gute arbeit 6/2012

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SEITE 2 Nebeneinkünfte: Schwarz- Gelb muss nachziehen SEITE 3 Bankenregulierung erklärt: die Finanztransaktionssteuer SEITE 4 Im Interview: Sören Bartol über den Infrastrukturkon- sens SEITE 6 Keine Gleichstellung mit Schwarz-Gelb SEITE 7 Jugendliche: Ein Recht auf Ausbildung SEITE 8 Energiewende: Warum die Strompreise wirklich steigen GUTE ARBEIT Ausgabe 6/2012 SPD-Fraktion und Gewerkschaften fordern eine europäische Industriestrategie. Starke Industrie sichert Wohlstand Deutschland kommt wesentlich besser durch die Krise als seine europäischen Nachbarn. Wie „Alice im Wunderland“ beschreibt Peer Steinbrück die derzeiti- ge Lage. Einer der Gründe liegt nicht nur für ihn in der starken Industrie des Landes. 25 Prozent beträgt hierzulande der Anteil der Industrie am Bruttoin- landsprodukt. Schon in der Finanz- marktkrise haben Länder mit starken Industrien den Wirtschaftseinbruch besser verkraftet als solche, die einsei- tig auf Finanzdienstleistungen gesetzt haben. „Wir sind den Ratschlägen, eine reine Dienstleistungsgesellschaft zu werden, nicht gefolgt“, sagt Frank-Wal- ter Steinmeier. Dies zahle sich nun aus. Gleichzeitig steht fest: Langfristig kann es Deutschland als Exportland nicht gut gehen, wenn es Europa schlecht geht. Schon im Frühjahr 2012 hat der SPD-Fraktionsvorsitzende seinen Plan „Gemeinsam stärker“ für eine industri- ellen Erneuerung Europas vorgelegt. Die Einführung einer europäischen Fi- nanztransaktionssteuer soll mit einer Weichenstellung in Richtung Realwirt- schaft verbunden werden, mit höheren Investitionen in technologische Inno- vationen, Verbundstärken und Infra- strukturen der europäischen Industrie. Mit dem ersten Europäischen Indust- rieforum will die SPD-Bundestagsfrak- tion die Umsetzung einer neuen Indus- triestrategie für Europa weiter voranbringen. Dafür hat Frank-Walter Steinmeier hochrangige Vertreter von Unternehmen, Gewerkschaften und Politik aus Deutschland und Europa nach Berlin eingeladen. 150 Teilneh- mer, darunter WTO-Generaldirektor Pascal Lamy, Dieter Zetsche von Daim- ler, Michael Süß von Siemens, Thomas Enders von EADS, der IG-Metallvorsit- zende Bertold Huber oder IG BCE-Chef Michael Vassiliadis zeigten: Das Inter- esse an einer zukunftsfähigen Indust- riepolitik ist auf Seiten von Gewerkschaften und Arbeitgebern gleichermaßen groß. Industrielle Erneuerung Gemeinsam mit Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier diskutierten die Teilnehmer darüber, wie Europa mit neuer Stärke aus der Krise kommt und sein Modell nachhaltigen Wohl- stands global behaupten kann. „Mitten in der tiefen europäischen Krise geht es um eine Vergewisserung über den richtigen Weg für Europa“, sagte der SPD-Fraktionschef. Zusammen mit den Vorsitzenden von IG Metall und IG BCE, Berthold Huber und Michael Vassiliadis, hat Steinmei- er zudem ein Memorandum für eine „Allianz zur industriellen Erneuerung Europas“ vorgelegt. Darin üben sie Kri- tik an einer einseitigen und kurzfristi- gen Ausgabenkürzung. Sie habe die Eurozone in zwei Jahren in Rezession, Arbeitslosigkeit und noch höhere Ver- schuldung geführt. Stattdessen stre- ben sie eine Allianz für die industrielle Erneuerung Europas an und fordern Regierungen, Unternehmen und Ge- werkschaften in Europa auf, sich dieser Allianz anzuschließen. Damit könnten unter anderem die Stärken der Länder besser verbunden und die Arbeitslosig- keit bekämpft werden. „Wir brauchen eine stärkere Koordinie- rung in Europa,“ sagte Peer Steinbrück dazu. „Europas Wohlstand ist davon abhängig.“ Alle an einem Tisch: zum ersten Europäischen Industrieforum der SPD-Bundestagsfraktion kamen zahlreiche Vertreter von Unternehmen und Gewerkschaften aus Deutschland und Europa. Allianz zur industriellen Erneuerung Europas Das Memorandum von Frank- Walter Steinmeier, Berthold Huber und Michael Vassiliadis für eine „Allianz zur industriellen Erneue- rung Europas“ finden Sie unter www.spdfraktion.de oder direkt über folgenden QR-Code: FOTOS: TRENKEL/BILDSCHöN (2); MARVIN SIEFKE / PIXELIO.DE

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Arbeitsnehmerzeitung der SPD-Bundestagsfraktion „Gute Arbeit“ - Themen sind unter anderem: „Starke Industrie sichert Wohlstand“ – Erstes Europäisches Industrieforum der SPD-Bundestagsfraktion, „Nebentätigkeiten – volle Transparenz statt Heuchelei“, „Bankenregulierung: Eine Steuer für mehr Gerechtigkeit“, Schwarz-gelbe Anti-Gleichstellungspolitik, Zukunftsprojekt Infrastrukturkonsens – Zwischenbilanz sowie die „Strompreisdiskussion – Schwarz-Gelb übersieht eigene Rolle“.

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Page 1: Gute Arbeit 6/2012

Seite 2Nebeneinkünfte: Schwarz-Gelb muss nachziehen

Seite 3Bankenregulierung erklärt: die Finanztransaktionssteuer

Seite 4Im Interview: Sören Bartol über den Infrastrukturkon-sens

Seite 6Keine Gleichstellung mit Schwarz-Gelb

Seite 7Jugendliche: Ein Recht auf Ausbildung

Seite 8Energiewende: Warum die Strompreise wirklich steigen

GUteARBeit

Ausgabe 6/2012

SPD-Fraktion und Gewerkschaften fordern eine europäische Industriestrategie.

Starke Industriesichert Wohlstand

Deutschland kommt wesentlich besser durch die Krise als seine europäischen Nachbarn. Wie „Alice im Wunderland“ beschreibt Peer Steinbrück die derzeiti-ge Lage. Einer der Gründe liegt nicht nur für ihn in der starken Industrie des Landes. 25 Prozent beträgt hierzulande der Anteil der Industrie am Bruttoin-landsprodukt. Schon in der Finanz-marktkrise haben Länder mit starken Industrien den Wirtschaftseinbruch besser verkraftet als solche, die einsei-tig auf Finanzdienstleistungen gesetzt haben. „Wir sind den Ratschlägen, eine reine Dienstleistungsgesellschaft zu werden, nicht gefolgt“, sagt Frank-Wal-ter Steinmeier. Dies zahle sich nun aus.Gleichzeitig steht fest: Langfristig kann es Deutschland als Exportland nicht gut gehen, wenn es Europa schlecht geht. Schon im Frühjahr 2012 hat der SPD-Fraktionsvorsitzende seinen Plan

„Gemeinsam stärker“ für eine industri-ellen Erneuerung Europas vorgelegt. Die Einführung einer europäischen Fi-nanztransaktionssteuer soll mit einer Weichenstellung in Richtung Realwirt-schaft verbunden werden, mit höheren Investitionen in technologische Inno-vationen, Verbundstärken und Infra-strukturen der europäischen Industrie. Mit dem ersten Europäischen Indust-rieforum will die SPD-Bundestagsfrak-tion die Umsetzung einer neuen Indus-triestrategie für Europa weiter voranbringen. Dafür hat Frank-Walter Steinmeier hochrangige Vertreter von Unternehmen, Gewerkschaften und Politik aus Deutschland und Europa nach Berlin eingeladen. 150 Teilneh-mer, darunter WTO-Generaldirektor Pascal Lamy, Dieter Zetsche von Daim-ler, Michael Süß von Siemens, Thomas Enders von EADS, der IG-Metallvorsit-

zende Bertold Huber oder IG BCE-Chef Michael Vassiliadis zeigten: Das Inter-esse an einer zukunftsfähigen Indust-riepolitik ist auf Seiten von Gewerkschaften und Arbeitgebern gleicher maßen groß.

