dass mit ihm eine weitere Durchdringung derOrganisation nicht gelingen kann.

Solche thematischen Übergänge selbst herbeizuführen wird erleichtert,wenn in die Wissensmanagement-Einführung Reflektionsschleifensystematisch eingebaut werden, in denen über die Zweckmäßigkeit derbisherigen und die weitere Vorgehensweise nachgedacht wird.

140 Siehe Abschnitt 6.3.3.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 309

6.5.3 Looping

�Wissensmanagement ist eine lang laufendeInitiative, die in einem dynamischenUnternehmensumfeld stattfindet. Das lässtsich nicht vorab planen, da brauchen wirNachplanungs-Zyklen�(I-05; 20.03.2000)

Mit Looping wird hier der systematische Einbau vonFeedbackmöglichkeiten sowie von Reflektionsschleifen in denEinführungsprozess bezeichnet. Im Fallbeispiel lassen sich eine Reihesolcher Schleifen identifizieren:

• Aufbau eines Multiplikatoren-Netzwerks: Ein Netzwerk ausAnsprechpartnern aus den operativen Einheiten sicherte denInformationsfluss in die Einheiten und den Rückfluss von Feedback undAnregungen.

• Einrichtung von Hotlines und Intranet-Foren: Hotlines dienten zur Ad-hoc-Hilfe bei Nutzungsproblemen der angebotenenWissensmanagement-Lösungen, aber auch als Plattform zurMitarbeiterbefragung oder für spontanes Feedback.

• Erhebung eines Indikators: Die Erarbeitung und Erhebung einesIndikators für das Wissensmanagement diente der Systematisierung derbisherigen Feedback-Möglichkeiten. Mit seiner konstanten Systematikliefert er zudem die Basis für die Zielvereinbarung mit denVerantwortlichen der operativen Einheiten. Dem KN-Team ermöglichteer ein übergreifendes Controlling der Einführungsarbeit im Zeitverlauf.

• KN-Wissensworkshop: Das Workshopkonzept zielte auf das Erarbeitenvon lokalen Lösungen für konkrete Problemstellungen gemeinsam mitden Betroffenen. Daneben wurde in den Workshops die Verbindung zuanderen lokalen Problemstellungen geschaffen. Außerdem entstandenhier Vorschläge für übergreifende Projekten bei Problemen, welchemehrere Gruppen bzw. die Gesamtorganisation betrafen.

• Mitarbeiter-Training zum persönlichen Wissensmanagement: Nebendem Trainingsaspekt wurde in den Veranstaltungen die Möglichkeit

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310 Die Einführung von Wissensmanagement

geschaffen, Feedback zur Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen zu geben sowie Vorschläge für weitere Aktivitäten zumachen.

• Strategie-Workshops der Wissensmanagement-Verantwortlichen:Strategie-Workshops innerhalb des KN-Teams oder gemeinsam mitMultiplikatoren wurden genutzt, um in einer handlungsentlastetenAtmosphäre über die eigene Arbeit nachzudenken. Dabei wurden dieseWorkshops von den Teilnehmern regelmäßig als Quelle neuerMotivation, aber auch neuer Ansätze und Projekte angesehen.

Der Einbau solcher Schleifen in die Wissensmanagement-Einführungsarbeitentfaltet seine Wirkung im Hinblick auf zwei unterschiedliche Zielgruppen.

Einerseits geht es um eine Möglichkeit, zeitnah Stimmen der Benutzer alsFremdfeedback zu hören. Zum zweiten kann damit die Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen als Eigenfeedback hinterfragtwerden.

Die Schleifen reflektieren die konkreten lokalen Anforderungen derWissensmanagement-Zielgruppe sowie die Dynamik des Geschäfts und derOrganisation. Dieses systematisch generierte Feedback wurde für eineverbesserte Steuerung und Messung der Einführungsarbeit genutzt underbrachte immer wieder Ansätze zur Adaptierung der nächstenEinführungsschritte.

Damit erzwingen die Feedback- und Reflektionsschleifen strukturell einesystematische konzeptionelle Flexibilität im Zeitverlauf, welche derProjektleiter bei Telcotech im dem Abschnitt vorangestellten Zitatherausstellte.

Betroffene beteiligenHierfür sprechen zwei wichtige Gründe. Einerseits ist es denWissensmanagement-Verantwortlichen nicht möglich, das Geschäft vor Ortso gut zu kennen wie die dort Arbeitenden. Damit ist es erfolgskritisch,dieses Wissen in den KIPs nutzbar zu machen. Dies wurde realisiert durch

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 311

Einholen von Feedback oder durch direkte Mitarbeit von betroffenenMitarbeitern.

Schaffung von Kontexten für gemeinsame LernschleifenEine wesentliche Erkenntnis der Wissensmanagement-Verantwortlichennach der Durchführung der Pilotprojekte war: �Eigentlich müssen wir esschaffen, den Lernprozess, den wir selbst durchgemacht haben, im Rahmender weiteren Aktivitäten auch den anderen zu ermöglichen.�141

Diese Erkenntnis führte im ersten Schritt zur Entwicklung von KN-Wissensworkshops und später zu KN-Enabling. Diese Initiativen fungierenals Prozessbegleitung (Unterstützung bereits laufender Aktivitäten) oder alsProzessberatung (Initiierung neuer Aktivitäten). Im Kern schaffen siestrukturierte und professionell unterstützte Entwicklungsräume, in denenMitarbeiter Wissens-Probleme selbst erkennen, strukturieren und lösenkönnen.

