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Industrie 4.0 Chancen und Risiken disruptiver Innovationen Der Daumen, fliegende Dörfer und schwimmende Städte Barkawi Management Consultants München • Atlanta • Moskau • Shanghai • Wien

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Industrie 4.0 Chancen und Risiken disruptiver Innovationen

Der Daumen, fliegende Dörfer

und schwimmende Städte

Barkawi Management ConsultantsMünchen • Atlanta • Moskau • Shanghai • Wien

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Der Fahrer steigt ins Auto, gibt das Ziel ins Navi-gationsgerät ein, und das Auto fährt los. Er dreht

seinen komfortablen Sessel nach hinten, denn dort sitzen seine Kinder und seine Frau. Nun kann die Partie Monopoly endlich starten! Früher waren lange Autofahrten eine Qual und stressten alle Beteiligten, das Getöse der unruhigen Kinder auf dem Rücksitz tat ein Übriges. Heute wechselt lediglich die Schloss- allee unter großem Getöse den Besitzer.

Statt Monopoly zu spielen, könnten Pendler und Fahrgemeinschaften während der langen täglichen Fahrten arbeiten oder sich erholen, statt als Fahrer untätig, aber mit voller Aufmerksamkeit im Stop-and-go-Stau zu stehen.

‚So schön kann Reisen sein!“, denkt sich manch ein Autobesitzer und wünscht sich bereits jetzt den flächendeckenden Einsatz führerloser Fahrsysteme, denn in dieser neuen Welt gibt es weniger Staus, keine Auffahrunfälle und keine gestressten Väter am Steuer.

Selbstfahrende Autos: Chancen und Risiken für bisherige BusinessmodelleDoch wie so oft: Des einen Freud’ ist des anderen Leid! Schon in naher Zukunft wird durch führerloses Fahren das bisherige Business-Modell der Autoversicherung obsolet, und die klassische Versicherungspolice, die den Fahrer versichert, damit zu Grabe getragen. Denn: Ein Fahrer, der nicht fährt, ist nicht zu versichern. Das Fahrzeug wird zukünftig einer herstellerseitigen Produktver- sicherung unterliegen, die Hersteller vermutlich selbst anbieten werden. Die Halter-Haftung wird zur Hersteller-Haftung, sodass den klassischen Ver- sicherungsunternehmen schon heute zu Recht graue Haare wachsen bei dieser Aussicht. Sie stel-len sich sorgenvoll die Frage, was ihnen bleiben wird vom heutigen 24 Mrd. EUR Umsatz schweren Geschäft mit der Auto-versicherung. Zudem: Die Swiss-Re erwartet bis 2035 einen Rück-

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gang der Unfallzahlen um mehr als 70 % – gut für die Fahrer, schlecht fürs Geschäft.

Schon einige neue Technologien haben sich als disruptiv und damit als existenzielle Bedrohung für bestehende Produkte, Unternehmen und ihre Businessmodelle erwiesen: Die DVD hat die Video-kassette und damit alle Peripheriegeräte wie den Videorekorder komplett ersetzt, der iPod machte die CD, den CD-Player und den Walk-Man überflüssig.Musik als ganze CD im Laden zu kaufen, wurde mit iTunes, Tauschbörsen und Streaming-Abonnements Geschichte. Die Musikindustrie kämpfte fortan mit permanent sinkenden Umsätzen und ist noch heute auf der Suche nach einem tragfähigen Konzept.

Anderen Produkten und manchmal sogar ganzen Branchen ging es noch schlechter, sie waren durch Innovationen und disruptive Technologien auf einen Schlag tot: Fotoapparate und die dafür notwendi-gen Filme waren plötzlich ein Anachronismus im Zeitalter der digitalen Fotografie, die Firma Kodak beispielweise geriet dadurch in existenzielle Not.

Die kleine App ‚Whatsapp“ bedeutete das Ende der SMS und damit des leicht verdienten Geldes der Telefon-Anbieter, die schon lange nach Ersatz für die einstige Melkkuh SMS suchen.

Auch die Tage von Produkten wie dem Diktier- gerät oder dem Kompass sind seit dem Launch der Alleskönner-Smartphones gezählt, um nur einige wenige Beispiele aufzuzählen. Bei vielen Berufen ist bereits heute absehbar, dass sie von der Bildfläche verschwinden werden.

Brummi-Fahrer, Schreiner, Drucker, Arzt: Berufe ohne Zukunft?Die Zukunftsforscher sind sich absolut einig, dass vor allem Arbeitsplätze, die mit Papier zu tun haben, abnehmen werden – wie beispielsweise die der Postboten oder Druckerei-Mitarbeiter. Die Nachfrage nach Papier-Produkten wird in den kom-menden Jahren einbrechen, denn Menschen lesen ihre Nachrichten vermehrt auf Smartphones oder Tablets.

Der Handel wird weniger Kataloge produzieren, da Kunden über Online-Plattformen einkaufen. Zudem werden Menschen zukünftig kaum noch Briefe schreiben, da sie auf Messenger-Apps und Soziale Netzwerke zurückgreifen. Aber auch andere Berufe werden sich massiv wandeln: Selbstfahrende LKWs brauchen keine klassischen Brummi-Fahrer mehr, durch vollautomatische Holzbearbeitungs-maschinen werden irgendwann keine Schreiner mehr nötig sein für die Produktion von Möbeln, intelligente Health-Care-Diagnose-Apps werden via Implantat Laborwerte erstellen und Labor und Ärzte zumindest teilweise ersetzen, Online- Learning wird Wissen auf ganz neue Art vermitteln und einen großen Teil der Lehrer und Professoren überflüssig machen, um nur ein paar ausgewählte Beispiele zu nennen!

Doch aus Innovationen erwachsen nicht nur Risi-ken, sondern auch Chancen, solange man die Augen nicht vor dem unabdingbaren Wandel verschließt und sich rechtzeitig zukunftsträchtige Spielwiesen erschließt: So können sich beispielsweise die Auto-

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hersteller, die sich um zukünftig sinkende Absatz-zahlen durch Share-Economy sorgen, neue Absatz-felder vorstellen im Bereich der oben beschriebenen Versicherungsprodukte. Mercedes als zukünftiger großer Player in der Versicherungswelt? Warum nicht!? BMW als zukünftiger Betreiber einer Pay-as-you-go-Auto-Flotte und Vorreiter der Share Economy? Ein geteiltes Auto für viele Nutzer statt vielen fahrbegeisterten Endkunden ein eigenes Fahrzeug zu verkaufen? Wird in vielen Großstädten der Welt bereit praktiziert – mit steigender Tendenz!

Schöne neue Produktwelt: Fliegende Skateboards und kommunizierende Implantate

Die Visionen sind teilweise phantastisch und klin-gen eher nach Hollywood als nach der realen Welt. Neben selbstfahrenden Autos und ‚fliegenden“ Skateboards, wird es kommunizierende Implantate im Bereich Health Care geben, wie beispielsweise die Augenlinsen, die den ständig aktualisierten Blut-zucker messen und aufs Handy funken – ein Segen für jeden Diabetiker!

Drohnen werden Pa-kete und Ersatzteile liefern, schwimmen-de Plattformen neuen Lebensraum bieten. 3-D-Drucker Lebens-mittel und Organe dru-cken.

Die Energiebranche wird durch kleine Fusions- reaktoren durcheinander gewirbelt werden, und viele Spinnereien aus Filmen wie ‚Zurück in die Zu-kunft“ werden Realität – nicht immer zur Freude der momentanen Platzhirsche der jeweiligen Branche.

Unzählige Innovationen befinden sich momentan in unterschiedlichen Reifestadien und Lebenszyklen: Manches Produkt ist bereits fertig entwickelt, markt- reif oder schon erhältlich wie beispielsweise die Brille ‚Google Glass“ oder die intelligente Kontakt- linse. Andere Produkte befinden sich im Entwick- lungsstatus, klar ist jedoch bei beinahe allen: Es wird sie geben! Früher oder später.

Manch ein Unternehmen, das heute einen Markt mit einem in naher Zukunft obsoleten Produkt be-herrscht, bekommt gerade im besten Falle etwas Zeit geschenkt. Sich auf disruptive Technologien proaktiv einzustellen, ist jedoch existenziell. Das Bekämpfen einer neuen Entwicklung mit Verbots-anträgen beim Gesetzgeber, Patentklagen und sonstigen Blockade-Haltungen wie beispielsweise beim Taxi-Dienste-Anbieter ‚Uber“ wird auf Dauer den Fortschritt nicht verhindern!