Industrielle ErneuerungGemeinsam mit Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier diskutierten die Teilnehmer darüber, wie Europa mit neuer Stärke aus der Krise kommt und sein Modell nachhaltigen Wohl-stands global behaupten kann. „Mitten in der tiefen europäischen Krise geht es um eine Vergewisserung über den richtigen Weg für Europa“, sagte der SPD-Fraktionschef. Zusammen mit den Vorsitzenden von IG Metall und IG BCE, Berthold Huber und Michael Vassiliadis, hat Steinmei-

er zudem ein Memorandum für eine „Allianz zur industriellen Erneuerung Europas“ vorgelegt. Darin üben sie Kri-tik an einer einseitigen und kurzfristi-gen Ausgabenkürzung. Sie habe die Eurozone in zwei Jahren in Rezession, Arbeitslosigkeit und noch höhere Ver-schuldung geführt. Stattdessen stre-ben sie eine Allianz für die industrielle Erneuerung Europas an und fordern

Regierungen, Unternehmen und Ge-werkschaften in Europa auf, sich dieser Allianz anzuschließen. Damit könnten unter anderem die Stärken der Länder besser verbunden und die Arbeitslosig-keit bekämpft werden.

„Wir brauchen eine stärkere Koordinie-rung in Europa,“ sagte Peer Steinbrück dazu. „Europas Wohlstand ist davon abhängig.“ ■

Alle an einem Tisch: zum ersten Europäischen Industrieforum der SPD-Bundestagsfraktion kamen zahlreiche Vertreter von Unternehmen und Gewerkschaften aus Deutschland und Europa.

Allianz zur industriellen Erneuerung EuropasDas Memorandum von Frank- Walter Steinmeier, Berthold Huber und Michael Vassiliadis für eine „Allianz zur industriellen Erneue-rung Europas“ finden Sie unter www.spdfraktion.de oder direkt über folgenden QR-Code:

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Die SPD-Fraktion fordert die Veröffentlichung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent.

Ob Wirtschaft oder Sozialverbände, ob Arbeitgeberseite oder Gewerkschaften, ob Wissenschaft, ob Kommunalpolitik, ob SPD oder Grüne: Alle lehnen das Be-treuungsgeld als eine bildungspoliti-sche, gleichstellungspolitische und in-tegrationspolitische Katastrophe ab. Für die CSU ist es hingegen das wich-tigste Projekt in der Legislaturperiode. Mit Blick auf die Landtagswahlen in Bayern knüpft Horst Seehofer sogar den Fortbestand der Koalition an das Betreuungsgeld: „Die CSU würde ein Scheitern des Betreuungsgeldes nicht hinnehmen.“ Die kleine CSU erpresst somit die schwarz-gelbe Regierung. Denn bei CDU und FDP könnte die Prä-mie nicht unbeliebter sein. Schon im März 2012 haben 23 CDU-Bundestags-abgeordnete in einem Brief an ihren Fraktionsvorsitzenden angekündigt, gegen das Betreuungsgeld zu stimmen. Vor allem die Gruppe der Frauen in der Union wehrt sich. Die Vorsitzende Rita

Pawelski beklagt: „Das Betreuungsgeld […] entspricht nicht dem, was wir in den letzten Jahren als Familienpolitik erarbeitet und umgesetzt haben." Auch die ehemalige Familien- und heutige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen verdammt die Leistung: „Das Betreu-ungsgeld ist bildungspolitisch eine Ka-tastrophe.“ Das Betreuungsgeld stoße zu Recht auf Ablehnung, sagt mit Rita Süssmuth eine weitere ehemalige Bun-desfamilienministerin.

Schröder ist überfordertDer Wirtschaftsflügel sieht es ähnlich. Das Urteil des Bundesvorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsvereini-gung der CDU/CSU, Josef Schlarmann: „Das Betreuungsgeld ist der völlig fal-sche Ansatz.“ Die aktuelle Ministerin Schröder ist überfordert. Sie geht in De-ckung – und sagt erstmal gar nichts.Bei der FDP gibt es eigentlich Nieman-den, der die Leistung unterstützt. Der

Parteivorsitzende Philipp Rösler betont, das Betreuungsgeld sei „kein Lieblings-projekt von uns als Liberalen“. Bundes-justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ergänzt: „Ein Herzensanliegen der FDP ist es jeden-falls nicht.“ Generalsekretär Patrick Dö-ring sagt: „Das Betreuungsgeld passt nicht in die Zeit.“ Rainer Brüderle gibt zu: „Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich davon nicht viel halte.“ Der NRW-Vorsitzende der FDP, Christian Lindner, bringt es auf den Punkt: „Die CSU zwingt die Koalition dazu, mit Geld, das wir nicht haben, eine Sozial-leistung einzuführen, die niemand will." Nur: Konsequenzen ziehen die Liberalen aus ihrer Ablehnung keine.Bei diesem Hin und Her wird deutlich: Hier geht es nicht mehr um die Gestal-tung von Politik, hier geht es nicht um die Menschen. Es geht um den Überle-benskampf einer Koalition ohne Ziel, Richtung und Kompass. ■

Wenn Drei sich streiten, freut sich die CSU

2 // Aktuelles

lung erweitern. Die SPD-Bundestags-fraktion fordert hingegen, dass die Einkünfte aus Nebentätigkeiten auf Euro und Cent veröffentlicht werden müssen. Neu ist die schwarz-gelbe Zu-rückhaltung nicht. Schon 2005 haben SPD und Grüne allein dafür gesorgt, dass die Abgeordneten erstmals ihre Einkünfte aus Nebentätigkeiten der Öf-fentlichkeit bekannt machen müssen. Union und FDP stimmten damals ge-gen eine Veröffentlichungspflicht. Der

Peer Steinbrück hat seine Nebenein-künfte komplett offen gelegt. Er gehe damit weit über die bisher geltenden Transparenzregeln hinaus, sagte Stein-brück. „Ich möchte ein Beispiel geben, das konkurrierende Parteien im Bun-destag aufnehmen sollten.“ Peer Steinbrück habe Wort gehalten, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier. „Er hat sein Einkommen aus Vorträgen auf Euro und Cent offen gelegt. Damit ist voll-ständige Transparenz hergestellt.“ Steinmeier betonte, dass Steinbrück für 89 von mehr als 300 Reden und Vorträgen Honorare erhalten habe. Da-bei habe er als freier Redner das gesagt, was er wollte. „Die Menschen wollen ihn hören, weil er eine klare Sprache spricht. Er setzt damit Maßstäbe in der Vermittlung von Politik. Und er setzt Maßstäbe in Sachen Transparenz.“Fest steht auch: Die Koalition misst beim Thema Nebentätigkeiten mit zweierlei Maß. Sie fordert eine Trans-parenz, die sie selbst nicht zu geben bereit ist. Denn Union und FDP sind inzwischen zwar zu einer Reform der Veröffentlichungspflicht bereit, wollen aber nur die bestehende Stufenrege-

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Von Peer Steinbrück fordern Union und FDP volle Transparenz. Sie selbst sind dazu jedoch nicht bereit.