�Practice what you preach�Doch auch in der Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen selbstwurde Aufmerksamkeit auf den Einbau notwendiger Reflektionsschleifengelenkt. Erfahrungen, die in den KIPs gemacht wurde, sollte auch wieder indie eigene Arbeit einfließen. Viele KIPs machten deutlich, dassWissensprobleme entstehen, wenn die eigene Arbeit zu wenig besprochenund innerhalb eines Teams abgestimmt wird. In dieser Gefahr steht auchdie Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen.

Besonders in Phasen intensiver operativer Arbeit (wie im Sommer 1998während des Implementierungsprojektes), wo im Team hochgradigarbeitsteilig und fragmentiert gearbeitet wurde, wurde die Gefahrwahrgenommen, dass der Sinn bestimmter Tätigkeiten nicht mehrhinterfragt wird und wie diese in den Gesamtzusammenhang derWissensmanagement-Einführung passen142.

141 I-05 (13.01.1998)142 I-07 (26.10.1998)

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312 Die Einführung von Wissensmanagement

Gerade mit der Intensität der Arbeitsphasen und dem Druck, Zeit einsparenzu wollen, steigt die Notwendigkeit, die eigenen Aktivitäten auf der Sinn-Ebene rückzuverankern.

6.6 Prozessual ausgerichtete Aktivitäten zum �AndersHandeln�

Die Aktivitäten in diesem Sektor zielen auf eine generelle Verbesserung derorganisationalen Umsetzungs- und Veränderungsfähigkeit. Sie zählen alsBestandteile des Programm-Managements und gelten nicht exklusiv für dieWissensmanagement-Einführung.

Wichtige Aktivitäten hierzu sind die Steuerung des Gesamtprozesses, diedirekte Zusammenarbeit mit Partnern und die indirekte Steuerung dieserPartnernetze.

6.6.1 Time Pacing � die Sache in der Hand behalten

�[Die Unternehmen, die Time Pacinganwenden] ...lernen, wichtige Übergänge zuchoreographieren und verkürzen damit dieZeit, die deren Vollzug beansprucht.�(Eisenhardt/Brown, 1998:67)

Als Problem wurde immer wieder die Gleichzeitigkeit undWechselwirkung von der Entwicklung der Wissensmanagement-Einführung und externen Entwicklungen im Unternehmen wahrgenommen.Arbeiten an bestimmten Projekten konnten erst gestartet werden, alsbestimmte Voraussetzungen (konkrete Beispiele waren der Abschluss einesStrategieprojektes bzw. eine in zwei Monaten anstehende Reorganisation)eingetreten waren.

Drastisches Beispiel war die Entwicklung des Prozesses zurWettbewerbsbeobachtung und zur Einbringung des erarbeiteten Wissensins Wettbewerbshandbuch der Marketingabteilung. Nachdem der Prozessentwickelt, pilotiert und kommuniziert war und die ersten Erkenntnissevorlagen, stellte die Marketingabteilung das Handbuch ein, der geplanteBereitstellungsprozess für das Wettbewerbswissen war damit weggefallen.

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 313

Die Wissensmanagement-Initiative war damit zunächst gescheitert, wasvon den Wissensmanagement-Verantwortlichen zu verantworten war, ohnedass diese es verursacht hatten.

Solche Wechselwirkungen und Gleichzeitigkeiten führten anfangs immerwieder zu Stockungen oder Verzögerungen.

Eisenhardt (1990) und Brown/Eisenhardt (1997, 1998) zeigen eineMöglichkeit auf, mit solchen Gleichzeitigkeiten umzugehen. Sieunterscheiden dazu im Hinblick auf Innovationszyklen in dynamischenIndustrien zwischen Event-Pacing und Time-Pacing. Event-Pacing besagt,dass Veränderungen aufgrund des Eintretens neuer Ereignisse eingeleitetwerden. Das Problem ist die notwendige Reaktionsgeschwindigkeit, die esbei komplexen Problemstellungen nicht mehr erlaubt, zeitnah zu reagieren.Am Beispiel von Unternehmen der Computertechnologie-Industrie undKonsumgüterindustrie zeigen sie auf, dass diese ihren eigenenVeränderungsrhythmus vorgeben, indem sie ihre Innovationszyklen selbstaktiv steuern. Sie geben sich selbst vor, wann neue Produkte am Marktplatziert werden sollen und richten ihre Produktentwicklungdementsprechend aus.

Die Idee dieser aktiv geplanten Übergänge wurde von denWissensmanagement-Verantwortlichen aufgegriffen und für dieWissensmanagement-Einführung nutzbar gemacht. Nach vielenErfahrungen mit externen Störungen (vor allem personelle Wechsel beiFührungskräften und Ansprechpartnern) wurde eine eigene Agenda derWissensmanagement-Einführung bestimmt.

Unabhängig davon, ob für die eigene Arbeit notwendige Entscheidungenbereits getroffen waren, wurde mit den Vorarbeiten für neue Aktivitätenbegonnen und zeitgleich daran gearbeitet, die notwendigen Entscheidungenherbeizuführen. Lagen die Entscheidungen dann rechtzeitig vor, konnteohne Zeitverlust direkt weitergearbeitet werden.

So wurde der KN-Indikator entwickelt, ohne dass bereits entschieden war,ob bei Telcotech ein Balanced-Scorecard-Controlling (BSC), in das derIndikator integriert werden sollte, eingeführt wird. Bei der Ausgestaltung

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314 Die Einführung von Wissensmanagement

wurde darauf geachtet, dass er auch ohne BSC hätte erhoben werdenkönnen. Als dann die BSC realisiert wurde, konnte der KN-Indikator alseine der ersten neu konzipierten Kennzahlen eingebracht werden.