Wie am Beispiel der Gentechnik und der Em- bryonen-Forschung zu sehen ist, werden Unter- nehmen, Wissenschaftler und Technologien durch Erschwernisse dieser Art ins Ausland abwandern und überregulierte Standorte dadurch lediglich ausbluten und geschwächt werden.

3-D-Druck Organ Credit: www.biofab.com.pe

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Fünf große Mega-Themen – hier spielt die Zukunftsmusik!

1.Digitalisierung, autonome Maschinen und Robotik

3. New Ways of Life

5. Augmented Reality & Entertainment Technology

2. Innovative Transportlogistik

4.Neue Konzepte gegen Energie- und Ressourcenverknappung

Die Sammlung und Zusammenstel-lung der momentan interessantesten Ideen bietet unglaublich unterschied-liche, innovative und teilweise verrückte Ansätze. Daraus lassen sich fünf große Cluster erstellen, in denen die Zukunftsmusik spielen wird:

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Die wichtigsten Begriffe bei die-sem Thema sind ‚Big Data“ und

‚Internet of Things“. Die zunehmende Vernetzung aller Geräte miteinander und untereinander, wie beispielswei-se des Kühlschranks mit dem Handy, das Handy mit dem Auto, das Auto wiederum mit der Werkstatt, das Handy mit dem Internet über Amazon, Face-book, Google etc. kreiert unfassbare Datenmengen. Konsum- und Konsumentendaten, Bewegungs- daten und vieles mehr werden zukünftig immer rasanter und umfangreicher generiert, verknüpft und ausgewertet, mit Anwendungen und Schluss-folgerungen, die wir uns heute noch nicht einmal ansatzweise vorstellen können.

Internet of Things: Der Kühlschrank organisiert das Bier zum WM-Finale

Einzelgeräte werden intelligenter, die Vernetzung der Geräte zum ‚Internet of (Every-)Things“ wird – neben vielen erschreckenden Visionen des glä-sernen Konsumenten – auch zu vielen innovativen

Mega-Thema Nummer 1: Digitalisierung, autonome Maschinen und Robotik

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Anwendungen führen: So wird der internetfähige Kühlschrank natürlich den Termin des Fußball- Finales ‚kennen“ und dem Besitzer den unzureichen-den Bier-Bestand warnend aufs Handy schicken, oder sogar selbständig Bier und Grillwürstchen or-dern, denn er errechnet aus der Wetterprognose und Gewohnheiten bzw. historischen Verbräuchen seines Besitzers ein perfektes Konsumprofil.

Das vernetzte Haus, neudeutsch ‚Smart Home“, wird wiederum verknüpft sein mit unendlich vielen ande-ren Anwendungen wie beispielsweise die Heizungs-

steuerung mit dem Handy, was dem Pendler ermög-licht, in eine kuschelig warme Wohnung zu kommen, ohne den ganzen Tag die Heizung laufen zu lassen.

Diese vernetzten Daten werden im Großen auf riesigen Servern sowie im Kleinen in einer persön- lichen Steuerungszentrale auflaufen: So werden wir zunehmend unsere Häuser und Wohnungen, unser gesamtes Leben steuern durch die ‚Fernbedienung in der Hosentasche“, das Smartphone!

Durch Fernsteuerungen aller Art werden Dinge bewegt, die bislang von Menschen gesteuert wurden – mit allen Vor- und Nachteilen: Das vernetzte Auto wird selbstfahrend sein und mehr Sicherheit durch elektronische Kontrolle und Vernetzung bieten, als wir es heute mit Staus, Unfällen und Repara- turen gewohnt sind.

Kollege Roboter übernimmt den JobSelbstfahrend werden auch Roboter-Schiffe sein, die als unbemannte Flotte nur noch per Com- puter auf hoher See fahren und sich mit unfassbaren Mengen von Waren beladen, selbst steuern, autonom ihren Kurs setzen und Wind, Wetter, Kraftstoffverbrauch etc. entsprechend opti-mieren. Das kommt dem Fachkräftemangel und der Kosteneffizienz auf hoher See entgegen!

Aber nicht nur hier werden Roboter zunehmend menschliche Arbeit ersetzen: So sind beispielsweise in der Altenpflege für einfache Arbeiten wie das Brin-gen von Essenstabletts oder für körperlich schwere Arbeiten wie das Heben von bettlägerigen Patienten bereits Pflegeroboter in der Erprobung, die die Pfle-gekräfte entlasten und den fehlenden Nachwuchs ersetzen sollen.

Kleine elektrische Fell-Robben helfen als ‚Streichelroboter“ vereinsamten, dementen Patien-ten. Tag und Nacht schreiende Babypuppen simu-lieren das wahre Leben und helfen im Kampf gegen frühe Teenager-Schwangerschaften.

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Drohnen retten Menschenleben und putzen WolkenkratzerEine Kombination aus ‚Hilfe am Menschen“ und futuristischer Hollywood-Vision ist die Rettungs- drohne, die insbesondere in hoch verdichteten Städten mit Dauerstau über die Luft lebensrettende Hilfe bieten soll:

Ein Mensch bricht in der Innenstadt mit einem Herzinfarkt zusammen. Der Notarzt wird alarmiert, benötigt jedoch mindestens 25 Minuten, denn die City ist zur Rush-Hour wie immer komplett verstopft, bis dahin wäre der Patient jedoch tot. Die Ret-tungs-Leitstelle sendet nun also eine Rettungsdroh-ne mit einem Kommunikationsmodul und weist einen helfenden Passanten per Funkgespräch vor Ort an, wie der auf der Drohne gelieferte Defibrillator oder die Adrenalin-Spritze lebensrettend einzusetzen ist. Trifft der Notarztwagen ein, hat der Patient wieder einen stabilen Herzschlag und kann nun fach- männisch versorgt werden.

Die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen sind vielfältig und werden viel neue Gebiete erobern: ‚Commercial Drones“ werden zukünftig die Fenster von Hochhäu-sern putzen: In Großstädten mit großer Hitze im Som-mer werden also nicht mehr Menschen bei weit über 50° Außentemperatur an kochend heißen Scheiben mit Gefahr für Leib und Leben herumklettern müssen. Die kleinen Brüder dieser industriellen Putzroboter, nämlich Staubsauger-Roboter für Wohnungen und Reinigungs-Roboter für Swimmingpools sind bereits viele Jahre im Einsatz.

Jede weitere Art von Putz- und Arbeitsrobotern und -drohnen ist denkbar. Und sie werden ganz neue An-wendungen erfahren, wie beispielsweise die bereits angedachte Ersatzteil-Lieferung durch Drohnen, genauso wie Transporte von Medikamenten, Impf-stoffen, Nahrung etc. selbst in abgelegene oder gefährliche Gebiete.

Insbesondere die Kombination aus Lieferung und Kommunikation per Internet und Drohne eröffnen ungeahnte Möglichkeiten, denn selbst ungelernte Kräfte können so unter Anweisung eine Reparatur an einem Gerät oder einfache bzw. notfallmäßige medizinische Eingriffe vornehmen.

Dass Drohnen zukünftig Pakete liefern können, ist bereits heute Realität und erscheint im Reigen all dieser phantastischen Visionen schon fast banal.

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Der Übergang vom Thema ‚Digitalisierte, auto-nome Systeme“, wie z.B. Roboter und Drohnen,

zum Thema ‚Transport und Logistik“ ist fließend. Die Kombination aus Vernetzung von Internet, Firmen, Anbietern, Nachfragern und Privatpersonen wird in einer stark von Konsum getriebenen Welt insbesondere auf der sogenannten ‚letzten Meile“ zu attraktiven, neuen Dienstleistungen führen:

Amazon spannt in seinem Projekt ‚On-my-way“ Privatpersonen für Logistikdienste ein. Die Idee ist, dass Privatpersonen sich als Kurier registrieren lassen, wenn sie eine Strecke ohnehin – beispiels-weise zum Arbeitsplatz – zurücklegen und ohne großen Aufwand sowie ohne Umwege ein Päckchen auf die Schnelle und für ein kleines Taschengeld nebenbei beim Endkunden abliefern oder abholen könnten. Und das ist erst der Anfang eines neuen Geschehens auf unseren Straßen!