Nebentätigkeiten: volleTranzparenz statt Heuchelei

rechtspolitische Sprecher der SPD-Frak-tion Burkhard Lischka ist daher nicht überrascht, dass sich Union und FDP nach wie vor gegen volle Transparenz sträuben. „Die Tatsache, dass sie von unserem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück volle Transparenz verlan-gen, aber diese Maßstäbe für sich selbst nicht gelten lassen wollen, ist pure Heuchelei und einzig und allein dem Wahlkampf geschuldet.“ ■

Es war ein Geben und Nehmen im Kanzleramt, zum Schluss war das Ergebnis des Koalitions-ausschusses nur der vorher er-wartete Kuhhandel: Die Praxisgebühr geht, das Betreu-ungsgeld kommt. Vor allem die Fernhalteprämie liegt den schwarz-gelben Koalitionären so sehr am Herzen, dass sie sie jetzt schon zum vierten Mal be-schlossen haben: 2009 im Koali-tionsvertrag, 2011 im Koalitionsausschuss, dieses Jahr im Kabinett und jetzt nochmal.

Das meint die SPD-Fraktion: „Da ist kein Ehrgeiz, kein Ziel. Das Ergebnis waren Minimal-kompromisse über alte Koaliti-onsladenhüter, aber kein Weg nach vorn.“ (Frank-Walter Steinmeier)

„Wir geben Geld aus für Kinder, die zu Hause bleiben. Das ist nicht richtig.“(Thomas Oppermann)

„Der Burgfrieden ist teuer er-kauft. Merkel lässt den Preis da-für Kinder und Eltern zahlen.“(Dagmar Ziegler)

Das meinen die Medien:„Mutwilliger hat schon lange keine Koalition mehr ihre letzte Chance zum Regieren verspielt.“ (süddeutsche.de)

„Es freut sich die Zahnarztgattin vom Starnberger See über das Betreuungsgeld: Sie kann künf-tig mit dem Bonus vom Staat ihre Fußpflege finanzieren.“ (Spiegel-Online)

Die finale Lösung ist vor allem eines: teuer. (welt.de)

„Die nächtlichen Ergebnisse der Koalitionsrunde sind vor allem ein Hilfsprogramm für die Libe-ralen und die CSU. Beide kämp-fen um ihre Existenz.“(fr.de)

Achtung Schwarz-Gelb!

Page 3: Gute Arbeit 6/2012

Die Finanzbranche hat die soziale und ökonomische Schieflage der letzten Jahre zwar verursacht, zu den Aufräum-arbeiten aber kaum beigetragen. Im Wesentlichen mussten die Steuerzah-ler geradestehen für die Fehler und Ex-zesse der Banken. Man könnte auch sagen: Gewinne werden bis heute pri-vatisiert, Verluste sozialisiert. Und eben dadurch hat die Krise viel mehr gekos-tet als Geld. Sie kostet Vertrauen und verletzt die Gerechtigkeitsgebote und den Sinn für Maß und Mitte. Bei der Fi-nanztransaktionssteuer geht es des-halb nicht zuletzt um soziale Gerech-tigkeit. Die Verantwortlichen der Krise müssen sich endlich an den Kosten be-teiligen.

Weg für Steuer ist freiDie Steuer ist zu verstehen als eine Art Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte. Nach den Beschlüssen des Europäi-schen Rates soll sie im Rahmen einer verstärkten Kooperation in neun Mit-gliedstaaten eingeführt werden. Der Beschluss muss jetzt aber auch umge-setzt werden. Dank sozialdemokrati-scher Beharrlichkeit und konsequen-tem Einsatz wurde im Juni 2012 auf europäischer Ebene der Weg freige-

macht für die Einführung einer so genannten Finanzmarkttransaktions-steuer, oft abgekürzt als Finanz-transaktionssteuer. Die Forderung der SPD-Fraktion: Die Steuer muss frühzei-tig europaweit eingeführt werden mit einer breiten Bemessungsgrundlage

und Steuersätzen von 0,1 Prozent für den Handel mit Anteilen und Anleihen bzw. 0,01 Prozent für den Handel mit Derivaten. Der ganz normale „kleine“ Aktienbesitzer bleibt natürlich von die-ser Steuer verschont. Um ihn geht es hier nicht, sondern um gigantische Transaktionen.

Geld für WachstumsimpulseDer Vorschlag der EU-Kommission für solch eine Steuer bietet eine gute Grundlage, er lässt aber Schlupflöcher zu. Ausländische Tochtergesellschaften europäischer Banken werden ebenso wie der außereuropäische Handel mit Wertpapieren europäischer Emitten-ten nicht erfasst. Devisentransaktio-nen werden von der Besteuerung aus-genommen. Das geht nicht.Mit den Einnahmen aus der Steuer können zum Beispiel die dringend not-wendigen Impulse für Wachstum, Be-schäftigung und vor allem für den Kampf gegen die erschreckende Ju-gendarbeitslosigkeit in Europa gesetzt werden. Außerdem ließen sich damit Auffang- und Vorsorgelösungen für Krisen im Bankensektor finanziell unterlegen. ■

Diese Regierung hat jeden Ehrgeiz verloren, wichtige Zukunftsfragen unseres Landes anzupacken. Statt-dessen ist sie nur noch in der Lage Minimalkompromisse zu erreichen, die viel Geld kosten und von kurzer Haltbarkeit gekennzeichnet sind. Wahlkampfgeschenke werden Schwarz-Gelb aber nicht retten. Denn das Markenzeichen dieser Re-gierung – die Politik der falschen Weichenstellungen – ermüdet die Menschen. Die sogenannte Lebens-leistungsrente und das Betreuungs-geld sind offensichtlich der falsche Weg. Die Art und Weise, wie die FDP jetzt versucht die vereinbarten Mi-nirenten auch noch kleiner zu rech-nen, ist beschämend. Wer sein Leben lang in Vollzeit gearbeitet hat, hat ein Anrecht auf eine Rente oberhalb der Grundsicherung. Am wichtigsten für eine gute Altersvor-sorge sind aber gute Löhne und eine möglichst vollständige Erwerbsbio-grafie. Deshalb ist das Betreuungs-geld der falsche Weg, das Frauen vom Arbeitsmarkt fern hält und Kinder von frühzeitiger Bildung und Begegnung mit anderen Kin-dern abhält. Sollte es tatsächlich im August 2013 kommen, wird es nicht lange Bestand haben. Eine Rot-Grüne Bundesregierung wird es gleich nach der Bundestagswahl 2013 wieder abschaffen. Stattdes-sen muss der dringend notwendige Ausbau der Kitas und Ganztags-schulen vorangebracht werden.CDU/CSU und FDP verbrauchen mehr Energie für innerkoalitionä-ren Zwist als für die Lösung drän-gender innenpolitischer Baustellen. Unser Land braucht einen Neuan-fang. Den kann es nur mit einer sozialdemokratisch geführten Bun-desregierung geben. Denn wir wis-sen, was zu tun ist gegen steigende Strompreise, für den Mindestlohn, gegen Fachkräftemangel, für die Tarifeinheit, gegen Altersarmut und für die Sicherung von Arbeits-plätzen. Es ist Zeit für den Wechsel in Deutschland. ■

Editorial

von Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Bundestags-fraktion

Bankenviertel in Frankfurt am Main.