Das Achten auf Flexibilität in der Konzepterstellung oder das Mitdenkenvon Alternativ-Plänen erfordert zwar einen Mehraufwand, erlaubt aber aufder anderen Seite ein zügiges Weiterarbeiten in jedem Fall.

Durch den Versuch, einen eigenen Rhythmus der Wissensmanagement-Einführung vorzugeben bzw. externe Ereignisse in der Arbeit aktiv zuberücksichtigen, konnten Stockungen reduziert werden.

6.6.2 Allianzen schmieden und Partner-Management

�Beim Wissensmanagement ist es fast wiebeim Wettlauf von Hase und Igel. Immer,wenn wir entdecken, wo Wissensproblemebestehen und wie diese gelöst werdenkönnen, ruft jemand im Unternehmen ,Dafürsind wir verantwortlich�.�(I-07; 21.10.1999)

Das Finden von kompetenten Partnern und die Zusammenarbeit mit ihnenspielt für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen eineessentielle Rolle. Wie bereits aufgezeigt, kann das Wissensmanagement alsdas Lösen von Geschäftsproblemen mit Methoden desWissensmanagements verstanden werden. Da für Geschäftsprobleme in derRegel bereits Verantwortliche im Unternehmen benannt sind, sind dieseVerantwortlichen zwingend in die Wissensmanagement-Projekteeinzubinden. Nur so kann vermieden werden, dass ein Ringen darüberbeginnt, wem das zu lösende Problem eigentlich �gehört�143, ohne das mitdessen Bearbeitung begonnen werden kann.

Neben den �Besitzern� des Problems existieren noch die �Besitzer�bestimmter Methoden (z.B. Training), mit denen eine Zusammenarbeiteinfach sinnvoll ist, da sie in der Regel über eine hohe Kompetenz undErfahrung für die Methode verfügen.

143 I-07 (21.10.1999, 31.03.2000)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 315

Für die Wissensmanagement-Verantwortlichen besteht somit die Aufgabedarin, die richtigen Partner zu identifizieren und mit ihnen gemeinsam dieWissensprobleme zu bearbeiten. Wenn sich die Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen auf die wichtigenProblemstellungen und nicht auf die noch unbesetzten Flecken in derThemenlandschaft des Unternehmens beziehen soll, ist ein Allianz- undPartnermanagement sogar zwingend notwendig.

Zusammenarbeitsnetzwerke mit Partnern aufbauenBei der meisten KN-Initiativen arbeiteten die Wissensmanagement-Verantwortlichen bei Telcotech mit Partnern zusammen. Das Einbindendieser Partner nutzt deren Kompetenz, führt aber auch zu einer höherenLegitimation der Initiativen, wenn die �offiziellen� Verantwortlichen an derInitiative beteiligt sind.

Dabei können die Partner sowohl unternehmensinterne Fachabteilungenoder Dienstleister sein, als auch von außerhalb des Unternehmens stammen.

So wurden zur Gestaltung eines Mitarbeitertrainings dieUnternehmensleitung (zur Abstimmung der Themen), diePersonalabteilung (zur Integration in die Mitarbeiter-Entwicklungspläne),der interne Trainingsdienstleister (zur Erstellung des Trainingsprogrammsund zur Einpflegung in Intranet-Katalog und Buchungsprogramm), einexterner Dienstleister (zur Durchführung der Trainings) sowie dieTrainings-Referenten der operativen Einheiten (zur Beratung derMitarbeiter) zusammengeführt und deren Arbeiten abgestimmt.

Nach der Erarbeitung der Trainingsinhalte und der ersten Durchführungkonnten sich die Wissensmanagement-Verantwortlichen fast vollständigaus der Durchführung zurückziehen. Im Sinne einer Qualitätssicherungwurde nur noch eine indirekte Überwachung und Steuerung betrieben.

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316 Die Einführung von Wissensmanagement

OrchestrierenDer bei Telcotech dafür verwendete Begriff des �Orchestrierens�144

umschreibt Tätigkeiten, bei denen sich der Wissensmanagement-Verantwortliche darum bemüht, die Zusammenarbeit der richtigenThemenverantwortlichen im Sinne der Anforderungen desWissensmanagements zu beeinflussen. Die Einflussnahme erfolgt nichtdirekt, sondern ordnend im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang derWissensmanagement-Einführung.

Wie ein Dirigent dafür sorgt, dass das Orchester einen harmonischenGesamtklang erzeugt, zu dem alle Instrumente geordnet und aufeinanderabgestimmt beitragen, orchestriert der Wissensmanagement-Verantwortliche die Beiträge der Themenverantwortlichen. Dabei bleibt derWissensmanagement-Verantwortliche im Hintergrund, dieThemenverantwortlichen stehen in der Verantwortung und werden auch alsTreiber der Themen wahrgenommen.

So beschränkte sich beim oben ausgeführten Training das Orchestrierendarauf, durch Nachfragen bei Teilnehmern die Qualität der Durchführungzu beobachten und in regelmäßigen Abständen die zu vermittelndenInhalte mit dem Trainingsdienstleister zu diskutieren und anzupassen.

Allianzen schmiedenNicht nur bei der Entwicklung und Durchführung von Initiativen hat dieZusammenarbeit mit Partnern ihre Bedeutung. Auch bei der Schaffung vonNach-Druck für das Wissensmanagement sind Partner hilfreich, wenn sieden Zugriff auf die Organisation gewähren können.

