hypertonie während der schwangerschaft - semmelweis.husemmelweis.hu/noi1/files/2018/11/eph.pdf ·...

41
Hypertonie während der schwangerschaft

Upload: others

Post on 06-Sep-2019

1 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Hypertonie während derschwangerschaft

Definition –Gestationshypertonie (SIH)

•Nach der abgeschlossenen 20. SSW

auftretende Blutdruckwerte ≥ 140/90 mmHg

ohne Proteinurie,

bei einer zuvor normotensiven Schwangeren,

die 12 Wochen nach der Geburt normale

Blutdruckwerte aufweist

Definition - Präeklampsie

• Gestationshypertonie

und

Proteinurie ≥ 300 mg/24h,

oder >30 mg/mmol Protein-Kreatinen-Ratio im Spontanurin

die nach der abgeschlossenen 20. SSW aufgetreten sind.

• Auf Grund der unterschiedlichen Pathophysiologie

und des unterschiedlichen Risikoprofils für Mutter

und Kind wird zwischen

• früher (early-onset) – Manifestation < 34. SSW)

und

• später (late-onset) Präeklampsie

unterschieden.

• Folgende Klinische Symptome weisen auf die Entwicklung einer Präeklampsie hin:

• eine fetale Wachstumsrestriktion

• eine Beteiligung der Leber

• Nierenfunktionsstörungen

• neurologische Probleme

• hämatologische Störungen

Kriterien schwere Präeklampsie

• Nierenfunktionseinschränkung• (Kreatinin ≥ 70,6 µmol/l (0.9 g/l), Oligurie < 500 ml/24 h)• • Leberbeteiligung (Transaminasenanstieg, schwere Oberbauchschmerzen)• • Lungenödem oder Zyanose• • Hämatologische Störungen (Thrombozytopenie <100 Gpt/l, Hämolyse)• • Neurologische Symptome (schwere Kopfschmerzen, Sehstörungen)• • Fetale Wachstumsrestriktion (SG < 5. Perz. und/oder pathol. Doppler A.• umbil.)• • Blutdruck ≥ 160/110 mm Hg (ehemals 170/110mmHg) !• • Proteinurie ≥ 5 g/24 h

PräeklampsieKomplikationen• Eklampsie

• Hirnödem, Hirnblutung

• HELLP-Syndrom

• Akutes Nierenversagen

• Multiorganversagen

• Exitus letalis

• Placentainsuffizienz

• Fetale Wachstumsretardierung

• Frühgeburtlichkeit

• Central nervous system• Eclampsia (seizures)

• Cerebral haemorrhage (stroke) • Cerebral oedema• Cortical blindness• Retinal oedema• Retinal blindness

• Renal system• Renal cortical necrosis

• Renal tubular necrosis

• Respiratory system• Pulmonary oedema• Laryngeal oedema

• Liver• Jaundice• HELLP syndrome (haemolysis, elevated liver enzymes, andlowered platelets)• Hepatic rupture

• Coagulation system• Disseminated intravascular coagulation• Microangiopathic haemolysis

• Placenta • Placental infarction

• Placental abruption• Baby • Death• Preterm birth• Intrauterine growth restriction

Definition - Eklampsie

• Im Rahmen einer Präeklampsie plötzlich auftretende

tonisch-klonische Krampfanfälle, die keiner

anderen Ursache zugeordnet werden können.

• Nur in etwa 50 % mit schwerer Hypertonie assoziiert und

selbst bei fehlender Hypertonie oder Proteinurie möglich

(14-34 % der Fälle).

• In der Woche vor Manifestation einer Präeklampsie

weisen 21% der Frauen keine klinischen Symptome auf.

Eklampsie Definition

• ἐκλάμπειν (eklámpein)

• 'hervorleuchten, hervorstrahlen', hier im

• Sinne von 'plötzlich auftreten')

Definition – Chronische Hypertonie

• Präkonzeptionell oder in der ersten Schwangerschaftshälfte

(vor der 20.SSW) diagnostizierte

Hypertonie ≥ 140/90 mm Hg

Definition - Pfropfpräeklampsie

• Chronische Hypertonie und

- a. neu aufgetretene/sich verschlechternde Proteinurie

nach der 20. SSW

oder

- b. Auftreten klinischer oder laborchemischer Merkmale

der schweren Präeklampsie

• Bei chronischen Hypertonie entwickelt sich in 17 - 25 %

eine Pfropfpräeklampsie (50 % davon < 34. SSW).