So wird die heiß begehrte Karten-Software ‚HERE“ der Firma Nokia selbstfahrende Autos des Käufer-Konsortiums aus Daimler, Audi und BMW steuern, wäre aber auch für den unterlegenen Bieter, den Fahrdienst ‚Uber“ interessant gewesen, denn dieser will neben dem Wettbewerb im klassi-schen Taxi-Business ebenfalls zukünftig Liefer- und Logistikdienstleistungen auf der ‚letzten Meile“ durch private Fahrer offerieren. Selbstfahrende Autos wären eine grandiose Unterstützung für diesen Service!

Die drei deutschen Autofirmen gemeinsam beka-men Anfang August 2015 für 2,8 Milliarden Euro den Zuschlag für ‚HERE“ gegen Uber, die ihrerseits ebenfalls mit einer mehr als reich gefüllten Kriegs-kasse antraten. Allein der Betrag, für den die Soft-ware nach einem heißen Bietergefecht endlich über den Tisch ging, zeigt die Hoffnungen, Perspektiven und natürlich die unternehmerischen Aussichten: Selbstfahrende Autos sind die Zukunft, und mit ent-sprechender Kartensoftware wären sie nicht nur ein Segen für blinde Menschen, die hierdurch an Mobi-

Mega-Thema Nummer 2:

Innovative Transportlogistik

Credit: DHL

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lität gewinnen würden, sondern auch für die ewigen Staus auf Autobahnen und in Innenstädten, denn durch selbstfahrende Autos ließe sich der Verkehr komplett unfallfrei extrem verdichten. Und natür-lich darf einer der innovativsten Konzerne der Welt bei diesen Gedankenspielen nicht fehlen: Google arbeitet ebenfalls mit Hochdruck an einem eigenen Fahrzeug und kündigt dieses bereits für 2019 in Serie an! Denn eins ist allen klar: Hier ist zukünftig „Big Money“ zu holen!

Weltweit flächendeckendes Internet – auf der Eisscholle am Nordpol und mitten in der Sahara

Durch Drohnen und Ballons mit modernster Tech-nologie wird sich das Internet weiterentwickeln bis in die entlegensten Gebiete und unterstützt – durch den damit möglichen flächendeckenden Zugang zu Wissen und Bildung – den Kampf gegen Hunger und Armut.

Kinder in abgelegenen indischen oder afrikanischen Dörfern werden durch das Internet Lesen, Schreiben und Rechnen lernen und möglicherweise sogar ein Studium absolvieren können, obwohl die nächs-te Schule oder Universität meilenweit entfernt ist. Hier sind schwebende Drohnen und Ballons mit der entsprechenden Internet-Technologie schon seit Langem sehr konkret im Gespräch.

Das Projekt LOON von Google bringt mit Ballons in 20 Kilometern Höhe – weit über dem Wetter und wesentlich billiger als Satelliten – Internetanschluss überall hin! Erste kommerzielle Angebote sind schon für das Jahr 2016 geplant.

Im Boden verlegte Glasfaserkabel gehören dann der Vergangenheit an. Das ermöglicht Internet auf jeder Insel, mitten in der Wüste, auf dem Packeis und auf dem offenen Meer. Letzteres wird ein wich-tiges Entwicklungskriterium sein für menschliches Leben auf dem Wasser z.B. in ‚Floating Cities“! Doch dazu mehr beim Thema ‚New Ways of Life“.

Außer Drohnen und Roboter-Schiffen, selbst- fahrenden Autos und LKWs werden auch andere Transport-Vehikel die Zukunft prägen: Neue riesige Transport-Zeppeline werden Schwertransporte mit 500 Tonnen und damit doppelt so viel wie das bisher größte Transportflugzeug von A nach B transportie-ren können – und 500 Tonnen ist erst der Anfang!

Ganze Windkraftanlagen wird man damit problem-los liefern können, auch an Orte, an denen keine Straßen existieren. Schon heute ist Blimp Cargo Ve-hicle, der weltweit erste Super-Zeppelin, in der Lage, 66 Tonnen Ladung auf 137 Meter Länge zu trans-portieren und ohne Start- und Landebahn in die Luft aufzusteigen und am Zielort wieder abzu-steigen bzw. über nicht erschlossenem Gebiet zu schweben.

Credit: Wikipedia

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Ein schwebendes Krankenhaus im Luft-schiff rettet Leben über Kriegsgebieten Zudem ist denkbar, dass diese Zeppeline auch in höchst unwirtlichem Gebiet monatelang über dem Einsatzgebiet schweben und dort den Technikern eine Heimat mit städtischer Infrastruktur auf Zeit bieten. Auch ein schwebendes, voll ausgestattetes Krankenhaus über Kriegsgebiet ist denkbar, sodass vor Ort Menschen ganz anders versorgt werden können als heute.

Diese Luftschiffe werden unabhängig sein von heu-tigen fossilen Brennstoffen, denn andere Antriebs-konzepte, zumindest aber Solar- und Windenergie werden problemlos und autark die Versorgung mit Energie sicherstellen.

Solargetriebene Flugzeuge, die kein Kerosin mehr benötigen, sogenannte ‚Solar-Planes“, gibt es als Kleinflugzeug schon heute. Diese werden sicher eines Tages auch als große Transport- und Passa-giermaschinen machbar sein und damit Mobilität

der Massen sicherstellen ohne den hohen Preis des Raubbaus an der Natur.

Erste Ansätze gibt es schon heute: Airbus will sein kleines Elektroflugzeug E-Fan 2.0 in Serie bauen. Gute 500 Kilo wiegt das knapp sieben Meter kurze Flugzeug und hebt damit bereits bei etwa 100 km/h ab. Das zeigen Flüge mit dem Prototypen, der seit mehr als einem Jahr getestet wird.

Das größte Problem ist momentan noch die gerin-ge Reichweite. Batterien müssen möglichst klein dimensioniert werden, damit die Startmasse nicht zu hoch wird. So muss der E-Fan nach einer knap-pen Dreiviertelstunde landen, dann ist der Strom verbraucht. Das nur 160 km/h schnelle Flugzeug könnte sich dennoch bereits als Zubringer eignen, beispielsweise für Inseln oder für andere kurze Transportwege.

Der E-Fan 4.0, die Weiterentwicklung des oben-genannten 2.0, soll neben dem Piloten drei Passagiere befördern können. Sonnenenergie bietet neben ökologischen Vorteilen Unabhängigkeit von der Betankung an festen Orten mit entsprechender Infrastruktur. Größtes Problem ist momentan ein wirtschaftliches und gewichtsmäßig akzeptables Speichermedium, denn jede Art herkömmlicher Bat-terien ist zur Zeit noch zu groß, zu schwer und zu teuer.

Aber auch das wird sich ändern, und dann wird es Solarflugzeuge für Passagiere und Transporte sowie Logistik im ganz großen Stil geben!

Credit: Aeros

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The Next Big Thing: Innovative Batterietechnik Der nächste große Schritt der Elektromobilität zu Wasser, zu Lande und in der Luft wird also ganz klar die Batterietechnologie sein. Das höchst inno-vative Unternehmen TESLA, mit den unbestritten schönsten Elektrofahrzeugen der Welt, arbeitet fieberhaft an diesem Thema und stellt mitten in der Wüste eine Mega-Batterie-Fabrik auf die Beine. Elon Musk, Gründer und visionärer Vordenker von TESLA, möchte zudem schon bald mit einer Großbatterie für ca. 3.000 US-Dollar die Haushalte unabhängig machen von den Stromkonzernen. Große Hoff- nungen setzt man in der Welt der Wissenschaft auch auf das Konzept der Redox-Flow-Batterien.

Beim Stichwort ‚Batterie“ warten unzählige tech-nische Neuheiten bei Autos, Schiffen, Flugzeugen auf eine Innovation, die Batterietechnik leichter, effizienter und billiger macht. Wenn dieser längst fällige Sprung gelingt, wird es eine Lawine neuer Anwendungen geben!

