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24 Juli/August 2014
STEIGENBERGER AM KANZLERAMT
Im Zentrum der Macht
Direkt neben dem Hauptbahnhof
mit Blick auf die Spree und das
Kanzleramt hat am 1. Mai das
Steigenberger Hotel Am Kanzler-
amt in Berlin Mitte eröffnet. Dank
seiner Lage und in Ermangelung
„gleichwertiger“ Konkurrenz war
es schon am zweiten Tag voll
belegt und erzielte bereits im
Eröffnungsmonat Gewinn.
Das neue 4-Sterne-Superior-Haus Steigenberger Hotel Am Kanzler-amt hat zwei Hotels als direkte
Nachbarn: ein Meininger Hotel und ein InterCityHotel. Auch ein Motel One ist nicht weit – aber in seiner Klasse ist es das einzige Haus am Hauptbahnhof Berlin. Es bietet 339 Zimmer, davon 24 Suiten und 34 barrierefreie Zimmer, einen Veranstaltungsbereich mit 2.100 m² und im siebten und obersten Stock einen Wellnessbereich mit Blick auf das Regierungsviertel und den Washington-platz. Ursprünglich sollte auf dem ehe-maligen Bahngelände eine Kombination aus einem Budget-Hotel, einem 3-Sterne-Plus-, einem 4-Sterne-Plus- und einem 5-Sterne-Plus-Hotel sowie einem Kon-ferenzzentrum entstehen. Die CA Immo,
ehemals Bahntochter Vivico, hatte diese Liegenschaften in ihrem Portfolio. Einen Betreiber für das Konferenzzentrum konnte sie jedoch nicht finden und der Betreiber des 5-Sterne-Plus-Hotels ist vom Projekt abgesprungen. Daher hat CA Immo das im Oktober 2013 eröffnete InterCityHotel selbst entwickelt und die Entwicklung des Steigenberger an Strauss & Partner übergeben. Investor und Generalplaner Porr Solutions Deutschland hat 75 Mio. Euro in das Projekt investiert. Die Bauarbeiten be-gannen im August 2012 und die Übergabe des Hotels fand wie geplant nach fast zwei Jahren Bauzeit am 30. April 2014 statt. Mit Steigenberger als Betreiber besteht ein Pachtvertrag über 20 Jahre.
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Fertigbau erhöht Qualität
Porr hat das Hotel zwar größtenteils konventionell gebaut, jedoch in man-chen Bereichen auf Fertigbauweise zu-rückgegriffen. Die Bäder etwa hat Schwörer Bauindustrie in ihren Hallen in Ahrensfelde bei Berlin gebaut, nach Terminabsprache Etage für Etage ange-liefert und von oben mit einem Kran in den Rohbau eingesetzt. Auch die Installationsabschnitte der Verbindungen von Stockwerk zu Stockwerk wurden ge-schossweise vorgefertigt. Porr hat diese Einheiten mit Frischwasseranschlüssen, Abwasseranschlüssen und Kanälen von außen als separates Modul an die Bäder gesetzt. Die Fenster wurden mit dem Baufortschritt jeweils bereits in den Zimmern zwischengelagert und nach Fertigstellung des Rohbaus kraftschlüs-sig in der Fassade verbaut. Modulare Vorfertigung beschleunigt den Baufort-schritt und bietet eine höhere Fertigungs-qualität. „Der Klassiker bei einer Hotel-eröffnung sind Wasserschäden, die etwa dadurch entstehen, dass im Bauprozess ein Lappen in den Abfluss gefallen ist
oder die Abflussrohre nicht richtig zu-sammengesteckt sind“, erzählt Torsten Schulze, General Manager des Hotels. Im Steigenberger hat es nicht einen einzi-gen Wasserschaden gegeben, was der General Manager auf die hohe Fertigungsqualität im Werk zurückführt. Bei den bodenebenen Duschbereichen, die nur ein leichtes Gefälle haben, den langen Abläufen an der Wand, den Glastrennwänden von Dusche und Bad kommt es auf Millimeter bei der Pass-genauigkeit an. Auch von der Logistik her ist die Modulbauweise laut Schulze einfacher, sofern man sich auf den Liefe-ranten und die Qualität verlassen kann. Die höheren Kosten für die Fertigbäder werden durch die fehlende Mängelbe-seitigung am Ende wieder ausgeglichen.