Vier Tage „echte“ Politik in Berlin haut-nah miterleben und mitgestalten: Die-ses Angebot macht die SPD-Bundes-tagsfraktion Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren aus ganz Deutschland. Und das schon zum zweiten Mal: Nach

der erfolgreichen Premiere im Frühjahr 2012 werden im April 2013 wieder bis zu 150 Jugendliche und junge Erwach-sene nach Berlin kommen und aktiv Politik erleben. An Originalschauplät-zen werden sie in die Rolle der Abge-

ordneten schlüpfen und so spielerisch, aber realistisch die Abläufe einer Bundestagsfraktion kennenlernen. Die SPD-Fraktion zeigt mit ihrem Angebot, wie Politik funktioniert und wie eine Fraktion im Deutschen Bundestag ar-beitet: Wie läuft eine Fraktionssitzung ab, wie entsteht ein Antrag in einer Ar-beitsgruppe, wie kann ich meine Posi-tionen in der Fraktion durchsetzen? Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden die Jugendlichen abschließend mit den „echten“ Abgeordneten diskutieren. Das Planspiel findet vom 20. bis 23. Ap-ril 2013 in Berlin statt. Alle SPD-Abge-ordneten können jeweils einen Teil-nehmer oder eine Teilnehmerin aus dem eigenen Wahlkreis benennen. In-teressierte Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren können sich ab sofort in den Abgeordnetenbüros informieren.

Mehr Informationen auch unter: www.spdfraktion.de/planspiel. ■

Planspiel Zukunftsdialog: Jugend im Bundestag

Erfolgreiche Premiere 2012: Jugendliche üben Politik im SPD-Fraktionssaal.

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In einer neuen Reihe werden hier Peer Steinbrücks Vorschläge zur Bankenregulierung erklärt. Zu Beginn: die Finanztransaktionssteuer.

Bankenregulierung: EineSteuer für mehr Gerechtigkeit

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4 // Im Gespräch

flikte; man denke an Stuttgart 21 und die Proteste gegen neue Stromtrassen. Wir brauchen deshalb eine gesell-schaftliche Verständigung darüber, welche Infrastruktur wir wollen und wie wir die gewünschten Vorhaben umsetzen und finanzieren. Dies ist ge-meint, wenn wir sagen, wir wollen ei-nen „Infrastrukturkonsens“.

Was sind die Ziele der Projekt-gruppe?

Wir wollen das Profil der SPD als Infra-strukturpartei schärfen und die Bedeu-tung von Infrastruktur wieder ins öf-fentliche Bewusstsein rufen. Zugleich geht es darum, Konzepte zu erarbeiten, die wir in der nächsten Legislaturperi-ode umsetzen wollen. Themen sind z.B.

die Verbesserung der Bürgerbeteili-gung, die für die Energiewende not-wendigen Energienetze, ein flächende-ckender Zugang zu leistungsstarken Internetanschlüssen und eine Reform der Bundesverkehrswegeplanung. Da-zu organisieren wir den Dialog mit Ver-bänden, Bürgerinitiativen, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir treten nicht mit

fertigen Positionen an die Öffentlich-keit, sondern erarbeiten zunächst Dia-logpapiere mit Vorschlägen, zu denen wir um Stellungnahme bitten und die wir in Workshops mit den betroffenen Gruppen diskutieren. Dadurch errei-chen wir ein großes Maß an Konsens, auch bei strittigen Themen.

Sind Infrastrukturprojekte in der Vergangenheit den Bürgern zu oft aufoktroyiert worden?

Auch in der Vergangenheit sind Infra-strukturprojekte von demokratisch le-gitimierten Parlamenten beschlossen worden. Insofern ist „aufoktroyiert“ nicht das richtige Wort. Aber die Bürge-rinnen und Bürger wurden in die Ent-scheidung oft zu spät einbezogen, nämlich erst dann, wenn alle Entschei-dungen, z.B. zum Trassenverlauf, schon gefallen waren.

Welche Möglichkeiten hat die Poli-tik, die Bürger besser einzubezie-hen und was kann man in diesem Zusammenhang aus den Gescheh-nissen um Stuttgart 21 lernen?

Entscheidend ist die sehr frühe Beteili-gung – bevor endgültige Lösungen auf dem Tisch liegen und wenn Alternati-ven noch möglich sind, wenn also et-wa die Trassenführung für eine Strom-leitung noch veränderbar ist. In dieser Phase lassen sich Konflikte zwar viel-leicht nicht auflösen, aber zumindest abmildern. Am Ende können solche Projekte sogar schneller durchkommen.Wir fordern deshalb, dass bereits vor dem formellen Planfeststellungsver-fahren konkrete Mitwirkungsmöglich-keiten geschaffen werden. Wir wollen z.B. einen Beteiligungstermin, bei dem die Pläne erörtert werden. Und wir wollen bei den Planungsbehörden Bür-geranwälte einsetzen, die die Bürgerin-nen und Bürger bei Infrastrukturpro-jekten beraten und darauf achten, dass die Beteiligungsrechte eingehalten werden. Der Entwurf zum so genann-ten „Planungsvereinheitlichungsge-setz“, den die Bundesregierung vorge-legt hat (BT-Drs. 17/9666), enthält leider nichts davon. Im Gegenteil, er stellt es ins Belieben der Behörden, ob sie die Bürger frühzeitig beteiligen.

Du leitest im Rahmen des Projekts Zukunft der SPD-Bundestagsfrak-tion die Projektgruppe „Infra-strukturkonsens“? Was genau hat man sich unter diesem Begriff vor-zustellen?

Bei „Infrastruktur“ geht es konkret um Energieleitungen, Kommunikations-netze und Verkehrswege. Wir alle nut-zen diese täglich – ob wir im Internet surfen, Auto oder U-Bahn fahren oder Strom aus der Steckdose ziehen. Als starker Industriestandort ist Deutsch-land auf eine leistungsfähige Infra-struktur angewiesen. Sie ist eine wich-tige Voraussetzung für Arbeitsplätze, Wohlstand und Lebensqualität. Auf der anderen Seite gibt es aber, wo immer neue Infrastruktur gebaut wird, Kon-

Sören Bartol leitet für die SPD-Bundestagsfraktion das Projekt „Infra-strukturkonsens“. Im Interview zieht er ein erstes Fazit und erklärt, wie sich künftig Geschehnisse wie die um Stuttgart 21 verhindern lassen.

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»Die Bürger werden in dieEntscheidung oft zu späteinbezogen«

„Wir wollen das profil der spd als infrastruk-turpartei schärfen“

„entscheidend ist die sehr frühe Beteili-gung, wenn alternati-ven noch möglich sind“

Für Sören Bartol ist die sehr frühe Beteiligung der Bürger entscheidend für die Akzeptanz von Infrastrukturprojekten.

Page 5: Gute Arbeit 6/2012

Auf lokaler Ebene lässt sich eine bessere Bürgerbeteiligung gut organisieren. Aber bei großen Projekten mit überregionaler Rele-vanz wird es immer Betroffene geben, die zum Beispiel gegen eine neue Bahntrasse vor ihrer Haus-türe sind. Inwieweit lässt sich hier überhaupt ein Konsens herstellen?