Die Transport- und Logistikansätze der Zukunft gehen noch in eine andere Richtung: Zur logistischen Versorgung der ständig wachsenden Mensch-heit parallel zum drohenden Verkehrskollaps ist beim Projekt ‚Hyperloop“ eine turboschnelle Röhre angedacht: Hierbei handelt es sich um ein futuris-tisch anmutendes Konzept für ein Hochgeschwin-digkeitstransportsystem, das elektrisch getriebene Transportkapseln für Passagiere und/oder Waren

mit Geschwindigkeiten von bis zu 1.200 km/h auf Luftkissen durch eine Vakuum-Röhre, also quasi ohne Luftwiderstand, befördern soll. Auch hier ist TESLA-Gründer und Batterie-Pionier Elon Musk der kluge Kopf und Treiber des Projektes.

Das Konzept ‚CargoCap“ basiert auf einer unter- irdischen Alternative zur oberirdischen Lieferlogis-tik. Vergleichbar mit der guten alten Rohrpost, wer-den hier große Warenmengen auf Paletten durch ein unterirdisches Rohrsystem bewegt. CargoCap ist für Gütertransporte in Ballungsräumen im Nahver-kehrsbereich bis 150 km konzipiert und soll schnell, effizient, staufrei und rund um die Uhr die Versor-gung unterirdisch und vollautomatisch optimiert abwickeln.

Insbesondere die Mega-Cities werden durch Konzepte dieser Art die Versorgung von Millio-nen Menschen, Firmen etc. sicherstellen müssen, andernfalls ersticken schon in wenigen Jahren die Großstädte an Smog, Überpopulation und Staus, welche wiederum die Wirtschaft lähmen. Die logis-tische Versorgung beispielsweise der Firmen und Fabriken sichert Arbeitsplätze und damit Wohlstand und sozialen Frieden, kann also in seinen Auswir-kungen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden!

Credit: CargoCap

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In vielen Ländern die-ser Erde werden zwei

Effekte aufeinander-treffen und sich ge-genseitig verstärken: Zum einen werden vie-le Gesellschaften überaltern – wie bereits in Japan und Deutschland seit Jahren sichtbar. Die Gebur-tenrate ist niedrig, der Nachwuchs fehlt, es sei denn, zukunftsfähige, wohldurchdachte Zuwanderungs-konzepte gleichen dieses aus. Die älteren Menschen ziehen zunehmend in die Innenstädte, aufgrund der medizinischen Versorgung, der kulturellen Möglich-keiten und der Gemeinschaft. Zum anderen streben die Arbeitskräfte in die Städte, denn dort befinden sich die Arbeitsplätze der Zukunft.

Hier werden sich Wohnraum-Nöte massiv verschär-fen, die Städte werden sich zu Mega-Cities ausdeh-nen, Ballungsräume werden zusammenwachsen zu riesigen urbanen Zonen. So wird beispielsweise das Ruhrgebiet mit seinen vielen einzelnen Städten in einigen Jahren eine einzige Mega-City sein, wie heu-te bereits der Großraum Tokio, der ca. 30 Millionen Einwohner aufweist. Durch die Überalterung werden die Arbeitskräfte knapp, genauso wie der Wohn-raum durch den Zuzug. Beide Probleme verschärfen

Mega-Thema Nummer 3: New Ways of Life

Credit: Flickr

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Mega-Thema Nummer 3: New Ways of Life

sich gegenseitig, denn der Zuzug von Menschen im arbeitsfähigen Alter aus anderen Ländern erfordert moderne Wohn-, Flächen- und Lebenskonzepte. Fazit: Ohne intelligente Konzepte werden die Städte aus allen Nähten platzen.

Der größte Teil der 510 Millionen Quadratkilometer, die unsere Erdoberfläche ausmachen, ist menschen-leer und vor allem nass: 71 Prozent unseres Plane-ten sind von Salzwasser bedeckt. Diese Flächen zu erschließen wird eines Tages vielleicht überlebens-notwendig sein für eine explodierende Menschheit.

In US-amerikanischen Ballungsräumen wie z.B. San Francisco mit seinem extrem hohen Bedarf an gut ausgebildeten jungen Menschen, bei gleichzeitiger Wohnungsnot und einer stark einschränkenden Einwanderungspolitik werden schon seit vielen Jah-ren Konzepte durchdacht, mit welchen Lebensraum auf andere Art und Weise erschlossen werden kann.

Schwimmende Städte im Meer direkt vor der Stadt hätten eine Menge Vorteile, ganz prioritär aber zwei: Dort gibt es Platz und smarte indische Program-mierer könnten dort ohne Green Card arbeiten und leben!

Sehr konkret angedacht wird ein erster Schritt in die-ser Richtung gerade mit dem Projekt ‚Blueseed“: In

einem Abstand von 19 Kilometern soll das Lu-xusschiff vor der Küste Kaliforniens ankern und ist damit außer Reich-

weite der amerikanischen Einwanderungsbehörden. Die ‚Blueseed“ soll schon bald 1.000 klugen Köpfen aus aller Welt eine schwimmende Heimat bieten, ‚Silicon Ocean“ wäre der Anfang! Der Weg zu schwimmenden Mega-Cities der Zukunft, die es momentan nur als Entwurf auf dem Reißbrett gibt, ist dann nicht mehr weit:

Auf diesen ‚Floating Cities“ wird es eine komplette städtische Infrastruktur geben, mit Unternehmen und Arbeitsplätzen, mit Wohnungen und grünen Parks, einem Krankenhaus, vielleicht sogar mit selbst angebautem Gemüse zur autarken Versor-gung ohne Lieferengpässe.

Über die Entstehung klar abgegrenzter, temporärer und zweckgebundener Communities hinaus sind als ‚Floating Cities“ auch dauerhafte gesellschaft- liche Ansammlungen von Menschen bis hin zur Ent- stehung neuer Länder und neuer politischer Systeme denkbar.

Gedruckte Kleidung, gedruckte Lebensmittel, gedruckte Ersatzteile werden eine neue Lebenswelt prägen!

3-D-Druck wird sich als Technik in viele Lebensberei-che hineinentwickeln und zur autarken Versorgung beitragen: Gedruckte Kleidung wird vor Ort gefertigt, gedruckte Lebensmittel, gedruckte Ersatzteile wer-den eine komplett neue Lebenswelt prägen! Der Markenfetischismus der heutigen Generation, der

Credit: Blueseed

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vielen Unternehmen ein gutes Auskommen sichert, wird sich möglicherweise wandeln, wenn vielleicht der hochwertige 3-D-Druck eines Seidenpullovers vor Ort gegenüber einem einfachen 3-D-Druck eines billigen Acrylpullovers die Differenzierung der Zukunft sein wird, nicht mehr das Markenetikett eines großen Labels? Darauf sollten sich nicht nur die Chanels & Diors dieser Welt einstellen! Floa-ting Cities und ihre Bewohner werden ihre eigenen Bedürfnisse entwickeln, andere Versorgungs-konzepte erfordern und andere Trends kreieren. Vor allem aber werden die Trends schneller sein als die großen Labels reagieren können.

Die Geschwindigkeit wechselnder Trends werden sich – nicht nur, aber auch durch 3-D-Druck-Tech-nologie – nochmals erhöhen, sodass Moden noch kurzatmiger sein werden, und die Reaktionszeiten der Unternehmen weiter sinken. Jahrzehntelang gab es beispielsweise in der Fashion-Szene zwei Kollek-tionen pro Jahr – eine Sommer- und eine Winterkol-lektion. Hieran arbeiteten die Designer monatelang akribisch und im Geheimen, bis die ersten Stücke über den Laufsteg schwebten.

Die großen Mode-ketten der Fußgän-gerzonen und ‚High Streets“, die H&Ms dieser Welt, haben ein anderes strategisches Konzept und machen sich diese Arbeit nicht mehr: Sie kupfern gna-

denlos ab von Modeschauen der Luxuslabels so-wie vom Streetstyle und sind damit in der Lage, wesentlich schneller zu agieren und zu rea- gieren als die großen Modemarken.

Eine Mango-Kundin trägt die Kopie des Chanel-Kleides oft schon bevor Chanel das hand- gemachte Original überhaupt liefern kann. Verständlicherweise nicht immer zur Freude der Original-Käuferin. Mit 3-D-Druck von Bekleidung wird sich dieser Trend nochmals verschärfen und einige Marken in Bedrängnis bringen!