Inzidenz – HypertensiveSchwangerschaftserkrankungen• 6-8 % aller Schwangerschaften

• 2 % Präeklampsie

• 20-25 % der perinatale Mortalität

• 10-15 % der mütterliche Todesfälle im Zusammenhang mit Präeklampsie

Anamnestische Risikofaktoren

Antiphospholipid-Syndrom

Relatives Risiko (RR)

RR ~ 9

Z. n. Präeklampsie RR ~ 7

Body Mass Index > 30 (ehemals >35) RR ~ 4

Vorbestehender Diabetes mellitus RR ~ 3,5

Familiäre Belastung RR ~ 3

Vorbestehende Nierenerkrankung RR ~ 3

Erstparität RR ~ 2,5

Alter > 40 RR ~ 2

Chronische Hypertonie (siehe unten) Risiko ↑

Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupuserythematodes mit Nephritis

Risiko ↑↑(7-9,7)

Ethnizität (afroamerikanisch) RR ~ 2

Anamnestische Risikofaktoren

Chronische Hypertonie Relatives Risiko (RR)Chronische Hypertonie RR ↑

- Mit 1 zusätzlichem Risikofaktor RR 1,5

- Mit 2 zusätzlichen Risikofaktoren RR 3

- - Ø RR diastolisch > 110 mm Hg (< 20 SSW) RR 3,2

Schwangerschafts-assoziierte Risikenfür die Entwicklung einer Präeklampsie Bilaterales Notching / erhöhter RI/PI der Aa. ut.persistierend über 24 v.SSW

RisikofaktorLR 3,4-6,5

Mehrlingsschwangerschaft RR 3

IVF / Eizellspende RR ↑

Gestationsdiabetes RR ↑

Hydrops fetalis, Trisomie, Blasenmole RR ↑

Wiederholungsrisiko

• Nach 1 x PE -> 14-16 %, nach 2 x PE 32%

• Nach 1 x SIH -> 16-47% für SIH und 2-7% für PE

• Nach HELLP-Syndrom 12,8%

• Nach Eklampsie 2-16% für Eklampsie, 22-35% für PE

Wiederholungsrisiko

Wiederholungsrisiko abhängig von

• Gestationsalter der Manifestation

(≤ 28. SSW: 38,6 %; 29. - 32. SSW: 29,1 %;

33. - 36. SSW: 21,9 %; ≥ 37. SSW: 12,9 %)

• Schweregrad der vorangegangenen PE

(25% bei Z.n. schwerer PE, HELLP oder Eklampsie <34. SSW

und 55% falls <28. SSW)

• Additiven Risikofaktoren (BMI, chronische Hypertonie, …)

Hypothese zur Ätiopathogenese

Dysbalance von Angiogense-/Antiangiogensefaktoren

• verminderte Trophoblasteninvasion

• Lokale und systemische „Endotheliale Dysfunktion“

• Folglich erhöhter Gefäßwiderstand, verminderte Compliance -> Endotheldefekt

Biochemische Marker der endothelialenDysbalance

-SFlt-1

(soluble fms-like tyrosine kinase 1)

lösliches Fragment des VEGF-Rezeptors-1

bindet bei erhöhter Serumkonzentration

angiogenen PlGF, dessen angiogene

Wirkung bleibt am Endothel aus

Antiangiogenese

-PlGF(Placental Grow Faktor);

-VEGF(Vascular Endothelial GrowFaktor)Angiogenese

Klinische AspekteDiagnostik –Therapie bei SIH / PE

Blutdruckmessung

• Manuell mit Oberarm-Manschette

nach einer 2-3 min. Ruhephase, sitzende Patientin

• Primäre Messung an beiden Armen, wenn keine Differenz

an einem Arm

• 24-Stunden-Blutdruck zur weiteren Abklärung

• Nachtabsenkung von 15% als „gutes“ Kriterium

• Empfehlung bei ambulante Betreuung:

• RR-Selbstmessung (Protokoll) mittels OA-Messgerät

• Erstellung Tagesprofil (mindestens morgens, mittags, spätabends)

Proteinurie

• Urin-Stick mit ≥ 1+ Eiweiß ist abklärungsbedürftig

• Messung der quantitativen Eiweißausscheidung im

24-h-Sammelurin notwendig (≥ 300 mg/24 h)

• Bei allen Patientinnen mit Denovo-Hypertension in

der Schwangerschaft sollte eine quantitative 24-hEiweißmessung

im Urin erfolgen

Proteinurie

• Protein-Kreatinin-Quotient (aus Spontanurin):

Werte ≥ 30 mg/mmol zeigen eine signifikante Proteinurie(entsprechend ≥ 300 mg/d) an und korrelieren mit einer Eiweißausscheidung ≥ 300 mg/d.

• Die Verwendung von Katheterurin ist nicht notwendig.