Bürgerbeteiligung lässt sich auch auf überregionaler Ebene organisieren – z.B. über das Internet. Wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger schon bei der bundesweiten Netzplanung für Energieleitungen und Verkehrswege einbezogen werden. Dazu müssen die Planungen rechtzeitig veröffentlicht werden und jeder muss die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Wichtig ist auch, dass Verbände, z.B. Umwelt-verbände und Wirtschaftsorganisatio-nen, umfassend beteiligt werden und die Bundesregierung sich intensiv und ergebnisoffen mit den Vorschlägen aus der Bürgerbeteiligung auseinander setzt. In einer Demokratie lässt sich si-cherlich nicht ein Konsens im engeren Sinne herstellen – dazu sind die Inter-essen zu unterschiedlich. Was wir aber brauchen, ist die Akzeptanz durch eine breite Mehrheit unserer Gesellschaft. Und die erreichen wir nur, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig einbeziehen, auch in überregionale Pla-nungen.

Beim Thema Energiewende gab es spätestens seit Fukushima einen breiten gesellschaftlichen Kon-sens, trotzdem kommt die Ener-giewende nicht in Gang. Woran liegt das?

Es fehlt ein Gesamtkonzept und eine aufeinander abgestimmte Vorgehens-weise von Bund, Ländern und Privat-wirtschaft. Die Bundesregierung meint, sie könne bei der Energiewende Zu-schauer bleiben und die Umsetzung allein der Privatwirtschaft überlassen. Die Verzögerung beim Bau neuer Stromleitungen und beim Anschluss von Offshore-Windkraftanlagen zeigen aber: Dies funktioniert so nicht. Wir brauchen eine aktive Infrastruktur- und Energiepolitik. Die Energiewende braucht stabile und verlässliche politi-sche Rahmenbedingungen. Das gilt auch für die Finanzierung der Strom-

netze. Wir plädieren deshalb für eine Netz AG, an der der Bund maßgebliche Anteile hält und die für den Bau neuer Übertragungsnetze und die Anbin-dung von Meereswindparks sorgt. Eine solche Beteiligung des Bundes lohnt sich auch finanziell. Denn er erhält An-teil an den Gewinnen aus den Strom-netzen.

Jetzt wird vor allem mit höheren Strompreisen gegen die Ener-giewende argumentiert. Droht die Gefahr, dass die Stimmung gegen die Energiewende kippt?

Wir müssen in der Tat aufpassen, dass die Energiewende nicht durch hohe Preise und eine ungerechte Verteilung der Lasten diskreditiert wird. Die Ener-giewende muss für die Verbraucher be-zahlbar bleiben! Beispiel Gebäudesa-nierung: Die Kosten dürfen hier nicht einseitig auf die Mieter abgewälzt wer-den, wie dies die Bundesregierung tut. Oder nehmen wir Strom aus erneuer-baren Energien: Es geht nicht an, dass die Bundesregierung mehr oder weni-ger alle größeren Industriebetriebe von der Finanzierung der Erneuerbaren Energien ausnimmt und die Preise für die übrigen Verbraucher um so stärker steigen. Ausnahmen müssen auf Be-triebe begrenzt bleiben, die im interna-tionalen Wettbewerb stehen. Auch den Neubau von Stromleitungen müssen wir auf das Notwendige be-schränken, um die Stromkunden nicht durch steigende Netzentgelte zu belas-ten. Dazu sollten wir alle Möglichkei-ten der Energieeinsparung nutzen. Denn jede nicht benötigte Kilowatt-

stunde verringert den Bedarf an neuen Leitungen – und schont das Portemon-naie der Verbraucher. Auch müssen wir die Energieerzeugung stärker dezentra-lisieren. Dies reduziert den Bedarf an Übertragungsnetzen. Und nicht zuletzt müssen alle Möglichkeiten zur Erhö-hung der Kapazität bestehender Strom-leitungen ausgeschöpft werden.

Siehst Du neben der Energiewende noch weitere große Infrastruktur-projekte, die in den nächsten Jah-ren auf uns zukommen?

Ja, auf jeden Fall. Da ist einmal der Aus-bau des Breitbandnetzes. Viele ländli-che Regionen sind nach wie vor von schnellen Internetverbindungen abge-schnitten. Die Bundesregierung hat ihr Ziel verfehlt, bis Ende 2010 eine flä-chendeckende Breitbandgrundversor-gung von mindestens 1 Mbit/s zu schaffen. Wir brauchen dies aber, da-mit sich in ländlichen Räumen moder-ne Unternehmen ansiedeln und Ar-beitsplätze schaffen. Ein anderer Bereich sind die Bundes-verkehrswege. Deren Erhaltungszu-stand wird immer schlechter – Stich-wort Schlaglöcher; bröckelnde Brücken und Langsamfahrstrecken bei der Bahn. Hier müssen wir viel mehr in die Erhaltung investieren. Dazu kommt, dass es immer mehr Engpässe gibt. Be-sonders auf den Nord-Süd-Achsen und im Hinterland der Häfen wächst der Güterverkehr weiter. Diese Engpässe müssen wir schnellstens beseitigen und gleichzeitig Güter auf die Schiene und das Binnenschiff verlagern. Dazu brauchen wir den Aus- und Neubau von Strecken. Da die Finanzmittel aber begrenzt sind, müssen wir Prioritäten setzen und uns auf die Projekte kon-zentrieren, die für unser Land am wich-tigsten sind.

Ihr arbeitet jetzt seit anderthalb Jahren in der Projektgruppe. Wie fällt Dein bisheriges Fazit aus und wie geht es mit dem Projekt wei-ter?

Wir haben viel erreicht. Zum einen in-haltlich: Die SPD-Fraktion ist beim The-ma „Infrastruktur“ bestens aufgestellt. Wir haben uns hier eine Vorreiterrolle erarbeitet und bringen unsere politi-schen Konkurrenten in Zugzwang. Das bestätigen uns viele Fachleute aus Wis-senschaft und Verbänden. Zum ande-ren hat sich das Dialogverfahren be-währt. Ich selbst bin überrascht von der ungeheuren Resonanz, die wir bei Verbänden und Fachleuten gefunden haben. Zu unseren Dialogpapieren ha-ben jeweils bis zu 50 Verbände Stellung genommen, und der Andrang bei unse-ren Werkstattgesprächen war enorm. Ich kann eine solche Vorgehensweise im Dialog für die Erarbeitungen von Positionen daher nur empfehlen. Da-durch haben wir zu vielen Fragen ei-nen Konsens hinbekommen. Es ist schon erstaunlich, dass sowohl die Wirtschaft als auch die Umweltverbän-de unsere Konzepte einhellig loben. Noch ist nicht der ganze Weg geschafft. Unsere Vorschläge liegen alle auf dem Tisch, etwa zur Schienenstrategie, zu den Bundeswasserstraßen und zur Flughafeninfrastruktur. Es geht nun darum, den Dialogprozess abzuschlie-ßen und zu den verbleibenden Themen Positionierungen zu erarbeiten. So dis-kutieren wir Ende November mit allen Interessierten bei einem Dialogforum unsere Vorschläge zur Verkehrswegefi-nanzierung. Hierzu werden wir dann zu Beginn des kommenden Jahres un-ser Konzept vorlegen. ■

„Wir haben uns beim thema infrastruktur eine vorreiterrolle erarbeitet“

„die energiewende muss für die verbrau-cher bezahlbar bleiben!“

Sören Bartol (li.) auf dem Podium beim Zukunftskongress der SPD-Bundestagsfraktion im Oktober 2012.