Nicht nur Mode wird zum Wettrennen gegen die Zeit Zara, Mango & Co. bringen statt zwei zwischen 10 und 20 neue Kollektionen pro Jahr in die Läden! Das bedeutet, dass spätestens alle zwei Wochen ein komplett neues Sortiment auf den Bügeln hängt. Durch den 3-D-Druck von Bekleidung werden Moden zukünftig noch schneller wechseln. Früher sahen nur Insider, dass das Outfit aus der letzten Saison stammte. Heute ist ein Trend oft nach wenigen Wochen vorbei.

So hat man sich Ende 2014 beispielsweise am Neonfarben-Revival innerhalb weniger Wochen satt gesehen und die Teile hingen wie Blei in den Geschäften. Dennoch ist in der trägen Versorgungs-kette bei den nicht so flexiblen Anbietern Anfang 2015 noch jede Menge Neon-Nachschub auf den

Credit: Wikipedia

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Weltmeeren unterwegs, obwohl sich dafür absehbar keine Abnehmer mehr finden werden.

Das Verramschen oder gar Vernichten von großen Teilen einer jeden Kollektion ist mittlerweile in vie-len Unternehmen an der Tagesordnung. Die Rendi-ten der Hersteller sind auf dem Nullpunkt, manch eine Pleite geht auf dieses Konto. Darüber hinaus: Durch unflexible Wertschöpfungsketten der Gegen-wart werden wertvolle Rohstoffe vernichtet, lokale Märkte in Dritte-Welt-Ländern zerstört durch den Wohlstandsmüll der Ersten Welt, was wiederum zu Arbeitslosigkeit, Hunger und – schon jetzt erkennbar – zu enormen Flüchtlingsströmen führt. Letztere tragen zur Verschärfung der Probleme in allen Groß-städten dieser Welt bei: So entstehen die Mega- Cities der Zukunft mit all ihren zukünftigen Heraus-forderungen im Hinblick auf Versorgung, Logistik, Kriminalität und vieles mehr! Hier schließt sich der Kreis, denn durch die Globalisierung rückt nicht nur die Welt zusammen, sondern auch ihre Probleme.

Um die Wertschöpfungsketten so weit wie möglich zu flexibilisieren und auf mögliche Veränderungen von Trends noch reagieren zu können, wird die sogenannte ‚Endveredelung“ wie beispielsweise das Färben von Stoffen an das Ende der Wertschöp-fungskette und möglichst nah an den ‚Point of sale“ gelegt: Italienische Strickhersteller lassen in Fernost ungefärbte Pullover fertigen, stricken und konfek-tionieren, lassen sich diese aber als farbneutrale ‚Rohlinge“ liefern. Eingefärbt wird ganz zuletzt vor Ort in der Farbe der Saison, um nur ja keinem Trend hinterher laufen zu müssen.

Doch das wird auf Dauer nicht reichen! Und die gro-ßen Luxuslabels haben schon vor einiger Zeit eine sogenannte Cruise-Collection für den Frühling und den Herbst eingeführt. Sie bieten nun vier Kollek-tionen im Jahr – auch das wird sie nicht vor dem Untergang bewahren, wenn die Kraft der Marke ir-gendwann nicht mehr zieht – und das ist absehbar!

Durch 3-D-Druck wird das Produkt von heute schon morgen wie von gestern aussehen Denn: Durch neue Techniken wie z.B. 3-D-Druck – mitten im Fashion-Geschehen, ohne Zeitver-lust durch lange Transport aus Fernost – wird der Pullover von gestern schon morgen seinen Träger bzw. Trägerin alt aussehen lassen.

Der Wechsel von Trends und Hypes in den riesigen Mega-Cities der Zukunft wird nochmals eine extre-me Acceleration erfahren. Das stellt Marken-Labels, Zuliefer-Unternehmen, Trendscouts, die Logistik und alle Beteiligten der Wertschöpfungskette zu-künftig vor ganz neue, ungeahnte Herausforderun-gen! Nur die Flexibels-ten und Innovativsten werden überleben.

Nun ist Fashion nicht das Hauptproblem die-ser Welt. Die Mega- Cities werden weit über die banalen, neuesten

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Moden hinaus eine Vielzahl ernstzunehmender Pro-bleme haben: So werden durch die starke Verdich-tung der Städte mit vielen Millionen Menschen ganz andere Sicherheitskonzepte erforderlich.

Auch schwimmende Städte müssen ganz anders ab-gesichert werden als herkömmliche Städte und wer-den auf ähnliche Probleme treffen, wie heute schon die Kreuzfahrtschiffe: Diese fassen momentan ca. 5.000 Passagiere plus 2.500 Mann Besatzung. Eine Vergrößerung dieser schwimmenden Hotelburgen auf 10.000 oder sogar 20.000-30.000 Passagiere ist baulich jederzeit möglich, wird aber von keiner Versi-cherung dieser Welt mehr versichert, und damit wird die Entwicklung hin zu noch größeren Giga-Linern gebremst. Denn: Bei einem terroristischen Anschlag auf ein solches Mega-Schiff würden die Klagen der Hinterbliebenen jede Versicherung umgehend in die Insolvenz treiben.

Neue Sicherheitstechnologien zu Land, zu Wasser und in der Luft Neue Sicherheitssysteme und -technologien werden deshalb einen enormen Aufwind erfahren, zu Was-ser, in der Luft und auch an Land: Irisscanner und biometrische Scanner wie aus James-Bond-Filmen werden genauso zum Einsatz kommen, wie Implan-tate, die bestimmten Bewohnern den Zutritt erlau-ben, anderen nicht. Schon lange sind Algorithmen in der Entwicklung, mit denen man Kriminalität vor-hersagen kann, sodass Polizei und Sicherheitskräfte

schon vor der eigentlichen Straftat eingreifen und diese somit verhindern können. Ein bereits funk- tionierendes Beispiel hierfür ist die derzeit schärfs-te Waffe im Kampf gegen den Terrorismus, die Analyse-Software ‚Palantir“.

Mit Rechnern vernetzte Kameras analysieren bereits heute in vielen Großstädten Aktivitäten von Millio-nen Menschen und gleichen diese mit üblichen bzw. unüblichen Verhaltensmustern ab, um Taten schon im Keim ersticken zu können. Hier werden zukünftig die Spielfelder der Entwickler und der Crime-Spezia- listen liegen, aber auch der Juristen und vermutlich sogar Ethiker: Kann man einen Verbrecher schon vor der Tat verhaften? Ist allein der Gedanke strafbar?

Sicherheitstechnologie wird in der Zukunft goldenen Boden haben ‚Crime Prediction“ wird bei zunehmender Ver-dichtung der Lebenswelt von Menschen, in neuen

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Lebensräumen wie Floating Cities ein Schwerpunkt-thema. Kriege, Überfälle, terroristische Attacken und Verbrechen aller Art werden auf kleinstem Raum immer mehr Opfer fordern und müssen um jeden Preis vermieden werden. Dieser Preis wird der Datenschutz und zunehmende Transparenz selbst privatester Dinge sein, aber Sicherheit und sozialer Frieden sind nicht umsonst zu bekommen. Anbieter von innovativer Sicherheitstechnik werden goldenen Boden finden!

Hier werden RFID-Implantate eine wichtige Rolle spielen, mit denen man zukünftig Schlüssel, Zu-trittssysteme und vieles mehr ersetzen wird. Unter die Haut implantiert lassen sich damit zukünftig Menschenmassen, Bewegungsströme, Staus, Ver-brechen und vieles mehr ‚tracken“ – wie heute schon bei der Sendungsverfolgung von Paketen üblich.

Verbrechen werden sich auch immer mehr aus dem realen Leben in die virtuelle Welt verlagern. Cyber-Kriminalität wird durch die unfassbaren Da-tenmengen und durch das ‚Internet of Everything“ einen bisher noch unvorstellbaren Aufschwung erfahren. Diesem wird durch virtuelle Währungen noch Vorschub geleistet werden, welche zudem das bisherige Finanzsystem revolutionieren werden. Echte Währungen mit all ihren Vor- und Nachteilen werden immer mehr in den Hintergrund rücken.

Schon heute überdenkt Schweden beispielsweise die Abschaffung von Bargeld, welches der Korrup- tion und Schwarzarbeit Vorschub leistet. Der Weg vom virtuellen Geld zu komplett neuen virtuel-

len Währungen ist dann nicht mehr weit, wie man beispielhaft an der virtuellen Währung ‚BitCoin“ schon seit Jahren beobachten kann.