Die Wissensmanagement-Aktivitäten stellen sich dabei in den Dienst einesanderen Themas, um schneller und umfassender in der Organisationaufgenommen zu werden.

KN-Servicewissen erlebte einen deutlichen Aufschwung als es alsBestandteil des DTS-Projektes kommuniziert wurde und damit Marketing

144 I-140 (14.08.1998); I-07 (13.02.1999)

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 317

von Seiten der Wissensmanagement-Verantwortlichen, aber auch durch denVerantwortlichen des DTS-Projektes erhielt. Ebenso wurde das Trainingzum persönlichen Wissensmanagement gefördert, nachdem es im Zuge derNeuausrichtung Consulting für die Telcotech-Consultants als Pflichttrainingdefiniert wurde.

Solche Allianzen können sich durch Anfragen von Partnern ergeben. Umdas Einführungs-Momentum für das Wissensmanagement jedoch hoch zuhalten, ist es sinnvoll, dass die Wissensmanagement-Verantwortlichengezielt und aktiv nach solchen Möglichkeiten suchen, ihreWissensmanagement-Initiativen auch in den Dienst einer weiteren Sache zustellen.

6.6.3 Die Rolle von TüröffnernAls eine weitere erfolgskritische Aktivität wurde das �Türoffenhalten� imVerlauf der Wissensmanagement-Einführung erkannt145 und danachzunehmend bewusst eingesetzt.

Hierbei geht es um die Fokussierung auf (direkte und indirekte)Führungskräfte, die wesentlich für die ungestörte Arbeit derWissensmanagement-Verantwortlichen sind. Im Normalfall sind siewichtig, um den Wissensmanagement-Verantwortlichen wichtige Türen zuöffnen bzw. ihnen den Rücken freizuhalten. Sie nehmen damit die Rolle vonTüröffnern für die Wissensmanagement-Verantwortlichen ein.

Durch ihre enge Einbindung kann das Einführungs-Momentum aufrechterhalten werden, denn sobald die Unterstützung der Türöffner verlorengeht, kommt die Wissensmanagement-Einführung ins Stocken.

Deutlich wurde die Bedeutung dieser Aktivität beim Wechsel derAbteilungsleitung, in deren Verantwortung das Wissensmanagement fällt.Der Personalwechsel fiel in eine intensive Projektphase, in der die meistenTeammitglieder versuchten, eine Reihe von Detailproblemen zu lösen,während die Führungskraft versuchte, sich einen Gesamteindruck zu

145 I-05 (13.02.1999)

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318 Die Einführung von Wissensmanagement

verschaffen. Diese unterschiedlichen Ausrichtungen führten zuMissverständnissen, die Tür war damit zunächst geschlossen und die Arbeitan der Wissensmanagement-Einführung kam für mehrere Wochen insStocken.

Im Sinne eines Türoffenhaltens wurde künftig darauf geachtet, wichtigeTüren für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen zuidentifizieren und ein Teammitglied zu benennen, das sich aktiv um derenKommunikations-Bedürfnisse kümmerte.

Wichtige Türöffner für die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen waren bei Telcotech zuerst die Mitglieder derUnternehmensleitung als Entscheider. Aber auch die Leiter derFachabteilungen als wichtige Kooperationspartner und dieWissensmanagement-Verantwortlichen auf Konzern-Ebene warenErmöglicher für die Wissensmanagement-Verantwortlichen. Danebennahmen die Verantwortlichen für aktuelle strategische Themen wieProjektleiter von Strategieprojekten diese Rolle jeweils temporär ein. Umdas Wissensmanagement als Mittel zur Erreichung ihrer Projektziele zupositionieren und passende Teile in die Projekte zu integrieren, sollte ihreZustimmung erreicht werden.

Da die Wissensmanagement-Einführung für diese Zielgruppen meist einThema von mehreren ist, konnte nicht erwartet werden, dass sie derWissensmanagement-Einführung immer die höchste Priorität einräumen. Eskonnte auch nicht vorausgesetzt werden, dass sie Wissensmanagementsofort mit seinen Hintergründen verstehen bzw. so tief involviert sind, dasssie über die Entwicklungen der Wissensmanagement-Einführung ständiginformiert sind.

Türoffenhalten bietet den Wissensmanagement-Verantwortlichen eineMöglichkeit, mit diesen Umständen und Chancen aktiv umzugehen. Dabeiergeben sich Vorteile für beide Beteiligten. Der Vorteil für dieFührungskraft � ein fester Ansprechpartner für alle Fragen, der dasWissensmanagement-Gesamtbild vermitteln kann. Der Vorteil für dieWissensmanagement-Verantwortlichen � klare und einheitliche

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 319

Kommunikation, keine Störung der Arbeit der anderen Teammitglieder,kein Momentum-Verlust.

6.7 Zusammenfassung

Die Wissensmanagement-Einführung bei Telcotech wurde über einenZeitraum von mehr als drei Jahren untersucht. Bis zum Abschluss derUntersuchung waren verschiedene Wissensmanagement-Initiativen bereitserfolgreich implementiert, andere befanden sich noch in der Konzeptionoder Pilotierung. Damit kann die Wissensmanagement-Einführung zumZeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit als noch nicht abgeschlossenangesehen werden.

Auch in Bezug auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter zeigte sich, dass diesedie Wissensmanagement-Einführung als noch nicht vollendet ansahen146. Inanderen Unternehmen (Häntschel/Mittelmann, 2002) werden ähnlichenErgebnissen in Bezug auf den langfristigen Verlauf einerWissensmanagement-Einführung beobachtet147.