Fassade mit Vor- und Rücksprüngen
Für die Außenfassaden der vier neben-einanderliegenden Gebäude (neben dem Steigenberger entsteht noch ein Bürobau) haben die Architekten Ortner & Ortner einen einheitlichen Entwurf entwickelt. An den Fassaden des Steigen-berger und des InterCityHotels etwa sind Versprünge in der Fassade so angelegt, dass sie mit dem Nachbargebäude kor-respondieren, so als ob zwei Blöcke aus-
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So standen die Fertigbäder von Schwörer auch schon im Rohbau.
Zwölf Tagungsräume warten auf kleine und große Gruppen.
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einandergebrochen wurden: Wo es an der einen Seite eine Vertiefung gibt, sitzt auf der anderen Seite das entsprechend erhöht ausgeformte Gegenstück. Das löst den kastenhaften Eindruck der Gebäude auf.
Die Lage des Hotels beschreibt Schulze folgendermaßen: „Sie ist vergleichbar mit einem Standort in den USA an der Central Station gegenüber dem Weißen Haus. In den USA ist das nicht möglich, in Berlin schon.“ Der Hauptbahnhof liegt direkt neben dem Hotel und wird damit gleichzeitig Anbindung an den neuen Flughafen sein. Sehenswürdigkeiten, Kanzleramt, fünf Ministerien, das künf-tige Bundesinnenministerium und der Bundesnachrichtendienst liegen in un-mittelbarer Nähe. Es wundert also nicht, dass die Hauptzielgruppe des Hotels Tagungsgäste sind, zumindest unter der Woche. In zwölf Meetingräumen auf zwei Etagen, zwei im Erdgeschoss und zehn im ersten Stock, finden bis zu 480 Tagungsgäste Platz. Am Wochenende reisen eher Individualreisende für einen Städteurlaub an. Neben dem kulinari-schen Angebot kommt hier der Spa-Bereich zum Tragen. Ein Fitnessraum, fin-nische Saunen, Dampfsauna, eine Außensauna mit Dachterrasse und ein Massageraum bieten Zeitvertreib und Entspannung. Der Spa wird übrigens ex-tern betrieben.
Die Besonderheit am Steigenberger ist die ökologische Ausrichtung: Das Hotel ist DGNB-Silber-zertifiziert. Tagungen werden als Green Meeting angeboten, das bedeutet, dass alle Veranstaltungen CO2-neutral ausgerichtet werden. Schreib tischunterlagen bestehen nicht aus Kunst stoff, sondern aus recyceltem Leder mit Naturkunststoff. Mineralwasser wird nicht über lange Wege angefahren, sondern im Haus hergestellt. Und wer-den Softdrinks angeboten, dann fair ge-handelte Limonade mit einem Beitrag für soziale Projekte. Das Hotel bietet auch ein RIT-Ticket (Rail Inclusive Tour) zum stark vergünstigten Preis mit den Tagungen an. Dann ist die Anreise mit der Bahn inklusive.
Überdies hat Schulze ein Umweltmana-gementsystem nach ISO 14001 aufge-baut. Bei Redaktionsschluss lief der Zertifizierungsprozess noch, denn zertifi-ziert werden kann eine Organisation erst nach zwei Monaten Betrieb. Das System soll die Umweltleistung permanent ver-bessern. Im Haus werden 17 Recycling- und Wertstoffe getrennt und vier Bienenvölker auf dem Dach sind eben-falls Teil des ökologischen Gesamt-
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Das Steigenberger Am Kanzleramt hat nicht
nur ein Umweltmanagementsystem gemäß
ISO 14001 aufgebaut, sondern trägt auch
das DGNB-Zertifikat in Silber.
Die ISO 14001 ist eine internationale
Umwelt managementnorm, die einen
kontinuier lichen Verbesserungsprozess bei
der Umwelt leistung einer Organisation fest-
legt. Die Methode beruht auf dem PDCA-
Zyklus, auch Demingkreis genannt. PDCA
steht für das englische Plan, Do, Check, Act,
also Planen, Ausführen, Überprüfen und
Umsetzen.