Hollywood wird RealitätNeben biometrischen Methoden, die der Sicher-heit dienen, werden der Mensch und sein Kör-per auch im medizinischen Bereich zur Spielwie-se der unterschiedlichen Ansätze: 3-D-Drucker werden eines Tages Organe ‚drucken“ und die Transplantationsmedizin revolutionieren, durch den intelligenten Einsatz von Smartphones, Messfühlern in Mini-Implantaten etc. werden medizinische Kontrollen, Untersuchungen, Diagno-sen und einfache Therapien auf die Ferne möglich. ‚Smart Diagnostics“ ist das Zauberwort der nahen Zukunft!

Bionic-Limbs: Bein-Prothesen, die besser sind als das Original Durch die fortschreitende Technologisierung des menschlichen Körpers – von Gehör-Implantaten

Credit: Wikimedia Commons

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bis hin zu mitdenkenden, intelligenten Prothesen – werden zukünftig Wartungsverträge vielfach die klassische Behandlung durch einen Arzt ablösen. Das Modell des herkömmlichen Kranken-hauses, aber auch der klassischen Krankenver- sicherung wird schon bald auf den Prüfstein gestellt werden durch die nächste Generation der ‚Wearables“, Mini-Implantate, gedruckte Organe, die Organspenden überflüssig machen, und vieles mehr.

Bionic Limbs, also Prothesen, die zukünftig nicht mehr von einem echten Bein zu unterscheiden oder sogar besser als das Original sind, brauchen mög- licherweise einen hochspezialisierten Techniker und einen Programmierer, aber keinen Arzt und kein Krankenhaus mehr.

Auch im OP werden Maschinen und Computer viele Aufgaben übernehmen, denn schon heute zeichnet sich ab, dass durch High-Tech viele Operationen genauer, besser, schneller, komplikationsärmer

und weniger riskant sind. ‚Smart Surgery“ wird die Medizin der Zukunft revolutionieren.

Auch hier werden sich einige Entwicklungen als disruptiv erweisen. Und das ist erst der Anfang!

Betrachtet man nun einige dieser Zukunftsvisionen auch noch miteinander kombiniert, bietet sich ein phantastischer, futuristischer Ausblick:

Auf den Floating Cities der Zukunft werden diese Art High-Tech-Wartungs-Hospitale mit viel Technik und wenig Personal auskommen. Sie können – im Me-ga-Zeppelin schwebend – über einem Kriegsgebiet betrieben werden und mit nur wenigen Spezialisten vielen Tausend Kriegsopfern Hilfe bieten und ein paar Tage später an einem anderen Ort der Welt das Gleiche für Opfer einer Erdbebenkatastrophe leisten.

Eins zeichnet sich bereits heute deutlich ab: Flexibi-lität ist unabdingbare Voraussetzung in der Zukunft. Businesskonzepte, die starr und undynamisch sind, sich nicht an ständig wechselnde Gegebenheiten anpassen können, werden verschwinden, genauso wie Modelabels, die mit nur zwei Kollektionen im Jahr im Zeitalter der Turbo-Fashion keine Daseins- berechtigung mehr haben werden.

Credit: Universitätsklinikum Heidelberg

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Die zukünftigen Lebenskonzepte erfordern schon bald auch andere Energiekonzepte: Ganz prio-

ritär muss dem wachsenden Energiehunger einer rasant wachsenden Weltbevölkerung Rechnung getragen werden, bei gleichzeitigem Versiegen der Erdölquellen. Die Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle etc. erscheinen vor dem Hintergrund der zunehmenden Umwelt- und Luftverschmutzung immer irrsinniger, denn schon heute kann man an vielen Tagen beispielsweise in Peking die Sonne nicht mehr sehen vor lauter Smog.

Große Hoffnung hatte man vor wenigen Jahren auf das Projekt ‚DeserTec“ gesetzt: Hier sollte in

sonnenreichen Wüstenländern Afrikas mit riesigen Parabolspiegeln die unendlich verfügbare Sonnen-energie eingefangen werden. Neben unterschied-lichen Auffassungen zum Ablauf des Gesamt- projektes und vielerlei Zerwürfnissen, erwiesen sich leider auch sowohl die Speichermedien als auch die Leitungskosten als wenig zukunftsfähig. Wissen-schaftler sind sich jedoch einig, dass beide Probleme

Mega-Thema Nummer 4: Mit neuen Ideen gegen Energie- und Ressourcenknappheit

Credit: Altaeros Energies

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in nicht allzu ferner Zukunft behoben sein werden und dann werden ähnliche Giga-Projekte die Erde mit Energie versorgen.

Mit diesen bietet sich zudem die Chance einer mo-dernen Form der Entwicklungshilfe, mit der vor Ort in armen, aber sonnenreichen afrikanischen Staaten Arbeitsplätze und eine Bleibemotivation geschaffen werden. Nicht ganz altruistisch und uneigennützig, denn die Flüchtlingsströme aus den armen in die reichen Länder aufzufangen, wird uns weit mehr kosten!

Sonne, Wind und Weltraum-TechnologieNeben Sonnenenergie wird auch Wind ein span-nendes Zukunftsthema bleiben: Ein extrem flexib-ler, umweltfreundlicher Energie-Generator ist die ‚Buoyant Airborne Turbine“, genannt Wind BAT. Eine durch Helium schwebende, superleichte Windtur-bine kann mit einem LKW an so ziemlich jeden Ort dieser Welt gebracht werden. Hier steigt die Wind-turbine in den Himmel auf und generiert in extremer Höhe Energie durch den stetigen Wind, ohne dass Bürgervereine und Nachbarn sich gegen die Wind-anlage in ihrem Vorgarten wehren.

Zudem: In 300-400 m Höhe bläst der Wind kräftiger und erreicht 6.000 statt der für Windanlagen übli-chen 4.000 Volllaststunden bei besserer Ausbeu-te. Denn: Doppelte Windstärke bedeutet achtfache Energiemenge. Das 2013 von Google gekaufte Un-ternehmen Makani plant bereits einen fliegenden Megagenerator, groß wie ein Jumbo-Jet, 10 Tonnen schwer mit 5 Megawatt Leistung.

Ähnlich unkompliziert wird eines Tages ‚Bloom Energy“ Einfamilienhäuser mit Energie versorgen: Hier kommt der Strom aus einer kleinen Box, die in sogenannten ‚Fuel Cells“ Sauerstoff und Gas in Energie umwandelt. Diese ehemalige NASA- Technologie ist eigentlich seit den 60er Jahren bekannt, jedoch scheiterte die Verbreitung in großem Stil bisher an den hohen Kosten. Aber das wird sich ändern und die Businessmodelle der großen Stromversorger auf den Kopf stellen!

Auch der Compact Fusion Reactor könnte die Ener-gieprobleme der Zukunft lösen: Bei dieser neuen Kraftwerks-Form wird ein Block in der Größe eines Schiffscontainers ca. 220.000 Haushalte versor-gen können. Die Wissenschaft versucht hier der größten, unendlichen Energiequelle der Welt ihr Geheimnis zu entlocken und technisch nachzu- ahmen: Der Sonne! Schon heute sagt einer der Her-steller, Lockheed Martin, zu dieser bahnbrechenden Technologie, die die Sonnenenergie in einer klei-nen magnetischen Flasche einzufangen versucht: It’s closer than you think!

Credit: Altaeros Energies

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Insekten, Seesterne und künstliches Fleisch auf dem Teller der Gourmets der Zukunft Aber nur von Energie werden auch die Menschen der Zukunft nicht satt. Eigentlich ist es kaum vorstell-bar, aber im Jahr 2050 werden – je nach Hochrech-nung und Quelle – beinahe 10 Milliarden Menschen den Globus bevölkern! Um derart viele Menschen mit Nahrung zu versorgen, müssen ca. 60 % mehr Nahrungsmittel produziert werden als heute, vor allem aber lässt sich die Welt nicht auf Dauer mit Fleisch ernähren. Billigeres, für die Massen er-schwingliches Eiweiß bieten Insekten, die zukünf-tig in riesigen Farmen gezüchtet werden, um dem Eiweißhunger der Welt physiologisch hochwertiges Futter bieten zu können.