Vor dem Hintergrund dieser Langfristigkeit der Wissensmanagement-Einführung wurde in der Fall-Untersuchung die Frage thematisiert, wie esgelingen kann, über einen mehrjährigen Zeitraum ein hohes Momentum derEinführung aufrecht zu erhalten?

In der Schaffung und Aufrechterhaltung eines hohen Einführungs-Momentums kann der kritische Erfolgsfaktor einer Wissensmanagement-Einführung gesehen werden. Ihn sicherzustellen ist die wesentlicheAufgabe der Wissensmanagement-Verantwortlichen imEinführungsprozess.

Die damit verbundenen Schwierigkeiten und Aktivitäten ergeben sich ausdem Spannungsfeld eines langlaufenden strategischen Programms

146 I-07 (17.02.2003)147 Leider konnten die Gründe, die nach Abschluss der Feldphase zum Verlust des

Einführungs-Momentums führten, nicht mehr in der Untersuchung erfasst undanalysiert werden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

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320 Die Einführung von Wissensmanagement

einerseits und dem kurzfristig beeinflussten, dynamischenUnternehmensumfeld mit wechselnden Einflussfaktoren andererseits.

Dazu gilt es, die Pole dieses Spannungsfeldes im Verlauf derEinführungsaktivitäten immer wieder zu überwachen und Anpassungenzwischen ihnen vorzunehmen. Dabei sind im wesentlichenGeschwindigkeitsunterschiede oder Richtungsabweichungen zwischen derWissensmanagement-Einführung und der Unternehmensentwicklung zusynchronisieren. Daneben muss auf ungeplanten Veränderungen in denKontextfaktoren reagiert werden. Gemeinsam ist diesen Problemen, dass sienicht vorab erkannt und durch entsprechende Planung aus dem Weggeräumt werden können. Sie ergeben sich erst im Zuge derWissensmanagement-Einführung und müssen diese begleitend gemeistertwerden.

Die Fallstudie entwickelt aus den Erfahrungen der Wissensmanagement-Verantwortlichen bei Telcotech einen Bezugsrahmen, der dieseProblemstellung abbildet und Aktivitäten zu ihrer Handhabung aufzeigt. Erfokussiert auf diejenigen Aktivitäten, die im Hinblick auf das Managementdes Einführungs-Momentums ergriffen wurden und stellt dieUntersuchung unter diese Perspektive.

Der entwickelte Bezugsrahmen strukturiert sich in vier Bereiche, welche zurAufrechterhaltung und zur Erhöhung des Einführungs-Momentumsbeitragen. Er zeigt auf, dass die Wissensmanagement-VerantwortlichenAktivitäten zum �Anders Denken� und zum �Anders handeln� durchführtenund diese beiden Ausprägungen ein ausgewogenes Verhältnis bildenmüssen. Dabei bedienen sich die Wissensmanagement-Verantwortlichensowohl Aktivitäten, die dem Wissensmanagement inhaltlich-spezifischzugerechnet werden können, als auch allgemein-prozessualer Aktivitäten.

Dabei zeigt die Untersuchung, dass die inhaltlich-spezifischen Aktivitätendie eigentlichen Kernaufgaben einer Wissensmanagement-Einführungwiderspiegeln, die jedoch für eine erfolgreiche Einführungsarbeit nichtausreichen. Sie werden durch auf das Wissensmanagement angepassteallgemeine Management-Aktivitäten, die prozessual-allgemeinen

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Konzeptualisierung der Wissensmanagement-Einführung 321

Aktivitäten, ergänzt. Diese können als Beiträge zu einer grundlegendenVeränderungsfähigkeit einer Organisation verstanden werden.

Im Rahmen einer Wissensmanagement-Einführung werden Aktivitäten ausallen dieser vier Bereiche vereint und in einem Gesamtpaket verbunden.

Der Bezugsrahmen regt dazu an, auch bei der Planung vonWissensmanagement-Einführungsprojekten in anderen Unternehmen dieseausgewogene Verbindung von Aktivitäten aus allen vier Faktoren zunutzen. Er gibt damit den Wissensmanagement-Verantwortlichen einSchema an die Hand, mit welchem sie ihre eigenen Aktivitätenstrukturieren und aktiv steuern können.

Die in der Fallstudie identifizierten und diskutierten Aktivitäten zeigen auf,was bei Telcotech eingesetzt wurde und geben anderenWissensmanagement-Verantwortlichen damit Ideen für die Gestaltungihres eigenen Aktivitäten-Portfolios. Die Zusammenstellung der einzelnenAktivitäten in den vier Bereichen ist dabei nicht als abschließend oder alspräskriptiv zu betrachten. Sie spiegelt diejenigen Aktivitäten wider, die imFallbeispiel von Telcotech identifiziert werden konnten und sich dort alszielführend erwiesen haben.

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322 Die Einführung von Wissensmanagement

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Zusammenfassung 323

7 Zusammenfassung und Implikationen

Das abschließende Kapitel ordnet die Ergebnisse der Arbeit ein und fasst siezusammen.

Abbildung 54: Gliederung der Argumentation in Kapitel 7

Im ersten Teil des Kapitels wird noch einmal der Spannungsbogen derArbeit nachgezogen. Danach werden Implikationen der Arbeit für dieTheorie und für die Praxis abgeleitet. Ein Ausblick schließt die Arbeit ab.

7.1 Spannungsbogen der Arbeit

Die vorliegende Forschungsarbeit thematisiert die Möglichkeiten undGrenzen der Realisierung der Potentiale des Wissensmanagements in derUnternehmenspraxis. Eine Langzeit-Einzelfall-Fallstudie dient dabei alsErkenntnisweg.