„Was wir brauchen, ist die akzeptanz durch eine breite Mehrheit unserer gesellschaft“

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6 // Gleichstellung

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Fast jede fünfte Familie in Deutschland ist eine Familie mit nur einem Elternteil. Alleinerzie-hende Mütter oder Väter sind in besonderer Weise auf die Unter-stützung von Staat und Gesell-schaft angewiesen. Um ihre Lebenssituation zu verbessern und ihren Kindern Chancen-gleichheit zu ermöglichen, bedarf es der richtigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Insbeson-dere alleinerziehende Frauen ha-ben mit Diskriminierung am Arbeitsmarkt und mit der man-gelhaften Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf zu kämpfen.„Alleinerziehende sind ganz be-sonders auf den Ausbau der Kin-derbetreuung angewiesen, den Schwarz-Gelb schleifen lässt“, sagt die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Caren Marks. Sie benötigten eine familienfreundli-che Infrastruktur noch dringender als andere Familien.

Kitaplätze statt BetreuungsgeldEine Studie des Instituts der Deut-schen Wirtschaft vom März 2012 belegt, dass ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsbetreuungs-plätzen 110.000 Alleinerziehende in Arbeit bringen könnte. Damit wären 175.000 Kinder finanziell besser gestellt und hätten bessere Bildungschancen. Grundsätzlich ist ein ganzes Maßnahmenbündel notwendig, das sich an den Be-dürfnissen und zeitlichen Ressour-cen von Alleinerziehenden orientieren muss. Dazu hat die SPD-Fraktion zwei Anträge in den Bundestag eingebracht. Sie spricht sich darin für eine „bessere Förderung von Alleinerziehenden in der Grundsicherung“ aus. Frauen sollen besser unterstützt werden, den Bezug von Arbeitslo-sengeld II schneller verlassen zu können. In ihrem Antrag „Allein-erziehende besser unterstützen“ fordern die Sozialdemokraten die Bundesregierung auf, Alleinerzie-henden einen besseren Zugang zu sozialer Infrastruktur zu ermögli-chen. Dazu gehörten eine gleich-stellungsorientierte Arbeitsmarktpolitik, Ganztags-schulen und ausreichend Kita-plätze. „Und kein Betreuungsgeld, keine Ausweitung der Minijobs und keinen Sparkurs bei der Ar-beitsagentur“, betont Caren Marks. ■

Schwarz-Gelb lässt Frauenund Familien im Stich

Meldungen

Die Praxisgebühr sollte ursprünglich einmal dafür sorgen, dass Menschen nur zum Arzt gehen, wenn sie wirklich krank sind. 2003/2004 hatte der heuti-ge bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer die Gebühr gegen den Willen von Rot-Grün in Verhandlungen über die Gesundheitsreform durchgesetzt. Fast zehn Jahre nach ihrer Einführung steht jedoch fest: Die Praxisgebühr hat ihre Wirkung verfehlt. Sie hat die Arzt-besuche nicht gesenkt. Sie bedeutet mehr Bürokratie in den Praxen und dis-kriminiert Alte und Kranke, weil diese auf häufige Arztbesuche angewiesen

sind. Zudem sitzen die Krankenkassen derzeit auf einem Überschuss von 30 Milliarden Euro. Die SPD-Bundestagsfraktion hat des-halb schon im März diesen Jahres die Abschaffung der Gebühr gefordert. Jetzt hat schließlich auch die schwarz-gelbe Koalition ein Einsehen und will die Gebühr zum 1. Januar 2013 einstel-len. Jedoch nicht aus Einsicht, sondern nur im Zuge eines Kuhhandels. Denn für die Abschaffung der Praxisgebühr bekommt ihr einstiger Schöpfer Horst Seehofer doch noch das CSU-Lieblings-projekt, das Betreuungsgeld. Die unsin-

nige Praxisgebühr werde durch das noch unsinnigere Betreuungsgeld er-setzt, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Karl Lauter-bach. Das bedeute, es werde „Murks gegen Murks“ getauscht. Die Praxisge-bühr habe Alten und Kranken gescha-det. Sie werde nun abgeschafft, damit das Betreuungsgeld, das den Kindern schade, eingeführt werden könne. „Das bringt nichts für unser Land.“ Den schwarz-gelben Kuhhandel bezeichnet Lauterbach als den „Tiefpunkt des Re-gierungshandwerks von Schwarz-Gelb“. ■

Praxisgebühr abschaffen: Lieber spät als nie

Betreuungsgeld, Minijobs, Frauenquote – Die schwarz-gelbe Bundesregierung betreibt eine erfolgreiche Anti-Gleichstellungspolitik.

„Die Gleichstellungspolitik steht unter dem Leitgedanken fairer Chancen für Frauen und Männer in allen Bereichen der Gesellschaft, vor allem im Erwerbs-leben. Dabei geht es beispielsweise um Entgeltgleichheit, gleiche Karriere-chancen und den Schutz vor Altersar-mut“ – so steht es auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums. Um diese Ziele zu erreichen, setze die Poli-tik bei den Ursachen ungleicher Chan-cen an, heißt es weiter. Soviel zur Theo-rie. Die Praxis sieht leider anders aus.

Thema Betreuungsgeld: Das Betreuungsgeld koste viel Geld und sei nicht gegenfinanziert, hat FDP-Chef Philipp Rösler gesagt. Fakt ist: Die FDP und große Teile der CDU wollen es nicht, nur die CSU beharrt auf der un-sinnigen Prämie und damit auf einem nicht mehr zeitgemäßen Familienbild. Trotzdem hat die Koalition abermals beschlossen: Das Betreuungsgeld kommt. Dafür bekommt die FDP die Abschaffung der Praxisgebühr – ein Kuhhandel. „Bundeskanzlerin Merkel und ihre Koalition stellen politisches Kalkül über das Gemeinwohl“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dagmar Ziegler. Den Preis dafür müssten Kinder und Eltern zahlen. Ihnen drohten jetzt schlechtere Bildung und Integration so-wie weniger Kitaplätze. Ziegler kündigt Widerstand an. „Wir werden alle mög-lichen Mittel ausschöpfen, um das Be-treuungsgeld noch zu verhindern. Letztlich sind wir auch bereit, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen.“

Thema Frauenquote: Die schwarz-gelbe Koalition ist auch beim Thema Quote so uneins wie in vielen anderen Fragen. Während Arbeitsministerin von der Leyen und eine Reihe von Unions-Frauen durch-aus für eine gesetzliche Frauenquote sind, hat sich Frauenministerin Schrö-der die Flexiquote ausgedacht, die er-neut nur auf Freiwilligkeit der Wirt-schaft setzt und somit ein weiterer zahnloser Tiger wäre. Die FDP lehnt die Frauenquote als Einschränkung der Wirtschaft ab. Doch der Druck auf die Koalition steigt: Im September hat der Hamburger SPD-Gesetzentwurf für ei-ne Frauenquote in Aufsichtsräten im Bundesrat eine Mehrheit erzielt, mit den Stimmen aus den CDU-regierten Ländern Saarland und Sachsen-Anhalt. Ein erster wichtiger Schritt.

Thema Minijobs: Der Bundestag hat mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition die Aus-weitung der Minijobs von 400 auf 450 Euro beschlossen. „Das macht erneut deutlich, dass Frauen von dieser Bun-desregierung nichts zu erwarten ha-ben,“ sagt die Sprecherin der Arbeits-gruppe Gleichstellungspolitik in der SPD-Fraktion Christel Humme. Denn in Minijobs sind vor allem Frauen be-schäftigt. Sie verdienen in der Regel un-ter 8,50 Euro die Stunde und gehen keiner weiteren sozial versicherungs -pflichtigen Beschäftigung nach. Davon könnten die Menschen weder im Heu-te noch im Alter leben, sagt Humme. „Altersarmut ist damit programmiert und wird mit dieser unsinnigen Aus-weitung gar zementiert.“ ■

Obwohl es immer noch an Geld für ausreichend Kita-Plätze mangelt, sollen Eltern künftig belohnt werden, wenn sie ihre Kinder zu Hause erziehen.