Seesterne, Insekten, Algen und Muscheln werden die Basis der Lebensmittel der Zukunft sein, Kunst-fleisch wird in riesigen sterilen Tanks gezüchtet werden: Forscher der Universität Maastricht haben bereits bewiesen, dass sich aus Stammzellen in einer Nährlösung Muskelgewebe züchten lässt. Noch ist der Geschmack gewöhnungsbedürftig, und um es in großen Mengen zu akzeptablen Preisen zu produzieren fehlt momentan noch die Technologie. Noch!

Lebensmittel aus dem 3-D-DruckerZukünftig werden Menschen Nahrungsmischungen in den 3-D-Drucker einfüllen, Basis könnte hier u.a.

Insekteneiweiß sein, und heraus kommt in anspre-chender Optik ein Törtchen, ein Cheeseburger oder eine 3-D-Pizza, genauso lecker wie das Original, in perfekter Zusammensetzung und deshalb möglicherweise sogar gesünder, mit weniger Ressourcenverzehr und mit weniger Abfall.

Letzteres ist ein weite-res, wichtiges Zukunfts- thema: Durch moderns-te Recycling-Konzepte werden wir Rohstoffe besser wiederverwer-ten und energie- und ressourcenschonend auf-bereiten. Heute werden etwa 65 % des Haushalts-mülls aufbereitet, der Rest wird vernichtet. Eine unglaubliche Verschwendung von Rohstoffen, Energie und Ressourcen! Das erklärte Ziel der Zu-kunft sind 100 %, hier steckt also noch viel Potenzial.

Nachdem sich auch die landwirtschaftlichen Flächen nicht beliebig in die Breite ausdehnen lassen, werden die Gewächshäuser der Zukunft in die Höhe wachsen. In Wolkenkratzern mit vielen Gewächsebenen werden in sogenannten ‚hydro- ponischen“ Systemen, also ohne Erde, die Pflanzen, Gemüse und Früchte der Zukunft reifen. Angenehmer Nebeneffekt:

Der Wasserverbraucht sinkt um bis zu 95% – denn auch Wasser wird zunehmend ein knappes Gut sein!

Chloé Rutzerveld (www.chloerutzerveld.com)Credit: Bart van Overbeeke

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Mega-Thema Nummer 5:

Augmented Reality & Entertainment Technology

In vielen Hollywood-Blockbustern kann man seit Jahren Stars wie beispielsweise Tom Cruise in

‚Minority Report“ bewundern, wie sie Dinge per Wischbewegung in der Luft dirigieren. Das Thema ‚3-D-Gesture“ wird schon bald auch außerhalb der Filmwelt die Art und Weise verändern, wie wir mit Computern und Displays interagieren. Im Kleinen ist diese Technologie schon lange in der realen Welt angekommen: So steuert man die Spielekonsole Wii schon seit vielen Jahren über Bewegungen.

Die perfekte Herzoperation mit Hollywood-Technik Zukünftig werden Menschen nicht mehr starr vor Computer-Bildschir-men sitzen und auf Tasten tip-pen, was dem flexiblen Arbeiten zu

jeder Zeit an jedem Ort sehr entgegen kommen wird, sondern durch Bewegungsscanner mit Hologram-men mitten im Raum frei agieren. Ähnlich wird eine weitere Hollywood-Erfindung namens ‚Magic Leap“ das Arbeiten revolutionieren, denn hier befindet sich – vergleichbar einer Animation im Film – ein kleines Figürchen, beispielsweise die Prinzessin, ihr weißes Einhorn, oder der kleine Elefant mitten im Raum und galoppieren in Miniatur-Format über die Hand des Zuschauers.

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All diese Hollywood-Gimmicks werden zunehmend Anwendung finden im echten Leben: So können Herzchirurgen komplizierte Operationen mit einer solchen 3-D-Animation proben und durchdenken, Techniker und Reparateure könnten ein defektes Teil virtuell drehen und wenden, um den Fehler zu finden.

Eine Anbindung an das Internet kann gleichzeitig den Bauplan der Maschine einblenden und die Kons- truktionsanweisung für das Ersatzteil über den Bildschirm abrufen und auf den daneben stehenden 3-D-Drucker schicken. Zwei Minuten später ist das defekte Teil fertig und kann eingebaut werden.

Durch entsprechende Fernsteuerung aus einer High-Tech-Zentrale könnten mit so anschaulich animierten und komplett digital vernetzten An-weisungen auch Ungelernte Reparaturen für ver-schiedene Maschinen vor Ort ausführen. Das Multi- Vendor-Service-Konzept wird auf die Spitze getrie-ben, der klassische Reparaturservice revolutioniert. Ersatzteil-Anbieter, Service-Provider und ihre her-kömmlichen Wartungstechniker werden sich warm anziehen müssen – und zwar schon sehr bald!

Die erfolgreichen Businessmodelle der Zukunft sind dynamisch Die Zukunft wird unendlich viele Chancen bieten, leider aber auch unzählige Risiken. Ein Unterneh-men, das einen Trend unterschätzt, zu spät reagiert, wird sich in immer kürzerer Zeit aus dem Markt katapultieren. Kostenreduktion, Produktqualität und viele der herkömmlichen Erfolgsfaktoren wer-den gegenüber einem weitaus wichtigeren Kriterium in den Hintergrund rücken: Flexibilität!

Was bedeutet das konkret? Steigen in China die Lohnkosten, kann die Fertigung sofort verlagert werden nach Kambodscha! Entstehen in Bangkok soziale Unruhen, werden in Windeseile die Ferti-gungsaufträge an indische Näherinnen vergeben. Legen ein verheerender Tsunami und ein Erd- beben die Motorenfertigung von Toyota in Japan wochenlang still, so wird die Autofabrik der Zukunft in wenigen Stunden auf der anderen Seite der Erde ihren Betrieb aufnehmen. Hier werden flexible Busi-ness-Konzepte, bewegliche Fertigungsanlagen, mo-bile Strom- und Energiekonzepte existenziell sein. Die Fabriken der Zukunft werden modular aufgebaut sein und sind damit beweglich in jeder Hinsicht!

Modernste Modul-Technik wird die Aufnahme der Fertigung in minimaler Zeit ermöglichen, der jah-relange Bau einer Anlage wird der Vergangenheit angehören. Unternehmen mit herkömmlichen Konzepten werden nicht mehr lange im immer schnelllebigeren Wirtschaftssystem mitspielen:

Credit: Magic Leap

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Wenn nach vielen Jahren Bau eine neue Fabrik eröffnet werden kann, sich die Fertigungslöhne aber mittlerweile vervielfacht haben, und eine Inbetrieb-nahme der Produktion nicht mehr wirtschaftlich ist, sind Milliarden in den Sand gesetzt.

Das Gleiche gilt, wenn in einem vermeintlich sicheren und ruhigen Land während der mehrjähri-gen Bauzeit soziale Unruhen ausgebrochen sind, die zu kriegsähnlichen Zuständen eskalieren und die vermeintlich gute Standortentscheidung auf den Kopf stellen. Auch plötzliche Änderungen der Gesetzeslage, neue Zölle oder Strafen, selbst extreme Währungsschwankungen wie beispiels- weise der Verfall des Rubels im Jahr 2015 könnte manch gute Standortentscheidung in kürzester Zeit ins Gegenteil verkehren.

Schwimmende Fabriken, Floating Cities und fliegende Pipelines

Standortentscheidungen, Fertigungs- und Lager-netzwerke und vieles mehr werden immer kürze-ren Entscheidungszyklen unterliegen und revidiert werden müssen. Nur wer hier extreme Flexibilität in seinem Business-Konzept einplant, verinnerlicht und lebt, wird überleben! Die Fertigung auf schwim-menden Fabriken, die sich von beliebigen Hersteller-ländern in Richtung wechselnder Abnehmerländer bewegen, werden flexibel einsetzbar sein.

Die beweglichen Floating-City-Plattformen mit Software-Superhirnen vor San Francisco werden vermutlich weiterziehen, sobald sich woanders ein neues Silicon Valley auftut.