Nach einer ersten Feldphase konnte die zu Beginn bewusst breit formulierteFragestellung konkretisiert werden. In den Fokus der weiteren Forschung

7. Zusammenfassung und Implikationen7. Zusammenfassung und Implikationen

7.4. Ausblick7.4. Ausblick

7.1. Spannungsbogen derArbeit

7.1. Spannungsbogen derArbeit

7.2. Implikationen derUntersuchung für die Theorie

7.2. Implikationen derUntersuchung für die Theorie

7.3. Implikationen derUntersuchung für die Praxis

7.3. Implikationen derUntersuchung für die Praxis

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324 Die Einführung von Wissensmanagement

rückte der Prozess der Einführung von Wissensmanagement, weil diesereine wesentliche Bedeutung für die Erschließung der Wissensmanagement-Potentiale hat. Als maßgebliche Träger dieser Phase wurden dieWissensmanagement-Verantwortlichen identifiziert, welche die Gestaltungund Steuerung der Wissensmanagement-Einführung bestimmen.Gemeinsam mit der Unternehmensleitung tragen sie die Verantwortung fürdas Wissensmanagement im Unternehmen.

Dank dieser Konkretisierungen konnte in einer zweiten Feldphase die Fragebeantwortet werden, wie sich aus der Perspektive der Wissensmanagement-Verantwortlichen die Wissensmanagement-Einführung darstellt und welcheAktivitäten zu ihrer Gestaltung zum Einsatz kommen. BesonderesAugenmerk wurde auf die organisationale Ausgestaltung derWissensmanagement-Einführung als Transformationsprojekt gelegt,welches Wissensmanagement als Kernfunktion im Unternehmen etablierensoll.

Die Aktivitäten der Wissensmanagement-Verantwortlichen wurden imHinblick auf ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung eines dauerhaft hohenEinführungs-Momentums ausgewählt und diskutiert. Im Verlauf dieserStudie wurden diese Aktivitäten erst beschrieben und dann interpretiert, sodass sie anschließend zu einem Bezugsrahmen verdichtet werden konnten.Dieser zeigt die Aktivitätenfelder eines Wissensmanagement-Verantwortlichen auf und beleuchtet sie vor dem Hintergrund derForschungsfrage.

Der Bezugsrahmen bietet dem Leser die Möglichkeit, die bei Telcotechgemachten Erfahrungen nachzuvollziehen und von ihnen zu profitieren.Dem Wissensmanagement-Verantwortlichen erlaubt er zudem, seineeigenen Aktivitäten kritisch zu hinterfragen. Der wissenschaftliche Leserfindet einen neuen Blickwinkel auf die Problemstellung derWissensmanagement-Einführung, welcher auf ihre Gestaltungs- undSteuerungsmöglichkeiten abstellt.

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Zusammenfassung 325

7.2 Implikationen der Untersuchung für die Theorie

Die Arbeit und die dabei gemachten Erkenntnisse leisten verschiedeneBeiträge zur Theorie:

• Die Untersuchung bietet einen erweiterten Blick auf dieWissensmanagement-Einführung. Sie analysiert und beschreibt derenGestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten und ergänzt damit bereitsvorhandene Untersuchungen zu Einführungs-Aktivitäten.

• Die Untersuchung vertieft die Erkenntnisse über die Tätigkeiten derWissensmanagement-Verantwortlichen. Damit ergänzt und erweitert siedie bisher vorgelegten Untersuchungen der Akteure imWissensmanagement.

• Die Untersuchung verdeutlicht die Transformationsprozesse, welchedurchlaufen werden müssen, wenn ein UnternehmenWissensmanagement als Kernfunktion für sich festlegt.

• Die Untersuchung leistet damit einen Beitrag zum Verständnis derEntstehung wissensintensiver Unternehmen und der mit dieserEntstehung verbundenen organisationalen Veränderungen.

• Am Beispiel der Wissensmanagement-Einführung zeigt dieUntersuchung Möglichkeiten der gemanagten Entwicklung neuerorganisationaler Fähigkeiten und damit der Steuerbarkeit solcherorganisationaler Entwicklungsprozesse auf. Mit der Erarbeitung einesBezugsrahmens wird eine Möglichkeit zu deren sprachlicherErschließung geschaffen und eine systematische Betrachtung ermöglicht.

Um die Ergebnisse der Untersuchung zu prüfen oder zu erweitern, ergebensich aus der Arbeit konkrete Ansätze für eine weitergehende Forschung:

• Untersuchungen der Wissensmanagement-Einführung in anderenUnternehmen können die Forschungsbasis verbreitern und zurErhöhung der externen Validität und Verlässlichkeit der vorgelegtenUntersuchung beitragen.

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326 Die Einführung von Wissensmanagement

• Mit dem Aufgreifen einzelner Aktivitäten und deren Untersuchung inQuerschnitts-Studien über mehrere Unternehmen oder Industrienhinweg könnten die Erkenntnisse getestet und erweitert werden.

• Ein Vergleich mit den Ergebnissen von Untersuchungen andererEinführungsaktivitäten wie z.B. von Qualitätsmanagement kannHinweise auf das systematische Vorkommen von bestimmtenAktivitäten in organisationalen Einführungszusammenhängen geben.

7.3 Implikationen der Untersuchung für die Praxis

Gute Forschungsergebnisse sollten auch immer eine praktische Relevanzaufweisen. Die vorliegende Untersuchung leistet dazu folgende Beiträge:

• Die Untersuchung reduziert die Unsicherheit im Umgang mit derEinführung von Wissensmanagement in Unternehmen. KritischeAspekte des Wissensmanagement-Einführungsprozesses werdentransparent gemacht, differenziert und systematisiert.