Ödeme

• Sind alleinig ein uncharakteristisches Symptom

• Übermäßig schnelle Gewichtszunahme

• Ausgeprägte Gesichtsödeme

• In Kombination mit Proteinurie und Hypertonie als Risikomarker für Eklampsie

Gestoselabor• Hämoglobin > 13 g/dl = > 8,0 mmol/l,

• Hämatokrit > 38%

• Thrombozyten < 100 Gpt/l

(ein progredienter Abfall der Thrombozyten muss auch im Normwertbereich

innerhalb weniger Stunden kontrolliert werden (Cave: HELLP-Syndrom, DIG)

• GPT (ALAT) GOT (ASAT) Anstieg über Normbereich

• LDH Anstieg über Normbereich

• Bilirubin (indirekt) > 1,2 mg/dl = > 20,5 μmol/l

• Harnsäure > 5,9 mg/dl = 350 μmol/l

• Kreatinin ≥ 0,9 mg/dl = 79,6 μmol/l

• Eiweiß im Urin ≥ 300 mg/24 h

• Haptoglobin Abfall unter Normbereich

• Andere Blutgerinnungsteste

(z.B. rapider D-Dimer Anstieg (Hinweis für DIG) Verlaufsbeobachtung

• PlGF Gestationsaltersspez.Normwert,

sFlt-1/PlGF-Quotient > 85

Bedingung für ambulante Betreuung

„Bei adäquater Kooperation der Schwangeren und ausgeschlossenen

manifesten Risiken für Mutter und Kind sowie Gewährleistung wöchentlicher

ärztlicher Kontrollen kann eine milde Gestationshypertonie (!) ambulant betreut

werden (u.a. häusliches Blutdruckprotokoll).“

„Neben körperlicher Schonung und der Ausschaltung zusätzlicher Stressfaktoren (evtl.

Arbeitsunfähigkeit oder individuelles Arbeitsverbot) stehen regelmäßige Messungen des

Blutdrucks, des Körpergewichts und die Kontrolle auf Proteinurie im Vordergrund.“

„Außerdem sollten die fetale Zustandsdiagnostik (Wachstum, Doppler, CTG) und die

Abschätzung der Fruchtwassermenge erfolgen.“

Konzept der ambulanten Betreuung

• Erfassung und Reduktion von hypertensiven Krisen

• Lifestyleberatung (Stressvermeidung, Nikotinvermeidung)

• genügend Ruhephasen (auch Begrenzung der Hausarbeit oder

• Betreuung älterer Kinder)

• Reduktion der diagnostischen Interventionen

Indikation zur Klinikvorstellung• Hypertonie ≥ 150 mmHg systol. bzw. ≥ 100 mmHg diastol.

• Manifeste Präeklampsie

• Proteinurie u. starke Gewichtszunahme im III. Trim.(≥ 1kg/Wo)

• Drohende Eklampsie

(Prodromalsymptome: Oberbauchschmerzen, Übelkeit. Erbrechen; zentralnervöse

Symptome: Augenflimmern,

persistierende Kopfschmerzen, Hyperreflexie)

• Klinischer Verdacht auf HELLP-Syndrom,

vor allem persistierende Oberbauchschmerzen

• Hinweise für fetale Bedrohung

(Suspektes/pathologisches CTG oder suspekte/pathologische Dopplersonographie,

Intrauterine Wachstumsrestriktion

Indikation zur Klinikvorstellung

• Milde Hypertonie oder Proteinurie und weitere

Risikofaktoren wie

• Vorbestehende maternale Erkrankungen

(z.B. Diabetes mellitus)

• Mehrlingsgravidität

• Frühes Gestationsalter (< 34. SSW)

• An-/Oligohydramnion

• Pathologischer sFlt-1/PlGF-Quotient

Medikamentöse Therapie

• „Die Einleitung einer medikamentösen Therapie sollte

ausschließlich Aufgabe der Klinik sein, …“

• „Diese bleibt hinsichtlich der fetalen Entwicklung weiterhin

problematisch und sollte daher erst bei anhaltenden

≥160 mmHg systolisch und/oder ≥110 mmHg diastolisch

Blutdruckwerten begonnen werden.

Medikamentöse Therapie

• Therapiebeginn nicht vor RR systolisch 150 bzw.

diastolisch 100 mmHg

• Zielblutdruckwert:

< 150 mmHg systol. und 80-100 mmHg diastol.

• Bei chronischen Hypertonie schwangerschaftsphysiologischen

RR-Abfall im I. Trimenon beachten, gegebenfalls Dauermedikationanpassen

Med. Therapie - Nutzen / Risiko

• Prävention maternaler zerebro-/kardiovaskulärer Komplikationen

• Zerebraler Blutung / nicht Eklampsie (dafür Mg i.v.)

• Verbesserung der kindlichen Prognose bisher nicht

nachgewiesen

• Antihypertensive Maßnahmen

• von geringem mütterlichen Nutzen

aber

• mit erhöhter Rate an IUGR.