Arbeiten vor Ort und weiterziehen, sobald sich die Rahmenbedingungen ändern: So werden es auch die ‚schwebenden Städte“ machen, in denen zukünftig vielleicht Arbeiter untergebracht sind, die im hinters-ten Winkel von Sibirien das letzte Öl-Bohrloch aus-beuten und nach dem finalen Versiegen der Ölquelle zum nächsten temporären Einsatzort schweben. Die Idee der Ölplattform, die Wohnen und Arbeiten auf Zeit selbst in unwirtlichem Ambiente ermöglicht und eine komplette städtische Infrastruktur bietet, bei Bedarf auch weiterziehen kann, wird das Leben und Arbeiten der Zukunft prägen. Flexible Module sind Trumpf!

Firmen, die hier erst jahrelang Infrastruktur aufbau-en, werden schon bald nicht mehr wettbewerbs- fähig sein, wenn sich die Rahmenbedingungen immer schneller dramatisch ändern. Investitionen müssen sich nicht nur immer schneller amortisie-

Credit: Blueseed

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ren, sie müssen auch den Ansprüchen an extreme Flexibilität genügen, denn wenn Putin von einem Moment auf den anderen das immens teure Pipe-line-System ‚Southstream“ und Milliardeninvestiti-onen durch Fingerschnippen stilllegen kann, wie im Dezember 2014 geschehen, und dadurch die Aktien beteiligter Firmen, wie beispielsweise Salzgitter, ins Bodenlose fallen, wäre es gut, die Pipeline könnte flexibel durch die Luft einfach eine andere Route nehmen.

Einsatzzentrale mit schneller Eingreiftruppe und Task-Force statt gediegener Vorstandsetagen

Flexibilität hat allerdings eine ganz entscheiden-de Voraussetzung: Transparenz! Informationen in Echtzeit sind unabdingbar, nichts ist älter als die Info von gestern!

Erfolg werden die Unternehmen haben, die ihre gesamte Wertschöpfungskette im kleins-ten Detail flexibel gestalten und im Griff haben. Wenn die Ersatzteile auf einem Schiff mit-ten auf einem der Weltmeere im Sturm untergehen, wenn ein Kriegsausbruch die Fertigung in einem Land unmöglich macht, wenn unvorhersehbare Dinge eintreten und die Lieferkette schnellstmöglich umgestaltet werden muss, dann hat derjenige die Nase vorn, der sofort proaktiv agieren kann, anstatt zu reagieren, wenn es schon zu spät ist.

Firmenzentralen werden zum Control-Tower mit High-Tech Ausstattung, die selbst die NASA blass aussehen lassen

Software, wie beispielsweise die der Münchener IT-Schmiede ClearOps, mit der jeder Schritt der Wertschöpfungskette erfasst und abgebildet wird, mit der sich Situationen sekündlich aktualisiert erfassen und durchspielen lassen, mit der sich Szenarien simulieren und Kosten-Nutzen optimieren lassen, wird die Champions der Zukunft unterstützen. Deren Firmenzentralen werden zum Control-Tower mit einer High-Tech Ausstattung, die selbst die NASA blass aussehen lassen.

Gediegene wöchentliche Vorstandmeetings mit schon bald mittelalterlich anmutenden Excel-tabellen werden zu interdisziplinär arbeitenden ‚War-Rooms“ mutieren, die im Minutentakt aktu-alisierte Zahlen austauschen. Eine andere Art von Managern als heute wird erfolgreich sein, denn extreme gedankliche Flexibilität, Schnelligkeit, Problemlösungskompetenz u.v.m. werden wichtiger

Credit: Wikipedia

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sein als herkömmliche Erfolgsfaktoren wie z.B. den MBA an der richtigen Business School absolviert zu haben.

Einzelzimmer der Vorstände werden zu Einsatz-zentralen zusammengelegt, permanente Kommu-nikation und Datenabgleich ist das Ziel. Hierar- chien werden sich auflösen und zu immer wieder am aktuellen Problem orientierten, interdisziplinären Turbo-Task-Forces umgestaltet. Langfristige Stra-tegien und mittelfristige Taktik werden durch den täglichen Hindernislauf ad absurdum geführt.

Die Welt als Teflonpfanne, in der heißes Öl hüpft Die Welt wird immer mehr zu einer beweglichen Masse, wie heißes Öl auf einer Teflon-Pfanne, das in großen und kleinen Perlen hin und her hüpft. Modulare Fabriken, extrem dynamische Unter- nehmen, flexible Fertigungsnetzwerke werden sich bei ständig veränderlichen Lohnkosten, uner- warteten Kriegen, Wetterkatastrophen etc. wie ein Wanderzirkus um die Welt bewegen.

Extreme Flexibilität und Flexibilisierung werden die Innovationen der Zukunft auszeichnen und erfolg-reiche (und oft disruptive) Technologien von veral-teten Produkten und Konzepten unterscheiden! Schon heute kaufen große, träge Unternehmen Ideen von den kleinen, pfiffigen Start-Ups zu!

Nur die Pfiffigsten, Schnellsten, Flexibelsten wer-den überleben! Schon vor mehr als 150 Jahren hat Charles Darwin, der große britische Naturforscher und Evolutions-Theoretiker, erkannt, dass genau das das harte Gesetz der Natur ist, welches die Evolution für uns vorgesehen hat. Darwins ‚Survival of the Fittest“ wird oft falsch interpretiert, meint aber, dass derjenige im Kampf der Evolution überlebt, der sich am besten an widrige Rahmenbe-dingen anpassen kann, somit also den besten ‚Fit“ in der jeweiligen Situation mitbringt. Darwin hatte Recht und viel weitreichender als er es sich damals vorstellen konnte: Sein Gesetz gilt für Menschen genauso wie für Unternehmen, gestern genauso wie heute und morgen!

Am Anfang war der Daumen: Die allererste disruptive Innovation Viele Jahrtausende hatte der Mensch keinen Daumen, sondern besaß auch an der Hand einen ‚dicken Zeh“ wie die Affen. Erst die Mutation, die zu einer Umstellung des Winkels im Daumen- gelenk führte, machte aus dem Zeh an der Hand einen Daumen, und ermöglichte unserem prähis- torischen Ur-Ahn die Weiterentwicklung zu dem, was heute den Menschen ausmacht. Menschen ohne diese Mutation starben aus. Darwinismus pur! Der Daumen war somit die allererste ‚disrupti-ve Innovation“.

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Fazit:

Unternehmen sollten höchst wachsam sein, denn nicht jede disruptive Entwicklung wird so von Vorteil sein, wie der Daumen des modernen Menschen!

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Barkawi Management ConsultantsBarkawi Management Consultants wurde 1994 gegründet, beschäftigt heute über 100 Mitarbei-ter und unterhält Standorte in München (Haupt-sitz), Shanghai, Moskau, Atlanta und Wien. Kunden von Barkawi Management Consultants sind glo-bal agierende Unternehmen mit kapitalintensiven und logistisch komplexen Geschäftsmodellen wie zum Beispiel 3M, BMW, Daimler, Fresenius, Nokia, Vodafone und viele mehr.

Barkawi Management Consultants GmbH & Co. KG Baierbrunner Str. 35 81379 München

Telefon: +49 89 749826-0 Fax: +49 89 749826-739 [email protected] www.barkawi.com

Barkawi Management Consultants ist Teil der Barkawi Gruppe. Hier sind Carena und Karim Barkawi Geschäftsführer der Holding und Dach- gesellschaft.

Auszeichnungen 2015

Geschäftsführung

Carena Barkawi Gründerin und Geschäftsführerin

Karim Barkawi Gründer und Geschäftsführer

Dr. Andreas Baader Managing Partner

Wolfgang Schürholz Managing Partner

Alexander Nedelchev Managing Partner

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Die Welt wird immer mehr zu einer beweglichen Masse, wie heißes Öl in einer Teflon-Pfanne, das in großen und kleinen Perlen hin und her hüpft. Modulare Fabriken, extrem dynamische Unternehmen, flexible Fertigungsnetzwerke werden sich bei ständig veränderlichen Lohnkosten, unerwarteten Kriegen, Wetter- katastrophen etc. wie ein Wanderzirkus um die Welt bewegen. Höchste Flexibilität und Flexibilisierung werden die Innovationen der Zukunft auszeichnen und erfolgreiche, oft disruptive Technologien von veral- teten Produkten und Konzepten unterscheiden!

Nur die Pfiffigsten, die Schnellsten und vor allem die Flexibelsten werden überleben ...

Barkawi Management Consultantswww.barkawi.com

Der Daumen, fliegende Dörfer

und schwimmende Städte