Alleinerziehende besser unterstützen

Page 7: Gute Arbeit 6/2012

Jugendliche haben ein Recht auf gute AusbildungEine qualifizierte Ausbildung sichert Zukunftschancen – für junge Menschen genauso wie für Unternehmen und Betriebe.

Die Berufsausbildung ist für viele junge Menschen nach wie vor die wichtigste Grundlage für den Einstieg ins Er-werbsleben. Sie gibt ihnen eine Pers-pektive und hilft Unternehmen dabei, den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Der Berufsbildungsbericht 2012 zeigt allerdings, dass es in der beruflichen Bildung immer noch zahlreiche Proble-me gibt. Zu viele junge Menschen fin-den ohne Umwege und Warteschleifen keinen Ausbildungsplatz. Und wäh-rend Arbeitgeber und Bundesregierung erneut eine entspannte Lage auf dem Ausbildungsmarkt verkünden, haben über 1,5 Millionen junge Menschen zwischen 22 und 29 keinen Berufsab-schluss. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine aktuelle Untersuchung des DGB. Demnach dreht fast jeder dritte Jugendliche auf Ausbildungssuche ei-ne Warteschleife im Übergangssystem. „Hier rächt sich, dass der Ausbildungs-pakt jedes Jahr zehntausende Jugendli-che als versorgt zählt, die von der Bun-desagentur für Arbeit zwar als ausbildungsreif eingestuft werden, trotzdem aber nur Warteschleifen dre-hen“, erklärt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock.Hoffnungen auf eine „demografische Lösung“ des Problems werden sich in den nächsten Jahren nicht erfüllen. Vielmehr droht je nach Branche und Region eine Entwicklung, die bereits heute erkennbar ist: Auf der einen Sei-te suchen Unternehmen vergeblich nach Fachkräften – auf der anderen Seite finden viele Jugendliche keinen Einstieg in Ausbildung und Arbeit. Die

schwarz-gelbe Bundesregierung igno-riert diese Herausforderungen. Sie war-tet den Rückgang der Bewerberzahlen ab und verkündet am Ende des jeweili-gen Ausbildungsjahres scheinbare Er-folgsbilanzen, die nur die halbe Wahr-heit abbilden.

Jeder Einzelne wird gebrauchtFür die SPD-Fraktion steht fest: Alle jungen Menschen haben ein Recht auf Ausbildung. Alle Unternehmen brau-chen qualifizierten Fachkräftenach-wuchs. „Wir brauchen jeden jungen Menschen, der jetzt in der Schule ist, der jetzt keine Beschäftigung hat, der jetzt keine Ausbildung gefunden hat, egal woher er kommt, was seine Eltern verdienen oder wo er geboren worden ist“, sagt Oliver Kaczmarek, Mitglied des Bildungsausschusses.

Die SPD-Bundestagsfraktion macht sich deshalb in einem Antrag für eine aktive Berufsbildungspolitik und ein größeres Ausbildungsengagement der Unternehmen stark. Jedem Jugendli-chen und jungen Erwachsenen soll das Recht auf eine qualifizierte Ausbildung garantiert werden. Die Sozialdemokra-ten fordern die Bundesregierung auf, dafür ein entsprechendes Förderkon-zept vorzulegen. Alle jungen Menschen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz sollen einen öffentlich geförderten und mit der Praxis verzahnten Ausbil-dungsplatz erhalten. Gemeinsam mit den Sozialpartnern und dem Bundesin-stitut für Berufsbildung sollten die über 300 Ausbildungsberufe zudem in Be-rufsfamilien zusammengeführt wer-den. ■

Mit einem Recht auf eine qualifizierte Ausbildung für alle Jugendlichen will die SPD-Fraktion auch dem drohenden Fachkräftemangel entgegen wirken.

Ein Jahr nach der Entdeckung der rechtsextremen Terrorzelle „National-sozialistischer Untergrund“ (NSU) hat die SPD-Fraktion gemeinsam mit Ex-perten und der interessierten Öffent-lichkeit eine Bestandsaufnahme vorge-nommen. Mehr als 100 Gäste kamen dazu ins Paul-Löbe-Haus nach Berlin. Die Obfrau der SPD im NSU-Untersu-chungsausschuss Eva Högl berichtete von der Arbeit des Ausschusses. Dieser habe vieles offen gelegt und herausge-funden, auch wenn das zunächst nur wenige geglaubt hätten. Ein Befund sei, dass der NSU sich das föderale System

der Bundesrepublik zunutze gemacht habe. Das bedeute, es müsse künftig mehr die Bundeskompetenz bei Ermitt-lungen hinzugezogen werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Oppermann be-tonte, dass die professionelle Arbeit der Sicherheitsbehörden bei islamisti-schem Terror Vorbild sein müsse bei der Abwehr rechtsterroristischer Akte. „Ich sehe nicht, dass Bundesinnenmi-nister Friedrich den Umbau der Sicher-heitsbehörden wirklich vorantreibt.“ Es gebe zudem bis heute keinen Über-blick, welche Gewalttaten NPD-Funkti-

onäre genau begangen haben und be-gehen. „Der Rechtsextremismus ist systematisch unterschätzt worden“.In einer intensiven Diskussion sagte Bi-anca Klose von der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, dass der la-tente Rassismus in der Mitte der Gesell-schaft zu wenig thematisiert werde. Das sei ein Problem in den Behörden genauso wie bei den Medien. „Hier sind Impulse gegeben worden, die wir mit in den Ausschuss nehmen werden“, sagte Sebastian Edathy, Vorsitzender des NSU-Auschusses, ab-schließend. ■

Wie verbessern wir den Kampf gegen Rechts?

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Langzeitarbeitslose können durch öffentlich geförderte Beschäfti-gung wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Alle bestehen-den Programme sind jedoch zeit-lich befristet oder von finanziellen Streichungen bedroht. In einem Antrag fordert die SPD-Fraktion die Bundesregierung auf, einen dauerhaften Sozialen Arbeits-markt zu schaffen. Er soll aus dem Eingliederungsbudget und durch die Mittel finanziert werden, die bei passiven Leistungen wie dem Arbeitslosengeld II und den Un-terkunftskosten eingespart wer-den. Gefördert werden sollen Arbeitslose ab 25 Jahren, die seit mindestens zwei Jahren ohne Be-schäftigung sind und Vermitt-lungshemmnisse haben. Die Förderung soll bis zu fünf Jahre dauern. Das Arbeitsmarktinstru-ment kann von allen Arbeitgebe-rinnen und Arbeitgebern genutzt werden. ■

Der „Aufbau Ost“ hat die ostdeut-schen Länder vorangebracht. Um die Angleichung der Lebensver-hältnisse zu erreichen, bedarf es allerdings weiterer Investitionen. In einem Entschließungsantrag fordern die Sozialdemokraten die Bundesregierung auf, den Solidar-pakt II nicht anzutasten. Eine An-schlussförderung nach 2019 für strukturschwache Regionen ist notwendig. Die „Gemeinschafts-aufgabe Regionale Wirtschafts-struktur“ und die Bundesgesellschaft „Germany Trade&Invest“ sind finanziell zu sichern. Die Kapitalausstattung ostdeutscher Unternehmen soll gesteigert werden. Sowohl Innova-tionsprogramme als auch Investi-tionen in Wissenschaft und Forschung müssen verstetigt wer-den. Bei der Arbeitsmarktpolitik darf nicht weiter gekürzt werden. Auch die Verkehrsinfrastruktur und die kommunale Struktur müssen weiter ausgebaut werden. Schließlich ist ein einheitliches Rentenrecht vonnöten. ■

Meldungen

Sozialen Arbeits-markt schaffen

Lebensverhältnisse weiter angleichen

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Page 8: Gute Arbeit 6/2012

8 // Im Fokus

Bei der Strompreisdiskussion übersieht Schwarz-Gelb die eigene Rollle.