• Die Untersuchung sensibilisiert Wissensmanagement-Verantwortlicheund Unternehmensleiter für die Komplexität einer Wissensmanagement-Einführung und mögliche Gefahren im Einführungsverlauf.

• Der erarbeitete Bezugsrahmen stellt für Wissensmanagement-Praktikereine Strukturierungshilfe und eine gemeinsame Sprachbasis dar, mit dersie sich leichter über ihre Erfahrungen bei der Wissensmanagement-Einführung verständigen können.

• Die Zusammenstellung der Aktivitäten erleichtert den Praktikern dieStrukturierung ihrer eigenen Aktivitäten. Gleichzeitig führt die damitgeschaffene Transparenz zu einer Erhöhung ihrer Entscheidungs- undHandlungsoptionen.

• Ein verbessertes Verständnis darüber, welche Rolle die Geschäftsleitungim Rahmen der Wissensmanagement-Einführung einnehmen muss, zeigtihr die Bedeutung einer aktiven Beteiligung auf und erhöht so dieChance auf eine erfolgreiche Einführung.

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Zusammenfassung 327

Die Untersuchung verdeutlicht, dass enttäuschte Erwartungen inVerbindung mit der Einführung von Wissensmanagement oftmals nicht aufdem Unvermögen der Projektverantwortlichen beruhen, sondern ihreUrsachen in der Komplexität des Einführungsprozesses haben.

So unterliegt die Arbeit der Wissensmanagement-Verantwortlichen bei derEinführung einer ganzen Reihe von Spannungsfeldern, die in der Fallstudiezutage traten und in der Diskussion herausgearbeitet werden konnten. Diewichtigsten sind:

• Wirkung des Wissensmanagements vor Ort und unternehmensweit:Die Motivation der Mitarbeiter, sich an Wissensmanagement zubeteiligen, steigt, wenn Ergebnisse vor Ort spürbar werden und ihreArbeit erleichtern. Gleichzeitig soll Wissensmanagement dieOrganisationsgrenzen überwinden und seine Wirkungunternehmensweit entfalten.

• Von oben getrieben und von unten getragen: Wissensmanagementbraucht die Unterstützung sowohl der Unternehmensleitung, als auchder Mitarbeiter. Es muss den Wissensmanagement-Verantwortlichengelingen, zwischen beiden Zielgruppen zu vermitteln.

• Gleichmäßige Wirkung auf der Wertschöpfungs- und auf der Kultur-und Werte-Ebene: Von der Wissensmanagement-Einführung wirderwartet, dass sich Verbesserungen in der Zusammenarbeit derMitarbeiter (Wissenskultur) ergeben, aber auch dass sichVerbesserungen in den Geschäftszahlen konkret positiv bemerkbarmachen.

• Schnelle Ergebnisse und nachhaltiger Wandel: Um eine hoheAkzeptanz für das Wissensmanagement und den nachhaltigen Wandel,den es anstrebt, aufrecht zu erhalten, muss es gelingen, schnelle undgreifbare Ergebnisse aufzuzeigen.

• Leistungen der Wissensmanagement-Verantwortlichen und Beiträgealler Mitarbeiter: An den Ergebnisses des Wissensmanagements werdendie Wissensmanagement-Verantwortlichen gemessen, jedoch können sie

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328 Die Einführung von Wissensmanagement

diese Ergebnisse nur mittelbar beeinflussen, da das Wissensmanagementvon den Beiträgen und dem Engagement der einzelnen Mitarbeiter lebt.

• Aggressive �Vermarktung� und �Verständnis�: Im Wettbewerb mitanderen Themen in der Organisation muss Wissensmanagement seineBotschaft aggressiv vermarkten, um die Aufmerksamkeit der Mitarbeiterzu erreichen. Um nachhaltigen Erfolg zu haben, müssen die Mitarbeiterdie Botschaft verstehen und verinnerlichen, Wissensmanagement mussdaher auch solche Denkprozesse anstoßen.

Mit einem durch die vorliegende Untersuchung gesteigerten Verständnisfür die Problematik der Wissensmanagement-Einführung kann die obenerwähnte Enttäuschung rational analysiert werden und damit nachUrsachen und Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Wenn dies gelängeund die Wissensmanagement-Einführung damit besser und nachhaltigwirksamer gestaltet werden könnte, wäre ein wichtiges Anliegen dieserForschungsarbeit erfüllt.

7.4 Ausblick

Die Einführung von Wissensmanagement stellt ein anspruchsvollesVorhaben für ein Unternehmen dar. Da die Wissensmanagement-Einführung mit einer organisationalen Transformation verbunden ist, ist ihrAusgang nicht vorhersagbar. Die Verantwortung für ihr Gelingen kannnicht an die Wissensmanagement-Verantwortlichen delegiert werden, sieliegt in den Händen aller Mitglieder der Organisation.

Die Wissensmanagement-Verantwortlichen haben jedoch die Möglichkeit,mit dem richtigen Handwerkszeug den Einführungserfolg mitzubestimmenund dessen Wahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Zur konzeptionellen Erschließung dieses Handwerkszeugs leistet dievorliegende Arbeit einen Beitrag.

Weitere Beiträge dazu sind willkommen!