Die DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nach-
haltiges Bauen) bewertet die Qualität über
den ganzen Gebäudelebenszyklus hinweg
und zertifiziert die Erfüllung von bis zu 50
Nachhaltigkeitskriterien aus den Themen-
feldern Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle
Aspekte, Technik, Prozessabläufe und
Standort. Sind die Kriterien über die Norm
hinausgehend erfüllt, vergibt die DGNB das
DGNB-Zertifikat in Bronze, Silber, Gold.
Ab einem Gesamterfüllungsgrad von 50 %
erhält das Projekt das DGNB-Zertifikat in
Bronze, ab 65 % in Silber und ab 80 % in
Gold. Zusätzlich zum Gesamterfüllungsgrad
muss ein bestimmtes Basisniveau – der
Mindesterfüllungsgrad – erreicht werden,
um die jeweilige Auszeichnung zu erhalten.
Für Gold ist ein Erfüllungsgrad von mindes-
tens 65 % in den ersten fünf Themen-
gebieten notwendig, mindestens 50 %
bedeutet Silber und für 35 % wird das
Gebäude mit Bronze ausgezeichnet.
(Quelle: DGNB)
Z E R T I F I Z I E R U N G E N
Die Bar „inmitten“ bietet regionale Spezialitäten aus 16 Bundesländern.
Im Restaurant „fashion“ finden 350 Gäste Platz; zusätzlich gibt
es zwei private Dining-Areas.
konzepts. Geplant ist für nächstes Jahr noch eine Aquaponik-Anlage mit Fisch- und Tomatenzucht auf dem Dach, d. h. die Tomaten werden mit dem nährstoff-reichen Wasser der Fischzucht gedüngt. Ein weiterer Teil des grünen Konzepts: Die geplanten Firmenlimousinen werden Elektroautos sein. Und auch in der Küche geht es „grün“ zu. Das Restaurant Fashion im 1. Stock serviert Gerichte aus biologischem Anbau sowie Fair-Trade-Tee und -Kaffee.
Berliner Fashion
Für das Interieur des Hotels hat das Büro Markus-Diedenhofen Innenarchitektur die Themen Macht und Mode gewählt. Berlin als Machtzentrum, aber auch als Modemetropole – Gegenpol zu den Modestädten Paris und Mailand – steht dabei im Mittelpunkt. Robuste und gra-zile Gegensätze sollen harmonieren, wie z. B. der lange Empfangstresen aus
Naturstein in der Lobby und eine über zwei Etagen verlaufende, fein gepols-terte Reliefwand, die zugleich Geräusche dämpft. Die Lampen in der Bar „inmit-ten“ im Erdgeschoss sind mit Dessous-stoffen bezogen, die Rückenlehnen der Barhocker wie ein Korsett geschnürt. In der Hotelhalle ist die hintere Wand über die Höhe von Erdgeschoss und erstem Stock mit einer Lichtdesign-Wand aus-gestattet. Dieses Lichtdesign spiegelt die Auflösung einer Stofftextur wider, lässt sich per Panel steuern und kann alle Farben darstellen. Je nach Jahreszeit kann die Lichtwand eine wärmere oder eine kältere Atmosphäre erzeugen. Eine geschwungene Treppe inmitten der Halle führt im ersten Stock in den Restaurant- und Tagungsbereich. Hier überblickt der Gast die Halle mit den großen Ohrensesseln im Erdgeschoss und die „Kanzlerwand“ vor dem Restaurant: eine Fotokomposition aller Regierungs-
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Die Suite ist mit 60 m² die größte Zimmerklasse.