Langzeitbehandlung mit oralenAntihypertensiva -> Mittel der 1. Wahlalpha-Methyl-Dopa (z.B. Dopegyt®, Presinol® …)

• Mittel der ersten Wahl (auch bei chronischer Hypertonie)

• Einschleichende Dosierung mit 3 x 125 mg

bis zu einer Dosis von 4x 500 mg/Tag (bis 2,0 g/Tag)

Dihydralazin ist wegen ausgeprägter maternaler

Nebenwirkungen (Reflextachykardie, Kopfschmerzen,

Tachyphylaxie) nicht zu empfehlen.

Langzeitbehandlung mit oralenAntihypertensiva -> Mittel der 2. WahlKardioselektive Betablocker

• Metoprolol 25-100 mg (2 x tgl)

• Anwendung ist grundsätzlich möglich wird aber -vor allem bei

intrauteriner Wachstumsretardierung - kritisch bewertet.

Kalziumantagonisten

• Nifedipin retard 20-60 mg retard oral (max. 120 mg/d)

• Kein teratogener Effekt

Nicht geeignete Antihypertensiva

• Diuretika Potentielle Beeinträchtigung der uteroplazentarenPerfusion durch zusätzliche Plasmavolumenreduktion

• ACE-Hemmer Akutes Nierenversagen bei Neugeborenen; Oligohydramnion, Schädelkalottendefekte, teratogeneEffekte (1. Trimenon)

• Angiotensin-AT1- Oligohydramnion, Schädelknochenhypoplasie. ImAntagonisten Analogieschluß zu ACE-Hemmern potentiell teratogen

und nephrotoxisch für das Neugeborene

• alle anderen Ungenügende Informationen über Anwendung in derAntihypertensiva Schwangerschaft

Medikamentöse Akuttherapie: Substanzen und Dosierung.

Antihypertensive Therapie Nifedipin: initial 5 mg oral, ggf. Wiederholung nach 20 minoderUrapidil: initial 6,25–12,5 mg i.v. als Bolus über 2 min, danach 3–24 mg/h (Perfusor)alternativDihydralazin: 5 mg i.v. alle 20 min oder 5 mg i.v. alsBolus undanschl. 2–20 mg/h (Perfusor)

Antikonvulsive Therapie Magnesiumsulfat: 4–6 g i.v. über 15–20 min,Erhaltungsdosis 1–2 g/h bis 24–48 h post partumMittel der 2. Wahl: Phenytoin 250 mg i.v.

Bei Lungenödem/Herzinsuffizienz Furosemid: 10–20 mg i.v., ggf. Wiederholung mit erhöhter Dosis

Therapie der Eklampsie

• Mittel der 1. Wahl -> Magnesiumsulfat

• 4-6 g initial als Kurzinfusion; Erhaltungsdosis 1g/h

• Antidot bereithalten: 10 ml Calciumgluconat 10% i.v. über 3 min

• Mittel der 2. Wahl

• Phenytoin

• Diazepam

• Eklampsieprophylaxe

• Dosis dito

• OR 0,5 bezüglich Eklampsierate

PräeklampsieIndikation zur Entbindung• Entbindung: Einzige kurative Behandlungsform der PE

• Milde PE > 37. SSW: Weheneinleitung, sofern keine IUGR oder auffälliger

Doppler

• Schwere PE/HELLP ≥34 SSW: Unmittelbare Entbindung nach maternaler

Stabilisierung

• Schwere PE/HELLP 24-33 SSW: Exspektativ in Perinatalzentrum Level 1

(Engl.: Tertiary perinatal center), situativ von mütterl. u/o

fet. Zustandsbild abhängig

• Entbindungsmodus: Vaginal nur, wenn Mutter und Fet stabil, ansonsten

SECTIO

RDS-Prophylaxe

• Bei schwerer PE, insbesondere mit Risiko der iatrogenen Frühgeburt

an RDS-Prophylaxe denken!

• Betamethason

• Tag 1 und Tag 2 je 12 mg (i.m. / i.v.)

• kein Wiederholungsintervall

PräeklampsieWeitere Lebensführung - Weitere Schwangerschaften

• Aufklärung über erhöhtes kardiovaskuläres Risiko: >90% der Patientinnen

entwickeln nach 20-25 Jahren eine chronische Hypertonie

• Aufklärung über das Wiederholungsrisiko einer Präeklampsie /

HELLP-Syndroms: dieses liegt bei 2-19%

• Diagnostik und ggf. Therapie von kardiovaskulären Risikofaktoren (Nikotin,

Blutfette, Diabetes, metabolisches Syndrom, Lebensstiländerung)

• Beratungsgespräch (Internist / Frauenarzt) vor geplanter Schwangerschaft