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Anhänge 361

Anhang

Anhang 1: Quellenübersicht

Datentyp Quellen-Zugang

Interviews undBeobachtungen

Eigene Kontakte u. Hinweise Siemens AG,Community �Corporate KnowledgeManagement� und �WiMiP -Wissensmanagement in der Praxis�

Firmen-Dokumente,Präsentationen

Intranet, interne Publikationen undFirmenbibliothek Siemens AG,Interviewpartner

ÖffentlicheDokumente,Pressetexte

Internet, Fachzeitschriften, Online-Datenbanken (Gartner Group),Firmenbibliothek Siemens AG

WissenschaftlicheLiteratur

Öffentliche Bibliotheken

Firmenbibliothek Siemens AG, Online-Datenbanken (EBSCO, Emerald, WISO)

Anhang 2: Verzeichnis der wichtigsten Interview-Partner fürdie Fallstudie

I-01 Geschäftsführer von Telcotech, VorsitzenderLenkungsausschuss KN

I-02 Abteilungsleiter Wissensmanagement 1997-1998

I-03 Abteilungsleiter Wissensmanagement 1998

I-04 Abteilungsleiter Wissensmanagement 1999-2001

I-05 Projektleiter Wissensmanagement 1997-1998;Gruppenleiter Wissensmanagement 1998

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362 Die Einführung von Wissensmanagement

I-06 Gruppenleiter Wissensmanagement 1998-2000

I-07 Teammitglied Wissensmanagement

I-08 Teammitglied Wissensmanagement

I-09 Teammitglied Wissensmanagement

I-10 Teammitglied Wissensmanagement

I-11 Multiplikator Wissensmanagement

I-12 Multiplikator Wissensmanagement

I-13 Projektmitglied Wissensmanagement

I-14 Projektmitglied Wissensmanagement

I-15 Projektmitglied Wissensmanagement

I-16 Projektmitglied Wissensmanagement

I-21 Mitglied Lenkungsausschuss KN

I-22 Mitglied Lenkungsausschuss KN

I-23 Mitglied Lenkungsausschuss KN

I-30 Verantwortlicher Wissensmanagement eineranderen Konzerneinheit 1997-1998

I-31 Verantwortlicher Wissensmanagement eineranderen Konzerneinheit

I-32 Verantwortlicher Wissensmanagement eineranderen Konzerneinheit 1998-2001

I-33 Verantwortliche Wissensmanagement eineranderen Konzerneinheit

I-101 Mitarbeiter CKO Konzern-Ebene

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Anhänge 363

I-102 Mitarbeiter CKO Konzern-Ebene

I-103 Mitarbeiter CKO Konzern-Ebene

I-104 Mitarbeiter CKO Konzern-Ebene

I-120 Wissensmanagement-Community Konzern

I-201 Wissensmanagement-Praktiker extern

I-202 Wissensmanagement- Praktiker extern

I-203 Wissensmanagement- Praktiker extern

I-204 Wissensmanagement- Praktiker extern

I-205 Wissensmanagement- Praktiker extern

Anhang 3: Wichtige Workshops während der Feldphase derFallstudie

29.08.1997 Kick-off-Meeting des Projekts �Knowledge 2000�

07.11.1997 Lenkungsausschuss-Meeting I des Projekt

17.12.1997 Lenkungsausschuss-Meeting II des Projekt

13.01.1998 Meilensteinmeeting des Projekt

13.02.1997 Abschluss-Lenkungsausschuss-Meeting Projekt

21.02.1998 Debriefing-Workshop des Projekts

08.07.1998 Kick-off mit externer Unternehmensberatung

13.10.1998 Abschluss mit externer Unternehmensberatung

12.-13.02.1999 Teambildungs- und Strategie-Workshop nachWechsel der Gruppenleitung

15.12.1999 Integrations-Workshop I nach Wechsel derAbteilungsleitung

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364 Die Einführung von Wissensmanagement

28.3.2000 Integrations-Workshop II Abteilung

29.3.2000 Strategie-Workshop Abteilung

31.03.2000 Reflektions-Workshop Gruppe

01.04.2000 Strategie-Workshop Gruppe

04.09.2000 Hypothesen-Workshop Gruppe

Oktober 2000 Konzern-Knowledge-Conference

Teilnahme an regelmässigen Workshops:

• Halbjährliche Meetings der Konzern-Community CKM (CorporateKnowledge Management)

• Halbjährliche Meetings der firmenübergreifenden Community�Wissensmanagement in der Praxis�

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Lebenslauf 365

Lebenslauf

Persönliche Angaben

Uwe Trillitzschgeboren am 25. Oktober 1969 in Plauen (Deutschland)

Ausbildung

1976 � 1986 Polytechnische Oberschule Neundorf1986 � 1989 Technische Berufsausbildung mit Abitur als

Landmaschinen- und Traktorenschlosser an derBetriebsberufsschule VEB LandtechnischesInstandsetzungswerk Erfurt

1991 � 1997 Studium der Wirtschaftswissenschaften (DiplomÖkonom) an der Universität Witten/Herdecke undder California State University at Monterey Bay,Salinas, CA.

1997 � 1998 Doktorandenstudium an der Universität St. Gallen(HSG)

2001 � 2003 Schreibphase der Dissertation

Berufliche Erfahrung

1986-1990 Kreisbetrieb für Landtechnik �Vogtland�,Weischlitz (Lehrling und Schlosser)

1990-1991 Lehmann Maschinenbau KG, Plauen (Vertrieb)1994-1997 Océ Deutschland GmbH, Mülheim a.d. Ruhr

(Projekte in Personalwesen, Marketing, Vertrieb)1997-2001 Siemens AG, München (Knowledge Management)seit 2003 REHAU AG + Co, Rehau (Marketing)