Schwörer Fertigbad-Systeme
Q u a l i t ä t e r l e b e n
• Mehr als 60 Jahre Bauerfahrung
• Extrem solide Badkonstruktion bei
geringem Gewicht
• Kosteneinsparung durch geringere
Lasten im Rohbau
• Gleichbleibend hohe Qualität
• Reduzierung der Bauzeit
• Fixpreisgarantie
• Planung, Ausführung und Gewährleistung
aus einer Hand
• Zertiiziert nach ISO 9001:2008
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Steigenberger Hotel Berlin am Kanzleramt, Design: Büro Markus-Diedenhofen, Reutlingen Foto: Schwörer Bauindustrie
Adresse: Steigenberger Hotel Am Kanzleramt, Ella-Trebe-Str. 5, 10557 Berlin
Betreiber: Steigenberger Hotel Group
Vertragsform: Pachtvertrag
Klassifizierung: 4 Sterne Superior
Eröffnung: 1. Mai 2014
Bauzeit: 12/2012- 04/2014
Investor/Eigentümer/ Strauss & Partner Projektentwickler: Development
Investitionssumme: 75 Mio. Euro
Projektsteuerer: Alba BauProjekt Management
Generalübernehmer: Porr Deutschland
Architekt: Ortner & Ortner, Granz & Zecher
Innenarchitekt: Markus-Diedenhofen Innenarchitektur
Innenausbau: H.E.A.D. Hotel Equipment and Design
Grundstücksfläche: 20.150 m²
Bruttogeschossfläche : 26.500 m²
Zimmerfläche: 10.650 m²
Zimmeranzahl: 339
Standardzimmergröße: 30 m²
Zimmerpreise: ab 130 - 400 Euro
Spa-/Fitness-Bereich: 620 m²
Konferenzbereich: 2.100 m², 12 Tagungsräume
Ausrüster
Gebäudeleittechnik: IB Walther
Klima/Heiz./Lüftung: Daume
Türen: Jeld-Wen
Fenster: Metallbau Windeck
Sonnenschutz: Drapilux, Silent Gliss
Beleuchtung: 2F Hotellicht
Möbel: Mebloform, Valiyan
Matratzen: FBF
Fernseher: Samsung, Sharp
Audiosystem: Bose
Konferenztechnik: Panasonic, Shure
Spa/Wellness: Hansgrohe, Bette
Fertigbäder: Schwörer
Sanitär: Hansgrohe, Bette, Kaldewei, Villeroy & Boch, Aliseo, Starmix
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chefs, die die Herren mit ihrer markanten Augenpartie und Angela Merkel mit ihrer typischen Handhaltung abbildet. Die Ausstattung und den Innenausbau hat die H.E.A.D., Hotel Equipment and Design GmbH, eine Tochtergesellschaft von Steigenberger, vorgenommen.
In den Zimmern setzen die Innenarchi-tekten auf Braun- und Grau-Nuancen sowie verspielte Details. Das Betthaupt ist mit einem lederähnlichen Textil über-zogen, die Nachtleuchten mit Ziersteinen versehen und vor einer robust wirkenden Vliestapete angebracht. Im Wesentlichen gibt es drei Zimmerklassen: Superior, Deluxe und Suiten mit Preisen zwischen 130 und 250 bis zu 400 Euro. Für beson-dere Anlässe steht eine Spa-Suite mit ei-gener Dachterrasse und privatem Spa-Bereich mit finnischer Sauna bereit. Steigenberger hat schon 2009 als Standard ökologische Bettwäsche einge-
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Die Lichtwand in der Lobby lässt sich steuern und kann sowohl verschiedene Farben als auch Logos darstellen.
führt. Alle verwendeten Materialien in den Zimmern wurden Emissionsmessun-gen unterzogen und haben laut Schulze sehr gute Messwerte erzielt. Überdies gibt es Allergiker-Zimmer mit versiegel-ten Bodenbelägen und speziellen Lüftungsanlagen.
Insgesamt scheint das Konzept für Steigenberger aufgegangen zu sein, denn das Hotel war bereits am zweiten Tag voll belegt – auch im Konferenz-bereich. Schulze plant im ersten vollen Betriebsjahr eine Auslastung von 70 Prozent. Laut DEHOGA hat Berlin eine durch schnittliche Auslastung von 56,4 Prozent, Schulze will also deutlich darü-berliegen. Die grünen Ideen des Hauses in allen Ehren, aber Aussicht auf Erfolg dürfte hier vor allem die gute Lage des Hauses geben.
Anne-Christin Amlinger n