Warum auch Nichtstun zu höheren Strompreisen führt

In den vergangenen fünf Jahren ist der durchschnittliche Strompreis um ein Viertel gestiegen. Für das Jahr 2013 wird die Erhöhung der Ökostromumla-ge die Preise noch mal nach oben trei-ben. Teile der Bundesregierung ma-chen dafür vor allem das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) verantwortlich. Die FDP spricht sogar von „Öko-Snobis-mus“ und möchte den Ausbau der Erneuerbaren am liebsten aussetzen. Schwarz-Gelb habe nicht nur mit dem Ausstieg aus dem Ausstieg versucht, die verkrusteten Strukturen einer rück-wärtsgewandten Energieversorgung zu erhalten, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch. „Vielmehr torpe-diert die Koalition auch jetzt die Ener-giewende mit der Argumentation des teuren Ökostroms.“Klar ist: Die Energiewende kostet Geld. Es werde heute dafür ausgegeben, da-mit es in Zukunft eine sichere Energie-versorgung aus Erneuerbaren Energien gebe, sagt SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. „Statt sich um Netzausbau und Energieeffizienz zu kümmern, kämpft Bundeswirtschaftsminister Rösler mit plakativen Fehlaussagen zu Erneuerba-ren Energien ums politische Überleben seiner FDP.“Dabei wird in der Diskussion um hohe Energiepreise zu selten herausgestellt, wie wirtschaftlich die Förderung der Erneuerbaren Energien im Vergleich zur fossilen Energieerzeugung tatsäch-lich ist. Anstatt langfristige Umwelt-schäden und hochgefährliche Abfälle zu produzieren, sparen wir Kosten für den Import von Brennstoffen und wer-den weniger abhängig von schwan-kenden Rohstoffpreisen. Aufgrund des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) kommt inzwischen fast ein Viertel un-seres Stromes aus erneuerbaren Quel-len. Über die EEG-Umlage fördern wir alle Strom aus Erneuerbaren Energien. Sie steigt 2013 von derzeit 3,6 Cent pro Kilowattstunde auf rund 5,3 Cent. Da-bei geht allerdings nur rund ein Drittel des gesamten Anstiegs von ca. 1,7 Cent

direkt auf zusätzliche Förderkosten zu-rück. Zwei Drittel müssten sich Union und FDP eigentlich auf die eigene Fah-ne schreiben. „Die reinen Kostentreiber hat die Bundesregierung selbst mit verursacht, indem sie die Privilegien der stromintensiven Industrie ausge-weitet und die EEG-Umlage für 2012 auf 3,59 Cent gedeckelt hat“, sagt der stellvertretende energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion Dirk Becker.

Schwarz-Gelb als PreistreiberFür die SPD-Fraktion steht fest: Deutschland muss auch weiterhin ein attraktiver Standort für die Industrie bleiben. Deshalb ist es richtig, ener-gieintensive Industrien zu entlasten, die im internationalen Wettbewerb stehen. Doch während Rot-Grün sich auf stromintensive Unternehmen be-schränkt hat, die tatsächlich im inter-nationalen Wettbewerb stehen, erhöht sich ihre Zahl durch die letzte EEG-No-velle von Schwarz-Gelb auf 2000. Für den stellvertretenden Fraktionsvor-sitzenden Hubertus Heil ist es deshalb vor allem das schlechte Management der Bundesregierung, das die Preise

nach oben treibt. „Hinzu kommt das Problem, dass 16 Länder 16 eigene Energiekonzepte haben und es an Ko-ordinierung mangelt. Alle paar Monate ein unverbindlicher Energiegipfel ist da zu wenig.“ Das EEG müsse behut-sam reformiert werden, um Kosten für die Verbraucher zu dämpfen, fordert Heil. ■

Vorgestellt

Petra Merkel

Sebastian Edathy

Oft vergessen: Erneuerbare Energien haben enorme wirtschaftliche Vorteile.

// Nicht der Ausbau der

Erneuerbaren Energien ist der

Hauptgrund für den extremen

Anstieg der Strompreise,

sondern das Missmanage-

ment der Bundesregierung. //

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Impressum GuTe ArBeITHerausgeberin: spd-Bundestagsfraktion Verantwortlich: petra ernstberger MdB, parl. geschäftsführerin, platz der republik 1, 11011 Berlinredaktionsschluss: 09. november 2012Herstellung: networkMedia gmbh redaktion: ralf Bergmann, stefan hintermeier, dr. alexander linden, anja linnekugel, gero FischerTexte und Layout: gero FischerDruck: Frankenpost verlag gmbh diese veröffentlichung der spd-Bundestagsfraktion dient ausschließlich der information. sie darf während eines Wahlkampfes nicht zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden.Bestellungen von „Gute Arbeit“, Zeitung der spd-Bundestagsfraktion, und von informationsmaterial zur arbeit der spd-Bundestagsfraktion:– per post: spd-Bundestagsfraktion, öffentlichkeitsarbeit/redaktion „gute arbeit“, 11011 Berlin– per mail: [email protected]– per Fax: 030/22756800

Termine

19.11. „Wege aus der Minijob-falle“, Berlin

21. 11. „Werkstatträtekonferenz 2012“, Berlin

23.11. „Sichere Arbeit und gute Löhne“ , Apolda

28.11. "Humaner Arbeitsplatz – Humane Arbeitswelt. Betriebs- und Personalrätekon-ferenz", Berlin

Weitere Termine: www.spdfraktion.de www.facebook.com/ spdbundestagsfraktion

Sebastian Edathy (43) ist seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages und hat in sei-nem Wahlkreis Nienburg II – Schaumburg stets das Direktmandat erlangt. Der So-ziologe vertritt die SPD-Frak-tion im Rechtsausschuss. Seit 2012 leitet er zudem den Un-tersuchungsausschuss zur Terrorgruppe Nationalsozialis-tischer Untergrund (NSU). Dabei gehe es für ihn vor allem um die Fragen, welche Rolle die Behörden bei den Ermittlun-gen zu der schrecklichen Mord-serie des rechtsextremen NSU gespielt haben und welche Konsequenzen der Fall für die künftige Bekämpfung rechts-extremer Gewalt hat. ■

Petra Merkel (65) sitzt seit 2002 für die SPD im Bundestag und ist dort stets als direkt gewählte Abgeordnete ihres Wahlkreises Charlottenburg- Wilmersdorf eingezogen. Seit 2009 ist die kaufmännische An-gestellte Vorsitzende des Haus-haltsauschusses. Er gilt als der wichtigste Ausschuss des Parla-ments, weil er die Ausgaben der Bundesregierung beschließt und kontrolliert. Sie ist die erste Frau überhaupt in dieser Funk-tion. Politik mache ihr Spaß, sagt Merkel. „Gemeinsam mit sehr unterschiedlichen Men-schen zu diskutieren, Lösungen für Probleme zu erreichen, häu-fig Kontrahenten an einen Tisch zu holen – das ist meine Form der politischen Arbeit.“ ■